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Ausgabe 1972 - Hohenzollerischer Geschichtsverein

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Als die Stunde des Abschieds für Schuler gekommen war,<br />

sagte er: „Sine ira et studio (ohne Zorn) bin ich nach Rom<br />

gekommen. Sine ira et studio verlasse ich es heute. Ob ich<br />

als General etwas Gutes für den Orden getan habe, überlasse<br />

ich dem Urteil der Geschichte." Sein Biograph<br />

schreibt, dieses Urteil brauchte er nicht zu fürchten. Nach<br />

all den aufgeführten Leistungen Schulers kann der Franziskanerorden<br />

nur auf ihn stolz sein, nicht minder aber<br />

seine hohenzollerische Heimat.<br />

Das erste Pontifikalamt hielt Erzbischof Schuler in der<br />

Kirche am Frauenberg in Fulda. Auf Mar>„ Empfängnis,<br />

dem 8. Dezember, kam er in Sigmaringen an.<br />

Daß die Vorgänge im Franziskanerorden auch von deutschen<br />

Zeitungen kommentiert wurden, ist verständlich.<br />

Daß nur die halbe Wahrheit oder diese verdreht in den<br />

Zeitungen zu lesen war oder gefärbt, je nach dem politischen<br />

Standpunkt der Zeitung, ist mehr als bedauerlich.<br />

Der Vernebelung der Vorgänge in Rom war dem Provinzial<br />

der bayerischen Franziskanerprovinz zu viel. Daher<br />

stellte er die verschiedenen Punkte richtig und warnte,<br />

weiteren Einsendungen, die der Verschleierung dienten,<br />

„mit Mißtrauen zu begegnen".<br />

In der Heimat - Kloster Gorkeim<br />

Für P. Schuler war der Sturm vorüber. Über dem Gezänk<br />

der verschiedenen Parteien hatte er sich nach Kloster Gorheim<br />

zurückgezogen, wo er „ein schönes Heim gefunden<br />

. .. Unendlich gut hat es der Ii =be Gott mit mir gemeint",<br />

so schreibt er später.<br />

Ein kleiner Saal mit zwei Fenstern, früher Krankenstube,<br />

war für Erzbischof Schuler als Wohn- und Arbeitszimmer<br />

einfach hergerichtet. Eine hohe Flügeltür führte zum<br />

Schlafzimmer und in die danebenliegende Zelle, die als<br />

Privatkapelle für den Erzbischof bestimmt wurde. Die<br />

letzten 15 Jahre seines Lebens verbrachte er hier. Erzbischof<br />

Schuler war zum gemeinschaftlichen klösterlichen<br />

Leben nicht verpflichtet. Er schloß sich aber der Tages- und<br />

der Hausordnung weitgehendst an. Er hielt streng auf<br />

Ordnung. Um 5 Uhr stand er auf. Dann folgte die<br />

hl. Messe, vor der er täglich eine Betrachtung hielt. Nach<br />

der hl. Messe folgte eine halbstündige Danksagung, anschließend<br />

frühstückte er. Zum Kaffee las er die Kölnische<br />

Volkszeitung, die Hohenzollerische Volkszeitung aus Sigmaringen<br />

und den Hechinger „Zoller". Nach c '-;ser Lektüre<br />

begann er mit Arbeiten. Entweder studierte er oder<br />

erledigte seine umfangreiche Korrespondenz. Vor dem<br />

Mittagessen machte er in se >er Privatkapelle eine Besuchung<br />

und das Particularexamen. Um 12 LJhr speiste er<br />

im Refektorium mit der Kommunität. Zum „Gratias"<br />

ging er mit dem Konvent in die Kirche. Der Nachmittag<br />

fand ihn am Schreibtisch, manchmal auch : dem Wäldchen<br />

beim Kloster, wo er den Rosenkranz betete. Er nahm<br />

auch am Sonntag, Dienstag und Fre'Ug an den öffentlichen<br />

