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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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A. Einleitung<br />

„…conterriti patres cum trepidassent publicis privatisque consiliis, nullo remedio alio praeter<br />

expertam multis iam ante certaminibus intercessionem invento collegas adversus tribunicias rogationes<br />

comparaverunt...<br />

...‚Bene habet‛ inquit Sextius; ‚quando quidem tantum intercessionem pollere placet, isto ipso telo<br />

tutab<strong>im</strong>ur plebem. Agitedum, comitia indicite, patres, tribunis militium creandis; faxo, ne iuvet<br />

vox ita, ‚VETO‛, qua nunc concinentes collegas nostros tam laeti auditis‛...“ 1<br />

Auch wenn Theodor Mommsen in seinem „Römischen Staatsrecht“ 2 vollkommen<br />

legit<strong>im</strong>er Weise auf die fragile Quellenlage hinweist, so kann doch <strong>im</strong> Verbund mit<br />

weiteren Ereignissen 3 der römischen Staatspraxis davon ausgegangen werden, dass<br />

die hier vorangestellte Überlieferung des römischen Geschichtsschreibers Livius<br />

Titus den ersten für einen Verfassungsstaat verifizierbaren und auch ausdrücklich<br />

als solchen bezeichneten „VETO-Einsatz“ beschreibt. Mithin erscheint diese als<br />

die Geburtsstunde eines nicht minder häufig verwendeten, wie missverständlich<br />

eingeordneten staatspolitischen Rechtes.<br />

Heute ist das Wort „Veto“ mehr oder weniger ein Schlagwort, welches pr<strong>im</strong>är<br />

mit dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen 4 in Verbindung gebracht wird. Die<br />

Möglichkeit der dortigen fünf ständigen Mitglieder, Resolutionen des jeweils anderen<br />

<strong>im</strong> Zweifel mit dem eigenen Einspruch stoppen zu können, ist wohl die derzeit<br />

weitläufig bekannteste Version der Vetoanwendung. Aber auch das für die<br />

europäischen Parlamentssysteme ungewohnte und den Besonderheiten des präsidentiellen<br />

Regierungssystems der Vereinigten Staaten geschuldete Vetorecht 5 des<br />

1 Livius, Römische Geschichte, 6, 35, 9. „… und nachdem die Patrizier in offiziellen und privaten Beratungen hin und her<br />

überlegt hatten, fanden sie kein anderes Gegenmittel als den schon in vielen früheren Auseinandersetzungen erprobten Einspruch und<br />

boten gegen die Anträge der Volkstribunen deren eigene Kollegen auf… ‚Nun gut!‛, sagte Sextius, ‚Da es ihnen so sehr gefällt, dass<br />

der Einspruch seine Macht erweist, werden wir mit der nämlichen Waffe die Plebs verteidigen. Wohlan, setzt eine Versammlung für<br />

die Wahl der Militärtribunen an, ihr Patrizier. Ich werde dafür sorgen, dass ihr an diesem Wort ‚VETO‛ keine Freude mehr habt,<br />

das ihr jetzt mit solchem Vergnügen unsere Kollegen <strong>im</strong> Chor rufen hört.‛ …“.<br />

2 Mommsen, Römisches Staatsrecht II.1., Rn 280.<br />

3 Vgl. Sueton, Die Kaiserviten – de vita caesarium, Berühmte Männer – de viris illustribus, Tiberius 2, S. 324 ff.<br />

4 Zur Anwendung und Interpretation des für den Vetobezug relevanten Art. 27 Abs. 3 UN-Charta sei anstatt<br />

vieler exemplarisch verwiesen auf: S<strong>im</strong>ma, in: The charter of the United Nations, Art. 27, Rn 39 ff, 109; Goodrich/Hambro/S<strong>im</strong>ons,<br />

in: Charter of the United Nations, Art. 27, S. 227-231; Cede/Sucharipa-Behrmann, in:<br />

Die Vereinten Nationen – Recht und Praxis, S. 35 ff; Stein/von Butlar, in: Völkerrecht, Rn 411-416; Wolfrum, in:<br />

Handbuch der Vereinten Nationen, S. 767 (103/13); Seidl-Hohenveldern/Loibe, in: Das Recht der Internationalen<br />

Organisationen einschließlich der supranationalen Gemeinschaften, Rn 1149. Allumfänglich in das Vetothema<br />

für den Weltsicherheitsrat einführend: Demme, Hegemonialstellungen <strong>im</strong> Völkerrecht: der ständige Sitz <strong>im</strong><br />

Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.<br />

5 Der US-Präsident hat die Möglichkeit, ein von beiden Kammern des Kongresses (Repräsentantenhaus & Senat)<br />

verabschiedetes Gesetz abzulehnen. Dabei ist der Präsident der Vereinigten Staaten darauf beschränkt, das<br />

Gesetz <strong>im</strong> Ganzen abzulehnen oder anzunehmen. Binnen zehn Tagen nach dem der Präsident den Gesetzesvorschlag<br />

erhalten hat, muss die Einlegung dieses Vetos erfolgen. Sollte sich der Kongress innerhalb dieses Zeitraums<br />

vertagen, gilt das Gesetz der Verfassung entsprechend als endgültig abgelehnt. Andernfalls kann das<br />

Präsidentenveto mit einer Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern überst<strong>im</strong>mt werden. In diesem Fall wird das<br />

Gesetz am Tag der endgültigen Abst<strong>im</strong>mung rechtskräftig bzw. an dem Tag, der <strong>im</strong> Gesetz festgeschrieben

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