Ausgabe 1972 - Hohenzollerischer Geschichtsverein
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RUDOLF SEIGEL<br />
Trochtelfingen zwischen Neckarraum und oberer Donau,<br />
zwischen Reutlingen und Sigmaringen<br />
Ein geschichtlicher Rückblick<br />
HÖH ENZOLLERISCHE W 3828 F<br />
HEIMAT<br />
Herausgegeben oom<br />
Hohenzollerilchen Gefchichtooerein<br />
in Verbindung mit öen<br />
Staatlichen Schuiämtern Hechingen<br />
21. Jahrgang 1971 Nr. 5 unö Sigmaringen<br />
Der mit Beginn d ses Jahres vollzogene Wechsel Trochtelfingens<br />
vom Kreis Sigmaringen zum Kreis Reutlingen<br />
bringt das Städtchen auf der Alb mit seinem Nahbereich<br />
in engere Beziehung zum Neckarraum und zum Albvorland,<br />
nachdem es jahrhundertelang nördlicher Teil von<br />
politischen Gebilden war, deren Zentren an der oberen<br />
Donau lagen. Trochtelfingen hat seine Blickrichtung geändert,<br />
sich von seinem alten Zentrum Sigmaringen gelöst<br />
und sich dem funktionsstärkeren Reutlinger Zentrum zugewandt<br />
in der Erwartung, von hier aus im Ausbau seiner<br />
eigenen Funktionen stärker gefördert zu werden. Die<br />
Grenze zwischen den Kreisen Reutlingen und Sigmaringen<br />
hat sich so nach Süden verschoben. Doch gerade am Bei-<br />
TROCHTELFINGEN: Gouachc-Malcrci 1823<br />
Mit frcundlichcr Genehmigung des Thorbcckc-Verlags<br />
spiel Trochtelfingens zeigt sich die Problematik so mancher<br />
Grenzziehung. Denn die Orte der Mittleren und Südwestalb,<br />
die eine Paßfunktion besitzen (wie Ebingen, Burladingen,<br />
Gammertingen, Münsingen) sind janusköpfig: sie<br />
haben auf Grund ihrer Lage Beziehungen nach beiden<br />
R chtungen, nach dem Nordwesten und nach dem Südosten,<br />
zum Neckarraum und zur oberen Donau. Die<br />
immer stärker werdende Orientierung dieser Alborte zum<br />
Neckarraum hin ist - wie es uns heute scheint - allein der<br />
Überlegenheit der industriellen Zentren Reutlingen-Metzingen-Urach<br />
und Balingen-Ebingen gegenüber den industriell<br />
schwächeren Räumen südlich der Alb zuzuschreiben
Doch l Wirklichkeit sind cuese Begehungen viel älter:<br />
Wenn wir die Geschichte der politischen Raumerfassung<br />
der Mittleren Alb betrachten, zeigt sicn nämlich schon von<br />
Anfang an die Doppelgesichtigkeit der Orte, die auf den<br />
Albübergängen liegen. Sie sind nicht die Endpunkte eines<br />
vom Neckarraum auf die Albhochfläche reichenden Einflusses,<br />
sondern wichtige Mittelpunkte einer Raumerfassung,<br />
die über die Alb hinübePfeicht bis an die obere<br />
Donau, sonut Bestandteile einer Raumpont , die es sich<br />
zur Aufgabe macht, die Alt in ihrer Breite zu erfassen.<br />
Das ist aber nur möglich, wenn der Übergang und die<br />
Zugänge auf beiden Seiten in einer Hand sind.<br />
Unter diesem Thema soll der folgende Überblick stehen,<br />
der nicht beabsichtigt, möglichst viele gescr-itliche Deta^s<br />
vorzulegen, es soll vielmehr den Grundzügen der<br />
politischen Raumerfassung auf der Mittleren Alb nachgegangen<br />
werden. Der Leser, der sich für weitere Einzelheiten<br />
und Zusammenhänge interessiert, sei auf die unten<br />
angegebene Literatur verwiesen.<br />
Am frühsten zeigt sich nun diese die Alb überspannende<br />
Herrschaftsbildung im 11. Jahrhundert bei den Grafen<br />
