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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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III. Analyse der We<strong>im</strong>arer Reichsverfassung als demokr. Vorläufer des Grundgesetzes 143<br />

keit mit gutem Draht zum Kanzler hätte jedoch nicht genügt. Vielmehr wäre das<br />

Aufbieten der gesamten Macht aus der Verfassung nötig gewesen, um dem ebenbürtigen<br />

Verfassungsorgan Reichstag mittels exekutivem Veto Paroli bieten zu<br />

können. 460<br />

(2) Betrachtungen für Art. 70 WRV<br />

In all den Fällen, in denen der Präsident der We<strong>im</strong>arer Republik aktiv handelte, so<br />

wie es für den Erlass des Volksentscheides anzunehmen ist, benötigte er für die<br />

Wirksamkeit seines Tuns, die positive Verantwortungsübernahme durch die<br />

Reichsregierung in Form der ministeriellen Billigung.<br />

Es wurde oben dargestellt, dass der Reichspräsident zwar kein vollwertiges<br />

Mitwirkungsrecht an der Reichgesetzgebung hatte, ihm jedoch neben den Möglichkeiten<br />

aus Art. 73 Abs. 1 WRV eine präsidiale Reaktion eröffnet war, die sich<br />

gegen das Gesetzgebungsgebaren des Reichstags richten konnte. Der Art. 70<br />

WRV erlaubte es dem Präsidenten, zumindest aus verfassungsrechtlichen Zweifeln,<br />

die Ausfertigung und Verkündung eines Reichsgesetzes zu verweigern. Da<br />

sich die Gegenzeichnungspflicht auf alle präsidialen Akte erstrecken sollte, gilt es<br />

entsprechende Betrachtungen auch für die Ausfertigungsverweigerungskonstellation<br />

anzustellen.<br />

Die grundsätzliche Regel, dass der Präsident die Gegenzeichnung des Reichskanzlers<br />

oder der Reichsminister für seine Akte benötigte greift prinzipiell auch<br />

für die Fragestellung der Verweigerung der Ausfertigung i.S.v. Art. 70 WRV. Auch<br />

hierfür benötigte er theoretisch die ministerielle Verantwortlichkeitsübernahme in<br />

460 Nachweise zu der von Anschütz als herrschende Meinung dargestellten Auffassung, das der Reichspräsident <strong>im</strong><br />

Falle des Konflikts mit der Reichstagsmehrheit und der ihr ergebenen Regierung, die letztere ohne Gegenzeichnung<br />

eines ihrer Mitglieder entlassen und eine Minderheitsregierung berufen, deren Führer in Person des neuen<br />

Reichskanzlers die Entlassung der alten Regierung, seine eigene Ernennung und die Auflösung des Reichstags<br />

kontrasignieren konnte, sind zu finden bei: Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August<br />

1919, Art. 25, S. 199.<br />

Dabei führt Anschütz insbesondere den Abgeordneten Preuß und seine Aussagen ins Feld: „…Wenn der Präsident<br />

den Reichstag auflöst und gegen die Mehrheit regieren will, dann kann er nicht mit dem Mehrheitsministerium regieren. Er muß aber<br />

eine Gegenzeichnung dafür haben. Dieser ganze politische Akt kann nur darin bestehen, daß er durch die Neuwahlen versucht, die<br />

Mehrheit zu machen… er muss aber dann aus der Minderheit die dafür verantwortlichen Staatsmänner berufen. …“ (Preuß<br />

VAusSchProt S. 237). […] Es ist gewiß denkbar, daß der neue Reichspräsident zu dem Entschluß gelangt, er müsse die Auflösung<br />

gegen die Mehrheit des Reichstages und gegen die Meinung des aus dieser Mehrheit hervorgegangen Ministeriums vornehmen; …<br />

dann muß er sich aus der Minderheit ein neues Ministerium bilden, mit dessen Gegenzeichnung auflösen und abwarten, wie die<br />

Wahlen ausfallen. …“ (Preuß VAusSchProt S. 252).<br />

Neben Preuß als unmittelbaren Zeugen aus der We<strong>im</strong>arer Verfassungsversammlung verweist Anschütz auf den<br />

Staatsrechtler Thoma (Thoma, Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik (50), S. 279): „…Der Reichspräsident<br />

hat das Auflösungsrecht, und wenn es etwas taugen soll, so muß er in der Lage sein, <strong>im</strong> kritischen Augenblick das Mehrheitsministerium<br />

zu entlassen und sich von einem ad hoc ernannten Reichskanzler dessen Ernennung und den Auflösungsbeschluß gegenzeichnen<br />

lassen… Es handelt sich hier um eine Möglichkeit deren juristisch-konstruktive Deduktion aus den Verfassungsartikeln einer<br />

verständigen Interpretation keine Schwierigkeiten bereitet. …“.<br />

„…Das (d.h. die Auflösung des Reichstags gegen den Willen der Reichsregierung) kann und darf der Reichspräsident, indem er in<br />

einem Zuge die Entlassung der Reichsregierung, die Auflösung des Reichstags und die Ernennung eines neuen Reichskanzlers verfügt,<br />

dessen Gegenzeichnung diese drei Regierungsakte deckt, die demnächst vor dem neugewählten Reichstag zu verantworten sind. …“<br />

(Thoma, DJZ (29), S. 659).

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