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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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118<br />

B. Systematische und strukturelle Einordnung der <strong>Vetorechte</strong><br />

men aber an, daß außerdem noch eine Sanktion durch den Bundesrat verfassungsrechtlich notwendig<br />

seien. Der Reichstag hatte nur das Recht den Inhalt des Gesetzes festzustellen, zu billigen<br />

oder zu verwerfen. So gab er den Gesetzesinhalt, dagegen der Bundesrat gab den maßgebenden<br />

Gesetzesbefehl. […]<br />

Zu alledem kamen noch die Unwägbarkeiten der politischen Entwicklung, durch die die kaiserliche<br />

Stellung nach außen stark betont wurde und auch die <strong>im</strong> Bundesrat verkörperten verbündeten<br />

Regierungen haben der Machtausdehnung des Reichstags Schranken gesetzt. […] Die Vertretung<br />

des <strong>deutschen</strong> Volkes war machtlos, wenn es den Vertretern der Regierungen gefiel, ihre<br />

Zust<strong>im</strong>mung zu den Beschlüssen des Reichstags zu versagen; Träger der Staatsgewalt war nicht<br />

das Volk.<br />

Demgegenüber ist der Deutsche Reichstag gemäß der neuen Reichsverfassung zu beherrschender<br />

und ausschlaggebender Stellung emporgestiegen. Er hat seinen Charakter als demokratisch gewählte<br />

und aus einer Kammer bestehende Volksvertretung gewahrt. Seine Beschränkungen durch<br />

den beseitigten Bundesrat und die kaiserliche Stellung sind fortgefallen; er wird von dem Volke,<br />

dem die Souveränität zusteht, durch das freie Wahlrecht der Welt gewählt und ist oberstes<br />

Staatsorgan. …“ 390<br />

[…]<br />

„…Die neue RV. hat dem Deutschen Reichstag nicht nur alle Funktionen belassen, welche die<br />

alte RV. dem Reichstag anvertraut hatte. Sie hat ihm zugleich <strong>im</strong> Bereiche der Gesetzgebung<br />

vom mitwirkenden zum grundsätzlich und regelmäßig allein entscheidenden Organ der Reichskörperschaft<br />

erhoben und ihn überdies mit einer solchen Fülle neuer Kompetenzen, insbesondere<br />

gegenüber der auf ‚sein‛ Vertrauen angewiesenen Reichsregierung ausgestattet, daß es erlaubt und<br />

geboten ist, den Reichstag in dem Sinne als oberstes Organ des Reiches zu bezeichnen, daß in<br />

Zweifelsfällen die rechtliche Vermutung für seine Zuständigkeit spricht. …“ 391<br />

Die von Stier-Somlo dargestellte Neupositionierung des Reichstags in der We<strong>im</strong>arer<br />

Verfassungsdemokratie 392 wird besonders deutlich, wenn man den Fünften<br />

Abschnitt der WRV 393 näher betrachtet, in welchem die umfänglichen Gesetzge-<br />

390 Stier-Somlo, Der Reichstag – Allgemeine Kennzeichnung (§34), in: Handbuch des Deutschen Staatsrechts Bd.<br />

I (1930), S. 381/382.<br />

391 Stier-Somlo, Der Reichstag – Übersicht über die Zuständigkeit des Deutschen Reichstages (§37), in: Handbuch<br />

des Deutschen Staatsrechts Bd. I (1930), S. 407.<br />

392 Nähere Ausführungen zur Demokratieausprägung in der We<strong>im</strong>arer Reichsverfassung sind zu finden bei:<br />

Thoma, Das Reich als Demokratie (§16), in: Handbuch des Deutschen Staatsrechts Bd. I (1930), S. 186 ff.<br />

393 FÜNFTER ABSCHNITT der Verfassung des Deutschen Reichs v. 11. August 1919 – RGBl. 1919, Nr. 152,<br />

S. 1383 ff.<br />

Die Reichsgesetzgebung:<br />

Artikel 68<br />

(1) Die Gesetzesvorlagen werden von der Reichsregierung oder aus der Mitte des Reichstags eingebracht.<br />

(2) Die Reichsgesetze werden vom Reichstag beschlossen.<br />

Artikel 69<br />

(1) Die Einbringung von Gesetzesvorlagen der Reichsregierung bedarf der Zust<strong>im</strong>mung des Reichsrats. Kommt<br />

eine Übereinst<strong>im</strong>mung zwischen der Reichsregierung und dem Reichsrat nicht zustande, so kann die Reichsregierung<br />

die Vorlage gleichwohl einbringen, hat aber hierbei die abweichende Auffassung des Reichsrats darzulegen.<br />

(2) Beschließt der Reichsrat eine Gesetzesvorlage, welcher die Reichsregierung nicht zust<strong>im</strong>mt, so hat diese die<br />

Vorlage unter Darlegung ihres Standpunkts be<strong>im</strong> Reichstag einzubringen.

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