von Achalm, deren Besitz und Rechte vom Albvorland<br />
zwischen Tübingen und Urach über die Alb bis zur Donau<br />
reichen. Die Achalm am Nord- und das Hauskloster Zwiefalten<br />
am Südausgang der Alb markieren diesen die Alb<br />
überspannenden Herrschaftsbereich, der den Grafen neben<br />
der Konirolle dieses Albübergangs wohl audi den Zugang<br />
zu ihren Besitzungen „n Thurgau sichern sollte 2 . Den<br />
Achalmern folgen an der Wende zum 12. Jahrhundert die<br />
Grafen von Gammertingen, d e ebenfalls ÜDer Besitzungen<br />
in der heutigen Schweiz (Churrätien) verfügen und die<br />
rr ^ der Achalm una ihrem Stamn.oitz D ;i Gammer igen<br />
den Raum Gammertingen-Trochtelfingen noch stärker beherrschen<br />
3 . Als um 1170/82 diese zweite Familie, d.e sich<br />
nach der Achalm nannte, ausstarb, folgen ihr als Haupterben<br />
die hochadeligen Heiren von Neuffen. Ebenso wie<br />
Iire Besitzvorgänger beherrschen Sre dl,:sen Albübergang,<br />
der gesichert ist durch eine Kette von Burgen, die vom<br />
Neuffen und der Achalm über die Burgen Gammertingen<br />
und Hetlingen bis zu ihrem d itten Besitzzentrum um<br />
Weißenhorn südwestlich von Ulm reichte 4 .<br />
liier scheint jedoch zunächst der Besitz um dii Burg Weißenhorn<br />
den Schwerpunkt gebildet zu haben, also die<br />
Anlehnung an den weifischen Machtbereich (auch die Burg<br />
Achalm war Lehen von den Weifen). Berthold von Neuffen,<br />
der seine Familie zu einer Machtstellung in Schwaben<br />
geführt hat, die ihn und sein Haus den führenden schwäbischen<br />
Grafengeschlechtern gleichstellte, gehört seit 1185<br />
zur unmittelbaren Umgebung der staufischen Herzöge und<br />
seit 1198 der staufischen Könige. Damals wird dann der<br />
Neuffen Schwerpunkt der Gesamtbes ;zungen, "ie Achalm<br />
war staufisches Lehen geworden, nachdem schon seit 1179<br />
und endgültig seit 1191 die schwäbischen Besitzungen der<br />
Weifen an Kaiser Fiied'.ch II. gekommen waren. Bertholds<br />
von Neuffen Sohn, Heinrich, spielt ebenfalls als<br />
Berater und Vertrauter am königlichen Hof eine führende<br />
Rolle, die 1235 infolge der Auseinandersetzungen zwischen<br />
Kaiser Friedrich II. und nem Sohn Heiniich (VII.)<br />
schlagartig beendet ist; damals wird den Herren von<br />
Neuffen durch den Kaiser die Achalm enteignet und ans<br />
Reich gezogen. Der Besitz der Neuftener zerfällt zu Beginn<br />
des 13. Jahrhunderts durch Erbteilungen in einen<br />
westlichen (Achalm-Neuffen) und in einen östlichen Teil<br />
(Weißenhorn;, der Mittelteil auf der Alb um Gammer-<br />
* Ingen und Hett ngen ist dann in der zweiten Hälfte des<br />
13. Jahrhunderts in Händen der Grafen von Veringen 5 .<br />
130<br />
In diesen Mittelteil waren neben den Herren von Neuffen<br />
als 'I lerben der Grafen von Achalm-Gammertingen<br />
schon im 12. Jahrhundert die Markgrafen von Ronsberg<br />
gelangt, eine Familie, die als weifische Lehengrafen in<br />
Ostschwaben aufgesctgen war 6 . Als deren Besitznachfoiger<br />
um Trochtelfingen erscheinen dann die Pfalzgrafen<br />
von Tübingen, die seit der Mitte des 12. Jahrhunderts als<br />
Erben der Grafen von Bregenz über Besitzungen nördlich<br />
des Bodensees bis zur Donau verfügten. Die Mittlere Alb<br />
steht seit der Mitte des 12. Jahrhunderts, seit dem Anfall<br />
