22.01.2013 Aufrufe

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

III. Analyse der We<strong>im</strong>arer Reichsverfassung als demokr. Vorläufer des Grundgesetzes 159<br />

ne als auch in den We<strong>im</strong>arer Ländern seinen Ursprung nicht nur in der zersplitterten<br />

politischen Landschaft, sondern wurde zudem noch durch eine fehlende parlamentarische<br />

Kultur verschärft, welche gekennzeichnet war vom Makel der fehlenden<br />

Bindungen zwischen Regierung und Parlamentsfraktionen in der We<strong>im</strong>arer<br />

Republik.<br />

bbb. Fehlende Kohärenz zum <strong>Verfassungssystem</strong><br />

Der Aspekt einer sog. „Parlamentarischen Regierung“ war in der We<strong>im</strong>arer Republik<br />

auf allen ihren staatlichen Ebenen nur rud<strong>im</strong>entär ausgebildet. 515 Gerade<br />

diese fehlende Bindung zwischen exekutiver Landesregierung und einer ihr parteipolitisch<br />

zugetanen Parlamentsmehrheit öffnete Tür und Tor für Einsprüche der<br />

Staatsregierung gegen parlamentarische Gesetze, die sie nicht wollte. Eine nach<br />

heutigem Verständnis vergleichbare Verantwortung der Länderexekutiven für<br />

Gesetze der sie tragenden Parlamentsmehrheit existierte so gut wie nicht. Das mag<br />

<strong>im</strong> Grundsatz auch für die Reichsebene gegolten haben, dort existierte aber überdies<br />

noch ein Reichspräsident, der die schützende Hand über ‚seine‛ Regierung<br />

halten konnte und diese nicht allein dem Vertrauensvotum eines mit ihr fremdelnden<br />

Parlaments ausgesetzt war. Denn auch die Legislative war sich in der<br />

Regel keiner Verantwortung für die Durchsetzungsfähigkeit der <strong>Exekutive</strong> bewusst.<br />

Dabei hatten gerade die Länder der We<strong>im</strong>arer Republik eine besondere<br />

Chance jene Bindungen zwischen Regierung und Parlamentsfraktionen herzustellen,<br />

da hier anders als auf Reichsebene kein Präsident die Regierung ohne parlamentarische<br />

Mitwirkung hätte ernennen können. 516 Die Länderverfassungen<br />

We<strong>im</strong>ars waren den heutigen Verfassungskonstruktionen einer parlamentarischen<br />

lative bedeutete, das Parlament jedoch <strong>im</strong> Falle eines durch Quorumverfehlung erledigten Gesetzgebungsbeschlusses,<br />

zumindest mit einfacher Mehrheit, dann selber ein Referendum zur Bestätigung des eigenen Gesetzgebungsanliegens<br />

initiieren konnte.<br />

515 Diesen Umstand einer fehlenden „Parlamentarischen Regierung“ in der We<strong>im</strong>arer Republik exzellent darstellend:<br />

Thoma, Die rechtliche Ordnung des parlamentarischen Regierungssystems (§43), in: Handbuch des Deutschen<br />

Staatsrechts Bd. I (1930), S. 510: „…Man sagt „Parlamentarische Regierung“, meint damit aber nicht Parlamentsregierung,<br />

sondern Regierung eines vom Vertrauen einer Parlamentsmehrheit getragenen Ministeriums. …“<br />

Ebenso, Preuß, Um die Reichsverfassung von We<strong>im</strong>ar, S. 64: „…Jedenfalls gibt die Zerfahrenheit unseres Parteiwesens,<br />

die daraus folgende Unvermeidlichkeit von Koalitionsregierungen dem Reichspräsidenten bei der Lösung von Regierungskrisen einen<br />

größeren Einfluß, stellt ihn aber zugleich vor an sich schwierige Aufgaben, die durch Mangel an Tradition und Schulung in der<br />

Kunst parlamentarischer Selbstregierung und durch den entsprechenden Mangel staatsmännischer Führungsbund politischer Selbstdisziplin<br />

erschwert werden. …“.<br />

516 Ganz anders auf Reichsebene: Hier wurde dem Reichspräsidenten eine starke Rolle bei der Regierungsbildung<br />

zugewiesen. Vgl. Pohl, Die Zuständigkeiten des Reichspräsidenten (§42), in: Handbuch des Deutschen Staatsrechts<br />

Bd. I (1930), S. 487/488: „…Der Anteil des Reichspräsidenten an der Regierungsbildung ist keineswegs eine bloß<br />

formelle Befugnis, sondern (nach Hugo Preuß) ‚die wichtigste selbständige Funktion des Reichspräsidenten. Hierin vor allem hat er<br />

seine politische Führereigenschaft zu bewähren‛ Er und nicht etwa die Mehrheitsparteien <strong>im</strong> Reichstag haben die Regierung zu bilden.<br />

Denn sie ist von der Verfassung als ein selbständiges Organ der <strong>Exekutive</strong> gedacht, nicht als Vertrauensausschuss des Reichstags.<br />

Der Reichspräsident ist bei der Regierungsbildung nicht auf Personen beschränkt, ‚von denen bekannt oder den Umständen nach<br />

anzunehmen ist, daß der Reichstag ihnen sein Vertrauen nicht versagen wird‛. […] Der Reichspräsident ist rechtlich in der Lage,<br />

zur Durchsetzung seines politischen Willens gegen eine Reichstagsmehrheit zunächst eine Minderheits- und Kampfregierung zu bilden,<br />

zu der dann ein aus Neuwahlen hervorgehender Reichstag Stellung zu nehmen hat. …“.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!