22.01.2013 Aufrufe

Ausgabe 1972 - Hohenzollerischer Geschichtsverein

Ausgabe 1972 - Hohenzollerischer Geschichtsverein

Ausgabe 1972 - Hohenzollerischer Geschichtsverein

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

RUDOLF SEIGEL<br />

Trochtelfingen zwischen Neckarraum und oberer Donau,<br />

zwischen Reutlingen und Sigmaringen<br />

Ein geschichtlicher Rückblick<br />

HÖH ENZOLLERISCHE W 3828 F<br />

HEIMAT<br />

Herausgegeben oom<br />

Hohenzollerilchen Gefchichtooerein<br />

in Verbindung mit öen<br />

Staatlichen Schuiämtern Hechingen<br />

21. Jahrgang 1971 Nr. 5 unö Sigmaringen<br />

Der mit Beginn d ses Jahres vollzogene Wechsel Trochtelfingens<br />

vom Kreis Sigmaringen zum Kreis Reutlingen<br />

bringt das Städtchen auf der Alb mit seinem Nahbereich<br />

in engere Beziehung zum Neckarraum und zum Albvorland,<br />

nachdem es jahrhundertelang nördlicher Teil von<br />

politischen Gebilden war, deren Zentren an der oberen<br />

Donau lagen. Trochtelfingen hat seine Blickrichtung geändert,<br />

sich von seinem alten Zentrum Sigmaringen gelöst<br />

und sich dem funktionsstärkeren Reutlinger Zentrum zugewandt<br />

in der Erwartung, von hier aus im Ausbau seiner<br />

eigenen Funktionen stärker gefördert zu werden. Die<br />

Grenze zwischen den Kreisen Reutlingen und Sigmaringen<br />

hat sich so nach Süden verschoben. Doch gerade am Bei-<br />

TROCHTELFINGEN: Gouachc-Malcrci 1823<br />

Mit frcundlichcr Genehmigung des Thorbcckc-Verlags<br />

spiel Trochtelfingens zeigt sich die Problematik so mancher<br />

Grenzziehung. Denn die Orte der Mittleren und Südwestalb,<br />

die eine Paßfunktion besitzen (wie Ebingen, Burladingen,<br />

Gammertingen, Münsingen) sind janusköpfig: sie<br />

haben auf Grund ihrer Lage Beziehungen nach beiden<br />

R chtungen, nach dem Nordwesten und nach dem Südosten,<br />

zum Neckarraum und zur oberen Donau. Die<br />

immer stärker werdende Orientierung dieser Alborte zum<br />

Neckarraum hin ist - wie es uns heute scheint - allein der<br />

Überlegenheit der industriellen Zentren Reutlingen-Metzingen-Urach<br />

und Balingen-Ebingen gegenüber den industriell<br />

schwächeren Räumen südlich der Alb zuzuschreiben


Doch l Wirklichkeit sind cuese Begehungen viel älter:<br />

Wenn wir die Geschichte der politischen Raumerfassung<br />

der Mittleren Alb betrachten, zeigt sicn nämlich schon von<br />

Anfang an die Doppelgesichtigkeit der Orte, die auf den<br />

Albübergängen liegen. Sie sind nicht die Endpunkte eines<br />

vom Neckarraum auf die Albhochfläche reichenden Einflusses,<br />

sondern wichtige Mittelpunkte einer Raumerfassung,<br />

die über die Alb hinübePfeicht bis an die obere<br />

Donau, sonut Bestandteile einer Raumpont , die es sich<br />

zur Aufgabe macht, die Alt in ihrer Breite zu erfassen.<br />

Das ist aber nur möglich, wenn der Übergang und die<br />

Zugänge auf beiden Seiten in einer Hand sind.<br />

Unter diesem Thema soll der folgende Überblick stehen,<br />

der nicht beabsichtigt, möglichst viele gescr-itliche Deta^s<br />

vorzulegen, es soll vielmehr den Grundzügen der<br />

politischen Raumerfassung auf der Mittleren Alb nachgegangen<br />

werden. Der Leser, der sich für weitere Einzelheiten<br />

und Zusammenhänge interessiert, sei auf die unten<br />

angegebene Literatur verwiesen.<br />

Am frühsten zeigt sich nun diese die Alb überspannende<br />

Herrschaftsbildung im 11. Jahrhundert bei den Grafen<br />

von Achalm, deren Besitz und Rechte vom Albvorland<br />

zwischen Tübingen und Urach über die Alb bis zur Donau<br />

reichen. Die Achalm am Nord- und das Hauskloster Zwiefalten<br />

am Südausgang der Alb markieren diesen die Alb<br />

überspannenden Herrschaftsbereich, der den Grafen neben<br />

der Konirolle dieses Albübergangs wohl audi den Zugang<br />

zu ihren Besitzungen „n Thurgau sichern sollte 2 . Den<br />

Achalmern folgen an der Wende zum 12. Jahrhundert die<br />

Grafen von Gammertingen, d e ebenfalls ÜDer Besitzungen<br />

in der heutigen Schweiz (Churrätien) verfügen und die<br />

rr ^ der Achalm una ihrem Stamn.oitz D ;i Gammer igen<br />

den Raum Gammertingen-Trochtelfingen noch stärker beherrschen<br />

3 . Als um 1170/82 diese zweite Familie, d.e sich<br />

nach der Achalm nannte, ausstarb, folgen ihr als Haupterben<br />

die hochadeligen Heiren von Neuffen. Ebenso wie<br />

Iire Besitzvorgänger beherrschen Sre dl,:sen Albübergang,<br />

der gesichert ist durch eine Kette von Burgen, die vom<br />

Neuffen und der Achalm über die Burgen Gammertingen<br />

und Hetlingen bis zu ihrem d itten Besitzzentrum um<br />

Weißenhorn südwestlich von Ulm reichte 4 .<br />

liier scheint jedoch zunächst der Besitz um dii Burg Weißenhorn<br />

den Schwerpunkt gebildet zu haben, also die<br />

Anlehnung an den weifischen Machtbereich (auch die Burg<br />

Achalm war Lehen von den Weifen). Berthold von Neuffen,<br />

der seine Familie zu einer Machtstellung in Schwaben<br />

geführt hat, die ihn und sein Haus den führenden schwäbischen<br />

Grafengeschlechtern gleichstellte, gehört seit 1185<br />

zur unmittelbaren Umgebung der staufischen Herzöge und<br />

seit 1198 der staufischen Könige. Damals wird dann der<br />

Neuffen Schwerpunkt der Gesamtbes ;zungen, "ie Achalm<br />

war staufisches Lehen geworden, nachdem schon seit 1179<br />

und endgültig seit 1191 die schwäbischen Besitzungen der<br />

Weifen an Kaiser Fiied'.ch II. gekommen waren. Bertholds<br />

von Neuffen Sohn, Heinrich, spielt ebenfalls als<br />

Berater und Vertrauter am königlichen Hof eine führende<br />

Rolle, die 1235 infolge der Auseinandersetzungen zwischen<br />

Kaiser Friedrich II. und nem Sohn Heiniich (VII.)<br />

schlagartig beendet ist; damals wird den Herren von<br />

Neuffen durch den Kaiser die Achalm enteignet und ans<br />

Reich gezogen. Der Besitz der Neuftener zerfällt zu Beginn<br />

des 13. Jahrhunderts durch Erbteilungen in einen<br />

westlichen (Achalm-Neuffen) und in einen östlichen Teil<br />

(Weißenhorn;, der Mittelteil auf der Alb um Gammer-<br />

* Ingen und Hett ngen ist dann in der zweiten Hälfte des<br />

13. Jahrhunderts in Händen der Grafen von Veringen 5 .<br />

130<br />

In diesen Mittelteil waren neben den Herren von Neuffen<br />

als 'I lerben der Grafen von Achalm-Gammertingen<br />

schon im 12. Jahrhundert die Markgrafen von Ronsberg<br />

gelangt, eine Familie, die als weifische Lehengrafen in<br />

Ostschwaben aufgesctgen war 6 . Als deren Besitznachfoiger<br />

um Trochtelfingen erscheinen dann die Pfalzgrafen<br />

von Tübingen, die seit der Mitte des 12. Jahrhunderts als<br />

Erben der Grafen von Bregenz über Besitzungen nördlich<br />

des Bodensees bis zur Donau verfügten. Die Mittlere Alb<br />

steht seit der Mitte des 12. Jahrhunderts, seit dem Anfall<br />

des Bregenzer Erbes an die Tübinger Pfalzgrafen, im<br />

Spannungsfeld zwischen Weifen und Pfalzgrafen. Der<br />

weifische Besitz in Innerschwaben, der aus dem Erbe der<br />

Gemahlin Welfs VI. (Uta von Calw) stammt, ist für die<br />

Tut iger eine Bedrohung; ebenso besteht eine Spannung<br />

in Oberschwaben, weil auch die Weifen Teile des Bregenzer<br />

Erbes beanspruchen. Erst d : e Niederlage des Pfalzgrafen<br />

in der „Tübinger Fehde" (1164/b6) und der Über •<br />

gang der schwäbischen Bt Atzungen der Weifen an die<br />

Staufer haben diese Rivalität, in die fast alle schwäbischen<br />

Hochadelsfami' :n verwickelt waren, beendet 1 .<br />

Wann und wie die Pfalzgrafen von Tübingen in den Besitz<br />

T roch teil mgens gekommen sind, konnte bisher nicht<br />

ermittelt werden 8 . Trochtelfingen ist h .r wieder der<br />

Stützpunkt auf der Alb, der den Übergang sichert und an<br />

dessen Zugängen Tübingen und das von den Pfalzgrafen<br />

1171 wiedergestiftete Kloster Marchtal liegen. In diese<br />

Konzeption gehören aber auch Reutli. igen und das Echaztal,<br />

wo wichtige pfalzgräfnche Besitzungen lagenDamals,<br />

gegen das Ende des 13. Jahrhunderts, ist im Anschluß<br />

an die Burg und das Dorf Trochtelfingen eine<br />

Markt- und Stadtanlage entstanden, deren Gründer vielleicht<br />

schon die Pfalzgrafen von TüuJigen sind, oder erst<br />

ihre Besitznachfolger, die Gafen von Hohenberg 10 .<br />

Diese Markt- und Stadtgründung hat die zentralen Funktionen<br />

des Trochtelfinger Raums wesentlich verstärkt. Die<br />

Tatsache, daß noch nach Jahrhunderten, bis in das frühe<br />

19, Jahrhundert hinein, neben den eigenen Trochtelfinger<br />

Getreide- und Flüssigkeitsmaßen auch die Tübinger und<br />

Reutiinger Maße galten, zeigt den starken Einfluß der<br />

pfalzgräflich-tübingischen Herrschaft, zugleich aber auch<br />

die Orientierung dieses Raumes nach dem Neckarge et<br />

Schon im 13. Jahrhundert, durch den Erwerb der Grafschaft<br />

Urach mit Münsingen, aber erst recht nach dem<br />

Niedergang der Pfalzgrafen von Tübingen, gr.-ift nun das<br />

Haus Württemberg vom Neckarraum her über die Alt.<br />

Im 14. Jahrhundert erwirbt Württemberg die Grafschaften<br />

Sigmaringen (vor 1325) und Ver.ngen (1344/1359),<br />

faßt (zunächst nur zeitweilig 1367, 1387, endgültig 1469)<br />

in Ebingen Fuß; am Beginn des 15. Jahrhunderts (1403)<br />

folgt der bis dahin zollerischr: Raum Bi ngen. 1429, mit<br />

der Eroberung und Zerstörung der Burg Hohenzollern,<br />

war auch du zollen,sehe Stammgrafschaft nahe daran der<br />

württembergischen Expansion zu erliegen. Württemberg<br />

hätte damit durch das zoller : sche K: 'ertal einen weiteren<br />

Zugang zur Alb erreicht; Sigma-mgen und Veringen waren<br />

damals noch württembergisches Pfand und gingen erst<br />

1459 ganz an Werdenberg über Die Gefahr, von Württemberg<br />

geschluckt zu werden, haben die Zollern abgewendet,<br />

doch mit starken Einbußen: Mössingen, Belsen<br />

und Üschingen werden endgültig württembergisch.<br />

Auch Trochtelfingen gehört in die erste Phase der württembergischen<br />

Erwerbspoiitik auf der Alb. Nachdem der<br />

Ort von den Pfalzgrafen von Tubingen am Ende des 13.<br />

Jahrhunderts für kurze Zeit an die Grafen von Hohenberg<br />

übergegangen war, erhalten ihn 1310 die Grafen von


Württemberg. Bei dieser Gelegenheit wird Trochtelfingen<br />

erstmals ausdrücklich als Stadt bezeichnet.<br />

Doch wenig später geht die Stadt als Heiratsgut tiner<br />

Württembergerin an eine Linie der Grafen von Werdenberg<br />

über, die sich seit 1316 nach Trochtelfingen nennt.<br />

E Ausbildung der Herrschaft Trochtelfingen durch das<br />

Haus Werdenberg vollzieht sich in einem längeren Prozeß:<br />

Im 14. Jahrhundert bilden zunächst die Orte Trochtelfingen,<br />

Steinh "oen, Mägenvingen und Erpfingen die<br />

Herrschaft Trochtelfingen (die Orte, n denen werdenbergische<br />

Besitzanteile Destanden, seien hier unerwähnt).<br />

Im 15. Jahrhundert scheiden Erpfingen und Mägerkingen<br />

wieder aus, hinzukommer: Salmendingen (1401), Meldungen<br />

(1439 bis 1451) und Ringingen (3 Viertel: 1490,<br />

das Restviertel: 1584). M dem Erwerb Trochtelfingens<br />

1310 durch die Grafen von Werdenberg wurde hier also<br />

eine territoriale Entwicklung e lgalaitet, die fast zweihundert<br />

Jahre lang, bis zum Ende des Mittelalters,<br />

dauerte, an deren Ende der große, vom Bodensee bis an<br />

den Albtrauf reichende Besitzkomplex der Grafen von<br />

Werdenberg steht; er r .chte von der Landgrafschaft Heiligenberg<br />

im Linzgau über die Grafschaften S gmaringen<br />

und Vei:ngen und über die Herrschaft Jungnau (1408-<br />

1421 erworben) bis TrochteJ+ingen, das bis zum Aussterben<br />

der Werdenberger (1534) Res ienz einer werdenbergischen<br />

Linie war. Den Residenzcharakter Trochtelfingens<br />

betonten das späcmittelalterL ~he Schloß und Jle Grablege<br />

der Werdenberger in der Stadtki/che. die 1501 Chorherren:<br />

;ft wird. Aus dieser Ze,': haben sich spätmittelalterliche<br />

Kunstwerke von hohem Rang erhalten (herrschaftliche<br />

Gebäude, Kapellen und vor allem die Pfarrkirche<br />

mit hervorragenden Werken der Malerei und Plastik I2 .<br />

Wenn auch am Nordrand des werdenbergischen Besitzkomplexes<br />

gelegen und vom Neckarraum abgeschnitten,<br />

hatte die Stadt Trochtelfingen als Residenz einer werdenbergischen<br />

Linie zentrale Funk ionen, die die Stadt lebensfähig<br />

hielten, denn innerhalb der werdenbergischen<br />

Gesamtfamilie war mit Trochtelfingen immer auch aii<br />

Herrschaft Jungnau verbunden.<br />

Das werdenbergische Erbe breb aber nach dem Aussterben<br />

des Geschlechts (1534) i ; cht beisammen, es wird gete.<br />

t zwischen den Häusern Hohenzollern und Fürstenberg.<br />

Die schwabischen Hohenzollern schufen so im<br />

16. Jahrhundert mit I iren neuen Grafschaften Sigmaringen<br />

und Veringen vom Neckar über die Alb zur Donau<br />

eine Verbindung, die jedoch in ihrer politischen Gewichtigkeit<br />

durch die zollerisie Teilung von 1576 an Wert<br />

verlor.<br />

Die Herrschaft Trochtelfingen mit den Dörfern Steinhilben,<br />

Saimend'igen, Meldungen und Ringingen - nun bis<br />

1806 fürstenbergisch - war in der Zeit der Verfestigung<br />

der Territo r 'en eine isolierte Herrschaft auf der Alb geworden,<br />

von Württemberg, Hohenzollern, der Ritterherrschaft<br />

Gammertingen und dem Gebi, t der Reichsabtu<br />

Zwiefalten umschlossen, regiert von we- entfernt i. der<br />

Baar residierenden Landesherrn. M: dem Anfall an das<br />

Haus Fürstenberg hatte >esc schwer zugängliche fürstenbergische<br />

Besitzinsel Trochtelfingen ihre alten Funktionen<br />

als natür'icher Mittf ipunkt >-iner die Alb überspannenden<br />

Raumbeheirschung endgültig verloren.<br />

Als mit dem Ende des Alten Reiches 1806 die Herrschaft<br />

Trochtelfingen unter die Souveränität des Hauses Hohen-<br />

Zollern-Sigmarir.gen kam, rückt Trochtelfingen dem Landesmittelpunkt<br />

näher; der Bau der Lauchertlalstraße<br />

(1810) soll die Integration der neuen Landesteile fördern,<br />

dennoch bleibt Trochtelfingen auch im 1850 preußisch gewordenen<br />

Hohenzollern nördlicher Grenzort. Bald darauf<br />

verirrt es seine jahrhundertealte Stellung als ße i rksmittelpunkt:<br />

das Oberamt Trochtelfingen wird I8b2 zum<br />

Oberamt Gammertingen geschlagen und nach dessen Auflösung<br />

1925 zum Kreis Sigmaringen. Erst der Bau der Hohenzollerischen<br />

Landesbahn 1901 und ihr Anschluß an die<br />

seit 1892 bestehende Echaztalbahn schuf eine neue Beziehung<br />

zum Albvorland und zum Reutlinger Raum I3 .<br />

Doch inzwischen gehören die Kleinbahnen auf der Alb<br />

auch schon der Geschichte an. Der Verkehr ist wieder ganz<br />

auf die Straßen übergegangen, und damit geriet Trochtelfingen<br />

wieder ins F titertreffen: Die Erschließung für den<br />

Straßenverkehr ist erschwert durch die von drei Landkreisen<br />

(Münsingen, Hechingen, Reutlingen) umschlossene<br />

Stadt 14<br />

Der Gang durch die Geschichte des Trochtelfinger Raums<br />

hat gezeigt, daß c' ;se Stadt von ihrer natürlichen Lage her<br />

als zentraler Ort entstanden ist und daß ihre ursprünglichen<br />

Funktionen in der Beziehung nach zwei Hauptpditungen,<br />

zum Neckarraum und zur oberen Donau, begründet<br />

s : * d. Der dynastischen Territorialpolitik des Spätmittelalters<br />

und der frühen Neuzeit waren infolge der<br />

Kleinräumigkeit der zerspli :erten Herrschaftsverhältnisse<br />

so enge Grenzen gesetzt, daß sie die ursprünglichen Funktionen<br />

nicht mehr konsequent genug verfolgen und erhalten<br />

konnte. Die von den Regierungen im 19. und 20.<br />

Jahrhundert geschaffenen Oberamts- und Kreisgrenzen<br />

haben daran nicht allzu viel geändert. Jetzt haben die betroffenen<br />

Gemeinden mitentschieden, sie haben aber auch<br />

diese Entscheidung mit zu verantworten. Auch im Kreis<br />

Reutlingen wird I rochteitingen am Rand des Kreisgebiets<br />

liegen. Die Weiterentwicklung der Stadt und ihres Nahbereichs<br />

wird im neuen Kreis nur dann gelingen, wenn die<br />

in der natürlichen Lage begründeten und dieser Stadt einst<br />

in die Wiege gelegten zentralen und überörtlichen Funktionen,<br />

die sie im Lauf ihrer Geschichte verloren hat, neu<br />

erschlossen, gefördert und ausgebaut werden.<br />

Literatur zur Geschichte von Stadt und<br />

Herrschaft Trochtelfingen<br />

Willy Baur, Trochtelfingen, in. Württembergisches StädcAuch, hrsg.<br />

v Erich Keyser (Deutsches Städtebuch Bd. IV. Südwestdejtschland,<br />

2. Land Baden-Württemberg, Teilband Württemberg) Stuttgart<br />

1962, S. 458 f.<br />

Friedrich Eisele, Zur Geschichte Truchtelfingens, Mitteilungen des Vereins<br />

für Geschichte und Altertumskunde in Hohenzollern 37<br />

(1903/04)-47/49 (1913/16).<br />

Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, 6 Bd. Baden-Württemberg,<br />

hrsg. v. Max Miller, Stuttgart 1965 (Kröners Taschenausgabe<br />

276), S. 676 f. (Verfasser: Eugen Stemmler).<br />

Theo Hornberger, Die hohenzollerischen Städte, Eine stadttopographische<br />

Untersuchung, Hohenzollerische Jahreshefte 3 (1936)—4<br />

(1937).<br />

Rudolf Seigel, Aus der Geschichte des Kreisgebietes, in: Der Kreis<br />

Sigmaringen (Heimat und Arbeit) Aalen, Stuttgart 1963, S. 57—114.<br />

Georg lumbült, Das Fürstentum Fürstenberg von seinen Anfängen bis<br />

zur Mediatisierung im Jahre 1806, freiburg 1908.<br />

/. N. v, Vanotti, Geschichte der Grafen von Montfort und von Werdenberg,<br />

Konstanz 1845.<br />

Julius Wais, Albführer, neubearb. v. Ruth Wais, Bd. 2, 13. Aufl.<br />

Stuttgart 1971, S. 791-80?<br />

131


Anmerkungen<br />

1 Vergl. ;i Hermann Grees, Der Reutlinger Raum, in; Reutlingen und<br />

die Reutlinger Alb (Veröffentlichungen des Alemannischen Instituts<br />

Freiburg i. Br, und Tübingen 23), S. 9-24.<br />

2 Iians-Marlin Maurer, Die Achalm und der mittelalterliche Bur.genbau,<br />

Reutlinger Geschichtsblättcr 6, 1968, S. 7—24,<br />

3 Johann Adam Kraus, Die Grafen von Gammertingen, Hohçnzolle-<br />

rische Jahreshefte 4, 1937, S, 59-90.<br />

1 Hans-Martin Maurer, Die hochadeligen Hçrren von Neuffen und<br />

Sperberseck, Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 25,<br />

1966, S. 59-130.<br />

6 Über den Übergang der Herrschaft Gammertingen-Hettingen an die<br />

Grafen von Veringen vergl.: /. A. Kraus, Die Grafen von Gammertingen,<br />

S. 81—85; H.-M. Maurer, Die hochadeligen Herren von<br />

Neuffen, S. 107-110! Joseph Kerkhoff, Die Grafen von Altshausen-Veringen,<br />

Die Ausbildung der Familie zum Adelsgeschlecht und<br />

der Aufbau ihrer Herrsdiaft im 11. und 12. Jahrhundert, Hohenzollerische<br />

Jahreshefte 24, 1964, S. 93, Anm. 153.<br />

0 Das Geschlecht erlosch 1212 mit .Markgraf Berthold von Ronsberg.<br />

Ein Teil, ihres weit entfernten Besitzes um Herrénberg, den die<br />

Rons'berger. von den Grafen von. Achalm-Gammertingen geerbt<br />

hatten, ließen sie dem Kloster Ottobeuren zukommen. Vergl.:<br />

Hansmartin Schwarzmaier, Königtum, Adel und Klöster im Gebiet<br />

zwischen oberer Iiier und Lech (Veröffentlichungen der schwäbischen<br />

Forschungsgemeinschaft bei der Kommission fiir bayerische<br />

Landesgeschichte Reihe . 1, Bd. 7), Augsburg 1961, S. 103-117,<br />

171-179.<br />

7 Karin Feldmann, Herzog Weif IV. und sein Sohn, Das Ende des<br />

süddeutschen Weifenhauses (mit Regesten), phil. T)iss. Tübingen<br />

1971 (Fotodruck Präzis Tübingen), S. 64—68, 86-90. > •<br />

s J. A, Kraus (Die Grafen von Gammertingen, S. 78 f.) nennt die<br />

bisher dazu angestellten Vermutungen.<br />

9 Hans Jänichen, Beiträge zur Geschichte von Reutlingen im 12. Jahrhundert,<br />

Reutlinger Gesdiichtsblätter 5, 1967, S, 76-85.<br />

Der Hofrat und sein Runder Turm<br />

Im Januar starb in seiner Heimatstadt Sigmaringen im<br />

Alter von fast 81 Jahren Joseph Georg Zimmerer, Goldschmied<br />

und Juwelier, fürstlich hohenzollernscher Hofrat,<br />

großer Gönner seiner Vaterstadt. Sein Großvater war als<br />

erster Goldschmied des Namens Zimmerer — er nannte<br />

sich allerdings damaliger Gepflogenheit nach „Goldarbeiter"<br />

- nach 1870. in Sigmaringen ansässig geworden. Sein<br />

Sohn Gustav folgte ihm in Handwerk und Geschäft nach,<br />

er war einer der Gründer des Sigmaringer „Vetter Guser"<br />

vor dem ersten Weltkrieg. Die glanzvolle Entfaltung des<br />

Hoflebens brachte die Zimmerer zu Ansehen und Reichtum;<br />

sie stellten Orden, Spangen, sogar silberne Schuhschnallen<br />

und dergleichen Livree-Zusätze her. Der jetzt<br />

verstorbene Georg Zimmerer gab die väterlichen Geschäfte<br />

auf und wurde in der Schweiz ansässig. Erst in den 60er<br />

Jahren kehrte er nach Sigmaringen zurück und baute sich<br />

im Hanfertal ein Haus.<br />

Zimmerer hat in seinen letzten Jahren große Stiftungen<br />

gemacht, darunter auch den runden Turm, den Festungsturm<br />

an der Antonstraße, der einst die Südwestecke Sigmaringens<br />

bedeutete. Irgendwo steht zu lesen, daß noch<br />

im 16. Jahrhundert in strengen Wintern die freilebenden<br />

Hirsche bis an diesen Turm gekommen seien, um gefüttert<br />

zu werden. Das gegenüberstehende Haus der Glaser Her-<br />

132<br />

10 Yctgl,-. Walter Stettner, Pfarrei und mittelalterliche Stadt zwischen<br />

oberem Neckar und Donau, Zeitschrift für wiirttembcrgische Lan-<<br />

desgesdiiehte 25, 1966, S. 137.<br />

11 Johann Adam- Kraus, Ehemalige Maße und Gewichte im heutigen<br />

Hohenzollern und seiner Umgebung,. Hohenzollerische Jahreshefte<br />

3, 1936, S. 165-168. Vergl. dazu; Karl-Friedrich Eisele, Studien zur<br />

Geschichte der Grafen von Zollern .und ihrer Nachbarn, Stuttgart<br />

1965 (Arbeiten zum historisdien Atlas von Südwestdeutschland 2<br />

= Arbeiten zur Landeskunde Hohenzolferns 3), S. 47 f., 77. — Die<br />

Pfalzgrafen von Tübingen erscheinen .zwar erst 1256 als Besitzer<br />

von Trochtelfingen, und schon am Ende des 13, Jahrhunderts sind<br />

die, Grafen von Hohenberg hier ihre Besitznachfolger (vgl.<br />

/. A. Kraus, Die Grafen von Gammertingen, 'S.. 78 f.). Man wird<br />

aus den oben genannten Tatsachen (Tübinger Maß) vielleicht doch<br />

den Schluß ziehen dürfen, daß die Pfalzgrafen schon früher hier<br />

Fuß gefaßt haben, sonst hätte wohl .diese Verfestigung der Maßverhältnisse,<br />

nicht eintreten können. Außerdem könnte dies darauf<br />

hinweisen, daß die Pfalzgrafen, wenn nicht als Stadtgründer, so<br />

doch zumindest als die Marktgründer von Trochtelfingen angesehen<br />

werden dürften. Auch für die Orte Salmendingen, Meldungen, Ringingen<br />

setzt Kraus (a. a. O. S. 78) mit derselben Begründung (Tübinger<br />

Maß für den Vogthaber) den Besitz der Pfalzgrafen schon<br />

vor 1256 an.<br />

12 Vergl.: Die Kunstdenkmäler Hohenzollerns, hrsg. v. Walther<br />

Genzmer, 2. Bd. Kreis Sigmaringen, Stuttgart 1948, S. 358-379.<br />

Walther Genzmer, Denkmalpflege in Hohenzollern von 1959 bis<br />

1965, Zeitschrift für hohenzollerische Geschichte 1, 1965, S. 185<br />

bis 187,212.<br />

13 Beschreibung des Oberamts Reutlingen, Stuttgart 18.93, S. 382 f,<br />

Diese Probleme stellte Bürgermeister Hans Schoser 1963 eindringlich<br />

dar: Hans Schoser, Trochtelfingen: Grenzlage bringt Sorgen,<br />

in: Der Kreis Sigmaringen (Heimat und Arbeit) Aalen, Stuttgart<br />

1963, S. 31 f.<br />

(Erweiterte und mit Literaturhinweisen versehene Fassung eines im<br />

„Reutlinger General-Anzeiger" am 29. 2. <strong>1972</strong> (Nr. 49, S. 8) erschienenen<br />

Beitrags.)<br />

mann-Erben war lange Zeit das einzige Haus außerhalb<br />

der Mauer an dieser Stelle und diente als Forstämt. Den<br />

Turm erwarb Zimmerer aus privater Hand und stellte<br />

nicht nur ihn der Stadt zur Verfügung zum Einrichten<br />

eines Heimatmuseums, sondern auch Mittel bis zu seinem<br />

Tod in Höhe von fast einer halben Million. Der Turm hat<br />

mit dieser Summe eine erhebliche Verwandlung erfahren,jedoch<br />

ist es unverständlich, wohin selbst bei den heutigen<br />

Bäupreisen eine derartige Summe geflossen ist, wenn man<br />

weiß, daß zwar das Dach neu gedeckt und die Fassade<br />

erneuert, im Innern aber bisher lediglich drei Räume neu<br />

gestaltet wurden.<br />

Der Turm hätte im März 1971, als Zimmerer 80 wurde,<br />

fertig sein sollen. Ein Jahr später wird er gerade eingerichtet,<br />

wozu viele Sigmaringer Leihgaben hergegeben<br />

haben, zusätzlich zu dem, was die Herren Karl Fröhlich<br />

und Hermann Frank, beide geborene Sigmaringer, dankenswerter<br />

Weise und uneigennützig für die Stadt an<br />

Schätzen zusammentrugen. - Der Genauigkeit halber muß<br />

angeführt werden, daß die neue äußere Gestalt des Turms<br />

nicht den ungeteilten Beifall der Geschichtsfreunde und<br />

-kundigen findet, Manchen erscheint er zu neu und zu<br />

elegant und daher nicht seiner Erbauungszeit unter den<br />

Werdenbergern um 1450 entsprechend. Frick


WILLY BAUR<br />

Das Grosselfinger Narrengericht<br />

Vorbemerkung: Nachfolgende Arbeit hinkt hinter der diesjährigen Fasnacht her, da die „Hohenzollerische Heimat"<br />

nur vierteljährlich erscheint. Die Darstellung des Narrengerichtes in Grosselfingen dieses Jahr war uns aber wichtig<br />

genug, Willy Baurs gründliche Arbeit nachträglich zu bringen.<br />

Das Grosseifinger Narrengericht. Ein Gemälde des Grosselfinger Malers und Graphikers Franz Flieg, der selbst Mitglied der Narrenbruderschaft<br />

ist.<br />

Nach einer Pause von fünf Jahren wird in diesem Jahr<br />

das Grosselfinger Narrengericht wieder einmal stattfinden.<br />

In seiner Erweiterung durch das Sommervogelspiel<br />

und weiteren Zeremonien und Aufzügen gehört es zu den<br />

eigenartigsten und in der jetzigen Form ältesten, echt<br />

volkstümlichen Fastnachtsveranstaltungen, welche wir<br />

kennen. Uber dieses Narrengericht mit seinen Begleiterscheinungen<br />

sind in den letzten Jahrzehnten zahlreiche<br />

Veröffentlichungen erschienen. J. A. Kraus hat in der Hohenzollerischen<br />

Heimat Jg. 1962, S. 42 und 57, in der von<br />

ihm gewohnten exakten und auf genauer Kenntnis des<br />

Urkundenmaterials gegründeten Form zu ihnen kritische<br />

Stellung genommen und dabei allzu phantastische Deutungen<br />

und historische Konstruktionen wieder auf ein annehmbares<br />

Maß zurückgeführt.<br />

Kraus hat schon darauf hingewiesen, daß es sich hier um<br />

ein Narrenspiel handelt, in welchem in echt närrischer<br />

Weise Sinn zu Unsinn und Unsinn zu Sinn verdreht wird.<br />

Die Doppeldeutigkeit vieler Begriffe, der Widerspruch<br />

zwischen steifer Würde und überlebtem Inhalt und geschwollenen<br />

Redensarten, aus denen sich auch das Gegenteil<br />

ableiten läßt, sind von jeher das fruchtbare Feld echt<br />

volkstümlicher Narretei gewesen. Offenbar hat sich bisher<br />

noch niemand Gedanken darüber gemacht, wie sehr sich<br />

„venezianisch oder venedisch" als Begriff der großen und<br />

reichen Stadtrepublik mit der Bezeichnung „venedische<br />

Leute" für armes, verachtetes Volk dem Wortlaut nach<br />

deckt und wie nahe es für witzige Köpfe liegen muß, daraus<br />

eine närrische Traumwelt für die Fastnacht aufzubauen.<br />

Das liegt jedenfalls für den volkskundlichen Forscher<br />

näher, als nebelhafte Konstruktionen von Beziehungen<br />

des Ortes oder der angeblichen Gründer des Narrengerichtes<br />

zu Venedig. So sind die hochmögenden Herren<br />

von Venedig in Grosselfingen eher ein Produkt bodenständiger<br />

witziger Narren, als irgend ein Import. Ihr<br />

Hofstaat weist die typischen Chargen barocker Hofhaltung<br />

auf und ist im Laufe der Zeit zweifellos erweitert<br />

worden. Volkstümlicher Witz hat aber mit oder zum Teil<br />

auch vor ihnen schon in Anspielung auf die zahlreichen<br />

Gemeindeämter und Ämtlein, die für das 18. Jahrhundert<br />

belegten Figuren der Floh-, Wanzen- und Mauspfleger<br />

und ähnliche geschaffen, die jetzt allerdings nicht mehr im<br />

Spiel auftreten. Geblieben ist noch das Narrenrößle mit<br />

Stallmeister und Fahnenschmied. Es ist nicht einzusehen,<br />

warum es von den Figuren der Rottweiler Fastnacht übernommen<br />

worden sein soll. Solche von ihren Reitern getragenen<br />

Pferdeatrappen lassen sich vielfach als Fastnachtsfiguren<br />

nachweisen, man braucht keine mythologischen<br />

Geheimnisse in der echt närrischen Umkehr von<br />

dem vom Reiter getragenen Rößle zu suchen. Eine große<br />

Rolle spielt der Bäder, der als vollziehendes Organ die<br />

133


große Narrenpritsche führt und den ßad-Verruf; d. h. die<br />

Verfassung des „Venetianischen Reiches" zu verkünden<br />

hat. Man darf bei der Beurteilung dieser Charge nicht von<br />

der heutigen, in vieler Beziehung gemilderten Form des<br />

Spieles ausgehen. Im 18. Jahrhundert war er es, der den<br />

vom Gericht Verurteilten in recht derber Art mit durch<br />

Ruß veredeltem Schmalz, „venedischer" Schönheitssalbe<br />

in Gestalt von Wagenschmiere, venedischem Holzrasiermesser<br />

und Kamm und abschließendem Bad im Brunnentrog<br />

eine kräftige Behandlung angedeihen ließ. In ihm erhielt<br />

die Gestalt des angesehenen mittelalterlichen Badmeisters<br />

der Badstube, wie : : auch Grosselfingen hatte,<br />

einen Nachklang, der jetzt wesentlich verfeinert ist. Geht<br />

man den einzelnen Chargen nach, wird man immer wieder<br />

auf ebensolche ironisch-witzigen Karikaturen stoßen<br />

mit einer gespielten Würde, hinter welcher sich der Schalk<br />

verbirgt.<br />

Ohne große Umstände ist es klar und auch allgemein anerkannt,<br />

daß das mit dem Narrengericht verbundene Sommervogelspiel<br />

ursprünglich zu anderer Zeit abgehalten<br />

worden ist. Man glaubt es ursprünglich als ein Pfingstbrauch<br />

erklären zu dürfen. Viel wahrscheinlicher ist aber,<br />

daß es von dem Sonntag Lätare, dem alten Sommertag<br />

übertragen ist. Der Sommervogel ist der Kuckuck. Das althergebrachte<br />

Grosselfinger „Kukulied" weist ihn auch hier<br />

klar als solchen aus, wenn ihn auch im Spiel aus praktischen<br />

Gründen eine Taube vertreten muß. In seiner Eigenschaft<br />

als Sommervogel trägt der Kuckuck nach altem<br />

Spruch ein weißes „Röcklein". Dieses erkennt man aber<br />

erst mit der Narrenbrille, die nach hitzigem Streitgespräch<br />

vor dem Nest dem Gemeindebürgermeister die Wahrheit<br />

und den Narrenvogt als den Gescheiteren erweist. Volkstümlicher<br />

Brauch vom Sonntag Lätare läßt sich vielfach in<br />

Elementen des jetzigen Fastnachtsbrauches nachweisen.<br />

Übrigens stammen ja auch die fastnachtlichen Bräutigamsbäder<br />

oft nachweisbar aus Aschermittwochsbräuchen.<br />

Träger des Grosselfinger Narrenge, ites ist eine kirchliche<br />

Bruderschaft, nachweisbar seit dem Anfang des 18.<br />

Jahrhunderts. Ob das von Anfang an so war, ist schwer<br />

zu sagen. Narretei und kirchliche Frömmigkeit haben sich<br />

im späten Mittelalter ganz gut verstanden, so unbegreiflich<br />

das für unsere Auffassung erscheint. Von der dunklen<br />

hergebrachten Butzengestalt im Spiel hat man an eine<br />

Herkunft oder Verbindung des Narrengerichtes und seiner<br />

Bruderschaft von einer Pestbruderschaft gescnlossen.<br />

E, is* aber sehr fraglich, ob die Butzen von Haus aus nicht<br />

auch zum Lätarebrauch mit seinem Todaustragen gehören<br />

und erst samt dem Sommervogelspiel mit dem Narrengericht<br />

in Beziehung kamen. Dieses hat ja im Bäder und<br />

den Profossen seine Organe. Die Stiftung des Narrengerichtes<br />

soll nach allgemeiner Auffassung durch die Herren<br />

von Bubenhofen erfolgt sein. Von einer Stiftungsurkunde<br />

soll es früher eine Erneuerung aus dem Jahre 1605 gegeben<br />

haben, die verschwunden ist, deren überlieferter Text<br />

aber unmöglich aus der Zeit der Bubenhofer als Ortsherren<br />

stammen kann. Historisch belegt ist, daß die Herren<br />

134<br />

von Bubenhofen im 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts<br />

durch einen Schloßbau, die Wiedergründung der Pfarrei,<br />

Erlangung eines Marktprivilegs und der hohen Gerichtsbarkeit<br />

dem Ort eine Sonderstellung und wohl auch bei<br />

ihrem sprichwörtlichen Reichtum große wirtschaftliche<br />

Vorteile verschafft haben. Daß die volkstümliche Überlieferung<br />

sie deswegen auch zu den Stiftern des Narrengerichtes<br />

gemacht hat, ist ganz natürlich. Ohne eine Art<br />

Privileg des Ortsherren war dieses Narrengericht in seiner<br />

Verbindung mit der Kirche sowieso schwerlich denkbar.<br />

Die Grosselfinger haben sich im 18. Jahrhundert, als der<br />

Ort längst fürstlich hohenzollerisch war, beim Fürsten um<br />

ein Privileg für das Narrengericht bemüht. Bisher hat sich<br />

aber im fürstlichen Archiv nichts darüber gefunden. Für<br />

die Zeit vor dem 18. Jahrhundert bleibt man also immer<br />

noch auf mehr oder weniger einleuchtende Vermutungen<br />

angewiesen. Vom Jahre 1752 liegt eine ausführliche Beschreibung<br />

des ganzen Spieles samt den jetzt noch verwendeten<br />

Texten von dem „kunstreichen Schreiber des<br />

Narrengerichts Geor^ius Ruoff" vor, der sich dabei auf<br />

ältere Aufschriebe von 1719 und 1740 und die Kopie der<br />

Urkunde von 1605 bezieht. Diese Kopie i;t aber auch verlorengegangen<br />

und gegen den überlieferten Text bestehen,<br />

wie gesagt, wohl begründete Zweifel.<br />

In dem Spiel sind aber so viele Brauchtumselemente enthalten,<br />

die über das Zeitalter der Bubenhofer, also das<br />

15. Jahrhundert zurückgehen, daß man es ruhig zum<br />

ältesten Fastnachtsbrauchtum rechnen kann. Entscheidend<br />

für seine Bewertung und Beurteilung ist aber, daß das<br />

Narrenge, cht in Sc. ler -tzigen Form ein gutes Vierteljahrtausend<br />

mit verhältnismäßig geringen Abweichungen<br />

von Generation zu Generation weitergegeben worden ist.<br />

Im letzten Jahrhundert kam es einmal zu einer längeren<br />

Unterbrechung, bis man sich in den fünfziger Jahren wieder<br />

darauf besonnen hat. Dessen ungeachtet gibt es aber<br />

im ganzen südwestdeutschen Raum keine vergleichbare<br />

Erschi inung, auch das bekannte Stockacher Narrengericht<br />

iäßt sich dam.t nicht vergleichen. Besonders ist anzuerkennen,<br />

daß sich die Grossei inger trotz aller Verlockung<br />

bisher nie bereitgefunden haben, dieses kostbare Erbe irgendwo<br />

auswärts als billiges Schaustück aufzuführen, sondern<br />

es nur im örtlichen Rahmen, wo es von jeher hingehört,<br />

durchführen. Ebenso hält man sich streng an die alte<br />

Regel, daß die Masken und Kostüme nur im Rahmen des<br />

Spiels gezeigt und getragen werden, So nii lmt das Grosselfinger<br />

Narrenge icht heute wie schon st't gut und gern<br />

zweihundert Jahren im Bereich tastnachtuchen Brauches<br />

in Südwestdeutschland einen besonderen Rang ein und erfreut<br />

sich mit Recht weit über den engeren Umkreis hinaus<br />

einer hohen Wertschätzung.<br />

Berichtigung: Der Autor von „immer seltener werden die<br />

Ausdrücke und Wendungen in unserer heimiscncn Mundart"<br />

ist Herr Schulrat i. R. Joh. Wannenmacher, Gammertingen.


J. ADAM KRAUS<br />

Die Herren von Melchingen 1090-1504<br />

Der Melchinger Ortsadel war, aus dem Flügelwappen zu<br />

sch! ißen, eines Stammes mir den benachbarten Herren<br />

von Holnstein ob Stetten an der Laudiert. Letztere kommen<br />

erstmals mit Ad bert von Holinstain um 1090 in der<br />

Zwiefalter Chronik vor. Er war Dienstmann des Grafen<br />

Luithold von Achalm. Seine Eltern Ogger (Odger) und<br />

Guota, die im Alter ins Kloster eintraten, sind ebenfalls<br />

dort genannt. Er schenkte dem Kloster ein Viertel der<br />

Melchinger Kirche samt 2 Huben Feld daselbst Um dieselbe<br />

Zeit schenkte auch der Kleriker Adiloert von Mälchingen,<br />

als erster Vertreter des hiesigen Stammes, ebenfalls<br />

ein Viertel der Meichinger Kirche samt 2 Huben ans<br />

Kloster Zwiefalten- Beide A 'lberte müssen nahe verwandt<br />

gewesen sein. Weitere Nennungen des Melchinger<br />

Adels erfolgten erst ab 1254 bis um 1500. Theodor Schön<br />

hat deren Daten mit viel Fleiß in den „Mitteilungen des<br />

hohenzollerischen GeschichtsVereins" (Jg. 31, 1-15) zusammengestellt.<br />

Das letzte weltliche Glied der Fami> e fi l<br />

Mannesstamm war Wilhelm von Melchingen, den die<br />

„Württember^iscnen Regesten" letztmals 1485 nennen.<br />

Eine ganze Reihe der Melchinger, Frauen und Manner,<br />

sind in den {"»isti-:hen Stand eingetreten. Im Jahre 1438<br />

war Märklin (Marquard) v. M. johani.icerkomtur in Mergentheim.<br />

Gegen Ende des Jahrhunderts sind gleich drei<br />

Angehörige, vermutlich Brüder obigen Wilhelms und<br />

Söhne eines Hans v. M., Mitglieder dieses Johanniterordens.<br />

So war Georg v. M. 1485 Komtur zu Rothenburg<br />

ob der Tauber. Von ihm kennt man, was nicht sehr<br />

häufig ist, auch den Todestag, den 25. März 1493. Sein<br />

Bruder Ludwig war 1474 Komtur zu Sulz im Oberelsaß<br />

und starb dort kurz vor 1485.<br />

Bero (Berthold) von Melch igen erscheint 1483 als Komtur<br />

des Johanniterhauses zu Basel. Man sieht, d'i Herren<br />

sind weit herumgekommen und zu Ehren gelangt. Bero<br />

hat als Letzter des Geschlechts 40 000 Gulden ans Johanni.irhaus<br />

Basel verbaut. Sein verstümmelter Gedenkstein,<br />

sowie die Zeichnung seiner Grabplatte mit Inschrift fand<br />

neuestens unser Landsmann, H. H. Josef Schülzle aus<br />

Burladingen, jetzt Kantonsbibliothekar in Aarau in der<br />

Schweiz. Der verstümmelte Gedenkstein steht heute im<br />

Hof des Basler Museums, einer ehemaligen Kirche. Die<br />

Zeichnung, die um die Jahrhundertwende ein Maler von<br />

der Grabplatte anfertigte, ist im Kunstdenkmälerwerk<br />

Basel abgel det, wo sie Schülzle entdeckte. Die lateinische<br />

Umschrift lautet: „Anno MCCCCCIV (1504) am letzten<br />

Tag des Monats Juni starb der hochw. Herr Ber von<br />

Melchingen, Komtur dieses Hauses, dessen Seele Gott<br />

gnädig sei" (so ins Deutsche übertragen). Schülzle fand<br />

auch bei seinen Forschungen im Basler Urkundenbuch<br />

(Band 8, Nr. 163) eine Urkunde vom 7. bzw. 9. Mai 1494,<br />

worin der genannte Komtur jährliche Zinsen aus dem<br />

väter dien Erbe, -e mit 550 fl ablösbar waren, einer<br />

„Elisabeth zum Rysen, genannt Murerin" als Le:"• geding<br />

vermachte. L'",s geschah weger ihrer vielen ihm und dem<br />

Orden erwiesenen Wohlraten. Am 21. März 1501 verschrieb<br />

er außerdem (ebenda Nr. 165) seinem Ordenshaut 'ährlich<br />

150 fl zu einem jahrtag für sich und seine Vorfahren.<br />

Sein schön erhaltenes Rundsiegel zeigt einen Flügel. Damals<br />

1504 also erklang bei der Beisetzung des letzten<br />

Melchinger Adeligen im Basler Johanniterhaus der Ruf:<br />

„Heute Fam'lie von Melchingen und nimmermehr!". Diese<br />

Basler Zeugnisse über den letzten Sproß der Herren von<br />

Melchingen war bisher be : uns unbekannt gewesen. Der<br />

noch in Württemberg erhaltene Familienname „Melchinger"<br />

dürfte auf unebenbürtige Sprossen der Melchinger<br />

Herren zurückgehen.<br />

Orts- und Sachverzeichnis 1971 Hohenentringen, Schloß S 97<br />

Hohenfels, Schloß S 123<br />

Andachtsbild (Titelbild) S 113 Hochstein, Egid, Bildhauer, Ve ingenstadt S 90<br />

Bettmur, Flurname S 125 Hünaburg bei Weihwang und Glashütte S 74<br />

E singen, B -.inger Herrengeschlecht S 119 Inzigkofen, neue Grabungen S 88<br />

Brauchtum, Winte'üches Brauchtum S 114 Inzigkofen, Römischer Gutshof S 116<br />

Burgstall, Begriff Burgstall S 129 Kayser Hans S 89<br />

Denkmalspflege in Honenzollern S 83 Kornbühl, Titelbild S 81<br />

Eremitenleben S 127 Kornbühl, Name S 81<br />

Ettisweiler S 102 „Leg Trauer an, mein Zollerland", Gedicht S 65<br />

Fecker Konstantin S 128 Müller Maximilian, Bildhauergeselle S 128<br />

Fischweiher, mittelalterliche bei Hettingen S 93 Münzen, hohenz. S 68<br />

Gammertingen, Fotos aus Ah-Gammertingen S 77 Mundart, Ausdrücke und Wendungen S 122<br />

Grangärten, Flurname S 96 Neuneck-Wappen S 100<br />

Haigerloch, Bürger und Adelige S 69 Rangendingen und Bahnbau S 107<br />

Haigerloch, Scharfrichter und Kleemeister S 67 Raus, Flurname S 128<br />

Haigerloch, Handwerksmeister S 111 Sigmaringen, Runder Turm S 74<br />

Hausen a. Andelsbach, Buchbespr. S 72 Steinkohle in unserer Heimat? S 104<br />

Hausen a. Andelsbach, Flurnamen S 73 Stunzach S 101<br />

„Heimat im Dorf" Fortsetzung S 75 Schmeiental, Urgeschichte S 128<br />

Hechingen, Heiligkreuzkapelle S 126 Veringer Gedicht S 124<br />

Hechingen, St. Lützen S 78 Vilsingen, Pfyffers Gütlein S 100<br />

Hechingen, mit Killertal, Merian (Titelbild) S 65 Volkstrachten auf der Alb S 87<br />

Hechinger Bürgersöhne im Kloster Allerheiligen S 125 Wappenbuch der HAG-AG S 125<br />

Hettingen, Tenebrae S 155 Zimmerer und ßruderhaus Bernstein S 126<br />

135


OSCAR HECK<br />

Denkmalpflege in Hohenzollern - Jahresbericht 1971<br />

Was tut eigentlich ein Denkmalpfleger? Was tut, vor<br />

allem, der Denkmalpfleger der Hohenzollerischen Kunstdenkmale?<br />

Diese Frage liegt sehr nahe. Wir wollen daher versuchen,<br />

eine erschöpfende Antwort hierauf zu geben.<br />

Zunächst muß der Konservator sich um die Erhaltung<br />

aller eingetragenen Bau- und Kunstdenkmale kümmern.<br />

Das bedeutet, daß er bei allen Bauvorhaben, die an Baudenkmalen<br />

oder in deren näheren Umgebung, bei allen<br />

städtebaulichen Maßnahmen, bei allen wesentlichen Veränderungen<br />

in einem Altstadtgebiet oder in einem Ortskern<br />

vor Beg' in der Bauarbeiten zu hören ist. Daneben<br />

gibt es zahlreiche Fälle, in denen der Konservator gerufen<br />

wird: besitzt jemand z. B. ein altes Bild oder eine alte<br />

Plastik, an der sichtbare Schäden aufgetreten sind, dann<br />

fragt er - vor Einschaltung eines ortsansässigen Handwerkers!<br />

- den Konservator um Rat. Will er sich von<br />

einer alten Erbschaft trennen: einem 'hm unmodern erscheinenden<br />

Möbelstück, einem Wandbehang, einem Teppich,<br />

einem Spiegel, einer Spindel, einem alten Kreuz,<br />

einer geschnitzten Truhe, nem alten Kupfergerät, einer<br />

Wärmflasche oder einem Kupferkessel - ich erwähne aus<br />

der Vielzahl der Gegenstände hier bewußt nur wenige —<br />

so holt er den Konservator zu Hilfe. Er kommt gern und,<br />

ohne Kosten zu berechnen, gibt er einen ihm möglichen<br />

guten Rat.<br />

Viele Gegenstände, die zum kunstgewerblichen Hausrat<br />

gehören, werden von den Eigentümern oft gar nicht als<br />

irgendwie wertvoll oder aufhebenswert erkannt. In einem<br />

Museum ist ein solches Kunstgut aber u. U. sehr wichtig<br />

und nicht zu entbehren.<br />

Ich hatte im Laufe des Jahres öfters Gelegenheit, die Bestände<br />

der Hohenzollerischen Landessammlung zu besehen.<br />

Es ist bis heute nur grob geordnet und teilweise in<br />

etwas verwahrlostem Zustand. Was einst zur Schau-<br />

Sammlung gehörte, war wohl gepflegt, was aber - aus<br />

verständlichen Gründen - im Depot lag, blieb verstaubt<br />

und muß jetzt gereinigt, gesichtet, katalogisiert, beschrieben<br />

und - vielleicht - neu aufgestellt werden. Das hört<br />

sich leicht an, bringt aber eine Menge von Geschäften mit<br />

sich.<br />

Und was st das Ziel der Arbeit? Eine museal aufgestellte<br />

Sammlung, die als lebendiger Bestand eines Landes oder<br />

einer Stadt wirkt, die gehalten und gepflegt wird, nicht<br />

nur von der Liebe und vom Verständnis aller, denen der<br />

Bes'tz des Kunstgutes mehr bedeutet, als alter Kram und<br />

alter Krusch, die aus dem Beschauen der Stücke immer<br />

wieder Neues lernen und bisher Unerkanntes erkennen.<br />

Die Hohenzollerische Landessammlung ist also noch im<br />

Werden. Sobald sie steht, werden Sie es erfahren. Dann<br />

wird es sich erweisen, v,ie groß das tatsächliche Interesse<br />

an den mühsam zusammengetragenen Kunstwerken ist,<br />

dann wird es sich 2 gen, ob jemand zu den zertragenen<br />

Trachten etwas zu sagen hat und was er zu den aiten Gewichten,<br />

dem hölzernen Fahrrad, den zahlreicnen Ansichten<br />

des Landes Hohenzollern: den Bildnissen und - vor<br />

aliem - den Plastiken meint. Noch sind wir dabei zu überlegen,<br />

die Landessammlung aufgestellt werden soll.<br />

Keine Abteilung ist in ,;ich geschlossen, keine gibt ein abgerundetes<br />

Llld der Kunst in Hohenzollern, viele Werke<br />

136<br />

sind zusammengesucht und als Zufälligkeiten nebeneinander<br />

gestellt, überall ergeben sich beträchtliche Lücken.<br />

Das hat auch seine Vorteile. Als nämlich im Frühjahr 1971<br />

ein kleiner Zeitungskrieg entfacht wurde, waren verschiedene<br />

Stellen im Lande und vor allem in der eigenen Heimat<br />

wachgeworden. Alle kamen, neugierig zu sehen, was<br />

für Werte hier wohl beisammen stünden. Doch wie schnell<br />

versiegte das Interesse, als sie die volle Wahrt] sit sahen:<br />

die Unvollkommenheiten schreckten die Beschauer ab. Da<br />

war kein „Geschäft" zu erkennen. Weder für das Württembergische<br />

Landesmuseum, noch für eine sonstige Stelle<br />

schien sich irgendeine Lockspeise abzuzeichnen.<br />

Es war leicht zu erkennen: man wird dem Hohenzollerischen<br />

Landeskommunalverband zunächst einmal die erforderliche<br />

Zeit lassen müssen, um die Sammlung in einen<br />

Zustand zu versetzen, der sie in ihrer Vielfalt wirklich<br />

zeigt.<br />

Das hoffe ich, wir i in Jahresfrist zu sehen sein. Der Hohenzollerische<br />

Landeskommunalverband wird also kurz<br />

vor seinem Abscheiden Gelegenheit bekommen, den Wert<br />

oder Unwert, die Seltenheit und das Alltägliche voneirander<br />

zu scheiden und zu sagen, was mit der Landessammlung<br />

künftig werden soll. Daß bis dahin nichts aus<br />

der Sammlung abgegeben wird, weder gegen Geld noch<br />

geschenkwei^e. sei am Rande erwähnt.<br />

Nicht minder hat der Denkmalpfleger aber mit den im<br />

Lande verstreuten Bau- und Kunstdenkmalen zu tun. Ob<br />

sie nun zu den kleinen Kapellen gehören oder zu den bedeutenden<br />

Kii chen, ob sie Teil eines großen Schlosses oder<br />

eines Fachwerkgiebeis Snd, ob es die Umwehrung<br />

eines Grundstücks oder die kraftvolle Mauer eines Ki -<br />

chenbezirkes ist - alles ist für den Konservator in gleicher<br />

Weise bedeutsam. In fast jedem Fall steht er zwischen entgegengesetzten<br />

Lagern; dem einen gilt er als ein vertrockneter,<br />

uneinsichtiger Altertümlsr, der nicht den geringsten<br />

Zugang zu unserer Zeit und zu unseren Sorgen hat. Dem<br />

anderen kann er nicht neuzeitlich genug sein, darf mit Abbruchen<br />

nicht zagen, darf Beton und Glas nicht zurückhalten,<br />

karz: er muß in jedem Fall den Mut haben, das<br />

Alte durch Neues, Allerneuestes, zu ersetzen.<br />

Wenn z. B. die Erzabtei Beuron den Denkmalpfleger _m<br />

alten Kreuzgang des Klosters fragt, wie man eine unabwendbare<br />

Restaurierung der farbig gehaltenen Kreuzgangswände<br />

durchführen soll, dann kann er nur antworten,<br />

daß diese Aufgabe wegen ihrer Schwierigkeit an<br />

einem T.. des Raumes erprobt werden müsse. Er wTÜ bei<br />

dieser Probe denjenigen, die den überlangen Raum unter<br />

Ausschaltung der wohldurchdachten Farben hell machen<br />

möchten, mit dem Probeanstrich beweisen, daß eine Farbigk<br />

t trotz aller Bedenken richtiger ist als die Blässe des<br />

nichtfarbigen Raumes.<br />

D.cht bei Beuron steht in Thalheim eine aus dem Jahr<br />

1841-1843 stammende Pfarrkirche, deren Inneres zwar<br />

einheitlich in neugot chen Formen erbaut .st, den heutigen<br />

Bedürfnissen des Gotteshauses jedoch kaum mehr genügt.<br />

Wäre die neugousche Ausstattung des Raumes in irgend<br />

einer Form gut, dann brebe s ; e erhalten. So aber müssen<br />

Überlegungen angestellt werden, wie man den Raum verbessern<br />

kann.


