Ausgabe 1972 - Hohenzollerischer Geschichtsverein
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an der Nord- und Ostseite ist noch ein Rest der alten Gebäude<br />
mit dem Nordtor erhalten. Auch die Mauern des<br />
Klostergartens, des Baumgartens und des ehemaligen<br />
Friedhofes stammen nicht vom Neubau, was natürlich<br />
nicht ausschließt, daß im 18. Jahrhundert daran gebaut<br />
wurde.<br />
Das alte Kloster<br />
Das alte Kloster war kein geschlossener Baukörper wie<br />
der jetzige Bau, sondern bestand aus der Kirche und mehreren<br />
einzeln stehenden Fachwerkbauten. Über die Entstehungszeit<br />
der alten Klosterbauten ist nichts bekannt.<br />
Im Archiv befindet sich ein Pergamentzettel, der von der<br />
Weihe einer Kapelle im Jahr 1433 berichtet. Als Klosterkirche<br />
wurde im 13. Jahrhundert die alte Dorfkirche von<br />
Berg benützt, die wir uns als kleinen romanischen Bau<br />
vorstellen müssen. Möglich, daß 1433 die Kirche neu gebaut<br />
wurde. Jedenfalls war die zweite Kirche ein gotischer<br />
Bau. Da die alte Klosteranlage aus Einzelbauten bestand,<br />
dürften diese zu ganz verschiedenen Zeiten entstanden<br />
sein. Nur vom Prioratshaus ist das Baujahr bekannt. Es<br />
heißt in der Chronik, daß es 1502 erbaut und 1722 abgerissen<br />
worden sei. Der baulich beste Teil des alten Klosters<br />
dürfte der „Neue Speicher" gewesen sein, der erst<br />
1722 abgerissen wurde. Im Dreißigjährigen Krieg hat das<br />
Kloster schwer gelitten. Über die Kriegszeit hat eine<br />
Nonne einen ausführlichen Bericht verfaßt. Von einem<br />
Schaden an den Gebäuden ist darin aber nicht die Rede.<br />
Wahrscheinlich waren die Bauten ausgeplündert und verkommen,<br />
in der Substanz aber erhalten.<br />
Die Gebäude des alten Klosters teilten den Klosterbezirk<br />
in zwei Höfe, das Kreuzgärtlein und den Conventshof.<br />
An der Stelle des heutigen Westflügels mit dem Hauptportal<br />
stand der „Neue Speicher", der den C ; ebel der<br />
Kirche teilweise verdeckte, wie das ja auch heute noch der<br />
Fall ist. Der Bau bestand aus einem neueren dreistöckigen<br />
und einem älteren zweistöckigen Teil, der zum Hof hin<br />
eine offene Halle bildet. Das Dach der Halle war mit<br />
zwei Balkensäulen abgestützt. Im Speicher befanden sich<br />
verschiedene Keller und die Klosterküferei. In den oberen<br />
Stockwerken waren Gastzimmer, .ne Badstube und verschiedene<br />
Kammern „mit altem Gerimpell". Auf aem ausgedehnten<br />
Dachboden wurde Korn gespeichert. An der<br />
Hofseite hatte das Gebäude ein schönes Portal, das wohl<br />
zu den Gästezimmern führte.<br />
An den Speicher war in südlicher Richtung das Conventsgebäude<br />
angebaut. Es war dreistöck ^ und enthielt im<br />
Untergeschoß aas Refektorium, auch Conventsstube genannt.<br />
Der größte T II des mittleren Stockes bestand aus<br />
einer Laube (eine Halle mit rohem Gebälk). An der einen<br />
Seite befand sich die Wohnung der Priorin, die ein Wohnund<br />
ein Schlafzimmer hatte, an der anderen 5 ,ite ein<br />
„finsteres Kräuterkämmerli'. Der obere Stock enthielt ein<br />
Krankenstüblein und 14 Zellen zu beiden Seiten eines<br />
Ganges „alles sehr feucht, uneben, winkelig und elend".<br />
Die Öfen des Conventsgebäudes wurden von außen durch<br />
einen eigens angebauten Turm geheizt. Über die Lage der<br />
Küche wird nichts berichtet, aber es ist anzunehmen, daß<br />
sie s.ch auch im Conventsbau befand. Zum Kreuzgarten<br />
hin war in Hohe des ersten Stockes - ne Laube angebaut,<br />
die auf hölzernen Säulen stand und einen Teil des Kreuz -<br />
ganges bildete. Der andere Te :i des Kreuzganges befand<br />
sich an der Rückseite des Speichers. Neben dem Kreuzgang<br />
am Conventsbau stand ein rechteckiger Brunnentrog.<br />
Die ursprüngliche Wasserversorgung des Klosters bestand<br />
aus einem Ziehbrunnen im Conventshof. Dieser war aber<br />
1682 längst zugeschüttet worden. Woher der Brunnen im<br />
