Ausgabe 1972 - Hohenzollerischer Geschichtsverein
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in Gammertingen sägen. Auch mit dem übrigen Baumaterial<br />
sah es ganz gut aus. Gleich unterhalb des Klosters<br />
am „langen Acker" konnte man genug Sand graben.<br />
Steine konnte man in der Nähe des oberen Tores und auf<br />
dem Kruchenberg (auf der anderen Talseite) brechen. Entlang<br />
der Lauchert mußte es auch viele Tuffsteine geben.<br />
Ein Problem war die Frage nach den Arbeitskräften. Die<br />
Nonnen waren noch in der Vorstellung verhaftet, daß<br />
solche Arbeiten in der Frohn von den Untertanen gemacht<br />
werden müßten. Gleichzeitig war ihnen aber auch klar,<br />
daß sie im Jahr 1681 keine Möglichkeit mehr hatten,<br />
solche Vorstellungen durchzusetzen. Thumb konnte diese<br />
Bedenken zerstreuen.<br />
Am 21. August 1682 wurde zwischen der Priorin und<br />
Michael Thumb ein Bauvertrag abgeschlossen. Schon am<br />
1. September traf der Polier (Ballier) Franz Beer mit<br />
11 Maurern aus dem Bregenzer Wald ein. Sie begannen<br />
mit dem Abbruch des „Gang", alte Refekten, an der<br />
Gartenseite des Klosters und dem Badhaus. Schon bald<br />
waren die äußeren Fundamente gelegt. Den Nonnen<br />
wurde angst und bang, als sie sahen, welche Unmenge von<br />
Steinen in den Fundamenten verschwand. Besonders an<br />
der Gartenseite gab es erhebliche Schwierigkeiten. Es<br />
mußte unendlich tief gegraben werden, bis man auf festen<br />
Grund kam. Am 26. September 1682 hatte Pr ^r und<br />
Beichtvater Arsenius Sulger den Grundstein in der Mitte<br />
der äußeren Mauer des Ostflügels (Conventsbaues) gelegt.<br />
In dem Stein waren zahlreiche Reliquien, Benediktspfennige<br />
und eine Urkunde eingemauert. An Martini wurden<br />
die Bauarbeiten eingestellt und die Maurer rückten wieder<br />
ab.<br />
1683 wurde mit Thumb ein neuer Vertrag gemacht (die<br />
Verträge wurden jährlich neu abgeschlossen). Danach bekam<br />
jeder Maurer täglich 23 Kreuzer, der Polier das Essen<br />
und V2 Maß zu trinken (ob Bier oder Wein, ist nicht angegeben)<br />
zusät; I ch<br />
Bauarbeiten 1683<br />
Am 5. April 1683 traf Franz Beer mit 20 Maurern ein.<br />
Als nächster Bau wurde der alte Convent abgebrochen.<br />
Di Nonnen zogen in den „Speicher" um, wo sie eng zusammenrücken<br />
mußten. Die dortige Badstube wurde als<br />
Refektor benützt und die oberen Kammern dienten als<br />
Dorrrutorium. Eine offene Laube wurde als Gastzimmer<br />
ausgebaut.<br />
Bis zum 15. Juni 1683 hatten 'ie Maurer wieder mit den<br />
Fundamenten Arbeit, die teilweise sehr tief gegraben<br />
werden mußten. Nachdem die Fundamente einmal aus<br />
dem Boden waren, ging es aber sehr schnell. Der Conventsbau<br />
(Ostfiugel von der Kircne zum Garten) wuchs<br />
rasch emDor. Am 29. JuL wurde das Gebälk auf den ersten<br />
Stock gelegt, am 16. September war der zweite Stock und<br />
am 21. Oktober der dritte Stuck im Rohbau fertig.<br />
Danach wurde von den Maurern m t Unterstützung von<br />
nur ein bis zwe. Zimmerleuten der Dachstuhi aufgerichtet.<br />
Am 19. November wurde der Bau eingestellt und die<br />
Vorarlberger rückten wieder ab. Das Wetter hatte den<br />
Bau durch ei ren trockenen und warmen Sommer sehr begünstigt.<br />
Es war kaum Regen gefallen. E : Leute in der<br />
Nachbarschaft munkelten, die Mariaberger Maurer hätten<br />
mit geheimen Künsten den Himmel bestochen. Überhaupt<br />
waren diese Burschen, die im Früh .hr mit den Schwalben<br />
kamen und von Tagesanbruch bis zur Dunkelheit arbeiteten,<br />
etwas unheimLJi. Die Nonnen bewunderten ; hren<br />
Fleiß und 'hre Geschicklichkeit. Aber im Herbst, wenn die<br />
Maurer mehr als 1000 Gulden baren Geldes mit Sic 1 fortschleppten,<br />
