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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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III. Analyse der We<strong>im</strong>arer Reichsverfassung als demokr. Vorläufer des Grundgesetzes 123<br />

Führerschaft <strong>im</strong> Reich überantwortet bekam. 405 Er sollte als führendes Staatsoberhaupt<br />

an den Staatsgeschäften aktiven Anteil nehmen und ein „…in die Geschicke<br />

des Reichs tatkräftig eingreifender, sie mitbest<strong>im</strong>mender, schaffender, leitender Staatsmann…“<br />

sein, „…der über die ihm zugewiesenen Zuständigkeiten <strong>im</strong> Bereich der Verwaltung,<br />

Rechtsprechung und Gesetzgebung hinaus die Kontinuität und Permanenz der staatlichen Einheit<br />

und ihres einheitlichen Funktionierens…“ 406 darstellen. 407<br />

Ausgehend von dieser Bestandsaufnahme der den Vetobereich beeinflussenden<br />

staatsorganisationsrechtlichen Strukturen und Institutionen der WRV soll nun<br />

<strong>im</strong> Folgenden untersucht werden, inwieweit best<strong>im</strong>mte exekutive Rechte, die dem<br />

starken Reichspräsidenten gegenüber dem Gesetzgebungsgebaren der Legislative<br />

zustanden, als <strong>Vetorechte</strong> bezeichnet werden können, so wie es die Staatsrechtswissenschaft<br />

der We<strong>im</strong>arer Republik des Öfteren tat und wie sie auch in der heutigen<br />

Nachschau häufig bezeichnet werden.<br />

2. Vetoausprägungen <strong>im</strong> Wortlaut der WRV<br />

Die We<strong>im</strong>arer Reichsverfassung sah in ihren Regelungen das Normsetzungsverfahren<br />

betreffend zwar vor, dass ein Gesetz, welches durch den entsprechenden<br />

Reichstagbeschluss zustande kam, keiner weitergehenden Zust<strong>im</strong>mungskomponente<br />

mehr bedurfte. Gerade in diesem Punkt unterschied sich die WRV nicht nur<br />

fundamental von den konstitutionellen Vorläufersystemen, die bis zum revolutionären<br />

Umsturz in den Ländern galten, sondern auch von der Regelung in Art. 5<br />

Abs. 1 der Kaiserverfassung, durch welche dem dynastisch-monarchischen Bundesrat<br />

die Position des Gesetzgebers eröffnet wurde. Dennoch muss gerade in<br />

Anbetracht der Art. 73 und 74 WRV dem We<strong>im</strong>arer Verfassungswerk eine Vielzahl<br />

von Angriffspunkten auf den Gesetzgebungsakt des volksabgeleiteten Reichtags<br />

attestiert werden. Weniger die plebiszitären Elemente, die wohl dem etwas zu<br />

405 Vgl. Rudzio, Das politische System der Bundesrepublik Deutschland, S. 293.<br />

406 Vgl. Schmitt, Der Hüter der Verfassung, in: AöR 16 (1929)/Heft 2, S. 218;<br />

407 Die Stellung des Präsidenten der We<strong>im</strong>arer Republik als eines der beiden gleich stark konzipierten demokratischen<br />

Organe, beschreibt Pohl, Die Zuständigkeiten des Reichspräsidenten (§42), in: Handbuch des Deutschen<br />

Staatsrechts Bd. I (1930), S. 483: „…Die Verfassungsbest<strong>im</strong>mungen über den Reichspräsidenten machen den Versuch, ‚dem<br />

Parlament als Repräsentation des ganzen <strong>deutschen</strong> Volkes eine ebenfalls vom ganzen <strong>deutschen</strong> Volke gewählte andere Repräsentation<br />

entgegenzustellen. Das entspricht dem demokratischen Prinzip und hat den verfassungsrechtlichen Sinn, die politische Einheit des<br />

ganzen Volkes vor einem zum Instrument pluralistischer Tendenzen gewordenen Instrument zu retten.‛ Ganz <strong>im</strong> Sinne des demokratischen<br />

Prinzips, auf dem die We<strong>im</strong>arer Verfassung beruht, wird er als ‚der Hüter der Verfassung‛ bezeichnet. Die politischen<br />

Befugnisse des vom ganzen <strong>deutschen</strong> Volk gewählten Reichspräsidenten gegenüber den gesetzgebenden Instanzen sind, wie Carl<br />

Schmitt mit Recht betont, der Sache nach ‚nur ein Appell an das Volk‛. ‚Die We<strong>im</strong>arer Verfassung hat hier den Versuch gemacht,<br />

gerade aus demokratischen Prinzipien heraus gegen die Herrschaft von Parlamentskoalitionen und gegen den Pluralismus sozialer<br />

und wirtschaftlicher Machtgruppen ein Gegengewicht zu bilden, die Einheit des Volkes als eines politischen Ganzen zu wahren und<br />

die verfassungsmäßige Ordnung vor einem Mißbrauch der Parteien zu schützen.‛ ‚Sowohl das relativ Statische und Permanente<br />

(Wahl auf sieben Jahre, erschwerte Abberufungsmöglichkeit, Unabhängigkeit von den wechselnden Parlamentsmehrheiten) wie auch<br />

die Art seiner Befugnisse… haben den Sinn, eine neutrale und vermittelnde Stelle zu schaffen, die als solche der berufene Wahrer und<br />

Hüter des verfassungsmäßigen Zustandes und des verfassungsmäßigen Funktionierens der obersten Reichsinstanzen ist.“.

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