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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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B. Systematische und strukturelle Einordnung der <strong>Vetorechte</strong><br />

Verwandtschaftsgrad zu <strong>Vetorechte</strong>n aufweisen, zu deren Kernfamilie gehören<br />

diese ‚Hybriden‛ jedoch nicht.<br />

Die Liberalisierungstendenzen des Konstitutionalismus, die zwar auch in<br />

Deutschland revolutionäre Züge annahmen, waren <strong>im</strong> Wesentlichen gespeist aus<br />

den zahlreichen französischen Revolutionen. Die Protagonisten jener Zeit versuchten<br />

in vielerlei Hinsicht den Import des Verfassungswandels. In der Regel<br />

aber blieb dieser in den Kinderschuhen stecken, was insbesondere der fehlenden<br />

philosophischen Adaption geschuldet war. Dennoch konnten sich auch in<br />

Deutschland parlamentarische Strukturen sukzessive ausbreiten. Deren Einfluss<br />

war jedoch regelmäßig auf die pseudodemokratische Begleitung des weiterhin<br />

staatsleitenden Monarchen beschränkt.<br />

Es zeigte sich daher auch, dass der ursprüngliche Gedanke, wie er dem römischen<br />

Interzessionsrecht entnommen werden konnte, nicht konsequent durchgehalten<br />

wurde. Insbesondere <strong>im</strong> Nachfolgersystem des Absolutismus, dem Konstitutionalismus,<br />

wurde jegliche monarchische Beteiligung an der Gesetzgebung als<br />

Veto bezeichnet. Diese Bezeichnung konnte als systematisch irreführend herausgearbeitet<br />

werden. Die monarchischen Mitentscheidungsrechte an der Gesetzgebung,<br />

die i.d.R. als gemeinsame Gesetzgebung mit den beiden Parlamentskammern<br />

deklariert wurden, waren letztlich nicht vielmehr als ein absolutes Letztentscheidungsrecht<br />

des Monarchen, dem damit weiterhin de facto die Gesetzgebung<br />

zustand. Dies als ein Vetorecht zu bezeichnen, stellte sich als systemtheoretisch<br />

zweifelhaft heraus. Dennoch wurden in den <strong>deutschen</strong> Fürstenländern derartige<br />

monarchische Normsetzungspartizipationen bis zur Novemberrevolution von<br />

1918/19 als Vetorecht angesehen.<br />

Auch wenn aufgrund der Reichseinheit nach der Bürgerlichen Revolution von<br />

1848/49 sogar eine Reichsverfassung mit gegenüber den Fürstenländern fortschrittlicher<br />

konstitutioneller Beschränkung des monarchischen Staatsoberhauptes<br />

kreiert wurde, musste all deren demokratische Umkleidung, doch nur als Mantel<br />

für das fortwirkende monarchische Element herhalten. Die <strong>Vetorechte</strong> erweisen<br />

sich bei diesen Betrachtungen als eine Art Lackmustest für die Demokratisierungsfortschritte.<br />

Je stärker das monarchische Element in den unterschiedlichsten<br />

Formen fortwirkte, desto weniger notwendig waren exekutive <strong>Vetorechte</strong>. Denn<br />

faktisch blieb es ja be<strong>im</strong> bisherigen Zustand: Die monarchische Staatsleitung hatte<br />

wesentlichen Einfluss auf die Gesetzgebung, weil sie an dieser in den unterschiedlichsten,<br />

wenn auch mittlerweile verdeckten Formen, partizipierte. Diese Erkenntnis<br />

behielt auch für die kaiserliche Reichsverfassung ihre Gültigkeit ins Jahre 1918.<br />

Dennoch erlebten die <strong>Vetorechte</strong> auch schon in der Zeit vor der Novemberrevolution<br />

eine kleine Renaissance, die über eine Fehlzuordnung <strong>im</strong> Rahmen monarchischer<br />

Gesetzgebungsbeteiligungsrechte hinausging. Zumindest bei verfassungsrechtlichen<br />

Zweifeln sollte der Kaiser einem Gesetz die Ausfertigung und Verkündung<br />

autark verweigern können. Dass dies keine echte exekutive Einspruchsmöglichkeit<br />

war, sondern lediglich Aspekt des Verfassungsschutzes, darf nicht<br />

verdecken, dass das tribunizische Interzessionsrecht zumindest <strong>im</strong> Ansatz Wie-

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