Eindeutiger ist die zweite Aufgabe in Thalkeim zu lösen:<br />

das um 1740 erbaute Pfarrhaus, ein ehem. Jagdschlößchen,<br />

das Fürst Joseph Friedrich errichten eß, kann ohne<br />

Störung zu einem bewohnbaren Haus umgebaut werden.<br />

Es wird also seine städtebauliche Aufgabe beibehalten.<br />

Eine sehr interessante Arbeit steht im Schloß Hohenfels<br />

(Gde. Kalkofen) an: der in dem ehem. Schloß untergebrachte<br />

Zweig der Salemer Schulen beabsichtigt, das sehr<br />

vernachläßigte Äußere der Schloßbauten instand zu setzen.<br />

Die Namen der Baumeister Bagnato, die um die Mitte<br />

des 18. Jahrhunderts an dem Schloß bauten, werden hier<br />

berührt. Die Anlage, die in ihrem Kern jedoch auf das<br />

beginnende 16. Jahrhundert zurückgeht, I rgt eine Reihe<br />

von interessanten Bauten, die — in beglückend schöner<br />

Landschaft auf einem bewaldeten Bergrücken gelegen -<br />

die größte Sorgfalt des Denkmalpflegers erfordern.<br />

Die Instandsetzungsarbeiten am ehem. mittelalterlichen<br />

Stadtturm, dem Rondell in Sigmaringen gehen ihrem Ende<br />

entgegen.<br />

An der 1629 erbauten Josefskapelle in Sigmaringen,<br />

einem Achteckbau mit freskengeschmückter Kuppel, fand<br />

eine erste Besprechung über die geplante Instandsetzung<br />

des Bauwerks statt. Wegen der erwarteten Kosten wird<br />

man zunächst nur an die Wiederherstellung des Äußeren<br />

denken können.<br />

Nach Einsturz einer dem 19. Jahrhundert angehörenden<br />

Backsteinmauer am Schloß in Sigmaringen wurde im Burggarten<br />

des Schlosses eine Bereinigung vollzogen.<br />

Auch in der Hedinger Kirche zu Sigmaringen wären vielfache<br />

bauliche Schäden zu beseitigen. Dieses Vorhaben,<br />

das noch keine greifbare Gestalt erfahren hat, muß jedoch<br />

gründlich geplant und untersucht werden.<br />

Vier vorzügliche Steinplastiken, Werke des Haigerlocher<br />

Bildhauers Joh. Georg Weckenmann, sind kürzlich beim<br />

Landhaus in Krauchenwies gesäubert und untersucht worden.<br />

Die ] iguren sind so weitgehend von Rissen und<br />

anderen Schäden beeinträchtigt, daß man nur an eine<br />

völlige Kopie denken kann. Die Finanzierung des Vorhaüens<br />

ist jedoch noch offen.<br />

Der Burghof in Hornstein ist - mit Ausnahme der Kapeile<br />

- nur noch ein romantisch aussehender Ruinenhof.<br />

Er verlangt dringend nach einer baulichen Sicherung des<br />

teilweise gefährlich wirkenden Ruinenbestandes. Vor einigen<br />

Jahren wurde die Kapelle bereits weitgehend gesichert.<br />

Jetzt soll zunächst die endgültige Wiederherstellung<br />

des knchLchen Innenraumes in Angriff genommen<br />

werden. Der Name des Stukkateurs J. A. Feuchtmayer,<br />

der mit dem Inneren der Kapelle verknüpft ist, soll<br />

Ansporn zu den weiteren Arbeiten geber. Die Wiederherstellung<br />

der ruinösen Bauwerke rings um die Kapelle<br />

wird indessen hohe Mittel beanspruchen.<br />

Mit großer Freude wurde die jetzt beendete Instandsetzung<br />

des Pfarrhauses in Veringendorf begrüßt Der Name<br />

des opferbereiten und tüch" gen Bauherrn, des Pfarrers<br />

Gluitz, muß luer genannt werden. Ihm lot es vor aliem zu<br />

danken, daß dieser gute Fachwerkbau heute noch hier<br />

steht.<br />

In Veringenstadt wurde die schwer zugängliche mittelalterliche<br />

Stadtmauer neu gesichert. In eigener Regie erbaute<br />

die Stadtverwaltung neben der Kapelle in Deutstetten<br />

eine Leichenhalle.<br />

Habsthal, das Kloster der Benediktinerinnen, hat immer<br />

neue Bausorgen. Jetzt werden die über die Westempore<br />

gespannten, von G. B. Götz 1748 bemaiten Gewölbe gesichert.<br />

Es ist zu hoffen, daß entsprechende Gelder für die<br />

Wiederherstellung des östlich anschließenden Kirchenraumes<br />

frei werden.<br />

Di : Kirche in Levertsweiler wurde - größtenteils mit<br />

E enkräften - gesäubert und wiederhergestellt.<br />

In der Pfarrkirche zu Ablach werden dii Instandsetzungsarbeiten<br />

in Bälde beginnen.<br />

Die Neuordnung des Kirchenraumes in Hausen am Andelsbach<br />

ist inzwischen beendet worden.<br />

Ähnliches gilt für die Pfarrkirche in Otterswang.<br />

Die Instandsetzung der Kirche in Magenbuch wird zur<br />

Z it geplant.<br />

In der Fi dhofskapelle zu Vilsingen werden zur Zeit die<br />

Fresken aus dem 16. und 17. Jahrhundert wiederhergestellt.<br />

Die Kirche, die künftig als Leichenhalle dienen<br />

wird, soll dem neuen Zweck bald zur Verfügung gestellt<br />

werden.<br />

In Ostrach geht es um die Erhaltung des aus dem Beginn<br />

des 18. Jahrhunderts stammenden behaglichen Pfarrhauses.<br />

Nach Möglichkeit soll es erhalten bleiben. In der vor<br />

wenigen Jahren instandgesetzten Kirche zu Sigmaringendorf<br />

wurde eine neue elektrische Fußbodenheizung eingebaut.<br />

In der Filialkirche Kaiseringen wurde die Fassade der<br />

instandgesetzten Orge! neu gefaßt. Ob es in diesem Jahr<br />

noch zur Wiederherstellung des Flügelaltars (um 1500 des<br />

„Zeller Meisters") kommen wird, ist noch ungewiß.<br />

Die seit einigen Jahren laufende Erweiterung und Renovierung<br />

der Kirche in Feldhausen ist nahezu beendet.<br />

In Gammertingen wurde durch Wettbewerb entschieden,<br />

wie der Neubau der Hohenzollerischen Landesbank dicht<br />

beim Rathaus aussehen soll. Die Pläne sind ausgearbeitet<br />

und wurden von mir günstig beurteilt. Das Denkmalamt<br />

Tübingen hat den Entwurf jedoch verworfen.<br />

In Hochberg wurde das Innere der Kirche instandgesetzt.<br />

Kommen wir nun zu den denkmalpflegerischen Arbeiten<br />

im Kreis Hechingen!<br />

Die Lirchengemeinde in Dicssen mußte lange warten, bis<br />

der Startschuß zur Instandsetzung der Kirche vom Erzbischöflichen<br />

Ordinariat gegeben werden konnte. An der<br />

Burgruine in Diessen wurde im Berichtsjahr nicht weiter<br />

gearb jitet.<br />

Dagegen werden in der Pfarrkiiche Stetten bei Haigerloch<br />

umfangreiche Arbeiten geplant.<br />

Nachdem die Pfarrkirche in Glatt wiederhergestellt worden<br />

ist, werden nun Instandsetzungen am alten Wasserschloß<br />

begonnen. Eine zeiJinerische Darstellung des<br />

Schlosses ist bereits angefertigt worden.<br />

Betra erhielt eine neue Leichenhalle auf dem Friedhof. Lie<br />

alte Kapelle wurde abgebrochen.<br />

Die Wallfahrtsk : che Maua Zell bei Boll, Leidtragende<br />

bei allen hier auftretenden Erheben, wird jetzt, nach Vollendung<br />

der statischen Untersuchungen und Berechnungen,<br />

instandgesetzt. Die Fürsorge der Gemeinde ist anzuerkennen.<br />

Der vor Jahresfrist geplante Neubau für das katholische<br />

Stadtpfarramt in Hechingen wurde vom Landeskonservator<br />

der Kunstdenkmäler ausdrücklich anerkannt. Laut<br />

Erlaß des Regierungspräsidiums mußte der Entwurf jedoch<br />

auch dem Denkmalamt Tübingen vorgelegt werden.<br />

Der Leiter des dortigen Amts legte .m Laufe des letzten<br />

Sommers im Stadtpfarramt Einspruch gegen den Entwurf<br />

des Architekten Groh ein. Dem Landeskonservator ist es<br />

n'cht klar, weshalb das Denkmalamt Tübingen in so scharfer<br />

Form gegen seine Entscheidung Stellung genommen<br />

hat. Hier scheinen in der Beurteilung übertriebene Vor-<br />

137


Stellungen mit im Spiele gewesen zu sein. Herr Noeske<br />

war nicht zu überzeugen, daß das von Architekt Groh<br />

geplante Bauwerk keine Beeinträchtigung des Marktplatzes<br />

und der Stadtpfarrkirche darstelle. Wider alles Erwarten<br />

versagte er jedenfalls seine Zustimmung zu dem Plan<br />

Grohs, stimmte aber inzwischen einer späteren Planfassung<br />

zu.<br />

In Owingen konnte die vollendete Kop - des Weckenmann-Kreuzes,<br />

das die Bildhauer Gerhard Halbritter und<br />

Alfred Vees hergestellt haben, feierlich eingeweiht werden.<br />

An einer Besprechung wegen der Erneuerung einer Straße<br />

bei der Kirche in Neckarhausen konnte der Landeskonservator<br />

leider nicht teilnehmen. Seine schriftlich vorgetragenen<br />

Bedenken gegen die geplante Führung einer Straße<br />

nahe der Kirche in Neckarhausen scheinen bei der Straßenbauverwaltung<br />

auf Verständ s gefallen zu sein.<br />

Bei einer Orgelbauanstalt in Butelbronn fand eine Besprechung<br />

statt, in der es um die Instandsetzung der Orgel<br />

der Klosterkirche in Stetten bei Hechingen ging.<br />

Vor allem beschäftigte uns die laufende Instandsetzung<br />

der Klosterkirche St. Luzen in Hechingen. Sie stellt das<br />

für Hohenzollern zur Zeit w. jitigste Objekt denkmalpflegerischer<br />

Tätigkeit dar. Zur Verwunderung der Einwohnerschaft<br />

von Hechingen ist von außen noch nicht<br />

allzu viel Neues an der Kirche zu sehen. Dies widerspricht<br />

jedoch nicht der Tatsache, daß im Inneren, vor allem im<br />

Dach des Chorraumes, schon eine Menge von Arbeiten<br />

ausgeführt worden sind. Dort wurden alle hölzernen Teile<br />

des Dachstuhls gründlich untersucht. Wo es notwendig<br />

Neues Leben an alter Stätte<br />

An zwei alten kirchlichen Stätten in Sigmaringen soll in<br />

den nächsten Jahren neues Leben Einzug haiten, was nicht<br />

heißt, daß das Kloster Gorhei.n und das Fidelis-Haus die<br />

letzten Jahre oder Jahrzehnte leer gestanden hätten. Die<br />

Räume des Klosters Gorheim sollen nur noch zu einem<br />

Teil dem sehr klein gewordenen Konvent der Franziskaner<br />

zur Verfügung stehen. Der größere Rest, und zwar<br />

der alte Westteil, der schon vor den Josephinischen Reformen<br />

jahrhundertelang ein Tertiarinnen-Kloster war,<br />

wird um- und ausgebaut zu einem Pfarrzentrum. „Gorheim"<br />

ist heute kirchlich ein ganz anderer Begriff als noch<br />

vor zwanzig Jahren, er umfaßt neue Wohnbereiche im<br />

Muckentäle, an der Gorheimer Halde und dort, wo zum<br />

Teil noch, zum Teil nicht mehr, der Walddistrikt „Hohe<br />

Tannen" steht. Als Folge davon ist Gorhe'n heute eine<br />

Pfarrei mit rund 1600 Katholiken, die von zwei Franziskanern<br />

betreut werden, deren einer Pfarrer, der andere<br />

Vikar von Gorheim sind. Da die Pfarrei sich inzwischen<br />

schon Räume des Klosters hergerichtet hat, genießt sie<br />

einen guten Ruf vor allem unter der Jugend, die sich hier<br />

aus anderen Stadtteilen in Scharen einfindet, zumal Gorheim<br />

einen Ruf als sehr aufgeschlossene Pfarrei erworben<br />

hat. Für die Jugend, aber ebenso für Erwachsene und für<br />

alte Leute, für eine Vielfalt von Aktivitäten, soll jetzt<br />

138<br />

erschien, Holzteile zu ersetzen, ist dies geschehen. Was<br />

jetzt über der Sakristei und der Mesnerwohnung entstanden<br />

ist, darf man ruhig als eine neue Dachlösung ansprechen.<br />

Sie wird den Unbillen der Witterung standhalten.<br />

Ebenso wie über dem Chorraum wurde auch das Gewölbe<br />

über dem Langhaus von dem seit Jahrhunderten<br />

in den Gewölbezwickeln lagernden Schutt befreit. Damit<br />

ist der Anfang für die in diesem Jahr auszuführende Instandsetzung<br />

des Langhaus-Dachstuhles gemacht. Im Chor<br />

begann der Restaurator mit seinen Arbeiten. Er begann<br />

damit, alle Einzelteile der Wände und Gewölbe mit dem<br />

Messer oder Spachtel abzukratzen und die unterste Putzschicht<br />

freizulegen. Auf dieser Schicht wurde nach Resten<br />

der frühesten Dekorationsmalerei gesucht. Sie wurden<br />

auch gefunden. Nun geben diese Reste genauen Aufschluß<br />

über die einstige Farbigkeit des Raumes. Der von Herrn<br />

Landrat Dr. Mauser gegründete Verein „Rettet St. Luzen"<br />

ist seit Jahresfrist dabei, den Baufonds durch Mitgliedsbeiträge<br />

zu unterstützen.<br />

Zum Schluß meines Berichtes drängt es mich, all denen<br />

von Herzen zu danken, die bei St. Luzen mitgeholfen<br />

haben: den Handwerkern und Kunsthandwerkern für<br />

ihre emsige Arbeit, den Dachdeckern für das schöne neue<br />

Dach, dem Architekten Dr. Ing. Gemünd für die von ihm<br />

geschaffene herrliche Bauaufnahme, dem Erzbischöflichen<br />

Bauamt in Konstanz für seine rege Mitarbeit sowie dem<br />

Pfarrgemeinderat und dem Kirchenvorstand für sein stets<br />

gezeigtes Interesse. Allen Spendern von Geldbeträgen<br />

wird endlich, doch nicht zuletzt, gedankt.<br />

bald gebaut werden. — Das Kloster in seiner jetzigen Form<br />

und neo-romanischen Ausstattung ist 1910 von dem Stuttgarter<br />

Architekten Capitaine gebaut worden.<br />

Das Geburtshaus des Heiligen Fidelis hat als Altersheim<br />

ictzt ausgedient. In diesen Wochen ziehen die aiten<br />

Leute um in das neugebaute Erweiterungshaus am „Ochsenberg",<br />

an der Josefinenstraße, wo seit 1885 die Stiftung<br />

des „Klösterles" besteht, das aus einer Eisenbahner-Suppenküche<br />

entstandene Altersheim, e^ie Stiftung der Familie<br />

Fürst Carl Anton zu dessen goldener Hochz.it im<br />

genannten Jahr. Das Fidelishaus soll ebenfalls Pfarrzentrum<br />

werden wie Gorheim, für St. Johann, also für


MICHAEL LORCH<br />

Alte Rechnungen und moderne Bagger bringen es an den Tag<br />

(Plauderei um ein Flurnamenrätsel, Hedigenhäusle und Kapelle auf Markung Killer)<br />

Einen sonderbaren Namen trägt der Flurteil auf Markung<br />

KJler, der eingerahmt ist vom Bahnhofplatz einerseits<br />

und der Bandesstraße 32 anderseits, der unteren Bahnhofstraße<br />

und Brunnenbächle im Süden und dem Gerstenbächle<br />

im Norden. Er he'ßt von altersher „Walenhäusle"<br />

und ist abzuleiten von „Heilighäusle". Die Heiligenbildchen,<br />

die wir früher für gute Leistungen im Ri gionsunterricht<br />

vom Pfarrer erhielten, nannte man „Walgle",<br />

von „Hoalgle". Aus dem Zwielaut „oi" in hoilig wurde<br />

der Zwielaut „oa" = hoalig. So ist also aus Hoilighäusle<br />

dann Hoalighausle. später durch mundart' :he Abschweifungen<br />

„Walenhäusle" entstanden. Wo ist aber auf dem<br />

genannten Flurstuck ein Gebäude zu finden, das diesen<br />

Namen verdi -nt hätte? Es muß sich doch um ein Häusle<br />

gehandelt haben, das irgendwie im Dienste der Kirche<br />

stand, etwa um eine Kapelle am Wege oder gar nur ein<br />

Bilderstöcklein mr Hcil-genbild. Obwohl größere Grabarbeiten<br />

beim Bau von zw i Wohnhäusern und einer<br />

Tankstelle vorgenommen wurden, sind keinerlei Spuren<br />

gefunden worden, -vie einen Hinwc s gebracht hätten. Ein<br />

Fund aus der Heiiigenrechnung von 1770/71 scnien Auf*<br />

klärung zu bringen. Doch heißt es dort an zwei Stellen<br />

„das Heiiigenhäuslein bei der Kirch". Also kann damit<br />

nur das Haus be' der Küche gemeint sein, das später als<br />

Schulhaus gedient hat, und so war das Rätsel um den<br />

Flurnamen „Walenhäusle" wieder nicht gelöst. Auch cl :<br />

Annahme, daß die Grundstücke auf der genannten Flur<br />

mit ihren jährlichen Zinsabgaben nur dem Unterhalt die-<br />

Ältes Schulhaus in Killer<br />

ses Heiligenhäusleins gedient hätten, hatte sich nicht bestätigt.<br />

So blieb zur Klärung des Flurnamens nur die<br />

Hoffnung auf einen späteren Fund. Trotzdem iohnt es<br />

sich, näher auf das bereits genannte „Hoilighäuslein bei<br />

der Kirch" einzugehen. 1770/71 heißt es in der Heiilgenrechnung:<br />

„Das vorhandene sogenannte alte, zum Einfallen<br />

dagestandene He ligenhäusle wurde heuer wieder<br />

neu erbaut und hergestellt. Die Baukosten betrugen insgesamt<br />

188 fl 13 kr. Aus einer Rechnung des Sägmuilers<br />

von Jungingen gehen Andeutungen hervor über die Ver-<br />

wendung des Heil genhäusleins, z. B Bretter zu den Bechern<br />

der Fruchtschütten (also auf dem Dachboden oder<br />

der Bühne war Gelegenheit zum Aufschütten der Frucht)<br />

und er ke Bretter zur Schreinerarbeit als Stubenboden, zu<br />

Kreuzstöcken, Läden, Bänken, Flecken zu Stiegenbäumen,<br />

Schwarten zur Schlade. (Mit den Bänken könnten schon<br />

Schulbänke gerne -.t sein!) Als im Jahre 1783 im Fürstentum<br />

Hechingen die allgemeine Schulpflicht i' igeführt<br />

wurde, ist im Herbst dieses Jahres von gnadigster Herrschaft<br />

befohlen worden, wegen der „Normalschule" das<br />

Häuslein neben der Kirche zuzurichten (als Schulhaus).<br />

Alsdann hat man notwendigerweise di: Kammer zu der<br />

Stuben machen müssen. So hat man die Schreiner, Glaser,<br />

Maurer gleich dazu berufen, auch Bretter, Flecken und<br />

Latten gekauft.<br />

Im teilweisen Gegensatz zu diesen zuverlässigen Angaben<br />

aus der He__igenrechnung bt ichtet d e erst um 1867 angelegte<br />

und leider in ihren Anfängen steckengebliebene<br />

139


Schulchronik: Vom Jahre 1776 bis 1798 war kein Schulhaus<br />

da. Die Lehrer unterrichteten in ihren eigenen Wohnungen.<br />

Bei warmer Witterung setzten sie die Kinder auch<br />

auf die Gasse. Erst im Jahre 1799 (?) baute die Gemeinde<br />

neben der Kirche ein kleines Schulhäuslein. Im Jahre 1821<br />

wurde ihm größere Aufmerksamkeit geschenkt. Es wurde<br />

vom Grunde auf neu gebaut. (Dabei hatte man ein aus<br />

alter Zeit her auf dem Kirchplatz stehendes sogenanntes<br />

„Sühnekreuz", das im Mittelalter von einem Missetäter<br />

als Sühne hier aufgestellt werden mußte und jetzt den Bau<br />

behinderte, gleichsam als Grundstein in das Mauerwerk<br />

hereingenommen.) Beim Abbruch des Schulhauses i. J.<br />

1964 kam dieses Kreuz unversehrt zutage. Es war in der<br />

Zelle des ehemaligen Dorfarrestes eingebaut gewesen, trug<br />

die Jahreszahl 1821 und die Großbuchstaben ERB = (erbaut)<br />

eingemeißelt und ist jetzt in anerkennenswerter<br />

Pietät wieder auf dem Kirchplatz aufgestellt worden,<br />

gleichsam als Erinnerungszeichen für das alte Schulhaus.<br />

1847 erweiterte sich die Zahl der Kinder, und es wurde<br />

neben dem Lehrer noch ein „Provisor" angestellt. Dieser<br />

unterrichtete die Kinder in einem Privathaus, dem Glasermeister<br />

Florian Roth gehörig (wahrscheinlich Lnker Hand<br />

in der Ringinger Straße), weil das Schulzimmer die Kinder<br />

n-,ht mehr fassen konnte. Es wurde nun 1850 auf das<br />

Schulhaus noch ein Stockwerk gebaut und darin ein zweites<br />

Schulzimmer hergerichtet. Lehrer und Provisor erteilten<br />

jetzt den Unterricht im Schulhaus. 1857 ging das<br />

Pro sorat wieder ein, das Schulzimmer wurde geschlossen,<br />

und der Gemeinderat hielt seine Sitzungen in demselben.<br />

Das andere Zimmer blieb Schulzimmer.<br />

Wenn es im vorstehenden ße: cht heißt, das Rätsel um<br />

den Flurnamen „Waienhäusle" sei immer noch nicht gelöst,<br />

so haben in den letzten Wochen zu Zwecken der Ortskanalisation<br />

vorgenommene Baggerarbeiten im Zuge der<br />

Bundesstraße 32 der Heimatforschung wie schon so oft<br />

einen wichtigen Hinweis gegeben. Genau an der Stelle,<br />

140<br />

Sühnekrcuz in Killer<br />

wo der uralte Kirchweg zur Urkirche des Killertals abzweigt,<br />

stieß der Bagger auf eine Mauer, bestehend aus<br />

zwei riesigen hochkant gestellten Blaukalksteinblöcken.<br />

Die Lücke zwischen beiden Blöcken war ausgefüllt mit<br />

Bruchsteinen aus Weißjurakalk. Das Ganze, ein Fundament<br />

darstellend, schob sich schräg bis auf die Mitte der<br />

Bundesstraße reichend in den Untergrund dieser Hauptverkehrsstraße<br />

hinein, in der Richtung parallel zum abzweigenden<br />

Kirchweg laufend. Genaue Maße und notwendige<br />

Bildaufnahmen konnten leider nicht gemacht<br />

werden, weil versäumt wurde, hierfür zuständige Stellen<br />

rechtzeitig zu benachrichtigen. Schon vor 70 Jahren, als<br />

das an dieser Stelle stehende und nach seinem ehemaligen<br />

Besitzer genannte „Wurstenhäusle" errichtet wurde, mußten<br />

diese Fundamente angeschnitten worden sein! Diese<br />

Tatsache wurde auch damals weder beachtet noch davon<br />

berichtet. Nun ist durch den Bagger zweierlei an den Tag<br />

gebracht worden: 1. der Standort des sogenannten Heilig-<br />

häusleins und damit die Bedeutung des verstümmelten<br />

Flurnamens geklärt, 2. die Zweckbestimmung des Häusleins.<br />

Das „Heilighauslein" war nämlich eine Kapelle, die<br />

zum Unterschied vom noch vorhandenen „Hei 1 ghäuslein<br />

bei der Kirch" nur kirchlichen Zwecken diente. Zur<br />

Zeit, als diese Kapelle erbaut wurde, die an dieser Stelle<br />

jahrhundertelang den Weg zur Urkirche gewiesen hat, war<br />

die Bezeichnung „Kapelle" noch nicht in c'ie allgemeine<br />

Umgangssprache vorgedrungen. Man nannte das Bauwerk<br />

entsprechend seiner Bestimmung eben „Heiligenhäuslein".<br />

Eine Kapelle ist ursprünglich ein kleines Gotteshaus ohne<br />

Gemeinde, ein abgeteilter Raum für Gottesdienste in einer<br />

Kirche oder einem Wohngebäude (Burg). Die eigentliche<br />

Bedeutung des mitteilateinischen Wortes ist „kleiner<br />

Mantel". Es ist eine Verkleinerungsform zu lat. cappa und<br />

eine Art Kopfbedeckung, Mantel mit Kapuze, Kappe. Der<br />

Bedeutungsübergang von „kleiner Mantel" zu „Kapelle"


stammt aus der Zeit der fränk :hen Könige. Diese bewahrten<br />

den Mantel des hl. Martin von Tours als Reliquie<br />

in einem privaten Heiligtum auf, das danach seinen Namen<br />

„capella" erhielt. Seit dem 7. Jahrhundert ging dann<br />

die Bezeichnung „Capelle" auf jedes kleinere Gotteshaus<br />

(ohne selbständige Geistlichkeit) über. Die Geistlichen, die<br />

hier Gottesdienst zu halten hatten, wurden entsprechend<br />

Kapellane genannt.<br />

So hatte also Killer zwei „Heiligenhäuslein". Das eine<br />

„bei der Kirche" war von jeher einem profanen Zwecke<br />

gewidmet: es diente als Schulhaus und kündet somit davon,<br />

wie sich zuerst


HERBERT BURKHART<br />

Dorf und Stadt Veringen<br />

Ein kunstgeschichtlicher Rundgang von Franz Gluitz<br />

Vor kurzem erschien ein kleines, schmuckes Büchlein, tadellos<br />

ausgestattet mit über 30 Abbildungen auf 44 Seiten.<br />

Stadtpfarrer Gluitz hat seiner Pfarrei einen Kunstführer<br />

geschenkt, um den man Veringen beneiden wird. Bemerkenswert<br />

ist, daß hier erstmalig in einer Veröffentlichung<br />

von den „Urveringern" die Rede ist. Aus der Verknüpfung<br />

von Altenburg und St. Michaelskirche in Veringendorf<br />

ergibt sich die Erkenntnis, daß vor den historisch<br />

bekannten Grafen von Altshausen-Veringen hier ein<br />

älteres Geschlecht von Veringen saß. So ist vielleicht die<br />

Behauptung der Zimmerschen Chronik, der hl. Ulrich von<br />

Augsburg sei „von der Mutter" her ein Graf von Veringen<br />

gewesen, gar nicht so unwahrscheinlich. Oder war<br />

etwa Gräfin Hiltrud, die Mutter Hermanns des Lahmen,<br />

eine Gräfin von Veringen? Immerhin ist die Entdeckung<br />

eines Bildes Hermanns des Lahmen unter den Fresken der<br />

St. Michaelskirche eine kleine Sensation. Reichenau-Niederzell<br />

als Vorbild für die Kirche von Veringendorf! Das<br />

sind alles ganz neue Gesichtspunkte. Gluitz bringt unter<br />

den Kunstdenkmälern auch das Strübhaus. Hoffentlich<br />

wird das für die Stadtväter von Veringen ein Anlaß dafür<br />

sein, zu überlegen, ob man alte Häuser immer nur abbrechen<br />

kann. Die Veringer haben in den letzten 20 Jahren<br />

ihr Städtle zu einem Schmuckkästchen gemacht und<br />

jetzt will man das Strübhaus abbrechen?<br />

Es würde zu weit führen, hier alles aufzuzählen, was in<br />

Veringen zu finden ist. Unser Vorschlag: Besorgen Sie sich<br />

das Büchlein und fahren Sie an einem sonnigen Tag ins<br />

Laucherttal und schauen Sie sich alles an, das alte Städtle,<br />

Heimatmuseum, Höhlen, Hochberg, Burg, Petersk : -chle<br />

Deutstetten, Altenburg und die St. Michaelskirche in Vei<br />

ngendorf.<br />

Doch lassen wir Gluitz doch selbst kurz zu Wort kommen:<br />

„Nach dem Jahre 496 und besonders nach 536 setzte im<br />

Laucherttal die königüch-fränkische Missionierung ein,<br />

als deren Zeugen die Maidnus- und M^chaelskirchen zu<br />

gelten haben. Die Missionierung wurde nach dem Schwinden<br />

der fränkischen Königsmacht systematisch von iröschottLcnen<br />

Mönchen fortgesetzt. Bereits um das Jahr 800<br />

waren die Bewohner ganz Schwabens chris ch, ja sogar<br />

regional Kirchlich geordnet. In dieser Zeit dürfte wohl<br />

ne erste Holzkirche in Veringendorf (Namensnennung:<br />

Veringen, Feringen, Unterveringen. Veringen im Dorf)<br />

entstanden sein, um die der Friedhof angelegt wurde. Die<br />

Dorfanlage selbst deutet auf eine noch frühere Siedlung<br />

hin, wozu die günsti6e Lage in einem Tal beitrug. Der<br />

natürliche Wasserfall „Gies" schützte vor Hochwasser<br />

und spendete zugleich das lebensnotwendige Wasser. Er-<br />

142<br />

wähnung findet der Ort im Jahre 786 in einer Urkunde,<br />

durch welche Graf Gerold vom Bussen dem im Jahre 724<br />

gestifteten Kloster Reichenau eine Güterschenkung machte.<br />

Über die „LTrveringer" ist uns urkund. ch nichts bekannt,<br />

doch die „Alte Burg", die keinerlei Ähnlichkeit mit einer<br />

typischen mittelalterlichen Burg hatte, läßt auf den Sitz<br />

eines sehr alten und bedeutenden Adelsgeschlechtes schließen,<br />

dem die Kirche St. M hael gehörte. Damit liegt die<br />

begründete Vermutung nahe, daß die beiden im Chor gefundenen<br />

Skelette die Überreste der „Herren von Veringen"<br />

sein könnten. Eine genauere Da erung ist nicht möglich,<br />

da Grabbeigaben fehlten. Die Vermutung wird dadurch<br />

bestärkt, daß in dieser Weise Grafen und Gründer<br />

beigesetzt wurden, wie es von erforschten anderen Funden<br />

erwiesen ist.<br />

Überhaupt scheint dieser Laucherttalabschnitt mit der damals<br />

weltbekannten Reichenau engste Verbindung gehabt<br />

und starke Impulse empfangen zu haben. In den Jahren<br />

919-934 war der Bischofsstuhl in Konstanz mit Nothinger,<br />

einem Grafen von Veringen-Altshausen besetzt. Hermann<br />

der Lahme, der Dichter des „Salve Regina" (1020<br />

bis 1054) entstammte denen von Veringen-Altshausen.<br />

Die Ähnlichkeit der St. Peterskirche in Reichenau-Niederzell<br />

und der St. Michaelskirche in Veringendorf dürfte<br />

hierin eine Erklärung finden (siehe Seite 41).<br />

Im 11. Jahrhundert suchten die Grafen von Veringen<br />

einen neuen Platz für ihre Burg und fanden ihn 3 km<br />

lauchertaufwärts auf einer Anhöhe, die beinahe als Umlaufberg<br />

kriegstechnisch günstig gelegen war. Im Jahre<br />

1134 tritt in dem neuen „Veringen" ein Marquard auf<br />

und nennt s ; di „Graf von Veringen". In Anlehnung an c'.e<br />

schützende Burg entstand dip städtii"he Siedlung Veringenstadt<br />

(Namensnennung: Veringen, Vöringen, Veringenstadt),<br />

die bereits im Jahre 1285 die Marktgerechtigkeit<br />

erl. «lt und von da an Si'z der Grafen von Veringen<br />

war. Zu ihrer Grafschaft gehörten Veringendorf, Harthausen<br />

a. Sch., Benzingen, Blättringen, Billafingen, Langenensr-gen<br />

und HitzKofen (1300-1806). Die Grafschaft<br />

blieb bis 1344 unter der Herrschaft der Grafen von Veringen,<br />

die kurze Zeit oin bedeutendes Geschlecht waren.<br />

Die Zimmersche Chronik schreibt allerdings später: „durch<br />

großen unfall und Ungehorsams, liederliches hausen, nebst<br />

einem grossen bracht, sein sie nach und nach umb al*e ire<br />

gueter kommen und in eine solche armuet gerathen, das<br />

man sagt, es haben die letzten Grafen von Veringen die<br />

settei ab den rossen genommen und ins stettle zu Verengen<br />

verkauft." Der Letzte dieses Geschlechts, Graf Wölfin,<br />

starb 1410 in Saulgau und soll in der Kirche zu Hettingen<br />

beerdigt sein.


STEFAN MEYERHANS OSB<br />

Aus Anlaß des 500jährigen Bestehens der Weinburg im Kanton St. Gallen im Jahre 1969 < schien in einer Schweizer<br />

Zeitung eine historische Abhandlung über dieses Schloß, das früher dem Haus Sigmaringeu-Hohenzollern gehörte. Wir<br />

entnehmen ihr den nachfolgenden Bericht.<br />

Prinz Karl und die Weinburg<br />

Sein Lieblingsaufenthalt in bewegtem Leben<br />

Kennen Sie das vierbändige Werk „Aus dem Leben Kör ;<br />

Karl's von Rumänien" von Mite Kremnitz? Eine spannende<br />

Lektüre! Schon deshalb, weil darin 44mal von der<br />

Weinburg, der heutigen Marienburg Rheineck, die Rede<br />

ist. König Karl = Carol selbst hat der Schriftstellerin aus<br />

seinen Tagebüchern, aus Breifen und sonstigen Dokumenten<br />

diktiert.<br />

Bei König Carol I. handelt es sich um jenen Prinzen Karl<br />

von Hohenzollern-Sigmaringen, der 1866 mit einem<br />

Schweizer Paß unter dem Namen Karl Hettingen, Particulier<br />

von Thal SG, nach Bukarest fuhr und dort die Regierung<br />

übernahm. Er wurde ein hervorragender Fürst,<br />

Feldherr und Staatsmann, der seinem Lande die Unabhängigkeit<br />

von der Türkei erkämpfte und Rumänien zum<br />

ersten Staat des Balkans machte.<br />

Schon als ach' ihriger Prinz weilte er in der Weinburg<br />

Dies war im Jahre 1847. Nach einigem Aufenthalt dort<br />

schreibt er seinem Vater Fürst Karl Anton nach Sigmaringen:<br />

Zwei Dinge fesseln seine Aufmerksamkeit, 1. die<br />

vielen Leute, die an Feiertagen die Weinburg besuchen,<br />

2. die Schweizer Soldaten, die „schreien, jauchzen und<br />

schießen". Der kleine Prinz macht von hier aus viele Ausflüge.<br />

Was ereignete s ch vor hundert Jahren?<br />

Carol hat sieh bereits als Fürst von Rumänien gut eingelebt.<br />

Doch denkt er oft an die Weinburg zurück Am 16.<br />

September 1869 kommt dann der Fürst per Bahn nach<br />

Lindau und fährt von dort mit einer Extrapost nach<br />

Rheineck weiter, wo er in der nahegelegenen Weinburg<br />

sich unendlich glücklich schätzt, hier weilen zu dürfen.<br />

Carol heiratet Prinzessin Elisabeth<br />

Nach zweiwöchigem Aufenthalt in der W. nburg fährt<br />

Fürst Carol zu seiner Schwester, der Gräfin von Flandern,<br />

nach Brüssel. Dann besucht er das preußische Königspaar<br />

in Baden-Baden und weilt bei Kaiser Napoleon III in<br />

Paris. Der Eingebung seines Herzens folgend wirbt er in<br />

dieser Ze>r um die Hand der fürstlichen Prinzessin Elisabeth<br />

von Wied. Sie gibt ihm ihr Jawort. Am iO. Oktober<br />

trifft er wieder bei seinen Eltern in der Wernburg sin,<br />

zwei Tage darauf auch seine Braut. Am 15. November<br />

1869 findet die Vermählung des Fürstenpaares in Neuwied<br />

Dei Köin statt.<br />

Sem einziges Kind, Prinzessin Maria stirbt<br />

1870 wird Carol Vater eines gesunden kräftigen Töchterchens,<br />

das bei der Taufe den Namen Maria erhält. Leider<br />

erliegt die kleine Prinzessin schon im Alter von erst dreieinhalb<br />

Jahren einem schweren Scharlachfieber. Ein furchtbarer<br />

Schlag, der das fürstliche Familirnglück vernichtet.<br />

Fünf Monate darauf t "tft das Fürstenpaar in der Weinburg<br />

ein. Das Wiedersehen mit dem Fürsten Kari Anton<br />

ist erschütternd. Sein Gehvermögen ist sehr behindert, und<br />

der Anblick s -ner Kinder in ihrer Trauer ergreift ihn zu-<br />

tiefst. So liegt diesen Herbst ein Schatten auf der sonst so<br />

fröhlichen Weinburg. Nach seiner Rückkehr nach Bukarest<br />

denkt Carol trotzdem oft an sie zurück.<br />

Carol übernimmt das Oberkommando<br />

der russischen Truppen<br />

Am 24. April 1876 erklärt Rußland der Türkei den Krieg.<br />

Den kühnen Regiinenten der Türken gegenüber aber gerät<br />

die russische Armee in große Not. Das gewaltige Reich<br />

sieht sich gezwungen, das kleine Rumänien, dessen Mitwirkung<br />

es vorher abgelehnt hat, um Hilfe zu bitten. Der<br />

Großfürst Nikolaus erscheint im Zelte Carols und bietet<br />

ihm im Auftrag des Zaren das Oberkommando über<br />

sämtliche russische Truppen an. Jetzt ist der Augenblick<br />

gekommen, um die volle Unabhängigkeit Rumäniens von<br />

der Türkei zu erkämpfen. Es kommt zur siegreichen<br />

Schlacht vor Plewna, dem Ruhmesblatt im Leben des Fürsten<br />

Carol. Die russischen Truppen können nun bis vor<br />

di« Tore Konstantinopels vordringen.<br />

1879 weilt die Gemahlin Carols, Fürstin Elisabeth, in der<br />

Weinburg zur Kur. Fürst Karl Anton schreibt am 25. Oktober<br />

an seilen Sohr n Bukarest: „Gestern frühstückten<br />

wir bei schönem Wetter in Walzenhausen. Elisabeth fuhr<br />

mit Deiner Mutter in einem bequemen Landauer und<br />

hatte nachher den Genuß der herrlichen Aussicht von der<br />

Meldegg auf die Alpenlandschaft im tiefsten Winterkleid."<br />

Am 2. November kehrt Elisabeth wieder nach Rumänien<br />

zuruck. Ihre Lähmung ist vollkommen geschwunden. Ein<br />

Jahr darauf, 1880, trifft auch Fürst Carol wieder in der<br />

Wernburg ein. Im folgenden Jahr, 1881, wird Carol I.<br />

zum König von Rumänien gekrönt. Noch oft aber kehrt<br />

er zur Weinburg, seinem Lieblingsaufenthalt zurück.<br />

Mit Schweizer Paß<br />

Pr-iz Karl von Hohenzollern-S.smaringen, zum Fürsten<br />

von Rumänien gewählt, fuhr mit einem Schweizer Paß<br />

unter dem Namen Karl Hettingen, Particulier von Thal,<br />

Kancon St. Gallen, nach Bukarest. Noch oft kehrte er zur<br />

Weinburg zuruck, in der er seine Jugend verbracht. Zum<br />

erstenmal 1869 - vor 100 Jahren. Seine Gemahlin, Prinzessin<br />

Elisabeth von Wied, hat si-.n als Dichterin unter<br />

dem Namen Sylva Carmen einen Namen gemacht.<br />

Sein Deckname: Karl Hettingen, Particulier von Thal,<br />

Kanton St. Gallen.<br />

Man sollte es nicht für möglich halten, aber es ist Tatsache.<br />

Prinz, Karl von Hohenzollern-Sigmaringen, Sohn des<br />

Fürsten Karl Anton, fuhr 1866 mit einem Schweizer Paß<br />

unter dem Namen Karl Hett: ngen, Par. ;ulier von Thal,<br />

Kanton St. Gallen, nach Bukarest. Er war zum Fürsten<br />

von Rumä en gewählt worden. Oesterrc: :h - Ungarn<br />

aber war gegen seine Thronbesteigung. Wäre der Prinz<br />

unter seinem offiziellen Namen gereist, so wäre er • i Wien<br />

festgehalten woraen. Durch türkisches oder russisches Ter-<br />

•torium zu fahren, war nicht ratsam. Was blieb dem<br />

Fürsten anderes üb ig, als zu versuchen, womöglich mit<br />

einem Schweizerpaß und unter einem Decknamen sein Ziel<br />

zu erreichen? Es x ihm auch gelungen. Wie?<br />

143


Er hatte seine Jugend in der Weinburg verbracht<br />

Prinz Karl hatte während 15 Jahren die Herbstmonate<br />

immer in der Weinburg (der heutigen Marienburg) verbracht.<br />

Nun war sein Vater, Fürst Karl Anton, aufs engste<br />

mit Landammann Arnold Aepli in St. Gallen befreundet.<br />

Konnte also Fürst Karl Anton versuchen, mittels dieser<br />

Persönlichkeit für seinen Sohn Prinz Karl einen Schweizerpaß<br />

zu erlangen? Regierungsrat Aepli selbst berichtet,<br />

wie diese hochbedeutsame Angelegenheit geregelt wurde.<br />

Aus seinen Aufzeichnungen vom 19. Mai 1866 ist folgendes<br />

zu entnehmen:<br />

Am 12. Mai 1866 erhielt Aepli in St. Gallen gegen 16.00<br />

Uhr die telegraphische Anfrage: „Finde ich Sie morgen<br />

früh auf meiner Durchreise nach der Weinburg zu Hause,<br />

oder wo sind Sie? von Mayenfisch". Er kannte diesen<br />

Herrn nicht, vermutete aber sogleich, weil von der Weinburg<br />

die Rede war, daß er aus der Umgebung des Fürsten<br />

von Hohenzollern stammen müsse. Aepli telegraphierte<br />

sogleich zurück, er müsse gerade dringend nach Zürich<br />

reisen und sei nach 9 Uhr im Hotel Baur zu treffen.<br />

' Geheimnisvolle Unterredung im Hotel Baur, Zürich<br />

In Zürich warteten bereits zwei Herren im Nebenzimmer<br />

des Speisesaals. Es handelte sich um den Kammerherrn<br />

von Mayenfisch und Kanzleirat von Werner. Sie baten<br />

um eine Unterredung mit ihm und wünschten zu diesem<br />

Zweck auf sein Zimmer geführt zu werden. Neben Aepli's<br />

Schlafzimmer befand sich ein großer leerer Salon. In diesem<br />

nun brachten die beiden Herren - nachdem alle Türen<br />

sorgfältig geschlossen waren - ihr Anliegen im Flüsterton<br />

vor. Sie berichteten: Prinz Karl, der zweite Sohn des<br />

Fürsten Karl Anton von Hohenzollern-Sigmaringen, sei<br />

zum Fürsten von Rumänien gewählt worden. Er nehme<br />

die Wahl an und beabsichtige, sich sofort durch Oester-<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />

herausgegeben vom Hohenzoiierischen Gesdiiditsverein<br />

in Verbindung mit den Staatlichen<br />

Schulämtern Hechingen und Sigmaringen.<br />

Verlag: Hohenzollerisdier <strong>Geschichtsverein</strong><br />

748 Sigmaringen, Karlstraße 3. Drudt: M. Liehners<br />

Hofbuchdruckerei KG, 748 Sigmaringen,<br />

Karlstraße 10.<br />

Die Zeitschrift „Hohenzollerische Heimat" ist<br />

eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will besonders<br />

die Bevölkerung in Hohenzollern mit<br />

der Gcschichte ihrer Heimat vertraut madien.<br />

Sie bringt neben fachhistorischen audl populär<br />

gehaltene Beiträge aus der Geschichte unseres<br />

Landes. Sie veröffentlicht bevorzugt Beiträge,<br />

die im Schulunterricht verwendet werden kön-<br />

Bezugspieis: 2,00 DM halbjährlich<br />

Konten de „Hohenzoiierisdien Heimat":<br />

802 507 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />

123 63 Postscheckamt Stuttgart<br />

144<br />

Die Mitarbeiter dieser Nummer:<br />

Prof. Dr. Rudolf Seigel<br />

7407 Rottenburg, Jahnstraße 37<br />

Walther Frick<br />

748 Sigmaringen, Hohe Tannen 4<br />

Willy Baur<br />

745 Hcchingcn, Neues Schloß<br />

Jobann Adam Kraus<br />

78 Frciburg-Littenweilci-<br />

Michael Lorch<br />

Rangendingen<br />

Oscar Heck<br />

745 Hechingcn<br />

Dr Herbert Burkhart<br />

7487 Gammertingen<br />

P. Stefan Meyerhans OSB<br />

Kloster St, Gallen<br />

reich dorthin zu begeben. Er befürchte jedoch, wenn er als<br />

Fürst reise, werde er in Oesterreich erkannt und festgehalten.<br />

Deshalb wünsche er - wenn möglich - mit einem<br />

st. gallischen Paß versehen zu werden, um so ungehindert<br />

sein Ziel zu erreichen. Ein ähnlicher Paß sollte auch für<br />

Kanzleirat yon Werner ausgestellt werden. Ein Brief des<br />

Fürsten an Aepli bestär ;te, was ihm da mündlich eröffnet<br />

wurde.<br />

Da sich Aepli dem Fürsten Karl Anton gegenüber zu<br />

größtem Dank verpflichtet fühlte und sie zudem in<br />

engster Freundschaft verbunden waren, glaubte er, den<br />

Wunsch erfüllen zu müssen. Dies um so mehr, als die berechtigte<br />

Hoffnung bestand, Prinz Karl werde Rumänien<br />

aus seiner äußerst kritischen Lage befreien. So wurde der<br />

Tag vereinbart, an dem sich die beiden Herren in St. Gallen<br />

einfinden sollten. Aepli sah bald ein, daß die Pässe nur<br />

dann erhältlich sein würden, wenn er den Vorstand des<br />

Polizei-Departementes mit ins Geheimnis ziehe und ihm<br />

die ganze Situation erkläre. So geschah es denn auch.<br />

Aepli besprach die Angelegenheit mit seinem Kollegen,<br />

Herrn Regierungsrat Steiger.<br />

Im Paßbüro der Kantonspolizei St. Gallen<br />

Am 15. Mai 1866 erschienen Prinz Karl und Herr von<br />

Werner auf dem Zimmer Aepli's im Regierungsgebäude.<br />

Der Prinz, ein liebenswürdiger junger Mann von 26 Jahren,<br />

erklärte, sobald er die Walachei betrete, werde er<br />

einen Kurier nach Bukarest abgehen lassen, um seine Ankunft<br />

zu melden. Gleichzeitig werde er sowohl nach<br />

St. Petersburg wie auch nach Konstantinopel berichten, er<br />

wolle im Verhältnis Rumäniens zu ihren Ländern nichts<br />

ändern.<br />

Herr Regierungsrat Steiger geleitete die beiden Herren<br />

in das Zimmer der Kantonspolizei, in dem die Signalemente<br />

aufgenommen und die Pässe ausgestellt wurden.<br />

Schriftleiter:<br />

Dr. med. Herbert Burkarth<br />

7487 Gammertingen, Eichertstraße<br />

Telefon 07574/329<br />

Redaktionsausschuß:<br />

Hubert Deck, Konrektor<br />

745 Hechiiigen, Tubinger Straße 28<br />

Telefon 07471/2937<br />

Walther Fridt, Journalist<br />

748 Sigmaringen, Hohe Tannen<br />

Telefc.. 07571/8341<br />

wird fortgesetzt<br />

Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />

persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />

diese zeidinen für den Inhalt der Heiträge verantwortlich.<br />

Mitteilungen der Schriftleitung<br />

sind als soldie gekennzeichnet.<br />

Manuskripte und Besprechungsexemplare werden<br />

an die Adresse des Schriftleiters oder Redaktionsausschusses<br />

erbeten.<br />

Wir bitten unsere Leser, die „Hohenzollerische<br />

Heimat" weiter zu empfehlen.