packte sie ein heili 5er Zorn.<br />
36<br />
Auch die übrigen Arbeiten schritten voran. Als Zimmermann<br />
wurde Meister Menrad Schuler aus dem zwiefaltischen<br />
Dorf Upflamör verpflichtet. Schuler war vermutlich<br />
für das Kloster Zwiefalten tätig, denn ein kleiner<br />
Dorfhandwerker wäre wohl nicht in der Lage gewesen,<br />
einen solchen Auftrag auszuführen. Er hatte das ganze<br />
Bauholz zuzurichten, Türgerichte, Fenstersimsen und 101<br />
Kreuzstöcke anzufertigen.<br />
Für den Bau hatte das Kloster einen eigenen Kalkbrenner<br />
eingestellt. Der Kalkofen stand im „Geländ" (Flur beim<br />
Kloster). Die benötigten Steine las man auf den Äckern<br />
und im „Scheite: wald" zusammen. Ziegel wurden bei<br />
Ziegler Jakob Hodler in Gammertingen gekauft. Einige<br />
Nonnen hatten im Convent versucht, den Bau einer eigenen<br />
Ziegelhütte durchzusetzen, waren aber damit nicht<br />
zum Zug gekommen.<br />
Für die Zufuhr von Steinen und Sand standen zunächst<br />
zwei Pferde und zwei Ochsen zur Verfügung. Um mehr<br />
Fuhrwerke freizubekommen, wurden die Feldarbeiten im<br />
Lohn an Bauern von Bronnen vergeben. Auch Fuhrwerke<br />
aus der Nachbarschaft wurden teils im Lohn, teils freiwillig<br />
eingesetzt. Der erste Steinbruch befand sich vor<br />
dem Westtor, also direkt beim Kloster. Später wurden die<br />
Steine auf dem Kruchenberg gebrochen. Man hatte drei<br />
Männer für die ganze Zeit als St inbrecher verdingt.<br />
Das Holz für Gewölbe und Schalungen wurde im e ; enen<br />
Wald geschlagen und in Gammertingen gesägt. Die Angabe,<br />
daß das Kloster kein eigenes Bauholz hatte, ist<br />
durchaus glaubhaft. Der Waldbesitz war verhältnismäßig<br />
klein. Durch den enormen Brennholzbedarf waren die<br />
Wälder stets bis zur Grenze des möglichen strapaziert.<br />
Zudem war die Forstwirtschaft schlecht. Man hatte praktisch<br />
nur Buchenanflug und Stockausschläge, was natürlich<br />
für Bauholz völlig ungeeignet war. Bretter aus Tannenholz,<br />
die man für Fußböden, Täferungen und andere<br />
Schreinerarbeiten benötigte, wurden in Jungingen bestellt.<br />
Es sei jedoch sehr schlechte und liederliche Ware<br />
geliefert worden.<br />
Das Baujahr 1684<br />
Im Conventsbau ging der Innenausbau weiter, Gewölbe<br />
wurden ausgemauert, Treppen aufgerichtet, Kamme gebaut,<br />
Buden gelegt usw. Wich-lgster Bau in diesem Jahr<br />
war jedoch die Kirche. Die alte Kirche wurde abgebrochen<br />
und mit dem Neubau an der gleichen Stelle begonnen. Die<br />
neue Kirche wurde nach Norden um 3 bis 4 Fuß erweitert<br />
und an der Ostseite der runde Chor angebaut. Von<br />
der alten Kirche blieben nur Mauern und Fundamente an<br />
der Seite gegen den Conventsbau. Bf 'm Graben der Fundamente<br />
kam man schon nach ca. 2 Fuß auf Felsen, der<br />
Baugrund war aiso ideal. Am 25. Oktober war der Rohbau<br />
fertig. Ursprünglich war geplant gewesen, die Kirche<br />
innen ganz einfach, mit glatten Wänden zu gestalten.<br />
Nachdem aber das ganze Unternehmen w.der Erwarten<br />
so günstig verlaufen war, entschloß man sich, die Kirche<br />
wesentlich schöner auszubauen, mit Gewölben, Säulen und<br />
Gesimsen. Weil der Baumeister Thumb nicht „anwesend<br />
war", beauftragte der Convent Franz Beer mit einem<br />
neuen Plan für die Kirche. Doch kaum hatte man 5 -h darüber<br />
gefreut, daß o'sher alles so giatt gelaufen war, ereignete<br />
sich ein Unglück. Durch ständige Regengüsse war<br />
der Mörtel im Chorbogen aufgeweicht worden und d.j<br />
Mauer kam ins Rucschen. Am 29. Oktober fiel der Bogen<br />
herunter und durchschlug die Gerüststangen. Um weiteres<br />
Unheil zu verhüten, trug man die Mauern bis auf die<br />
Höhe der Fensterbögen ab. Vor dem Frühjahr wurde<br />
nichts mehr daran getan.