des Bregenzer Erbes an die Tübinger Pfalzgrafen, im<br />
Spannungsfeld zwischen Weifen und Pfalzgrafen. Der<br />
weifische Besitz in Innerschwaben, der aus dem Erbe der<br />
Gemahlin Welfs VI. (Uta von Calw) stammt, ist für die<br />
Tut iger eine Bedrohung; ebenso besteht eine Spannung<br />
in Oberschwaben, weil auch die Weifen Teile des Bregenzer<br />
Erbes beanspruchen. Erst d : e Niederlage des Pfalzgrafen<br />
in der „Tübinger Fehde" (1164/b6) und der Über •<br />
gang der schwäbischen Bt Atzungen der Weifen an die<br />
Staufer haben diese Rivalität, in die fast alle schwäbischen<br />
Hochadelsfami' :n verwickelt waren, beendet 1 .<br />
Wann und wie die Pfalzgrafen von Tübingen in den Besitz<br />
T roch teil mgens gekommen sind, konnte bisher nicht<br />
ermittelt werden 8 . Trochtelfingen ist h .r wieder der<br />
Stützpunkt auf der Alb, der den Übergang sichert und an<br />
dessen Zugängen Tübingen und das von den Pfalzgrafen<br />
1171 wiedergestiftete Kloster Marchtal liegen. In diese<br />
Konzeption gehören aber auch Reutli. igen und das Echaztal,<br />
wo wichtige pfalzgräfnche Besitzungen lagenDamals,<br />
gegen das Ende des 13. Jahrhunderts, ist im Anschluß<br />
an die Burg und das Dorf Trochtelfingen eine<br />
Markt- und Stadtanlage entstanden, deren Gründer vielleicht<br />
schon die Pfalzgrafen von TüuJigen sind, oder erst<br />
ihre Besitznachfolger, die Gafen von Hohenberg 10 .<br />
Diese Markt- und Stadtgründung hat die zentralen Funktionen<br />
des Trochtelfinger Raums wesentlich verstärkt. Die<br />
Tatsache, daß noch nach Jahrhunderten, bis in das frühe<br />
19, Jahrhundert hinein, neben den eigenen Trochtelfinger<br />
Getreide- und Flüssigkeitsmaßen auch die Tübinger und<br />
Reutiinger Maße galten, zeigt den starken Einfluß der<br />
pfalzgräflich-tübingischen Herrschaft, zugleich aber auch<br />
die Orientierung dieses Raumes nach dem Neckarge et<br />
Schon im 13. Jahrhundert, durch den Erwerb der Grafschaft<br />
Urach mit Münsingen, aber erst recht nach dem<br />
Niedergang der Pfalzgrafen von Tübingen, gr.-ift nun das<br />
Haus Württemberg vom Neckarraum her über die Alt.<br />
Im 14. Jahrhundert erwirbt Württemberg die Grafschaften<br />
Sigmaringen (vor 1325) und Ver.ngen (1344/1359),<br />
faßt (zunächst nur zeitweilig 1367, 1387, endgültig 1469)<br />
in Ebingen Fuß; am Beginn des 15. Jahrhunderts (1403)<br />
folgt der bis dahin zollerischr: Raum Bi ngen. 1429, mit<br />
der Eroberung und Zerstörung der Burg Hohenzollern,<br />
war auch du zollen,sehe Stammgrafschaft nahe daran der<br />
württembergischen Expansion zu erliegen. Württemberg<br />
hätte damit durch das zoller : sche K: 'ertal einen weiteren<br />
Zugang zur Alb erreicht; Sigma-mgen und Veringen waren<br />
damals noch württembergisches Pfand und gingen erst<br />
1459 ganz an Werdenberg über Die Gefahr, von Württemberg<br />
geschluckt zu werden, haben die Zollern abgewendet,<br />
doch mit starken Einbußen: Mössingen, Belsen<br />
und Üschingen werden endgültig württembergisch.<br />
Auch Trochtelfingen gehört in die erste Phase der württembergischen<br />
Erwerbspoiitik auf der Alb. Nachdem der<br />
Ort von den Pfalzgrafen von Tubingen am Ende des 13.<br />
Jahrhunderts für kurze Zeit an die Grafen von Hohenberg<br />