Toftenu<br />

HÖH ENZOLLER ISCHE<br />

HEIMÄT<br />

22. Jahrgang <strong>1972</strong> Nr. 2<br />

u-i<br />

S SP<br />

Pf AfFI hiftEWO<br />

i.V s<br />

'V<br />

/» r M K<br />

! -.».«-.iü<br />

A f vf>c>rf mayO^A^ .<br />

IN fv ^ V , fc-Unn**,*. ^<br />

•v<br />

Vfrino- C , f.VlV't^ - Ai-Hull<br />

r/.\ ... V X)I «.v a<br />

„Laucherthal und Alb 1585" - Erklärung umseitig<br />

/<br />

0<br />

x<br />

L»<br />

iVr»'<br />

CS* rfl »«


HERBERT BURKHART IVO MAUTHNER<br />

Laucherttal und Alb 1585<br />

Die Laudiert bildete die Westgrenze der Württembergischen<br />

Forsthoheit. So sind die Städtchen und Dörfer des<br />

Laucherttales noch mit abgebildet. Die Laudiert entspringt<br />

bei Willmandingen (heute nur noch ein Abwasserkanal),<br />

der zweite Arm ist wohl die Woog, welche auf Markung<br />

Salmendingen zu Füßen des Kornbühl entsteht. Bei Meldungen<br />

Hohen-Melchingen als Ruine, übrigens heute noch<br />

sehr gut erhalten. Die Melchinger Mühle wird hier als<br />

Schedelensmühl bezeichnet. Von dem See zwischen Stetten<br />

und Erpfingen sind die Staumauern gut erhalten. Er<br />

wurde bald danach aufgegeben und das Gelände um 1610<br />

vom Herzog von Württemberg an die Gemeinde Erpfingen<br />

verkauft. Die Ruine „Hellenstein" ist heute noch so<br />

stattlich wie 1585. Sogar der Brunnen und ein Kellergewölbe<br />

sind noch zu sehen. Guckaloch gibt es noch als Flurnamen,<br />

gemeint dürfte jedoch die Guggenmühle sein, die<br />

heute am gleichen Platz steht. Am Zusammenfluß von<br />

Laudiert und Seckach sieht man undeutlich ein Gebäude<br />

eingezeichnet. Wahrscheinlich stand an dieser Stelle die<br />

Burg der Herren von Mägerkingen, die urkundlich mehrfach<br />

bezeugt sind. Das Kloster zu Berg ist mit dem Abtstab<br />

als Kloster gekennzeichnet. Die Abbildung hat übrigens<br />

keinerlei Ähnlichkeit mit der Wirklichkeit. Bronnen<br />

ist mit nur wenigen Dächern ein kleines Dorf. Gammertingen<br />

mit seinen Mauern und Türmen könnte so tatsächlich<br />

ausgesehen haben. In Wirklichkeit handelt es sich um<br />

ein Symbol „kleine Stadt". Bei genauem Hinsehen erkennt<br />

man, daß für Hettingen und Veringen die gleiche<br />

Abbildung gering modifiziert wurde. Für das Heuinger<br />

Schloß fand das gleiche Symbol wie für Bronnen Verwendung.<br />

„Herwartingen" ist ein Dorf ohne Kirche (Filiale<br />

von Hettingen). Burg Veringen ist vergessen. Unterhalb<br />

des zweiten Veringen verläßt die Laudiert das Gebiet des<br />

Württembergischen Forstes. Bei den meisten Orten ist die<br />

Herrschaftszugehörigkeit angegeben: WR = Württembergisch;<br />

SP = Spethisch; Fe = Fürstenbergisch; ZW = Zwiefaltisch.<br />

So hübsch die Karte aussieht, man sollte aus den<br />

Abbildungen keinerlei Schlüsse ziehen zum wirklichen<br />

Bild der Orte. Es handelt sich durchweg um Symbole.<br />

Ausschnitt aus der Gadenerschen Forstkarte, Blatt „Zwiefalter Forst".<br />

Melodie des Lebens<br />

Ich ruh' im lichten Buchenhain<br />

und träum' in Gottes Welt hinein.<br />

Ich bin kein Ich mehr und kein Du<br />

und lausch' in Andacht immerzu,<br />

fühl mich als kleines Stäublein nur<br />

im großen Dome der Natur.<br />

Die Amsel schluchzt im windgekosten Wipfel<br />

und ihre sehnsuchtsvollen Lieder perlen<br />

glockenrein hernieder aus dem Gipfel.<br />

Dazwischen lacht der Specht und rätscht ein<br />

Häherplärren.<br />

Es harft im hohen Rispengras der Wind,<br />

und in der Ferne jauchzt vor Glück ein Kind.<br />

Legionen Grillen schrillen sonnentrunken<br />

ihr Gezirp ohn' Unterlaß.<br />

Die Lerchen dudeln, und vom Ried herüber quarrt der<br />

Frösche Baß.<br />

Drüben, am buntbetupften, blumenübersäten Bergeshang<br />

wachsen graue Mauern aus dem satten Grün der Wiesen,<br />

und Linden überschatten Kreuze, unter denen Gräber<br />

liegen.<br />

Die Blumen blühen und ihr schwerer, süßer Duft<br />

durchwebt wie Weihrauch des Sommertages milde Luft.<br />

Die Immen läuten durch's Geäst und fiedeln<br />

nektartrunken des Lebens ew'ge Melodei.<br />

Nicht lange mehr wird's dauern, und auch ich werd'<br />

siedeln,<br />

dort, wo ew'ger Friede sei,<br />

drüben am buntbetupften, blumenübersäten Bergeshang.<br />

Alles Jauchzen, Lachen, Pläne machen,<br />

Vorwärtsstürmen und Erraffen<br />

hat nur allzuschnell ein Ende.<br />

Auch die Träne wird versiegen,<br />

jedes Leid vor Dir entfliehen<br />

an deines Lebens Wende.<br />

Nirgends kannst Du Ruhe finden,<br />

bis der Herrgott Dich holt heim;<br />

und Du schläfst in seinen Händen<br />

unterm Kreuz im Lindenhain.<br />

In der letzten Nummer haben wir versehentlich den Jahrgang 1971 weitergeführt, wofür wir unsere Leser um Entschuldigung bitten. Der Kopf<br />

des Heftes müßte selbstverständlich die Seitenzahl 1 tragen, sowie die Vermerke „22. Jahrgang, Nr. 1". Das Versehen wurde vor der<br />

Auslieferung bemerkt, aber wegen der Mehrkosten nicht mehr geändert. Bitte verbessern Sie Ihr Exemplar des April-Heftes handschriftlich<br />

selber. Das Ihnen vorliegende Heft ist <strong>1972</strong>/2 und beginnt mit Seite 17, da wir die Jahrgänge durchnumerieren. Die Redaktion


A. H. BUCKENMAIER<br />

P. Dionysius Schuler O. F. M.<br />

Titulctrerzbischof von Nazianz,<br />

geb. 22. April 1854 zu Schlatt - gestorben 7. September 1926 im Kloster Gorbeim<br />

Am Ausgang des Killertals liegt das kleine Dorf Schlatt<br />

bei Hechingen, das 1153 erstmals in alten Akten erwähnt<br />

wird. Der Ort besitzt zwei Kirchen, die eine über dem Ort<br />

gelegen aus dem 14. bis 15. Jahrhundert. Sie wird heute<br />

als Friedhofskapelle verwendet. Die andere wurde 1900<br />

im Ort errichtet. In ihr befindet sich im Altarraum folgende<br />

Inschrift:<br />

Zu Ehren unseres Ehrenbürgers P. Dionysius Schuler<br />

geboren am 22. April 1854 dahier, Priester seit dem<br />

21. September 1878, 1880 bis 1893 tätig In Nordamerika,<br />

1893 bis 1901 Provinzial der Thüringischen<br />

Provinz, 1903 bis 1911 Generalmiiiister des ganzen<br />

Franziskanerordens, 1911-1926 Erzbischof von Nazianz,<br />

i.p.i. gestorben am 7. September 1926 im<br />

Kloster Gorheim.<br />

Mit dieser Inschrift wird eines Mannes gedacht, der die<br />

Reihe der Kardinäle, Bischöfe und Äbte, die aus Hohenzollern<br />

stammen, würdig fortgesetzt bat.<br />

Das Lebensbild, das der franziskanische Mitbruder P. Gallus<br />

Haselbeck von P. Schuler entworfen hat, zeigt ihn als<br />

einen -wahren Nachfolger des Ordensgründers Franziskus,<br />

als treuen Sohn der Kirche und des Papstes, obwohl ihm<br />

diese Treue und Unterordnung schwergefallen sein, muß,<br />

da ihm Schwierigkeiten von Rom wie von seinen Ordensbrüdern<br />

erwuchsen,<br />

P. Dionysius Schüler wurde am 22. April 1854 als Sohn<br />

des Landwirtes und Schmicdes Johann Schuler in Schlatt<br />

in Hohenzollern geboren. Am 23, April wurde er auf den<br />

Namen Augustin getauft. Niemand dachte daran, daß der<br />

kleine Augustin einmal die höchste Stellung im Franziskanerorden<br />

als Generalminister einnehmen und später sogar<br />

den Titel des Erzbischofs von Nazianz führen sollte.<br />

Von seiner Mutter Genoveva wurde ihm von früher Jugend<br />

an der Geist der Frömmigkeit eingepflanzt, öfters<br />

wallfahrtete er mit seiner Mutter zur Schmerzensmutter<br />

nach dem "Weggental bei Rottenburg, von Schlatt aus ein<br />

Fußmarsch von 5 Stunden.<br />

Bis zum 14. Lebensjahr besuchte Augustin die Volksschule<br />

in Schlatt. Lerneifer und Begabung zeichneten ihn aus, so<br />

daß beschlossen wurde, ihn studieren zu lassen, Bei seinem<br />

Pfarrer in Jungingen (Schlatt war damals Filiale von<br />

Jungingen) lernte er Latein, um in eine höhere Klasse des<br />

Gymnasiums aufgenommen zu werden. 1868 trat er in<br />

Sigmaringen in die Quarta (3. Klasse) ein. Untergebracht<br />

war er im Fidelishaus, das damals vom Gründer, dem<br />

Geistlichen Rat Geiselhart, geleitet wurde.<br />

In Gorheim hatten sich seit 1852 die Jesuiten niedergelassen,<br />

die auch die Marianische Kongregation für die<br />

jungen Studenten leiteten, Augustin war Mitglied dieser<br />

Kongregation, Unter dem Novizenmeister P, Meschler<br />

machte er die ersten Exerzitien mit. Er faßte damals den<br />

Entschluß, Franziskaner zu werden. Kennen lernte er diesen<br />

Orden in seiner Heimat Schlatt. Dort versahen die<br />

Patres, die sich im früheren Dorninikanerlnnenkloster zu<br />

Stetten bei Hechingen niedergelassen hatten, den Gottesdienst<br />

in der Filialkirche.<br />

Die Übertretung eines Verbots - es war damals den Gymnasiasten<br />

untersagt, Gaststätten zu besuchen - war der<br />

Anlaß, daß Augustin mit der Obersekundareife Sigmaringen<br />

verließ und sich in Fulda um die Aufnahme in den<br />

Franziskanerorden bewarb,<br />

Die Thüringische Ordensprovinz begann sich eben von den<br />

Auswirkungen der Säkularisation zu Anfang des 19. Jahrhunderts<br />

zu erholen. Neben drei anderen Klöstern wurde<br />

1869 Stetten bei Hechingen übernommen, Diese vier Niederlassungen<br />

der Franziskaner bildeten nach der Verfassung<br />

des Ordens eine Kustodie. Als Kustos stand P. Aloysius<br />

Lauer, der spätere Generalminister, vor. Als 1871<br />

Augustin in den Orden von P. Lauer aufgenommen<br />

wurde, konnte dieser nicht ahnen, daß Augustin Schuler<br />

einmal „sein treuester und verständnisvollster Mitarbeiter"<br />

und später sein Nachfolger werden sollte.<br />

Durch den Bischof von Fulda erhielt Augustin Schuler die<br />

Firmung und wurde am Feste der hl. Elisabeth, der<br />

Schutzpatronin der Thüringischen Provinz im Jahre 1871<br />

auf dem Frauenberg zu Fulda eingekleidet. Er war damals<br />

17 Jahre alt. Dabei wurde dem jungen Novizen der<br />

Name Dionysius gegeben. (Dionysius ist der heimatliche<br />

Kirchenpatron des Novizen Schuler.) Sein Novizenmeister<br />

wurde P. Gregor Schlitt, der von Stetten bei Hechingen<br />

aus früher, in- Schlatt den Gottesdienst hielt. Heute steht<br />

noch in der Sakristei zu Stetten bei Hechingen ein kleiner<br />

19


Ständer, an dem die Lavabotüchlein aufgehängt wurden.<br />

Der Ständer ist eine Miniaturausgabe von den früher<br />

üblichen Wäscheständern, wie sie zum Wäschetrocknen im<br />

Haushalt gebraucht wurden. An jedem Arm dieses Ständers<br />

stehen die Namen der Patres, die damals in Stetten<br />

die kleine franziskanische Gemeinschaft gegründet hatten,<br />

so u. a. Präses (Vorsteher), P. Gregor.<br />

Aufzeichnungen Schulers während der Exerzitien und des<br />

Noviziats lassen ein reges inneres Leben und Streben erkennen.<br />

Am 21. November 1872, dem Feste Mariä Opfergang,<br />

legte Frater Dionysius die einfachen Gelübde ab. Während<br />

seiner Studienzeit brach 1871 der Kulturkampf aus,<br />

der in Preußen 1875 den Höhepunkt erreichte.<br />

Das Kloster auf dem Frauenberg wurde am 20. Oktober<br />

1875 geschlossen. Da man damit trotz Warnungen nicht<br />

gerechnet hatte, mußte die Provinz vorläufig aufgelöst<br />

werden. Die Verteilung auf benachbarte Provinzen war<br />

recht schwierig, und es dauerte eine Zeit, bis die belgische<br />

und holländische Provinz Patres und studierende Kleriker<br />

aufnahm. Einige Patres gingen auch als Pioniere nach<br />

Nordamerika, um Vorbereitungen für die Umsiedlung der<br />

Provinz zu treffen.<br />

Frater Dionysius wurde von der belgischen Provinz übernommen.<br />

Ihm fiel diese Verbannung schwer, da er stets<br />

sehr an seiner Heimat hing. Auch noch in späteren Jahren,<br />

als er bereits hohe Ämter bekleidete, kehrte er immer<br />

wieder für einige Tage in seine Heimat Schlatt zurück. In<br />

der Zeit, da er in Belgien weilte, schrieb er in sein Tagebuch<br />

als Exerzitienvorsatz: „. . . Geduldig (will ich) mich<br />

Deinem heiligen Willen unterwerfen und mich in mein<br />

Schicksal fügen". Am 22. November 1875 legte Frater<br />

Dionysius im Kloster Reckhem die feierlichen Gelübde ab.<br />

Im folgenden Jahr begann er das Studium der Theologie<br />

im Kloster zu St. Trond. Seine Kolleghefte bewahrte er<br />

bis zu seinem Tode auf. Es folgten die verschiedenen Weihen<br />

des jungen Klerikers. Am 21. September 1878 wurde<br />

er zu Mecheln vom Weihbischof Karl Andreas Anthonis<br />

zum Priester geweiht. Seine Primiz hielt er wahrscheinlich<br />

in Epinal. Dann kehrte er wieder nach Belgien zurück und<br />

beschloß Ostern 1879 seine Studien.<br />

Zwei Dinge lernte Pater Dionysius in der belgischen Ordensprovinz:<br />

die Pflege des inneren Lebens über die<br />

äußere Wirksamkeit zu stellen; Selbstheiligung, Chorgebet<br />

und die Feier der Liturgie sahen die Rekollekten als erste<br />

Aufgabe des Franziskaners. In einer Niederschrift legte<br />

P. Dionysius seine Vorsätze fest: „ . . . mich mehr und<br />

vollkommener Gott hinzugeben, nämlich, mich nicht zu<br />

bekümmern, wie es in der Welt geht, sondern nur für die<br />

gegenwärtigen Stunde leben, im übrigen für alle Menschen<br />

beten, ... im Stillen mit Jesus allein zu verkehren . . . und<br />

nur dann aus diesem einsamen Verkehr herauszutreten,<br />

wenn der Gehorsam oder die Liebe es verlangen."<br />

Zum zweiten eignete er sich in seinem vierjährigen Aufenthalt<br />

in Belgien die französische Umgangssprache so<br />

vollkommen an, daß er selbst in französischen Wortbildern<br />

so denken konnte, wie in deutschen. Als Generalminister<br />

kam ihm dies sehr zunutze.<br />

In Epinal begann für P. Dionysius die seelsorgerische Tätigkeit.<br />

Der Bischof von S. Die stellte den vertriebenen<br />

Franziskanern die Michaelskapelle mit einer kleinen Einsiedelei<br />

bei Epinal zur Verfügung. Die Unterkunft war<br />

armselig, das Volk mißtrauisch gegen die Deutschen, da<br />

kaum fünf Jahre nach dem Krieg von 1870/71 vergangen<br />

waren. Predigttätigkeit als einzig französisch sprechender<br />

Pater nahm seine Zeit in Anspruch. Volksmissionen,<br />

20<br />

die bisher dort unbekannt waren, führte er ein. Trotzdem<br />

1880 alle Männerklöster in Frankreich aufgelöst wurden,<br />

die keine staatliche Genehmigung hatten, behielt P. Dionysius<br />

Epinal immer in guter Erinnerung. Aber wieder<br />

einmal mußte er wandern. Diesmal nach Straßburg. Von<br />

dort aus versuchten die Patres eine Niederlassung im Elsaß<br />

zu gründen. Bergholzzell schien geeignet, aber die Tätig<br />

keit der Patres ward trotz wohlwollender Behandlung<br />

durch Reichsstatthalter von Manteuffel eingeschränkt<br />

keine Seelsorge, keine Hochämter. P. Dionysius kam erst<br />

im Januar 1881 dorthin. Es war für alle ein harter Winter,<br />

es fehlte Nahrung und Heizung. Das Volk verstand<br />

die Maßnahmen des Reichsstatthalters nicht, strömte herbei,<br />

aber die Patres hielten sich streng an die Vorschriften.<br />

Lediglich bei offenen Türen hielten sie das Chorgebet und<br />

feierten die heilige Messe, sonntags mit Harmonium und<br />

deutschen Kirchenliedern. Sie sollten schließlich bei den<br />

heiligen Handlungen auch die Türen schließen, denn die<br />

Klostergesetze des Kulturkampfes bestanden immer noch.<br />

Mutlos geworden wanderte P. Dionysius mit seinen Mitbrüdern<br />

nach Amerika aus. Er wurde dort in Paterson für<br />

kurze Zeit Novizenmeister. Seine Tätigkeit in Amerika<br />

war verschiedener Art: Kooperator des Klosterpfarrers<br />

von Paterson, Direktor des Dritten Ordens, wiederum<br />

Novizenmeister, Vikar des Konventes Paterson, Stellvertreter<br />

des Kustos in Amerika, Lektor der Moraltheologie,<br />

Geistlicher Leiter der Kleriker.<br />

Inzwischen waren in Preußen die klosterfeindlichen Gesetze<br />

gefallen. P. Dionysius Schuler konnte wieder nach<br />

Deutschland zurückkehren. Er trennte sich schwer von<br />

seinem Wirkungskreis in Nordamerika. Sein Biograph<br />

schreibt: „Für ihn selbst waren die zwölf Jahre in der<br />

Neuen Welt nicht ohne bleibenden Gewinn. Er eignete<br />

sich die englische Umgangssprache an, so daß er jetzt die<br />

drei wichtigsten Sprachen gut beherrschte: Deutsch, Französisch<br />

und Englisch. Bedeutsamer war, daß er dort jene<br />

gesunde Weitherzigkeit lernte, ohne die kein Oberer denkbar<br />

ist. Das war für ihn um so notwendiger, als die Rekollektenerziehung,<br />

die er in Belgien genossen hatte, bei<br />

aller Vortrefflichkeit zu Enge und Kleinlichkeit neigte.<br />

Amerika hatte ihm geholfen, diese Nachteile zu überwinden.<br />

Bei so ganz anders gearteten seelsorglichen Erfordernissen<br />

lernte er das Wesentliche des Klosterlebens vom<br />

Unwesentlichen zu scheiden und in kluger Weise ab- und<br />

zuzugeben. Das um so mehr, als sein Amt als Commissarius<br />

des Kustos ihn immer wieder vor die Notwendigkeit<br />

stellte, Entscheidungen zu treffen.<br />

Der Kustos und Provinzial<br />

Als P. Damasus Rüsing, erst 53 Jahre alt, im Oktober<br />

1893 starb, wurde P. Dionysius zum Nachfolger gewählt.<br />

Bis 1903 hatte er das Vertrauen seiner Wähler.<br />

Wenn wir von Schulers Wirken während desem Jahrzehnt<br />

sprechen, so war das bedeutendste Ereignis in dieser Zeit<br />

die Wiederherstellung der Thuringia als Ordensprovinz,<br />

deren Provinzial er 1894 wurde. Es würde zu weit führen,<br />

die einzelnen Etappen der Wiederherstellung der Ordensprovinz<br />

aufzuführen. P. Damasus Rüsing hatte gute Vorarbeit<br />

geleistet, so daß der Provinzial Schuler ihn als<br />

eigentlichen Begründer der Provinz nennt. Unter anderem<br />

gewann die Thuringia die Niederlassung Gorheim bei<br />

Sigmaringen. Vermutlich bemühte sich P. Kustos auch um<br />

die frühere Niederlassung in Stetten bei Hechingen. Am<br />

11. März 1890, nachdem alle Genehmigungen vorlagen,<br />

konnte das Kloster Gorheim eröffnet werden, „zwecks<br />

Aushilfe in der Seelsorge".


Im Jahre 1894 unter dem Provinzialat des P. Dionysius<br />

kamen die Verhandlungen über die Niederlassung Salmünster<br />

zum guten Ende. Es folgte das Seraphische Kolleg<br />

Watersleyde in Holland, der Konvent in Metz und<br />

die Residenz in Lutterbach. Als Lutterbach aufgegeben<br />

werden mußte, gewann Schuler dafür die Niederlassung<br />

Lübeln bei Metz. Weitere Gründungen scheiterten. Selbst<br />

das in nächster Nähe der Heimat Schulers liegende frühere<br />

Franziskanerkloster Sankt Luzen konnte keine Wiederbesiedlung<br />

bald aus diesen bald aus jenen Gründen<br />

erleben.<br />

Als man in Baden 1902 glaubte, daß das Ausnahmegesetz<br />

für Besiedlung von Klöstern aufgehoben würde,<br />

wandte sich Schuler sofort an Domkapitular Dreher (ein<br />

Hohenzoller) und an Erzbischof Nörber mit der Bitte,<br />

seiner Provinz auch in Baden eine Heimstatt zu geben.<br />

Aber erst 1918 konnte in Freiburg ein Franziskanerkloster<br />

gegründet werden. So blieb also im Süden Kloster Gorheim<br />

vereinzelt, da auch Württemberg damals noch für<br />

Ordensgründungen verschlossen war.<br />

Auf den Ausbau der schon bestehenden Klöster war Schuler<br />

sehr bedacht. Gorheim gelangte nach und nach zu Ansehen<br />

und wurde neben Beuron im Süden ein Begriff.<br />

Es entstand Ottbergen, das schon von P. Aloysius Lauer<br />

erworben war. Das alte Haus mußte aber einem dringenden<br />

Neubau weichen. Auch in Salmünster und Marienthal<br />

waren Restaurierungen, zum Teil auch Neubauten, notwendig.<br />

Schuler führte Verhandlungen über Bornhofen und trug<br />

zur endgültigen Klärung der wirtschaftlichen Verhältnisse<br />

des Klosters bei. Auf dem Frauenberg bei Fulda, der der<br />

Sitz des Provinzials auch heute noch ist, nahm die Zahl<br />

der Kleriker zu, so daß auch dort eine bauliche Erweiterung<br />

notwendig wurde. In Amerika besaß die Thurningia<br />

zwei Konvente und drei Residenzen. Unter Schulers P?ovinzialat<br />

kam noch die Niederlassung Callicoon hinzu.<br />

Die Abhängigkeit von der europäischen Thuringia aber<br />

war auf die Dauer unmöglich, so daß schließlich eine Abtrennung<br />

stattfinden mußte. Im Frühjahr 1900 ging Schuler<br />

als Visitator sämtlicher Provinzen nach Nordamerika,<br />

um die Trennung an Ort und Stelle zu prüfen. Im September<br />

1901 wurde diese vollzogen. Der Personalstand<br />

der Provinz hatte sich unter dem Provinzialat Schulers<br />

mehr als verdoppelt. Im Jahre 1903, als Schuler die Verwaltung<br />

des ganzen Ordens übernahm, hatte die Thuringia<br />

78 Prietser, 68 Kleriker, 60 Laienbrüder im Ersten<br />

und 33 im Dritten Orden, insgesamt also 239 Mitglieder.<br />

Das war also der Stand der Thuringia um das Jahr 1903,<br />

als P. Schuler zum Generalminister des gesamten Franziskanerordens<br />

gewählt wurde. Wie wir bisher sahen, hatte<br />

er nicht geringen Anteil am Aufbau des Ordens.<br />

Schulers Sorge um die Ausbildung<br />

Auch hier waren Schwierigkeiten über Schwierigkeiten zu<br />

überwinden. „Nach altem Ordensrecht hing die Selbständigkeit<br />

einer Provinz oder Kustodie von der Einrichtung<br />

der Studien zur Heranbildung des Nachwuchses ab - der<br />

humanistischen und philosophisch-theologischen Studien",<br />

schreibt Schulers Biograph. U. a. wurde in Gorheim ein<br />

Seraphisches Kolleg gegründet, aber später durch die Regierung<br />

aufgelöst. Schuler entschloß sich nach manchen<br />

vergeblichen Versuchen, Gorheim zu halten - Dechant<br />

Lauchert unterstützte ihn in dieser Bestrebung -, in Watersleyde<br />

das Kolleg zu eröffnen. Für die amerikanischen<br />

Klöster forderte Schuler ein eigenes Seraphisches Kolleg.<br />

Für Watersleyde sorgte er für eine Studienordnung und<br />

für den Ausbau des Lehrkörpers. Er sah darauf, daß eifrig<br />

studiert wurde. Besondere Vorliebe hatte Schuler für die<br />

Ordens- und Provinzgeschichte. Seine Hauptförderung<br />

war auf das seelsorgliche Wirken gerichtet. Schuler selbst<br />

übernahm als Provinzial in Fulda die Domkanzel, später<br />

die Militärseelsorge. An Volksmissionen beteiligte er sich<br />

selbst und spendete unermüdlich das Bußsakrament.<br />

Ganz besonders sorgte sich Schuler um das klösterliche<br />

Leben. Sein Biograph schreibt: „Seine bedeutungsvollste<br />

Tat zur Förderung franziskanischen Lebens war die Zustimmung<br />

zur geplanten Union des Ordens auf dem Generalkapitel<br />

zu Assisi im Jahre 1895. Seine einzige Bedingung<br />

war, daß das franziskanische Armutsideal in vollem<br />

Umfang beibehalten werde. Er forderte von seinen<br />

Ordensbrüdern strenge Beobachtung der Regel, der Generalkonstitutionen<br />

des Ordens und der neuen Provinzialverordnungen,<br />

strenge Prüfung der Novizen. Er ermahnte<br />

auch die geistlichen Erzieher der Professen, ihr Amt<br />

ernstzunehmen. Aszetische Strenge über die Regel hinaus<br />

liebte er nicht und gönnte Freiheiten und Erleichterungen<br />

jedem, soweit dies mit dem klösterlichen Leben vereinbar<br />

war. Sehr eifrig wachte er über die franziskanische Armut.<br />

Auch bei Bauangelegenheiten trug er Sorge, daß nicht<br />

überflüssig und pompös gebaut wurde. Entsprechend war<br />

seine Einstellung auch zum Geldverbot, obwohl das Geld<br />

durch die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse eine<br />

andere Rolle spielte als zur Zeit der Ordensgründung. Er<br />

predigte seinen Ordensmitgliedern die brüderliche Liebe<br />

untereinander als das Band der Vollkommenheit. In einem<br />

Rundbrief empfahl er die Zurückgezogenheit. „Lieben wir<br />

die heilige Einsamkeit, lieben wir unsere Zelle!" Großen<br />

Eifer hegte Schuler für das Chorgebet und den liturgischen<br />

Opferdienst. Er führte den sogenannten „Beuroner Choral"<br />

ein, ließ ein besonderes Officium verfassen und ein<br />

Meßformular zum Feste der hl. Elisabeth, der Patronin<br />

der Thuringia. Am Chorgebet nahm er, so oft er zu Hause<br />

war, stets teil, auch am Nachtchor, obwohl ihm das lange<br />

Stehen Schwierigkeiten machte. Gegen Ende seines Provinzialates<br />

schrieb er an seine Niederlassungen: „Gott<br />

ist es bekannt, wie gut ich es mit allen lieben Mitbrüdern<br />

gemeint habe" und bittet um Verzeihung, wenn er jemanden<br />

gekränkt oder beleidigt habe. „Im Frieden möchte ich<br />

aus meinem Amt scheiden und die Ruhe genießen, nach<br />

welcher sich mein Herz so sehr sehnt."<br />

P. Dionysius Schuler als Generalminister<br />

Es war ihm aber noch keine Ruhe beschieden. Acht Jahre,<br />

von 1903-1911, trug er die Last, Vorgesetzter aller Franziskaner<br />

zu sein. Am 15. Mai 1903 wurde Schuler unter<br />

die vereidigten Stimmenzähler gewählt und kein Mensch,<br />

am wenigsten Schuler selbst, dachte daran, daß dieser als<br />

Generalminister aus dieser Wahl hervorginge. Schon im<br />

ersten Wahlgang fiel die Entscheidung auf P. Schuler, der<br />

43 Stimmen erhielt. P. Dionysius war über diese Wahl so<br />

erschüttert, daß es selbst in den Kapitelsakten erwähnt<br />

wird. „Daß meine Wenigkeit wider alles Erwarten zum<br />

Nachfolger des hl. Vaters Franziskus und unseres unvergeßlichen<br />

sei. P. Aloysius Lauer erwählt worden ist,<br />

brauche ich euch nicht mitzuteilen", schreibt Schuler. „Es<br />

ist leider zu wahr, der liebe Gott hat mich schwer heimgesucht."<br />

Er habe Gott, die Mutter Gottes und den<br />

hl. Franziskus unter Tränen angefleht, ihn zu verschonen,<br />

Generalminister des ganzen Ordens zu werden und gebetet:<br />

„Laß diesen Kelch an mir vorübergehen! Da ich<br />

nun einmal verurteilt bin, in Rom zu leben und sehr<br />

wahrscheinlich auch zu sterben, so geschehe Gottes heiliger<br />

Wille." Er gedenke den Orden zu leiten, milde und stark,<br />

21


in aller Gerechtigkeit, Geduld und Liebe. Am 7. Juni 1903<br />

empfing Papst Leo XIII. den neuen Generalminister in<br />

Privataudienz. Papst Leo's großes Anliegen war, die verschiedenen<br />

Familien des Ordens zur Einheit zurückzuführen.<br />

P. Dionysius versprach dem Papst als 108. Nachfolger<br />

des hl. Franziskus, die Union weitgehend zu fördern<br />

und zu stärken. 76 Provinzen waren in der Union mit<br />

16 400 Mitgliedern vereinigt, als Schuler Generalminister<br />

wurde. Nach kurzer Zeit starb Leo XIII. und sein Nachfolger<br />

Papst Pius X. schien kein großes Interesse der<br />

Union entgegenzubringen. Schuler bangte um die erst<br />

6 Jahre bestehende Fusion. Sofort gingen Kräfte ans<br />

Werk, den Zusammenschluß rückgängig zu machen. Schuler<br />

aber erklärte „ . . . diese Union werde ich nicht nur als<br />

kostbares Erbe meiner Vorgänger unversehrt bewahren,<br />

sondern mehr und mehr festigen." Er kam den sich Sträubenden<br />

sogar so weit entgegen, daß er in jeder Provinz<br />

das eine oder andere Haus zur Verfügung stellen wollte,<br />

in dem sie nach eigenen Statuten leben könnten. Seine<br />

Haltung in dieser Sache war klar. Schuler schuf sich aber<br />

dadurch „eine stille, aber nachhaltige Opposition innerhalb<br />

des Ordens". Eine andere Belastung für den Generalminister<br />

war die Sorge um die französischen Ordensprovinzen<br />

in der Zeit der kirchenfeindlichen Politik der Regierung<br />

Combez. Unter Schulers Generalat konnten auch<br />

die spanischen Provinzen in das Unionswerk einbezogen<br />

werden. 1906 konnte er als Visitator nach Spanien gehen,<br />

von Klerus und Volk feierlich empfangen. König Alfons<br />

XIII. und die Königin-Mutter Maria Christina gewährten<br />

ihm Privataudienz. Schulers weitere Sorge galt den Provinzen<br />

in Mexiko und Cuba. Er kümmerte sich um die<br />

Ordensniederlassungen in Columbien, Brasilien, Ecuador,<br />

Chile und Peru wie auch um die argentinische Provinz.<br />

Unter ihm wurde dadurch die Erneuerung des Ordens in<br />

Südamerika abgeschlossen und die Voraussetzungen für<br />

weiteres Wachsen geschaffen.<br />

In Europa erstand wieder die Provinz Albanien, die durch<br />

die geschichtlichen Entwicklung auf dem Balkan nur noch<br />

Mission war-<br />

Der Zweite und Dritte Orden lag Schuler offenbar am<br />

Herzen, obwohl, wie sein Biograph schreibt, nur wenig<br />

Anhaltspunkte vorhanden seien. Auch dem weltlichen<br />

Dritten Orden schenkte Schuler große Beachtung. Er<br />

sorgte für straffere Organisation und veranstaltete Terziarenkongresse,<br />

die gerade unter seiner Regierung weit<br />

verbreitet wurden.<br />

Im Rahmen dieser Arbeit kann nur kurz auf die Förderung<br />

des klösterlichen Lebens durch P. Dionysius eingegangen<br />

werden. Er eiferte für die franziskanische Armut.<br />

Alle Mängel, die er am Orden bemerkte, führte er auf die<br />

Habsucht zurück. Er finde, schreibt Schuler, daß das Geld<br />

der Feind unserer Armut sei, zu sehr begehrt, leichtfertig<br />

angenommen und noch leichtfertiger verwendet werde.<br />

Am liebsten hätte Schuler das Geldgebot (besser: Geldverbot)<br />

nach der traditionellen Auslegung wieder eingeführt,<br />

kam aber nicht damit durch.<br />

Zu der evangelischen Armut gehört auch der klösterliche<br />

Kommunismus, die vita communis perfecta. Er war darauf<br />

bedacht, sie nach und nach einzuführen. Den Bedürfnissen<br />

sollte reichlich Sorge getragen werden. Im Antonianum<br />

in Rom, das seiner Verwaltung direkt unterstand,<br />

brauchte niemand Mangel leiden. Trotzdem hinterließ er<br />

keine Schulden, er konnte sogar die Baulast auf dem Antonianum<br />

endgültig tilgen.<br />

Ein weiteres Anliegen war die Pflege des Gebetes. Das Gebetsleben<br />

soll nicht unter der seelsorgerlichen Tätigkeit<br />

22<br />

leiden. Es besteht kein Zweifel, daß P. Dionysius Schuler<br />

den Orden wieder ganz im Geiste seines Gründers leiten<br />

wollte und seine Aufgabe als Generalminister darin sah,<br />

diesen Geist zu erfassen und zu erfüllen.<br />

Die Visitation der Klöster ist Pflicht für die Generalminister.<br />

Da die Ordensniederlassungen über den ganzen<br />

Erdkreis verstreut waren, so war das oft schwierig. Wie<br />

wenige seiner Vorgänger hat Schuler dieser Visitationspflicht<br />

genügt, wobei ihm seine Sprachkenntnisse zugute<br />

kamen. Neben seiner Muttersprache sprach er fließend<br />

französisch und englisch. Italienisch eignete er sich nach<br />

seiner Wahl zum Generalminister mühelos an. Manche der<br />

von Schuler besuchten Klöster hatten seit Jahrhunderten<br />

keinen Ordensgeneral mehr gesehen. „Durch diese Visitationen<br />

suchte Schuler den Eifer der Professen wachzuhalten<br />

und die Verbundenheit der Brüder mit dem Minister<br />

et Servus der ganzen Brüderschaft zu fördern", so<br />

sein Biograph.<br />

Eine längst erwünschte Gleichförmigkeit in den gottesdienstlichen<br />

Funktionen in allen Ordensniederlassungen<br />

zu heben, ließ Schuler das bestehende Caeremoniale revidieren<br />

und verpflichtete den ganzen Orden, nur dies zu<br />

benützen, nachdem die Ritenkongregation zugestimmt<br />

hatte. Ein Jahr später erfolgte die Veröffentlichung des<br />

Rituale Romano-Seraphicum. Der Choral wurde nunmehr<br />

im ganzen Orden eingeführt, wie in der Thuringia<br />

bereits geschehen.<br />

Den Festkalender des Ordens bereicherte Schuler und<br />

förderte franziskanische Volksandachten. Unter seinem<br />

Generalat fanden mehrere Seligsprechungsprozesse statt,<br />

die von Schuler angeregt und vom Franziskanerorden geführt<br />

wurden.<br />

Es würde zu weit gehen, nochmals über die Sorge für das<br />

Studium zu berichten. Wie sich Schuler bereits als Provinzial<br />

sehr um die Ausbildung kümmerte, so auch als Generalminister.<br />

Vor allem tat in der Union die Einführung<br />

eines einheitlichen Studienplanes für den ganzen Orden<br />

not. 1905 wurde dieser für 6 Jahre von Schuler veröffentlicht<br />

mit dem Wunsch, „daß durch diesen Plan die Pflege<br />

der Studien zunehme und sich immer mehr vertiefe und<br />

erweitere, . . . zum Nutzen der heiligen Kirche Gottes und<br />

zur Ehre des Ordens". In rascher Folge wurden Studienhäuser<br />

eingerichtet und ein ausführlicher Lehrplan veröffentlicht.<br />

U. a. riet Schuler, in Löwen im belgischen Flandern ein<br />

Studienhaus zu errichten für Studenten, die lebende orientalische<br />

Sprachen und Naturwissenschaft studieren wollten.<br />

Dem Bibelinstitut in Jerusalem suchte er ebenfalls Studenten<br />

zuzuführen: „Wenn je, dann müssen wir heute<br />

Männer besitzen, die mit den Waffen der biblischen Wissenschaft<br />

unser Erbe wider alle Gegner, im besonderen die<br />

modernen, verteidigen." Um das wissenschaftliche Niveau<br />

zu heben, förderte Schuler das Studium an den weltlichen<br />

Hochschulen, obwohl gegen den Geist dieser Universitäten<br />

damals ein berechtigtes Mißtrauen bestand.<br />

Anfangs 1900 begann der Kampf Papst Pius' X. gegen<br />

den Modernismus. Schuler verlangte vom Orden unbedingte<br />

Unterwerfung der Brüder unter die Dekrete des<br />

Apostolischen Stuhles. Trotzdem kam das Antonianum in<br />

den Geruch des Modernismus und verschiedenen Lektoren<br />

wurde nahegelegt, auf das Lektorat zu verzichten. Schuler<br />

hat es als Verleumdung empfunden, das Antonianum als<br />

„Modernistennest" zu bezeichnen.<br />

(wird fortgesetzt)


P. STEPHAN MEYERHANS, OSB<br />

Prinz Karl und die Weinburg<br />

Der Prinz erhielt den seinen auf den Namen Karl Hettingen,<br />

Particulier (Privatmann) von Thal, Bezirk Unterrheintal,<br />

für Reise nach Odessa. Diesen Namen war der<br />

Prinz zu führen berechtigt, weil die Familie das Schloß<br />

Hettingen besaß und sich fürstliche Personen, wenn sie<br />

incognito reisen, nach ihren Besitzungen nennen dürfen.<br />

Zudem war er für die St. Galler Polizei kein Prinz, sondern<br />

ein reiner Privatmann. Weil er im Kanton Grund<br />

besaß und denselben monatelang bewohnte, konnte ihm,<br />

obschon er Ausländer war, ein Paß bewilligt werden.<br />

Nach den auf dem Staatsarchiv des Kantons St. Gallen<br />

(wenigstens 1904) noch vorhandenen Schriften lautete das<br />

Signalement des Prinzen: Alter 26, Größe 5 Fuß, 7 1 /* Zoll,<br />

Statur schlank, Haare und Augenbrauen schwarz, Augen<br />

grau, Nase spitzig, Mund mittler, Kinn rund, Bart braun,<br />

Gesicht länglich, Kennzeichen; trägt Brille (er trug sie nur<br />

während der Reise, um sich unkenntlich zu machen), Herr<br />

von Werner erhielt einen Paß auf den Namen Friedrich<br />

Werner, Particulier von Thal, wohnhaft in Thal, zur<br />

Reise nach Deutschland, Oesterreich, Odessa. Die Herren<br />

hatten ihre Reisezwccke etwas verschieden angegeben, weil<br />

sie beabsichtigten, sich auf der Reise zu trennen und den<br />

Schein zu vermeiden, daß sie zusammengehören. Die<br />

Pässe wurden von Herr von Werner mit je Fr. 1.50 nach<br />

der Taxe bezahlt. Nachdem die Pässe abgegeben waren,<br />

verabschiedeten sie sich aufs herzlichste, Regierungsrat<br />

Aepli wünschte dem Prinzen alles Glück zu seiner Reise,<br />

desgleichen Herr Regierungsrat Steiger.<br />

Rorscbach-Lindau-Wien: der Prinz saß auf Nadeln<br />

Noch am selben 15. Mai tritt Prinz Karl um 11.00 Uhr<br />

seine Reise mit der Bahn an. Uni 12.00 Uhr besteigt er m<br />

Rorschach den Dampfer nach Lindau. Auf der Fahrt<br />

•schaut er wehmütig zur Weinburg am Buchberg hinüber,<br />

in der er seit 15 Jahren jeden Herbst so glücklich zugebracht<br />

hat. In Lindau steigt er in den Zug nach München<br />

Zinsbuch des hl. Gallus in Hermentingen<br />

Im Pfarrarchiv zu Hettingen Siegt ein Zinsbuch des Kirchenheiligen<br />

St, Gallus zu Hermen dingen vom 28- April<br />

1548, erneuert am Samstag nach Georgi 1548 im Beisein<br />

Hans Vischers, Schultheißen zu Hettingen, Ulrich Franken<br />

des Pfarrers, Hans Faullers lind Wolff Kraussen Burgermeister<br />

und Jakob Knupfers. Nota: Uf Frytag nach Sebastiani<br />

1508 sind sant Gallen Patron zu Hermtingen<br />

Zins erneuert worden in Beisein Herrn Pfarrers Hans<br />

Hasen und der Inwohner zu Hermentingen, Weber Hansen<br />

des Schultheißen und etlicher Richter von Hettingen.<br />

Wir entnehmen daraus: Unter Staiger Bruck. Stephan<br />

Acker zu Gammertingen. Am Bildstock uf dem Stig. Des<br />

Pfarrers Hus zu Hermtingen am Bach. Hans Bader hat<br />

sein Haus zu Veringen am Bach. 6 Mannsmad Wiesen in<br />

Bierken by dem Hns (Birkhof!); Vor der Madersteig.<br />

Im Wenkel. In der unteren Werd ist ain Resse (Zanfroze!),<br />

(Frdl, Mitt. des Herrn Pfarrers Gustav Scharm).<br />

J. A. Kraus<br />

Engestbai ist das westlich der Straße nach Rulfingen von<br />

der Hochfläche absinkende Tal bis zur Krauchenwieser<br />

Straße. In Aufzeichnungen im 17. und 18. Jahrhundert<br />

findet sich nur die Bezeichnung Engesthal. Man geht wohl<br />

(Fortsetzung und Schluß)<br />

um. Mit Flerzklopfen fahrt er am nächsten Tag in den<br />

österreichischen Grenzbahnhof Salzburg ein. Als er dort<br />

im Wartsaal auf den nächsten Zug nach Wien wartet,<br />

treten einige ihm bekannte österreichische Offiziere ein,<br />

mit denen er zwei Jahre zuvor den dänischen Feldzug<br />

mitgemacht hat, Um nicht erkannt zu werden, versteckt<br />

er sich hinter einer Zeitung und scheint eifrig zu lesen.<br />

Im Naehtzug nach Wien kann er nicht schlafen. Er macht<br />

sich Sorgen, sein kühnes Unternehmen könnte noch scheitern.<br />

In der Wiener Bahnhofhalle eilen mehrere österreichische<br />

Generale, die er genau kennt, an ihm vorüber.<br />

Doch auch hier geht alles wieder gut,<br />

Am 18. Mai erreicht der Prinz mit seiner Begleitung<br />

schließlich Basiasch, die Endstation der österreichischen<br />

Staatsbahn. In einem schmutzigen Gasthof muß hier der<br />

Prinz zwei Tage lang den nächsten Donaudampfer abwarten,<br />

An Landammann Aepli wird daher das Telegramm<br />

aufgegeben: „Wir können nicht vor Sonntag nach<br />

Odessa reisen. Benachrichtigen Sie meine Eltern. Hettingen",<br />

Durch Vermittlung Aepli's werden die besorgten<br />

Ehern verständigt. Endlich kommt dann Prinz Karl wohlbehalten<br />

in der rumänischen Grenzstadt Tu rnu-Severin<br />

an. Eiligst verläßt er das Schiff. Es folgt der Einzug in<br />

Bukarest, wo er als Landesfürst mit Jubel empfangen<br />

wird. Das gefährliche Unternehmen ist geglückt.<br />

Noch oft kehrte er zur Wernburg zurück<br />

Fürst Karl, 1881 zum König Carol I, von Rumänien gekrönt,<br />

bewahrte sein Land vor dem Bürgerrkieg, erhob es<br />

zu Wohlstand und erkämpfte ihm die Unabhängigkeit<br />

von der Türkei. Wiederholt kehrte er zur Weinburg zurück,<br />

um sich dort zu erholen. Das erstemal war es am<br />

16. September 1869 - vor hundert Jahren. Von Lindau<br />

aus fuhr er damals mit einer Extrapost über Bregenz nach<br />

Rheineck in die nahegelegene Weinburg, wo er dann in der<br />

Sternburg wieder sein altes Zimmer bewohnte.<br />

nicht fehl, wenn man das Wort vom Personennamen Engel<br />

ableitet. Das Engelstal ist des Engels Tal oder s'Engels<br />

Tal. Talbezeidmungen sind häufig mit Personennamen<br />

verbunden. Die heutige Bezeichnung „Sängersthal", oder<br />

gar „Singersthaj" ist eine Mißbildung und findet aus der<br />

geschichtlichen Schau keine Stütze.<br />

Die Fahnenäcker leiten ihren Namen vom mhd. fane -<br />

Farn ab. Der Wald, der früher vom Hohholz (Hochholz)<br />

her bis zu diesem Flurteil vorgestoßen ist, mag nach seiner<br />

Rodung noch lang Gestrüpp mit Farnbeständen hinterlassen<br />

haben.<br />

Frauenberg. Auf dem Berg, auf dem in der Römerzeit ein<br />

römischer Gutshof gestanden hat, war nach den Aufzeichnungen<br />

in der Pfarrchronik einst - man kann dafür ungefähr<br />

die Zeit vom 14. bis 16. Jahrhundert annehmen - ein<br />

kleines Heiligtum erbaut, das unserer Lieben Frau geweiht<br />

war. Das Kirchlein oder die Kapelle mit einer Holzskulptur<br />

der Muttergottes sei eine weit und breit berühmte<br />

Wallfahrtsstätte gewesen. Der Berg mit der Kapelle zu<br />

Unserer Lieben Frau war im Volksmund der Liebfrauenberg<br />

und ist später zum Frauenberg geworden.<br />

Die Fretzwiesen leiten ihren Namen von fretzen, frezen<br />

= weiden, abweiden ab. Sie waren mit dem Weiderecht<br />

ausgestaltet und durften daher abgeweidet werden, während<br />

die Wiesen ohne Weidreclit gemäht wurden.<br />

23


JOSEF MÜHLEBACH<br />

Wangen im Ostrachtal<br />

Aus der Geschichte des Dorfes bis 1968<br />

Durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gebietes von<br />

Landkreisen in Baden-Württemberg vom 22. April 1968<br />

ist die Gemeinde Wangen im Ostrachtal zum 1. Januar<br />

1969, bis dahin Enklave im Landkreis Sigmaringen, aus<br />

dem Landkreis Uberlingen ausgegliedert und in den Landkreis<br />

Sigmaringen eingegliedert worden. Weil Wangen bis<br />

vor wenigen Jahren nicht zu Hohenzollern gehörte, wurde<br />

über die Geschichte des Dorfes in der „Hohenzollerischen<br />

Heimat" nur wenig berichtet. Es ist deshalb wohl berechtigt,<br />

hier eine kurze Schau auf die Geschichte der jüngsten<br />

Gemeinde des Landkreises Sigmaringen zu versuchen.<br />

Wangen wird erstmals von Gallus öhem, Priester in Radolfzell,<br />

später in Konstanz, in der von ihm in den ersten<br />

Michaelskapelle<br />

Jahren des 16. Jahrhunderts verfaßten Chronik der Abtei<br />

Reichenau genannt. (Bearbeitet von Karl Brandi. Quellen<br />

und Forschungen zur Geschichte der Abtei Reichenau Bd. 2<br />

Heidelberg 1893.) Gallus öhem berichtet u. a. für Wangen<br />

und zwar für 799 eine Güterschenkung des Grafen Gerold,<br />

des Schwagers Karls des Großen, an das Gotteshaus<br />

Reichenau. Nur wenige Gemeinden unseres engeren Heimatbereiches<br />

können auf ein solch hohes Alter zurückblicken.<br />

Ostrach zum Beispiel wird als Hostrahun erst 851<br />

in einer ersten geschichtlichen Aufzeichnung genannt. Erst<br />

nach nahezu 300 Jahren, 1187, tritt Wangen nach dem<br />

Salemer Urkundenbuch, diesmal urkundlich, in Erscheinung.<br />

Abt Diethelm von Reichenau übergibt dem Kloster<br />

Salem den Fremberg oberhalb des Hofes Raitenhaslach, wogegen<br />

er von Salem das Gut Mirmisloch und ein Gut zu Wangen<br />

empfängt. Dieser Gütertausch läßt jedenfalls den Schluß<br />

zu, daß, anknüpfend an die Aufzeichnung von 799, zwischen<br />

der Abtei Reichenau und Wangen in diesem Zeitraum<br />

dauernd Beziehungen bestanden haben. Die Erwerbung<br />

des Gutes zu Wangen wird 1189 von Abt Diethelm<br />

24<br />

von Reichenau dem Kloster Salem bestätigt. 1211 wird in<br />

einer Urkunde des Abtes Heinrich von Reichenau über die<br />

Übergabe eines Gutes zu Deisendorf an das Kloster Salem<br />

u. a. als Zeuge Hubertus von Wangen genannt. Später<br />

1243, 1248, 1262 und 1279, werden weiter in Urkunden<br />

des Klosters Salem Ecchehardus miles de Wangen, Eggihard<br />

von Wangen, Adelheid von Wangen und Heinrich<br />

von Wangen genannt.<br />

Nach der Gütergeschichte des Klosters Weißenau bei Ravensburg<br />

(Acta ecclesiae s. Peter in Augie-Owe) haben<br />

um 1290 zwei Brüder Freie von Bittelschieß drei Güter in<br />

Wolfartsweiler und Wangen gegen drei Güter der Kirche<br />

Weißenau getauscht (Zeitschrift Oberrhein 29.29). 1295<br />

übertragen auf Bitten des Ulricus miles von Königsegg die<br />

Herren von Gundolfingen die großen und kleinen Zehnten<br />

in Wangen an das Kloster Salem.<br />

1324 haben Abt Diethelm und der ganze Konvent des<br />

Klosters Reichenau den Kelnhof in Wangen an den Ritter<br />

Berthold von Urach verkauft. Kelnhof (Kellhof) war der<br />

Haupthof eines klösterlichen Verwaltungsbezirks in einer<br />

Ortschaft. Im gleichen Jahr hat Vogt Mürli zu Sigmaringen<br />

nach dem Schirmbrief vom 10. November 1324 die<br />

Schirmherrschaft für die in der Grafschaft Sigmaringen<br />

gelegenen Orte des Salemer Amtes Ostrach: Lausheim,<br />

Ostrach, Burgweiler, Magenbuch, Levertsweiler, Spöck<br />

und Wangen übernommen. Wangen hat also 1324 zum<br />

Salemer Amt Ostrach gehört. Die Zugehörigkeit zum Amt<br />

Ostrach hat aber für Wangen schon im folgenden Jahrhundert<br />

bei gebietlichen Abgrenzungen zwischen den<br />

Grafschaften Sigmaringen und Heiligenberg geendet. Das<br />

Jahr 1434, in dem die Werdenberger der Sigmaringer<br />

Linie nach langen Auseinandersetzungen die benachbarte<br />

reichslehenbare Grafschaft Heiligenberg an sich brachten,<br />

war für das Dorf Wangen insofern bedeutsam, als es von<br />

dieser Grenzbereinigung betroffen wurde. Für 1463 ist<br />

bestätigt, daß Wangen an Heiligenberg übergegangen ist.<br />

Am 5. Januar 1463 verkauft Jerg von Köniesegg an Graf<br />

Johann zu Werdenberg, den älteren, Vogtei, Gericht,<br />

Zwing und Bann und die Fischenz in der Ostrach zu<br />

Wangen um 85 Rh. Gulden (F U B I VI Nn. 2721. Wangen<br />

zählte fortan, also nach dem Ubergang des Niedergerichts<br />

an Werdenberg, zu den Werdenberger Allodialdörfern.<br />

1467 vermacht Hans Werner von Zimmern der Pfarrkirche<br />

St. Martin in Meßkirch seine Einkünfte in Wangen.<br />

Diese wenigen geschichtlichen Daten aus dem 12. bis<br />

15. Jahrhundert über Besitzungen, den Tausch von Gütern,<br />

über Berechtigungen und Rechte sonstiger Art in<br />

Wangen sollen für zahlreiche weitere geschichtliche Erwähnungen<br />

aus jener Zeit stehen. Solche weiteren Daten<br />

berühren Beziehungen zu Ostrach, Pfullendorf, den Klöstern<br />

Habsthal und Inzigkofen und zu anderen Orten<br />

dieses Bereiches.<br />

Von 1435 bis 1534 waren die beiden Grafschaften Sigmaringen<br />

und Heiligenberg in Personalunion zusammengeschlossen.<br />

Nach dem Aussterben der männlichen Werdenberger,<br />

1534, kam die Grafschaft Sigmaringen als österreichisches<br />

Lehen an Karl von Hohenzollern. Die Grafschaft<br />

Heiligenberg fiel zusammen mit dem Werdenbergischen<br />

Allod an Friedrich von Fürstenberg als Schwiegersohn<br />

Christophs von Werdenberg, des letzten Werdenbergers.<br />

Der Ort Wangen, der 1463 von den Werdenber-


gern erworben worden war, kam bei der Auseinandersetzung<br />

über Grenzfragen (mit Aach, Sentenhart und<br />

Schwäbiishausen) ohne weiteres an Fürstenberg, obwohl<br />

er in der Grafschaft Sigmaringen lag. Die Trennung der<br />

Grafschaften Sigmaringen und Heiligenberg wurde durch<br />

den Vertrag von Pfullendorf geregelt. Durch den Vertrag<br />

von Pfullendorf vom 5. Februar 1540 zwischen dem Grafen<br />

Wilhelm von Fürstenberg und dem Grafen Karl von<br />

Zollern wurden Einzelheiten über die Trennung der Grafschaften<br />

Heiligenberg und Sigmaringen geregelt. Für<br />

Wangen verblieb es dabei bei seiner Zugehörigkeit zur<br />

Grafschaft Fürstenberg.<br />

In der Schrift: Heiligenberg in Schwaben (1853) von<br />

C. B. A. Fickler wird für das 17. Jahrhundert - es dürfte<br />

die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg gewesen sein -<br />

Wangen mit 11 Bürgern als zur Grafschaft Heiligenberg<br />

gehörend angeführt.<br />

Die Drangsale des Dreißigjährigen Krieges haben auch<br />

dem Dorf Wangen viel Not und Leid gebracht. Die ganze<br />

Pfarrei Ostrach, zu der Wangen auch damals schon gehörte,<br />

zählte am Ende des Krieges nur noch 160 Bewohner.<br />

Von 1650 bis 1660 kamen, wie das auch anderwärts<br />

vielfach zu verzeichnen war, schweizerische Einwanderer<br />

und brachten neues Leben in das Gemeindewesen. Nachfahren<br />

dieser Einwanderer leben heute noch in Wangen.<br />

Auch bei den Kämpfen der Schlacht bei Ostrach am<br />

21. März 1799, in der die Franzosen von den Österreichern<br />

geschlagen und zum Rückzug in Richtung Stockach<br />

gezwungen wurden, hat Wangen notvolle Tage erleben<br />

müssen.<br />

In dem im Fürstl. Fürstenbergischen Archiv in Donaueschingen<br />

befindlichen Urbar der Gemeinde Wangen von<br />

1760 sind um die Mitte des 18. Jahrhunderts für Wangen<br />

folgende Grundherrschaften — allerdings mit recht unterschiedlicher<br />

Größe des Grundeigentums - ausgewiesen:<br />

Kloster Habsthal, Kloster Salem, Kloster Inzigkofen,<br />

Pfarrer in Ostrach, Pfarrei Ostrach, Heiliger zu Ostrach,<br />

Frühmeßpfründe zu Ostrach, Kirchenpatron zu Wangen,<br />

Kirchenpatron zu Einhart, Herrschaft Fürstenberg,<br />

Pfründe zu Pfullendorf, Pfründe zu Mengen, Familie<br />

Sautter von Laiterberg, Gemeinde Einhart, Gemeinde Magenbuch,<br />

Gemeinde Wangen, Eigengüter der Bauern. (Aus<br />

der Arbeit von Helmut Lieb: „Die Grundherrschaft des<br />

Augustinerinnenklosters Habsthal im 18. Jahrhundert".<br />

Im Fürstl. Hohenz. Haus- und Dom.Archiv Sigmaringen.)<br />

Als 1806 die Fürstenbergische Reichsgrafschaft Heiligenberg<br />

in dem von Napoleon errichteten Großherzogtum<br />

Baden aufging, wurde Wangen badisch und blieb badische<br />

Exklave im damaligen Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen.<br />

Von 1806 bis 1849 hat Wangen dem badischen<br />

Amtsbezirk Heiligenberg, von 1849 bis 1936 dem Amtsbezirk<br />

Pfullendorf und nach dessen Auflösung von 1936<br />

bis Ende 1968 dem Landkreis Überlingen zugehört. Der<br />

Status der Exklave blieb für Wangen nach Anschluß Hohenzollerns<br />

an Preußen von 1850 ab bestehen.<br />

Durch das oben erwähnte Exklavengesetz vom 22. April<br />

1968 wurde Wangen zum 1. Januar 1969 in den Landkreis<br />

Sigmaringen eingegliedert.<br />

Die Kapelle<br />

Kirchlich ist Wangen Filiale der Pfarrei Ostrach. Im Dorf<br />

steht eine Kapelle, die dem St. Michaelis Archang geweiht<br />

ist. Sie ist romanisch und geht in der Anlage wohl in das<br />

12. Jahrhundert zurück. Im Dreißigjährigen Krieg beschädigt,<br />

wurde sie 1676 wieder instandgesetzt. Einer Renovierung<br />

1895 folgte eine weitere im Jahre 1959, bei der<br />

sich hinter dem Aufsatz des Barockaltars ein romanisches<br />

Fenster in der frühen Form fand, wie sie bei der Kapelle<br />

Goldbach bei Überlingen zu sehen ist. Im Turm habe nach<br />

Aussage des Mesners bei der Renovierung 1959 früher die<br />

Jahreszahl 1118 gestanden.<br />

Die Kapelle ist kunstgeschichtlich recht bedeutsam ausgestattet.<br />

Das frühere Altarbild, jetzt an der Nordwand,<br />

zeigt vor Landschaft den hl. Franz Xaver in<br />

schwarzem Habit, kniend, den Kopf erhoben, nach dem<br />

Kreuz in den Wolken blickend, zu dem der Finger des<br />

Engels weist, dessen Linke die Schulter des Heiligen umfängt.<br />

Das Bild ist eine ausgezeichnete Malerei des 17.<br />

Jahrhunderts. Auf dem Altartisch steht eine Pieta, die aus<br />

3 Bilder: Hohenz, Landesdenkmalpflege<br />

der Pfarrkirche Ostrach stammt. Christus ohne Dornenkrone,<br />

die Trauer der Mutter durch aufgemalte Tränen<br />

betont, sonst könnte das edle Gesicht mit den großen<br />

schönen Zügen auch mit stiller Verklärung erfüllt gewesen<br />

sein. Die schönen Hände halten Kopf und Arm des Toten.<br />

Das Kopftuch mit Goldsaum fällt bis auf den Boden als<br />

weit drapierter Mantel herunter. Die in das 15. Jahrhundert<br />

datierte Gruppe wird wegen ihrer edlen Form<br />

gerühmt. Eine Konsole an der Südwand trägt die Figur<br />

der schmerzhaften Muttergottes, stehend, mit Schwert in<br />

der Brust und mit Krone - 16. Jahrhundert -. In einem<br />

Ölbild auf Leinwand ist Christus in der Ruh, neben<br />

Geißelsäule sitzend, mit Dornenkrone und Rohr, Kopf in<br />

die Hand gestützt, dargestellt. Weiter sind vorhanden ein<br />

Ölbild des hl. Michael, Figuren aus dem 16. Jahrhundert<br />

- des hl, Michael, der hl. Verena mit Henkelkrug und<br />

scheibenförmigem Brot, des hl. Bischofs Ulrich mit Mitra,<br />

Stab und Buch und des hl. Johannes-Evangelist mit Kelch,<br />

an dem die Schlange fehlt. Alle Plastiken haben bei der<br />

Renovierung der Kapelle im Jahr 1959 wieder die ursprüngliche<br />

farbliche Fassung bekommen. (Nach Akten<br />

des Landeskonservators der Kunstdenkmäler Hohenzollerns.)<br />

Die Kapelle, deren romanische Stilform bei der<br />

Renovierung 1959 wiederhergestellt wurde und die dadurch<br />

für das Dorf zu einem ausnehmend schönen Kunstdenkmal<br />

geworden ist, steht unter Denkmalschutz.<br />

Von 1652 an ruhte auf dem Kretzdornschen Hof, dem<br />

Hofgut des letzten Bürgermeisters Johann Scholter, bis<br />

zur Ablösung im 19. Jahrhundert die Verpflichtung zur<br />

Leistung einer Naturalienabgabe an die Pfarrpfründe<br />

Ostrach.<br />

25


Muttergottes in Wangen<br />

Aus der jüngsten Dorfgeschichte seit 1969<br />

Ein bedeutungsvolles Fest - bedeutungsvoll für die jüngste<br />

Ortsgeschichte - war für Wangen die Hundertjahrfeier<br />

der Freiwilligen Feuerwehr, verbunden mit Fahnenweihe,<br />

am 2. und 3. August 1969. Mit dem Jubiläum, mit dem<br />

die Weihe einer neuen von den Schwestern des Klosters<br />

Habsthal gefertigten Fahne verbunden war, haben die<br />

Freiwillige Feuerwehr und die Gemeinde bekundet, daß<br />

die Freiw''nge Feuerwehr Wangen im Jahr 1869 mit der<br />

Aufstellung einer Feuerlöschordnung ins Leben getreten<br />

ist. An den Festtagen der Hundertjahrfeier fand das Hineinwachsen<br />

der Gemeinde Wangen in die Gemeinschaft<br />

des Landkreises Sigmaringen überzeugenden Ausdruck.<br />

Ein besonders wichtiges Ereignis für die Gemeinde war<br />

ihre Eingemeindung nach Ostrach. Am 13. Oktober 1971<br />

hatte der Gemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung der<br />

Eingliederung zugestimmt. Nachdem dieser Beschluß am<br />

Zum Namen Ringingen<br />

Wenn Karl Th. Zingeler 1896 aus dem Wappen des Ringinger<br />

Adels, den drei Ringen auf einem Schrägbalken,<br />

auf eine frühere Gerichtsstätte schließen wolle so war<br />

dies, da Wappen erst seit ca. 1150 nachweisbar sind,<br />

ebenso gewagt, wie wenn der Unterzeichnete aus einem<br />

wahrscheinlichen Gerichtsplatz im Kreben und der ehemals<br />

„Ring" genannten Zuhörerschaft bei Gerichten einen<br />

Ansatzpunkt für die Entstehung des Namens Ringingen<br />

suchen wollte 2 . Haben doch die Geschichtsforscher des<br />

Konstanzer Arbeitskreises in der Zwischenzeit herausgefunden,<br />

daß die Gerichtsorte der einzelnen Gebiete im<br />

Lauf der Jahrhunderte wie viele andere Institutionen<br />

und Rechtsordnungen sehr stark dem Wechsel unterworfen<br />

waren und man z. B. aus dem 13. Jahrhundert keineswegs<br />

ins 10. oder ein noch früheres Jahrhundert zurück<br />

Schlüsse ziehen kann. Auch der „Stein bei Ringingen"<br />

(Krs. Ehingen), der im Jahre 1255 als Gerichtsplatz genannt<br />

wird s , war nach Günter Montfort kein künstlich<br />

im Dorf selbst aufgerichteter Steinblock, wie der sog.<br />

26<br />

22. November in öffentlicher Sitzung bestätigt wurde, ist<br />

die Eingemeindung nach Ostrach am 4. Dezember 1971<br />

vollzogen worden.<br />

Das Dorf und sein Name<br />

Wangen hat eine Gemarkungsfläche von 282 Hektar,<br />

zählt 167 Einwohner, 43 Haushaltungen und 49 Gebäude,<br />

darunter 37 Wohnhäuser. Die Schreibweise Wangen<br />

findet sich schon in ältesten geschichtlichen Aufzeichnungen.<br />

Vereinzelt, so 1248, erscheint der Name Wangin<br />

und 1468 Wanggen. Wangen kommt von Wang, das ist<br />

Feld, Ebene, natürlich grünendes, ebenes Gelände, lateinisch<br />

campus, im Plural Wangen. Unser Wangen ist eine<br />

Siedlung auf der ebenen Talsohle des Ostrachtales. Siedlungsgeschichtlich<br />

ist die Entstehung des Ortes in die Zeit<br />

der alemannischen Landnahme im 4. und 5. Jahrhundert<br />

n. Chr. zu datieren. Neben Kirche und Friedhof hat Wangen<br />

die Schule und den Planungsverband Ostrachtal und<br />

das Vereinsleben mit Ostrach gemeinsam.<br />

Das Gemeindewappen von Wangen ziert ein Pflug im<br />

Ackerfeld. Das Wappenzeichen geht wohl schon in die<br />

Fürstenberger Zeit zurück. Der Pflug ist Symbol der<br />

Landwirtschaft. Aber gerade als ländliche Gemeinde hat<br />

sich Wangen immer bemüht, auch ein schönes, schmuckes<br />

Dorfbild zu bieten. Farbenprächtiger Blumenschmuck an<br />

Fenstern und in den Gärten vom Frühjahr bis in den<br />

späten Herbst bietet sich zur Freude der einheimischen Bevölkerung<br />

und zur Freude und Bewunderung der Besucher<br />

des Dorfes. So war es für Wangen eine beglückende<br />

Auszeichnung, als im Jahr 1969 bei dem vom Landkreis<br />

Sigmaringen durchgeführten Schönheitswettbewerb die<br />

Gemeinde in der ländlichen Gruppe den ersten Preis erhielt.<br />

Nachdem vor kurzem der Durchgangsverkehr der<br />

Landstraße Habthal-Ostrach durch eine westliche Umgehung<br />

aus dem Dorf herausverlegt worden ist, wird das<br />

sicher zu einer glücklichen Voraussetzung für eine vom<br />

Straßenverkehr unbeschwerte Entfaltung und Weiterentwicklung<br />

des blumenfreudigen dörflichen Lebens werden.<br />

Anmerkung: Als Quellen und Schrifttum seien außer den im vorstehenden<br />

Text angeführten Quellenangaben noch genannt das Salemer<br />

Urkundenbuch und das Fürstenbergische Urkundenbuch, beide mit<br />

mehrfadien Erwähnungen von Wangen, ferner der Realschematismus<br />

der Erzdiözese Freiburg und die Schrift von Dr. Dieter-Wilhelm<br />

Mayer „Die Grafchaft Sigmaringen und ihre Grenzen im 16. Jahrhundert"<br />

(Heft 4 der Schriftenreihe „Arbeiten zur Landeskunde Hohenzollerns",<br />

herausgegeben von der Landeskundlichen Forschungsstelle<br />

des Landeskommunalverbandes der Hohenz. Lande. Sigmaringen<br />

1959).<br />

Asylstein im Klosterhof von Blaubeuren, sondern ein auffallender,<br />

8 m hoher Felsen Östlich der Straße Ringingen-<br />

Pappelau. Dort gruppieren sich die Fluren Steinhau,<br />

Steinhäule, Steinäcker, Steinbühl und Steinboll um das<br />

sog. Steintal 4 . Somit war es eine trügerische Hoffnung,<br />

den Namen des Dorfes auf eine Gerichtsstätte zurückführen<br />

zu können. Zudem sind die Ingen-Orte allermeist<br />

viel älter als die bekannten Gerichtsorte der Grafschaften.<br />

Das bayrische (Ober)-Ringingen im Ries hieß einst Reginingen<br />

nach einem Personennamen Regino. Auch bei<br />

uns muß wohl der Name Ringo (dies war z. B. die Bezeichnung<br />

der Apostel Jesu im sächsischen Heliand: in der<br />

Bedeutung Kämpfer, Held!) oder Ringolt u. ä. als Ausgangspunkt<br />

des Ortsnamens bleiben. Joh. Adam Kraus<br />

Anmerkungen:<br />

1<br />

Kunstdenkmäler Hohenzollerns 1896, S. 28.<br />

2<br />

Hohz.JHeft 1961, S. 87.<br />

3 Ulmisches UB I, 1873, S. 94.<br />

4<br />

Festschrift für Hansmartin Decker-Hauff 1967, S. 210-218; hekto-<br />

graphiert.