Andachten in der Kirche teil. An Rekreationstagen,<br />

wenn dem Konvent abends längere Entspannung nach<br />

alter Sitte der Provinz gestattet war, versammelten s : th<br />

die Patres gegen 20 Uhr im Wohnzimmer Schulers zur Unterhaltung<br />

bis 22 Uhr, hin und wieder bis gegen 23 Uhr.<br />

Danach 1 ielt er noch bis Va Stunde vor Mitternacht Anbetung<br />

in seiner Kapelle. Seine L tsätze s it seiner Anwesenheit<br />

in Gorheim gab er sich selbst, nämlich „sich um<br />

nichts kümmern bezüglich der Leitung des Klosters und<br />

der Provinz". Dies mag hm, der 10 Jahre selbst Provinzial,<br />

8 Jahre Generalminister war, schwergefallen sein, da<br />

nicht mehr alles so verlief wie zu seiner Zeit. Sein zw ter<br />

Vorsatz war: „Beten, schweigen, leiden für den Orden".<br />

Er betete viel, von seinen körperlichen Leiden sprach er<br />

kaum, nur das Schweigen glückte iam schlecht. Mitbrüder<br />

und sonstige Besucher regten ihn immer wieder zum Er-<br />

42<br />

zählen an. Die Behandlung, die ihm in Rom als Generalminister<br />

widerfahren war, ließ manchmal Bitterkeit in<br />

ihm aufsteigen. Schließlich begann er nach reichlicher<br />

Überlegung im Jahre 1914 seine Erinnerungen aufzuzeichnen.<br />

Sein goldenes Ordensjubiläum konnte Schuler 1921<br />

in Gorheim feiern. Sein Heimatort Schlatt überbrachte<br />

ihm die Ehrenbürgerurkunde. Zahlreiche Gäste, auch aus<br />

dem Orden, waren erschienen.<br />

Das seelsorgliche Wirken in Gorheim bestand darin,<br />

daß er im Notfalle an Sonn- und Feiertagen im Beichtstuhl<br />

aushalf, auch teilweise, wenn die Geistlichkeit des<br />

Kapitels ihre Zusammenkunft montags in Sigmaringen<br />

hatte (Dies) und diese Gelegenheit zur Beichte in Gorheim<br />

benützte. Exerzitienkurse, besonders für Schwestern gab<br />

er in württembergischen und badischen Mutterhäusern,<br />

einmal auch bei den Augustinern in Minmerstadt.<br />

Pontifikalämter zelebrierte er gerne. Pius X. hatte ihm<br />

das Privileg gegeben, in den Ordenskirchen ohne Genehmigung<br />

des Diözesanbischofs Thron und Stab zu gebrauchen.<br />

Die Weihe der neuen Glocken in Gorheim nahm er<br />

vor, wie auch die Weihe der neuen Klosterkirche daselbst.<br />

Mehr als 100 Klerikern spendete er die heiligen Weihen.<br />

Es machte ihm Freude, wenn er eingeladen wurde, zu<br />

firmen, so in Aachen, Essen und Mönchen-Gladbach, wo<br />

er insgesamt 17 000 Personen firmte. Im Auftrag des<br />

hochbetagten Bischofs Korum von Trier war er vier Wochen<br />

auf Firmreise in zehn Dekanaten in der Eifel und<br />

auf dem Hunsrück. Obwohl es Schuler an Arbeit nicht<br />

fehlte, war er mit diesen zufälligen Aufträgen nicht zufrieden.<br />

Er meinte scherzhaft, er trete in die Fußstapfen<br />

seines Namenspatrons, des Bischofs Dionysius, der als<br />

einer der vierzehn Nothelfer gelte. In zahlreichen Briefen<br />

hat Schuler seelsorgerisch gewirkt. Selbst der Generalminister<br />

P. Pazifikus Monza ließ sich in Ordensangelegenheiten<br />

von ihm beraten.<br />

Krankheit, Tod und Beisetzung<br />

Schuler war von mannigfachen Krankheiten heimgesucht.<br />

Di~ Hauptursache s

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