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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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B. Systematische und strukturelle Einordnung der <strong>Vetorechte</strong><br />

bbb. Zuordnungsansätze be<strong>im</strong> kaiserlichen Staatsoberhaupt<br />

Die These Labands, wonach das Sanktionsorgan in der Reichsverfassung der<br />

Bundesrat sei, fand erheblichen Beifall in der ihm folgenden Staatslehre. 353 Allerdings<br />

folgte das monarchistische Schrifttum dem Sanktionsprotagonisten Laband<br />

nicht, <strong>im</strong>mer in Gänze. Es wurde nämlich basierend auf dem Sanktionsgedanken<br />

Labands auch vertreten, dass jenes vakante absolute Vetorecht <strong>im</strong> Gesetzgebungsverfahren<br />

aus der Sanktion entspringend dem Kaiser zustehe. 354<br />

Für die Verteidigung ihrer Sanktionsorganzuweisung trieb die monarchistische<br />

Gesinnung, wie Bodo Pieroth 355 vollkommen zu Recht feststellt, nicht nur auf der<br />

Seite der Bundesratsanhänger erstaunliche Interpretationsblüten, sondern auch bei<br />

den Vertretern, die dem Kaiser die Sanktionsgewalt zuschreiben wollten. So wurde<br />

das Sanktionsrecht für den Kaiser sogar aus den inhaltlichen Lücken der Reichsverfassung<br />

bezüglich der Preußischen Verfassung gelesen. Dem König von Preußen<br />

sollte nach dieser Lesart stetig das Recht zur Sanktion zugestanden haben, da<br />

gemäß Art. 62 Preußische Verfassung von 1850 die Mitwirkung des Königs be<strong>im</strong><br />

Zustandekommen der Gesetze unerlässlich war. 356 Aus diesem Ansatz wurde dann<br />

die These 357 entwickelt, dass der Sanktionsbegriff, der das Vetorecht in sich einschließt,<br />

mittels der Dominanz der preußischen Rechtsentwicklung seinen Eingang<br />

in die Reichsverfassung gefunden hätte und über jenen Einfluss dem Kaiser<br />

ein Vetorecht zuzuordnen sei. Hauptargument hierfür war der Verweis auf die<br />

Vorläuferverfassung in Preußen, das am 01. Juni 1794 in Kraft getretene „Allgemeine<br />

Landrecht für die Preußischen Staaten“ (ALR). Folgenden kühnen Gedankengang<br />

entwickelte man hieraus:<br />

„Das ALR. trug dem […] Unterschied von ius und exercitium der gesetzgebenden Gewalt<br />

Rechnung und unterschied ebenso zwischen Gesetzesinhalt und Gesetzesbefehl. Das ius der<br />

gesetzgebenden Gewalt war dem ALR. nach Alleingut des Königs, und nur auf dem Gebiete des<br />

exercitium der gesetzgebenden Gewalt war eine beratende St<strong>im</strong>me der partikulären Stände zugelassen<br />

(§ 2 Einl. Z. ALR.). […] …anderseits erfolgte nachdem die königliche Entscheidung<br />

353 Vgl. Zorn, Staatsrecht Bd. II, S. 413; Hänel, Studien zum Deutschen Staatsrechte, Bd. II, S. 152; Schulze,<br />

Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts Bd. I S. 526, 527 Bd. II S. 118; Meyer-Anschütz, Lehrbuch des <strong>deutschen</strong><br />

Staatsrechts, S. 681.<br />

354 So zur damaligen Zeit vertreten von Fricker, Die Verpflichtung des Kaisers zur Verkündung der Reichsgesetze,<br />

Jur. Diss. Leipzig 1885, S. 3, 28, 30, 37; in die gleiche Richtung zielend: Bornhak, Die verfassungsrechtliche<br />

Stellung des <strong>deutschen</strong> Kaiserthums, AöR 8 (1893), S. 465 ff.<br />

355 Pieroth, Die Sanktion <strong>im</strong> Gesetzgebungsverfahren, in: Der Staat (16) 1977, S. 564.<br />

356 Art. 62 Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat (v. 31. Januar 1850): „Die gesetzgebende Gewalt wird<br />

gemeinschaftlich durch den König und durch zwei Kammern ausgeübt. Die Übereinst<strong>im</strong>mung des Königs und<br />

beider Kammern ist zu jedem Gesetz erforderlich…“.<br />

357 Vgl. Fleischmann, Der Weg der Gesetzgebung in Preußen, Breslau 1898, S. 3; Hubrich, Preußisches Staatsrecht,<br />

S. 129.

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