Jahresbericht 2011 - Caritasverband für das Bistum Aachen
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Erfordernissen ein inneres<br />
und ausgeglichenes Verhältnis<br />
herzustellen. Mit einer<br />
Theorie- oder gar Theologielastigkeit<br />
ist keine menschennahe<br />
Caritas zu realisieren,<br />
mit bloßer Organisationstechnik<br />
zur Optimierung der verbandlichen<br />
Strukturen geht<br />
der kirchliche Grundauftrag<br />
der Caritas verloren. Und<br />
wenn bei beiden Zielen keine<br />
Befähigung im Sinne verbesserter<br />
Kompetenz (von Menschen<br />
und Strukturen) stattfindet,<br />
fehlt ein dynamischer<br />
Aspekt der Personalität. Insofern<br />
sind Solidaritätsstiftung,<br />
Kompetenzentwicklung<br />
und Strukturentwicklung auf<br />
dem Hintergrund des kirchlichen<br />
Auftrages einzuordnen<br />
und operativ in den Arbeitsprozess<br />
zu integrieren. Das<br />
ist in der Dienstleistung <strong>für</strong><br />
die angeschlossenen Gliederungen,<br />
Fachverbände, korporativen<br />
Einrichtungen und<br />
deren unternehmerische Interessen<br />
als Träger und im<br />
Wettbewerb sozialer Dienstleitungen<br />
nicht immer leicht<br />
durchzuhalten. Solidaritätsstiftung,Kompetenzentwicklung<br />
und Strukturentwicklung<br />
sind aber auch <strong>für</strong> die Unternehmen<br />
der Caritas unverzichtbare<br />
Bestandteile.<br />
Diese inhaltlichen Orientierungen<br />
erfuhren im Jahr<br />
<strong>2011</strong> durch ein neues Sozialwort<br />
der Deutschen Bischöfe<br />
(Kommission <strong>für</strong> gesellschaftliche<br />
und soziale Fragen der<br />
Deutschen Bischöfe Nr. 34)<br />
gleichsam eine offizielle Bestätigung.<br />
Unter dem Titel<br />
„Chancengerechte Gesellschaft<br />
– Leitbild <strong>für</strong> eine freiheitliche<br />
Ordnung“ werden<br />
die Perspektiven Solidarität,<br />
Bildung und deren strukturellen<br />
Voraussetzungen auf<br />
dem Hintergrund der Prinzipien<br />
der katholischen Sozial-<br />
Schwerpunkte aus der Arbeit <strong>2011</strong> in den Bereichen<br />
lehre in der heutigen Gesellschaft<br />
entfaltet. “Deswegen<br />
muss eine freiheitliche Gesellschaft<br />
immer auch eine solidarische<br />
Gesellschaft sein.<br />
Sie muss nicht nur in Kindheit<br />
und Jugend Chancengerechtigkeit<br />
verwirklichen,<br />
sondern über den ganzen<br />
Lebensverlauf hinweg.“ (ebd.<br />
S. 23) Die theologischen<br />
Grundlagen und die Verbandsarbeit<br />
der Caritas sind<br />
aufeinander bezogen. Die<br />
verbandliche Caritas muss im<br />
Aufbau aller internen Strukturen<br />
die Aufgabe der Solidaritätsstiftung<br />
ebenso berücksichtigen<br />
wie umgekehrt <strong>das</strong><br />
Ziel der Solidaritätsstiftung<br />
die Entwicklung geeigneter<br />
Strukturen berücksichtigen<br />
muss. Der umfassenden Bildung<br />
kommt im Sinne des<br />
neuen Sozialwortes dabei<br />
eine Schlüsselfunktion zu:<br />
„Ganzheitliche Bildung ermöglicht<br />
darüber hinaus,<br />
formale Qualifikationen zu erwerben<br />
und sich damit berufliche<br />
Freiheitsspielräume zu<br />
erschließen. Deshalb zählt<br />
der freie Zugang zu Bildung<br />
zu den grundlegenden sozialen<br />
Rechten.“ (ebd. S. 24)<br />
Dieses Leitbild ist <strong>für</strong> die<br />
Realisierung der spitzenverbandlichen<br />
Aufgabe der Beruflichen<br />
Weiterbildung der<br />
Caritas eine gute Aktualisierung<br />
traditioneller Bildungsvorstellungen,<br />
so <strong>das</strong>s der<br />
innere Bezug von Solidaritätsstiftung<br />
und Kompetenzentwicklung<br />
deutlich wird.<br />
Das muss sich auch bei der<br />
Strukturentwicklung wiederspiegeln.<br />
Für den größeren Arbeitskontext<br />
der verbandlichen Caritas<br />
im Verhältnis zur sogenannten<br />
verfassten Kirche<br />
stellt sich im angesichts der<br />
Umstrukturierung der Pastoral<br />
verschärft die Frage, geht<br />
es um „Kirche und Caritas“<br />
oder um „Caritas der Kirche“?<br />
Bei einer vermeintlich<br />
sauberen Arbeitsteiligkeit im<br />
Sinne der oft zu lesenden<br />
Formel „Kirche und Caritas“<br />
bestünde die einfache Lösung<br />
darin, <strong>das</strong>s sich die beiden<br />
kirchlichen Organisationsformen<br />
voneinander weg<br />
organisieren und in ein professionelles<br />
Nebeneinander<br />
der Kompetenzbereiche<br />
„Seelsorge-Verkündigung“<br />
und „Tätige Nächstenliebe-<br />
Weltdienst“ begeben. Diese<br />
Verhältnisbestimmung ist<br />
zwar eine oft praktizierte<br />
Lösung, aber auch Ausdruck<br />
eines grundlegenden Problems,<br />
<strong>das</strong> von der Ebene<br />
der Gemeinde über die Regionen<br />
bis zur <strong>Bistum</strong>s- und<br />
Bundesebene herrscht. Die<br />
verbandliche Caritas jedoch<br />
steht nicht neben der Kirche,<br />
sie ist Caritas der Kirche und<br />
damit Teil der Pastoral.<br />
Die momentane Neustrukturierung<br />
der Pastoral im<br />
<strong>Bistum</strong> <strong>Aachen</strong> kann zur<br />
Überwindung dieser unguten<br />
Arbeitsteiligkeit und strukturellen<br />
Trennung beitragen.<br />
Caritas als Grundvollzug der<br />
Gemeinde muss dazu neu in<br />
den Blick kommen und gelebt<br />
werden. Dazu sind im<br />
Jahr <strong>2011</strong> positive Signale<br />
gesetzt worden, die die inhaltliche<br />
und operative Arbeit<br />
des Bereiches einbeziehen.<br />
Bischof Dr. Heinrich Mussinghoff<br />
hat Pfingsten <strong>2011</strong><br />
die „Leitlinien der Pastoral in<br />
den Gemeinschaften der<br />
Gemeinden“ in Kraft gesetzt,<br />
mit denen ein weiter Begriff<br />
von Pastoral angezielt wird,<br />
der die Caritas einschließt,<br />
ohne sie aufzulösen. „Als<br />
zentrale Bereiche der Pastoral<br />
lassen sich Seelsorge,<br />
Caritas und Bildung unterscheiden.“<br />
� Eine freiheitliche<br />
Gesellschaft muss eine<br />
solidarische<br />
Gesellschaft sein<br />
� Chancengerechte<br />
Gesellschaft<br />
Caritas-<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2011</strong> 17