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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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88<br />

B. Systematische und strukturelle Einordnung der <strong>Vetorechte</strong><br />

vetogleichen Einspruch systemtheoretisch unnötig, da sich dieser nur gegen seine<br />

eigenen Beschlüsse hätte richten können. Das Dazwischentreten einer exekutiven<br />

Instanz, die in der Tradition des tribunizischen Vetos legislative Beschlüsse obsolet<br />

werden lassen könnte, lässt sich dem konstitutionellen Verfassungsverständnis<br />

der <strong>deutschen</strong> Fürstentümer zu jener Zeit demgemäß noch nicht entnehmen.<br />

Insoweit werden <strong>im</strong> konstitutionellen <strong>deutschen</strong> Staatsrecht, reduziert auf den<br />

Vetogedanken, noch keine fundamentalen Veränderungen gegenüber dem fürstlichen<br />

Absolutismus erkennbar.<br />

Dennoch wies jenes Staatsrecht der <strong>deutschen</strong> Fürstentümer etwas auf, was,<br />

genau wie dessen Grundansatz, dem englischen und französischen Verfassungsverständnis<br />

der damaligen Zeit entlehnt war und letztlich genau wie die sonstigen<br />

monarchischen Rechte auch dazu dienen sollte, <strong>im</strong> Rahmen der konstitutionellen<br />

Beschränkung weiterhin seine Position als zentrales Drehmoment der Gesetzgebung<br />

zu sichern. Dies sollte die Motivlage sein, welche die Verfassungsversammlungen<br />

dazu brachte, den konstitutionellen Fürsten ein sog. Sanktionsrecht in<br />

die Staatsgrundgesetze zu schreiben.<br />

Es sollte dann auch jene Sanktion 322 <strong>im</strong> Gesetzgebungsverfahren sein, welche<br />

mittels Verfassungsinterpretation ihren Eingang in die staatsrechtliche Debatte des<br />

Reiches fand, deren Ausläufer bis heute zu spüren sind. Da die Frage nach der<br />

Sanktion regelmäßig mit einem exekutiven Veto gleichgesetzt wurde und wird,<br />

verdient sie in einer Abhandlung, die sich der Spurensuche nach Vetostrukturen<br />

<strong>im</strong> <strong>deutschen</strong> Verfassungsrecht widmet, eine besondere Betrachtung.<br />

1. Die Sanktion als letzte Bastion des Vetogedankens?<br />

a. Die Sanktionsdebatte <strong>im</strong> konstitutionellen Staatsrecht<br />

Was ist jedoch der Bedeutungsgehalt dieser Sanktion? Unter Sanktion wird letztlich<br />

die Erteilung des Gesetzesbefehls verstanden, der allerdings strikt von der<br />

Feststellung des Gesetzesinhalts zu trennen ist. Mittels dieses Gesetzesbefehls soll<br />

der Gesetzestext mit Verbindlichkeit ausgestattet werden. Die Feststellung des<br />

Gesetzesinhalts spricht aus, was Gesetz werden soll, die dann folgende Sanktion<br />

spricht aus, dass der festgestellte Text Gesetz sein soll. 323 Für die Vetodebatte<br />

322 Gemeint war also nicht die in heutiger Zeit <strong>im</strong> Vordergrund stehende Verwendung als Strafandrohung oder<br />

gar Strafmaßnahme (so z.B. als Strafwerkzeug der Vereinten Nationen in Art. 41 UN-Charta) gegen völkerrechtwidriges<br />

Handeln oder gar die Reaktion des Strafrechts auf die Begehung einer rechtswidrigen Tat, sondern<br />

vielmehr der dem lateinischen Wortursprung näher kommende Ansatz – „heiligen“ oder „unverbrüchlich feststellen.<br />

– Vgl. Deutsches Rechtslexikon Band 3, S. 3671/3672.<br />

323 Legt man die heutigen staatsrechtlichen Darstellungen zugrunde, wird man den Definitionsrahmen der Sanktion<br />

dergestalt abstecken können – Vgl. Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz<br />

für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 77, Rn 3,5; Masing, in: v.Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz<br />

Bd. 3, Art. 77, S. 1747 ff, 1788; Maunz, in: Maunz/Dürig GG Bd. V, Art. 77, Rn 3; Art. 78, Rn 1.

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