übergegangen war, erhalten ihn 1310 die Grafen von
Württemberg. Bei dieser Gelegenheit wird Trochtelfingen<br />
erstmals ausdrücklich als Stadt bezeichnet.<br />
Doch wenig später geht die Stadt als Heiratsgut tiner<br />
Württembergerin an eine Linie der Grafen von Werdenberg<br />
über, die sich seit 1316 nach Trochtelfingen nennt.<br />
E Ausbildung der Herrschaft Trochtelfingen durch das<br />
Haus Werdenberg vollzieht sich in einem längeren Prozeß:<br />
Im 14. Jahrhundert bilden zunächst die Orte Trochtelfingen,<br />
Steinh "oen, Mägenvingen und Erpfingen die<br />
Herrschaft Trochtelfingen (die Orte, n denen werdenbergische<br />
Besitzanteile Destanden, seien hier unerwähnt).<br />
Im 15. Jahrhundert scheiden Erpfingen und Mägerkingen<br />
wieder aus, hinzukommer: Salmendingen (1401), Meldungen<br />
(1439 bis 1451) und Ringingen (3 Viertel: 1490,<br />
das Restviertel: 1584). M dem Erwerb Trochtelfingens<br />
1310 durch die Grafen von Werdenberg wurde hier also<br />
eine territoriale Entwicklung e lgalaitet, die fast zweihundert<br />
Jahre lang, bis zum Ende des Mittelalters,<br />
dauerte, an deren Ende der große, vom Bodensee bis an<br />
den Albtrauf reichende Besitzkomplex der Grafen von<br />
Werdenberg steht; er r .chte von der Landgrafschaft Heiligenberg<br />
im Linzgau über die Grafschaften S gmaringen<br />
und Vei:ngen und über die Herrschaft Jungnau (1408-<br />
1421 erworben) bis TrochteJ+ingen, das bis zum Aussterben<br />
der Werdenberger (1534) Res ienz einer werdenbergischen<br />
Linie war. Den Residenzcharakter Trochtelfingens<br />
betonten das späcmittelalterL ~he Schloß und Jle Grablege<br />
der Werdenberger in der Stadtki/che. die 1501 Chorherren:<br />
;ft wird. Aus dieser Ze,': haben sich spätmittelalterliche<br />
Kunstwerke von hohem Rang erhalten (herrschaftliche<br />
Gebäude, Kapellen und vor allem die Pfarrkirche<br />
mit hervorragenden Werken der Malerei und Plastik I2 .<br />
Wenn auch am Nordrand des werdenbergischen Besitzkomplexes<br />
gelegen und vom Neckarraum abgeschnitten,<br />
hatte die Stadt Trochtelfingen als Residenz einer werdenbergischen<br />
Linie zentrale Funk ionen, die die Stadt lebensfähig<br />
hielten, denn innerhalb der werdenbergischen<br />
Gesamtfamilie war mit Trochtelfingen immer auch aii<br />
Herrschaft Jungnau verbunden.<br />
Das werdenbergische Erbe breb aber nach dem Aussterben<br />
des Geschlechts (1534) i ; cht beisammen, es wird gete.<br />
t zwischen den Häusern Hohenzollern und Fürstenberg.<br />
Die schwabischen Hohenzollern schufen so im<br />
16. Jahrhundert mit I iren neuen Grafschaften Sigmaringen<br />
und Veringen vom Neckar über die Alb zur Donau<br />
eine Verbindung, die jedoch in ihrer politischen Gewichtigkeit<br />
durch die zollerisie Teilung von 1576 an Wert<br />
verlor.<br />
Die Herrschaft Trochtelfingen mit den Dörfern Steinhilben,<br />
Saimend'igen, Meldungen und Ringingen - nun bis<br />
1806 fürstenbergisch - war in der Zeit der Verfestigung<br />
der Territo r 'en eine isolierte Herrschaft auf der Alb geworden,<br />
von Württemberg, Hohenzollern, der Ritterherrschaft<br />
Gammertingen und dem Gebi, t der Reichsabtu<br />
Zwiefalten umschlossen, regiert von we- entfernt i. der<br />
Baar residierenden Landesherrn. M: dem Anfall an das<br />