JOHANN ADAM KRAUS<br />

Rangendingen 1544<br />

Berthold Hagen hat als Renovator des Zollergrafen in<br />

der Fastenzeit des Jahres 1544 die zollerischen Rechte zu<br />

Rangendingen in sein Lagerbuch eingetragen, das im<br />

fürstlich hohenzollerischen Dornänenarchiv in Sigmaringen<br />

erhalten ist. Unter den trockenen Aufzählungen von<br />

Einkünften und Grundstücken findet sich auch manche<br />

interessante Notiz. Wir entnehmen daraus 1 :<br />

Neben der Pfarrpfründe gab es auch noch eine 1453 gestiftete<br />

Kaplanei oder Frühmcßstelle V Deren ursprüngliches<br />

Haus stand damals nicht mehr. Sein Platz iag zwischen<br />

dem Pfarrhaus, der Closen (Kloster) und dem Almandgut.<br />

Eine „Saul" hatte ehedem noch auf dem Pfarrgut<br />

bestanden. Der Platz wurde im Jahr 1554 an Hans<br />

Spindler als Bauplatz geliehen. Merkwürdigerweise bezog<br />

die zollerische Herrschaft keinen Zehnten aus dem<br />

Dorf, obwohl noch um 1390 in einer hohenberger Quelle 2<br />

vermerkt ist: „Markwart von Au (Ow) hat von der Herrschaft<br />

Hohenberg (die seit 1381 österreichisch war) statt<br />

seiner Mutter Anna von Stein den Laienzehnten zu Rangendingen<br />

im Dorf empfangen, ferner weiland (der verstorbenen)<br />

Marquardt von Ow einen Teil der Burg Staufenberg<br />

und das halbe Gut, das er vom Stölker zu Rangendingen<br />

gekauft hat."<br />

Die Hemlinsmühle unterhalb des Dorfes in der Au war<br />

herrschaftseigen. Der Inhaber Jörg N. hatte jährlich daraus<br />

6 Gulden, 17 Malter 6 Viertel Kernen und für die<br />

Schweineatzung 1 Malter 6 Viertel (Kleie) abzuliefern.<br />

Die Untertanen dagegen mußten die Mühle beholzen (das<br />

nötige Brenn- und Bauholz beiführen) und Baufron leisten.<br />

Auch zur Kelter, die am Fuß der Houhenburg stand<br />

und der Herrschaft gehörte, mußten sie fronen. Der Inhaber<br />

der Kelter hatte von 30 Ohm gekeltertem Wein<br />

jeweils ein Ohm zu geben, die von den Bürgern fronweise<br />

(d. h. ohne Entlohnung) nach Hechingen oder auf<br />

die Zollerburg zu bringen waren. (Weingärten sind an<br />

Houhenburg noch im Jahr 1617 genannt!) Im Jahre 1544<br />

werden sieben Morgen Weingärten daselbst aufgeführt,<br />

die ein Sechstel des Ertrags der Herrschaft abliefern<br />

mußten.<br />

Ein Herrschaftswald in Größe von 222,5 Jauchert lag im<br />

Rhindall gegen Grosselfingen am Gemeindewald.<br />

Der herrschaftliche Dorfvogt Kunlin Widmaier (Vogt hieß<br />

bei uns der Bürgermeister noch bis 1904!) bezog als Einkommen:<br />

Von Lugfreveln und Unrechten 1-5 Schilling,<br />

als Fürbotgeld an Auswärtige je 1 Schilling, von Einheimischen<br />

4 Heller. Wenn man fronte, hat er lediglich<br />

14 Kreuzer zu geben. Bei Ackerfron darf er seine Mene<br />

(Zugvieh) daheim behalten, auch eine andere Mene zum<br />

Ackern benützen oder dafür das Geld empfangen. Auch<br />

darf er sich aus dem Herrschaftswald mit minderwertigen<br />

Afterschlägen beholzen. Außerdem erhält er jährlich von<br />

auswärtigen Rangendingern je eine Leibhenne. Am Gallustag,<br />

dem Fest des Kirchenpatrons am 16. Oktober,<br />

ist Markt. Der Zoll oder das Standgeld („Stettgeld")<br />

gehört ebenfalls dem Vogt, doch muß er die Umgänger<br />

unterhalten.<br />

Umgeld oder Getränksteuer: Von jedem Ohm ausgeschenkten<br />

Wein ist die 11. Maß abzuliefern. Doch brauchen<br />

die Weinbauern beim eigenen Ausschenken (Besenwirtschaft)<br />

kein Umgeld geben.<br />

Beim Abmessen ist das alte Rottenburger Maß zu benützen<br />

(wohl von Hohenberg her). In Rangendingen darf<br />

sonst nur der Rottenburger Malter benutzt werden, auf<br />

den 12 Haigerlocher Viertel gerechnet werden.<br />

Als Mann- oder Leibsteuer haben alle Leibeigenen je auf<br />

1. Mai und auf Martini (11. November) 5 Schilling zu<br />

zahlen, zusammen also 10 Schilling an die Herrschaft.<br />

Außerdem bezieht diese jährlich aus der Clus (Kloster)<br />

acht Malter Hundhaber. Offenbar hatte früher das Kloster<br />

statt dessen einen Jagdhund unterhalten müssen, daher<br />

der Name für d : ~se Fruchtabgabe.<br />

Die jährliche Nutzung der Pfarrei (pag. 128) betrug im<br />

Jahre 1544: Unablösigen Hellerzins 11 Pfund 7 Heller,<br />

ablösigen Zins 5 Schilling, Vesen in Rangendinger Meß<br />

9 Malter 8 Viertel; Roggen in Haigerlocher Meß 21Vä<br />

Viertel, Haber in Rangendinger Meß 4 Malter und in<br />

Haigerlocher Meß 16 Viertel. Aus der Zeig Houhenburg<br />

13 Viertel, Zeig Berkach 4 Viertel, Zeig Malma 12 Viertel,<br />

was gebaut wird. Hanfsamen jährlich 2 Ire-' Wein<br />

8 Maß, Gänse 3, junge Hühner 19, Eier 1 Viertel = 120<br />

Stück, Erbsen, wann der Zeig Malma Haber trägt: 1<br />

Viertel. Dazu kamen die eigenen Güter der Pfarrei, der<br />

Zehnt aus Früchten, Heu und Wein, der Kl« izehnt aus<br />

Gärten, der lebende Zehnt von Hühner, Schwei: en, Kälbern,<br />

Gänsen, Enten und die Casualien von Taufen,<br />

Hochzeiten, Beerdigungen etc. Hierzu kamen noch die<br />

Einkünfte der ehemaligen Frühmeßpfründe (p. 139).<br />

Unter der damaligen Bevölkerung fallen besonders folgende<br />

Juden auf: Jackle und Selgmann Jud, zwei Brüder,<br />

haben jährlich auf Michaelistag 5 Gulden Schirmgelt<br />

an die Herrschaft zu zahlen. Itzig Jud dagegen auf Jakobi<br />

10 Gulden, Haschge Jud auf Jergentag 5 Gulden.<br />

Von allen erwachsenen Juden war beim Tod noch 1 Gulden<br />

Kirchhofgeld zu geben, von solchen unter 12 Jahren<br />

jedoch nur ein halber Gulden.<br />

Außerdem sind 87 Familien namentlich aufgezählt mit<br />

der Angabe, ob sie frei, oder einem Herrn leibeigen sind.<br />

Die Namen der Familien selbst sind bereits iin Hohenzollerischen<br />

Jahresheft 1935 3 abgedruckt. Nur findet sich<br />

hier Fuchsschwanz statt Fuchs, Cleuslin einmal als Cleublin,<br />

dann ein dort fehlender Hansmann mit Frau und<br />

2 Kindern, ein Ruprecht, ein Ful statt Fulleder und für<br />

Haug steht Hug. Ein Nachtrag um 1550 nennt noch einen<br />

neuen Namen: Christ Wannenmacher, der an des Pfarrers<br />

Baumgarten sein Haus hat. Die Badstube hat Adam<br />

Schräm inne, später aber der Küfer Jakob Metzger. Freie<br />

Personen, die also keinen Herrn hatten, dem si: jährlich<br />

eine Leibhenne und einen Geldbetrag zu geben hatten,<br />

sind etwa 27 aufgeführt. Die Kinder folgten immer dem<br />

Stand der Mutter. War sie frei, dann waren sie es auch *.<br />

Bei Ludwig Beuther ist bemerkt, er sei tot, vom Nachlaß<br />

mußte man jedoch als Hauptfall (Vermögenssteuer) 2<br />

Pfund Heller geben. Als Leibherren sind genannt: die<br />

Grafen von Zollern, Herren von Ow, Oesterreich (wohl<br />

von Hohenberg her), Werdenberg (bzw. seit 1534 Fürstenberg),<br />

Württemberg, Hans von Ehingen, Herren von<br />

Bubenhofen, von Hirrlingen, die Klöster Buchau, Bebenhausen,<br />

Alpirsbach, die Herren von Felldorf, der Herr<br />

zu Scheer, die Abtei Roggenburg bei Weißenhorn (Bay.),<br />

der Herr zu Pfeffingen. Einmal heißt es: Die Frau des<br />

Hans Weiß ist Schweizerin, die Tochter aus erster Ehe ist<br />

württembergisch.<br />

Die Grundstücke sind durch Flurnamen, Zeigen und Angrenzer<br />

näher bezeichnet. Letztere können natürlich aus<br />

den Nachbarorten sein. An Flurnamen seien nur wenige<br />

27


charakteristische erwähnt. Die drei Zeigen oder Esche<br />

sind: Malma oder Malben (= sandige Erde, Staub),<br />

Houhenburg, die alte Form für heutige Hochburg 5 , und<br />

Berkach (wohl nach der Birke benannt).<br />

Im Zeig Malma sind u.a. genannt: An der Schray (= Zaun<br />

aus Schräg Stangen), Am Krimbling (krumme Grundstücke),<br />

In Salach (Salweiden), Uf dem Amschlatt (ob zu<br />

Schlatt = Schilf, Sumpfpflanzen?), Im Bezenberg oder<br />

Wezenberg (Personenname?), Uf Casta oder uf Castell<br />

am Hofacker. Kasten wäre im Bayerischen gleich Felswand.<br />

Ob der Name zu castellum gehört? An der Röttin<br />

(wohl von Roter Erde).<br />

Zeig Houhenburg: Ob der Mülin im Boden (ebenes<br />

Land), An Langenzuber, An Hummelberg, Im Hazenried<br />

am Bruckweg an der Starzel, An Hitzenried (ob verschrieben<br />

für den vorausgehenden Namen?). An Weylaberg,<br />

Im Gern (Dreieckstück), Am Jettentalgäßlin, In Marquards<br />

Tälin, Ob dem Bockbom, Die Uchengasse (uochta<br />

= Morgenweide), Neben Hungerberg, Unter Winterzill<br />

(Winter = nördlich, Ziel = Grenze), Am Bildwasen bei<br />

dem Capellin (religiöses Bild, Bildstock).<br />

Zeig Berkach: An der Ow beim Hanbrunnen, Bucher Weg<br />

hinter dem Capellin (welches?), Im Wolfental, Der Hienerbach,<br />

In Sandel oder Sandeiii (Delle = Tälchen), Im<br />

Hezgern (Hätze = Elster? und Gern = Dreieckstück?),<br />

Wiesen sind u. a. erwähnt: Jenit (jenseits) uf Casta (siehe<br />

oben), Im Yetental, Der Schenkenbrüel, In obern Weyda,<br />

heißt im Hamerschleglin an der Starzel. Hier dürfte es<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Trotz fremden Klanges urdeutsch:<br />

Die Geländenamen Kay Lind Schray<br />

Die Bezeichnung Kay kommt trotz ihres ungewohnten<br />

Klanges ziemlich häufig im schwäbischen und bayerischen<br />

Bereich und anderswo in verschiedenen Schreibarten vor:<br />

Ghai, Gehei, Khai, Koy, Kayh, Kai, Koi, Koih und auch<br />

in Zusammensetzungen wie Kaienberg, Haischlag, Haiholz.<br />

In den beiden letzten Fällen wäre freilich auch ein<br />

Zusammenhang mit Hau, Haue, also Wald möglich. Bei<br />

uns gibt es zwischen Schlatt und Beuren einen Ghaikopf.<br />

Dortige Güter, genannt Ghay, wurden schon im J. 1285<br />

in einer Stettener Klosterurkunde erwähnt und 1398 und<br />

1473 heißen sie „Kay". In den Monumanta Hohenbergica<br />

von L. Schmid kommen (Nr. 142) zum Jahr 1293<br />

Wälder vor, die „Gehae" genannt sind. Bei Salmendingen<br />

in unmittelbarer Nähe der alten Burgstelle gibt es eine<br />

Ghaihalde, der Volksmund sagt dazu „Uf Koi". Eine alte<br />

Ortschaft bei Entringen-Tübingen heißt Kayh. Während<br />

nun W. Keinath in seinem Buch über Orts- und Flurnamen<br />

in Württemberg (1951) vermutete, das Wort könne<br />

von einem schwäbischen (mir unbekannten) „heien, hoia"<br />

mit der Bedeutung „brennen" kommen oder auch eine<br />

dunstige Stelle bzw. eine solche mit aufsteigendem Dampf<br />

bedeuten, weisen versierte Forscher wie Michel Buck<br />

(1880), Rem. Vollmann (1925) und Josef Schnetz (1952)<br />

auf ein mittelhochdeutsches Wort „heie, geheie" hin im<br />

Sinne von Gehege, Zaun, Grenzwehr, Befestigung. Gehai<br />

wäre somit die älteste Form, die dann zu Kai, Koy wurde.<br />

Das lange in Gebrauch befindliche zugehörige Zeitwort<br />

heien bedeutete „umhegen, mit Hag versehen, verbannen,<br />

verbieten", was sowohl auf Grenzwehr und Befestigung<br />

angewendet wurde, als auch auf den Esch-hai, den Feldhüter.<br />

Man möchte vermuten, daß die Bedeutung Wehr<br />

oder Befestigung auch für die genannte örtlichkeit in Salmendingen<br />

zutraf, zumal auch im benachbarten Ringingen<br />

28<br />

sich um ein ehemaliges Hammerwerk gehandelt haben,<br />

wovon jedoch nichts überliefert ist. Ebenda stoßt 1 Mannswahd<br />

Wiese oben an das Glockheuslin und unten an den<br />

Bach. Schwerlich ist an eine Glocke zu denken. Vielleicht<br />

an eine ehemalige Klopfsäge? Schelmenwasen, auf dem<br />

das gefallene Vieh verlochert wurde. Bei der Büze<br />

(= bizäune, beim Dorfzaun), Uf dem Haingarten, Huengarten,<br />

Hungarten; Im Ramspach, Lendlis- oder Lendishalden<br />

(Personenname?), Im Seltengraben (selten mit<br />

Wasser). Das Gallenwiesle (Kirchenpatron St. Gallus), In<br />

Nettenbach, Yettental; Die Pletschwies in Wyda (wohl<br />

Wiese mit großen Bletschpflanzen und Salweiden). In<br />

Wözenbach (ob Familienname?), Im Schönrain (wohl die<br />

früher in Urkunden vorkommende Siedlung?), Im Störkengäßlin,<br />

Eine Wiese Roßstall hinter den Höfen; Haus<br />

am Stainach; Im Geißlinsbrunnen; 1 Garten jenseits der<br />

Stainach hinter der Wingerter Häuser; 1 Jauchert am<br />

Aymengraben, heute Ohmengraben (wohl vom Faulwasser,<br />

stehendem Wasser, bekannt), 1453 Oemengraben.<br />

Anmerkungen:<br />

1<br />

Die Einsichtnahme verdanke ich Herrn Archivrat W.<br />

und Fräulein G. Huber.<br />

Bernhardt<br />

'a Stiftungsurkunde: Hohz. Heimat 1961, 9—11; 31.<br />

2<br />

K. O. Müller, Quellen zur Wirtschaftsgeschichte Hohenberg, Stuttg.<br />

1953, Seite 121, 152 und mehrfach!<br />

3<br />

Hohcnzollerischc<br />

125 ff.<br />

Jahreshefte, 2 Jg. 1935 fürs Jahr 1548. Seite<br />

4<br />

Vgl. hierzu die Einleitung des in Note 3 genannten Aufsatzes.<br />

5<br />

Hochburg und Adel von Rangendingen: Hohcnzollerische Heimat<br />

1970, 30 f.<br />

noch 1677 die Gegend direkt unter der Burgstelle, also am<br />

alten Ringelbrunnen bzw. unteren Hohlweg (Häuser 89<br />

und 90) noch Khay oder Khoy hieß, also wohl mit der<br />

festen Burg irgendwie in Zusammenhang stand. Obiger<br />

Ghaikopf ist daraufhin noch nicht untersucht.<br />

Eine ähnliche Sprachentwicklung machte auch das Wort<br />

Schrai, Schray, Gschroi durch. Es hat trotz anderslautender<br />

Volkserklärung nichts mit schreien zu tun, geht vielmehr<br />

auf das mittelhochdeutsche Wort schräge zurück, das<br />

einen W eidezaun aus schräg liegenden Stangen bezeichnete.<br />

Eine Flur Schraie gibt es bei Weilheim (bei Hechingen),<br />

eine andere bei Rangendingen gegen Hart (Gschroi).<br />

Ein schönes Beispiel der Entwicklung gibt der Name des<br />

Wallfahrtsortes Maria Schray bei Pfullendorf. Die älteste<br />

Form daselbst lautete 1466: „Kapelle U. I.b. Frauen zuo<br />

der Schrayen". Das Volk bildete daraus die Fabel, Maria<br />

habe im 30jährigen Krieg anläßlich von Schwedengreueln<br />

drei Angstschreie ausgestoßen, was schon zeitlich nicht<br />

paßt. Dabei ist Tatsache, daß es sich bei der Schraye nur<br />

um einen Flurnamen handeln kann, nämlich um einen<br />

ehemaligen Schräg zäun aus Stangen. Man braucht also<br />

keineswegs an das Schreien des Rangendinger Feldhüters<br />

zu glauben, der das schädliche Wild verscheucht haben soll.<br />

In Weilheim lautete die Wortform 1435 „Uf der Schraig",<br />

in Rangendingen 1544 „An der Schray". In Überlingen<br />

gabs 1572 eine Flur „Uf der Schreien am Stadtgraben",<br />

heute Schreienbühl genannt. Zu Hödingen im Linzgau<br />

nennt Joh. Schupp (Maria Schray-Büchlein S. 7) eine<br />

Schragengruob, bei Laufenburg am Hotzenwald eine<br />

Schraje. Fischers Vermutungen in seinem Schwäbischen<br />

Wörterbuch gehen erstaunlicherweise bei der Erklärung<br />

völlig daneben.


ALBERT SCHÄFER<br />

Interessantes über Kirchenbau von Heiligenzimmern anläßlich der<br />

125. Wiederkehr der Grundsteinlegung zur heutigen Pfarrkirche St. Patricius<br />

Zur Ehre Gottes und zu seinem Ruhm erbauten Menschen<br />

seit eh und je Tempel, Dome, Kirchen und Kapellen. Aus<br />

tiefer religiöser Frömmigkeit, gläubiger Verehrung und<br />

nicht zuletzt auch aus Liebe zum Allmächtigsten entstanden<br />

unvergängliche Kunstwerke. Nur Menschen ihrer Zeit<br />

konnten solches vollbringen. Wie viele romanische, gotische,<br />

barocke Kirchen es auch geben mag, jede Gemeinde<br />

prägte ihrem Gotteshaus seine Eigenständigkeit auf.<br />

Unsere Vorfahren mögen genau so gehandelt haben, als<br />

die wohl älteste Pfarrkirche zu Heiligenzimmern erbaut<br />

wurde. Sie stand in der Mitte des Dorfes, auf einer kleinen<br />

Anhöhe, die man Bruck nennt, im oberen Pfarrgarten.<br />

Wie zur damaligen Zeit üblich, wurde auch der Kirchenvorplatz<br />

als Friedhof angelegt.<br />

Beim Abbruch dieses alten, ehrwürdigen Gotteshauses in<br />

den Jahren 1847 bis 1852 fand man im Altarstein eine<br />

Pergament-Urkunde, die im Dekanatsarchiv zu Haigerloch<br />

aufbewahrt wird. Aus dem Inhalt der Urkunde ist zu<br />

entnehmen, daß die Pfarrkirche in der ersten Hälfte des<br />

11. Jahrhunderts erbaut wurde.<br />

Durch die im Jahre 1971 erfolgten Straßenverbreiterungen<br />

entdeckte man Reste von den Grundmauern der ehemaligen<br />

Pfarrkirche. In unmittelbarer Nähe der alten<br />

Pfarrkirche war auch eine Dominikanerinnenklause. Diese<br />

ist im Jahre 1554 durch Feuer zerstört worden. Ein Wohnund<br />

Ökonomiegebäude, Haus-Nr. 72a und 72b, stehen<br />

heute auf der Bruck an deren Stelle.<br />

Ganz nahe am östlichen Ufer der Stunzach in Heiligenzimmern<br />

steht die von Linden- und Obstbäumen umgebene<br />

St. Wendelinskapelle. An ihrem Chorbogen ist die<br />

Jahreszahl 1508 eingemeißelt. Doch erst im Jahre 1626<br />

wurde die Kapelle eingeweiht. Somit liegt die Vermutung<br />

nahe, daß früher schon einmal daselbst eine Kapelle war.<br />

Hierüber ist schon des öfteren berichtet worden. Es sei<br />

erwähnt, daß der Altar der Kapelle nach Osten hin aufgerichtet<br />

ist, eine Gepflogenheit der früheren Zeit, den<br />

Hauptaltar eines Gotteshauses nach Osten, nach Bethlehem<br />

hin, aufzurichten.<br />

Durch vielerlei Gründe bewegt, entschloß sich die Pfarrgemeinde<br />

Heiligenzimmern im Jahre 1847, eine neue, größere<br />

Pfarrkirche zu bauen.<br />

Erhebliche Schwierigkeiten gab es zu überwinden, bis der<br />

gewünschte Bauplan durch Baurat Zobel aus Sigmaringen<br />

der Kirchenbaukommission unterbreitet werden<br />

konnte.<br />

Auf einer stolzen Anhöhe mitten im Dorf, der westlichen<br />

Seite unserer Stunzach, wurde vor 125 Jahren im August<br />

1847 der Grundstein zur jetzigen Pfarrkirche St. Patricius<br />

gelegt. Nach dreijähriger, mühevoller Arbeit war dann die<br />

neue, im neugotischen Baustil erbaute Kirche 1850 vollendet.<br />

Zwei Sakristeien sind an den Hauptbau angegliedert<br />

worden. In einfacher, schlichter Art entstand ein<br />

schönes, erhabenes Gotteshaus. Seine Länge beträgt 33'/2<br />

Meter, die Breite 14 Meter und die Höhe 13 1 /2 Meter. Der<br />

Glockenturm hat die beachtliche Höhe von 35 Metern.<br />

Die Kirche wurde der Länge nach, von Süden nach Norden<br />

hin aufgebaut. Warum man den Bau der Kirche nicht<br />

so erstellte, daß nach uraltem Brauch der Hochaltar gegen<br />

Osten hin aufgerichtet werden konnte, bleibt ungeklärt.<br />

Vermutlich war auch die Geländeform des zu bebauenden<br />

Platzes mitschuldig. Im Innern der Kirche wurde die Aufgliederung<br />

nach dem damaligen Ritus beachtet. Opferaltar,<br />

Tabernakel sowie Kanzel - Orte der kultischen<br />

Handlung und des zu verkündenden Wortes - sind im<br />

Kirchenraum konzentriert. Der Chor mit dem Hochaltar<br />

ist im nördlichen Teil errichtet, der Marienaltar ist im<br />

westlichen, der Josefsaltar im östlichen Teil aufgestellt.<br />

Im südlichen Teil, auf der obersten Empore, befindet sich<br />

die Orgel. An der Südseite des Kirchenbaues wurde der<br />

Glockenturm errichtet. Hoch über den Dächern ragt die<br />

Turmspitze mit seinem Wahrzeichen empor. Durch den<br />

Glockenturm hindurch führt der Haupteingang mit Vorraum.<br />

In dem Vorraum befinden sich die Hauswappen der<br />

Hohenberger und der Hohenzollern.<br />

Die beiden 1655 und 1740 gegossenen Glocken, deren erster<br />

Klang vom Kirchturm der St. Patriciuskirche in alle<br />

Lande erschallte, sind von der alten Kirche übernommen<br />

worden. Leider mußten sie im ersten Weltkrieg abgegeben<br />

werden.<br />

Im November 1852 fand die Benediktion (Segnung) der<br />

Kirche statt. Hierzu wurde die Orgel aus der alten Kirche<br />

aufgestellt. Seit dem Tag der Segnung wird in der neuen<br />

Pfarrkirche täglich Gottesdienst gehalten. Die feierliche<br />

Konsekration (Einweihung) zu Ehren des hl. Patricius<br />

wurde durch Bischof Dr. Josef von Lipp, Rottenburg, am<br />

Donnerstag, dem 14. September 1865, vollzogen. Eine<br />

Erklärung, weshalb sich die Einweihung so lange verzögerte,<br />

fehlt. Leider sind nur spärliche Dokumentationen<br />

vorhanden.<br />

Erst nach rund siebzig Jahren wurde es möglich, die Pfarrkirche<br />

im Innern zu verschönern und auszumalen. Kunstmaler<br />

Pfister aus Gruol hat in den Jahren 1923/24 die<br />

Ausmalung zur vollsten Zufriedenheit durchgeführt. Pfarrer<br />

Simon Braun und seine Ministranten hatten dazu in<br />

reichem Maße Hilfsdienste geleistet.<br />

Die an der Ostseite des Kirchenvorplatzes angepflanzten<br />

Kastanienbäume hatten sich zu mächtig entfaltet. Sie<br />

spendeten viel zu viel Schatten und ließen zu wenig Sonne<br />

in das neu ausgemalte Kircheninnere eindringen. Deshalb<br />

sägte man weitausreichende Äste ganz, andere teilweise<br />

ab. Später sind die Kastanienbäume ganz entfernt worden.<br />

Für die im ersten Weltkrieg abgegebenen Glocken konnten<br />

im Jahre 1926 neue Kirchenglocken erworben werden.<br />

An der südöstlichen äußeren Kirchenmauer ist die Gedenktafel<br />

der Gefallenen und Vermißten des ersten Weltkrieges<br />

angebracht. Neben dem Seiteneingang zur Pfarrkirche<br />

steht das Missionskreuz.<br />

Mit Beginn des zweiten Weltkrieges mußten wieder zwei<br />

Kirchenglocken abgegeben werden. Durch Kriegseinwirkungen<br />

sind nicht nur im Dorf selbst, sondern auch an der<br />

St. Patriciuskirche erhebliche Schäden entstanden.<br />

Doch bald nach Kriegsende wurde begonnen, diese zu beheben.<br />

Für die abgegebenen Glocken konnten im Jahre<br />

1949/50 neue Kirchenglocken beschafft werden. Ein elektrisches<br />

Läutewerk wurde angebracht. Eine schon lange<br />

gewünschte Kirchenheizung wurde eingebaut und die<br />

Wiederinstandsetzung der Orgel durchgeführt. Die gesamte<br />

Renovierung der Pfarrkirche wurde in den Jahren<br />

1965/66 vorerst abgeschlossen. Durch den Einbau neuzeit-<br />

29


licher Apparate sind der Orgel-Blasbalgtreter sowie das<br />

Glockenläuten mittels Glockenseil überflüssig geworden,<br />

Ehrendienste, die schon der Vergangenheit angehören.<br />

Ein bis jetzt einmaliger Fest- und Freudentag wurde der<br />

St. Patriciuskirche am Sonntag, dem 23. Mai 1971, zuteil.<br />

Aus der Hand des Erzbischofs Dr. Hermann Schäufele,<br />

Freiburg, durfte Albert Schrenk in seiner Taufkirche die<br />

Priesterweihe empfangen. Am 24. Oktober 1971 ist an der<br />

Südwestecke des Kirchenplatzes die Bildsäule „Jungfrau<br />

der Armen" erstellt worden.<br />

Vieles wäre noch zu erwähnen, doch wenn nur die markantesten<br />

Begebenheiten vom Heimatort mit St. Patriciuskirche<br />

und St. Wendelinskapelle der Nachwelt erhalten<br />

FRITZ SCHEERER<br />

Alte Straßen und Wege<br />

Unser Beitrag ist einer umfangreichen Arbeit über die<br />

Verkehrswege der Schwäbischen Alb und ihre Abhängigkeit<br />

von der Landschaftsgeschichte entnommen. Leider<br />

können wir aus Platzgründen nur einige Auszüge bringen.<br />

Die schräggestellte Albtafel wendet dem von Süden, vom<br />

Bodensee und von der Donauseite kommenden Verkehr<br />

ihre günstigste Seite zu. Ihre Hochfläche ist von dort leicht<br />

zu erreichen.<br />

Anders ergeht es dem Verkehr von Norden, vom Neckarbecken<br />

her. Vor ihm baut sich eine Bergmauer auf. Ihm<br />

stellt sich die hohe Felsenstirn der Alb als scheinbar schwer<br />

überwindbare Barriere entgegen. Tatsächlich gelingt an<br />

manchen Stellen der Aufstieg nur tüchtigen Wanderern<br />

oder gar geübten Kletterern. Die Felswände an den Talschlüssen<br />

sind manchmal kaum übersteigbar. Wollte man<br />

früher vom Eyachtal zwischen Laufen und Lautlingen auf<br />

die Höhen bei Hossingen, so mußte man auf einer an einer<br />

Felswand angebrachten Leiter die letzte, aber gefahrvolle<br />

Steigung überwinden („Hossinger Leiter"), deren Ersteigung<br />

nicht einmal ohne Lebensgefahr möglich war. Unfälle<br />

waren keine Seltenheit, wie ein Gedenkstein beweist.<br />

Ganz zu schweigen von denen, die von Dürrwangen auf<br />

ihre Äcker und Schafweiden auf die Höhe des Lochenhörnle<br />

wollten. Die hätten sich an einem Haken am sogenannten<br />

„Hakenfelsen" auf die Hochfläche hinaufschwingen<br />

müssen. So steht es nämlich bei Rösler, obwohl<br />

uns dies heute etwas abenteuerlich anmutet.<br />

Auch in vielen Tobein und Klingen steht man vor unübersteigbaren<br />

Wänden, wo man sich nebenan nur mit<br />

Mühe einen Einstieg oder Durchschlupf suchen muß. An<br />

vielen Stellen hat der Albverein helfend eingegriffen,<br />

wenn auch die Unterhaltung seiner Wege schwierig ist,<br />

weil sie oft verschüttet werden oder durch Unterwaschung<br />

abrutschen. Straßen und Bahnen haben natürlich noch<br />

größere Schwierigkeiten; sie waren, besonders in früheren<br />

Zeiten, auf einigermaßen günstige Ubergänge angewiesen.<br />

Das war in vorgeschichtlicher Zeit bis ins Mittelalter anders.<br />

Mit Pferden bespannte Wagen spielten erst in der<br />

Keltenzeit eine Rolle, während vorher der Saumtierverkehr<br />

überwog. Die alten Wege führten ohne Rücksicht auf<br />

die Steigung rasch zur Höhe auf die Wasserscheide hinauf,<br />

wo keine Brücken notwendig waren, wo man zu nassen<br />

Zeiten nicht im Schlamm versank. Und wenn der Weg<br />

schlammig wurde, suchte man nebenan einen besseren<br />

Grund. Die Täler wurden meist gemieden und nur an den<br />

30<br />

bleiben, wollen wir sehr dankbar sein. All denen, die hierzu<br />

beitragen, sei an dieser Stelle herzlichen Dank gesagt.<br />

Viel Arbeit und viel Mühe war sicherlich erforderlich, um<br />

das große Werk, das sich die kleine Gemeinde Heiligenzimmern<br />

im Jahre 1847 vorgenommen hatte, zu vollenden.<br />

Der ganzen Kraft einer lebendigen Gemeinde ist es<br />

zu verdanken, daß die Pfarrkirche in ihrem heutigen<br />

Glanz erstrahlt. Alljährlich am 17. März findet zu Ehren<br />

des Kirchenpatrons ein feierlicher Gottesdienst statt.<br />

Möge unsere Pfarrkirche ein Stück Himmel auf Erden<br />

sein und eine freudig besuchte Stätte des Gebetes, des<br />

Glaubens, der Liebe und der nie versiegenden Gottesgnade<br />

bleiben.<br />

günstigsten Stellen gequert. Für den Verkehr zu Fuß, zu<br />

Pferd und mit Tragtieren genügten solche Wege vollauf.<br />

In solchen Höhenwegen ist uns zum Teil ein altes, ausgebautes<br />

Wegenetz überliefert, das uns in Namen wie<br />

„Hochsträß", „Hochgesträß", „Hohe Straße", „Rennsteig",<br />

„Rennweg" erhalten oder in „Heerstraße" und<br />

Richtungsangaben auf Fernziele bezeugt ist, wie „Rottweiler<br />

Weg" oder „Konstanzer Weg" bei Ebingen. Oft<br />

sind es auch nur noch Flurnamen, die an diese Wege<br />

erinnern („Heeräcker").<br />

Auf den einst vorzüglichen von den Römern gebauten<br />

Weg von Winterlingen nach Laiz weist noch der Name<br />

„Hochsträß" zwischen Schmiecha und Laudiert, der durch<br />

die Steinunterlage über die Umgebung emporragte und<br />

gegenüber den ungeschotterten Straßen auffiel. Ähnlich<br />

ist es bei Zainingen usw. Auf der Ulmer Alb wird sogar<br />

eine ganze Landschaft zwischen Blau, Schelklinger Ach<br />

und Donau „Hochsträß" genannt.<br />

Eugen Nägele hat die römischen Kastelle auf der Alb<br />

(Lautlingen, Burladingen, Gomadingen, Donnstetten, Urspring,<br />

Heidenheim, Oberdorf und Ipf) zu einer geschlossenen<br />

Reihe ergänzt und den Namen Alblimes eingeführt.<br />

Dies ist eine zwar bequeme, aber sachlich unzutreffende<br />

Bezeichnung, denn es handelte sich um keinen Limes<br />

(Grenzwall), sondern um eine Grenzstraße, die die Kastelle<br />

verband. Die Kastelle liegen, mit Ausnahme von<br />

Lautlingen und Burladingen (Wasserscheide), alle am<br />

Oberlauf eines zur Donau ziehenden Gewässers oder wie<br />

Donnstetten unweit eines Albaufstiegs. Als die Neckarlinie<br />

um 85. n. Chr. bezogen war, wurden Querverbindungen<br />

zwischen Neckar und „Alblimes" hergestellt und<br />

zwar durch das Echaz-, Lauter-, Fils- und Kochertal. Das<br />

Kastell Donnstetten (Clarenna?) war mit dem Kastell<br />

Könegn (Grinaria) verbunden (Albaufstieg auf dem<br />

„Eselssteig" bei Gutenberg). Ebenso gelangte man echazaufwärts<br />

nach Gomadingen oder durch das Filstal nach<br />

Urspring an der Lone (ad Lunam), dem Schnittpunkt mit<br />

der rätischen Kastellreihe. Die Traianstraße verließ dann<br />

hinter Westerstetten das Lonetal und erreichte bei Langenau<br />

das Donaumoos, folgte diesem auf der Nordseite bis<br />

Faimingen bei Langenau.<br />

In alter Zeit ist die Bezeichnung „Heerstraße", „Heerweg"<br />

für Fernwege üblich, auf denen in der Vor- und Frühzeit,<br />

besonders im Mittelalter, zahllose Krieger zogen. Zwischen<br />

Erkenbrechtsweiler und Grabenstetten verläuft der


vorgeschichtliche „Heerweg" auf einem durch langen Gebrauch<br />

entstandenen Damm. Eine „Heerstraß", auf der<br />

das Wasser am raschesten abläuft und der Weg am schnellsten<br />

trocken ist, führte auf der Alb über Ittenhausen, Friedingen,<br />

Pflummern, Grüningen gegen Riedlingen, wo sie<br />

durch die Furt vor dem Weiler Tor die Donau überquerte.<br />

Im Mittelalter ist diese Straße wahrscheinlich die Fortsetzung<br />

der freien königlichen Straße von Ebingen in die<br />

Riedlinger Gegend, wo 1449 die freie Königstraße zu Andelfingen<br />

genannt wird. In vielen Quellen ist die Heerstraße<br />

durch das Echaz- und Weidental über Hayingen<br />

genannt, die bei Zwiefaltendorf die Donau erreichte. Die<br />

südlich an Endingen vorbeiführende und weiter durch das<br />

Eyachtal bis Lautlingen verlaufende Römerstraße hieß<br />

im Mittelalter „Heerweg" (Heersberg bei Lautlingen!).<br />

Ebenso wird auch die Straße durch den „Talgang" von<br />

Onstmettingen nach Ebingen 1454/1470 so genannt. Die<br />

Beispiele könnten vermehrt werden, wenn es auch nicht<br />

immer gelingt, die Teilstücke zu fortlaufenden Fernstraßen<br />

miteinander in Verbindung zu bringen.<br />

Kirchwege, Leichenwege, Mönchssteigle (des Leutpriesters<br />

nach Burladingen) sind oft letzte Zeugen ehemaliger kirchlicher<br />

Abhängigkeit. Wege in die Nachbarschaft hießen<br />

einst Straße, Sträßle. Dabei werden die Namen benachbarter<br />

Siedlungen, zu denen die Wege führen, benützt.<br />

Solche Wege können oft doppelt benannt sein, je mit dem<br />

Blick auf den Nachbarort, so Gutenberger Steige von<br />

Schopfloch aus, Schopflocher Steige von Gutenberg aus.<br />

Steil ansteigende Wege spielen am Nordrand der Alb eine<br />

große Rolle. Wege, Fußwege, die zur Höhe führen, heißen<br />

„der Steig" („Hartsteig"), steile, treppenartige Wege<br />

„Katzensteig" und ein ansteigender Fahrweg „die Steige"<br />

(Geislinger Steige usw.). Hierzu soll die Baiinger Gegend<br />

herausgegriffen werden, denn vom Randen bis zum Ipf<br />

begegnen wir immer wieder Wegbezeichnungen mit<br />

„Steige".<br />

Auf diesen Steigen konnte man vor dem 18. Jahrhundert<br />

nur schwer fahren. Für die Frachtbeförderung wurden<br />

daher die Pferde vielfach als Tragtiere verwendet, und an<br />

den Steigen brauchte man für die meist zweirädrigen<br />

Karren Vorspann. Die Zahl der Pferde war darum um<br />

jene Zeit außerordentlich hoch.<br />

Von Balingen führte der alte Weg ins Bäratal nach Tieringen<br />

und Unterdigisheim steil aufwärts zwischen Schafberg<br />

und Lochen durch, dann bis Tieringen am Waldrand<br />

entlang über die Schutthalden aus sog. „Bergkies", um<br />

die sumpfigen Wiesen am Rötegrabenbach zu umgehen.<br />

Dann ging er über die alte Steige nach Hartheim oder<br />

über Nusplingen auf die Albhochfläche hinauf und weiter<br />

nach Südosten in die Laizer Gegend. Beim Steilanstieg<br />

am Lochenbach mußte in dem feuchten Braunjura auf<br />

einem Kilometer nicht weniger als 214 m Steigung überwunden<br />

werden. Seit dem 16. Jahrhundert ist dieser alte<br />

Weg als Heerstraße bezeugt, denn immer wieder benützten<br />

ihn Kriegsheere, so 1525 Truchseß Georg von Waldburg,<br />

der „Bauernjörg", um Herzog Ulrich, der bei der<br />

geplanten Wiedereroberung seines Landes bis Balingen<br />

vorgedrungen war, den Weg abzuschneiden. 1704 nahm<br />

Feldmarschall von Thüngen mit 8000 Mann denselben<br />

Weg.<br />

Auch von Ebingen führte ein elender Karrensteig, dessen<br />

oberer Teil in die Felsen des Weißjura eingehauen war,<br />

hinauf nach Meßstetten. Ähnlich steil waren die „Heristaig",<br />

die um 1400 von Margrethausen, und die „Pfeffinger<br />

Steig", die 1496 von Pfeffingen aus nach Burgfelden<br />

hinaufführten. Schon 1334 und 1354 wird bei Onstmettingen<br />

die „Erntsteig" erwähnt, auf der die Ernte von den<br />

Äckern auf dem Zellerhorn (911 m) zu Tal nach der ab-<br />

gegangenen Siedlung Zell (heute nur noch die Kirche<br />

Mariazell, 670 m) gebracht werden mußte und auf der<br />

das Kloster St. Gallen seine Einkünfte aus seinen zahlreichen<br />

Besitzungen im Vorland (Hechingen, Bisingen<br />

usw.) über seine Pfarrei Truchtelfingen nach Radolfzell<br />

beförderte. Als später die Steige wegen Forststreitigkeiten<br />

von Graf Eitel Friedrich von Zollern eingeworfen und<br />

vermacht wurde, kam 1596 über die „Lantstraße Erntesteig"<br />

ein Vergleich zustande. Sie war also im Mittelalter<br />

durch den Anschluß an andere Straßen zum Fernweg<br />

geworden.<br />

Alle diese Beispiele zeigen, daß man auf dem kürzesten<br />

Weg die Höhe zu erreichen sucht. Dies beweist auch ein<br />

Querweg, der sogenannte Rottweiler Weg. Von Ehestetten<br />

unterhalb Ebingen erklomm er in einer Steige die<br />

Hochfläche, führte an Meßstetten vorbei ins Bäratal bei<br />

Unterdigisheim und weiter nach Nusplingen, blieb aber<br />

nicht im Tal, sondern erstieg hier die Höhen und führte<br />

über den Berg nach Reichenbach, Wehingen und weiter<br />

nach Rottweil. Eine Abzweigung von diesem Weg strebte<br />

von Unterdigisheim ebenfalls als Rottweiler Weg über<br />

die Höhen von Obernheim und Tanneck auf die Wasserscheide,<br />

die „Renne", bei Deilingen demselben Ziele zu.<br />

Auf der „Renne" kreuzte er sich mit dem alten Weg, der<br />

östlich am Palmbühl vorbei über die abgegangene Siedlung<br />

Holzheim im Schlichemtal (2 km oberhalb Schömberg),<br />

in steilem Anstieg im Mittelbachtal bei Weilen unter<br />

den Rinnen (Name verunstaltet aus „Renne") zumHeidenschlößle,<br />

in das Wehinger Tal und zur Albhochfläche<br />

führte.<br />

Alle diese Steigen waren großteils so steil, daß der Wagenverkehr<br />

Vorspann brauchte (s. oben). Den Bauern brachte<br />

dies einen netten Nebenverdienst. Aber die Lage, z. B. am<br />

„Lochengäßle", hatte in Kriegszeiten auch Nachteile.<br />

Weilheimer Bauern mußten dann unentgeltlich Vorspanndienste<br />

leisten und der Ort häufig Einquartierungen auf<br />

sich nehmen. Hinzu kam, daß diese Anstiege durch Rutschungen,<br />

vor allem im Braunjura, ständig in Bewegung<br />

und dadurch oft grundlos waren, so daß Hohlweg neben<br />

Hohlweg geschaffen wurde, wie wir es heute noch bei<br />

Holzabfuhrwegen beobachten können, wo sie häufig zu<br />

mehreren dicht nebeneinander hergehen. Wie schlecht diese<br />

Wege waren, zeigt die Tatsache, daß an der Thanheimer<br />

Steige Fuhrwerke oft tagelang stecken blieben.<br />

Mit dem Aufkommen der Städte nahm der Wagenverkehr<br />

immer mehr zu. Bedeutende Orte haben sich in günstigen<br />

Lagen gebildet. Die Stadt nahm eine Mittelpunktstellung<br />

ein und zog den Verkehr an sich, so daß die ursprünglich<br />

gemiedene Talstraße immer mehr bevorzugt wurde. Vom<br />

18. Jahrhundert an wurden Kunststraßen mit Kehren und<br />

Steinvorlagen gebaut (Urach-Seeburger Tal 1786, Lochenstraße<br />

1847 usw.). Man wurde allmählich der technischen<br />

Schwierigkeiten Herr.<br />

Im übrigen hat sich das Mittelalter begnügt, die nahen<br />

Ortschaften miteinander zu verbinden. „Nur dürfen wir<br />

nicht meinen, es müßten nun alle ortsverbindenen Wege,<br />

die sich nicht zu Fernstraßen zusammenfügen, mittelalterlichen<br />

Ursprungs sein. Auch die vordeutsche Zeit hat<br />

schon Nachbarschaftswege gehabt" (Hertlein).<br />

Zur späteren Umgestaltung des Wegnetzes haben außer<br />

den Siedlungen auch die Herrschafts- und Zollverhältnisse<br />

beigetragen. Je nachdem Handelsartikel auf Wagen verfrachtet<br />

wurden, sind schon im Mittelalter Namen auf<br />

Wege übertragen worden wie Wein-, Salzstraße. Allgemein<br />

kann festgestellt werden, daß sich der Verkehr immer<br />

mehr den günstigsten Stellen zuwandte, die ihm von<br />

den Landschaftsformen, der Tektonik und der Flußgeschichte<br />

vorgezeichnet waren.<br />

31


Zugehen: speisen<br />

Im Heimatbuch von Hausen am Andelsbach (Verlag der<br />

Gemeinde 1970) von Josef Mühlebach findet sich auf Seite<br />

35 unter den Einkünften des Pfarrers im Jahre 1624 ein<br />

merkwürdiger Posten, der nicht ohne weiteres zu verstehen<br />

ist. Klar sind folgende Angaben: Der Pfarrer erhält<br />

für Teilnahme an einer Prozession nach Pfullendorf,<br />

Ennetach oder Engelswies je eine Mahlzeit, für 1 Begräbnis<br />

14 Batzen 3 Pfennig, für 1 Kindsieich 2 Batzen, für<br />

Verkündigung einer Hochzeit 6 Batzen, für Trauung:<br />

Teilnahme am Hochzeitsmahl oder das Geld dafür, für<br />

1 Kindstaufe l /t Batzen und eine Kerze, für Aussegnung<br />

einer Mutter 1 Batzen. Dann heißt es: „Wenn eine Person<br />

das erstemal zugehet: 3 Batzen, sonst 2 Pfennig". Klarheit<br />

über dieses rätselhafte „Zugehen" brachte eine Urkunde<br />

aus Honstetten vom Jahre 1608. Hier bedeutet es eindeutig<br />

„zur hl. Kommunion, bzw. zum Tisch des Herrn<br />

gehen". Noch heute sagen die Leute im badischen Rotenfels<br />

und Rauental zugehen zum kommunizieren, während<br />

bei uns „speisen" üblich ist, in Ottenhofen übrigens ebenfalls<br />

in alemannischer Form „spisen". Kraus<br />

Stettener Klosterfrauenlisten sind im Hohz. Jahresheft<br />

1957, S. 311-324, angeführt, doch keineswegs vollständig.<br />

So findet sich in einer Zwiefalter Urkunde vom 9. August<br />

1428 noch eine Anna Tüfelin von Reutlingen als Klosterfrau<br />

zu Stetten. Sie erhielt damals 5 Pfund Leibgeding aus<br />

Gütern zu Neuhausen und war die Base der Klosterfrau<br />

Anna Tüfelin zu Esslingen. Sie und ihr Bruder Hans<br />

waren Kinder des Reutlinger verstorbenen Bürgers Hänslin<br />

Tüfelin. Ihr Ahne hieß Gerung Tüfelin. Zeuge der<br />

Urkunde war ein Erhard Tüfel (Zwief. Urk. Nr. 850 im<br />

Staatsarch. Stuttg.). Diese Anna lebte vermutlich noch<br />

1441. Denn am 6. März dieses Jahres verkaufte Hans<br />

Sachs von Esslingen seine Güter zu Neuhausen ans Kloster<br />

Zwiefalten um 140 rheinische Gulden und 10 Pfund Leibgeding<br />

für die Schwestern Anna und Ursula Teufel,<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />

herausgegeben vom Hohenzollerisdien <strong>Geschichtsverein</strong><br />

in Verbindung mit den Staatlichen<br />

Schulämtern Hechingen und Sigmaringen.<br />

Verlag: Hohenzollerisdier <strong>Geschichtsverein</strong><br />

748 Sigmaringen, Karlstraße 3. Druck: M.Liehners<br />

Hofbuchdruckerei KG, 748 Sigmaringen,<br />

Karlstraße 10.<br />

Die Zeitschrift ,Hohenzollerische Heimat" ist<br />

eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will besonders<br />

die Bevölkerung in Hohenzollern mit<br />

der Geschichte ihrer Heimat vertraut machen.<br />

Sie bringt neben fachhistorischen auch populär<br />

gehaltene Beiträge aus der Geschichte unseres<br />

Landes. Sie veröffentlicht bevorzugt Beiträge,<br />

die im Schulunterricht verwendet werden können.<br />

Bezugspreis: 2,00 DM halbjährlich<br />

Konten der „Hohenzollerischen Heimat":<br />

802 507 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />

123 63 Postscheckamt Stuttgart<br />

32<br />

Die Mitarbeiter dieser Nummer:<br />

Dr. Herbert Burkhart<br />

7487 Gammertingen<br />

Anton Heinrich Buckenmaier<br />

748 Sigmaringen, Gymnasiumscraße<br />

Josef Mühlebach<br />

748 Sigmaringen, Leopoldstraßc<br />

Johann Adam Kraus<br />

78 Freiburg-Littcnwciler<br />

Albert Schäfer<br />

Reutlingen<br />

Fritz Scheerer<br />

746 Balingen<br />

Schriftleiter:<br />

Dr. med. Herbert Burkarth<br />

7487 Gammertingen, Eidiertstraße<br />

Telefon 07574/329<br />

Klosterfrauen zu Stetten b. Hchg., unter Bürgschaft seiner<br />

Brüder Ulrich Sachs, Bürger zu Esslingen, und Jörg Sachs,<br />

Bürger zu Reutlingen (Zwief. Urk. im Dok. Buch 6, 48b<br />

im Staatsarch. Stuttg )<br />

J. A. Kraus<br />

Sigmaringer Fidelisfest<br />

Wie vorgesehen fand im April das 350. Jahrfest des<br />

hl. Fidelis von Sigmaringen statt, verbunden mit einer<br />

mehrwöchigen Ausstellung im Staatsarchiv zum Thema<br />

„Der heilige Fidelis". Für diese Ausstellung ernteten<br />

Direktion und Mitarbeiter des Archivs hohes Lob von<br />

vielen Besuchern, deren prominentester der Erzbischof von<br />

Freiburg war. Er ließ sich von Dr. Eugen Stemmler, dem<br />

Rirektor des Hauses, rund anderthalb Stunden durch die<br />

Sammlung führen. Abgesehen von der religiösen Bedeutung<br />

des Dr. Markus Roy aus Sigmaringen zeigte die Ausstellung<br />

auch die politische Welt zu Beginn des 17. Jahrhunderts<br />

in vielen Dokumenten auf. Frick<br />

Landessammlung bleibt in Hechingen<br />

Die hohenzollerische Landessammlung, seit Jahren schon<br />

in Hechingen provisorisch untergebracht, wird auch nach<br />

der Auflösung des politischen Hohenzollern dort verbleiben.<br />

Der Kommunallandtag hat in seinem Haushaltstitel<br />

Kultur im letzten und in diesem Jahr rund 90 000 Mark<br />

bewilligt, um die Sammlung zu renovieren und neu aufzustellen.<br />

Der Kommunallandtag schließt sich damit der<br />

Auffassung des Hohenzollerischen <strong>Geschichtsverein</strong>s an,<br />

wonach Hohenzollern nur dann im Gedächtnis erhalten<br />

bleibt, wenn die ausgeschiedenen Bereiche durch die wirkliche<br />

Gegenwart materieller Werte gleichsam ein Pfand<br />

haben. - In Sigmaringen, zunächst und vermutlich für<br />

lange, bleibt die Bibliothek in der Obhut des Landkreises<br />

Sigmaringen, an ihrem Platz im Landeshaus. Frick<br />

Redaklionsaussckuß:<br />

Hubert Deck, Konrektor<br />

745 Hechingen, Tübinger Straße 28<br />

Telefon 07471/2937<br />

Walther Frick, Journalist<br />

748 Sigmaringen, Hohe Tannen<br />

Telefon 07571/8341<br />

Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />

persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />

diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge verantwortlich.<br />

Mitteilungen der Schriftleitung<br />

sind als solche gekennzeichnet.<br />

Manuskripte und Besprechungsexemplare werden<br />

an die Adresse des Schriftleiters oder Redaktionsausschusscs<br />

erbeten.<br />

Wir bitten unsere Leser, die „Hohenzollerische<br />

Heimat* weiter zu empfehlen.


