22.01.2013 Aufrufe

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

III. Analyse der We<strong>im</strong>arer Reichsverfassung als demokr. Vorläufer des Grundgesetzes 121<br />

b. Der Reichspräsident in der We<strong>im</strong>arer Reichsverfassung<br />

Neben den volksdemokratischen Neuerungen auf Reichs- und Länderebene, wies<br />

die WRV auch einige weitere, für den Forschungsbereich der <strong>Vetorechte</strong> interessierende,<br />

Neujustierungen auf. Anders als in der Bismarckschen Reichsverfassung,<br />

deren Wortlaut nach der Kaiser gar nicht als starkes Staatsoberhaupt vorgesehen<br />

wurde und nur die persönlichkeitsinitiierte Verfassungsentwicklung ein solches<br />

aus ihm machte, war die WRV von Anfang an, anders konzipiert. In ihr wurde mit<br />

dem Reichspräsidenten ganz bewusst eine exekutive Institution von großer Macht<br />

geschaffen, die später nicht unbegründeter Maßen oftmals als „Ersatzkaiser“ 399<br />

bezeichnet wurde.<br />

Für die verfassunggebende Nationalversammlung stellte sich die Aufgabe, eine<br />

Verfassung für ein parlamentarisches System auszuarbeiten, bei der erstmals für<br />

das deutsche Staatsrecht einer parlamentarischen Souveränitätskomponente kein<br />

Monarch gegenüber stand. Um aus dieser Konstellation nicht den gefürchteten<br />

Parlamentsabsolutismus erwachsen zu lassen, wurde mit dem Reichspräsidenten<br />

ein Verfassungsorgan kreiert, das zusammen mit der Reichsregierung eine Art<br />

doppelspitzige <strong>Exekutive</strong> bildete, die als tatsächliches Gegengewicht zum erstarkten<br />

Parlament taugte. 400<br />

Insbesondere <strong>im</strong> Vergleich zur Vorgängerverfassung und dem dortigen Kaiser<br />

wies die WRV für den Bereich der <strong>Exekutive</strong> einen Reichspräsidenten auf, der als<br />

exekutives Staatsoberhaupt extrem aufgewertet wurde. Dem Reichspräsidenten<br />

wurde in der We<strong>im</strong>arer Verfassungsstruktur ganz bewusst keineswegs nur eine<br />

bloße dekorative Funktion zugewiesen. Er sollte kein politisches nullum sein,<br />

vielmehr sollte er in eigener Verantwortlichkeit lenkend und leitend in das Getriebe<br />

der Politik eingreifen können und unbeschadet seiner Gebundenheit an die<br />

Gegenzeichnung und der dadurch prävalierenden Mitverantwortlichkeit der<br />

Reichsregierung agieren können. 401<br />

Jene starke Position war allerdings in der We<strong>im</strong>arer Verfassungsversammlung<br />

nicht so unbestritten 402 , wie es die letztlich starke Stellung 403 des Reichspräsiden-<br />

mittelbare und zwar repräsentative und ‚parlamentarisch‛ regierte Demokratie…“ – Vgl. Thoma, Das Reich als Demokratie,<br />

in: Handbuch des Deutschen Staatsrechts Bd. I (1930), S. 194.<br />

399 Vgl. Stolleis, in: Handwörterbuch zur <strong>deutschen</strong> Rechtsgeschichte V. Band, S. 1220; v. Beyme, Die Parlamentarischen<br />

Regierungssysteme in Europa, S. 270; Maurer, Staatsrecht I, §2, Rn 69; Rudzio, Das politische System<br />

der Bundesrepublik Deutschland, S. 293.<br />

400 Vgl. Fleiner-Gerster, Allgemeine Staatslehre, S. 239.<br />

401 Vgl. Anschütz, Reichsverfassung vom 11. August 1919, Berlin 1921, S. 99; Nawiasky, Die Grundlagen der<br />

Reichsverfassung, München/Leipzig 1920, S. 84/85; Venator, Volksentscheid und Volksbegehren <strong>im</strong> Reich und<br />

den Ländern, AöR 43 (1922), S. 49.<br />

402 Während die Nationalkonservativen eine starke Position für den Reichspräsidenten forderten, wurde dies<br />

insbesondere von Teilen der Sozialdemokratie und den Kommunisten bekämpft. Folgende „Debattengefechte“<br />

lassen sich in den Protokollen der verfassunggebenden Nationalversammlung finden: Leidenschaftlich warnte der<br />

Sozialdemokrat R. Fischer vor einem zu starken Reichspräsidenten, wenn er sagte, dass dieser – „…Reichspräsident<br />

geradezu mit Diktaturgewalt ausgerüstet… […] …Die jetzige Verfassungslage gibt also dem Reichspräsidenten eine höhere,<br />

uneingeschränkte Macht, als sie früher der Kaiser besaß. … […] Wir dürfen uns hierbei auch nicht von dem Glauben beeinflussen<br />

lassen, das jetzt auf dem Posten des Reichspräsidenten ein Sozialdemokrat steht. War die frühere Reichsverfassung auf den Leib des

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!