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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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166<br />

B. Systematische und strukturelle Einordnung der <strong>Vetorechte</strong><br />

det, dass die WRV das Volk als Reichssouverän hervorstrich, welches regelmäßig<br />

durch seinen Repräsentativvertreter den Reichstag legislativ handelte. Die Sanktion<br />

war dem Volk somit selber nur in Ausnahmefällen übertragen.<br />

Für den Vetogedanken, der in der konstitutionellen Staatsrechtslehre der Sanktionsidee<br />

beigemessen wurde, bedeutet dies folgendes: Wenn überhaupt wies die<br />

WRV dem Volk in Form des unmittelbaren Plebiszits oder des fakultativen Referendums<br />

die Möglichkeit sanktionierenden Einflusses auf die Politik des Reichstags<br />

zu. Jegliche exekutive Beteiligungsform an einer solchen Sanktion war nicht<br />

vorgesehen. Folgerichtig erkannte auch niemand in der WRV einen Ansatz, dass<br />

ein exekutives Organ <strong>im</strong> Sinne monarchischer Sanktionsmanier über das Wohl<br />

und Wehe eines Gesetzesbeschlusses entscheiden sollte. Dies stand allein dem<br />

Reichsvolk zu, allerdings bis auf die Möglichkeit des Referendums auch nur auf<br />

der Basis eines bereits existierenden Reichstagsbeschlusses.<br />

In der Endkonsequenz muss also realisiert werden: Der Sanktionsansatz der<br />

WRV war nicht mehr derselbe wie der in den konstitutionellen Verfassungen. 532<br />

Er konnte es auch nicht mehr sein, weil es systemtheoretisch undenkbar war, dass<br />

die letztgültige Entscheidung über das Gesetzesschicksal nicht vom Reichstag als<br />

Hauptsanktionsorgan getroffen würde. 533 Insoweit verhinderte die in der WRV<br />

manifestierte Volkssouveränität schon vom Grundansatz her eine exekutive Sanktionsmöglichkeit.<br />

Für die <strong>Vetorechte</strong> blieb also nicht der Hauch eines Ansatzes, um mittels des<br />

Sanktionsgedankens in der We<strong>im</strong>arer Republik reüssieren zu können.<br />

532 Ebenso F. Ossenbühl, Zust<strong>im</strong>mung des Bundesrates be<strong>im</strong> Erlaß von Bundesrecht, in: AöR 99 (1974), 369<br />

(393) – „…Diese von Laband begründete sog. Sanktionstheorie hat sich in der Staatsrechtslehre durchgesetzt. Sie hatte nach den<br />

Untersuchungen von Mallmann einen handfesten, zeitgebundenen verfassungspolitischen Sinn, der darin bestand, das monarchische<br />

Prinzip als Gegenlehre gegen das Gewaltenteilungsprinzip und gegen repräsentative Tendenzen zu stärken, in dem die Sanktion als<br />

entscheidender Akt <strong>im</strong> Gesetzgebungsverfahren dem Kaiser und dem Bundesrat, als ‚Gesandtenkongreß souveräner deutscher Fürsten‛<br />

vorbehalten wurde.<br />

Mit dem Übergang zum demokratischen Verfassungsstaat hat die Sanktionstheorie jedoch ihre Angriffsrichtung und Grundlage<br />

verloren. Für die nachkonstitutionelle Zeit wird deshalb konsequenterweise der Begriff der Gesetzessanktion verabschiedet …“<br />

m.w.N. Fn 68-71.<br />

533 Das „Aussterben“ der Sanktionsvoraussetzungen wird von Maurer, in: Bonner Kommentar, Art. 82, Rn 17<br />

wie folgt zusammengefasst: „…Der Begriff der nunmehr dem Reichstag zustehen sollte, wurde weitergeschleppt, hatte aber weder<br />

dogmatischen Erkenntniswert noch praktische Bedeutung. …“.

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