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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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B. Systematische und strukturelle Einordnung der <strong>Vetorechte</strong><br />

zungen begründbares Einspruchsrecht des exekutiven Reichspräsidenten darstellte.<br />

Es damit aber sofort zu einem Vetorecht zu verklären, welches der We<strong>im</strong>arer<br />

Verfassungsgeber bewusst als solches kreiert haben soll, ist zumindest hinterfragenswert.<br />

Immerhin finden sich in den Verfassungsmaterialien zur We<strong>im</strong>arer Nationalversammlung<br />

keine derartigen streitbefangenen Diskussionsbeiträge zu den<br />

<strong>Vetorechte</strong>n, wie dies noch bei der Paulskirchenverfassung und der Kaiserverfassung<br />

der Fall war.<br />

Zudem fällt ein wissenschaftlicher Beitrag Heinrich Triepels auf, der die Diskussion<br />

um das Prüfrecht in der We<strong>im</strong>arer Staatsrechtliteratur ein wenig relativiert:<br />

„…Oder glaubt man, daß der Reichspräsident ein Organ sei, dem man getrost die Prüfung der<br />

Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes und deren authentische Feststellung überlassen dürfe – der<br />

Reichspräsident, den doch die Verfassung in die vollkommenste Abhängigkeit vom Reichstage<br />

gebracht hat? Der Mehrzahl unserer Politiker und Juristen ist es noch nicht genügend zum<br />

Bewusstsein gekommen, daß Einrichtungen, die unter der konstitutionellen Monarchie erträglich<br />

sein mochten, in der parlamentarischen Republik schlechterdings unerträglich sein können.<br />

…“ 414<br />

Es funkelt aus dieser, die damalige Diskussionskultur auf den Kopf stellenden<br />

Ansicht, ein Aspekt hervor, den die meisten sonstigen Staatsrechtler bei ihrer<br />

hitzigen Debatte um die materielle Prüfd<strong>im</strong>ension des Art. 70 WRV übersahen.<br />

War diese Normierung in Art. 70 WRV wirklich eine zeitgemäße? War dieses Einspruchsrecht<br />

tatsächlich ein systematisch wie funktionell in dieses Staatssystem<br />

passendes Recht? Dieser Frage wurde in der damaligen Staatswissenschaft entweder<br />

gar nicht oder nicht mit genügender Intensität nachgegangen. Es finden sich<br />

zumindest nicht viele Quellen, die jenen subversiven Gedanken aufgeworfen oder<br />

aufgegriffen hätten. Triepel ist der Einzige, der bekanntermaßen diese Frage wirklich<br />

so offen zu stellen wagte. Er verklausuliert zwar, aber es wird deutlich, dass er<br />

jene Verortung der Ausfertigungsprüfung be<strong>im</strong> Reichspräsidenten nicht in das<br />

parlamentarische System passend empfindet.<br />

In Bezug auf die We<strong>im</strong>arer Reichsverfassung kann der Angriff Triepels einigermaßen<br />

problemlos pariert werden. Es gilt nämlich letztlich festzustellen, dass sich<br />

dieses Recht durchaus geschmeidig in die sonstigen präsidialen Rechte einpasste.<br />

Es sei hier nur auf die die Legislative ausschaltenden Notverordnungsrechte 415<br />

414 Triepel, Der Weg der Gesetzgebung nach der neuen Reichsverfassung, AöR 39 (1920), S. 538.<br />

415Dieses Recht aus Art. 48 WRV gilt es als besonders schwerwiegend herauszustellen. Art. 48 Verfassung des<br />

Deutschen Reichs v. 11. August 1919: „(Abs. 1) Wenn ein Land die ihm nach der Reichsverfassung oder den Reichsgesetzen<br />

obliegenden Pflichten nicht erfüllt, kann der Reichspräsident es dazu mit Hilfe der bewaffneten Macht anhalten. (Abs. 2) Der<br />

Reichspräsident kann, wenn <strong>im</strong> Deutschen Reiche die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gestört oder gefährdet wird, die zur<br />

Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen treffen, erforderlichenfalls mit Hilfe der bewaffneten<br />

Macht einschreiten. Zu diesem Zwecke darf er vorübergehend die in den Artikeln 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153 festgesetzten<br />

Grundrechte ganz oder zum Teil außer Kraft setzen. (Abs. 3) Von allen gemäß Abs. 1 oder Abs. 2 dieses Artikels<br />

getroffenen Maßnahmen hat der Reichspräsident unverzüglich dem Reichstag Kenntnis zu geben. Die Maßnahmen sind auf Verlangen<br />

des Reichstags außer Kraft zu setzen.(Abs. 4) Bei Gefahr <strong>im</strong> Verzuge kann die Landesregierung für ihr Gebiet einstweilige

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