Haus Fürstenberg hatte >esc schwer zugängliche fürstenbergische<br />
Besitzinsel Trochtelfingen ihre alten Funktionen<br />
als natür'icher Mittf ipunkt >-iner die Alb überspannenden<br />
Raumbeheirschung endgültig verloren.<br />
Als mit dem Ende des Alten Reiches 1806 die Herrschaft<br />
Trochtelfingen unter die Souveränität des Hauses Hohen-<br />
Zollern-Sigmarir.gen kam, rückt Trochtelfingen dem Landesmittelpunkt<br />
näher; der Bau der Lauchertlalstraße<br />
(1810) soll die Integration der neuen Landesteile fördern,<br />
dennoch bleibt Trochtelfingen auch im 1850 preußisch gewordenen<br />
Hohenzollern nördlicher Grenzort. Bald darauf<br />
verirrt es seine jahrhundertealte Stellung als ße i rksmittelpunkt:<br />
das Oberamt Trochtelfingen wird I8b2 zum<br />
Oberamt Gammertingen geschlagen und nach dessen Auflösung<br />
1925 zum Kreis Sigmaringen. Erst der Bau der Hohenzollerischen<br />
Landesbahn 1901 und ihr Anschluß an die<br />
seit 1892 bestehende Echaztalbahn schuf eine neue Beziehung<br />
zum Albvorland und zum Reutlinger Raum I3 .<br />
Doch inzwischen gehören die Kleinbahnen auf der Alb<br />
auch schon der Geschichte an. Der Verkehr ist wieder ganz<br />
auf die Straßen übergegangen, und damit geriet Trochtelfingen<br />
wieder ins F titertreffen: Die Erschließung für den<br />
Straßenverkehr ist erschwert durch die von drei Landkreisen<br />
(Münsingen, Hechingen, Reutlingen) umschlossene<br />
Stadt 14<br />
Der Gang durch die Geschichte des Trochtelfinger Raums<br />
hat gezeigt, daß c' ;se Stadt von ihrer natürlichen Lage her<br />
als zentraler Ort entstanden ist und daß ihre ursprünglichen<br />
Funktionen in der Beziehung nach zwei Hauptpditungen,<br />
zum Neckarraum und zur oberen Donau, begründet<br />
s : * d. Der dynastischen Territorialpolitik des Spätmittelalters<br />
und der frühen Neuzeit waren infolge der<br />
Kleinräumigkeit der zerspli :erten Herrschaftsverhältnisse<br />
so enge Grenzen gesetzt, daß sie die ursprünglichen Funktionen<br />
nicht mehr konsequent genug verfolgen und erhalten<br />
konnte. Die von den Regierungen im 19. und 20.<br />
Jahrhundert geschaffenen Oberamts- und Kreisgrenzen<br />
haben daran nicht allzu viel geändert. Jetzt haben die betroffenen<br />
Gemeinden mitentschieden, sie haben aber auch<br />
diese Entscheidung mit zu verantworten. Auch im Kreis<br />
Reutlingen wird I rochteitingen am Rand des Kreisgebiets<br />
liegen. Die Weiterentwicklung der Stadt und ihres Nahbereichs<br />
wird im neuen Kreis nur dann gelingen, wenn die<br />
in der natürlichen Lage begründeten und dieser Stadt einst<br />
in die Wiege gelegten zentralen und überörtlichen Funktionen,<br />
die sie im Lauf ihrer Geschichte verloren hat, neu<br />
erschlossen, gefördert und ausgebaut werden.<br />
Literatur zur Geschichte von Stadt und<br />
Herrschaft Trochtelfingen<br />
Willy Baur, Trochtelfingen, in. Württembergisches StädcAuch, hrsg.<br />
v Erich Keyser (Deutsches Städtebuch Bd. IV. Südwestdejtschland,<br />
2. Land Baden-Württemberg, Teilband Württemberg) Stuttgart<br />
1962, S. 458 f.<br />
Friedrich Eisele, Zur Geschichte Truchtelfingens, Mitteilungen des Vereins<br />
für Geschichte und Altertumskunde in Hohenzollern 37<br />
(1903/04)-47/49 (1913/16).<br />
Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, 6 Bd. Baden-Württemberg,<br />
