Ausgabe 1972 - Hohenzollerischer Geschichtsverein
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Die Zimmerarbeiten an der Kirche, Chorkuppel, Glockenstuhl,<br />
Turmhaube usw. wurden ebenfalls von Melchior<br />
Schuler ausgeführt. Noch heute macht diese Arbeit einen<br />
ganz hervorragenden Eindruck. Wenn man auf der Kirchenbühne<br />
steht, so kann man sich kaum vorstellen, daß<br />
das alles schon dreihundert Jahre alt sein soll.<br />
Die Glaserarbeiten an der Kirche und im Kloster wurden<br />
an Martin Blersch aus Zwiefalten-Bach vergeben. Auch er<br />
dürfte ein bewährter Klosterhandwerker gewesen sein.<br />
Für die Schreinerarbeiten in Convent und Refektor wurden<br />
Christian Mauz aus Burladingen, Jakob Buck aus<br />
Gammertingen und ein Schreiner aus Trochtelfingen eingestellt.<br />
Sie bekamen neben der Bezahlung „die gewöhnliche<br />
Hausmannskost". Aller : ngs dürften die schönen Intarsienarbeiten<br />
an den Türen und Wandschränken des<br />
Refektors von anderer Hand stammen. In der „vorderen<br />
Stube" neben dem Refektor wurde übrigens 1684/85<br />
Gottesdienst gehalten, solange die Kirche nicht benützt<br />
werden konnte.<br />
Als Schlosser war Meister Hans Jerg aus Ebingen verdingt<br />
worden. Er fertigte die Schlösser für alle Türen an,<br />
teilweise erneuerte er auch die alten Schlösser. An einigen<br />
Türen sieht man noch die Spuren dieser prächtigen<br />
Kastenschlösser. Leider wurden alle im Lauf der Zeit ausgewechselt<br />
und sind verschwunden. Besonderes Lob spendet<br />
die Bauchronik den Schmieden. Es waren nämlich die<br />
drei Brüder der Priorin, Jerg Fischer von Sonderbuch, Jakob<br />
Fischer von Huldstetten und Johannes Fischer von<br />
Lautern. Bei ihnen wird keine Rechnung erwähnt. Vielleicht<br />
wurden sie in Mariaberg so gut verpflegt, daß sie<br />
nicht mehr an Geld dachten.<br />
Am 11. November 1684 wurden die Bauarbeiten eingestellt.<br />
Die Chronistin schreibt: „Die Maurer haben ihren<br />
Dienst quittiert und sich wieder in ihren Bregenzer Wald<br />
verkrochen." 1684 war es noch nicht üblich, nach Au,<br />
Bezau oder Egg in Urlaub zu fahren. So stellte man sich<br />
.[ Mariaberg den Bregenzer Wald wohl als eine Art Urwald<br />
vor, in dem die Leute wie Köhler hausten.<br />
Baujahr 1685<br />
Zwischen Thumb und Beer war es am Ende des vergangenen<br />
Jahres zu mem heftigen Streit gekommen. Wahrscheinlich<br />
war Thumb wütend, daß Beer ohne sein Wissen<br />
einen neuen Plan für die Kirche gemacht hatte. Er wollte<br />
Beer wegschicken und für Mariaberg einen neuen Polier<br />
einsetzen. Beer hatte siüi jedoch das Vertrauen des Conventes<br />
erworDen und so wurde Thumb ganz ausgeschaltet<br />
und der Bauvertrag für das Jahr 1685 mit Beer als Baumeister<br />
abgeschlossen.<br />
Dei Chorbogen, der im letzten Herbst eingefallen war,<br />
wurde wieder aufgerichtet, beide Giebel und der Glockenturm<br />
der Kirche wurden aufgemauert. Für den Bau der<br />
Kirche wurde eine große Menge von Backsteinen benötigt,<br />
auch spezielle Gewölbesteine und eine Unmenge von<br />
Dachziegeln wurden gebraucht. So kam der Convent zum<br />
Entschluß, doch eine eigene Ziegelhütte zu bauen. Auf<br />
einem Acker in der Nähe des Ofens gab es genügend<br />
Lehm. Ein Ziegler wurde eingestellt, der auch einen<br />
„Lettenknecht" stellen mußte. Für die Stukkaturen in der<br />
Kirche und im Kloster wurde eine große Menge Gips benötigt.<br />
Dieser Gips wurde in Rangendingen gegraben und<br />
beim Kloster gebrannt.<br />
Das Kirchengewölbe wurde ganz in Backsteinen aufgeführt<br />
und zu größerer Sicherheit am Gebälk aufgehängt.<br />
Wenn man heute dieses Gewölbe betrachtet, kommt man<br />
allerdings zu dem Schluß, daß das Gewölbe Beers eine<br />
solche Aufhängung nicht nötig hatte, sondern auch in tausend<br />
Jahren noch halten wird.<br />
Der Kirchturm wurde von Meister Klocker, Spengler aus<br />
Hochberg (b. Zwiefalten) ganz mit Blech gedeckt. Das<br />
Turmkreuz, 6 Fuß hoch, wurde mit „bestem Augsburger<br />
Blattgold vergoldet". Bevor man das Kreuz aufrichtete,<br />
fand die feierliche Weihe durch den Prior statt. Im Turmknopf<br />
brachte man einen verlöteten Behälter unter, in<br />
dem Reliquien und eine Pergamentsurkunde mit der Jahreszahl<br />
und den Namen der damaligen Angehörigen des<br />
Conventes enthalten sind.<br />
Auf dem Kirchturm wurde auch die Uhr eingebaut. Sparsam,<br />
wie man war, wurde die alte Uhr wieder verwendet.<br />
Ein Meister Felix N ? aus Munderkingen bekam den Auftrag,<br />
am alten Uhrwerk ein Viertelschlagwerk anzubauen.<br />
Auf der Kirchenbühne ist noch ein altes Uhrwerk vorhanden,<br />
jedoch dürfte dieses Werk aus dem 19. Jahrhundert<br />
stammen.<br />
Neben der Kirche war in diesem Jahr der Conventsflügel<br />
und das Refektor fertig geworden. Um Platz zu gewinnen,<br />
wurde ein Teil des Siechenhauses abgebrochen.<br />
1686<br />
Das Jahr 1686 war das letzte Jahr, in dem intensiv gebaut<br />
wurde. Mit Franz Beer wurde ein neuer Bauvertrag<br />
abgeschlossen. Beer brachte 20 Maurer und „Bossler" unter<br />
dem Polier Rudolf Moosbrugger mit. Unter „Bosslern"<br />
kann man sowohl Handlanger, -wie auch Gipser<br />
Klosterhof, Westflügel und prioratsbau. Rechts Anstaltsgebäude<br />
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