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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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III. Analyse der We<strong>im</strong>arer Reichsverfassung als demokr. Vorläufer des Grundgesetzes 129<br />

exekutive Natur den Weg frei für die Bezeichnung der Ausfertigungsverweigerung<br />

als Veto. Dieses Vetorecht konnte von der exekutiven Reichsspitze jedoch genauso<br />

wenig frei und unbedingt angewandt werden, wie es der Deutsche Kaiser konnte.<br />

Es musste jeweils mit dem Argument des Verfassungsverstoßes untermauert<br />

werden.<br />

Überdies gilt es die D<strong>im</strong>ension jenes Vetos aus Art. 70 WRV herauszustellen.<br />

Aus dem Umstand, dass die WRV nicht nur kein Normenkontrollverfahren kannte,<br />

sondern auch kein Organstreitverfahren, konnte die Entscheidung des Reichspräsidenten<br />

nicht angefochten werden. Ein Erzwingen der Ausfertigung und Verkündung<br />

per Verfassungsgerichtsbeschluss wegen verfassungswidriger Verletzung<br />

der Rechte des legislativen Reichtags war mangels Klageweges nicht möglich. Der<br />

Reichstag musste sich also der Entscheidung des Reichspräsidenten beugen, sie<br />

war unumstößlich. 420 Sein Veto aus Art. 70 WRV war damit zwar ein verfassungsrechtlich<br />

bedingtes. In seiner Bedingtheit dann aber ein Absolutes, da es keine<br />

Instanz gab, die dieses Veto hätte aufheben oder abmildern können. 421<br />

bb. Art. 73 Abs. 1 WRV – Verbringung eines Gesetzes zum Volksentscheid<br />

Ausgehend von Art. 68 Abs. 2 WRV besteht für die Verfassung der We<strong>im</strong>arer<br />

Republik kein Zweifel, dass allein der Reichstag die Gesetze beschließt. Dennoch<br />

ist neben der Möglichkeit einer Ausfertigungsverweigerung, wie sie dem Reichspräsidenten<br />

nach Art. 70 WRV zusteht, ein weiteres retardierendes Moment hervor<br />

zu streichen, welches jenen Gesetzesbeschluss des Reichstags unterminieren<br />

konnte. Die Rede ist vom Einspruchsrecht des Reichspräsidenten aus Art. 73 Abs.<br />

1 WRV. Wie aus der obigen Zusammenstellung des Gesetzgebungsabschnitts der<br />

WRV ersichtlich, best<strong>im</strong>mt Art. 73 Abs. 1 WRV:<br />

420 Allein die Präsidentenanklage nach Art. 59 WRV hätte zumindest den Effekt gehabt, bei deren Erfolg, die<br />

Verfassungswidrigkeit der präsidialen Ausfertigungsverweigerung aufzuzeigen. Das Gesetz selbst hätte jedoch<br />

noch einmal <strong>im</strong> parlamentarischen Verfahren beschlossen werden müssen. Ein automatisches Wiederaufleben<br />

wäre nicht eingetreten. Insbesondere unter dem Aspekt der instabilen Mehrheiten <strong>im</strong> Reichstag hätte selbst der<br />

Weg der Präsidentenanklage nicht zwingend zur Durchsetzung dieses konkreten Gesetzes führen müssen. Zumal<br />

der politische Flurschaden einer Präsidentenanklage enorm gewesen wäre. Insbesondere wenn man bedenkt, dass<br />

der Reichspräsident letztlich auch einer parteipolitischen Richtung nahe stand, die trotz einer inhaltlichen Differenz<br />

mit dem Präsidenten diesen nur in der Extremsituation per Anklage geopfert hätte. Die Möglichkeit einer<br />

Präsidentenanklage erweist sich unter staatspolitischen Gesichtspunkten, zumindest für die Gegenwehr einer<br />

Ausfertigungsverweigerung, als unscharfes Schwert.<br />

421 Diese Sichtweise wird unterstützt durch die tatsächlich praktizierte parlamentarische Entscheidung, dem<br />

Präsidenten dieses Letztentscheidungsrecht zuzugestehen. So beschreibt Schade, in: Das Vetorecht in der Gesetzgebung,<br />

Diss. Jur. Halle 1929, S. 46-48, den Fall des sog. „Duellgesetzes“ v. 03.02.1926, wo sowohl der Reichspräsident<br />

die Verkündung, als auch der Reichskanzler die Gegenzeichnung zu diesem verweigerten. Beide wären<br />

eher von ihren Ämtern zurückgetreten, als das fragliche Änderungsgesetz zu unterzeichnen und zu verkünden.<br />

Keine Partei soll damals die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Präsidentenverhaltens in Frage gestellt haben.<br />

Es wurde lieber in der Sache nachgegeben, als das Land in eine politische Krise zu stürzen. Insoweit ist den<br />

interessanten Darstellungen Schades zu diesen Geschehnissen zu folgen. Die Aussage, dass es sich jedoch um<br />

kein Veto handeln könnte, weil durch die Ausfertigungsverweigerung noch kein gültiger Gesetzesbeschluss<br />

vorliegt, ist mit dem Hinweis auf die Unzulässigkeit eines derartigen Zirkelschlusses jedoch zurückzuweisen.

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