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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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B. Systematische und strukturelle Einordnung der <strong>Vetorechte</strong><br />

bleiben musste, da das Konzept eines exekutiven Vetos in der We<strong>im</strong>arer Reichsverfassung<br />

nicht substantiell zu Ende gedacht wurde oder deren Gesamtzuschnitt<br />

nicht vetotauglich war. Wie ein substantielles Zuendedenken und Einpassen des<br />

Vetogedankens hätte aussehen können, wird bei diesbezüglich näherer Betrachtung<br />

der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika und deren republikanischem<br />

Präsidentenveto deutlich, welches dieser autark gegenüber der Legislative<br />

ausüben kann. 476<br />

Dass eine derartig konzeptionelle Umsetzung des Vetogedankens, <strong>im</strong> Sinne des<br />

funktionierenden Präsidialsystems der USA, in Deutschland nicht möglich war, ist<br />

letztlich wieder den Grundkonstanten der We<strong>im</strong>arer Nationalversammlung mit<br />

ihrem Widerspiel von Glorifizierung und Verabscheuung des Parlamentarismus<br />

geschuldet. Als bezeichnend und sinnstiftend kann hier auf eine Rede des Abgeordneten<br />

Hugo Preuß verwiesen werden, in der dieser zum Zwecke der Ablehnung des<br />

US-amerikanischen <strong>Verfassungssystem</strong>s zu der vernichtenden Analyse kommt:<br />

Das amerikanische Präsidentensystem mit seinen Vetoperspektiven sei schon<br />

deshalb abzulehnen, weil es an „geistiger Verarmung und politischer Verödung des Parlaments“<br />

leide und darüber hinaus sowieso nur ein „Beutesystem zur Besetzung von Verwaltungsämtern“<br />

darstellte. 477 Anhand derartiger Auffassungen, die der einflussreiche<br />

Abgeordnete und Mehrheitsführer Preuß, der auch als „Vater des We<strong>im</strong>arer Verfassungsentwurfs“<br />

478 bezeichnet wird, repräsentativ für die gesamte Versammlung<br />

darstellte, erweist sich für die We<strong>im</strong>arer Republik einmal mehr, dass die Ungeübtheit<br />

in demokratischen Verfassungsfragen <strong>im</strong> Zusammenspiel mit der Austarierung<br />

gesellschaftlicher Interessengruppen zu einer gefährlichen Mixtur führte, die<br />

geprägt von Vorurteilen und Unkenntnis verfassungsrechtlich die Katastrophe mit<br />

vorbereitete, welche dann tatsächlich über Deutschland hereinbrechen sollte.<br />

b. Vetoaspekte auf der We<strong>im</strong>arer Länderebene<br />

aa. Verfassungsparameter der Reichsverfassung<br />

Auch für die We<strong>im</strong>arer Republik genügt, um die Vetod<strong>im</strong>ension jenes Staatssystems<br />

allumfänglich zu erfassen, nicht allein der Blick auf die Reichsebene, sondern<br />

auch deren föderale Gliederungen sind näher zu untersuchen. Dabei gilt es in<br />

vergleichender Betrachtung zunächst einmal festzustellen, dass die vormalige Kaiserverfassung<br />

von 1871 aus Gesichtspunkten der <strong>Verfassungssystem</strong>atik, auf die<br />

Länder keinen unitarischen Zwang ausübte. Die Gliedstaaten des Deutschen Kaiserreiches<br />

waren in dieser Hinsicht vollkommen frei darin, ihre jeweiligen Staats-<br />

476 Vgl. Erwägungen zum Vetorecht des Präsidenten der Vereinigten Staaten in Fn. 5 & 6.<br />

477 Vgl. die Bezugnahme bei: v. Beyme, Die Parlamentarischen Regierungssysteme in Europa, S. 266.<br />

478 Vgl. Ministerpräsident Bernhard Vogel auf dem Festakt zu 75 Jahre We<strong>im</strong>arer Verfassung am 03. Sept. 1994 –<br />

niedergelegt in: 75 Jahre We<strong>im</strong>arer Verfassung, S. 1.

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