HERBERT BURKARTH<br />

HÖH ENZOLLERISCHE<br />

HEIMAT<br />

ss. Jahrgang <strong>1972</strong><br />

Uber die Baugeschichte des Klosters Mariaberg war bisher<br />

so gut wie nichts bekannt, Baumeister soll Michael Thumb<br />

gewesen sein. Aus dem Nachtrag zu Sulgers Annalen<br />

stammt die Jahreszahl 1682, die man bei einer Renovation<br />

in jüngerer Zeit am Portal des Westflügels angebracht hat.<br />

Sulger, der damals Prior und Beichtvater in Manaberg<br />

und die treibende Kraft beim Neubau gewesen war, berichtet<br />

keine Zeile darüber. Für die Kirche wird als Baujahr<br />

1711 angegeben und als Baumeister Franz Beer. Es<br />

wird auch angenommen, daß das alte Kloster weiter südlich<br />

im Bereich des jetzigen Klostergartens gelegen habe.<br />

Dieser Mangel an Nachrichten rührt daher, daß im<br />

Klosterarchiv, dessen Bestand sich im Hauptstaatsarchiv<br />

in Stuttgart befindet, keinerlei Erwähnung des Klosterbaues<br />

zu finden ist. In der Handschriftenabteilung der<br />

Württembergischen Landesbibliothek wird jedoch eine<br />

Nr. 3<br />

Die Baugeschichte von Mariaberg<br />

Klosterbau des Michael Thumb und Franz Bter (Lithographie um 1850)<br />

Herauegegeben oom<br />

W 3828 F<br />

Hohenzolleritchen Gclchichteocrcin<br />

in Verbinöung mit öcn<br />

Staatlichen Schulämtern Hechingen<br />

unö Sigmaringen<br />

Handschrift über den Klosterbau aufbewahrt, die von<br />

einer Nonne im Kloster verfaßt wurde. Zu dieser Bauchronik<br />

gehört auch eine Beschreibung des alten Klosters,<br />

über das hier erstmals berichtet werden kann.<br />

Das alte Kloster lag an genau der gleichen Stelle, an der<br />

am Ende des 17. Jahrhunderts der jetzige Klosterbau errichtet<br />

wurde. In der neuen K__che sind sogar noch Teile<br />

der alten verbaut. Wenn hier von Kloster die Rede ist,<br />

so ist damit zunächst nur der Klausurbezirk mit der<br />

Kirche gemeint. Zum Kloster gehörte jedoch noch ein<br />

weiterer Gebäudekomplex, nämlich die Ökonomiegebäude<br />

mit Scheuern, Stallungen, Wohnungen usw. Die Ökonomiegebäude<br />

umschlossen den Klausurbezirk von zwei Seiten<br />

und bildeten so den äußeren Klosterhof, der durch das<br />

West- und Nordtor zugänglich war. Der größte Teil dieser<br />

Gebäude wurde im 19. Jahrhundert abgebrochen. Nur


an der Nord- und Ostseite ist noch ein Rest der alten Gebäude<br />

mit dem Nordtor erhalten. Auch die Mauern des<br />

Klostergartens, des Baumgartens und des ehemaligen<br />

Friedhofes stammen nicht vom Neubau, was natürlich<br />

nicht ausschließt, daß im 18. Jahrhundert daran gebaut<br />

wurde.<br />

Das alte Kloster<br />

Das alte Kloster war kein geschlossener Baukörper wie<br />

der jetzige Bau, sondern bestand aus der Kirche und mehreren<br />

einzeln stehenden Fachwerkbauten. Über die Entstehungszeit<br />

der alten Klosterbauten ist nichts bekannt.<br />

Im Archiv befindet sich ein Pergamentzettel, der von der<br />

Weihe einer Kapelle im Jahr 1433 berichtet. Als Klosterkirche<br />

wurde im 13. Jahrhundert die alte Dorfkirche von<br />

Berg benützt, die wir uns als kleinen romanischen Bau<br />

vorstellen müssen. Möglich, daß 1433 die Kirche neu gebaut<br />

wurde. Jedenfalls war die zweite Kirche ein gotischer<br />

Bau. Da die alte Klosteranlage aus Einzelbauten bestand,<br />

dürften diese zu ganz verschiedenen Zeiten entstanden<br />

sein. Nur vom Prioratshaus ist das Baujahr bekannt. Es<br />

heißt in der Chronik, daß es 1502 erbaut und 1722 abgerissen<br />

worden sei. Der baulich beste Teil des alten Klosters<br />

dürfte der „Neue Speicher" gewesen sein, der erst<br />

1722 abgerissen wurde. Im Dreißigjährigen Krieg hat das<br />

Kloster schwer gelitten. Über die Kriegszeit hat eine<br />

Nonne einen ausführlichen Bericht verfaßt. Von einem<br />

Schaden an den Gebäuden ist darin aber nicht die Rede.<br />

Wahrscheinlich waren die Bauten ausgeplündert und verkommen,<br />

in der Substanz aber erhalten.<br />

Die Gebäude des alten Klosters teilten den Klosterbezirk<br />

in zwei Höfe, das Kreuzgärtlein und den Conventshof.<br />

An der Stelle des heutigen Westflügels mit dem Hauptportal<br />

stand der „Neue Speicher", der den C ; ebel der<br />

Kirche teilweise verdeckte, wie das ja auch heute noch der<br />

Fall ist. Der Bau bestand aus einem neueren dreistöckigen<br />

und einem älteren zweistöckigen Teil, der zum Hof hin<br />

eine offene Halle bildet. Das Dach der Halle war mit<br />

zwei Balkensäulen abgestützt. Im Speicher befanden sich<br />

verschiedene Keller und die Klosterküferei. In den oberen<br />

Stockwerken waren Gastzimmer, .ne Badstube und verschiedene<br />

Kammern „mit altem Gerimpell". Auf aem ausgedehnten<br />

Dachboden wurde Korn gespeichert. An der<br />

Hofseite hatte das Gebäude ein schönes Portal, das wohl<br />

zu den Gästezimmern führte.<br />

An den Speicher war in südlicher Richtung das Conventsgebäude<br />

angebaut. Es war dreistöck ^ und enthielt im<br />

Untergeschoß aas Refektorium, auch Conventsstube genannt.<br />

Der größte T II des mittleren Stockes bestand aus<br />

einer Laube (eine Halle mit rohem Gebälk). An der einen<br />

Seite befand sich die Wohnung der Priorin, die ein Wohnund<br />

ein Schlafzimmer hatte, an der anderen 5 ,ite ein<br />

„finsteres Kräuterkämmerli'. Der obere Stock enthielt ein<br />

Krankenstüblein und 14 Zellen zu beiden Seiten eines<br />

Ganges „alles sehr feucht, uneben, winkelig und elend".<br />

Die Öfen des Conventsgebäudes wurden von außen durch<br />

einen eigens angebauten Turm geheizt. Über die Lage der<br />

Küche wird nichts berichtet, aber es ist anzunehmen, daß<br />

sie s.ch auch im Conventsbau befand. Zum Kreuzgarten<br />

hin war in Hohe des ersten Stockes - ne Laube angebaut,<br />

die auf hölzernen Säulen stand und einen Teil des Kreuz -<br />

ganges bildete. Der andere Te :i des Kreuzganges befand<br />

sich an der Rückseite des Speichers. Neben dem Kreuzgang<br />

am Conventsbau stand ein rechteckiger Brunnentrog.<br />

Die ursprüngliche Wasserversorgung des Klosters bestand<br />

aus einem Ziehbrunnen im Conventshof. Dieser war aber<br />

1682 längst zugeschüttet worden. Woher der Brunnen im<br />

Kreuzgarten das Wasser bekam, ist nicht bekannt.<br />

34<br />

östlich vom Convent erstreckte sich zur Gartenmauer der<br />

„Gang", auch das alte Refektor genannt. Es war ein<br />

schmaler, zweistöckiger Bau, der wohl zu einer älteren<br />

Bauperiode gehörte und 1682 wahrscheinlich nicht mehr<br />

benützt wurde. In der Chronik wird er als „liederlich und<br />

baufällig" bezeichnet. Wahrscheinlich stand an der Stelle<br />

des Conventes früher das Dormitorium, der gemeinsame<br />

Schlafsaal der Nonnen und getrennt davon das Refektor.<br />

Durch den Bau des Conventes, der Refektor, Zellen und<br />

Wohnung der Priorin enthielt, war der „Gang" entbehrlich<br />

geworden.<br />

Neben dem Convent stand im Kreuzgarten das Badhaus.<br />

Wahrscheinlich diente das Badhaus auch als Wärmestube,<br />

wenn die Nonnen im Winter völlig durchfroren vom<br />

Chorgebet kamen. Zwischen Badhaus und der Kirche<br />

wurde der Kreuzgarten von einer 6 Fuß hohen Mauer<br />

abgeschlossen, durch die ein Tor auf den „Felsen" führte.<br />

Dieser Felsen war ein separates Höflein, von dem aus die<br />

Nonnen einen Blick auf das „Getriebe der Welt" ins Tal<br />

hinunter werfen konnten.<br />

Die vierte Seite des Kreuzgartens b ,dete die Kirche, ein<br />

langer und schmaler Bau. Den hinteren, größeren Teil des<br />

Innenraumes nahm der Nonnenchor ein. Der Nonnenchor<br />

war nur um 4 Fuß erhöht, bildete also k -in eigenes Stockwerk.<br />

Der Platz für das Volk war ziemlich beschränkt. Es<br />

hatten nur ca. 30-40 Personen Platz, was etwa der Zahl<br />

des Klostergesindes entspricht. Die Kirche hatte zwei Altäre,<br />

den Hauptaltar und einen auf der linken Seite des<br />

Nonnenchores. Einer d ser Altäre dürfte mit der Gruppe<br />

„Marr Krönung" geschmückt gewesen sein, die im Frühjahr<br />

<strong>1972</strong> aus der Kapelle im Tal gestohlen wurde. Es<br />

handelt sich um eine Arbeit aus der Werkstatt des Salemer<br />

Bildhauers Melchior Binder (ca. 1610). Ein ähnlicher<br />

Altar befindet sich in der Stadtkirche Ehingen (Donau).<br />

An der Südseite der Kirche im Kreuzgarten war das ziemlich<br />

kleine Kapicelhaus angebaut. Über dem Kapitel lag<br />

die Küsterei, auch das Bücherkämmerli genannt. Wahrscheinlich<br />

war h er das Archiv untergebracht. Auch im<br />

neuen Kloster wurde die unmittelbare Verbindung Kapitelhaus-Kirche<br />

gewahrt, die der Mariaberger Tradition<br />

entsprach.<br />

Drei weitere Gebäude lagen außerhalb des Klausurbezirkes.<br />

An der Südseite, etwa in der Gegend des heutigen<br />

Prioritätsflügels, lag das S chenhaus. Aus Urkunden des<br />

15. und 16. Jahrhunderts geht hervor, daß im Kloster<br />

Pfründner aufgenommen wurden. Da diese Pfründner<br />

meistens alte und pflegebedürftige Leute waren, ist anzunehmern,<br />

daß sich der Ausdruck Siechenhaus auf sie "bezieht.<br />

Im Untergeschoß dieses Hauses war die Bäckerei<br />

(Pfisterei) des Klosters untergebracht. Ein Teil des Siechenhauses<br />

schloß den Conventshof nach Süden ab. Zv ischen<br />

Convent und Siechenhaus trennte eine Mauer mit<br />

Tor den Conventshof vom Klosterhof. Im Conventshof<br />

gab es, wie schon erwähnt, einen Ziehbrunnen, der schon<br />

lange zugeschüttet war<br />

An der Nordseite der Kirche, auf dem Felsen, stand das<br />

Haus des Priors. Es war 1502 erbaut und wurde 1722 abgebrochen,<br />

als im Hauptgebäude eine neue Piiorswohnung<br />

eingebaut wurde. Zum Haus gehörte ein kleiner, ummauerter<br />

Garten. Die Chronistin bemerkt zum alten<br />

Prioratshaus: „klein, einfältig und schlecht, aber für einen,<br />

dem Ruhe und Einsamkeit Ii b, gar bequem". Man kann<br />

sich vorstellen, daß Gelehrte, wie Stefan Bochenthaler und<br />

Arsenius Sulger sich hier sehr wohl gefühlt haben. Innerhalb<br />

der Friedhofsmauern stand di^ St.-Annakapelle. Aus<br />

ihr dürfte die gotische Figur Hl. Anna Selbdntt stammen,<br />

die jetzt auf dem linken Seitenaltar der Klosterkirche<br />

steht.


4 V Vi ^ ,<br />

i »«> tfhif<br />

« i "An<br />

J v&M*<br />

i M<br />

5 Li M f j f i<br />

Vor dem Friedhof, auf dem Klosterhof, stand das Gesindehaus.<br />

Hier waren die in Haus und Landwirtschaft<br />

beschäftigten Mägde untergebracht. „Ein altes Bauerngebäu,<br />

ganz zwerch und irregulär auf dem Hof stehend",<br />

nörgelt die Chronistin.<br />

Dieser ganze alte Klausurbezirk wurde, dem Fortschritt<br />

des Neubaues folgend, seit 1682 abgerissen. Die Steine<br />

wurden im neuen Kloster wieder verbaut. Das Mauerwerk<br />

bestand zum größten Teil aus Backsteinen, ein Teil<br />

allerdings aus „zusammengelesenen Ackersteinen".<br />

Der Bau des Neuen Klosters<br />

Das Kloster Mariaberg erholte sich verhältnismäßig<br />

schnell von den Folgen des Dreißigjährigen Krieges, der<br />

seine Wirtschaft völlig ruiniert hatte. Der bauliche Zustand<br />

des alten Klosters war so schlecht, daß die Frage,<br />

was zu geschehen habe, immer dringlicher wurde. Der<br />

Convent traute sich einen Neubau nicht zu. Man war der<br />

Ansicht, daß die spärlichen Einnahmen des Klosters kaum<br />

zum Unterhalt des Conventes und des zahlreichen Hofgesindes<br />

reichten, so daß höchstens eine Renovierung in<br />

Frage käme. Der damalige Beichtvater Arsenius Sulger<br />

tat wohl alles, um den Convent umzustimmen. Die<br />

Klosterfrauen jammerten dagegen, daß auch 'i'e Ältesten<br />

sich nicht erinnern könnten, daß es in der Nähe des<br />

Klosters einen Steinbruch gegeben habe. Sand müsse man<br />

für teures Geld in Harthausen kaufen und in den Klosterwaldungen<br />

gebe es nicht einen Stamm Bauholz. Unter der<br />

Priorin M. Anna Fischerin 1681 gab der Convent nach.<br />

Der in Zwiefalter Diensten stehende Baumeister Michael<br />

Thumb wurde beauftragt, „Riß und Modell" für ein<br />

neues Kloster zu machen. Die Pläne fanden die Zustimmung<br />

des Abtes von Zwiefalten, der dem Kloster auch<br />

ne 1<br />

j* *<br />

Ansicht des alten Klosters, das seit 1682 abgebrochen wurde<br />

- frft Ii ä ^<br />

finanzielle Unterstützung zusagte, wenn es in Schwierigkeiten<br />

kommen sollte. Auch gab er dem Convent die Erlaubnis<br />

und den Rat zu betteln. So begann man Bettelbriefe<br />

zu schreiben, die auch bald ein Echo hatten. Die damalige<br />

Fürstin von Hohenzollern-Hechingen, Maria Sidonia,<br />

gab die Genehmigung, in den Wäldern von Hausen<br />

i. K. und vom Homberger Hof Holz zu fällen. Das<br />

Holz wurde von den Weilheimern nach Jungingen geführt.<br />

Einwohner von Jungingen brachten dieses Holz<br />

und das Holz von Hausen in freiwilligen Fuhren zum<br />

Kloster. Im übrigen wurde Bauholz auch stammweise in<br />

der Nachbarschaft zusammengebettelt. Der Baron von<br />

Speth ließ das Holz kostenlos in der herrschaftlichen Säge


in Gammertingen sägen. Auch mit dem übrigen Baumaterial<br />

sah es ganz gut aus. Gleich unterhalb des Klosters<br />

am „langen Acker" konnte man genug Sand graben.<br />

Steine konnte man in der Nähe des oberen Tores und auf<br />

dem Kruchenberg (auf der anderen Talseite) brechen. Entlang<br />

der Lauchert mußte es auch viele Tuffsteine geben.<br />

Ein Problem war die Frage nach den Arbeitskräften. Die<br />

Nonnen waren noch in der Vorstellung verhaftet, daß<br />

solche Arbeiten in der Frohn von den Untertanen gemacht<br />

werden müßten. Gleichzeitig war ihnen aber auch klar,<br />

daß sie im Jahr 1681 keine Möglichkeit mehr hatten,<br />

solche Vorstellungen durchzusetzen. Thumb konnte diese<br />

Bedenken zerstreuen.<br />

Am 21. August 1682 wurde zwischen der Priorin und<br />

Michael Thumb ein Bauvertrag abgeschlossen. Schon am<br />

1. September traf der Polier (Ballier) Franz Beer mit<br />

11 Maurern aus dem Bregenzer Wald ein. Sie begannen<br />

mit dem Abbruch des „Gang", alte Refekten, an der<br />

Gartenseite des Klosters und dem Badhaus. Schon bald<br />

waren die äußeren Fundamente gelegt. Den Nonnen<br />

wurde angst und bang, als sie sahen, welche Unmenge von<br />

Steinen in den Fundamenten verschwand. Besonders an<br />

der Gartenseite gab es erhebliche Schwierigkeiten. Es<br />

mußte unendlich tief gegraben werden, bis man auf festen<br />

Grund kam. Am 26. September 1682 hatte Pr ^r und<br />

Beichtvater Arsenius Sulger den Grundstein in der Mitte<br />

der äußeren Mauer des Ostflügels (Conventsbaues) gelegt.<br />

In dem Stein waren zahlreiche Reliquien, Benediktspfennige<br />

und eine Urkunde eingemauert. An Martini wurden<br />

die Bauarbeiten eingestellt und die Maurer rückten wieder<br />

ab.<br />

1683 wurde mit Thumb ein neuer Vertrag gemacht (die<br />

Verträge wurden jährlich neu abgeschlossen). Danach bekam<br />

jeder Maurer täglich 23 Kreuzer, der Polier das Essen<br />

und V2 Maß zu trinken (ob Bier oder Wein, ist nicht angegeben)<br />

zusät; I ch<br />

Bauarbeiten 1683<br />

Am 5. April 1683 traf Franz Beer mit 20 Maurern ein.<br />

Als nächster Bau wurde der alte Convent abgebrochen.<br />

Di Nonnen zogen in den „Speicher" um, wo sie eng zusammenrücken<br />

mußten. Die dortige Badstube wurde als<br />

Refektor benützt und die oberen Kammern dienten als<br />

Dorrrutorium. Eine offene Laube wurde als Gastzimmer<br />

ausgebaut.<br />

Bis zum 15. Juni 1683 hatten 'ie Maurer wieder mit den<br />

Fundamenten Arbeit, die teilweise sehr tief gegraben<br />

werden mußten. Nachdem die Fundamente einmal aus<br />

dem Boden waren, ging es aber sehr schnell. Der Conventsbau<br />

(Ostfiugel von der Kircne zum Garten) wuchs<br />

rasch emDor. Am 29. JuL wurde das Gebälk auf den ersten<br />

Stock gelegt, am 16. September war der zweite Stock und<br />

am 21. Oktober der dritte Stuck im Rohbau fertig.<br />

Danach wurde von den Maurern m t Unterstützung von<br />

nur ein bis zwe. Zimmerleuten der Dachstuhi aufgerichtet.<br />

Am 19. November wurde der Bau eingestellt und die<br />

Vorarlberger rückten wieder ab. Das Wetter hatte den<br />

Bau durch ei ren trockenen und warmen Sommer sehr begünstigt.<br />

Es war kaum Regen gefallen. E : Leute in der<br />

Nachbarschaft munkelten, die Mariaberger Maurer hätten<br />

mit geheimen Künsten den Himmel bestochen. Überhaupt<br />

waren diese Burschen, die im Früh .hr mit den Schwalben<br />

kamen und von Tagesanbruch bis zur Dunkelheit arbeiteten,<br />

etwas unheimLJi. Die Nonnen bewunderten ; hren<br />

Fleiß und 'hre Geschicklichkeit. Aber im Herbst, wenn die<br />

Maurer mehr als 1000 Gulden baren Geldes mit Sic 1 fortschleppten,<br />

packte sie ein heili 5er Zorn.<br />

36<br />

Auch die übrigen Arbeiten schritten voran. Als Zimmermann<br />

wurde Meister Menrad Schuler aus dem zwiefaltischen<br />

Dorf Upflamör verpflichtet. Schuler war vermutlich<br />

für das Kloster Zwiefalten tätig, denn ein kleiner<br />

Dorfhandwerker wäre wohl nicht in der Lage gewesen,<br />

einen solchen Auftrag auszuführen. Er hatte das ganze<br />

Bauholz zuzurichten, Türgerichte, Fenstersimsen und 101<br />

Kreuzstöcke anzufertigen.<br />

Für den Bau hatte das Kloster einen eigenen Kalkbrenner<br />

eingestellt. Der Kalkofen stand im „Geländ" (Flur beim<br />

Kloster). Die benötigten Steine las man auf den Äckern<br />

und im „Scheite: wald" zusammen. Ziegel wurden bei<br />

Ziegler Jakob Hodler in Gammertingen gekauft. Einige<br />

Nonnen hatten im Convent versucht, den Bau einer eigenen<br />

Ziegelhütte durchzusetzen, waren aber damit nicht<br />

zum Zug gekommen.<br />

Für die Zufuhr von Steinen und Sand standen zunächst<br />

zwei Pferde und zwei Ochsen zur Verfügung. Um mehr<br />

Fuhrwerke freizubekommen, wurden die Feldarbeiten im<br />

Lohn an Bauern von Bronnen vergeben. Auch Fuhrwerke<br />

aus der Nachbarschaft wurden teils im Lohn, teils freiwillig<br />

eingesetzt. Der erste Steinbruch befand sich vor<br />

dem Westtor, also direkt beim Kloster. Später wurden die<br />

Steine auf dem Kruchenberg gebrochen. Man hatte drei<br />

Männer für die ganze Zeit als St inbrecher verdingt.<br />

Das Holz für Gewölbe und Schalungen wurde im e ; enen<br />

Wald geschlagen und in Gammertingen gesägt. Die Angabe,<br />

daß das Kloster kein eigenes Bauholz hatte, ist<br />

durchaus glaubhaft. Der Waldbesitz war verhältnismäßig<br />

klein. Durch den enormen Brennholzbedarf waren die<br />

Wälder stets bis zur Grenze des möglichen strapaziert.<br />

Zudem war die Forstwirtschaft schlecht. Man hatte praktisch<br />

nur Buchenanflug und Stockausschläge, was natürlich<br />

für Bauholz völlig ungeeignet war. Bretter aus Tannenholz,<br />

die man für Fußböden, Täferungen und andere<br />

Schreinerarbeiten benötigte, wurden in Jungingen bestellt.<br />

Es sei jedoch sehr schlechte und liederliche Ware<br />

geliefert worden.<br />

Das Baujahr 1684<br />

Im Conventsbau ging der Innenausbau weiter, Gewölbe<br />

wurden ausgemauert, Treppen aufgerichtet, Kamme gebaut,<br />

Buden gelegt usw. Wich-lgster Bau in diesem Jahr<br />

war jedoch die Kirche. Die alte Kirche wurde abgebrochen<br />

und mit dem Neubau an der gleichen Stelle begonnen. Die<br />

neue Kirche wurde nach Norden um 3 bis 4 Fuß erweitert<br />

und an der Ostseite der runde Chor angebaut. Von<br />

der alten Kirche blieben nur Mauern und Fundamente an<br />

der Seite gegen den Conventsbau. Bf 'm Graben der Fundamente<br />

kam man schon nach ca. 2 Fuß auf Felsen, der<br />

Baugrund war aiso ideal. Am 25. Oktober war der Rohbau<br />

fertig. Ursprünglich war geplant gewesen, die Kirche<br />

innen ganz einfach, mit glatten Wänden zu gestalten.<br />

Nachdem aber das ganze Unternehmen w.der Erwarten<br />

so günstig verlaufen war, entschloß man sich, die Kirche<br />

wesentlich schöner auszubauen, mit Gewölben, Säulen und<br />

Gesimsen. Weil der Baumeister Thumb nicht „anwesend<br />

war", beauftragte der Convent Franz Beer mit einem<br />

neuen Plan für die Kirche. Doch kaum hatte man 5 -h darüber<br />

gefreut, daß o'sher alles so giatt gelaufen war, ereignete<br />

sich ein Unglück. Durch ständige Regengüsse war<br />

der Mörtel im Chorbogen aufgeweicht worden und d.j<br />

Mauer kam ins Rucschen. Am 29. Oktober fiel der Bogen<br />

herunter und durchschlug die Gerüststangen. Um weiteres<br />

Unheil zu verhüten, trug man die Mauern bis auf die<br />

Höhe der Fensterbögen ab. Vor dem Frühjahr wurde<br />

nichts mehr daran getan.


Die Zimmerarbeiten an der Kirche, Chorkuppel, Glockenstuhl,<br />

Turmhaube usw. wurden ebenfalls von Melchior<br />

Schuler ausgeführt. Noch heute macht diese Arbeit einen<br />

ganz hervorragenden Eindruck. Wenn man auf der Kirchenbühne<br />

steht, so kann man sich kaum vorstellen, daß<br />

das alles schon dreihundert Jahre alt sein soll.<br />

Die Glaserarbeiten an der Kirche und im Kloster wurden<br />

an Martin Blersch aus Zwiefalten-Bach vergeben. Auch er<br />

dürfte ein bewährter Klosterhandwerker gewesen sein.<br />

Für die Schreinerarbeiten in Convent und Refektor wurden<br />

Christian Mauz aus Burladingen, Jakob Buck aus<br />

Gammertingen und ein Schreiner aus Trochtelfingen eingestellt.<br />

Sie bekamen neben der Bezahlung „die gewöhnliche<br />

Hausmannskost". Aller : ngs dürften die schönen Intarsienarbeiten<br />

an den Türen und Wandschränken des<br />

Refektors von anderer Hand stammen. In der „vorderen<br />

Stube" neben dem Refektor wurde übrigens 1684/85<br />

Gottesdienst gehalten, solange die Kirche nicht benützt<br />

werden konnte.<br />

Als Schlosser war Meister Hans Jerg aus Ebingen verdingt<br />

worden. Er fertigte die Schlösser für alle Türen an,<br />

teilweise erneuerte er auch die alten Schlösser. An einigen<br />

Türen sieht man noch die Spuren dieser prächtigen<br />

Kastenschlösser. Leider wurden alle im Lauf der Zeit ausgewechselt<br />

und sind verschwunden. Besonderes Lob spendet<br />

die Bauchronik den Schmieden. Es waren nämlich die<br />

drei Brüder der Priorin, Jerg Fischer von Sonderbuch, Jakob<br />

Fischer von Huldstetten und Johannes Fischer von<br />

Lautern. Bei ihnen wird keine Rechnung erwähnt. Vielleicht<br />

wurden sie in Mariaberg so gut verpflegt, daß sie<br />

nicht mehr an Geld dachten.<br />

Am 11. November 1684 wurden die Bauarbeiten eingestellt.<br />

Die Chronistin schreibt: „Die Maurer haben ihren<br />

Dienst quittiert und sich wieder in ihren Bregenzer Wald<br />

verkrochen." 1684 war es noch nicht üblich, nach Au,<br />

Bezau oder Egg in Urlaub zu fahren. So stellte man sich<br />

.[ Mariaberg den Bregenzer Wald wohl als eine Art Urwald<br />

vor, in dem die Leute wie Köhler hausten.<br />

Baujahr 1685<br />

Zwischen Thumb und Beer war es am Ende des vergangenen<br />

Jahres zu mem heftigen Streit gekommen. Wahrscheinlich<br />

war Thumb wütend, daß Beer ohne sein Wissen<br />

einen neuen Plan für die Kirche gemacht hatte. Er wollte<br />

Beer wegschicken und für Mariaberg einen neuen Polier<br />

einsetzen. Beer hatte siüi jedoch das Vertrauen des Conventes<br />

erworDen und so wurde Thumb ganz ausgeschaltet<br />

und der Bauvertrag für das Jahr 1685 mit Beer als Baumeister<br />

abgeschlossen.<br />

Dei Chorbogen, der im letzten Herbst eingefallen war,<br />

wurde wieder aufgerichtet, beide Giebel und der Glockenturm<br />

der Kirche wurden aufgemauert. Für den Bau der<br />

Kirche wurde eine große Menge von Backsteinen benötigt,<br />

auch spezielle Gewölbesteine und eine Unmenge von<br />

Dachziegeln wurden gebraucht. So kam der Convent zum<br />

Entschluß, doch eine eigene Ziegelhütte zu bauen. Auf<br />

einem Acker in der Nähe des Ofens gab es genügend<br />

Lehm. Ein Ziegler wurde eingestellt, der auch einen<br />

„Lettenknecht" stellen mußte. Für die Stukkaturen in der<br />

Kirche und im Kloster wurde eine große Menge Gips benötigt.<br />

Dieser Gips wurde in Rangendingen gegraben und<br />

beim Kloster gebrannt.<br />

Das Kirchengewölbe wurde ganz in Backsteinen aufgeführt<br />

und zu größerer Sicherheit am Gebälk aufgehängt.<br />

Wenn man heute dieses Gewölbe betrachtet, kommt man<br />

allerdings zu dem Schluß, daß das Gewölbe Beers eine<br />

solche Aufhängung nicht nötig hatte, sondern auch in tausend<br />

Jahren noch halten wird.<br />

Der Kirchturm wurde von Meister Klocker, Spengler aus<br />

Hochberg (b. Zwiefalten) ganz mit Blech gedeckt. Das<br />

Turmkreuz, 6 Fuß hoch, wurde mit „bestem Augsburger<br />

Blattgold vergoldet". Bevor man das Kreuz aufrichtete,<br />

fand die feierliche Weihe durch den Prior statt. Im Turmknopf<br />

brachte man einen verlöteten Behälter unter, in<br />

dem Reliquien und eine Pergamentsurkunde mit der Jahreszahl<br />

und den Namen der damaligen Angehörigen des<br />

Conventes enthalten sind.<br />

Auf dem Kirchturm wurde auch die Uhr eingebaut. Sparsam,<br />

wie man war, wurde die alte Uhr wieder verwendet.<br />

Ein Meister Felix N ? aus Munderkingen bekam den Auftrag,<br />

am alten Uhrwerk ein Viertelschlagwerk anzubauen.<br />

Auf der Kirchenbühne ist noch ein altes Uhrwerk vorhanden,<br />

jedoch dürfte dieses Werk aus dem 19. Jahrhundert<br />

stammen.<br />

Neben der Kirche war in diesem Jahr der Conventsflügel<br />

und das Refektor fertig geworden. Um Platz zu gewinnen,<br />

wurde ein Teil des Siechenhauses abgebrochen.<br />

1686<br />

Das Jahr 1686 war das letzte Jahr, in dem intensiv gebaut<br />

wurde. Mit Franz Beer wurde ein neuer Bauvertrag<br />

abgeschlossen. Beer brachte 20 Maurer und „Bossler" unter<br />

dem Polier Rudolf Moosbrugger mit. Unter „Bosslern"<br />

kann man sowohl Handlanger, -wie auch Gipser<br />

Klosterhof, Westflügel und prioratsbau. Rechts Anstaltsgebäude<br />

37


verstehen. Es ist anzunehmen, daß die Bregenzerwälder<br />

auch die Stukkaturen gemacht haben, obwohl das nicht<br />

ausdrücklich erwähnt wird. In diesem Jahr wurde wieder<br />

eine große Menge Bauholz benötigt. Zwiefalten schickte<br />

12 Eichen. Über 100 Birken kamen aus den Wäldern von<br />

Feldhausen, Harthausen, Gammertingen und Hörschwag.<br />

Freiherr von Stauffenberg stiftete aus den Wilflinger \ ildern<br />

5 Eichen. In Jungingen und Hausen i. K. wurde<br />

Tannenholz gekauft. Das Holz wurde in freiwilliger<br />

Nachbarschaftshilfe von Leuten aus Mägerkingen, Hausen<br />

a. L., Burladingen, Bronnen, Neufra, Gammertingen<br />

und Ringingen angefahren. Die Fuhrleute bekamen im<br />

Kloster ein gutes Mahl und einen Trunk. Auch Zwiefalter<br />

Untertanen aus Tiegerfeld, Huldstetten, Eichstetten,<br />

Pfronstetten und Wilsingen leisteten Fuhrdienste.<br />

Die Arbeit an den Fundamenten ging schnell voran, da<br />

man überall auf festen Grund stieß. Der Prioratsbau mit<br />

der Bäckerei im Untergeschoß wurde aufgerichtet. Der<br />

hofseitige Westfl.ügel wurde bis zum Treppenhaus in der<br />

Mitte aufgebaut. Damit war der größte Teil des Klosters<br />

mit der Kirche fertig.<br />

Im Jahr 1687 waren nur noch 9 Maurer mit Innenausbau<br />

und den Hofmauern beschäftigt. Der Westflügel war nur<br />

bis zum Treppenhaus gebaut. Demnach blieb der neuere<br />

Teil des „Speichers" stehen. Ob das von Anfang an beabsichtigt<br />

war, oder ob das Geld ausging, ist nicht klar.<br />

Erst 34 Jahre später, 1722, wurde weitergebaut. Am<br />

29. April 1722 legte die Priorin den „Eckstein" für das<br />

neue Gebäude. Über diesen letzten Bauabschnitt sind bisher<br />

ki i le Einzelheiten bekannt.<br />

1687 wurde die Endabrechnung aufgestellt. Der ganze<br />

Bau hatte nicht ganz 10 000 Gulden gekostet. Die „Bettelaktion"<br />

war ein voller Erfolg gewesen. Die Liste der<br />

Wohltäter, die für den Bau gespendet hatten, zählte<br />

ca. 120 Einzelpersonen, Klöster, Städte und Kirchengemeinden<br />

auf. Etwa 730 Gulden Bargeld waren eingegangen.<br />

Dazu kam der größte Teil des Bauholzes, vor allem<br />

durch Spenden der Fürstin Maria Sidonia von Hohenzoliern-Hechingen.<br />

Das Kioster Zwiefalten gab neben<br />

Schenkungen ein zinsloses Darlehen von 1000 Gulden. Es<br />

gingen auch viele Natural en ein, Wein, Getieide usw.<br />

Ein besonderer Wohltäter war der Konstanzer Canonicus<br />

Dr. Franz Leopold Gessler. Er bezahlte die Schreinerarbeiten<br />

und Gemälde für die Altäre in der Kirche- Er<br />

schenkte auch das große Kruzi ix, das vor dem Nonnenchor<br />

hängt. Die zugehörigen Figuren Ma-ia und Johannes<br />

sind verloren. Die Chronistm hebt hervor, daß das Arbeiten<br />

des berühmten Künstlers Schenk aus Konstanz<br />

seien. Für den Ausbau des Refektors stiftete der Canonicus<br />

75 Gulden, dazu eine „Kruzifixtafel" und sein Portrait<br />

(beide verloren). Außerdem gab er 2 „schone Jesusknaben",<br />

ein seidenes, violettes Meßgewand und passendes<br />

Kelchtüchlein.<br />

Die heimlichen Verstecke<br />

Der Dreißigjährige Krieg war noch nicht vierzig Jahre<br />

vorbei. So ist es nicht verwundet ch, daß man im Kloster<br />

für den Notfall vorsorgte. Schon beim Bau wurden einige<br />

Verstecke vorgesehen, n di- man bei Gefahr Hausrat und<br />

Wertsachen bringen konnte Für die künftigen Nonnen<br />

legte die Chronistin eine „Gebrauchsanweisung" bei. Sie<br />

schreibt: „Im Fahl der Noht etwas in geheime Sicherheit<br />

zu bringen und zu saldieren seiend zu beobachten:<br />

1. Ein grosse, 2 Zellen lang und Dreite Behältrm in dem<br />

Oxidentalgeb-».u (Conventsfiügel). Dessen Mund oder Eröffnung<br />

soll gesucht werden in der nägsten Zeil ahn der<br />

vorderen Arbe.tsstuben (Korbmacherei) gegen den Kirchengiebel<br />

gleich am Eingang auf der iinken Hand. Unter<br />

38<br />

der Bettstatt such ein Pflaster (Tapete?) oder Deckblättlein."<br />

Hier könne man eine ganze Menge Hausrat, Betten<br />

und andere Sachen verstecken. Der Raum habe gegen<br />

Osten ein kleines Luftloch, das mit einem durchbrochenen<br />

Kreuzblättlein bedeckt sei. Der Raum ist heute noch vorhanden,<br />

hat aber eine Tür nach außen, die noch nicht sehr<br />

alt sein kann. Die Falltüre war bis vor einiger Zeit noch<br />

zugänglich, endet aber jetzt auf einem Zwischenboden.<br />

2. Ein anderer „kleinerer, auch sicherster und geheimster<br />

Ort" ist zu finden in der „vorderen Heimblichkeit (Abort)<br />

bei der Stiegen und Tür so auf den Felsen (Nonnenfriedhof)<br />

1 "nausführt". Nach Abheben des „Deckblättchens"<br />

finde man einen großen Sandstein mit zwei Eisenringen,<br />

den man hochheben muß. Der Behälter sei gut gf ,gnet für<br />

Geld und andere Wertsachen. Er habe kein Licht und kein<br />

Luftloch, doch von der „Heimblichkeit" sei er mit einer<br />

starken Mauer abgeschieden. Dieses Versteck wurde wahrscheinlich<br />

bei einem Umbau der Abortanlage beseitigt.<br />

Ein weiteres Versteck war auf der Kirchenbühne zu finden.<br />

Hier g it es verschiedene Winkel, die man leicht und<br />

unauffällig zumauern konnte.<br />

Wie wir sahen, ist das Kloster Mariaberg vom Architekten<br />

bis zum Handlanger "ne Arbe - ; der Vorarlberger. An sich<br />

findet man das Schema, das Thumb hier verwendet hat,<br />

schon bei Klosterbauten des Mittelalters. E n Kreuzganghof<br />

mit drei Flügeln, dessen vierte Seite d : Kirche bildet.<br />

Verfolgt man den Ablauf der Bauarbeiten, so ist zu erkennen,<br />

daß Thumb sich doch recht eingehend l it dem<br />

Problem befaßt hat, denn der Bau paßte sich genau den<br />

Gegebenheiten an. Der „Klosterbetrieb" wurde nicht mehr<br />

gestört, als unbedingt nötig. Lis 1722 konnte sogar ein<br />

Bauteil des alten Klosters weiterbenützt werden, weil<br />

alles aufeinander abgestimmt war. Anscheinend hat sich<br />

Thumb nach Beginn der Bauarbeiten nicht mehr viel um<br />

das Unternehmen gekümmert, so daß Beer praktisch die<br />

Bauleitung hatte. Die Kirche ist ein eigenständiges Werk<br />

von Beer. Es ist nur die Frage, um welchen Franz Beer es<br />

sich handelte. Franz Beer I baute die Kirche des Klosters<br />

Wald 1697/1700. Für den Mariaberger Beer würde aber<br />

eher Franz Beer II von Bleichten, der „große Beer", passen<br />

Er wurde 1677/80 von der Auer Zunft ledig gesprochen,<br />

sein Meister war Michael Thumb. So ist es erklärlich,<br />

daß er als Polier von Thumb in Mariaberg erscheint.<br />

Mariaberg dürfte auch der erste Bau gewesen sein, bei dem<br />

Beer (ab 1685) als selbständiger Baumeister auftrat. Das<br />

Klösterlein ist also von zwei der bedeutendsten Vorarlberger<br />

Meister gebaut worden. 1686 taucht noch Rudolf<br />

Moosbrugger als Polier auf. Moosbrugger ist auch später<br />

Polier bei Franz Beer. Als selbständiger Baumeister ist er<br />

anscheinend nie tätig gewesen. Wie schon erwähnt, dürften<br />

auch die Stukkaturen m Kloster von Beers Leuten<br />

stammen. Teilweise handelt es sich um einfache Schablonen<br />

mit religiösen Mor /en m den Zeilen. Besonders<br />

schöne Stukkaturen findet man im Westfiügel, der die<br />

Sprechzimmer, Kanzleiräume und Gastzimmer enthielt.<br />

Über den Bau von 1722 ist bisher n cht bekannt, wer ihn<br />

ausführte. Ganz sicher wurde er aber nach den vorhandenen<br />

Plänen von Thumb und Beer zu Ende geDracht,<br />

denn er paßt sich genau in die vorhandenen Gebäude ein.<br />

Wahrscheinlich waren auch h; er Vorarlberger Handwerker<br />

tätig.<br />

Das Scniff der Kirche ist heute noch im gleichen Zustand,<br />

wie es von Beer gebaut wurde; eine Renovation ist noch<br />

nie erfolgt. Nur der Nonnenchor wurde -m 18. Jahrhundert<br />

im Rokokostii umgebaut. Wahrscheinlich war er zunächst<br />

sehr einfach m'- dem alten Gestühl ausgestattet.<br />

Die ersten Altäre, Hie von dem Konstanzer Canonicus<br />

gestiftet waren, sind wahrscheinlich nicht mehr vorhan-


den. Die Bilder der Seitenaltäre sind signiert von Joh.<br />

Kaspar Kohler 1730. Kohler ist ein bedeutender Barockmaler<br />

aus Saulgau. Die Altaraufbauten dürften aus der<br />

gleichen Zeit stammen. Der Hochaltar und die Kanzel<br />

sind älter. Oben auf dem Hochaltar stehen zwei Engelsfiguren,<br />

die aus der Werkstatt Melchior Binders stammen<br />

sollen. In diesem Zusammenhang muß auch der Prior und<br />

Beichtvater P. Anselmius Storr erwähnt werden, der 1713<br />

in der Klosterkirche begraben wurde. Auf seinem Grabstein<br />

heißt es: „Wanderer was du hier an Seltenem siehst,<br />

hat er geformt, gemalt und geschmückt." Zeitlich käme<br />

Storr für das Bild des Hochaltares und die Figuren der<br />

Kanzel in Frage. Aber das ist natürlich vorläufig eine<br />

reine Vermutung. Aus der alten Kirche stammt noch eine<br />

Büste des hl. Nikolaus, der zu den Kirchenpatronen gehörte,<br />

und ein gotisches Kreuz. Dieses Kreuz steht heute<br />

an der rechten Seite unter dem Nonnenchor. Es ist mit<br />

zwei Schächern, Maria und Johannes in maniristischem Stil<br />

zu einem Calvarienberg vereinigt. Nach der Uberliefe-<br />

rung stand diese Gruppe ursprünglich in einem Flur des<br />

Klosters und wurde erst im 19. Jahrhundert in die Kirche<br />

gebracht. Auch die Madonna auf dem Nonnenchor ist eine<br />

gotische Figur, die in der Barockzeit verändert wurde.<br />

Neueren Datums ist auch die Ausstattung des Kapitelsaales.<br />

Leider ist:nur noch die Stukkatur der Decke vorhanden.<br />

Quellen:<br />

Archiv des Klosters Mariaberg B 477 Hauptstaatsarchiv Stuttgart.<br />

Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Handsdiriftenabt. Cod.<br />

hist. 4 0 387.<br />

Fürstliches Archiv Sigmaringen (Bestand Gammertingen). Stadtarchiv<br />

Gammertingen.<br />

Literatur:<br />

Lieb-Dieth „Die Vorarlberger Barockbaumeister" i960. Den Hinweis<br />

auf Melchior Binder verdanke ich einer freundlichen Mitteilung von<br />

Herrn Dr. Hell, Reutlingen. Besonderen Dank schulde ich Herrn<br />

Staatsarchivdirektor Dr. Gönner, Stuttgart, für die Unterstützung<br />

aller meiner Arbeiten zur Geschichte des Klosters Mariaberg.<br />

Mit dieser Arbeit von Dr. Herbert Burkarth haben wir bewußt über den Rahmen der Grenzen Hohenzollerns hinausgegriffen,<br />

zumal hier erstmals überhaupt irgendwo die Baugeschichte des Klosters Mariaberg behandelt wird. Der<br />

Autor, der wie schon sein Vater und sein Großvater Anstaltsarzt in Mariaberg ist, hat sich jahrelang mit der Geschichte<br />

des Klosters befaßt.<br />

In der Buchhandlung Strobel in Hechingen, Am Rain 2, ist aus der Feder von Leopold Bausinger, Landrat a. D., ein<br />

Buch erschienen mit dem Titel „Geliebte Heimat, Jugenderinnerungen und besinnliche Betrachtungen". Unsere Leser<br />

erinnern sich, daß in der „HohenzollerLchen Heimat" bereits Auszüge aus Bausingers Erinnerungen erschienen sind.<br />

Wir empfehlen das Werk allen Heimatfreunden in Hohenzollern.<br />

t<br />

39


A. H. BUCKENMAIER<br />

P. Dionysius Schuler O.F.M.<br />

Titularerzbischof von Naz'-nz — Fortsetzung und Schluß<br />

Zur Erforschung der Ordensgeschichte wurde eine neue<br />

Zeitschrift gegründet, der später „Franziskanische Studien"<br />

beigesellt wurde. In den Studienstatuten wurde sehr<br />

viel Wert auf das Studium der Homiletik (Predigtstudium)<br />

gelegt. Auf Schulers Wunsch verfaßte der Bedeutende italienische<br />

Prediger P. Bernhardini Sderci eine große Einführung<br />

in das Predigtamt. Schuler empfahl das Werk<br />

dem ganzen Orden und ließ es in andere Sprachen übersetzen.<br />

Für Italien er ichtete Schuler im Antonianum einen<br />

Lehrstuhl für Predi^tkunde. Die Anforderung von immer<br />

mehr Predigern war ein Zeichen für den Aufschwung des<br />

Predigtwesens im Orden unter Schulers Generalat-<br />

Schulers weitere große Sorge galt den Heidenmissionen.<br />

Als echtem Sohn des Ordensgründers lag ihm die Bekehrung<br />

der Heiden, Schismatiker und Irrgläubigen in allen<br />

Weltteilen besonders am Herzen. In einem Rundschreiben<br />

beschwört Schuler die Vorsteher der Provinzen: „Höret<br />

mich, verehrte Vorsteher der Prov' izen, hört die Stimme<br />

eures Vaters: Denkt an die Missionen, denen es an Nachwuchs<br />

gebricht!" Sie sollen junge Leute, die Missionar werden<br />

wollen, nicht hindern, sie sollen sie aufmuntern und<br />

gerne ziehen lassen. Das Studium der Missionare wurde<br />

reorganisiert. Die Missionsschüler erhielten getrennt von<br />

den Lehramtsanwärtern ihre Vorlesungen, Schuler mahnte<br />

ein andermal: „Vergeßt unsere Missionen nicht, unseren<br />

Ruhm, unsere Ehre, unsere Hauptaufgabe." Es würde zu<br />

weit führen, die herzbewegenden Worte ganz aufzuführen,<br />

die Schuler der Jugend ' 'dmet. Ein Satz soll aus st: •<br />

nem Aufruf an die Seraphische Jugend hier stehen:<br />

„. .. wie viele Ohren lauschen auf den Schall eurer Füße,<br />

es sind ja Füße derer, die den Frieden, die frohe Botschaft<br />

bringen." Unter Schuler wurde das weit ausgedehnte franziskanische<br />

I.lissionsfeld neu geordnet. Den einzelnen<br />

Ordensprovinzen bzw. Nationen wurden best nmte M -<br />

sionsgebiete zugewiesen, wodurch das Interesse an den<br />

fy isionen gefördert wurde. Es entstand der Franziskaner-<br />

Missionsverein. Einige der Mis onare er'itten 1904 in<br />

China und 1908 in Lybien den Martyrertod. Noch unter<br />

Schuler wohnte, eine Marmortafel angebracht, auf der<br />

Durch zanlreiJie Berufungen in höhere kirchliche Ämter<br />

zeigte der Papst seine Anerkennung für das Wirken der<br />

Minderbrüder auch unter der Regentschaft Schulers.<br />

Ein bedeutendes Ereignis unter seinem Generaiat war die<br />

Feier des siebten Zentenai des Ordens und das Halbkapnel<br />

zu Assisi Im Jahre 1909. Im Portiunkulakonvent<br />

von Assisi wurde zur Erinnerung an das Jubeljahr über<br />

dem Eingang zur Zelle, in der während des Kap: eis<br />

Schuler wohnte, eine Marmgrtafel angebracht, auf der<br />

P. Dionysius Schuler als oberster Lenker des Ordens aufgeführt<br />

ist. S.t spricht weiter den Dank an den Generalminister<br />

aus für die Restauration des Gotteshauses, das<br />

zur Patriarchalbasiiika erhoben worden war.<br />

„Der Sturm wider die Uniombulle"<br />

So bezeichnete P. Gallus Haselbeck d Zeit der Regentschaft<br />

Schulers vom 4. Oktober 1909 bis 23. Oktober 1911.<br />

Ein trübes Kapitel in der Geschichte der M oriten! Man<br />

40<br />

möchte glauben nach all dem Gesagten, daß kaum ein<br />

Generalminister so viel für den Orden geleistet hat, wie<br />

Dionysius Schuler. P. Gallus schreibt selbst: „Betrachtet<br />

man den Franziskanerorden in seiner Gesamtheit, so stand<br />

sein inneres Leben seit der Säkularisation zu Beginn des<br />

19. Jahrhunderts nicht mehr in solcher Blüte wie in den<br />

Tagen des P. Dionysius Schuler." Wenn ihm auch diese<br />

Erfolge nicht allein zuzusprechen sind, so wäre es ungerecht,<br />

ihm jeden Anteil daran abzusprechen.<br />

Von den Konventualen i ihnen ist Besitz gestattet, auch<br />

„Schwarze Franziskaner" genannt) und den Kapuivnern<br />

wurde unter Papst Pius X. gegen die von Papst Leo XIII.<br />

gegebene Unionsbulle, die Schuler b . aufs Äußerste verteidigte,<br />

der Sturm begonnen. Ein päpstliches Dokument,<br />

das während der Abwesenheit Schulers von Rom - er war<br />

gerade in Fulda - im Osservatore Romano veröffentlicht<br />

wurde, besagte, daß man den Franz kanern den Titel<br />

OFM absprach und sie sich in Zukunft OFM Unionis Leoninae<br />

nennen sollten. (OFM ist die Bezeichnung Ordo<br />

Fratrum Minorum, Orden der Minderbrüder.) Unter Minoriten<br />

(OFM) wird der Gesamtorden verstanden, nämlich<br />

Franziskaner, Konventualen und Kapuziner. Das<br />

päpstliche Dokument, genannt Motu proprio „Septimo<br />

jam" sollte „das gegenseitige Verhältnis der drei Äste des<br />

Minoritenordens" regeln. Es galt, eventuelle Vorrechte<br />

der Franziskaner zu beseitigen. E'n Vorrecht gegenüber<br />

anderen Fami'ien bestand sowieso nicht trotz des Titels<br />

„Generalminister des ganzen Ordens der Minderbrüder".<br />

Dem Franziskanergenerai hatte der apostolische Stuhl aus<br />

Gnade den Vortritt vor den beiden anderen Generälen der<br />

Konventualen und Kapuziner genehmigt. Künftig sollten<br />

nun alle drei Generäle in einer Reihe b^im Papst stehen.<br />

Dazu kam die Frage der franziskanischen Rechtsnachfolge.<br />

Es handelte sich darum, wer von den drei M -loritengruppen<br />

der direkte Nachfolger des vom hl. Fran^skus gestifteten<br />

Ordens war. Keineswegs sollte den zwe> anderen<br />

Seitenästen des Ordens jede Bez .hung zum Ordensgründer<br />

abgesprochen werden. Eine Gleichstellung der drei<br />

Gruppen und der dre' Ordensgeneräle war aber noch verfrüht,<br />

so daß die Franziskaner eire direkte Nachfolge für<br />

ch in Anspruch nahmen. Die Bulle Leos XIII. sagte nämch<br />

vom Geneialminister der Franziskaner, er trage den<br />

Titel Minister Generalis totius Ordinis Minorum „und<br />

zwar mit Recht'. Das alte Ordenssiegel stand schon seit<br />

Leo X. dem Ordensgeneral der Fran:. skaner zu. L e Konventualen<br />

beachteten nicht mehr die ganze Regel des Ordensgründers<br />

und die Kapu? ; ner waren erst im 16. Jahrhundert<br />

entstanden. Zur Fortsetzung der Streitigkeiten<br />

wurde die von Schuler veranlaßte Ordensgeschicntsschreibung<br />

genommen. Schuler war zwar nicht mit dem ganzen<br />

Inhalt des von P. Holzapfel verfaßten Compendiums einverstanden,<br />

worauf der Verfasser im Vorwort e';


Hinter dem Rücken Schulers wurde Portiunkula zur Basilica<br />

Patriarchalis und Capella Papaiis erhoben und dadurch<br />

der jurisdikt : n des Generalministers entzogen- Die<br />

Konventualen aber, deren K.rche das Grab des Ordensgründers<br />

barg und die diesen Ehrentitel allein bisher getragen<br />

hatte, waren sehr schwer getroffen. Doch konnte<br />

Schuler nicht die Schuld gegeben werden, wie dies geschah.<br />

Durch einen nur an Schuler gerichteten päpstlichen Enrenbrief<br />

anläßlich der 700-Jahrfeier schien es, als ob der Brief<br />

Pius' X. nur den Franziskanern gelte und nicht der ganzen<br />

Union. Man sah darin eine „bewußte und gewollte<br />

Hintansetzung" der beiden anderen Zweige. Auch dies<br />

ging auf das Schuldkonto Schulers, obwohl er einsah, daß<br />

dies ein Mißgriff war, nämlich diesen Brief für sich zu<br />

erbitten. Aber dies entsprang keiner böswilligen Absicht,<br />

wie er selbst vermerkte.<br />

Schulers Generaldefinitoren verlangten energisches Vorgehen.<br />

Sie wollten sich cue verlorenen Rechte des Ordens<br />

wieder zurückgewinnen. In einem Promemo " a sollten die<br />

Argumente für die Privilegien und Rechte des Ordens<br />

„kurz und bünd'g" angeführt werden. Di Denkschrift<br />

ließ Schuler dem Papst überreichen mit der Bitte um<br />

Aucienz. Lange Zeit kam keine Antwort. Als Schuler endlich<br />

empfangen wurde, fragte er den Papst, was die Franziskaner<br />

verbrochen hätten. Der Papst erklärte: „Nichts",<br />

fügte aber hinzu, Schuler sei angeklagt, den anderen Söhnen<br />

des hl. Franziskus den Namen Fratres Minores rauben<br />

zu wollen, was Schuler verneinte, weil nie behauptet worden<br />

war, die Konventualen oder Kapuziner seien nicht<br />

rechtmäßige Nachfolger des Ordensstifters FranLukus. Ein<br />

weiteres Schreiben, das die Unterschrift des Papstes trug,<br />

schien die Union sprengen zu wollen. Es sollte zwar nicht<br />

veröffentlicht weiden, aber die Kreise, die hinter „Paucis<br />

ante d ebus" - so begann die Streitschrift - standen, setzten<br />

sich durch. Die Veröffentlichung war eine neue Verdemütigung<br />

für tue Franziskaner. Gegen diese zweite Attacke<br />

unternahm Schuler im Einverständnis mit dem Generaldefmitorium<br />

nichts mehr, da dies nach An; cht des<br />

Kard.nals D. Ferrata für den Orden sehr gefährlich werden<br />

konnte. Auf all difse Geschehnisse hin brachte Kard!.<br />

al Vives für alle drei Ordensgeneräle eine Papstaudienz<br />

zustande, bei der Schüler eine ihm angefertigte<br />

Rede zu halten hatte m der es u a. hieß: „Wie der Ruhm<br />

des franziskanischen Namens eins ist für alle, eins das<br />

Wesen der Minderbrüder, eins e Seraphische Regel, so<br />

.md auch wir selbst ein Herz und eine Seele". Und dies<br />

wurde dem Papst und Schuler nach allem Vorhergegangenen<br />

geboten! Es ist unverständlich, daß Papst Pius X. sich<br />

überhaupt in d: sen Stre ;


