22.01.2013 Aufrufe

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

II. Die These von der Sanktion als Veto 99<br />

„…Träger der souveränen Reichsgewalt ist die Gesamtheit der <strong>deutschen</strong> Staaten, als ideelle<br />

Einheit gedacht. Nur von ihr kann daher der eigentliche Gesetzgebungsakt, die Sanktion der<br />

Reichsgesetze, ausgehen. Die Gesamtheit der <strong>deutschen</strong> Landesherren und freien Städte erteilt<br />

den Entwürfen zu Reichsgesetzen die Sanktion, welche sie in Reichsgesetze umwandelt. In allen<br />

Fällen aber, in denen die <strong>deutschen</strong> Bundesglieder ihren Anteil an der Reichsgewalt auszuüben<br />

haben, ist der Bundesrat das dafür verfassungsmäßig best<strong>im</strong>mte Organ, nicht der Kaiser. …“ 350<br />

Für Laband war also nicht der Kaiser das taugliche Organ, welches aus der Sanktion<br />

sein Vetorecht schöpfen sollte, sondern der Bundesrat. Begründet wurde<br />

diese Auswahl von Laband damit, dass es sich bei der Sanktion um die spezifische<br />

Äußerung der Staatsgewalt handele, deren Träger <strong>im</strong> Reich der Bundesrat ist. Da<br />

auf der einen Seite die Notwendigkeit der Erteilung des Gesetzesbefehls stand, auf<br />

der anderen Seite aber in Art. 5 Abs. 1 RV 1871 der Kaiser nicht als einer der<br />

gesetzgebenden Faktoren genannt und die Übereinst<strong>im</strong>mung von Bundesrat und<br />

Reichstag für einen Gesetzesbeschluss als ausreichend bezeichnet wurde, blieb in<br />

der Konsequenz für Laband nur der Bundesrat als Sanktionsorgan. Jenen Zirkelschluss<br />

erweiterte Laband dann noch, in dem er sich zu folgender Unterscheidung<br />

verstieg:<br />

„…Denn der Kaiser handelt nach freier und höchst eigener Entscheidung, die Bundesratsmitglieder<br />

st<strong>im</strong>men nach der ihnen erteilten Instruktion. Der Kaiser ist daher wohl geeignet, die<br />

Rechte des Reiches gegen die Gliedstaaten, gegen die Reichsangehörigen und auswärtigen Mächte<br />

zu verwalten, niemals aber den Anteil der Bundesglieder an der Reichsgewalt zu verwirklichen.<br />

…“ 351<br />

Es mutet verwirrend an, mit welcher Energie Laband es vermeidet, den Kaiser<br />

zum Sanktionsgewaltigen zu küren. Es scheint so, dass er eigentlich um die Wirkungslosigkeit<br />

seines Sanktionsgedankens für die Reichsverfassung weiß, er aber<br />

dennoch nicht von ihm lassen kann und händeringend nach dem sprichwörtlichen<br />

Strohhalm sucht, um nicht mit ihr Schiffbruch zu erleiden. Als der formstabilere<br />

Rettungsanker erschien ihm dabei wohl der Bundesrat. Über den Zirkelschluss<br />

hinaus, mit welchem er den Bundesrat als Sanktionsorgan herbeischreibt, wurde<br />

allerdings noch ein weiteres, diesmal verfassungsrechtliches Argument für den<br />

Bundesrat als Sanktionsorgan angeführt. Gemäß Art. 7 Abs. 1 Ziffer 1 der<br />

Reichsverfassung hatte der Bundesrat nicht nur über die dem Reichstag zu machenden<br />

Vorlagen, sondern auch über die von demselben gefassten Beschlüsse zu<br />

beschließen. Der Bundesrat hatte demnach <strong>im</strong> Verfahrensverlauf der Gesetzgebung<br />

insofern eine etwas herausgehobene Position, als er, wie es der Staatsrechtler<br />

Hänel 352 ausdrückte, „in die Hinterhand gestellt“ war.<br />

350 A.a.O., S. 32.<br />

351 A.a.O., S. 32.<br />

352 Hänel, Studien zum Deutschen Staatsrechte, Bd. II, S. 152.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!