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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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98<br />

B. Systematische und strukturelle Einordnung der <strong>Vetorechte</strong><br />

gewesen wäre, ein dem Wortlaut der Reichsverfassung so nicht entnehmbares<br />

absolutes Vetorecht zugeordnet werden können, das frei und unbedingt hätte<br />

gebraucht werden können.<br />

Allerdings erkannte auch der monarchieaffine Laband, dass die Zuordnung eines<br />

derartig ausgestalteten Vetorechts be<strong>im</strong> Kaiser den Bogen für die Bismarcksche<br />

Reichsverfassung dann doch überspannen würde:<br />

„…Die wichtigste Frage, welche sich in Betreff der Sanktion erhebt ist die nach dem Organ,<br />

welches den Gesetzen die Sanktion erteilt. Die Eingangsformel der Reichsgesetze scheint darauf<br />

eine zweifellose Antwort zu geben; denn nach ihr ist es der Kaiser, welcher die Anordnung erlässt.<br />

Bei näherer Prüfung erweist sich diese Annahme aber als unhaltbar und mit den Best<strong>im</strong>mungen<br />

der Reichsverfassung nicht vereinbar. 348 […] Wer die Sanktionsformel infolge des Willens<br />

eines Anderen auf ein Gesetz schreiben muß, auch ohne daß er selbst will, aber kraft rechtlicher<br />

Nötigung, der erteilt in Wahrheit die Sanktion nicht, der ist nicht Träger der gesetzgebenden<br />

Gewalt, sondern jener Andere, in dessen freier Entschließung es steht, jenen Beschluß zu<br />

fassen oder nicht. Hieraus ergibt sich, daß man dem Kaiser nur dann die Sanktion der Reichsgesetze<br />

zuschreiben kann, wenn man ihm zugleich das sogenannte absolute Veto, d.h. die<br />

Befugnis die Sanktion zu verweigern, beilegt. Dies ist durch die Reichsverfassung ausgeschlossen.<br />

…“ 349<br />

Der ansonsten dem Reichsverfassungstext <strong>im</strong> Zusammenhang mit der Sanktion<br />

keine überbordende Bedeutung be<strong>im</strong>essende Laband, verfiel also in dem Moment<br />

zum Gesetzespositivisten, in welchem er klar und deutlich seine monarchistische<br />

Tendenz hätte offen legen müssen. Es wäre sogar nur noch ein kleiner Schritt<br />

gewesen, den faktischen Realitäten des Verfassungswesens, die einen nicht gewollten<br />

starken Kaiser hervorgebracht haben, durch Verfassungsinterpretation ein<br />

Vetorecht zuzusprechen. Hier verließ Laband aber die Kühnheit. Anstatt, was<br />

sicherlich einige Chuzpe erfordert hätte, seinen Sanktionsgedanken weiterzuentwickeln<br />

und die monarchische Sanktion, dem Fortexistieren der Monarchie entsprechend,<br />

be<strong>im</strong> Kaiser anzusiedeln, zog er sich dann doch auf die gängige Lesart der<br />

Verfassung zurück. Damit erkannte er an, dass, da der Kaiser in Art. 5 RV 1871<br />

nicht erwähnt war, er auch kein Faktor der Reichsgesetzgebung sein könne und er<br />

mithin auf die Befugnisse aus Art. 16 und 17 der Reichsverfassung beschränkt sein<br />

sollte.<br />

Da nicht mehr viele oberste Reichsorgane neben dem Kaiser den Esprit der<br />

Monarchie versprühten, verfiel Laband, nachdem er wohl allen Mut für seine<br />

wahrhaft unorthodoxen Sanktionsgedanken verbraucht zu haben schien, <strong>im</strong> Rahmen<br />

der Organzuweisung für die Sanktion nur noch auf den Bundesrat:<br />

348 A.a.O., S. 29.<br />

349 A.a.O., S. 30.

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