Als die Stunde des Abschieds für Schuler gekommen war,<br />

sagte er: „Sine ira et studio (ohne Zorn) bin ich nach Rom<br />

gekommen. Sine ira et studio verlasse ich es heute. Ob ich<br />

als General etwas Gutes für den Orden getan habe, überlasse<br />

ich dem Urteil der Geschichte." Sein Biograph<br />

schreibt, dieses Urteil brauchte er nicht zu fürchten. Nach<br />

all den aufgeführten Leistungen Schulers kann der Franziskanerorden<br />

nur auf ihn stolz sein, nicht minder aber<br />

seine hohenzollerische Heimat.<br />

Das erste Pontifikalamt hielt Erzbischof Schuler in der<br />

Kirche am Frauenberg in Fulda. Auf Mar>„ Empfängnis,<br />

dem 8. Dezember, kam er in Sigmaringen an.<br />

Daß die Vorgänge im Franziskanerorden auch von deutschen<br />

Zeitungen kommentiert wurden, ist verständlich.<br />

Daß nur die halbe Wahrheit oder diese verdreht in den<br />

Zeitungen zu lesen war oder gefärbt, je nach dem politischen<br />

Standpunkt der Zeitung, ist mehr als bedauerlich.<br />

Der Vernebelung der Vorgänge in Rom war dem Provinzial<br />

der bayerischen Franziskanerprovinz zu viel. Daher<br />

stellte er die verschiedenen Punkte richtig und warnte,<br />

weiteren Einsendungen, die der Verschleierung dienten,<br />

„mit Mißtrauen zu begegnen".<br />

In der Heimat - Kloster Gorkeim<br />

Für P. Schuler war der Sturm vorüber. Über dem Gezänk<br />

der verschiedenen Parteien hatte er sich nach Kloster Gorheim<br />

zurückgezogen, wo er „ein schönes Heim gefunden<br />

. .. Unendlich gut hat es der Ii =be Gott mit mir gemeint",<br />

so schreibt er später.<br />

Ein kleiner Saal mit zwei Fenstern, früher Krankenstube,<br />

war für Erzbischof Schuler als Wohn- und Arbeitszimmer<br />

einfach hergerichtet. Eine hohe Flügeltür führte zum<br />

Schlafzimmer und in die danebenliegende Zelle, die als<br />

Privatkapelle für den Erzbischof bestimmt wurde. Die<br />

letzten 15 Jahre seines Lebens verbrachte er hier. Erzbischof<br />

Schuler war zum gemeinschaftlichen klösterlichen<br />

Leben nicht verpflichtet. Er schloß sich aber der Tages- und<br />

der Hausordnung weitgehendst an. Er hielt streng auf<br />

Ordnung. Um 5 Uhr stand er auf. Dann folgte die<br />

hl. Messe, vor der er täglich eine Betrachtung hielt. Nach<br />

der hl. Messe folgte eine halbstündige Danksagung, anschließend<br />

frühstückte er. Zum Kaffee las er die Kölnische<br />

Volkszeitung, die Hohenzollerische Volkszeitung aus Sigmaringen<br />

und den Hechinger „Zoller". Nach c '-;ser Lektüre<br />

begann er mit Arbeiten. Entweder studierte er oder<br />

erledigte seine umfangreiche Korrespondenz. Vor dem<br />

Mittagessen machte er in se >er Privatkapelle eine Besuchung<br />

und das Particularexamen. Um 12 LJhr speiste er<br />

im Refektorium mit der Kommunität. Zum „Gratias"<br />

ging er mit dem Konvent in die Kirche. Der Nachmittag<br />

fand ihn am Schreibtisch, manchmal auch : dem Wäldchen<br />

beim Kloster, wo er den Rosenkranz betete. Er nahm<br />

auch am Sonntag, Dienstag und Fre'Ug an den öffentlichen<br />

Andachten in der Kirche teil. An Rekreationstagen,<br />

wenn dem Konvent abends längere Entspannung nach<br />

alter Sitte der Provinz gestattet war, versammelten s : th<br />

die Patres gegen 20 Uhr im Wohnzimmer Schulers zur Unterhaltung<br />

bis 22 Uhr, hin und wieder bis gegen 23 Uhr.<br />

Danach 1 ielt er noch bis Va Stunde vor Mitternacht Anbetung<br />

in seiner Kapelle. Seine L tsätze s it seiner Anwesenheit<br />

in Gorheim gab er sich selbst, nämlich „sich um<br />

nichts kümmern bezüglich der Leitung des Klosters und<br />

der Provinz". Dies mag hm, der 10 Jahre selbst Provinzial,<br />

8 Jahre Generalminister war, schwergefallen sein, da<br />

nicht mehr alles so verlief wie zu seiner Zeit. Sein zw ter<br />

Vorsatz war: „Beten, schweigen, leiden für den Orden".<br />

Er betete viel, von seinen körperlichen Leiden sprach er<br />

kaum, nur das Schweigen glückte iam schlecht. Mitbrüder<br />

und sonstige Besucher regten ihn immer wieder zum Er-<br />

42<br />

zählen an. Die Behandlung, die ihm in Rom als Generalminister<br />

widerfahren war, ließ manchmal Bitterkeit in<br />

ihm aufsteigen. Schließlich begann er nach reichlicher<br />

Überlegung im Jahre 1914 seine Erinnerungen aufzuzeichnen.<br />

Sein goldenes Ordensjubiläum konnte Schuler 1921<br />

in Gorheim feiern. Sein Heimatort Schlatt überbrachte<br />

ihm die Ehrenbürgerurkunde. Zahlreiche Gäste, auch aus<br />

dem Orden, waren erschienen.<br />

Das seelsorgliche Wirken in Gorheim bestand darin,<br />

daß er im Notfalle an Sonn- und Feiertagen im Beichtstuhl<br />

aushalf, auch teilweise, wenn die Geistlichkeit des<br />

Kapitels ihre Zusammenkunft montags in Sigmaringen<br />

hatte (Dies) und diese Gelegenheit zur Beichte in Gorheim<br />

benützte. Exerzitienkurse, besonders für Schwestern gab<br />

er in württembergischen und badischen Mutterhäusern,<br />

einmal auch bei den Augustinern in Minmerstadt.<br />

Pontifikalämter zelebrierte er gerne. Pius X. hatte ihm<br />

das Privileg gegeben, in den Ordenskirchen ohne Genehmigung<br />

des Diözesanbischofs Thron und Stab zu gebrauchen.<br />

Die Weihe der neuen Glocken in Gorheim nahm er<br />

vor, wie auch die Weihe der neuen Klosterkirche daselbst.<br />

Mehr als 100 Klerikern spendete er die heiligen Weihen.<br />

Es machte ihm Freude, wenn er eingeladen wurde, zu<br />

firmen, so in Aachen, Essen und Mönchen-Gladbach, wo<br />

er insgesamt 17 000 Personen firmte. Im Auftrag des<br />

hochbetagten Bischofs Korum von Trier war er vier Wochen<br />

auf Firmreise in zehn Dekanaten in der Eifel und<br />

auf dem Hunsrück. Obwohl es Schuler an Arbeit nicht<br />

fehlte, war er mit diesen zufälligen Aufträgen nicht zufrieden.<br />

Er meinte scherzhaft, er trete in die Fußstapfen<br />

seines Namenspatrons, des Bischofs Dionysius, der als<br />

einer der vierzehn Nothelfer gelte. In zahlreichen Briefen<br />

hat Schuler seelsorgerisch gewirkt. Selbst der Generalminister<br />

P. Pazifikus Monza ließ sich in Ordensangelegenheiten<br />

von ihm beraten.<br />

Krankheit, Tod und Beisetzung<br />

Schuler war von mannigfachen Krankheiten heimgesucht.<br />

Di~ Hauptursache s


tember 1926. In einem Blumenmeer wurde er im Sprechzimmer<br />

des Klosters Gorheim aufgebahrt. Wunschgemäß<br />

wurde er vor dem Altar U. L. Frau in der Klosterkirche<br />

beigesetzt. Bis auf den letzten Platz war die Kirche während<br />

der Beisetzungsfeierlichkeiten besetzt. Sein langjähriger<br />

Sekretär P. Amand Sulzböck hielt Requiem und<br />

Trauerreden in Erfüllung eines Wunsches des Toten.<br />

In der Marienkapelle der Gorheimer Klosterkirche ruht<br />

nun Erzbischof P. Dionysius Schuler seit 46 Jahren. Die<br />

Grabplatte trägt M :ra und Stab, ein Kreuz, die Buchstaben<br />

DS und RIP. Die Gedenktafel an der Rückwand der<br />

Seitenkapelle trägt die Inschrn': mit dem Wappenspruch<br />

Schulers „Dilectus meus mihi (Mein Geliebter ist mein).<br />

Dann folgen in Latein seine Ämter und Lebensdaten, zu<br />

deutsch: Hier ruht der Hochwürdigste Pater Dionysius<br />

Schuler, Exgeneralminister des ganzen Ordens der Minderbrüder,<br />

Titular-Erzbischof von Nazianz, geb. am<br />

22. April 1854 Schlatt Hohenzollern, gestorben am<br />

7. September 1926 im Konvent Gorheim Sigmaringen.<br />

Ave Pia Anima.<br />

Nach all dem Gesagten wirkte Erzbischof Schuler für den<br />

Orden von Anfang an über das M telmaß einer Mönchspersönlichkeit<br />

hinaus. Wenn man seine ersten Jahre im<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Aus der Geschichte Starzeins<br />

Das Dörflein Starzein im Killertal wird in dem Gründungsbencht<br />

des Klosters Sankt Georgen im Schwarzw* 1 i<br />

zum Jahr 1090 erstmals genannt, bestand aber sicher schon<br />

längere Zeit vorher (Zeitschr. Oberrhein 9, 1958, S. 210).<br />

Es heißt dort unterm b. Dezember des genannten Jahres:<br />

„Ein Ritter Roum schenkte zur Ehre Gottes und des<br />

hl. Georg dem kurz zuvor gegründeten Kloster eiren<br />

Mansus (ca. 45 Jauchert Feld] im Dorfe Starzna". Doch<br />

schon am 3. April 1092 hat das Kloster nach der gleichen<br />

Quelle (S. 211) diese Grundstücke zu Starzila an den<br />

adeligen Hermann von Mähringen gegen solche zu Nehren<br />

vertauscht. Einige Forscher haben zwar d'-ses Dorf Starzila<br />

nicht in unserem Killertal, sondern an der Schörzinger<br />

Starzel (Krs. Rottweil) vermuten wollen. Dort ist jedoch<br />

niemals eine Siedlung dieses Namens nachzuweisen gewesen,<br />

sondern nur der gleichnamige Bach (obige Zeitschr.<br />

Bd. 112, S. 521). Unser Dorf aber ist, abgesehen von<br />

oL.gen zwe Daten, auch im J. 1253 (in Monumenta Zoilerana<br />

I, S. 69) aufgeführt, weil hier das Kloster Beuron<br />

Besitz hatte. Das Dorf ^gf bekannt' ch am Zusammenfluß<br />

des Scharlachbaches und des Wcllertalbaches, die hier<br />

die Starzel bilden, wovon auch der Ort aen Namen erhielt.<br />

Die volkstümliche Aussprache „Starzia" (meist mit<br />

Unterdrückung des R) erinnert noch stark an die alte<br />

Form Starzila. Der Bachname, der wohl ursprünglich<br />

Starzilach fach = Wasser) lautete, geht wohl auf das germanische<br />

Wort Start zurück, das „schnell sp^ngen" be<br />

deutet. Außer unserer und der Schörzinger Starzel gibt es<br />

noch eine dritte bei Horb. Das Tal um unser Starzein<br />

heißt Killertai nach der alten Pfarrei Kiner, die von<br />

Hausen bis Weiier ob Schlatt reichte und eigentlich Kil-h-<br />

Orden bedenkt, wie er beim Aufbau und Ausbau mitwirkte<br />

und wie er in den höheren Ämtern des Ordens<br />

und als Generalminister das Geschaffene festigen wollte,<br />

so entbehrt er tficht einer gewissen Größe. Seine Frömmigkeit<br />

entsprach voll und ganz dem franziskanischen Geist<br />

wie auch das Arr.'utsideal, das er immer wieder predigte<br />

und vorlebte.<br />

Generalminister Bernardin Klumper, Schulers Nachfolger<br />

im Generalat, bezeichnet ihn als Mann „von unantastbarer<br />

Red" :hkeit, unfähig zu Falschheit und List".<br />

Schuler hat seinen Orden zutiefst geliebt, dem Gebet,<br />

der Arbeit und dem gemeinsamen franziskanischen Leben<br />

ergeben, Gehorsam gegen den Apostolischen Stuhl. Sein<br />

Verhalten in den kritischen Jahren hatte wenigstens den<br />

Erfolg, daß P. Schuler den Orden vor der geplanten Auflösung<br />

rettete. „Um der Union des Ordens -willen an der<br />

Fusion der Provinzen unerschütterlich festzuhalten, war<br />

eines der wichtigsten Ziele seiner Regierung" sagt sein<br />

Biograph. Daran ist Schuler gescheitert und mußte seine<br />

Absetzung hinnehmen. Daß aber seine Haltung richtig<br />

war, zeigt die Zusammenlegung der italie sehen Provinzen<br />

nach dem zweiten Weltkrieg durch Papst Pius XII.<br />

Schuler aber hat diese Rehabilitierung leider nicht mehr<br />

erlebt.<br />

wiler hieß, also Weiler mit der Pfarrkirche. Im Jahre 1488<br />

wurden dann Hausen und jungingen eigene Pfarreien,<br />

während Killer selbst um 1536 als solche einging und zu<br />

Hausen kam. Westlich vom Dorf Staizeln führt ein alter<br />

Feidweg, die Kirchsteig, eine Anhöhe hinauf, wo früher<br />

ein Johanniterordenshaus mi; Kapelle stand, das Jungental<br />

hieß. £s wird seit 1256 in Urkunden erwähnt. Vermutlich<br />

hängt s- n Name mit dem Ort Jungingen bzw. dessen<br />

Adel zusammen, der den Orden des hl. Johannes sehr begünstigte.<br />

Um J. 1275 ersche : tit Jungental im „Liber decimaiionis"<br />

als Hos^ z, das zehntfrei war. Um 1276 hat<br />

ein Ritter Eberhard von Jungingen sogar das halbe Don<br />

jungingen mit dem Burgstall (Burgruine samt Zubehör<br />

an Gütern und Rechten) ans Johanni Bernaus Jungental<br />

geschenkt, und zwar als Lehen des Bischofs von Konstanz.<br />

Der Orden hat dann im Jahre 1300 seine Besitzungen im<br />

Tal und auf der Alb mit Ausnahme von Jungental selbst<br />

an den Grafen von 'Württemberg vertauscht. Noch 1325<br />

gehörte ein Hof zu Gauselfingen zum Gebiet Jungental.<br />

Im Jahre 1406 saß in Jungental noch ein Piior, etwa 1U0<br />

Jahre später dagegen wurde wohl die Kapelle von Hausen<br />

aus versehen. Und wieder 100 Jahre später, nämiich 1606,<br />

verkauften die Johanniter Jungental r _t Feldern und<br />

Wäldern an die Zollergrafen zu Hechi igen (Zollerheimat<br />

1941, 13-17). Die Kapelle wurde erst im 18. jahrhundert<br />

ins Dorf verlegt, wo noch ein uraltes Glöcklein an die<br />

Johannicerzeit erinnern kann. Hoch über den öden<br />

Klosterplatz


JOHANN ADAM KRAUS<br />

Die Herren von Wehrstein 1101-1395<br />

Oberhalb von Fischingen sieht man rechts des Neckars auf<br />

einem bewaldeten Bergvorsprung die Ruinen der um 1646<br />

abgegangenen Burg Wehrstein, über welche die „Blätter<br />

des Schwäbischen Albvereins" 1898, 15-20 und Zingeler-<br />

Buck in ihrem Buch „Zollerischc Burgen" 1906, 1118 f. mit<br />

Bild und Plan berichteten. Die von Zingeler zum Jahr 752<br />

gebrachte Nachricht beruht auf einem Irrtum. Erst seit<br />

ca. 1101 finden wir den Namen Wehrstein im Namen des<br />

davon benannten Geschlechts. Als Wappen führte es in<br />

schwarzem Schild m' gelbem Rand einen gestürzten Anker,<br />

als Helmzier auf rotem Kissen mit gelben Quasten<br />

ein fächerförmiges Sch -mbrett, das mit dem Anker belegt<br />

ist und außen mit 11 schwarzen Hehnenfedern besteckt 1 .<br />

Hier seien die urkundlichen Nachweise für die Hochadelsfamilie<br />

gegeben.<br />

1. ca. 1101: Güter zu Lauterbach (Oberndorf), die Lehen<br />

des nobilis domini Hugo von Werstain sind, kommen ans<br />

Kloster Alpirsbach 'a.<br />

2. c. 1100-1130 (vielleicht 1121) schenkte Marquard von<br />

Werstein mit seiner Gattin Gepa und beider Sohn Wernher<br />

dem Kl Hirsau ein herrschaftliches Gut zu Mühlen<br />

a. N., nämlich eine Hube Land mit 2 Mühlen, in Altheim<br />

bei Horb eine Hube, in Rexingen 4 Huben und bei<br />

Vischingen 1 Hube 2 .<br />

3. 1228 Mai 2: Die beiden nobiles viri H(ugo) miles de<br />

Werstain und sein Bruder Richardus sind Zeugen einer<br />

Urkunde des Berthold Ungericht von Sulz betr. Güter des<br />

Klosters Stein am Rhein und der Johanniter. Die Urkunde<br />

ist in Horb ausgestellt 3 . (Miles ist ein zum Ritter geschlagener<br />

Adeliger,)<br />

4. 1237: die beiden barones (Hochadeiigen) H. de Werstain<br />

und H. von Ysenburg sind Zeugen bei einem Verkauf<br />

des Grafen Burkart von Hohenberg ans Kloster<br />

Kirchberg bei Ha ^erloch 4 .<br />

5. 1246 Apr. 1, Empfingen: Hugo nobilis de Werstain<br />

verkauft seinen Flof zu Dahun (abgeg. bei Empfingen) um<br />

82 Pfund Heller ans Kl. Kirchberg und setzt zu Bürgen:<br />

d e nobiles viros Flildebold und Hugo von Ysenburg, Albert<br />

von (Herren-)Zimmem und se ; .ien e :genen Sohn Hug<br />

von Werst< '.i den jüngeren 5 . Anwesend sind Herr Dietrich,<br />

Priester zu Empfingen, Conrad der Ritter (Neckar-)<br />

Hausen, Berthold von Glate 6 .<br />

6. 1262: (Herren-)Zimmern: Hugo nobilis dictus de Werstain<br />

und seine Brüder Hiltebold, Richard, Hugo und<br />

(nochmai) Richard verkaufen an ihren Blutsverwandten,<br />

den edlen Rudolf, Kanoniker zu Straßburg und Pfarrer<br />

zu (Wald-)Mössingen alle ihre Rechte und Lehen im genannten<br />

Mössingen an das dortige Pfarrw.' .dum um 24<br />

Mark Silber, Unter den Zeugen steht als letzter ein „Burkart<br />

genannt von 1 isifingerl" (wohl Vilsingen) 7 .<br />

7. 1266 Schalksburg: Richerus über (Freiherr) de Wertestain<br />

ist Zeuge für den Grafen Fried "ich von Zollern 8 .<br />

8. ca. 1268: Ritter Tragebot von Neuneck verkauft sei. en<br />

von den Edlen von Werstein zu Lehen gehenden Hof zu<br />

Henstetten (Gmde. Bittelbronn b. Haig.) um 60 Pfund<br />

Tübinger Heller ans Kl. Kirchberg. Die von Wehrstein<br />

verzichten auf ihr Obereigentum (Lehenschaft). Das Siegel<br />

„Hugonis militis in Werstain" hängt an '.<br />

44<br />

9. 1270: Eberhard von Deilingen (nicht Täbingen) verkauft<br />

ans Kl. Rottenmünster b. Rottweil seinen Hof zu<br />

Dormettingen um 28 Mark Silber. Dessen Lehensherren,<br />

die Gebrüder Hiltebold, Richard und Johannes von Werstain,<br />

stimmen zu und schenken den Hot als Eigentum,<br />

d. h. sie verzichten auf ihr Lehensrecht 10 .<br />

10. 1270 Aug. 2: Trutwin von Werstain ist letzter Zeuge<br />

unter vielen einer Urkunde des Grafen Rudolf von Tübingen<br />

ans Kl. Bebenhausen Trutwin gehörte nicht zum<br />

Hochadel, sondern war wohl Burgmann der Herren von<br />

Wehrstein, als Vasall derselben.<br />

11. 1271 Mai 1: Hugo über de Werstain verkauft einen<br />

Acker vor Buch (Hof bei Nordstetten) ans Kl. Kirchberg<br />

für 24 Schilling in Anwesenhei seiner Brüder Richard und<br />

Hiltibold 12 .<br />

12. 1273 Haigerloch: Hugo von Wehrstein und sein Bruder<br />

Richard sind Zeugen für Berthold von Falkenstein,<br />

der dem Kl. Offenhausen a. d. Lauter seinen Hof zu<br />

Engstlatt vermacht 13 .<br />

13. 1277: Trutwin und sein Bruder Kraft, genannt von<br />

Werstain (beide niederadelig) schenken der Marienkapelle<br />

in Bebenhausen und dem dortigen Konvent die leibeigene<br />

Frau des Walter Hasenbein von Hailfingen und deren<br />

Kinder 14 . Die beiden Schenker standen vielleicht im<br />

Dienst des Grafen Rudolf von Tübingen, genannt Scheerer,<br />

der auch für sie die Urkunde siegelte (sie selber nicht).<br />

14. 1279: Hiltebold von Wehrstein ist Zeuge in dem<br />

Kloster St. Gallen, als Konrad von Krenkmgen am<br />

18. Juni den Maierhof in Nockersweiler, den er vom<br />

Kloster zu Lehen hat, m t Zustimmung desselben und des<br />

Abtes Ruomo an das Kloster St. ßlasi in verkauft 13 .<br />

15. 1280 Haigerloch, bzw. Wehrstein: Hugo nob!Iis de<br />

Werstain und sein Bruder Hilu' old überlassen den Johannitern<br />

zu Rexingen einige 1 genleute gegen Bezahlung.<br />

Dabei sind in Wehrstein anwesend: A Jes Hugo de Werstain<br />

und sein Sohn Johannes und der Sohn seiner Schwester<br />

Hugo von Entringen 19 . (Letzterer scheint aus dem<br />

Geschlecht der Hailfinger zu stammen.)<br />

16. 1280 Juni 24: Johann von Wehrstein verkauft um<br />

seiner Schulden willen dem Johanniterhaus zu Rexingen<br />

einige Eigenleute, genannt Obrost zu „Banurdeshusen".<br />

Zeuge ist u. a. ein Ritter Müller (molendinator) de<br />

(Neckar-)Husen 17 .<br />

17. 1284 Nov. 29: „Nobilis dictus Hilteboldus de Werestain"<br />

verkauft mit Zustimmung aller seiner Erben um<br />

20 Pfund Heller ans Kl. Bebenhausen seine Besitzungen<br />

(Häuser, Hofstätten, Äcker, Wiesen, Wälder etc.) bei Ittinghausen<br />

(abgeg. bei Stuttgart-Degerloch). Zeuge ist u.a.<br />

Wolfrad Kirchrektor zu Inneringen 18 .<br />

18. 1285 Mai 21: Hiltibold von Wehrstein isc zu Hechingen<br />

Zeuge für den Zollergrafen betr. Güter zu Ghay<br />

(Flur bei Schlatt b. Hechingen) - S -<br />

19. 1288 Mai 14: Hiltibold nobilis de Werstain verzichtet<br />

zu Hechingen auf seinen Zehnten zu Sülchen bei Rotten -<br />

bürg, den ihm Graf Albert von Hohenberg zugewiesen<br />

hatte 20 .


20. 1288 Mai 24: Johanns nobilis de Werstain ist Zeuge<br />

für den Pfalzgrafen Ludwig von Tübingen 2I . Daraus<br />

folgt jedoch nicht, daß der Pfalzgraf auch Herr zu Wehrstein<br />

gewesen sei.<br />

21. 1290: Der edle Johann von Wehrstein ist Zeuge für<br />

den gh hen Pfalzgrafen bezügl. Bittelbrunn bei Horb 22 .<br />

22. 1291 Api. 5: Hiltebold nobilis de Werstain ist zu Hechingen<br />

Zeuge für den Grafen Friedrich von Zollern betr.<br />

Güter zu Entringen, die ans Kl. Bebenhausen kommen 23 .<br />

23. 1294 Feb. 5: Der edle Hugo von Wehrstein verzichtet<br />

auf alle Ansprüche und Rechte an die Eigenleute, die sein<br />

verstorbener Bruder Johann v. W. den Johannitern zu<br />

Rexingen verkaufte, wofür ihm diese 4V2 Pfund Heller<br />

bezahlen. Zeuge ist u. a. Frater Albertus de Hechingen,<br />

Johanniter 25 .<br />

24. 1294 Febr. 9: Albrecht von Ow verbürgt sich für<br />

Hugo von Wehrstein 26 .<br />

25. 1298 Aug. 13: Nobilis Hiltebold de Werstain ist zu<br />

Hechingen Zeuge für den Grafen Friedrich von Zollern 26 .<br />

25a. 1302 März 24: Hugo von Wehrstein ist in Beuron<br />

Zeuge für die Herzöge Simon und Konrad von Teck.<br />

25b. 1307: Konrad von Wehrstein ist Zeuge einer Schenkung<br />

an das Kloster Alpirsbach.<br />

26. 1309 Juli 22: Balingen: Wernher von Wehrstein ist<br />

Vetter des St. Galler Pförtners H tebold von Wehrstein<br />

(des späteren Abtes des Klosters) be. Verhandlungen über<br />

die Klosterhöfe zu Frommern und Truchtelfingen ..<br />

27. 1310: Graf Albert von Hohenberg, der 1298 bei Leinstetten<br />

fiel, hat zu Lebzeiten dem Herrn Hugo von Wehrstein<br />

eine jährliche Hellergült von 3 Pfund minus 3 Schilling<br />

von den Höfen zu Bietenhausen b. Haigerl. um 10<br />

Mark Silber zu kaufen gegeben, welche Gült 1310 in Besitz<br />

des Klosters Kirchberg ist 2S .<br />

28. 1322 Dez. 3 Empfingen: Hugo von Wehrstein, Kirchherr<br />

zu Ste' 1 b. Hechg. und sein Bruder Hugo von Wehrstein<br />

schenken aus Dank und Freundschaft ,'hren gnäd.<br />

Herrn von Gottes Gnaden Abt Hiltpold des Gotteshauses<br />

zu sant Gallen" freiwillig ihren Eigenmann Heinrich<br />

Böchelin. Gegeben zu „E_mp'üngen" am Frei*ag nach Andreas<br />

1322. Das Siegel des Laien Hugo zeigt die Umschult:<br />

„S. Hugonis Junioris nobilis de Werstain" 29 . Abt<br />

Hiltibold von Wehrstein zu St. Gallen starb am 13. Dezember<br />

1329. Er war um 1250 geboren, wird erstmals<br />

1279 als Mönch zu St. Gallen erwähnt 30 .<br />

29. 1324 Jan. 13 Rottweil: Wernher von Wehrstein und<br />

sein Vetter Hug von Wehrstein söhnen sich nach vorausgegangenen<br />

Stre ngkeiten mit dem Grafen Rudolf von<br />

Hohenberg und aen Bürgern zu Rottweil und Viliingen<br />

aus. Pies gilt auch für den unmündigen Sohn Konrads v.<br />

Tierberg. Bürgen: a) Konrad von Wehrstein, der Bruder<br />

Wernhers, b) der Kirchherr Hug von Wehrstein, Hugos<br />

Bruder, c) Herzog Konrad von Irslingen, d) ßrkenger<br />

Aigelwart von Falkenstein und dessen e) Neffe Konrad<br />

von Falkenstein, f) Volkart von Owe, g) der junge Brun<br />

von Kürneck, h) Kitter Albrecht von Owe mit seinem<br />

Sohn: i) Albrecht, k) Friedrich der Müller 31 .<br />

30. 1337 Apr. 30: Konrad von Wehrstein ist Zeuge zu<br />

Rottweil, als die Gebrüder von Rüti mehrere Dörfer ans<br />

Kl. Kirchberg verkaufen 32 .<br />

30a. 1337 Nov. 14: Konrad von Wehrstein ist in Entringen<br />

Bürge, als die Herren von Neuneck Güter im Schönbuch<br />

veräußern 33 .<br />

31. 1338 Juli 17: Wernher von Wehrstein verkauft mit<br />

seiner Frau Adelheid an Marquard von Ow einen Wald<br />

auf dem Kesselberg bei Gruol um 44 Pfund Heller 34 .<br />

32. 1343 Mai 29: Die Brüder Konrad und Wernher von<br />

Wehrstein sowie die Brüder Hugo und Hug, der Kirchherr<br />

zu Werstain (Stein?), sowie Johann von Wehrstein, des<br />

Johannes sei. Sohn, verleihen ihre Zehnten zu Wilon (jetzt<br />

Weiherhof bei Empfingen) dem Kloster Kirchberg als<br />

Zinslehen um jährlich IV2 Pfund Heller, verzichten jedoch<br />

zugleich auf diesen Zins zugunsten des Klosters 35 .<br />

33. 1345: Ritter Konrad von Wehrstein gibt der Frau Irmengard,<br />

Tochter seines verstorbenen Bruders Hans,<br />

1 Pfund Heller jährlicher Gilt aus seinem Hof zu Empfingen<br />

36 .<br />

34. 1355 Nov. 3: Hug von Wehrsuin siegelt als Edelknecht<br />

eine Urkunde des Wernher Schenk von Erpfingen<br />

und dessen Sohnes Wernher, die an Adelun, Frau des<br />

Schenken Kunz, den Brunwartshof zu Stein verkaufen.<br />

Das Wehrsteinsiegel zeigt den gestürzten Anker im<br />

Schild 37 .<br />

35. 1364 Apr. 26: Benz von Wehrstein siegelt eine Urkunde<br />

des Konz Schenk von Stauffenberg und dessen Bruder<br />

Hermann, die ans Kl. Stetten einen Hof zu Eningen<br />

b. Reutl. verkaufen 3S .<br />

36. 1366 Dez. 6: Hans von Wehrstein bürgt zu Oberndorf<br />

für Benz von Böchingen betr. Einkünfte zu Grünmettstetten<br />

39 .<br />

37. 1368: Johann von Wehrstein kauft von Benz von Ow<br />

einen Teil des Dinkelzehnten zwischen Hechingen und<br />

Stauffenberg für die Kirche zu Stein 40 . Hodler vermutet<br />

in Johann einen Sohn des Ritters Konrad.<br />

38. 1369 Nov. 30: Benz von Wehrstein siegelt eine Urkunde<br />

für Pfaff Albrecht Hellgraf zu Hechingen, der<br />

2 Mannsmahd Wiesen zu Altendickingen ans Kl. Stetten<br />

verkauft. Das Wehrsteinsiegei zeigt einen aufrechten Anker<br />

ohne Schild 41 . Auch d Siegel der beiden Anna und<br />

Gret von Wehrstein von 1284 zeigen den gestürzten<br />

Anker 42 .<br />

39. 1370 Febr. 8: Benz von Wehrstein siegelt mit Benz<br />

von Ow für Pfaff Aubrecht den Hellegrafen zu Hechingen,<br />

der dem Kl. Stetten eine Gült zu Altendickingen<br />

verkauft 43 .<br />

40. 1371 Okt. 16: Ritter Konrad von Wehrstein ist tot.<br />

Graf Rudolf von Hohenberg verlernt seinem lieben Diener<br />

Hans dem Pfuser die Vischenz (Kschereirecht) am Neckar<br />

oberhalb Fischingen, darin der Mühlbach fließt, wie sie<br />

weiland Herr Konrad von Wehrstein besaß 44 .<br />

41. 1380 Mai 18: Die drei Schwestern Anna, Dorothea<br />

und Greth von Wehrstcin, Töchter des verstorbenen Hans<br />

v. W., verkaufen an Hans Tüfeii von Reutlingen ihre<br />

lahrliche Gült aus den zwei Höfen des Fritz Knobel und<br />

Conz N. zu Stein b. Hechg. um 70 Pfund Heller 45 .<br />

42. 1380 Dez. 7: Urkunde über einen Verkauf des Benz<br />

von Wehrstein und seiner Gattin Katharina Ritter mit<br />

Zustimmung des Marqard von Ow 46 .<br />

43. 1384 März 12: Die Schwestern Anna und Greth von<br />

Wehrstein verkaufen mit Zu: ..mmung ihres Oheims<br />

Märklin von Mälchingen den Stettener Klosterfrauen<br />

SoDhie von Ehingen und Adelheid von Ergenzingen 32<br />

Schilling Heller jährlich und 2 Herbsthühner aus Grundstücken<br />

zu Stein b. Hech samt weiteren Einkünften von<br />

dortAnna Würstaini findet sich als Ordensschwester im<br />

Schwestern Verzeichnis zu Stetten (S. 316, Nr. 34) und<br />

Greth war ebenfalls Nonne daselbst laut einer Urkunde<br />

von 1386, die folgt:<br />

44. 1386 Juli 30: Graf Friedrich der Schwarzgraf und<br />

Graf Tägli sein Bruder von Zollern schenken an Greth<br />

von Wehrstein, Nonne zu Stetten, jährlich auf Michaelis<br />

1 Pfund Heller aus der Mörlinen Gut zu Stein und dem<br />

Kümmeriis Hof zu Niederhechingen. Nach ihrem Tode<br />

fällt die Gült ans Kioster 4S .<br />

45


45. 1393 Febr. 23: Benz von Wehrstein Siegelt eine Urkunde<br />

des Wernher von Ravensburg betr. einen Hof zu<br />

Eutingen<br />

46. 1395 Okt. 31: Benz von Wehrstein gibt dem Konrad<br />

von Weitingen, Sohn des verstorbenen Volz, eine Gült zu<br />

Eutingen als Lehen 50 . Ob Benz und die Familienglieder<br />

seit 1340 noch dem hohen Adel angehörten, scheint zweifelhaft<br />

zu s„.n. Sicher war die Familie nicht stammesgleich<br />

mit den Freien von Ysenburg, wie Ludw. Schmid in<br />

„Mitteilungen d. hohz. <strong>Geschichtsverein</strong>s" jg. 10, 1876,<br />

30 f. angenommen hat.<br />

Anmerkungen:<br />

1 Merz und Hegi, Züricher Wappenrolle 1930 und Otto<br />

von Albert., Württbg. Adeis- und Wappenbuch II. 'a Mon. Zoll. I,<br />

Nr. 2, Anhang. 2 Cod. Hirsaug. p.27a; hgg. von E. Schneider in<br />

Württ. Geschichtsquellen I, 1887, S. 26. 3 Mitt. Hohz. 10, 52; WUB<br />

3, 228. 4 Mitt. Hohz. 10. 52; WUB 3, 387. 5 WUB 4, 132. 8 Mitt.<br />

Hohz. 3, 42 und 10, 52. 7 WUB 6, 44. 8 WUB 6, 247; Mon. Zoll. I,<br />

JOH. WANNENMACHER<br />

Aus unserer heimischen Mundart<br />

Alte Sprichwörter und Redensarten<br />

Rangendingen. Unsere bäuerlichen Vorfahren haben ihre<br />

langjährigen Erfahrungen als Lebensweisheiten oft in kurzen,<br />

aber sehr anschaulichen Sprichwörtern und Redensarten<br />

verdichtet und von Geschlecht zu Geschlecht weitergegeben<br />

Aus. ihnen spr .ch* durchweg e ; 'ie scharfe Beobachtungsgabe,<br />

Urwüchsigkeit und eine erfrischende Naturverbundenheir.<br />

Rachtig angewandt erhellen sie oft schlagartig<br />

eine Lebenssiruation. wie sie mit einer langen Beschreibung<br />

oder Umschreibung niemals erreicht werden<br />

kann. Vom sachlichen Einzelfalle ausgehend werden<br />

Sprichworter und Redensarten vielfach im übertragenen<br />

Sinn für die verschiedensten Lebensbereiche und Vorkommnisse<br />

treffLch angewandt. - So lautet beispielsweise<br />

die Mahnung von Vater und Mutter an ^.re Kinder,<br />

wenn sie erwachsen sind und allmählich nach dem Lebenspartner<br />

Umschau halten: „Bettescht guat - no leischt<br />

(iiegst) guat!" In früheren Zeiten, als es noch kerne Industrie<br />

gab, war man eben auf Grund und Boden angewiesen,<br />

wenn man einen eigenen Hausstand gründen<br />

wollte. Mit Recht lautet ein anderes Sprichwort: „A Kuah<br />

deck? d'Armut zua", oder „D'Armut ischt a Haderkatz!"<br />

Wie r'ne Hausfrau die Sparsamkeit fördern oder n :ht<br />

fördern kann, sagt folgende Redensart: „A Weib ka ema<br />

Schu(r)z mai (mehr) zum Haus naus traga, als der Ma(nn)<br />

«it ema Heuwaga reifahra ka". In gle' her Richtung zielt<br />

das vielsagende Zitat: „Nontz wegwerfa, nau nomlohana",<br />

d. h. an die Seite stellen, denn man weiß nie,<br />

wenn man dies oder jenes wieder gebrauchen kann. Im<br />

übertragenen Sinn gilt dies auch für den Umgang mit<br />

Menschen. Ein rubjisches Sprichwort drückt dasselbe in folgender<br />

We' e aus: „Spuck in keinen Brunnen, du weißt<br />

nicht, ob du vielleicht nochmal daraus trinken mußt."<br />

Wenn eines beim Beginn des Essens aus lauter Hast und<br />

Unvorsichtigkeit den Mund verbrennt, so heißt es in der<br />

Mundart etwas schadenfroh: „Da erschta Schub muaß ma<br />

bloosa (blasen), mit dem zweiten ka ma macha was ma<br />

will!" Führt jemand ein zu lautes Mundwerk, dann kann<br />

man hören: „Dear schrc naus wia a öschhirt". Dieses<br />

Sprichwort greift weit in frühere Zeiten zurück, als der<br />

Fürst noch in Feld und Wald der alleinige Jagdherr war,<br />

46<br />

S. 86. 9 WUB 6, 355; Mon. Zoll. I, S. 88. 10 WUB 7, 62; Mitt. 10, 53;<br />

Hodler Haigerloch 157. 11 WUB 7, 107: Mitt. 10, 58. 92 WUB 8, 137.<br />

13 WUB 7, 225. 14 WUB 8, 3; Mitt. 10, 58. 15 Mitt. 10, 55. 18 WUB 8,<br />

198. 17 WUB 8, 231. Mon. Zoll. T, 95; WUB 8, 486. 19 Stettener<br />

Urk. Nr. 8, in Hohz. JHeft 1955. 2 » Mon. Zoll. I, 100. 21 Mitt. 10,<br />

56. 22 WUB 9, 327 . 23 Mon. Zoll. 1, 101. ~ 4 WUB 10, 217. 25 Hodler<br />

161 MZ Is S. 108 . 27 Hodler 162. 28 Hodler 159. 29 Wartmann, UB<br />

von St. Gallen 3, 445 und Merz-Hegi (in Note 1) Seite 130. 30 Ausführlich<br />

bei Hodler 162 der sich auf Mitt. 10, 45-51 und „Kuchimeisters<br />

Nüwe Casus monasterii St. Gailen", stützt, die gedruckt sind<br />

in „Mitteil. z. Vaterland. Geschichte von St. Gallen", Jg. 18, 1881,<br />

332 ff. 31 Stadtarch. Villingen Urk. Nr. 62: Siegel der Aussteller und<br />

der 10 Bürgen an Perg.Streifen. 32 Hodler 159. 33 Hodler 160 . 34 Hod.<br />

159. 35 Hod. 158. 36 Hod. 68 2 . 37 Stettener Urk. Nr. 64 Seite 353!<br />

38 Ebenda Nr. 249 mit Ergänzung S. 355. 39 Hod. 160. 40 Hod. 160.<br />

41 Stett. Urk. Nr. 279 mit Nachtr. S. 356. 42 ebenda Urk. 105, Seite<br />

359. 43 ebenda Urk. Nr. 281. 44 Weitinger Copialbuch im f. hohz.<br />

Arch. Sigmaringen R 75, 13; Hod. 157. 45 Weitinger Cop. 46 Hod.<br />

164. 47 Stett. Urk. Nr. 312 48 Stett. Urk. Nr. 323. 49 We;..nger Cop.<br />

50 ebenda. Obige Daten wurden auch für Herrn B. Schwellingers<br />

Festbuch „Fischingen <strong>1972</strong>" zur 1200-jahrfeier der Gemeinde zur Verfügung<br />

gestellt.<br />

der Wildbestand oft überhand nahm und im Sommer i_i<br />

die Getreidefelder einbrach. Da stellte man nachts iij den<br />

besonders gefährdeten öschen Wächter, sogenannte öschhirten<br />

auf, d'e durch lautes Schreien und Johlen das<br />

Wild abzuhalten und zu vertreiben versuchten. Viel Lebensweisheit<br />

steckt in: „Kleine Kinder kleine Sorga,<br />

große Kinder große Sorga". Weiter: „Wenns Kind en<br />

Brunna gfalla ischt, no deckt man erseht zua". „An alta<br />

Boom soll ma nemme versetza". „Dr Epfel fällt it weit<br />

vom Stamm". ,,S' kommt koa Fresser uf d'Welt, ma zieaht<br />

a (ihn)". „'S ischt no koa Glehrter vom Hemmel gfalla".<br />

Besonders für die Erziehung der Kinder gilt auch heute<br />

noch folgende Redensart: „Ma muaß au amol Noa saga<br />

kenna", in Kurzform: „Jetzt aber baschta!", das heißt,<br />

jetzt ist es aber genug. Verz' iten und Entbehren müssen<br />

gelernt werden. Ein alter Spruch lautet: „Entbehre, damit<br />

du nie entbehrst." Wer vollständig mittellos geworden<br />

ist, bei dem ist nichts zu holen. Wenn nun ein Gläubiger<br />

irj einem solchen Falle trotzdem auf seiner Forderung und<br />

seinem Recht besteht, dann muß er sich sagen lassen:<br />

„Ama neckete Ma(n) ka ma it en Sack nei langa." Aber:<br />

„Ama gsche(n)kta Gaul gucket ma it ins Maul." Von<br />

einem Hudler und Springer gilt das Sprichwort: „'S ischt<br />

no koa Schprenger z'bald komma." Und wenn einer im Gespräch<br />

e'ne Dummheit an die andere reiht und sich nicht<br />

belehren läßt, muß er sich sagen lassen: „Schwätzt koaner<br />

gscneider raus, als wia-n-er ischt." - Ein allzugroßer<br />

Wohlstand war zu allen Zeiten für diesen oder jenen eine<br />

Gefahr und der Anlaß zu allerlei Torheiten. In der Mundart<br />

heißt es dann humorvoll: „Wenn's dr Goaß (Geiß)<br />

z'wohi ischt, no scherret se", oder: „A alte Kuah schlecket<br />

au no ge(r)n Salz". Ordnung und gutes Vorbild, bzw.<br />

das Gegenteil - drückt das Sprichwort aus: „Wia dr Herr<br />

so 's Gscherr", d. h. Dinge und Menschen, die um ihn sind.<br />

Das gute Vorb d st mehr wert und wirksamer als alle<br />

Vorschriften und Gesetze. Kann einer den Schluß einer<br />

Sache vor lauter Ungeduld kaum abwarten, so ruft man<br />

ihm zu: „He, K rch ischt erseht aus, wenn dr Pfarr Amen<br />

sagt!".<br />

Heute gehen in der Hei .k des Alltags und der Technisierung<br />

des Lebens viele Seelenwerte und alte Kulturgüter<br />

verloren. Innere Unruhe und Leere treten vielfach<br />

an deren Stelle. Erhalten wir deswegen bewußt das Gute,<br />

das noch zu halten ist. Dazu gehört auch die Mundart mit<br />

ihren verborgenen Schätzen. Sie ist ein Stück Heimat, ein<br />

Stück von uns selber.


JOHANN ADAM KRAUS<br />

Zur Geschichte Steinhofens<br />

Über unser Dorf finden sich viele historische Notizen in<br />

dem 1953 erschienenen Heimatbuch Bisingen-Steinhofen<br />

von Buhl und Knaus. Außerdem hat Const. Fecker in den<br />

Tageszeitungen im August 1969 anläßlich eines Heimatfestes<br />

über die Vergangenheit Steinhofens berichtet. Leider<br />

ist unser Wissen immer nur Stückwerk und leicht schleichen<br />

sich Irrtümer ein. Einige sollen hier berichtigt werden.<br />

Nicht erst im Jahre 1467, wie Fecker sagt, können rt- t<br />

beiden zollerischen Brüder Eitelfriedrich und der öuinger<br />

unser Dorf an Österreich verpfändet haben, sie lebten ja<br />

40 Jahre früher. Tatsächlich berichtet Franz Haug 1 von<br />

hiesigen österreichischen Lehen der Grafschaft Hohenberg<br />

schon zum Jahr 1431. Nämlich am 24. November dieses<br />

Jahres erhielt Hans von Böchingen käuflich von Hans<br />

Walker und Jos (Jodok!) Renz als österreichi :he Lehen:<br />

Den großen und kleinen Laienzehnten zu Steinhofen, da<br />

zu die beiden zugehörigen Maierhöfe, die von Hans Jüdlins<br />

Witwe bzw. Hans Hurninger bebaut wurden, dazu<br />

die Kastenvogtei (mit Patronat) der Kirche- Später übergab<br />

Konrad das Lehen tauschweise an Wilhelm von Wehingen<br />

und 1483 erhielt es Thomas von Wehingen. Ihm<br />

kaufte 1487 der Augsburger Bischof Friedrich von Zollern<br />

das Lehen ab, was aber Streitigkeiten ergab, bis dann<br />

1497 die Herrschaft Haigerloch mit Steinhofen endgültig<br />

an Zollern kam. Die Familie Fecker, deren Namen nicht<br />

erklärt ist, saß hier schon i. J. 1416. Die alte, im H imatbuch<br />

S. 102 erwähnte Glocke von 1512 stammt von dem<br />

Reutp ger (nicht 1 iedlinger!) Glockengießer Hans Eger.<br />

Sein Name ist im „Glockenatlas Württemberg-Hohenzollern<br />

1959" verwechselt mit dem Gießer Jos (Jodokus!)<br />

Egen, der auch manche Glocke lieferte, so 1502 nach Ofterdingen,<br />

1505 nach Ringingen und Meldungen, 1509<br />

nach Undingen und Tigerfeld 2 .<br />

Die Pfarrliste des Heimatbuches (S. 103) bedarf einiger<br />

Ergänzungen: Im J. 1269 iot hier „Wernher genannt Zymerli"<br />

als Pfarrer genannt Er stammte aus dem Adelsgeschlecht<br />

von Hei' ^enzünmern, über das Max Schaitel 3<br />

Mater d zusammenstellte. Die betr. Urkunde vom 25. Oktober<br />

1269 des Walger von Bisingen, worin dieser Steinhofer<br />

Seelsorger genannt wird, ist längst im Druck erschienen<br />

4 : Völlig falsch ist die Angabe im Heimatbuch<br />

zum Jahr 1312. Laut einer schwer lesbaren Urkunde im<br />

Staatsarchiv Sigmaringen Ließ der Steinhofer Pfarrer damals<br />

Johannes (ohne Geschlechrsname). Der weiter daselbst<br />

genannte Priester „Hermann dictus de Steinhofen"<br />

war Angehöriger des hiesigen Adels, vielle : cht der Letzte,<br />

der hier aufwuchs. Er hat am 26. März 1312 als Kaplan<br />

die Filialkirche B ingen versehen. Von einem Dekan steht<br />

nichts in der Urkunde. 1390 bis 1410 war hier Kirchherr<br />

Albrecht Walker von Reutlingen, der offenbar mit obigem<br />

Ortsherrn Hans Walker irgendwie zusammenhing. Im<br />

J. 1415 wurde Berthold Stoll als Pfarrer (' igesetzt und<br />

zahlte 20 fl als Erstfrüchte an den Bischof, nachdem sein<br />

Vorgänger durch Gerichtsurteil die Pfründe hatte abgeben<br />

müssen 5 .<br />

Im J, 1420 folgte Heinri'h Gunthart, der dann 1437 als<br />

tot gemeldet wird. (Die jahrzahl 1474 des Heimatbuches<br />

ist irrig.) Von 1437 bis 1439 finden wir als Pfarrer Conrad<br />

Zehnder aus Freiburg 6 . Doch schon 2 Jahre darauf<br />

1439 zahlte Wernher Schlaitz der ältere als Erstfrüchte<br />

15 fl. Er war 1463 abwesend und 1473 tot. Auf Präsentation<br />

Wilhelms von Wehingen folgte 1474 Johannes<br />

Müller, der jedoch schon von 1479 an einen Vertreter hatte<br />

und wohl bald starb. Im J. 1480 folgte Nikolaus Keck,<br />

für den Conrad von Weh'.gen die 15 fl Erstfrüchte bezahlte.<br />

Schon 1483 folgte Johannes Bock. Der im Jahre<br />

1482 von Wilhelm von Wehingen präsentierte neue Seelsorger<br />

Magister Michael Zimmermann alias Carpentarii,<br />

wurde erst 1484 nach Rücktritt des Johannes Bock als<br />

Pfarrer bestätigt. 1488 bis 1513 findet man dann einen<br />

Conrad Staimer von Schömberg nach Rücktritt Zimmermanns,<br />

und zwar auf Präsentation des Zollergrafen, der<br />

damals also schon Ortsherr gewesen zu sein scheint. 1537<br />

ist Johannes Lenz oder Lanz erwähnt, 1544-1560 Franz<br />

Buckenmaier, der dann nach Heesingen geht. Seit 1560<br />

Ludwig Worn oder Werne, ab 1563 Johannes Nopp, der<br />

1574 starb. 1574-1602 war Franz Buckenmaier sein Nachfolger<br />

7 . Im J- 1603 folgte Markus Teufel aus Wendelsheim,<br />

der 1609 Dekan wurde und t ; s 1637 hier wirkte 8 .<br />

1637-1638 ist Martinas Rhdlmger nachzuweisen, der im<br />

letztgenannten Jahr gestorben zu sein scheint. 1638-1651<br />

finden wir Balthasar Rebstock aus Hechingen 9 . Dann half<br />

Pfarrer Agricola von Rangendingen aus, 1659 einer<br />

namens Schuester. 1660-1684 Johann Jakob Schwarz aus<br />

Hechingen 10 . Von 1685 an ist Matthäus l ppius aus<br />

Schramberg als Pfarrer genannt, 1690 bis 1695 Johann<br />

Jakob (Georg) Freudemann, der 1694 krank genannt<br />

wird. 1695 bis 1718 ist Johann Balthasar Volckh aus Hai*<br />

gerloch als Seelsorger . er tätig. (Weiteres siehe im Heimatbuch<br />

S. 103.)<br />

Vom hiesigen Ortsadel nannten wir schon zum Jahre 1312<br />

den Bisinger Kaplan „Hermann von Stainhofen", d-;r mit<br />

Walger von Bisingen an seine Kapelle St. Stephan .und<br />

Nikolaus eine Stiftung machte. Bereits zum 2. Febr. 1241<br />

meldet eine Urkunde 11 einen edlen Berthold von Stainhoven,<br />

der mit Wernher und Gero von Bubenhofen Zeuge<br />

war, als die Grafen U1 di und Eberhard von Wirtemberg<br />

aem Kloster Heiligkreuztal c : Lehenschaft eines von<br />

Ritter Heinrich von Wiler demselben verkauften Hofes<br />

schenkte. Ein weiterer Zeuge war Ulrich von (Langen-)<br />

Enslingen. Wohl der gleiche Berthold von Steinhofen hatte<br />

1268 Anteil am Zehnten im benachbarten Engstlatt. Die<br />

Nachkommen unseres Ortsadels zogen y i viele andere in<br />

die Stadt und ihre heimatliche Burg zerfiel. So finden wir<br />

am 2. Januar 1318 Albrecht und Heinrich d e Stainhover,<br />

Söhne des verstorbenen Albrecht des Stamhovers zu Haigerloch,<br />

wo sie mit Zustimmung ihrer Mutter Zirina und<br />

ihrer Geschwister ein Gut zu Gtuol um 10 Pfund Tübinger<br />

Heller ans Kloster I rchberg verkauften 12 . Das Gut<br />

bebauten Berthoid der Weber und lieferte davon 'ihrlich<br />

3 Malter Vesen und 2 Malter Haber Haigerlocher Meß.<br />

Ein Benz (Berthold) der Stainhover war 1326 Zeuge für<br />

Bälden Kerus, der sich später „von Bisingen" nannte. Eni<br />

Geistlicher namens Konrad der Stainhover und obiger<br />

Benz waren 1352 wiederum Zeugen für die Brüder Berthold<br />

und Walger Kerus, die eine Leibeigene zu Engstlatt<br />

verkauften 13 . Ein Burkart von Steinhofen hatte noch 1380<br />

bis 1400 Grundstücke zu öschingen (bei MÖssingen) als<br />

Hohenbergische Lehen und ein anderer „Stainhofter"<br />

wohnte 1393 zu Ratshausen, war also wohl bürgerlichen<br />

Standes 14 .<br />

Die hier schon im Ort aufgetauchte Vermutung, der Wohnitz<br />

oder die Burg des Steiilhofer Adels habe sich auf dem<br />

Kirchhügel beim Gotteshaus befunden, hat manches für<br />

47


sich. Burg und Kirche fanden s'ch vielerorts eng be sammen.<br />

Unser alter Kirchturm mit „Schießscharten" und die<br />

frühere Ummauerung des Friedhofes auf dem Kirchberg,<br />

von der das Heimatbuch berichtet, passen gut dazu. Im<br />

J. 1284 wird auch ein Hof bei der Kirche zu St. erwähnt 15 ,<br />

also doch wohl auf dem Berg! Allerdings mußten die jahrhundertelange<br />

Belegung des alten Friedhofs und der Neubau<br />

der Kir he um 1790 natürlich alle Spuren der ehemaligen<br />

Adelsburg verwischen. Einen anderen Platz für<br />

einen Adelssitz kann man sich schwerlich vorstellen, als<br />

eben auf dem Berg, hoch über dem vermutlichen fränkischen<br />

„Steinhof" in der Talsenkung beim alten Brunnen<br />

und späteren Schulhaus, der der Ansiedlung wohl den<br />

Ortsiubiläen <strong>1972</strong><br />

Außer Empfängen, über dessen Festschrift an anderer<br />

Stelle berichtet wird, feierten heuer auch Melchingen,<br />

Fischingen und Willmandingen den 1200. Jahrestag der<br />

ersten historischen Erwähnung und brachten Festschriften<br />

heraus. Die sehr ansprechende Broschüre von Melchingen<br />

verfaßten Eugen Viesel, Engelbert Hipp und Thomas<br />

Faigle. Behandelt werden: geologisch-geografische Verhältnisse,<br />

Frühgeschichte, das Dorf Inf Wandel der Zeit,<br />

Hugo von Meichingen, Renhard von Melchingen, Verbrennung<br />

des Dorfes 1464, die Burgruine (wobei man<br />

nachtragen kann, daß 1482 Gr. Eberhard von Wittenberg<br />

„das Schloß Melchingen" mit Zubehör um (nur!)<br />

100 Gulden von Kleinhans Schwelhers Tochtermann<br />

Fi ":drich von Ow erwarb), Pfarrkirche, Pfarreinkommen,<br />

Seelsorgerliste, Hexenprozesse, Flurnamen, Wasserverhältnisse,<br />

um nur das V ditigste zu nennen. Dabei sind<br />

auch Artikel anderer Autoren aufgenommen, so daß ein<br />

reichhaltiger bunter Strauß von Beiträgen und Bildern<br />

(168 Seiten) entstand.<br />

Fischingen dagegen brachte ein sehr aufwendiges Buch von<br />

226 Seiten heraus, das Oberlehrer Bruno Schwellinger unter<br />

Beratung anderer schuf und mit vielen Abbildungen<br />

ausstattete. In zehn großen Abschn" :ten werden vorgeführt:<br />

Landschaft und Natur, Besiedlung, älteste Nennung,<br />

Herrschaft Wehrstein, Dorf Fischingen, Gemeindeverwal-<br />

HOHENZOLLER1SCHE HEIMAT<br />

herausgegeDen vom Hohenzollerischen <strong>Geschichtsverein</strong><br />

in Verbindung mit den Staatlichen<br />

Schulämtern Hediingen und Sigmaringen.<br />

Verlag: <strong>Hohenzollerischer</strong><strong>Geschichtsverein</strong><br />

748 Sigmaringen, Karlstraße 3. DrucK: M.Liehners<br />

Hofbuchdruckerei KG, 748 Sigmaringen,<br />

Karlstraße 10.<br />

Die Zeitschrift „Hokenzollerische Heimat" ist<br />

eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will besonders<br />

die Bevölkerung in Hohenzollern mit<br />

der Geschichte ihrer Heimat vertraut madien.<br />

Sie bringt neben fachhistorischen auch populär<br />

gehaltene Beiträge aus der Geschichte unseres<br />

Landes. Sie veröffentlicht bevorzugt Beiträge,<br />

die im Schulunterricht verwendet werden können.<br />

Bezugspreis: 2,00 DM halbjährlich<br />

Konten der „Hohenzollerischen Heimat":<br />

802 507 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />

12363 Postscheckamt Stuttgart<br />

48<br />

Die Mitarbeiter dieser Nummer:<br />

Dr. Herbert Burkarth<br />

7487 Gammertingen<br />

Anton Heinrich Buckenmaier<br />

748 Sigmaringen, Gymnasiumstraße<br />

Johann Adam Kraus<br />

78 Freiburg-Littenweiler<br />

Johann Wannenmacher<br />

7487 Gammertingen<br />

Schriftleiter:<br />

Dr. med. Herbert Burkarth<br />

7487 Gammertingen, Eichertstraße<br />

Telefon 07574/329<br />

Namen Steinhofen einbrachte. Genaue Grabungen wären<br />

jedenfalls sehr kostspielig und ließen nicht viele Spuren<br />

erhoffen.<br />

Anmerkungen:<br />

1 Zollerheimat 1937, 96. Steinhofen wird mit Verkauf<br />

der Herrschaft Hohenberg 1381 an Oesterreich gekommen sein, wie<br />

das Heimatbuch S. 31 mitteilt. 2 Hohz. Heimat 1960, 40. 3 Zollerheimat<br />

1936, 18 f. 4 Wirtbg. UB 7, 52. 5 Freibg. Diöz. Ardi. Jg. 1956.<br />

6 7<br />

Investiturprotokolle S. 815 in Freibg. Diöz.Arch. Jg. 1939 f. Hohz.<br />

Heimat 1963, 40. « ebenda 1963, 42. » ebenda und Hohz. JHeft 1963,<br />

160 und 162. " Hohz. JHeft 1963, 164. » Wirtbg. UB 4, 12. 12 Hohz.<br />

Heimat 1971, 70. 13 Mon. Zoll. I, S. 186. 14 K. O. Müller, Quellen<br />

z. Wirtschaftsgesch. Hohenbergs, 2 Bde., 1953 und 1959. 15 Mon. Hohenberg<br />

S. 70.<br />

tung, Bevölkerung, Wirtschaft, Kirche und Schule. Die Gemeinde<br />

kann stolz sein über ihr Jubiläumswerk, das sie<br />

sich auch einiges kosten ließ: Eine Fundgrube für Heimatfreunde!<br />

Zu S. 62 sei bemerkt, daß der abgegangene Ort<br />

Wila von 772 noch fortlebt im Weiherhof bei Mühlheim<br />

am Bach, von dem es (laut B. Stehle) im Jahre 1547 hieß,<br />

er habe früher Willa geheißen.<br />

Willmandingen (Nachbarort von Salmendingen) feierte<br />

ebenfalls mit Festzug und einer von Oberlehrer Emil Vollmar<br />

verfaßten Broschüre von 77 Seiten. Zur darin und<br />

auch anderswo geäußerten Meinung, der Ruothaus von<br />

772 habe die Kirche erbaut, darf man vielleicht einige<br />

Zweifel anmelden, trotzdem in dem überaus merkwürdigen<br />

Latein der Ausdruck ae ficarem steht. Man möchte<br />

übersetzen: „Ich Ruothaus bekenne, daß es mir gefiel, die<br />

Basilika zur Ehre Gottes und des hl. Gallus auszustatten,<br />

die im Burichingagau in Willimundinga steht, und habe es<br />

folgendermaßen getan: Ich beschenkte sie mi r 8 Häusern,<br />

12 Bauerngütern und 31 Eigenleuten . . . etc." Unter den<br />

Namen der Leute finden sich auch keltische, was e n bezeichnendes<br />

L.cht auf die damalige Bevölkerung wirft. Es<br />

handelt sich schwerlich um Umgesiedelte, sondern um Kelten,<br />

die ; ~h wie viele Flur-, Berg- und Flußnamen aus<br />

der vorgerman:' hen Zeit erhalten hatten. J. A. Kraus<br />

Redaktionsausschuß:<br />

Hubert Deck, Konrektor<br />

745 Heihingen, Tübingei Straße 28<br />

Telefon 07471/2937<br />

Walther Frick, Journalist<br />

748 Sigmaringen, Hohe Tannen<br />

Telefon 07571/8341<br />

Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />

persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />

diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge verantwortlich<br />

Mitteilungen der Schriftleitung<br />

sind als solche gekennzeichnet.<br />

Manuskripte und Besprechungsexemplare werden<br />

an die Adresse des Schriftleiters oder Redaktionsaussthusses<br />

erbeten.<br />

Wir bitten unsere Leser, die „Honenzollerische<br />

Heimat" weiter zu empfehlen.