hrsg. v. Max Miller, Stuttgart 1965 (Kröners Taschenausgabe<br />
276), S. 676 f. (Verfasser: Eugen Stemmler).<br />
Theo Hornberger, Die hohenzollerischen Städte, Eine stadttopographische<br />
Untersuchung, Hohenzollerische Jahreshefte 3 (1936)—4<br />
(1937).<br />
Rudolf Seigel, Aus der Geschichte des Kreisgebietes, in: Der Kreis<br />
Sigmaringen (Heimat und Arbeit) Aalen, Stuttgart 1963, S. 57—114.<br />
Georg lumbült, Das Fürstentum Fürstenberg von seinen Anfängen bis<br />
zur Mediatisierung im Jahre 1806, freiburg 1908.<br />
/. N. v, Vanotti, Geschichte der Grafen von Montfort und von Werdenberg,<br />
Konstanz 1845.<br />
Julius Wais, Albführer, neubearb. v. Ruth Wais, Bd. 2, 13. Aufl.<br />
Stuttgart 1971, S. 791-80?<br />
131
Anmerkungen<br />
1 Vergl. ;i Hermann Grees, Der Reutlinger Raum, in; Reutlingen und<br />
die Reutlinger Alb (Veröffentlichungen des Alemannischen Instituts<br />
Freiburg i. Br, und Tübingen 23), S. 9-24.<br />
2 Iians-Marlin Maurer, Die Achalm und der mittelalterliche Bur.genbau,<br />
Reutlinger Geschichtsblättcr 6, 1968, S. 7—24,<br />
3 Johann Adam Kraus, Die Grafen von Gammertingen, Hohçnzolle-<br />
rische Jahreshefte 4, 1937, S, 59-90.<br />
1 Hans-Martin Maurer, Die hochadeligen Hçrren von Neuffen und<br />
Sperberseck, Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 25,<br />
1966, S. 59-130.<br />
6 Über den Übergang der Herrschaft Gammertingen-Hettingen an die<br />
Grafen von Veringen vergl.: /. A. Kraus, Die Grafen von Gammertingen,<br />
S. 81—85; H.-M. Maurer, Die hochadeligen Herren von<br />
Neuffen, S. 107-110! Joseph Kerkhoff, Die Grafen von Altshausen-Veringen,<br />
Die Ausbildung der Familie zum Adelsgeschlecht und<br />
der Aufbau ihrer Herrsdiaft im 11. und 12. Jahrhundert, Hohenzollerische<br />
Jahreshefte 24, 1964, S. 93, Anm. 153.<br />
0 Das Geschlecht erlosch 1212 mit .Markgraf Berthold von Ronsberg.<br />
Ein Teil, ihres weit entfernten Besitzes um Herrénberg, den die<br />
Rons'berger. von den Grafen von. Achalm-Gammertingen geerbt<br />
hatten, ließen sie dem Kloster Ottobeuren zukommen. Vergl.:<br />
Hansmartin Schwarzmaier, Königtum, Adel und Klöster im Gebiet<br />
zwischen oberer Iiier und Lech (Veröffentlichungen der schwäbischen<br />
Forschungsgemeinschaft bei der Kommission fiir bayerische<br />
Landesgeschichte Reihe . 1, Bd. 7), Augsburg 1961, S. 103-117,<br />
171-179.<br />
7 Karin Feldmann, Herzog Weif IV. und sein Sohn, Das Ende des<br />
süddeutschen Weifenhauses (mit Regesten), phil. T)iss. Tübingen<br />
1971 (Fotodruck Präzis Tübingen), S. 64—68, 86-90. > •<br />
s J. A, Kraus (Die Grafen von Gammertingen, S. 78 f.) nennt die<br />
bisher dazu angestellten Vermutungen.<br />
9 Hans Jänichen, Beiträge zur Geschichte von Reutlingen im 12. Jahrhundert,<br />
Reutlinger Gesdiichtsblätter 5, 1967, S, 76-85.<br />
Der Hofrat und sein Runder Turm<br />
Im Januar starb in seiner Heimatstadt Sigmaringen im<br />
Alter von fast 81 Jahren Joseph Georg Zimmerer, Goldschmied<br />
und Juwelier, fürstlich hohenzollernscher Hofrat,<br />
großer Gönner seiner Vaterstadt. Sein Großvater war als<br />
erster Goldschmied des Namens Zimmerer — er nannte<br />
sich allerdings damaliger Gepflogenheit nach „Goldarbeiter"<br />
- nach 1870. in Sigmaringen ansässig geworden. Sein<br />