Kreuzgarten das Wasser bekam, ist nicht bekannt.<br />
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östlich vom Convent erstreckte sich zur Gartenmauer der<br />
„Gang", auch das alte Refektor genannt. Es war ein<br />
schmaler, zweistöckiger Bau, der wohl zu einer älteren<br />
Bauperiode gehörte und 1682 wahrscheinlich nicht mehr<br />
benützt wurde. In der Chronik wird er als „liederlich und<br />
baufällig" bezeichnet. Wahrscheinlich stand an der Stelle<br />
des Conventes früher das Dormitorium, der gemeinsame<br />
Schlafsaal der Nonnen und getrennt davon das Refektor.<br />
Durch den Bau des Conventes, der Refektor, Zellen und<br />
Wohnung der Priorin enthielt, war der „Gang" entbehrlich<br />
geworden.<br />
Neben dem Convent stand im Kreuzgarten das Badhaus.<br />
Wahrscheinlich diente das Badhaus auch als Wärmestube,<br />
wenn die Nonnen im Winter völlig durchfroren vom<br />
Chorgebet kamen. Zwischen Badhaus und der Kirche<br />
wurde der Kreuzgarten von einer 6 Fuß hohen Mauer<br />
abgeschlossen, durch die ein Tor auf den „Felsen" führte.<br />
Dieser Felsen war ein separates Höflein, von dem aus die<br />
Nonnen einen Blick auf das „Getriebe der Welt" ins Tal<br />
hinunter werfen konnten.<br />
Die vierte Seite des Kreuzgartens b ,dete die Kirche, ein<br />
langer und schmaler Bau. Den hinteren, größeren Teil des<br />
Innenraumes nahm der Nonnenchor ein. Der Nonnenchor<br />
war nur um 4 Fuß erhöht, bildete also k -in eigenes Stockwerk.<br />
Der Platz für das Volk war ziemlich beschränkt. Es<br />
hatten nur ca. 30-40 Personen Platz, was etwa der Zahl<br />
des Klostergesindes entspricht. Die Kirche hatte zwei Altäre,<br />
den Hauptaltar und einen auf der linken Seite des<br />
Nonnenchores. Einer d ser Altäre dürfte mit der Gruppe<br />
„Marr Krönung" geschmückt gewesen sein, die im Frühjahr<br />
<strong>1972</strong> aus der Kapelle im Tal gestohlen wurde. Es<br />
handelt sich um eine Arbeit aus der Werkstatt des Salemer<br />
Bildhauers Melchior Binder (ca. 1610). Ein ähnlicher<br />
Altar befindet sich in der Stadtkirche Ehingen (Donau).<br />
An der Südseite der Kirche im Kreuzgarten war das ziemlich<br />
kleine Kapicelhaus angebaut. Über dem Kapitel lag<br />
die Küsterei, auch das Bücherkämmerli genannt. Wahrscheinlich<br />
war h er das Archiv untergebracht. Auch im<br />
neuen Kloster wurde die unmittelbare Verbindung Kapitelhaus-Kirche<br />
gewahrt, die der Mariaberger Tradition<br />
entsprach.<br />
Drei weitere Gebäude lagen außerhalb des Klausurbezirkes.<br />
An der Südseite, etwa in der Gegend des heutigen<br />
Prioritätsflügels, lag das S chenhaus. Aus Urkunden des<br />
15. und 16. Jahrhunderts geht hervor, daß im Kloster<br />
Pfründner aufgenommen wurden. Da diese Pfründner<br />
meistens alte und pflegebedürftige Leute waren, ist anzunehmern,<br />
daß sich der Ausdruck Siechenhaus auf sie "bezieht.<br />
Im Untergeschoß dieses Hauses war die Bäckerei<br />
(Pfisterei) des Klosters untergebracht. Ein Teil des Siechenhauses<br />
schloß den Conventshof nach Süden ab. Zv ischen<br />
Convent und Siechenhaus trennte eine Mauer mit<br />
Tor den Conventshof vom Klosterhof. Im Conventshof<br />
gab es, wie schon erwähnt, einen Ziehbrunnen, der schon<br />
lange zugeschüttet war<br />
An der Nordseite der Kirche, auf dem Felsen, stand das<br />
Haus des Priors. Es war 1502 erbaut und wurde 1722 abgebrochen,<br />
als im Hauptgebäude eine neue Piiorswohnung<br />
eingebaut wurde. Zum Haus gehörte ein kleiner, ummauerter<br />
Garten. Die Chronistin bemerkt zum alten<br />
Prioratshaus: „klein, einfältig und schlecht, aber für einen,<br />
dem Ruhe und Einsamkeit Ii b, gar bequem". Man kann<br />
sich vorstellen, daß Gelehrte, wie Stefan Bochenthaler und<br />
Arsenius Sulger sich hier sehr wohl gefühlt haben. Innerhalb<br />
der Friedhofsmauern stand di^ St.-Annakapelle. Aus<br />
ihr dürfte die gotische Figur Hl. Anna Selbdntt stammen,<br />
die jetzt auf dem linken Seitenaltar der Klosterkirche<br />
steht.