HÖH ENZOLLERISCHE<br />

HEIMÄT<br />

22. Jahrgang <strong>1972</strong> Nr. 4<br />

Herausgegeben oom<br />

W 3828 F<br />

Hohenzollerilchen Gefchichtooerein<br />

in Verbinöung mit öen<br />

Staatlichen Schulämtern Hechingen<br />

unö Sigmaringen<br />

!t ü<br />

I «! V ' N ^ ^ /J&f I<br />

Allen ihren Lesern wünscht die „Hohenzollerische Heimat"<br />

ein fröhliches Weihnachtsfest und ein friedliches, segensreiches* Neues Jahr<br />

fett MM . ^ " n^BtWSfe^rfDW^^gS^J^BP^^rffS**^^


JOSEF MÜHLEBACH<br />

Adventliches und weihnachtliches Brauchtum<br />

Advent und Weihnachten haben im christlichen Jahreskreis<br />

entsprechende symbolkräftige Zeichen, d' Ausdruck<br />

religiösen Empfindens und Denkens sind, au: iahrhundertlangem<br />

Brauchtum erwachsen sind und sich zu den heutigen<br />

Formen entwickelt haben. Mögen die adventlichen<br />

und weihnachtlichen Symbole auch an keine Staatsgrenzen<br />

gebunden s ..n, so haben sie doch für die vielgestaltigen<br />

Landschaften 1 ire eigentümliche Prägung und Gestaltung.<br />

Wir dürfen sie daher für unsern heimar dien Raum zum<br />

heimischen Brauchtum zählen, das den Versuch


Kleine Kastenkrippe, Sigmaringer Privatbesitz, vermutlich von Inzigkofener Nonnen gefertigt. Bekleidete Wachspuppen in Kartonkasten. Das<br />

Glas gegen Staub und Beschädigungen ist nicht mehr vorhanden.<br />

für große und kleine Kinder. Endgültig durchgesetzt hat<br />

sich der Christbaum als deutsches Brauchmotiv in deutschen<br />

Landen, also auch in unserem Bereich, erst nach dem<br />

Krieg 1870/71. Kirche und Schule haben den Christbaum<br />

bis in die letzte Hütte getragen und seine Deutung gelehrt:<br />

Sinnbild des Lichtes, das Christus in die Welt gebracht,<br />

die Finsternis zu erleuchten.<br />

Die Weibnachtskrippe<br />

Zum Christbaum gehört in der Kirche und in der Familie<br />

die Weihnachtskrippe mit der figürlichen Darstellung der<br />

Szene von Bethlehem in der ersten Weihnachtsnacht. Die<br />

Krippe ist für das Weihnachtsgeschehen wichtiger als der<br />

Christbaum. Sie führt den Besucher in die zentrale Aussage<br />

des Weihnachtsevangeliums. Während der Christbaum<br />

trotz seiner sinnvollen Bedeutung mehr dem festlichen<br />

Glanz der Weihnachtslage dient, ist die Krippe die<br />

eindrucksvolle Gestaltung des Weihnachtserlebens, wie es<br />

das Evangelium kündet.<br />

Den geschichtlichen Anfang des Krippenbaues hat der<br />

hl. Franz von Assisi gesetzt, als er 1223 im Wald von<br />

Greccio eine erste Krippenfeier veranstaltete. Von Greccio<br />

aus verbreitete sich der Krippenbau zeitlich und räumlich<br />

zum volkstümlichen Brauch. Schon für das Jahr 1253<br />

ist die erste deutsche Krippendarstellung in Füssen bezeugt.<br />

Man weiß von mehrfachen Krippenbauten in den<br />

folgenden Jahrhunderten in Mailand, in Parma, in Sizilien,<br />

in Neapel und in Flandern. Im Jahr 1607 entstand<br />

in der Michaelskirche in München eine große Krippe mit<br />

bekleideten Figuren. In der Barockzeit weitete sich der<br />

Krippenbau aus zunächst auf Tirol, Bayern und das<br />

Rheinland, dann auf Elsaß, Baden, Württemberg,<br />

Schweiz, Böhmen, Schlesien und Kärnten.<br />

In unserem heimatlichen Bereich finden wir Krippendarstellungen<br />

in vielgestaltigen Formen, wie sie aus dem<br />

Volksempfinden mit örtlichen Abwandlungen erwachsen<br />

sind und immer wieder neu gestaltet werden. Hier sollen<br />

nur einige wenige Krippen genannt werden, die wegen<br />

ihrer Besonderheit und ihrer eigentümlichen Form besonderes<br />

Interesse verdienen. Zu diesen dürfen wir die<br />

„höfische" Krippe in der ehemaligen Kirche des Klosters<br />

Hedingen, der heutigen Grabkirche des Fürstenhauses<br />

Hohenzollern in Sigmaringen, zu nennen. Die Krippe ist<br />

vor rund 200 Jahren in einem hohenzollerischen Kloster<br />

entstanden. Der Vordergrund der Krippe ist so reich mit<br />

weltlichen Figuren ausgestattet, daß das Jesuskind in seinem<br />

Strohkripplein mit der heiligen Mutter, dem heiligen<br />

Josef, Eselein und öchslein nur gerade noch unter dem<br />

hohen Bogen zu ahnen ist. Die weihnachtliche Szene wandelt<br />

sich am Tag der Unschuldigen Kinder, 28. Dezember,<br />

in den furchterregenden Kindermord mit den auf Lanzen<br />

aufgespießten Kindern und dem in wehendem Mantel die<br />

Felsen herunter sprengenden König Herodes und am 6.<br />

Januar in den Auftritt der heiligen Dreikönige in prachtvollem<br />

Ornat mit Pferden, Kamelen und Troßknechten.<br />

Die weite Szenerie füllt sich mit Gruppen aus dem Volk,<br />

schwätzenden Frauen am Ziehbrunnen, mit Rokoko-Kam-<br />

51


merherren, Hofdamen in prachtvollen, edelsternbesetzten<br />

Festgewändern, alle mit erregten Gebärden und in lebhafter<br />

Unterhaltung über das geheimnisvolle Geschehen<br />

im Hintergrund. Die ganze sinnenfrohe Welt des 18. Jahrhunderts<br />

ist aufgeboten worden, um die Freude über das<br />

Geschehen der Weihnacht nur recht sichtbar zu machen.<br />

Als e±ne Kostbark'>t der Krippenkunst wird - auch in<br />

Fachkreisen - die Krippe bewertet, die sich im Besitz der<br />

Sigmaringer Buchdrucker-Fami.'e Lutz befindet. Krippe<br />

mit 60 Figuren - ursprünglich sollen es über 100 gewesen<br />

sein - st ein Zeugnis des künstlerischen Schaffens der<br />

Nonnen des Klosters Inzigkofen, wo sie in der Zeit um<br />

1750 bis 1780 entstanden ist. „Die einzelnen Figürlein<br />

sind wahre Köstlichkeiten. Sie haben eine Höhe von 15<br />

bis 22 Zentimeter. Die dre* Könige in ihren festlich-roten<br />

Samtkleidern mit Silber- und Goldspiu.en trappijrt, die<br />

weiten Ärmel, Hermelinkrägen und goldbesetzte Turbane<br />

sind fein empfundene m großer Eleganz durchgeführte<br />

Püppchen, die trotz ihrer Kleinheit einen respektablen<br />

Ernst und Würde repräsentieren. Das Leben des Rokoko<br />

glaubt man wiedererstanden zu sehen inj den reizvollen<br />

Püpplein. Reizvoll sind die weiblichen Wesen der Krippe<br />

in hrer eleganten Rokoko-Ausstattung. Im Ausdruck der<br />

Gesichter liegt etwas so Heiteres und Sonnenhaft-Tröstliches<br />

wie in der ganzen Kunst des Rokoko. (Pfarrer Albert<br />

Pfeffer, Lautlingen.)<br />

Histo isch interessant ist die an zusätzlichen Szenen wechselnd<br />

in fünf Bildern nach den Evangelien besonders reiche<br />

Krippe in der Kirche in Hetlingen. Fern allem Realismus<br />

ist die heilige Familie kostbar in S^.de mit Goldspitzen<br />

gewandet mi 1 - zierlichen, durchsehe': enden Wachsges.chtern<br />

von edlem Schnitt. Ähnlich höfischen Charakter<br />

zeigen die Schriftgelehrten mit ihren Gewändern aus bedruckten<br />

Tapetenstoffen des 18. Jahrhunderts. An Derbheit<br />

aber auch an Originalität übertreffen alles die Heerscharen<br />

im Gefolge der drei Könige. Da marschieren<br />

friderizianische Grenadiere auf; ein Tambourmajor läßt<br />

vermuten, daß auch eine Musikkapelle dazugehört. Und<br />

schnauzbärtige Husaren reiten mit gezogenem Säbel einher.<br />

Aller Köpfe und Hände sind aus Holz geschnitzt,<br />

mai üalisch, imposant und so naturalistisch, daß nicht einmal<br />

die schnapsroten Nasen fehien. Die Soldateska mag,<br />

so vermutet man, nur Kinderspielzeug im Schloß Hettingen<br />

gewesen und bei _.-gend einer Gelegenheit der Krippe<br />

Irl der Kirche beigefügt worden sein. (Schwäbische Zeitung,<br />

Sigmaringen, vom 24. Dezember 1964.)<br />

Im Hechinger Raum konnte c je Weihnachtskrippe in St.<br />

Luzen lang eine Sonderstellung für sich in Anspruch nehmen.<br />

Wenn diese Krippe auch vorerst der Vergangenheit<br />

angehört, verdient sie hier doch e.ne wür^.gende Erinnerung.<br />

Leopold Bausinger ^ ' imete ; hr in seiner Schrift<br />

„Geliebte Heimat" (<strong>1972</strong>) ein freundliches Gedenken. Die<br />

Krippe in St. Luzen habe früher allseits besondere Aufmerksamkeit<br />

gefunden, „weil der dortige Mesner die alten<br />

Krippenfigurer in bunter Tracht angezogen hatte. Jedes<br />

Jahr kamen neue Kleidchen hinzu, mal für den Hirten,<br />

mal für einen heiligen Dreikönig, mal auch für den heiligen<br />

Josef. Für i»des Kirchenfest ergänzte der Mesner seine<br />

Krippe und stellte sie auf den jeweiligen Festtag um. Auf<br />

Dre^önigstag kamen die heiligen drei Könige mit ihren<br />

Kamelen hinzu mit gar mancherlei Geschenken, am Sonntag<br />

mit dem Evangelium von der Hochzeit zu Kanaan<br />

waren Braut und Bräutigam mit Hochzeitsgästen und<br />

Weinkrügen aufgestellt, immer wußte der Mesner etwas<br />

Neues."<br />

Im Kreis von Hechingen nimmt die Weihnachtskrippe in<br />

der Kirche des enemaligen Dominikanerinnenklosters<br />

Stetten, auch Kloster Gnadental genannt, wegen ihrer<br />

Eigenart und Schönheit einen hohen Rang ein. Dieses<br />

Krippenwerk ist eine italienische Barockkrippe, die aus der<br />

Werkstatt des bedeutenden Bildhauers und Krippenschnitzers<br />

Sebastian Osterrieder in München stammt. Krippenwerke<br />

dieses Künstlers stehen in sieben Münchner Kirchen,<br />

in den Domen von Linz, Luxemburg, Freiburg, in St. Peter<br />

und im Päpstlichen Hospitz in Rom. Der besondere<br />

Reiz der Krippe in Stetten besteht in der \ ielgestaltigkeit<br />

der landschaftlichen Szenei in Köstlichkeit der oft pittoresk<br />

gestalteten Personen, im bewundernswerten Einfallsrcichtum<br />

ihrer Gesten und Haltung, der Vielfalt<br />

der Handlungen des H tenvolkes etwa als Dudelsackpfeifer<br />

und Schalmeienbläser, in der farbenfrohen Kleidung,<br />

teilweise mit orientalischem Einschlag. In der typisch<br />

barocken Gestaltung findet sich in unserem heimatlichen<br />

Raum kaum ein gleichartiges und gleichwertiges<br />

Krippenwerk.<br />

Schließlich sei noch der Weihnachtskrippe gedacht, die<br />

einst vom Fürstenhaus Hohenzollern-Hechingen gestiftet<br />

und gegen Ende des vorigen Jahrhunderts aus dem einstigen<br />

Franziskanerkloster St. Luzen - mög :herweise auch<br />

aus der Hechinger Stiftskirche von Oberlehrer Pius Buhl<br />

in Baisingen bei Horb erworben wurde. Anton Pfeffer<br />

widmet ihr in seiner Schrift „Schwäbisches Credo. Ein<br />

Heimatbuch" (Sigmaringen 1935) eine reizvolle, geistreiche<br />

Beschreibung. „Die schönste Weihnachtskrippe aus<br />

Hohenzollern" sei ein getreues Abbild einstigen fürstlichen<br />

Glanzes gewesen. Die Figuren, ob Hirten, Engel,<br />

Weise aus dem Morgenland, die eleganten Damen auf der<br />

Hochzeit zu Kana, die nicht zu zählenden prachtvoll geschnitzten<br />

Tiere, die Naturszene: : r.lt wirklichen Springbrunnen,<br />

Brücken, Wasserfällen, Mahlen, Bergwerken und<br />

Felsenhöhlen - alles sei r-'t fürstlichem Prunk gestaltet<br />

gewesen und habe einen Zauber ausgestrahlt, der von den<br />

Besuchern, vor allem von den Kindern, als beglückende<br />

Schau in die Weihnachtsherrlichkeit erlebt worden sei.<br />

„Das Jesuskind seiner Armut zu entkleiden und die Klippe<br />

etwa zu ersetzen durch ein zart seidenes Bettchen - das<br />

wurde rächt gewagt. So bildet auch b . dieser Krippe letzte<br />

Armut doch den Mittelpunkt des Ganzen."<br />

„Fröhlich soll mein Herze springen." Dieser alte Weihnachtsspruch,<br />

den gern weinnachtliche Betrachtungen über<br />

den Krippenbau als Überschrift tragen, sei an das Ende<br />

dieser kurzen Darstellung gesetzt.<br />

Zu unserem Titelbild: Holzschnitt einer deutschen Bibel vor Luther, 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts, in der Leopold-Sopluenbibliothek in Überlingen.<br />

Auf dem Spruchband: Puer natus nobis — ein Kind ist uns geboren. Im Text der Anfang von Lukas 2, Vers 1: In der Zeit ging aus ein<br />

Gebot vom Kaiser Augustus . . . Repro: Leonie Frick<br />

52


Szene aus der Krippe von Hettingen: die Hochzeit zu Kana. Die Krippen mit wechselnden Szenen endeten für gewöhnlich mit diesem ersten<br />

öffentlichen Auftreten Jesu. Eine Ausnahme machen die sog. „Fastenkrippen" (z. B. im Stadtmuseum Überlingen), die ihren Namen daher haben,<br />

daß sie auch die Evangelien der Fastenzeit mit der Passion zeigen.<br />

Ein Weihnachtsgeschenk<br />

Ein typisch hohenzollerisches Welnnachtsgeschenk wäre<br />

die Schallplatte, die das Zollerliei festhält, die erste und<br />

wahrscheinlich letzte Aufnahme dieses Liedes, das in Zukunft<br />

wohl nicht mehr oft zu hören sein wird. Die Platte<br />

wurde bespielt anläßlich der 1200-Jahrfeier der Gemeinde<br />

Empfingen von den i^ichtstubenmi pikanten unter der Leitung<br />

von Hubert Deuringer. Er schrieb auch das Arrangement,<br />

Die Aufnahme ist in Stereo gemacht worden und<br />

wurde produziert mit 2000 Stück. Davon sind noch viele<br />

vorhanden, und eigentlich sind diese Platten jetzt schon<br />

ein geschichtliches Dokument. Man steile sich einmal vor,<br />

wir hätten weltliche oder kirchliche Gesänge unserer<br />

Heimat aus den letzten tausend Jahren auf Schallplatten<br />

zur Verfügung!<br />

Auf der zweiten Seite, ebenfalls mit einem Deuringer-<br />

Arrangement und von seinen Musikanten aufgenommen,<br />

steht das Lied „Wie schön ist das ländliche Leben". Wie<br />

Hubert Deuringer dazu bemerkt, ist dieses Lied ebenfalls<br />

nur im Umkreis des Zollers überhaupt bekannt und anheimisch.<br />

- Die Platte kostet vier Mark und ist durch das<br />

Bürgermeisteramt Empfingen zu beziehen.<br />

»<br />

Über die Geschichte des Zollerliedes, dessen Text in mehreren<br />

Strophen auf der Plattentasche gedruckt steht, ist<br />

schon Etliches geschrieben worden. Vermutlich entstand<br />

das Lied durch einen oder vielleicht mehrere hohenzollerische<br />

junge Männer, die nach 1850 nicht wie zuvor üblich,<br />

beim hohenzollerischen Bataillon in Sigmaringen, also<br />

in der Heimat, ihren Militärdienst ableisteten, sondern in<br />

Preußen. Das bedeutete vor rund hundert Jahren: im<br />

Saargebiet. Später kamen Soldaten aus Hohenzollern infolge<br />

der Spezialisierung des Militarwesens als Artilleristen,<br />

Pioniere, Seesoldaten, Marineartilleristen usw. in<br />

ganz Preußen zu verschiedenen Standorten. Das Lied<br />

entstand nach Text und Weise - so scheint es — als ein<br />

typisches Erzeugnis der Spätromantik, etwa in den 60er<br />

oder 70er Jahren. Fr.<br />

53


Vielen Dank, Doktor Stemmler!<br />

Nach acht Jahren hat sich der seitherige Vorsitzende des<br />

Vereins, Dr. Eugen Stemmler, gezwungen gesehen, sein<br />

Amt abzugeben. In seiner Arbeit als Direktor des Sigmaringer<br />

Staatsarchivs hat er durch die Kreisreform - bei<br />

unbesetzten Personalstellen — mehr Arbeit auf sich nehmen<br />

müssen. Er hat zudem eine schwere Erkrankung hinter<br />

sich und sieht es als seine Pflicht an, sich seiner Familie<br />

so gesund wie möglich zu erhalten. Es tat ihm leid, wie er<br />

bei der Hauptversammlung auf dem Zoller sagte, ein Jahr<br />

vor seiner satzungsgemäßen Amtsdauer das Amt niederlegen<br />

zu müssen, aber seine Argumente würde jeder von<br />

uns selber auch anwenden. Der Verein und die Redaktion<br />

der „Hohenzollerischen Heimat" sagen ihm für seine Tätigkeit<br />

herzlichen Dank. Dr. Stemmler hat nicht nur die<br />

Hundertjahrfeier des Vereins ausgerichtet und die Aus-<br />

WALTHER FRICK<br />

Abschied vom Land Hohenzollern<br />

Dies ist also der Abschied. Wenn unser vorliegendes Weihnachts-<br />

und Neujahrsheft erscheint, wird Hohenzollern<br />

politisch zu bestehen aufhören. Es gibt die Selbstverwaltung<br />

nicht mehr, es gibt keinen administrativen Verband<br />

in Zukunft, der fast von Freudenstadt bis beinahe an die<br />

Markung von Uberlingen immerhin etwas Eigenes darstellte.<br />

Wir brauchen im Einzelnen nicht auf das alles<br />

eingehen, weil das cne Tageszeitungen in diesem Jahr ausgiebig<br />

taten in ihrer Berichterstattung über die Kreisreform<br />

und über die letzten Sitzungen des Kommunallandtags.<br />

Wir Autoren, Gestalter und Leser der „Hohenzoller-cbfn<br />

Heimat" sind in unserem liebsten Nebenberuf alle mehr<br />

oder weniger B Storker und ebenso in unterscniediichen<br />

Graden vertraut mit der Geschichte unseres Landchens.<br />

Deshalb mag es manchen vielleicht vorkommen, wie es<br />

unseren Ahnen zumute war etwa 1849/50, als ü'e Fürstentümer<br />

endeten und die Preußen kamen, die v t bekanntlich<br />

nach der berühmten Anekdote um unserer Sünden<br />

willen verdient hatten. Oder wie die Sigmaringer fühlten,<br />

als 1535 die Zollern als neue Herren aufzogen, nach zweihundert<br />

Jahren Werdenbergischer Herrschaft. Oder vielleicht,<br />

um an Di. Hans Spe^dels ausgezeichneten Festvortrag<br />

im vergangenen Oktober bei der Hauptversammlung<br />

anzuknüpfen, wie die 20 000 Hechinger Untertanen 1836,<br />

als ihnen eine Vertretung auf parlamentarischer Grundlage,<br />

ein erster Landtag genehmigt wurde. Und doch wiederum<br />

nicht, denn damals in Hechingen versprach man<br />

sich doch Besseres als man hatte, wahrend heute doch<br />

vorwiegend Skepsis vorwaltet. Ob sie am Platz ist, werden<br />

d ; e nächsten Jahre entscheiden. Es wird sich zeigen,<br />

ob die doch ohne Zweifel wirklich gewesene bürgernahe<br />

Verwaltung von Hohenzollern von einer ebensoguten<br />

oder gar besseren Verwaltung abgelöst wird, wenn die<br />

Ämter nicht mehr mit Leuten zu tun haben werden,


HELMUT HALLER<br />

In der Schulchronik Jungingens geblättert<br />

Nur unvollständig und als Provisorium kann der folgende<br />

Artikel eine Lücke in der 1 teratur über Jungingens Vergangenheit<br />

schließen; würde es doch weit über den Rahmen<br />

dieser Schrift hinausgehen, die genaue Chronik der<br />

Schule Jungingens aufzuzeigen, Querverbindungen herzustellen,<br />

die weit über das Örtliche hinausgingen. Dies soll<br />

einer eigenen Arbeit vorbehalten sein.<br />

„Jungingens Lehrer der letzten 200 Jahre", so möchte ich<br />

meine Ausführungen betiteln.<br />

Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts war ein Schulunterricht<br />

