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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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B. Systematische und strukturelle Einordnung der <strong>Vetorechte</strong><br />

Wenn aus diesem auf Laband fußenden Sanktionsansatz ein Vetorecht zu entnehmen<br />

sein soll, dann steht diesem zunächst einmal die Reichsverfassung von<br />

1871 gegenüber, aus der es nochmals folgenden manifesten Verfassungsrahmen<br />

für den Reichsgesetzgebungsprozess zu eruieren gilt: „Die Reichsgesetzgebung<br />

wird ausgeübt durch den Bundesrath und den Reichstag. Die Übereinst<strong>im</strong>mung<br />

der Mehrheitsbeschlüsse beider Versammlungen ist zu einem Reichsgesetz erforderlich<br />

und ausreichend.“ 344 Um feststellen zu können, inwieweit die Sanktion mit<br />

ihrem intendierten Gesetzesbefehl für die Reichverfassung ein über deren Wortlaut<br />

hinausgehendes Vetorecht darstellt, muss die verfassungsrechtliche Normierung<br />

des Gesetzgebungsprozesses mit der Grundidee der Sanktion abgeglichen<br />

werden. Dabei gilt es als deutlich hervor zu streichen, dass es sich bei der Sanktion<br />

eigentlich um den Ausdruck der gesetzgeberischen Tätigkeit des Monarchen handelte,<br />

weil es der Monarch sei, der das Gesetz sanktioniere. Der Umstand, dass<br />

Laband für die Reichsverfassung jenen konstitutionellen Sanktionsbegriff übernahm,<br />

wirft die Frage nach dessen Tauglichkeit als Vetorecht auf. Der Formulierung<br />

des Art. 5 RV 1871 ist zunächst einmal nur die grundsätzliche Aussage zu<br />

entnehmen, dass die Beschlüsse der parlamentarischen Körperschaften für den<br />

Normerlass auf Reichsebene genügend sind. Der Verfassungstext ging also nicht<br />

davon aus, dass der Gesetzwerdung ein gesonderter Sanktionsvorgang zugrunde<br />

liegen müsste.<br />

aaa. Der Labandsche Integrationsansatz für die Reichsverfassung<br />

Erstaunlicherweise bereitete jener fehlende Wortlautansatz für Laband keine fundamentalen<br />

Argumentationsprobleme. Vielmehr negierte er jeglichen Antagonismus<br />

zwischen Sanktionskonstrukt und Verfassungskonzeption, was in folgender<br />

Zitatzusammenstellung prägnant aufgezeigt werden soll: 345<br />

„…Der Wortlaut des Art. 5, wonach die Uebereinst<strong>im</strong>mung der Mehrheitsbeschlüsse des Bundesrates<br />

und des Reichstages zu einem Reichsgesetz erforderlich und ausreichend ist, widerspricht<br />

nicht nur der Natur der Sache, sondern auch den Anforderungen der Art. 2 und 17 der Reichsverfassung.<br />

Uebereinst<strong>im</strong>mende Mehrheitsbeschlüsse der beiden Versammlungen sind zu einem<br />

Reichsgesetz zwar erforderlich, aber nicht ausreichend. Wäre dies der Fall, so müßte eine vom<br />

Bundesrate an den Reichstag gebrachte Gesetzesvorlage in dem Augenblicke zum Gesetz werden,<br />

in welchem die Mehrheit des Reichstages sie genehmigt hat. Die Anordnung des Art. 5 betrifft<br />

nur die Feststellung des Gesetzesinhalts; hierzu ist die Uebereinst<strong>im</strong>mung der Mehrheitsbeschlüsse<br />

der beiden Versammlungen erforderlich und ausreichend: der Effekt dieser Uebereinst<strong>im</strong>mung<br />

besteht aber zunächst nur in der definitiven Herstellung eines Gesetzesentwurfes. Um ihn zum<br />

344 So der Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 Verfassung des Deutschen Reiches von 1871.<br />

345 Vgl. die Labandsche Integration der Sanktionstheorie in den Verfassungswortlaut der Bismarckschen Reichsverfassung,<br />

in: Laband, Das Staatsrecht des <strong>deutschen</strong> Reiches Bd. II, S. 10/11.

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