Jahresbericht 2011 - Caritasverband für das Bistum Aachen
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hen Alter überwiegend der<br />
individuellen Vorsorge überantworten<br />
will und den Angehörigen<br />
dementer Menschen<br />
immer noch die notwendigen<br />
Unterstützungen verweigert.<br />
Wir haben im zurückliegenden<br />
Jahr sehr deutlich die<br />
Position vertreten, <strong>das</strong>s es<br />
insgesamt eines neuen Zusammenwirkens<br />
von beruflich<br />
Pflegenden, Angehörigen<br />
und freiwillig Engagierten bedarf,<br />
um künftig ein gutes Leben<br />
von immer mehr pflegebedürftigen<br />
Menschen zu<br />
gewährleisten. Wir erwarten,<br />
<strong>das</strong>s die SGB XI-Reform viel<br />
mehr Einstiegsmöglichkeiten<br />
in solche neuen Ansätze<br />
schafft – eine Position, <strong>für</strong> die<br />
wir aber noch massiv streiten<br />
müssen.<br />
Selbstbestimmung am Lebensende<br />
stand im Zentrum<br />
des umstrittenen Gesetzes<br />
zur Patientenvorsorge in<br />
2010. Es galt, Aufklärung zu<br />
schaffen und Hilfen zur Positionierung<br />
zu geben <strong>für</strong> Ärzte,<br />
Pflegende, Mitarbeiter in allen<br />
Einrichtungen, die mit schwer<br />
kranken und sterbenden<br />
Menschen zu tun haben.<br />
Grundsätzlich profitieren alle<br />
von der – allerdings noch<br />
recht auslegungsbedürftigen<br />
– gesetzlichen Regelung,<br />
<strong>das</strong>s umfangreiche medizinischen<br />
Möglichkeiten nicht<br />
über den Kopf der Betroffenen<br />
eingesetzt werden sollen<br />
– selbst wenn sie aktuell<br />
nicht mehr einwilligungsfähig<br />
sind. Andererseits bleibt die<br />
selbstbestimmte Teilhabe am<br />
Lebensende allein deshalb<br />
schwierig, weil Selbstbestimmung<br />
immer auch (Selbst-<br />
)Aufklärung voraussetzt und<br />
darum in einer so verletzlichen<br />
Situation wie dem Lebensende<br />
in eine Vertrauensbeziehung<br />
eingebettet<br />
bleiben muss. Selbstbestim-<br />
Schwerpunkte aus der Arbeit <strong>2011</strong> in den Bereichen<br />
mung gibt es nur auf dem<br />
Boden tragfähiger Bindungen,<br />
und daran zu arbeiten<br />
ist <strong>für</strong> die Mitarbeiter des Gesundheits-<br />
und Pflegewesens<br />
mindestens so wichtig<br />
wie ausreichende Rechtssicherheit.<br />
Dass selbstbestimmte Teilhabe<br />
auch am Lebensende erweitert<br />
werden kann, erleben<br />
hoffentlich die Bewohnerinnen<br />
von sechs Altenheimen,<br />
die im vergangenen Jahr <strong>das</strong><br />
von uns angeregte Modellprojekt<br />
„Hospizliche Versorgung<br />
in stationären Einrichtungen“<br />
abgeschlossen<br />
haben. Wer die Gedanken<br />
der hospizlichen Pflege nicht<br />
nur verinnerlicht, sondern<br />
auch in den Strukturen der<br />
Einrichtung umsetzt und sogar<br />
mit den Kooperationspartnern<br />
(etwa den Hausärzten)<br />
vereinbaren kann, schafft<br />
Räume, in denen auch sterbenskranke<br />
Menschen bis<br />
zuletzt dazugehören und im<br />
Rahmen ihrer Möglichkeiten<br />
ihr Leben mitverantwortet gut<br />
zu einem Ende bringen können.<br />
„Selbstbestimmte Teilhabe“<br />
zu ermöglichen – dieses Programm<br />
scheint sich als Leitgedanke<br />
der Sozialen Arbeit<br />
in unserer vielschichtigen Gesellschaft<br />
zu bewähren. Auch<br />
eine Sozialpolitik, die sich in<br />
der Spannung zwischen wirtschaftlichenKrisenerfahrungen,<br />
zunehmender gesellschaftlicher<br />
Spaltung und<br />
drohendem Solidaritätsverlust<br />
neu auszurichten versucht,<br />
kann davon profitieren<br />
– wenn wir die beiden Bestandteile<br />
dieses Begriffes in<br />
ihrem spannungsvollen Zueinander<br />
aushalten. „Selbstbestimmung“<br />
allein bedroht die<br />
Beziehungen, mit denen wir<br />
uns gegenseitig gegen die<br />
Gefährdungen des Lebens<br />
absichern und lohnenswerte<br />
Lebensziele miteiander verwirklichen.<br />
„Teilhabe“ nur zu<br />
den Bedingungen der Mächtigen<br />
und Privilegierten<br />
missachtet die Würde jedes<br />
Menschen in unserer Gesellschaft,<br />
der eigene Werte,<br />
Talente und nicht zuletzt ein<br />
unverfügbares eigenes Gewissen<br />
mitbringt. Wer spannungsvolle<br />
Konzepte zusammenzufügen<br />
versucht, sitzt<br />
schnell zwischen den Stühlen<br />
und dort nicht gerade bequem.<br />
Aber indem wir auf<br />
„Selbstbestimmte Teilhabe“<br />
in all ihren Spannungen setzen,<br />
können wir in unserer<br />
Gesellschaft realistisch und<br />
visionär, in Wort und Tat einen<br />
Weg zu einem gelingenden<br />
Leben <strong>für</strong> alle weisen.<br />
Prof. Dr. Andreas Wittrahm<br />
� Zusammenwirken von<br />
beruflich Pflegenden<br />
und Angehörigen<br />
� Selbstbestimmung<br />
am Lebensende<br />
� Selbstbestimmte<br />
Teilhabe<br />
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