für die Kinder des Dorfes nur auf freiwilliger<br />

Grundlage und das auch nur während der Wintermonate<br />

möglich. Meistens waren es überall Männer, die durch ihr<br />

Handwerk ans Haus gebunden waren, einigermaßen des<br />

Lesens und Schreibens kunc' : g waren und den Katechismus<br />

ebenso beherrschten wie den Kirchengesang. Sie unterwiesen<br />

neben iirem Handwerk her die Kinder, die auch selbst<br />

die Entlohnung von zu Hause meist in Naturalien mitzubringen<br />

hatten.<br />

So war der letzte dieser nebenberuflichen Lehrer Joachim<br />

Kohler, der im Hause des Jacob Diebold unterrichtete.<br />

(Heute Haus Nr. 67 Ernst Lichownik.) In der Zwischenzeit<br />

wurde die Schulpflicht eingeführt, die Gemeinde erwarb<br />

1788 ein Haus (Metzgerei Keller) und richtete es so<br />

her, daß eine größere Klasse darin unterrichtet werden<br />

konnte.<br />

Am 1. 12. 1788 zog Lehrer Christian Bumiuer auf und<br />

übernahm den Unterricht. Der 21jährige hatte bereits vier<br />

Jahre Praxis hinter sich, dii er sich in Wessingen und<br />

Schlatt bei dortigen Lehrern erworben hatte. Er wird in<br />

späteren Jahren immer wieder seiner Talente und seines<br />

Fleißes gerühmt. Aus dem ganzen Killertal, aus Burladingen,<br />

ja sogar aus Hechingen werden Kinder seiner Obhut<br />

und Ausbildung anvertraut. Sein Gehalt stimmte aber mit<br />

seinen Leistungen nicht überein. 32 Jahre lang bezog er<br />

40 fl (Gulden) jährlich. Eine kleine Aufbesserung erhielt<br />

er durch Mesner- und Organistend'^nst, der mit der Lehrerstelle<br />

immer organisch verbunden war. Dadurch bezog<br />

er den Ertrag aus fünf Morgen Äckern und Wiesen, die<br />

er selbst bebauen lassen mußte. Seinem Vorgänger als<br />

Mesner, Bernhard Diebold, mußte er jährlich 40 fl ausbezahlen.<br />

Wiev>l da für ihn und seine Familie übrig blieb,<br />

kann sich jeder denken. Der Lehrer war arm und brachte<br />

oft kaum das Nötigste auf in jenen Zeiten.<br />

Bereits 1822 vermehrte sich die Schülerzahl so, daß eine<br />

zwfc'te Lehrerstelle eingerichtet werden mußte. Diese erhielt<br />

Luzian Bumüller (geb. 1795 gest. 1864), ein Sohn<br />

von Christian Bumüller. Er versorgte die Unterklasse 37<br />

Jahre lang bis 1859.<br />

1834 gab Christian B. die Lehrerstelle auf. Er war im<br />

gleichen Jahr zum Vogt der Gemeinde Jung! igen gewählt<br />

worden. Sein jüngster Sohn Franz Joseph Bumüller (geb.<br />

1813, gest. 1848) trat als Nachfolger das Lehramt an,<br />

konnte aber nur bis 1847 der Schule vorstehen, da 'hn<br />

eine schwere Krankheit zwang, den Beruf aufzugeben. Er<br />

starb 1848 und hinterließ eine Frau mit zwei kleinen<br />

Kindern.<br />

An die verwaiste Klasse wurde Marx Lorch aus Killer<br />

gerufen, der aber bereits 1848, ein Jahr später wieder an<br />

die Schule nach Killer zurückversetzt wurde.<br />

An seiner Statt wurde Anton Bumüller (1829), ein Sohn<br />

des Luzian Bumüller, eingestellt. Erst 1859, als sein Vater<br />

pensioniert wurde, konnte die Lehrerstelle nebst Mesner-<br />

und Organistendienst ihm definitiv übertragen werden.<br />

Er führt die Schule bis 1891 und war somit 43 Jahre in<br />

Jungingen als Lehrer tätig! Er war es auch, der irrt Jahre<br />

1866 die Schulchronik anlegte, die bis zum heutigen Tag<br />

geführt ist.<br />

Interessant ist s^me Gehaltsaufstellung aus dem Jahre<br />

1859. Er schreibt:<br />

'Mein Gehalt als Lehrer, Meßner und<br />

Organist beträgt 300 fl<br />

I e Gemeinde leistet an barem Geld 170 fl<br />

Pachtvertrag des Meßnergutes beträgt 69 fl<br />

Gehalt als Organist a) Gemeinde 14 fl<br />

b) Heiligenpflege 10 fl 24 fl<br />

Die Stolgebühren sind veranschlagt zu 15 fl<br />

Für gestiftete Jahrtage zahlt die<br />

Heiligenkasse 9 fl 24 kr<br />

hinzu kommt noch Gehaltszulage von der<br />

Schulfondskasse 18 fl<br />

305 fl 24 kr<br />

Dagegen hat der jeweilige Meßner und Lehrer jährlich<br />

5 fl 24 kr als Meßnerbeitrag an die Gemeindekasse Killer<br />

zu entlichten. Jungingen gehörte nach der Haagschen Erneuerung<br />

bis zum Jahre 1488 zur Pfarrei Killer und<br />

mußte an den Meßner von Killer früher jährlich 1 Scheffel<br />

Korn und 1 Scheffel Haber verabreichen. Seit ungefähr<br />

40 Jahren besteht durch Übereinkunft die Geldabgabe.<br />

(5 fl 24 kr)"<br />

Bis 1848 erhielten die Lehrer Hohenzollerns ihre Ausb<br />

'dung im eigenen Land, am Präparanden-Institut in Hechingen<br />

und am Lehrersemina: in Habsthal, getrennt nach<br />

den Fürstentümern Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen.<br />

Nach dem Übergang Hohenzollerns<br />

an Preußen erfolgte die Ausbildung der hohenz. Lehrer<br />

im Rheinland, zunächst bis 1879 in Brühl, dann bis 1923<br />

in Boppard am Rhein.<br />

Wurde die Entwicklung des Schulwesens in Jungingen bis<br />

1866 in Schulchronik als Rückschau zusammengefaßt, so<br />

beginnt Lehrer Anton Bumülier ab 1867 mit chronologischen<br />

Einträgen, Jahr für Jahr. Diese verdienen eine eigene<br />

gesch ht' :he Darstellung. Ich möchte mich im weiteren<br />

aber nur mit einer chronologischen Aufzählung all jener<br />

Lehrerinnen und Lehrer beschränken, die in Jungingen bis<br />

zur heutigen Zeit tätig waren.<br />

Früher wurde der Lehrer, der aileine eine Schuie mit den<br />

Klassen 1-8 betreute, Erster Lehrer genannt. Wurde die<br />

Schule zweiklassig, trennte man die Schuljahre 1-4 und<br />

5-8 in zwei Klassen. Der zweite Lehrer betreute meist die<br />

Unterklasse.<br />

Erste Lehrer (Schulleiter)<br />

-1788 Joachim Kohler;<br />

1788-1834 Christian Bumüller* (1767-1851), bis 34 Lehrer,<br />

dann Vogt der Gemeinde;<br />

1834-1847 Franz-Joseph Bumüller (1813-1848), S. d.<br />

Christian B.;<br />

1847-1848 Max Lorch aus Killer (Provisor);<br />

1848-1891 Anton Bumüller (geb. 1829, gest. ????), S. d.<br />

Luzian B.<br />

Ab 1822 unterrichteten an der Schule als 2. Lehrer:<br />

1822-1859 Luzian Bumüller (1795-1864) S. d. Christian<br />

B.;<br />

1859-1862 J. Türk von Hausen;<br />

1862-1865 Anton Birkle;<br />

55


186b—1867 Lehrer Friedrich Kohler von Hechingen, versetzt<br />

nach Burladingen"";<br />

1867-1873 L. Franz Anton Kästle, versetzt nach Stetten<br />

bei Hechingen;<br />

1873-1874 Schulamtsaspirant Carl Leopold Haiß geb.<br />

Jungingen;<br />

1874-1877 Julius Rapp, Provisor, aus Dießen, vers. nach<br />

Hochberg;<br />

1877-1879 Provisor August Fritz von Beuren, vers. nach<br />

Veringenstadt;<br />

1879-1889 Lehrer Philipp Maier aus Bu riadingen, vers.<br />

nach Sickingen;<br />

1889-1892 Lehrer Winter, geb. aus Jungingen, vers. nach<br />

Deutwang.<br />

Lehrer Anton Bumüller tritt 1891 in den Ruhestand und<br />

vermerkt in der Schulchronik: In der No. 102 der Hohenzollerischen<br />

Blätter von heute lesen wir unter den<br />

„Amtlichen Nachrichten": Seine Majestät der Kaiser und<br />

König haben mittels allerhöchster Ordre vom 16. Juni<br />

d. J. dem Lehrer Bumüller zu Jungingen aus Anlaß seiner<br />

Pensionierung zum 1. Juli des Jahres den Adler der Inhaber<br />

des Königlichen Hausordens von Hohenzollern Allergnädigst<br />

zu verleihen geruht.<br />

Hechingen, 28. Juni 1891 der comm. Oberamtmann<br />

gez. Longard<br />

Während seiner Tätigkeit ist auch ein Blick auf die damaligen<br />

Schülerzahlen interessant. 1895 beträgt die Einwohnerzahl<br />

hier 942. Im Jahre 1870 die Zahl der Schüler 140,<br />

1880 180, 1884 198 und 1888 182. Es war damals keine<br />

Seltenheit, wenn ein Lehrer allein bis zu 100 Kindern<br />

unterrichten mußte.<br />

Am 1. November 1892 wurde die erste Lehrerstelle dem<br />

Lehrer Karl Nerz definitiv übertragen, nachdem sie vier<br />

Monate unbesetzt blieb. Nerz kam von Ruhestetten, wo<br />

er als Provisor gewirkt hatte. Geboren in Trochtelfingen,<br />

stammten seine Vorfahren aber aus Beuren. Er wirkte in<br />

Jungingen 32 Jahre lang bis zum 1. Oktober 1924. Viele<br />

ältere Junginger werden sich sti.ier als einen tüchtigen,<br />

strengen aber gerechten Lehrer erinnern. Er erlebte seine<br />

Pension bei seiner Tochter in Haigerloch, die mit Lehrer<br />

Evarist Schäfer verheiratet ist und starb dort im Jahre<br />

1937. Während seiner Tätigkeit unterrichteten an der<br />

Unterklasse:<br />

1892-1913 Lehrer Vinzenz Grotz, geb. in Straßberg,<br />

kommt von Deutwang, versetzt nach Boll.<br />

Grotz, ein großer Muriner, geschätzt in Schule und Gesangverein,<br />

bei seinen Musikschülern und Stundenschülern<br />

bekam er zum Abschied lt. Schulchronik reiche Geschenke.<br />

In der Schulchronik heißt es: „Bei seinem Abschied<br />

(abends im Gasthaus zum Hirsch) h' elt Pfr. Pohl c;e<br />

Abschiedsrede. Worauf Grotz dankte. Als Geschenke<br />

erhielt er 1. von der Gemeinde eine Taschenuhr mit Kette,<br />

2. von dem Gesangverein einen gepolsterten Sessel, 3. von<br />

den Volksschülern eine Blumenkrippe, ein Kruzifix r »t<br />

2 Leuchtern, 4. von seinen Stundenschulern r'ien Stockschirm.<br />

Lehrer Grotz war hier ein beliebter Lehrer. In der Schule<br />

arbeitete er fleißig, strenge, m T Geschick und Erfolg. Im<br />

Verein m : Hauptlehrer Nerz unterrich:ete er viele Aspiranten,<br />

die dann ins Seminar eintraten. Er gab ungemein<br />

viele Privatstunden, besonders im Kla\ ' erspiel. Mit dem<br />

Gesangverein, den er leitet, erlebte er manche fröhliche<br />

und feuchte Stunde."<br />

1913-1914 Lehrer Flad von Trochtelfingen wurde zum<br />

Militärdienst eingezogen.<br />

1911-1915 Lehrenr. Maria Honebrink, aus der Provinz<br />

Hannover, wohnte anfangs bei Malermstr. Hermann Rie-<br />

56<br />

ster und betreute die 3. Lehrerstelle. Vers, nach Rütenbrock,<br />

Krs. Meppen, Bez. Osnabrück.<br />

1915 Nachfolger Sebastian Heck wird nach kurzer Tätigkeit<br />

zum Militärdienst eingezogen.<br />

1915-1916 Lehrerin Elisabeth Gies, kommt von Frohnstetten,<br />

gebürtig aus Aarw 1er (Rh iprovinz), vers. zurück<br />

ins Rheinland.<br />

1916-1924 Paul Riester, gebürtig aus Weilheim, unterrichtet<br />

an der 2. Lehrerstelle, Unterklasse.<br />

1924 wurde durch die Pensionierung von Karl Nerz die<br />

Schulleiterstelle frei. Der geringen Schülerzahl wegen (91<br />

Schüler) wurde die Volksschule wieder zweiklassig geführt.<br />

So bekam Hauptlehrer Paul Riester die Schulleiterstelle<br />

übertragen. Die treue Erfüllung seiner Berufspflichten<br />

wurden ihm zuweilen durch sein Kriegsleiden außerordentlich<br />

schwer gemacht. Reges Schaffen und Streben<br />

waren sein Ziel. Deswegen fand er auch vorübergehend<br />

Verwendung an der Präparand ; und der Gewerblichen<br />

Berufsschule Hechingen. Nach 1945, 29 Jahre war er hier<br />

tätig, unterrichtete er nach kurzem Aufenthalt in Killer<br />

und Haigerloch an der Kath. Volksschule Hechingen. Am<br />

27. Februar 1958 verunglückte er tödlich auf der Fahrt<br />

von Jungingen nach Hechingen. Bürgermeister Josef Bumiller<br />

dankte am Grabe im Namen der Gemeinde für<br />

sein Wirken als Lehrer und Jugenderzieher, als mehrmals<br />

gewählter Gemeinderät, als Mitarbeiter in öffentlichen<br />

Vereinen und der heimischen Industrie.<br />

Unter seiner Schulleitung unterrichteten die Unterklasse:<br />

1916-1925 Lehrer' Maria Burkhart, sie tritt aus dem<br />

Schuldienst aus und heiratet.<br />

1925-1926 Lehrerin Kreszer a Schmid, vorher in Dettingen,<br />

Tochter des Lehrers Schmid in Langenenslingen, verz.<br />

nach Wald.<br />

1925-1926 Lehrerin Emma Rädle, Tochter des Sebastian<br />

Rädle, Lehrer in Zimmern, sie übernimmt die 3. Lehrerstelle<br />

1925-1927 Lehrerin Wellis aus Schlesien, vers. nach Gauselfingen.<br />

1927 Lehrer Müller von Stetten bei Hechingen (Sohn des<br />

Lehrers R. Müller in Ringingen), vers. nach Freudenweiler.<br />

1927-1964 Lehrer Michael Lorch, geboren in Killer,<br />

kommt von Freudenweiler und übernimmt die 2. Lehrerstelle<br />

und zugleich den Organistendienst, der bisher organisch<br />

im* der 1. Lehrerstelle verbunden war.<br />

1931 beträgt die Schülerzahl nur noch 88. In den nächsten<br />

Jahren iedoch stieg die Schülerzahl jedoch wieder so an,<br />

daß näfig Junglehrer, Hospitanten und Schulamtsbewerber<br />

als 3. Lehrkraft hier tätig waren.<br />

1931 Anton Winter und Adolf Bumiller, b ide von hier.<br />

1932-1933 Lehrerin Sophie Schmitz, vers. nach Trillfingen.<br />

1933-1937 Lehrer Anton Winter bekommt eine Stelle in<br />

Grosselfingen. Er ist im zweiten Weltkrieg gefallen. Sein<br />

Sohn Horst unterrichtet heute als Realschuloberlehrer in<br />

Schwäbisch Hall.<br />

1937-1938 Lehrerin Agnes Thiele, stammt aus Westfalen,<br />

vers. nach Inzigkofen.<br />

1938-1939 Lehrerin Kreszentia Schmid von Trillfingen,<br />

sie war bereits 1925/26 hier tätig, wird vers. nach Bisingen.<br />

1939-1958 Lehrerin Emilie Reinhardt, sie stammt aus<br />

Straßburg im Elsaß und kommt von Bisingen hierher. Sie<br />

unterrichtet die Klassen 1, 2 und 3. Die Schülerzahl betrug<br />

damals 110. Frl. Reinhardt war in Schule und Dorfleben<br />

geschätzt und geachtet. Während der Besatzungszeit<br />

konnte sie durch ihre Dolmetscherdienste manchen Vorteil<br />

durch die Gemeinde erreichen und manches Unheil<br />

abwenden. Im Oktober 1945 war die Ingangsetzung des<br />

Unterrichts an der dreiklassigen Schule allein in ihre


Hände gelegt und 1948 vertraute man ihr unter Ernennung<br />

zur Hauptlehrerin auch die Schulleitung an, die sie<br />

bis zu ihrer Erkrankung im Herbst 1956 ausübte. Am<br />

1. Januar trat sie in den Ruhestand und verbringt heute,<br />

nachdem sie nochmals 1963 für Monate im Schuldienst<br />

vertretungsweise war, ihren Lebensabend in Stuttgart.<br />

Nach den Wirren des Kriegs, als wieder an unseren Schulen<br />

ein geordnetes Unterrichten möglich war, wirkt hier<br />

von<br />

1945-1949 Lehrer Karl Dieringer, stellvertretender Schulleiter<br />

bis 1948, später Rektor in Hechingen, wo er als<br />

Pensionär heute lebt.<br />

1948 L. Ferdinand Schwenk, vers. nach Stein, später Rangendingen,<br />

dort heute in Pension.<br />

1948 Schulhelferin A. Scherer.<br />

1949 Laienlehrer Otto Bogenschütz<br />

1949-1951 Lehrer Eberhard Heinzelmann, Wohnort Laiz,<br />

dort verst. im Jahre 1957.<br />

1951 Lehrerin Maria Mascha, vers. nach Weilheim.<br />

1951 Lehrer Gustav Kästle, geboren in Killer, erhält die<br />

3. Planstelle in Jungingen und zieht am 16. 5. (Pfingstdienstag)<br />

auf. Er kommt aus Bechtoldsweiler. Leider war es<br />

ihm nicht vergönnt, lange in Jungingen wirken zu können.<br />

Bereits ein Jahr später erkrankte er schwer und mußte<br />

1953 in Pension gehen, die er hier zusammen mit seiner<br />

Famill: im Eigenheim verbringen konnte. 1969 starb er<br />

im 65. Lebensjahr, eine hochgeachtete Lehrerpersönlichkeit.<br />

In weiteren Jahren wirken an der Schule:<br />

1952 Lehrkraft Käthe AufderMauer, Lehrer Georg Schuler.<br />

1952-1954 Lehrerin Ingeborg Haiß, vers. nach Haigerloch.<br />

1954-1956 Hptl. Otto Bogenschütz, vers. nach Hechingen.<br />

1956-1958 apl. Hauptlehrerin Maria Traber, gebürtig aus<br />

Hechingen.<br />

1958-1964 Oberlehrer Lorch erhält die Schulleiterstelle,<br />

nachdem er wegen Erkrankung von Frl. Reinhardt schon<br />

zwei Jahre das Amt kommissarisch geleitet hatte. Als er<br />

1964 in Pension geht, verläßt e le profilierte, idealgesinnte<br />

Lehrerpersönlichkeit die Schulstube. Er war " ; n<br />

pflichtbewußter, vorbildlicher Erz ":her, der 37 Jahre hier<br />

gewirkt hat. Als Heimatforscher ein Experte, bekannt und<br />

geschätzt; ein Musiker aus Leidenschaft, der seit seines<br />

Hierseins den Organistendienst versah, der lange Jahrzehnte<br />

den Männerchor leitete und heute, genesen von<br />

schwerer Krankheit seinen Lebensabend in seiner Heimat<br />

K'ller im neu erbauten Eigenheim verbringt. Bei seinen<br />

ehemaligen Schülern und Kollegen wird es immer als Erzieher-<br />

und Lehrerpersönlichk 't ifl dankbarer Erinnerung<br />

bleiben. =: ")<br />

1957-1964 Hauptlehrer Eisele, e> i gebürtiger Hechinger,<br />

kommt von Böblingen und übernimmt die freie Schulstelle<br />

(Mittelklasse).<br />

1964-1965 übernimmt er die Schulleitung Doch nach<br />

einem Jahr zieht er weg nach Konstanz und unterrichtet<br />

dort an einer Privatschule. Er Wn kte an der Schule<br />

mit päaogogischem Geschi.k und großem Fleiß. Er war<br />

ein großer Könner in der Bildenden Kunst und heute zeugt<br />

neben v. a. noch der Kopf unseres Gemeindeblattes von<br />

seiner hohen Begabung.<br />

1958-1963 unterrichtet hier apl. Hauptlehrerin Waltraud<br />

Zwerenz, spater verheiratete Frau Wurdack, sie verzieht<br />

nach Bayern,<br />

1963-1967 Hauptlehrerin z. A. Ingrid Schatanek. Sie<br />

kommt mit ihrer Zwillingsschwester, die in Killer unterrichtet,<br />

aus Heidelberg und übernimmt die Grundstufe,<br />

die Klassen 1 und 2. Auf eigenen Wunsch geht sie wieder<br />

zurück nach Heidelberg. Mit großem Eifer und Geschick<br />

bewältigt sie ihre Aufgabe.<br />

1964 Hauptlehrer z. A. Alfred Schäfer, gebürtig aus Stetten<br />

bei Hechingen, von Dettingen kommend, wird an die<br />

freie Stelle eingewiesen und übernimmt den Organistendienst.<br />

1965 Hauptlehrerin z. A. Christine Reiß kommt als Stellvertretung<br />

für die Stelle Eisele. Hauptlehrer Schäfer ist<br />

kommissarischer Schulleiter.<br />

1965 Oberlehrer Helmut Haller übernimmt die Schulleiterstelle<br />

der dreiklassigen Katholischen Volksschule. Vorher<br />

unterrichtete er nahezu 10 Jahre in der Nachbargemeinde<br />

Killer.<br />

1966 wird die Hauptschulreform durchgeführt, und auf<br />

1. Dezember wird die Nachbarschaftsschule verwirklicht.<br />

Aus allen Killertalgemeinden werden die Schüler der<br />

Oberstufe so zusammengefaßt, daß das 5. und 6. Schuljahr<br />

in Jungingen, die Klassen 7, 8 und 9 in Hausen unterrichtet<br />

werden.<br />

In den kommenden zwei Jahren ist Oberlehrer Haller gezwungen,<br />

sich mehreren Krankenhausaufenthalten zu unterziehen.<br />

Krankheitsvertretungen sind Oberlehrer Hugo<br />

Mayer aus Hechingen, Hauptlehrer z. A. von Kannen und<br />

Hauptlehrer z. A. Axel Hertweck.<br />

An den anderen Stellen unterrichten<br />

1967-1969 Hauptlehrerin z. A. Inge Bülitz von Osnabrück,<br />

vers. nach Osnabrück.<br />

1967-1968 Hptl. z. A. Ewald Traub aus Hechingen.<br />

1967 Hptl. Winfried Bär, vers. an Realschule Burladingen.<br />

1968 Hptl. Rudolf Harbig, der vorher fünf Jahre in Beuren<br />

unterrichtete, zieht auf.<br />

1968 Hauptlehrerin z. A. Susanne Birk, die aus Hechingen<br />

stammt wird hierher versetzt, später verheiratete Frau<br />

Ruopp.<br />

1968 HHT-Lehrerin Veronika Michel aus Burladingen,<br />

später verheiratete Frau Glaser, unterrichtet an der Schule.<br />

1969 VL Lisbeth Mayer von hier übernimmt das 2. Schuljahr.<br />

1969 Hptl. z. A. Gondel Steinhoff, versetzt nach Rangendingen.<br />

1970 Hptl. z. A. Annegret Kühn, vers. nach Sickingen.<br />

1970 tritt auf Schuljahisbeginn im Herbst Oberlehrei Heribert<br />

Sauter von Rangendingen kommend, hier eine planmäßige<br />

Stelle an.<br />

1970 wird die Schule Jungingen, jetzt Grund- und Hauptschule<br />

seit 1968, aufgrund der Stellen-Zahl (9 Klassen)<br />

zum Rektorat erhoben. Oberlehrer Haller bewirbt sich um<br />

die Stelle und bekommt sie im Juni 1970 übertragen. Im<br />

Februar 1971 wird Oberlehrer Sauter zum Konrektor<br />

ernannt.<br />

Dieser chronologische Überblick möchte dem Leser noch<br />

einmal seine Schulzeit zurückrufen, möchte ihm noch einmal<br />

die Lehrerpersönlichkeiten vor Augen führen, die ihn<br />

einstens durch d'_ Kinderze" geleitet haben. Sie haben in<br />

der Zeit ihres Wirkens an unserer Schule das zu geben<br />

versucht, was immer die höchsten Ideale des Lehrerberufes<br />

sein werden, Bildungs- und Erziehungswerte weiterzugeben.<br />

Werden die Erinnerungen an unsere Schulzeit auch immer<br />

vielf Itiger Art sein, so werden doch die liebenswerten<br />

und frohen Stunden unser Bild davon prägen. Mögen auch<br />

unsere Lehrer und Erzieher darin eir geschlossen sein.<br />

*) Entgegen anderer Schreibweisen werden die Namen „Bumüller"<br />

vom Chronisten dieser Zeit, Lehrer A. ßumüller, immer mit „ü"<br />

geschrieben.<br />

**) „von Hausen" heißt immer, die Lehrerperson hat vorher dort<br />

unterrichtet. Der Geburtsort wird, wo bekannt, gesondert vermerkt.<br />

57


JOHANN ADAM KRAUS<br />

Die älteren Herren von Ringingen und die Freiherren von Entringen<br />

i.<br />

Vom älteren Ortsadel von Ringingen auf der Zolleralb<br />

kennen wir nur wenige Namen. Im Jahre 1180 kaufte das<br />

Kloster Weißenau bei Ravensburg Güter zu „Burron" in<br />

Bernloch (unweit Trochtelfingen) von dem Ritter D etrieb<br />

von Ringingen 1 . Ums Jahr 1200/1205 hatte der gleiche<br />

Ritter zu Burron ein Gut (ma.isum, ca. 45 Jauchert) als<br />

Lehen Bertholds von Neifen und seiner Söhne (Tochtermann<br />

des Grafen von Gammertingen), und verkaufte es<br />

mit deren Einwilligung gegen Entschädigung mi: 10<br />

Pfund Heller demselben Kloster um 16 Pfund Tübinger<br />

Münz. Ebenso verkaufte sein Verwandter Otto von Ringingen<br />

am gleichen Ort demselben Kloster einen Mansus<br />

unter gleichen Umständen und dieselbe Summe 2 .<br />

Dann hört man nichts mehr vom Ringinger Adel bis auf<br />

S (Swiger oder Sigibold o. ä.) von Ringinstein 3 , der am<br />

10. Dezember 1274 Zeuge war beim Grafen Friedrich von<br />

Zollern dem älteren in Bezug auf den Weißenauer Hof<br />

zu Bernloch 4 . Während die bisher genannten Personen<br />

dem Dienstadel angehörten, berichten zwei Bebenhäuser<br />

Urkunden von einem Hochadeligen:<br />

Eberhard von Ringingen, freien Standes (conditione<br />

liber), schenkt im Jahre 1277 seinen Vorzehnten zu Renningen<br />

b. Leonberg, und zwar von zwei Höfen, die Fronhof<br />

heißen und vom Buhartshof, dem Kloster Bebenhausen<br />

(bei Tübingen), zu seinem und seiner Vorfahren<br />

Seelenheil und zur Ehre der Jungfrau Maria. Ebenso<br />

schenkt er sein Gelände inmitten des Dorfes zwischen<br />

Straße und Bach. Die bisherigen Leheninhaber des Zehnten<br />

sollen ihn weiter behalten, außer das Kloster kaufe die<br />

Lehenschaft ihnen ab. Die Schenkungsurkunde ist von<br />

Eberhard besiegelt. Neben ihm siegelten Dekan Swiger<br />

von R njr'ngen und K'-chrektor Eberhard von Salmendingen.<br />

Zeugen sind der Bebenhäuser Mönch Albert Besserer<br />

und der Laienbruder Heinrich. Eberhards Rundsiegel<br />

zeigt im Schild einen Schrägrechtsbalken, der mit<br />

drei Ringen belegt .'st und d s Umschrift: S(ig'lum)<br />

EBERHARD1 NOB1LIS D. RINGINGEN. D: , Siegel<br />

des Dekans Swiger ist ebenfalls rund und zeigt einen<br />

Vogel gegen e ; len Baum oder (eher) Zwi.. ; gewendet (Anspielung<br />

auf Zwiger?). Das dritte Siegel ist spitzoval und<br />

enthält das Bild des Drachentöters Michael, des Kirchenpatrons<br />

von Salmenc 1 ' igen 5 .<br />

Eine zweite Urkunde desselben Wohltäters des Klosters<br />

stammt vom Jahre 1279. Nach ihr schenkt der freie (liber)<br />

Eberhard von Ringingen zu seinem Seelenheil demselben<br />

Kloster seinen Zehnten aus dem Fronhof zu Hemmingen<br />

(b. Leonberg), den der Ritter Swiger von Berg (b. Stuttg.)<br />

und s ne Erben zu Lehen haben von Eberhard, und auch<br />

behalten sollen. Eberhards und des Salmendii.ger Pfarrers<br />

Siegel hängen wieder an.<br />

Eine dritte Urkunde Eberhards ist nur in fehlerhafter<br />

Ubersetzung des 15. Jahrhunderts erhalten 7 . Da darin<br />

keine Angabe über JMobilität oder freien Stand oder ein<br />

Siegel des Ausstellers gemacht wird, steht ein Irrtum zu<br />

vermuten, oder der Beisatz „Freier" fehlt, weil Eberhard<br />

das in Frage stehende Gut nur als Lehen, nicht als freies<br />

Eigentum besaß.<br />

Es heißt da: Am 10. Februar 1292 verkaufte Eberhard<br />

von Ringingen freiwillig und mit gemeinsamer Gunst<br />

seiner Erben und Verwandten sein „Dorf", genannt Bühl<br />

(b. Rottenburg), das er mit seinen Vorfahren vom Herrn<br />

Grafen Albrecht von Hohenberg als Lehen besaß, und<br />

zwar unter Aufgabe der Lehenschaft in die Hand des<br />

Grafen. Er verkaufte es an Heinrich des Amanns Sohn<br />

aus der neuen Stadt Ehingen (d. i. Rottenburg) und Bert-<br />

58<br />

hold, des Amanns Sohn von Reutlingen, mit allem Zubehör<br />

an Aeckern, Wiesen, Wäldern, Häusern, Gärten<br />

etc. um 400 Pfund Heller. Der Graf leiht das „Dorf" den<br />

Käufern. Es siegelten die Stadt Neu-Ehingen (Rottenburg)<br />

und Eberhards Oheim, der Ritter Swenger von Lichtenstein,<br />

mit dessen Gunst die Veräußerung geschah. Zeugen<br />

waren: die drei Ritter Hug von Mugenegg, Burkart von<br />

Meldungen, (Burkart) von Jungi.ngen, sowie Gebrüder<br />

Hermann und Berthold von Ow, Gebrüder Heinrich und<br />

Eberhard von Seebrunn. Gebrüder Dietrich und Berthold<br />

von Wurmlingen, Heinrich Amann von Neu-Ehingen,<br />

sein Bruder Volker, genannt Stahler, dessen Söhne Heinrich<br />

und Engelhard Stahler, Gebrüder Leutfried und Konrad<br />

Bessler, Albrecht Huot, Engelfried der Gastgeber der<br />

neuen Stadt, Heinrich Lupo von Herrenberg, Heinrich<br />

Amann von Reutlingen und Kiverli von Gammertingen 8 .<br />

Das Heer der Zeugen dürfte zeigen, daß Eberhard schon<br />

alt und kinderlos war. Auffälligerweise siegelt er selber<br />

nicht. Die nähere Verwandtschaft mit dem Ritter Swenger<br />

von Lichtenstein ist leider unbekannt, der Ausdruck<br />

Oheim oder Vetter leider vieldeutig. Da in späteren Nachrichten<br />

nur von einem Hof bzw. Gut zu Bühl die Rede<br />

ist, wird im Original predium oder curtis-curu, aber<br />

kaum villa gestanden haben. Eberhard ist vermutlich bald<br />

darauf gestorben. In Ringingen erscheint 1342 ein Truchseß<br />

Cuon von Urach als Orts- und Burgherr.<br />

Aus einem Schriftstück vom 8. November 1298 wissen wu,<br />

daß „der von Ringingen" in Bühl ein Gut und in Rottenburg<br />

ein Haus an die Amann von Rottenburg \ erkaufte,<br />

die jetzt vom Grafen Albrecht v. H. neu belehnt werden,<br />

wie sie „der von Ringingen" schon von seinem Vater zu<br />

Lehen hatte Graf Rudolf von Hohenberg lieh dann am<br />

19. Juli 1315 das genannt Gut und das Rottenburger<br />

Haus, beides von „dem von Ri..gingen" erworben, erneut<br />

der Familie Amann, die sich später „von Bühl" schrieb 10 .<br />

Bei der Suche nach Eberhards Vorfahren stoßen -w auf<br />

die alten freien Herren von Entringen (7 km nordwestlich<br />

von Tübingen), die ebenfalls den mit drei R.ngen belegten<br />

Schrägbalken im Wappen und te > den Namen<br />

Eberhard führten. Eberhard von F.mgingen dürfte der<br />

Letzte dieser Familie gewesen s^in. Ob das Wappen der<br />

Entringer durch den Ortsnamen Ringingen beeinflußt se ; n<br />

kann, bleibe dahingestellt. Nach dem Siegel Eberhards<br />

erhielt die Gemeinde Ringen folgendes Wappen 1929: In<br />

blauem Schild ein gelber Schrägrechtsbalken, der m t drei<br />

roten Ri igen belegt ist.<br />

Die freien Herren von Entringen (Laien)<br />

Das Wappen der Fami'^e zeigte in rotem Sc Td e:/.en mit<br />

drei gelben Ringen belegten blauen Schrägrechtsbalken io a.<br />

Als ältesten Vertreter dieser Herren des Hochadels nennt<br />

eine Urkunde vom 9. Oktober 1075, welche die W :derherstellung<br />

des Klosters Hirsau durch den Grafen Adalbert<br />

von Calw betrifft. Hiei ist der dominus Adalbertus<br />

de Antringen unmittelbar hinter dem Grafen Luithold<br />

von Achaim vor vielen anderen Vertretern des Herrenstandes<br />

als Zeuge genannt n . Dann finden wir zum Jahre<br />

1084 die edlen Landold und Adelbert von Antringen als<br />

nächste Verwandte und Erben des Stifters Hezelo des<br />

Klosters St. Georgen auf dem Schwarzwald aus dem<br />

Hochadei 12 . Adelbert, der mit dem von 1075 identisch<br />

sein dürfte, wird auch 1086 als Zeuge neben dem Grafen<br />

Mangoid von Altshausen und dessen Sohn Wolfrad aufgeführt<br />

13 . Die Söhne Landolds, mit Namen Landold (II.)<br />

und Adelbert (II.) handeln; ersterer 1112 in Ulm, letzterer<br />

1111 in Basel, als Erben des St. Georger Kloster-


stifters 14 . Ein Landolt de Antringen wird unterm 28. November<br />

im Zwiefalter Nekrolog aufgeführt, ohne daß wir<br />

wissen, ob es der ältere oder jüngere ist.<br />

Erst ums Jahr 1140 folgte eine weitere Nachricht: Friedrich<br />

von Entringen schenkte dem Kloster Hirsau Güter zu<br />

Mönsheim und später für seinen Sohn Friedrich einen<br />

Wald bei Wurmlingen 15 . Letzterer Friedrich dürfte der<br />

1188-1233 als Domherr zu Straßburg nachweisbare<br />

Friedrich v. E, sein. Siehe IIb. Ein Otto von Ant. tigen<br />

war um 1167 als „:iber homo" Zeuge einer Schenkung<br />

des freien Adelbert von Haigerloch aus Kloster Reichenbach<br />

16 . Ein Eberhard über de Antringen war 1191 Zeuge<br />

bei der Stiftung des Klosters Bebenhausen durch die Tübinger<br />

Pfalzgrafen 17 . Im Jahre 1231 wird er Bruder des<br />

Speirer Bischofs Beringer von Entringen genannt 18 . Siehe<br />

IIb. Vermutlich ist Eberhard identisch mit dem Ritter<br />

Eberhard von E., dem Beobachter des Pfalzgrafen Rudolf<br />

von Tübingen kurz vor dem 10. März 1240 bei einer<br />

Streitschlichtung zwischen dem Kloster Bebenhausen und<br />

Kraft von Sperberseck 19 . Ein Über homo bzw. nobilis vir<br />

(also Hochadeliger) Beringer von Antringen findet sich<br />

1233 beim Pfalzgrafen Rudolf III. von Tübingen zu Herrenberg<br />

neben den M listerialen Craft und Hugo von<br />

Hailfingen 20 . Im Jahre 1245 taucht er mit seinem leiblichen<br />

Bruder Albert von Entringen adhuc servus (noch<br />

Page oder Edelknecht) beim Grafen Burkart von Hohenberg<br />

anläßlich des Tausches von Dusslingen und Feldhausen<br />

auf 21 , und 1253 als nobilis vir Beringerus dictus de<br />

Antringen 22 . Im Siegel heißt es Mer: Beringer in Antringen.<br />

Auch im Jahre 1259 beißt er so, als die Söhne des<br />

verstorbenen Ritters Heim.ch von Königsbach (b. Durlach)<br />

den Zehnten und anderen Belitz in Dertingen, die<br />

sein Lehen waren, ans Kloster Herrenalb verkauften, ihm<br />

jedoch ihre eigenen Güter zu Königsbach zu Lehen gaben<br />

23 . Letztmals finden wir den (notiJ c vir) Beringer von<br />

Entringen im Jahre 1268 neben dem Grafen Albert von<br />

Hohenberg als Zeugen einer Verhandlung mit dem<br />

Kloster Kirchberg bei Haigerloch 24 . Mangels näherer Anhaltspunkte<br />

möchte man diesen Beringer als den Vater<br />

obigen Eberhards von Ringingen vermuten. Nach 1268<br />

sind keine Nachrichten über die Freiherren von Entringen<br />

mehr erhalten, soweit sie dem Laienstand angehörten,<br />

wohl aber von Geistl hen.<br />

IIb<br />

Geistliche aus dem Hause Entringen<br />

Eine ganze Anzahl Glieder der freiherrlichen Familie von<br />

Entringen erlangte Domherrenstellen in Speier und Straßburg<br />

und einer bestieg sogar den bischöflichen Stuhl in<br />

Speier. Doch erfahren wir, mit Ausnahme des Bischofs,<br />

von ihnen auch ni:ht viel mehr, als daß sie in Urkunden<br />

als Zeugen auftraten.<br />

1. Beringer von Antringen, Domherr in Speier 1180, 1188<br />

etc. bis 1220 Cantor, seit 27. März 1224 Bischof von<br />

Speier, der am 29. November 1232 starb 25 .<br />

2. Friedrich von Antringen, Domherr zu Straßburg, 1188,<br />

1191, 1199, 1202, Cantor 1206, gestorben am 29. April<br />

1233. Er sch nt ein Sohn des gle :hnamigen Laien von<br />

IIa gewesen zu sein 26 .<br />

3. Konrad v. A., Domherr zu Speur 1232, gestorben am<br />

7. Juli 1237 27 .<br />

4.Eberhard v. A., Domherr zu Speier 1228 28 , Domherr<br />

auch zu Straßburg 29 . In Speier wird er auch 1237 bis 1277<br />

erwähnt. Im Jahre 1254 hat im und seine leiblichen Brüder<br />

Konrad und Otto, sämtl che Domherrn zu Straßburg,<br />

der Papst Innozenz IV. wegen V^lzahl ihrer Pfründen an<br />

beiden Domkapiteln dispensiert 30 . In Speier wird er noch<br />

1272 genannt 3l .<br />

5. Konrad v. A., Bruder des vorigen, Domherr zu Speier<br />

1232-57, zu Straßburg 1247 mit seinen Brüdern Eber-<br />

hard und Otto daselbst 32 . Nach Pfaffs Regesten (B 61b) in<br />

Stuttgart seien diese drei Söhne des Laien Eberhard v. E.<br />

gewesen. Konrad war fratruelis (Bruderssohn) des Bischofs<br />

Beringer v. E. und stiftete für ihn einen Jahrtag. Am<br />

18. März 1257 machte er ein Testament und starb wohl<br />

bald darauf 33 .<br />

6. Otto v. Entringen, Bruder der beiden vorigen, Domherr<br />

zu Straßburg 1247 bis 1263, 1252 auch in Speier 34 .<br />

7. Beringer v. E., Domherr zu Speier 1257 35 , 1259, Cantor<br />

1262-1273. Er war der Oheim (Vaterbruder) des<br />

Testierers Konrad von 1257 und Testamentsvollstrecker 36 .<br />

8. Bligerus v. Entringen, Domherr zu Speier ca. 1260 bis<br />

1272 37 .<br />

9. Marquard v. Entringen, Domherr zu Straßburg 1277<br />

bis 1296 38 . £ ,; ger stammte vielleicht, Marquard ziemlich<br />

sicher aus der Familie von Hailfingen auf Entringen<br />

(Siehe III.)<br />

10. Adelheid von Entringen war die 18. Äbtissin des<br />

Klosters auf dem Odilienberg im Elsaß (Wandaufschrift<br />

daselbst).<br />

III.<br />

Hailfinger Herren „von Entringen"<br />

Zu dieser Familie, die als Wappen drei oder vier weiße<br />

Flankenspitzen in Rot führte, ist die Oberamtsbeschreibung<br />

Rottenburg II. 1900, 172 ff. zu vergleichen. Wie sie<br />

in den Teilbesitz der Burg Entringen kam, ist unbekannt,<br />

vielleicht durch Heirat. Schon im Jahre 1244 erscheinen<br />

neben Craft von Hailfingen seine Verwandten, die Ritter<br />

Trutwin von Antringen und Peter von Antringen in einer<br />

Urkunde des Klosters Kirchberg betr. „Wilon" (Weiherhof<br />

bei Empfingen) 39 . Peter finden wir auch im J. 1258,<br />

dann 1259 mit einem Konrad von Entringen 40 . Dieser<br />

Konrad ist wohl mit dem unten zu nennenden Konrad<br />

von Hattstatt von 1267 gleichzusetzen. Vgl. IV. Im<br />

J. 1270 war ein Kraft von Entringen Leutpriester zu<br />

Güttingen, ein Heinrich v. E. ebenso in Reutlingen 41 . Am<br />

27. März 1271 findet sich ein Herr Friedrich von Entringen<br />

(also Ritter!) mit Herrn Johann von Schrankenfels<br />

(Elsaß) als Zeuge, als Werner d. J. von Hattstatt Güter<br />

an den Deutschorden schenkte 42 . Friedrich war vermutlich<br />

einer von Hattstatt. (Siehe unten.) Im J. 1273 wird Hein<br />

rieh von Entlegen als Chorherr in Sindelfingen und 1275<br />

bis 1292 als Propst daselbst aufgeführt. Im J. 1280 erscheint<br />

ein Hugo von Entringen (wohl ein Hailfinger) als<br />

Schwestersohn des Ritters Hugo von Wehrstein 43 . Ein<br />

Marquard v. E. (ohne Zweifel ein Hailfinger) hat im<br />

J. 1284 mit dem Grafen Friedrich von Zollern wegen der<br />

Burg Entringen gestritten. Nach der Konstruktion Ludwig<br />

Schm "1s wären die Grafen von Zollern m C den alten<br />

Freiherren von Entringen und Winzeln stammverwandt<br />

gewesen und schon lange vor 1284 Teilbesitzer von Entringen<br />

44 . Auch der 1294 vorkommende Mönch Berthold<br />

von Entringen und Peter v. E. 1296 waren vom Hailfiinger<br />

Stamm 45 .<br />

IV.<br />

Entringer Herren von Hattstatt und Schrankenfels (L.saß).<br />

Die Edelfreien von Hattstatt (15 km süd'' h von<br />

Colmar) führten im Schild ein Xförn'jes Andreaskreuz.<br />

Sie besaßen u. a. auch d Burg Schrankenfels und wohl<br />

auch Teile von unserem Entringen, das man vergebens im<br />

Elsaß und Lothringen suchte 46 . Merkwürdigerweise führte<br />

ein Johann von Schrankenfels 1261 (1276 war er R,chter<br />

zu Schlettstadt) das Wappen der alten Elitringer, den<br />

Schrägrechts'baiken mi t drei Ringen belegt. Ebenso Dietrich,<br />

ein Edelknecht 1312-1315, und Werniin von Schrankenfels<br />

1345 bis 1361 (Söhne eines Ritters Johann v.<br />

Scnrankenfeis), ebenso Cläui'n v. Sehr. 1373 47 . Hier sei an<br />

die oben mitgeteilte Nachricht vom 27. März 1271 erinnert,<br />

wonach die Ritter Friedrich von Entringen und<br />

59


Johann von Schrankenfels für Werner von Hattstatt<br />

zeugten.<br />

Nach dem Oberbadischen Geschlechterbuch 48 nannte sich<br />

Werner von Hattstatt (mit dem Andreaskreuz-Wappen)<br />

1262 bis 1269 „von Entringen". Seine erste Frau (vermutlich<br />

eine Entringerin) starb 1262. Zwei Jahre darauf<br />

heiratete er eine Elisabeth. Sein Bruder Friedrich von Entringen<br />

wird 1271 erwähnt. Als beider Vater gibt Knobloch<br />

einen 1267 genannten Konrad von Hattstatt an, der<br />

1259 Konrad von Entringen heißt. (Siehe oben bei III.)<br />

Hat er etwa nach Entringen geheiratet? Werners dre- Kinder<br />

hießen nach der gleichen Quelle: Lukardis v. E. 1254,<br />

Schwester des Hauses St. Johann zu Colmar, Ritter Conrad<br />

von Entringen 1262-1267, und Friedrich von Entringen<br />

1263, wohl der oben genannte Ritter dieses Namens<br />

zum Jahr 1271.<br />

V.<br />

Abstammung der Freien von Entringen<br />

Nach der Notitia tundationis (Gründungsbei ht) des<br />

Klosters St. Georgen Nr. 41 12 wurden vom Stifter Hezelo<br />

des Klosters i l Jahre 1083 die Überreste folgender verstorbener<br />

Verwandten aus der Georgskirche zu (Königseck-)<br />

Wald nach St Georgen im Schwarzwald überführt:<br />

Hezelos Gattin Bertha, Irmengard patruelis (Vaterschwester),<br />

Adelbert patruus (Vatersbruder), Landolt als Bruder<br />

Hezelos; Ulrich and Adela als Hezelos Eltern, Landolt<br />

und Gisela: Großeltern Hezelos väte^ icherseits, Landolt<br />

und Bertha als Urgroßeltern Hezelos väterlicherseits.<br />

Mone brachte 49 aus späteren Quellen St. Georgens dazu<br />

folgende Daten: Landolt der älteste 970. Er wurde 992<br />

Vogt der Abtei Reichenau und erbaute die Georgskirche<br />

in „Wald", starb dann im J. 1000. Vogt wi d sein Sohn<br />

Landolt II., der 1024 starb, worauf ihm als Vogt der Graf<br />

Mangold (von Altshausen) folgte. Im Jahre 1030 erlangte<br />

Landolts II. Sohn Ulrich das Vogtamt über Reichenau,<br />

Seine Gattin war Gisela. Er starb im J. 1050 und<br />

wurde wie sein Vater und Großvater in der Kapelle zu<br />

Wald beigesetzt. Hezelo CUlrichs und Adeies Sohn) wird<br />

Vogt und kündigt dem simonieverdächtigen Abt Rupert<br />

im J. 1071 an, der dürfe d:' Güter des Kiosters R» :henau<br />

nicht betreten. Hezelo starb im J. 1088, auch Ezil de Egga<br />

genannt.<br />

Wie wir oben unter II. sahen, wurden im Jahre 1084 die<br />

Edlen Landolt und Adeibert von Antringen als nächste<br />

Verwandte und Erben Hezelos bezeichnet. Vielleicht waren<br />

s • Brüder. Man möchte sie als Söhne von Hezelos<br />

patruus also obigen Adeibert (des Bruders Ulrichs) ansehen,<br />

dessen Leiche nach St. Georgen überführt wurde.<br />

Dann wären ihre Eltern Landolt II. (f 1024) und Gisela,<br />

ihre Großeltern Landolt I. (970-1000) und Bertha gewesen.<br />

Als Landolts I. Vater nennen manche Forscher 50<br />

einen Lanzelin (Landolt), der 991 ais Graf von Altenburg<br />

starb und ais Stammvater der Habsburger und Vielleicht<br />

auch der Zähringer gelten kann. Als dessen Vater vermuten<br />

manche den Grafen Guntram den Reichen.<br />

Schluß<br />

Der Freie Eberhard von Ringingen (1277-1279) stammt<br />

von den freien Herren von Entringen ab, deren Wappen<br />

Notgeld aus Hohenzollern<br />

Etwas, das es seit 1926 in ganz Deutschland nicht mehr<br />

gegeben hat, brachte der Hohenzollerische Münzverein in<br />

Sigmaringen zuwege. Er veranstaltete im Oktober mit<br />

seinem dritten Tauschtag eine Ausstellung von Kriegsund<br />

Notgeld aus den Jahren 1918 bis Ende 1923. Dabei<br />

kam Hohenzollern unter den aus der ganzen Bundes-<br />

60<br />

er führte. Er dürfte identisch sein mit dem gleichnamigen<br />

Adeligen einer nur in schlechter Übersetzung erhaltenen<br />

Urkunde von 1292. Die Freien von Entringen mit den<br />

drei Ringen auf einem Schrägbalken im Wappen gehen<br />

auf die Familie des hochadeligen Klosterstifters Hezelo<br />

von (Königs-)eck zurück und diese auf die Landolde, von<br />

denen sowohl die Grafen von Habsburg, als auch die Herzöge<br />

von Zähringen hergeleitet werden. Die Edlen Landolt<br />

und Adelbert von Antringen waren wohl (um 1070)<br />

die Erbauer von Hohenentringen und sind vermutlich in<br />

der St. Michaelskirche des Dorfes in einem Steinplattengrab<br />

der Mittelachse t gesetzt worden, wo die Skelette<br />

bei Grabungen 1968 von Dr. Krins gefunden wurden.<br />

Die später nachgewiesene Ganerbenburg Hohenenfingen<br />

51 war schon im 13. Jahrhundert unter die Herren von<br />

Entringen, Hailfingen, Hattstatt (bzw. Schrankenfels)<br />

and 1284 auch Zollern geteilt, wobei die Einzelheiten freilich<br />

im Dunkel der Vergangenheit verschwinden.<br />

Grenzstein auf der Markungsgrenze zwischen Hausen an der Lauche",<br />

Hörschwag und Trochtelfingen. Links das Zollerwappen, rechts das<br />

Hifthorn der Grafschaft Urach. Auf der Rückseite das Wappen der<br />

Grafen von Werdenberg (Trochtelfingen).<br />

Anmerkungen:<br />

1 Zeitschrift f. Geschichte des Oberrheins 1888. Über<br />

die Burg Ringingen: Hohz. Heimat 1967, 44; 1961, 6 und 23; Blätt.<br />

d. Sei: ,b. Albvereins 1930, 205 f. 2 Zeitschr. Oberrhein 1877, 47.<br />

3<br />

Zweite Burg bei Ringingen: Hohz. JHefl 1954, 106. * WUB 7, 342;<br />

Hohz. JHert 1954, 106. E WUB 8, 3. 6 Zeitschr. Oberrh. 3, 336; WUB<br />

8, 150. 7 WUB 0, 559; Monum. Hohenbg. Nr. 100. Ein zweites<br />

Exemplar findet sich im Weitinger Kopialbuch (Fürstl. hohz. Arch.<br />

Sigmaringen R 75, Ka 37, 17, 13) mit Datum III Nonas Febr:<br />

11. Februar. 8 Die Kiverli gehörten zur Familie derer von Lichtenstein<br />

bei Neufra. 0 WUB 11, 174. 10 Monum. Hohenbg. Nr. 247; OA<br />

Beschr. Rottenbg. 1900, II, 134 f. Der Zeitpunkt des Hausverkaufs ist<br />

nicht bekannt. Eberhard wird in der rauheren Jahreszeit von der Alb<br />

herunter ins mildere Rottenburg gezogen sein. 11 WUB 1, 279. Der<br />

Inhalt der Urkunde wird nicht mehr verdächtigt! 12 Notita fundationis<br />

von St. Georgen: Mone, Zeitschr. Oberrhein 9, 1858, 207,<br />

Nr. 45. 13 Notita Nr. 18. 14 Notita Nr. 46: H. J. Wollasch, Die Anfänge<br />

des Kl. St. Georgen, Frbg. 1964, 88. 15 Schneider, Codex<br />

Hirsaug 1887, S. 39. 16 Lud. Schmid, Pfalzgiafen v. Tübingen S. 8)<br />

Zur Datierung Ist der erst um 1167 mögliche Graf Berthold von<br />

Neifen-Achalr wichtig. " WUB 2, 272; Schmid, Pfalzgr. UB S. 7.<br />

18<br />

WUB 3, 289. « WUB 3, 443: Schmid, Pfalzgr. 138. Es steht nur<br />

da: „miles Eberhard de E", wird aber als Entringen gedeutet, obwohl<br />

damals Antringen üblich war. 2 » WUB 3, 328. 21 WUB 4, 86. Zeitschr.<br />

Oberrh. 3, 127; Mon. Hohenbg, Nr. 31. 22 WUB 5, 284. 23 WUB 5,<br />

284; Zeitschr. Oberrh. 1, 245. - 1 WUB 6, 413; Mon. Hohenbg. Nr. 53.<br />

25<br />

WUB 2, 253; F. X. Remiing, Gesch. d. Bisch, v. Speier, 1852, mit<br />

UB. 2 ® Schöpflin, Alsat. dipl. I, 304; Remiing I und II. 27 Remiing<br />

a. a. O. 28 Gudenus Sylloge 187. 29 Straßburger UB I, 199, 214, 400.<br />

30 31 32<br />

WUB 11, 483. Remiing I, 3 29, 451-461. Zeitschr. Oberrh. 4,<br />

224 . 33 Remiing I, 191, 262 34 Remiing I, 252. 35 WUB 5, 214, 309<br />

30 37 38<br />

Remiing I, 292, 3 37. Remiing I, 282 etc. Zeitschr,, Oberrh. 8,<br />

176. f WU3 4, 67. 40 WUB 6, »51. 41 Diöz.Arch. von Schwaben 13,<br />

76. 42 Th. Walter, Urk. d. Stadt Rufach 1908, 38. 43 WUB 8, 198<br />

44<br />

L. Schmid, Älteste Gesch. a Hohenzollern I, 214, 242,, Derselbe,<br />

Der Hl Meinrad 1874, 66; Mitteilungen Hohenzoll , 30, 176. 45 Zeit -<br />

schrift Oberrh. 5, 249; OA Beschr. Rouenbg. II, 172 4 « K. v. Knobioch,<br />

Alter Adel i. Oberelsaß, 18 8 2, 35-36 , 47 ebenda 63. 48 Knobl.<br />

Oberbad. Geschlechterbuch I, 547. 49 Zeitschr Oberrh. 9, 205, 50 F.d.<br />

Heyck, Gesch. d. Herzöge von Zähringen 1891, 566; Geneal. Handbuch<br />

z. Schweizer Gesch. 1900, 1, 14; P. Kläu,, Argovia 72, 1960, 26;<br />

Wollasch, Anrange von St. Georgen S. 88 und 20; Decker-Hauff,<br />

Zeitschr. f. württ. Landesgesch. 1952, 66; una Note 44, oben. S1 Siegt".<br />

Krezdorn, Hohenentringen im Schönbuch u. s. Vergangenheit (Biberacher<br />

Verlagsdruckerei) 1971, 28. Seiten.<br />

republik und aus Berlin zusammengetragenen Leihgaben<br />

auf einen beachtenswerten Platz. Die Älteren erinnern<br />

Sich noch daran, daß üie Städte des Ländchens Notgeld<br />

druckten und daß auch der Kommunalverband solches<br />

Geld herausgab. Unterzeichnet wurde es von Carl Vogel,<br />

Monsignore, damals Vorsitzender des Landesausschusses.<br />

In seinem neuen Buch „Der Landeskommunalverband der


Hohenzollerischen Lande", auf das an anderer Stelle dieses<br />

Heftes näher einzugehen iot, schreibt Josef Mühlebach<br />

zu dem Thema „Die <strong>Ausgabe</strong> von Notgeld . . . besonders<br />

im Raum Hechingen dringend verlangt, erfolgte in zwei<br />

Serien. In der ersten Serie wurden ausgegeben 1918/19<br />

6000 Stück 10-Mark-Scheine, 6500 Stück 20-Mark-<br />

Scheine, 9200 Stück 50-Mark-Scheine. Die zweite Serie<br />

- 1923 - umfaßte die <strong>Ausgabe</strong> von Gioßgeldscheinen zu<br />

50, 100 und 500 Millionen Mark, zu einer, 10, 20 und<br />

100 Milliarden Mark. Im ganzen belief :h die <strong>Ausgabe</strong>n-Serie<br />

1923 auf 500 Billionen Mark. Das Notgeld<br />

wurde nur im honenzoiler.„ :nen LandesbereiJn in Umlauf<br />

gebracht." - Es gibt auf diesem Geld u. a. ein Stadtbild<br />

von Haigerioch und die Allegorie auf Hohenzollern, die<br />

als Glasb_' 1 den Treppenaufgang im Landeshaus schmückt.<br />

Auf dem S gmaringer Geld zeigte sich Galgenhumor. Der<br />

heute noch lebende Karl Staudinger verfaßte zu einem<br />

B ' J des Bräuteins auf einer Seite der Ein-Mark-Scheine<br />

ein schwäbi-ches Gedicht, auf dem er darstellt, daß dieser<br />

WALTHER FRICK<br />

Fastnachtsbrauch in miserablen Ze nach dem Dreißigjährigen<br />

Krieg entstanden sein soll, als „koine meh Muet<br />

hat zom Heirate ghett". Aber heute sei es noch viel<br />

schlimmer als damals. Dieses heute bezog sich auf die<br />

Kriegs- und Nachkriegszeit.<br />

Die Ausstellung Kam zustande durch den Sigmaringer<br />

Friseurmeister Heinz Gauggel, der in wenigen Jahren zu<br />

einem bedeutenden Heimatforscher und zu einem Sammler<br />

von Zollerana aufgestiegen ist. Sein Spezialgebiet sind<br />

Münzen, Medaillen und Orden. Er dürfte heute die bedeutendste<br />

Sammlung dieser Art haben, die uis zur<br />

Hutagraffe und Damenbrosche mit dem Zollerwappen<br />

reicht und bis zu einer Taschenuhr mit dem L ld eines<br />

hohenzolleiischen Fürsten auf dem Zifferblatt. Außerdem<br />

hat Herr Gauggel in seinen Geschäftsräumen alte Stiche<br />

aus Hohenzollern und eine Folge von Fotos aufgehängt,<br />

die den Brand und den Wiederaufbau des Sigmaringer<br />

Schloßes z-w ischen 1893 und 1910 festhält. Das darf man<br />

wohl lebendige Heimatpflege nennen! Frick<br />

J. Mühlebachs neues Buch : „Der Landeskommunalverband der Hohenzollerischen Lande"<br />

Dies ist mehr als eine Buchbesprechung, es ist das Hinweisen<br />

und das Lob auf eine Abschiedsgabe, n c der Josef<br />

Mühlebach und der Kommunalverband Hohenzollern von<br />

der politischen Bühne entlassen. Mir scheint, ich darf den<br />

Autor und den Verband in dieser Reihenfolge nennen,<br />

Mühlebach zuerst. N-cht, weil er selber in seiner nahezu<br />

fünfzigjährigen Zugehörigkeit zur Kommunalverwaltung<br />

sich nie vordrängte, obwohl er jahrzehntelang ihr leitender<br />

Beamter war, sondern weil er das Buch geschrieben<br />

hat. Der Kommunalverband hat seine Herausgabe als<br />

Heft 10 in der Reihe der Arbe. f en zur Landeskunde Hohenzollerns<br />

finanziert. Es wäre aber in Verlegenheit gewesen<br />

um ein Abschiedsgeschenk, wenn Josef Mühlebach<br />

*'ch nicht an dieses Werk gesetzt hätte. In i mer Sendung<br />

des Süddeutschen Rundfunks nannte ich das Werk ein<br />

„würdiges Abschiedsgeschenk an Hohenzollern und an die<br />

Geschichtswissenschaft", und ich mi ' le, auch da nicht übertrieben<br />

zu haben. Hier liegt nämlich eine fertige Dokumentation<br />

vor, d.e l cht umfassender und vollständiger<br />

sei l könnte. Der Untertitel „geschichtliche Entwicklung,<br />

Rechtsgrundlagen und Aufgabengebiete" umreißt den Inhalt,<br />

gibt ihn aber keineswegs vollständig wieder. Denn<br />

darüber hinaus sind alle Namen aller Vorsitzender und<br />

mrer Stellvertreter, der Chefärzte des Landeskrankenhauses,<br />

der Landesbahn und der Landesbank aufgereiht,<br />

HERBERT BURKARTH<br />

Das Zisterzienserinnen-Kloster Wald, \on Dr. Maren Rehfuß<br />

(Ersch.enen in der Reihe der Arbeiten zur LandeskundeHohenzollerns Heft 9.)<br />

Die Arbeit, das muß vorausgeschickt werden, st keine<br />

„Geschichte des Klosters Wald", sondern beschränkt sich<br />

auf die Themen: Grundherrschaft, Gerichtsherrschaft und<br />

Verwaltung. Uber das Kloster Wald ist reiches Urkundenmaterial<br />

vorhanden, das hier erstmals völlig ausgeschöpft<br />

ist. Wald war kern Kloster, das durch besonderen Reichtum<br />

oder kulturelle Leistungen glänzte. Es war ein ganz<br />

„normales" Kloster. Die vorliegende Arbeit bietet son.it<br />

über das spezielle hinaus ein Modell für Aufbau und Verwaltung<br />

eines typischen oberschwäbischen Klosters.<br />

Es wird zunächst die Gründung beschrieben und der Zu-<br />

mit Lebens- und Amtszeit-Daten. Es fehlen nicht Einzelheiten<br />

wie die Höhe der Haushalte in verschiedenen Jahren<br />

oder c e Kosten besonders umfangreicher Straßenbauten.<br />

Bevölkerungsentwicklung, die Ausleihzahlen der<br />

Bank, die einzelnen Wahlperioden, ja alle Mitg. eder des<br />

Kommunallandtags sind aufgezählt. Man erfährt auch<br />

ganz verschollene Dinge, so, daß es °inmal sogar einen<br />

kommunistischen Abgeordneten im Landeshaus gab, oder<br />

daß nach dem ersten Weltkrieg Fürst Wilhelm nicht weniger<br />

als zwei Millionen Mark für die Kriegsopfer spendete.<br />

Sie ging zwar zweimal kaputt, aber selbst heute noch besteht<br />

sie mit ein paar tausend Mark.<br />

Man kann einwenden: Der Autor saß ja an der Quelle,<br />

ihm stehen alle Akten zur Verfügung, abgesehen von seiner<br />

eigenen Erinnerung. Gewiß, aber damit wäre die<br />

Kärrnerarbeit des Auswählens, Darstellens, Zusammenfügens<br />

und die Sorge um die Vollständigkeit noch nicht<br />

getan und noch nicht beschwichtigt. Erst unlängst hatten<br />

wir hier Gelegenheit, Mühlebachs Buch über se- e He.matgemeinde<br />

Hausen am Anoelsbach vorzustellen (deren<br />

Ehrenbürger er ist), und das er in der Flauptsache in den<br />

zwei Jahren seit seiner Pensionierung schrieb. Daneben<br />

hat er aber rechtzeitig auch dieses neue Buch fertiggestellt.<br />

Schon für soviel Fleiß - auch wenn die Bücher nicht gut<br />

wären — müßte man dem Heimatforscher danken.<br />

sammenhang mit der Reichsgeschichte aufgezeigt. Gründer<br />

des Klosters war Burkard von Weckenstein, dessen<br />

Burg auf Markung Storzingen stand. Er kaufte 1212 das<br />

Gut Wald, um dort -in Kloster für seine beiden Schwestern<br />

Judintha und Ita einzurichten. Beide gehörten dem<br />

Orden der Zisteniense innen an. Schon bei der Stiftung<br />

wirkte der Abt von Salem mit, dem in Zukunft das Kloster<br />

als Tochtergründung unterstand. Durch zahlri iche<br />

Stiftungen vergrößerte ich der Besitz des Klosters schnell.<br />

Da dieser erste Besitz recht zufällig gestreut war, folgte<br />

in einer zweiten Phase der Aufbau eines geschlossenen<br />

Herrschaftsgebietes durch Käufe und Verkäufe. 1501 bei<br />

61


Erstellung des ersten Urbars war dieser Vorgang abgeschlossen.<br />

In 42 Ortschaften hatte das Kloster Besitz.<br />

Das eigentliche Herrschaftsgebiet umfaßte 19 Orte zwischen<br />

der Ablach und dem Andelsbach. Für ein Kloster<br />

mit 18 Nonnen war das ein recht beachtlicher Besitz (Zum<br />

Vergleich: Das Benediktinerinnenkloster Mariaberg hatte<br />

neben dem Klostergut ein Dorf als Eigentum und nur in<br />

fünf benachbarten Orten nennenswerten Besitz. Im Kloster<br />

waren 14 Nonnen).<br />

Die Verwaltung des Besitzes richtet sich nach der Art der<br />

Eigentumsrechte. Die Eigenwirtschaft des Klosters, die<br />

aus den Gütern Wald, Burrau und einigen anderen Höfen<br />

bestand, wurde von Dienstboten umgetr ben. Der größte<br />

Teil des Be: zes bestand aus Lehenshöfen, die im Lauf der<br />

Zeit immer mehr von Erblehen in L blehen (Fallehen)<br />

umgewandelt wurden. 1501 waren es ca. 92 Höfe, zehn<br />

Gütlein und sieben Mühlen.<br />

Außerdem hatte das Kloster Pfleghöfe in Überlingen und<br />

Pfuliendorf und Weinberge am Bodensee. Die Verwaltung<br />

JOH. WANNENMACHER<br />

dieses Besitzes erfolgte durch Beamte und Bedienstete<br />

(Oberamtmann, Hofmeister, Pfistermeister, Baumeister,<br />

Bannwarte, Waldmeister usw.).<br />

Das schwierige Kapitel der Gerichtsbarkeit ist ausführlich<br />

dargestellt. Da der Besitz des Klosters ursprünglich aus<br />

ganz verschiedenen Herrschaften stammte, war es ein langer<br />

Weg bis zu einer einheitlichen Gerichtsbarkeit. Das<br />

Kloster war Inhaber der Niedergerichtsbarkeit, während<br />

die hohe Gerichtsbarkeit dem Inhaber der Grafschaft Sigmaringen<br />

zustand. Das führte im Lauf der Zeit immer<br />

wieder zu unerfreulichen Streitigkeiten. Neben den Ortsgerichten<br />

gab es n Kiostergebiet ein Ober- oder Hofgericht.<br />

Bei wichtigen Entscheidungen bildete die Äbtissin<br />

mit ihren Amtsfrauen und Beamten einen eigenen Gerichtshof.<br />

Eine kurze Inhaltsangabe wird der Fülle des Materials<br />

nicht gerecht. Es gibt bisher keinen Teil Hohenzollerns,<br />

dessen Rechts- und Wirtschaflsgesc ; chte so eingehend und<br />

vollständig dargestellt ist. B.<br />

Die heimische Mundart verliert immer mehr altes Sprachgut<br />

Wenn da und dort Vereine zur Pflege der Mundart gegründet<br />

werden, so ist das ein löbliches Tun, das von<br />

einem erfreulichen Verständnis für die Erhaltung alter<br />

Volkswerte zeugt. Die Itl :fgreifenden Veränderungen in<br />

der Struktur der ländlichen Bevölkerung, die das technische<br />

Zeitalter mit sich gebracht hat, greifen auch an die<br />

Ursubstanz der Mundart. Der Kenner merkt, wie mit<br />

dem Verschwinden ehemaliger Arbeiten, Werkzeuge, Sitten<br />

und Gebräuche auch alte urwüchsige Worte, Sprichwörter<br />

und Redensarten immer mehr in Abgang kommen.<br />

Hatte man beispielsweise in Rangendingen irgend jemand<br />

etwas geliehen und der Betreffende gab es allzulange nicht<br />

mehr zurück, so mußte man es „oascha" (anmahnen).<br />

Früher gab es am Orte auch keinen Hausgang - sondern<br />

eine „Hausöhre". Die Stube wurde mcht gekehrt, sondern<br />

„gfurbet". Der Hausgarten, Krautländer oder auch<br />

schwer zu pflügende Grundstücke wurden im Herbst<br />

„gschoaret" (umgegraben) mit der „Schoarschaufel". Am<br />

alten Holzpflug hieß das Verbindungsstück, an dem der<br />

„Waages" (Pflugschaufel) angebracht und das mit dem<br />

Pflugkarren verbunden war - „dr Grendel". Machte man<br />

beim Pflügen eine kleine Verschnaufpause, so setzte sich<br />

der Bauer mit dem Viehtreiber auf den Grendel, rauchte<br />

eine Pfeife und ließ das Vieh ein wenig „daiben" (wiederkäuen).<br />

Wahrhaftig allemal ein gemütvolles Bild, die<br />

Dreih^ t Natur, Mensch und Vieh eng miteinander verbunden<br />

!<br />

Die Erbsen steckten in der Mundart nicht in Hülsen, sondern<br />

in „Scheafa", die die Kinder gerne abpflückten und<br />

aßen. Das Heu mußte „raisch", gut sonnengetrocknet sein,<br />

bevor man es heimholte. Unc wenn ein Mädchen oder<br />

eine Frau überdurchschnittlich lebendig und lustig waren,<br />

so hieß es im Volksmund: „Dös ischt no a Raische"! Eine<br />

Heftnadel oder eine kleine Brosche am Halskragen nannte<br />

man einst eine „Kluve". Eine schwierig zu behandelnde<br />

Person ist ein „Waidag", in gesteigerter Form „a waidageter<br />

Waidag" oder ein „wüatiger Koog". Kinder spielen<br />

gerne auf der Wiese und „schurabuzlet" - machen Kopfstand<br />

und überschlagen s ch.<br />

Wenn zwei miteinander e i Schwätzle machen, und die<br />

Zeit dann drängt, so kann man die Wendung hören:<br />

„Jetzt muaß : aber gau gau", d. h. allmählich gehen. Und<br />

zwei Frau stritten sich einmal wegen ihrer Kinder. Da<br />

hatte die eine das Gezeter satt und brach den Streit kur-<br />

62<br />

zerhand ab mit dem bekannten Zitat des Götz von Berlichingen:<br />

„Leck mi . . . etc.". „Schlagfertig entgegnete die<br />

andere: „Ja um da mei rom ischt au koa Zau(n)".<br />

Viel Lebenserfahrung steckt in folgenden Redensarten:<br />

„'S iot (läßt) älles vom a loa (allein) no" - mit langem<br />

offenen c (nach). Nach dieser odei ^ener Krankhe>r, die<br />

zwar überstanden ist, deren Folgen aber noch nach i'"ken,<br />

hört man teilnehmend: „Dös goht einem no lang no".<br />

Widerfährt einem etwas Herbes und Schweres, so heißt es:<br />

„Seil ischt no seliig" herb, bitter. Wurde einer durch<br />

seinen ständigen Unfug allmählich lästig, dann bedeutete<br />

mar ihm ernstlich- „So jetzt geischt (gibst) no no - oder<br />

's klepft". Die Silbe „no" erscheint in verschiedenem Sinn<br />

wie: nach, dann, aber. Man muß nicht an älles „na boosa",<br />

oder anders ausgedrückt: „Ma muaß it no älla Mucka<br />

schnappa". Ein „Sprätle" Salz st gerade soviel, wie man<br />

mit der Spitze von Daumen und Zeigefinger fassen kann.<br />

„Viel Hai (Heu), viel Waih!" lautet eine alte Wetterregel,<br />

denn ein nasser Vorsommer läßt wohl viel Gras wachsen,<br />

dagegen ist allzu große Nässe für das GetreiC e und andere<br />

Feldfrüchte schädlich. „Bartholem^i — leg 's öhmd<br />

ufs Hai", hieß es früher bei den Bauern. Der Bartholomäustag<br />

'st am 24. August. Bis dahin sollte man mit der<br />

Getreideernte nahezu fertig sein, damit man das Öhmd<br />

noch rechtzeitig in c.'e Schneune bringen konnte.<br />

Und eine vielgebrauchte Redewendung lautete: „Dem will<br />

i scho no zeiga, wo dr Barthle da Moscht hollet*, d. h.,<br />

wie er sich zu verhalten hat. Bei Schiffbruch oder Ertrinken<br />

hieß es teilnehmend: „Jo, 's Wasser hot halt könne<br />

(keine) Balka"! Über die Knüpfung und den Erfolg von<br />

Beziehungen aller Art dachte man so: „Schnuera und<br />

Saiba hilft ällethaiba, hilfls it bein Herra - no bein<br />

Karra"!<br />

Manches von dem oben angeführten Sprachgut ist so ziemlich<br />

verschwunden, anderes wird nur noch spärlich gebraucht.<br />

Das bedeutet zweifelsohne eine Verarmung der<br />

Mundart und auch einen gewissen Verlust von Seeienwerten.<br />

Die Sprache ist ja der untrügliche Spiegel der<br />

Seele. Der Schwabe, bekannt als Grübler und Sinnierer,<br />

hat oft in einen Urlaut, eine Silbe oder Redensart soviel<br />

eigenes Wesen, Lebensweisheit und Gemüt hineingelegt,<br />

wie es mit vielen Wörtern und Sätzen im Hochdeutschen<br />

kaum zu beschreiben ist.


HANS GRUBMILLER<br />

Die Flurnamen der Gemarkung Burladingen<br />

Erst in den zwanziger Jahren begann die amtliche Flurnamenforschung<br />

in Württemberg. Aus dieser Zeit stammt<br />

eine umfassende Anweisung für die Flurnamensammlung,<br />

die 1954 ein Zusatzblatt erhalten hat. Darin heißt es:<br />

„Von den Markungen auf dem bisher württembergischen<br />

und hohenzollerischen Boden, für den das Flurnamenarchiv<br />

in Stuttgart allein zuständi& st, sind noch Hunderte<br />

unbearbeitet. Die möglichst umfassende, rasche Fortführung<br />

der Sammlung ist eine dringende heimatkundliche<br />

und wissenschaftliche Aufgabe."<br />

Damit ist eigentlich die allererste und notwendigste Stufe<br />

für "ine gründliche Flurnamenforschung bezeichnet. Es ist<br />

noch gar nicht von Deutung die Rede, obwohl diese natürlich<br />

schon mit ins Auge gefaßt und in die Sammeltätigkeit<br />

einbezogen wird.<br />

Mit dieser Stufe des Sammeins muß sich der Laie begnügen.<br />

Auch der Lehrer kann die wissenschaftliche Arbeit<br />

nicht leisten, sondern muß sich auf den Volkskundler,<br />

Sprachwissenschaftler und Historiker verlassen. Deren<br />

Ergebnisse kann er allerdings verwerten und für seinen<br />

Unterricht fruchtbar machen.<br />

In diesem Zusammenhang sei auf folgende Literatur hingewiesen:<br />

Buck, Michael, Oberdeutsches Flurnamenbuch, Bayreuth<br />

1931<br />

Fischer, Hermann, Schwäbisches Wörterbuch Band I-VI,<br />

1 u. 2, Tübingen 1904<br />

Flurnamenbuch, Herausgeg. vom Landesvermessungsamt<br />

Baden-Württemberg, Stuttgart 1958<br />

Keinath, Walter, Orts- und Flurnamen in Württemberg,<br />

Stuttgart 1951<br />

Schnudt-Ebhausen, Fr. Heinz, Flurnamen und ihre Bedeutung<br />

für den heimatkundlichen Unterricht, in:<br />

Zeitnahe Schularbeit, 19. Jahrgang, 1966, Maiheft<br />

Schmidt-Ebhausen, Fr. Heinz, Forschungen zur Volkskunde<br />

im Deutschen Südwesten, Stuttgart 1963<br />

Wo finden sich Burladinger Flurnamen f<br />

Die amtlichen Anweisungen raten dazu, bp. Beginn der<br />

SammeltL gkeit unbedingt von den amtlichen Flurkarten<br />

auszugehen. Von der Gemarkung Burladingen wurden in<br />

den Jahren 1847—1863 von verschiedenen Geometern<br />

solche Flurkarten im Maßstab 1:2500 angelegt, die 1901<br />

ergänzt und berichtigt wurden. Diese erste <strong>Ausgabe</strong> wurde<br />

in den Jahren 1948 und 1962 dem neuesten Stand angepaßt.<br />

Als zweiten Schilt empfehlen die amtLchen Stellen, sich<br />

schrittweise in die Vergangenheit zurückzuarbeiten. So<br />

finden sich alte, dem Ursprung nahe Formen in den<br />

Urbaren, Urkunden, alten Karten, Flurbeschreibungen,<br />

Ortsbeschreibungen, Grenzbeschreibungen, Fleckenbüchern,<br />

Lagerbüchern, Flurbereinigungsprotokollen und Kaufverträgen.<br />

Im Sommer 1935 hat Herr Johann Adam Kraus, als damaliger<br />

Vikar von Burladingen, eine Aufstellung der im<br />

Gemeindearchiv vorhandenen Aktenstucke angefertigt,<br />

die 27 Nummern umfaßt.<br />

Daneben kann mit dem Auftauchen von Flurnamen in<br />

alten Urkunden und Archivalien gerechnet werden, die in<br />

anderem Zusammenhang in der Literatur ersehenen. Dazu<br />

gehören die vielen Hinweise aus Abhandlungen von<br />

Kraus, der immer wieder besondere Archivalien aus den<br />

verschiedenen Archiven durcharbeitet und Ergebnisse daraus<br />

in der Heimatliteratur mitteilt.<br />

Schließlich sind die heute noch im Volksmund lebendigen<br />

Flurnamen zu erheben. Das ist eine ganz wichtige mündliche<br />

Quelle, die noch auszuschöpfen ist, bevor sie endgültig<br />

versiegt. Man wird mit Speidel (Burladinger Heimatbuch,<br />

S. 40) sagen können, mit jedem alten Mitbürger,<br />

der stirbt, sinken auch solche Namen vielleicht für immer<br />

ins Grab.<br />

(Fußnote zum Burladinger Heimatbuch: Das 1958 erschienene<br />

Burlad iger Heimatbuch darf allen Heimatfreunden<br />

der näheren und weiteren Umgebung empfohlen<br />

werden. Es enthält u. a. Abhandlungen über Lagej Gemarkung<br />

und Geschichte des Dorfes.)<br />

Wie entstanden Flurnamen?<br />

Der Mensch hat die Möglichkeit und das Bedürfnis, seinem<br />

Mitmenschen einen Namen zu geben. Aber -w' er den<br />

Menschen benennt, so benennt er auch die Tiere und versieht<br />

seine Umgebung, seine "-'ledluiig und Feld und Wald<br />

und viele einzelne örtlichkeiten darin mit Namen. So<br />

haben ir die Siedlungsnamen oder Ortsnamen und die<br />

Flurnamen im weitesten Sinne.<br />

In bewohnten Gegenden gab es sicher von Anfang an<br />

Flurnamen. Äcker, Wiesen, Waldteile, 3erge, Täler,<br />

Grenzpunkte, Bäche wurden benannt, wenn eine neue<br />

Siedlung entstanden war. Jäger und Fischer werden sogar<br />

in Gegenden, die sie vor der Besiedlung aufsuchten, einzelne<br />

markante Punkte mit kennzeichnenden Namen versehen<br />

haben. Sicher sind aber auch im Laufe der Zeit<br />

schon gebräuchliche Namen verschwunden und neue aufgebracht<br />

worden.<br />

Flurnamen sind also ] igennamen von örtlichkeiten außerhalb<br />

der Siedlungen, also von Äckern, Wiesen, Wäldern,<br />

Wegen, Brunnen, Gewässern, Kreuzen, Erhebungen und<br />

Tälern.<br />

Die Burladinger Flurnamen - Versuch einer Einteilung<br />

nach verschiedenen Gesichtspunkten.<br />

Die einzelnen Gruppen erheben keinen Anspruch auf<br />

Vollständigkeit. Als Unterstützung für schwach vertretene<br />

Gruppen werden einige Beispiele aus der näheren<br />

und we'.eren Heimat angeführt.<br />

Zunächst lassen sich die Flurnamer n zwe Hauptgruppen<br />

einteilen, in die sogenannten Naturnamen und Kulturnamen.<br />

Zunächst die Naturnamen unter den Burladinger Flurnamen.<br />

Mit den Naturnamen meint man die Gruppe von<br />

Flurnamen, d^ eine Kennzeichnung der natürlichen Landschaft<br />

in ihren mannigfaltigen Formen und Gliederungen<br />

darstellen. Eine besondere Eigenschaft der bezeichneten<br />

Flur wurde im Namen herausgestellt und als „Eigenname"<br />

des jeweiligen Stückes verfestigt. Als Eigenname überdauerte<br />

ein solcher Name oft die Wechsel und Veränderungen<br />

der betreffenden Flur.<br />

Auf Burladinger Gemarkung gibt es Täler, wenn auch<br />

manchmal nicht im strengen Sinne. So gibt es auf der<br />

Hohe über dem Fehlatal eine Flur, uie schlechthin „Im<br />

Tal" he'ßt und nur eine kleine Mulde ist. Namen wie<br />

Langtal, Wiesental, Tiefental, weisen ebenfalls auf ihre<br />

Beschaffenheit hin, während die Fluren Vogeltäle, Hamestal,<br />

Eioental, Guldental, Annental, Pflaumental, Horntal<br />

nach einem anderen unterscheidenden Merkmal benannt<br />

sind.<br />

63


Kleinere Vertiefungen sind c e Dellen (Döllen), der Teich<br />

(Im Teich, Kurbatlesteich, Simons Teich, Gab: den Teich,<br />

Thomeles Teich, Schleicherstelch), die Grube (Lauengrub,<br />

Lausgrub, Steingrub, Judengrub) und das Loch (Brisenloch,<br />

Bettelmannsloch). Enge der Täler wird durch Enge<br />

(An der Engen, Engenstein) hervorgehoben.<br />

Massivere Bergbildungen auf Burladinger Gemarkung<br />

sind der Mettenberg und der Weitenberg. Die Namen der<br />

anderen Erhebungen sind: Benesberg, l.. Disberg, Delisberg,<br />

Edelberg, Enzenberg, Füllesberg, Hasenbergle, Gogenberg,<br />

Herrenbergle, Wolfsberg, Riedersberg.<br />

Zur näheren Bezeichnung der Bergformen -w d vielfach<br />

der Vergleich mit dem menschlichen Kopf gewählt. Hierher<br />

gehören der Hohe Kopf, der Kohlkopf, das Pfarrs<br />

köpfle, das Urschwangerköpfle. Eine andere Bezeichnung<br />

für Berg ist Bühl. In den Fluren Scheibenbühl und Steinebühl<br />

haben wir dafür zwei Beispiele. Rain, Buckel, Wang<br />

sind Namen für weniger umfassende Geländeformationen.<br />

So finden wir auf Burladiriger Gemarkung den Wagrain,<br />

Schönen Rain, Hohen Rain, Katzwang, Wengen Stettener<br />

Wengen.<br />

Einem anatomischen Vergleich verdanken wohl der Hunsrücken<br />

und der Saurücken den Namen.<br />

Für den Geländeabfall bzw. Anstieg ist die häufigste Bezeichnung<br />

Halde. Bei einem ausgesprochenen Ost-West-<br />

Tal wie dem Fehlatal sind die Bezeichnungen Sommerhalde<br />

und Winterhalde naheliegend. Nach dem Baumbestand<br />

unterscheiden sich die Buchhalde, Eichhalde, das<br />

Lindenhäldele, die Eichlandhalde; nach einem Bezugspunkt<br />

die Mühlhalde, Ringinger Halde, Steighalde und<br />

Triebhalde.<br />

Stellen, wo das Wasser aus dem Boden i !el?t, heißen im<br />

allgemeinen Brunnen. Das hinfließende Wasser heißt meist<br />

Bach oder Ach. Für stehende Gewässer finden sich Weiher,<br />

Wag, Hülbe, Gumpen. Zu dieser Gruppe gehören: Azelbrunnen,<br />

Kreuzenbrunnen, Eibentalbrunnen, Gassenbrunnen,<br />

Roßbrunnen, Heiiergumpen, Bei der Hilb, Rauns,<br />

Kapellesbrunnen, Lindenbrunnen, Meßnerbrunnen, Bei<br />

der Brunnenstub, Weillerbrunnen, Wiesenbrunnen.<br />

Baumarten, Sträucher und Hecken gaben oft ihren Standorten<br />

aie Namen. Holz bezeichnet meistens einen kleinen<br />

Nutzwald. Hart ist der große Wald, der früher dem<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />

herausgegeDen vom Hohenzollerisdien <strong>Geschichtsverein</strong><br />

in Verbindung mit den Staatlichen<br />

Schulämtern Hechingen und Sigmaringen.<br />

Verlag: <strong>Hohenzollerischer</strong> Geschiditsverein<br />

748 Sigmaringen, Karlstraße 3. Druck: M. Liehners<br />

Hofbuchdruckerei KG, 748 Sigmaringen,<br />

Karlstraße 10.<br />

Die Zc' jsch__ft „Hohenzollerische Heimat a ist<br />

eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will besonders<br />

die Bevölkerung in Hohenzollern mit<br />

der Geschichte ihrer Heimat vertraut machen.<br />

Sie bringt neben fachhistorischen auch populär<br />

gehaltene Beiträge aus der Geschichte unseres<br />

Landes. Sie veröffentlicht bevorzugt Beitrage,<br />

die im Schulunterricht verwendet werden können.<br />

Bezugspreis: 2,00 DM halbjährlich<br />

Konten der „Hohenzollerisdien Heimat":<br />

802 507 Hohenz. Landesbank aigmaringen<br />

12363 Postscheckamt Stuttgart<br />

64<br />

Die Mitarbeiter dieser Nummer:<br />

Josef Muhlebach, Landesverwaltungsrat a. D.<br />

748 Sigmaringen, Leopoldstraße<br />

Helmut, Haller, Rektor<br />

7455 Jungingen, Sonnenhalde<br />

Johann Adam Kraus,<br />

Pfarrer und Erzb. Archivar i R.<br />

78 Freiburg-Littenweiler, Badstraße 2<br />

Johannes Wannenmacher, Schulrat a. D.<br />

7487 Gammertingen<br />

Dr. Herbert Burkarth, prakt. Arzt<br />

7487 Gammertingen<br />

Hans Grubmiller, Konrektor<br />

7453 Burladingen, Hechinger Straße 46<br />

Schriftleiter:<br />

Dr. med. Herbert Burkarth<br />

7487 Gammertingen, Eichertstraße<br />

Telefon 07574/329<br />

Weidebetrieb diente. Der Schopf ist eine bewaldete Bergkuppe,<br />

Forst meint einen nur dem Landesherrn, der freien<br />

Pirsch unzugänglichen Wald. Bezeichnungen w— Revier,<br />

Schlag, Kultur stammen aus dem Sprachgebrauch der<br />

Forstverwaltung.<br />

Auf der Burladinger Gemarkung finden wir: Im Holz,<br />

Laubholz, Tannenwald, Buchhalde, Eichhalde, Eichland,<br />

Moorholder, Pflaumental, Salenhau, In den Birken, An<br />

der hangenden Birke, Niederhardt, Schopfloch, Langbuch,<br />

Forst, Hölderle, Hoher Baum.<br />

Das bodenverbundene, bäuerliche Volk bezeichnet häufig<br />

Fluren nach den vorkommenden Blumen, Kräutern, Beeren<br />

und Fruchtarten. So findet man an anderen Orten<br />

Veilchenbühl, Bocksbartgraben, Rosengärtle, Gersti cker,<br />

Disteläcker. Unter den Burladinger Flurnamen findet sich<br />

der Name Blumenwiesen.<br />

Zahllos sind die Fluren, die nach T ^ren benannt sind. Auf<br />

Burladinger Gemarkung begegnen uns: Amsisen, Falken,<br />

Füllesberg, Gaiszeil, Hasenbergle, Katzensteigle, Katzwang,<br />

Wolfsberg, Vogeltäle, Gauch.<br />

Jetzt zu den Kulturnamen der Burladinger Flurnamen.<br />

Unter den Kulturnamen versteht man die Gruppe von<br />

Flurnamen, c 1 ' : durch den Menschen und sein Tun entstanden<br />

sind. Eine große Gruppe entspringt wirtschaftlichen<br />

Verhältnissen, der Zurichtung des Bodens und der Art<br />

der Nutzung.<br />

Die Urbarmachung des einst riesigen Waldgebietes geschah<br />

früher durch Abbrennen und wie heute noch durch<br />

Aushauen. Auf das Abbrennen verweisen die Flurnamen<br />

mit Sengen, Sang, Brand; auf die Urbarmachung durch<br />

Aushauen die Wörter Hau, Schlag, Reute. Ahn 1 "-he Bedeutung<br />

haben auch Schwende und Schwand. Bezeichnungen<br />

wie Stock, Storren, Stumpen, Stummel beziehen<br />

sich auf Stöcke und Stumpen, die nach dem Abbrennen<br />

oder Fällen eines Waldes zurückblieben. Das Aufreißen<br />

und Auflockern des Bodens heißt stürzen, schroten und<br />

falgen. Burladinger Flurnamen, die 1 srher gehören, heißen:<br />

Gabelhau, Gassenhäule, Zimmermannshäule, Thomeleshau,<br />

Kirchhau, Kohlhau, Nägeleshau, Salenhau,<br />

Raunshäule, Reute, Schrot, Schwandel, Stockäcker, Stockwiesen,<br />

Im Verbrennten.<br />

Redaktionsausschuß:<br />

(wird fortgesetzt)<br />

Hubert Deck, Konrektor<br />

745 Hechingen, Tübinger Straße 28<br />

Telefon 0/471/2937<br />

Walther Frick, Journalist<br />

748 Sigmaringen, Hohe Tannen<br />

T&efon 07571/8341<br />

D. • irrt Namen versehenen Artikel geben die<br />

persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />

diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge verantwortlich<br />

Mitteilungen der Schriftleitung<br />

sind als solche gekennzeichnet.<br />

Manuskripte und Besprechungsexemplare werden<br />

an die Adresse des Schriftleiters oder Reuaktionsausschusses<br />

erbeten.<br />

Wir bitten unsere Leser, die „Hohenzollerische<br />

Heimat" weiter zu empfehlen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!