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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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106<br />

B. Systematische und strukturelle Einordnung der <strong>Vetorechte</strong><br />

um der Gesetzgebung, nicht ein nothwendiges, sondern, wo sie vorkommt, nur ein historisches<br />

Moment ist. …“ 369<br />

Kolbow erklärt somit schon die Labandsche Lehre an sich für mit der Reichsverfassung<br />

unvereinbar. Dies begründet er über eine kritische Würdigung der diesbezüglich<br />

vorgesehenen Organe: Dabei widmet er der Bundesratszuordnung weit weniger<br />

Aufmerksamkeit, als der angedachten Sanktionsstellung des Kaisers. Die Sanktionsthese<br />

bezüglich des Bundesrates wird schon mit dem politischen Argument<br />

als untauglich abqualifiziert, dass der Bundesrat, wenn er tatsächlich einen Gesetzesentwurf<br />

nicht goutieren wollte, diesem schon seine Zust<strong>im</strong>mung verweigern<br />

könnte. Hierfür hätte es nicht einer weiteren Sanktionsverweigerung auf zusätzlicher<br />

Einspruchsebene bedurft. Kolbow stellt also bezüglich des Bundesrates auf<br />

dessen gleiche Positionierung zum Reichstag ab und verweigert diesem in der<br />

Folge eine Sonderstellung. Als maßgeblichen Beweis für diese Sichtweise führt<br />

Kolbow die Eingangsformel 370 der Reichsgesetze an. Dort sei in klaren Worten<br />

festgelegt, dass nur die Zust<strong>im</strong>mung von Bundesrat und Reichstag für das Zustandekommen<br />

des Gesetzesbeschlusses als ausreichendes Kriterium aufgeführt<br />

werden. Beide Legislativorgane würden also von der Reichsverfassung als gleichwertig<br />

für die Normsetzung erachtet.<br />

Wesentlich mehr Aufmerksamkeit widmet Kolbow der Sanktionszuordnung<br />

zum Kaiser. Es fällt auf, dass Kolbow sehr wohl einer Differenzierung des Normsetzungsvorganges<br />

folgen könnte. Dabei unterschied er zum einen zwischen dem<br />

übereinst<strong>im</strong>menden Beschluss, der die beiden Gesetzgebungskörperschaften bindet<br />

– dieses Votum sollten weder Reichstag noch Bundesrat revozieren können.<br />

Daneben sah er als abschließenden Normsetzungsaspekt die kaiserliche Ausfertigung.<br />

Diese sei nach der Reichsverfassung jedoch nicht ins politische Belieben des<br />

Kaisers gestellt. Dazu Kolbow:<br />

„… Wäre der Kaiser frei, könnte er die Publication beliebig verweigern, hätte er mit anderen<br />

Worten das Veto, so müsste Art. 5 unzweifelhaft lauten: Die Reichsgesetzgebung wird ausgeübt<br />

durch den Kaiser, den Bundesrath und Reichstag. Das Uebergehen des Kaisers in Art. 5 in<br />

Verbindung mit der Tatsache, der er <strong>im</strong> 2. Abschnitt der Verfassungsurkunde, welcher speciell<br />

der Gesetzgebung gewidmet ist, gar keine Erwähnung gefunden hat, dass vielmehr die ihm in<br />

Bezug auf die Reichsgesetzgebung zustehenden Handlungen erst in Art. 17 erwähnt werden,<br />

macht den Schluss unvermeidlich, dass der Kaiser der freien und unabhängigen Theilnahme an<br />

der Gesetzgebung, mithin des Vetos entbehre. …“ 371<br />

369 Kolbow, Das Veto des <strong>deutschen</strong> Kaisers, in: AöR 5 (1890), S. 99.<br />

370 Eingangsformel der Reichsverfassung von 1871: „Wir Wilhelm von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König<br />

von Preußen etc. verordnen <strong>im</strong> Namen des Reichs, nach erfolgter Zust<strong>im</strong>mung des Bundesraths und Reichstags,<br />

was folgt“.<br />

371 Kolbow, Das Veto des <strong>deutschen</strong> Kaisers, in: AöR 5 (1890), S. 100.

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