Sohn Gustav folgte ihm in Handwerk und Geschäft nach,<br />
er war einer der Gründer des Sigmaringer „Vetter Guser"<br />
vor dem ersten Weltkrieg. Die glanzvolle Entfaltung des<br />
Hoflebens brachte die Zimmerer zu Ansehen und Reichtum;<br />
sie stellten Orden, Spangen, sogar silberne Schuhschnallen<br />
und dergleichen Livree-Zusätze her. Der jetzt<br />
verstorbene Georg Zimmerer gab die väterlichen Geschäfte<br />
auf und wurde in der Schweiz ansässig. Erst in den 60er<br />
Jahren kehrte er nach Sigmaringen zurück und baute sich<br />
im Hanfertal ein Haus.<br />
Zimmerer hat in seinen letzten Jahren große Stiftungen<br />
gemacht, darunter auch den runden Turm, den Festungsturm<br />
an der Antonstraße, der einst die Südwestecke Sigmaringens<br />
bedeutete. Irgendwo steht zu lesen, daß noch<br />
im 16. Jahrhundert in strengen Wintern die freilebenden<br />
Hirsche bis an diesen Turm gekommen seien, um gefüttert<br />
zu werden. Das gegenüberstehende Haus der Glaser Her-<br />
132<br />
10 Yctgl,-. Walter Stettner, Pfarrei und mittelalterliche Stadt zwischen<br />
oberem Neckar und Donau, Zeitschrift für wiirttembcrgische Lan-<<br />
desgesdiiehte 25, 1966, S. 137.<br />
11 Johann Adam- Kraus, Ehemalige Maße und Gewichte im heutigen<br />
Hohenzollern und seiner Umgebung,. Hohenzollerische Jahreshefte<br />
3, 1936, S. 165-168. Vergl. dazu; Karl-Friedrich Eisele, Studien zur<br />
Geschichte der Grafen von Zollern .und ihrer Nachbarn, Stuttgart<br />
1965 (Arbeiten zum historisdien Atlas von Südwestdeutschland 2<br />
= Arbeiten zur Landeskunde Hohenzolferns 3), S. 47 f., 77. — Die<br />
Pfalzgrafen von Tübingen erscheinen .zwar erst 1256 als Besitzer<br />
von Trochtelfingen, und schon am Ende des 13, Jahrhunderts sind<br />
die, Grafen von Hohenberg hier ihre Besitznachfolger (vgl.<br />
/. A. Kraus, Die Grafen von Gammertingen, 'S.. 78 f.). Man wird<br />
aus den oben genannten Tatsachen (Tübinger Maß) vielleicht doch<br />
den Schluß ziehen dürfen, daß die Pfalzgrafen schon früher hier<br />
Fuß gefaßt haben, sonst hätte wohl .diese Verfestigung der Maßverhältnisse,<br />
nicht eintreten können. Außerdem könnte dies darauf<br />
hinweisen, daß die Pfalzgrafen, wenn nicht als Stadtgründer, so<br />
doch zumindest als die Marktgründer von Trochtelfingen angesehen<br />
werden dürften. Auch für die Orte Salmendingen, Meldungen, Ringingen<br />
setzt Kraus (a. a. O. S. 78) mit derselben Begründung (Tübinger<br />
Maß für den Vogthaber) den Besitz der Pfalzgrafen schon<br />
vor 1256 an.<br />
12 Vergl.: Die Kunstdenkmäler Hohenzollerns, hrsg. v. Walther<br />
Genzmer, 2. Bd. Kreis Sigmaringen, Stuttgart 1948, S. 358-379.<br />
Walther Genzmer, Denkmalpflege in Hohenzollern von 1959 bis<br />
1965, Zeitschrift für hohenzollerische Geschichte 1, 1965, S. 185<br />
bis 187,212.<br />
13 Beschreibung des Oberamts Reutlingen, Stuttgart 18.93, S. 382 f,<br />
Diese Probleme stellte Bürgermeister Hans Schoser 1963 eindringlich<br />
dar: Hans Schoser, Trochtelfingen: Grenzlage bringt Sorgen,<br />
in: Der Kreis Sigmaringen (Heimat und Arbeit) Aalen, Stuttgart<br />
1963, S. 31 f.<br />
(Erweiterte und mit Literaturhinweisen versehene Fassung eines im<br />
„Reutlinger General-Anzeiger" am 29. 2. <strong>1972</strong> (Nr. 49, S. 8) erschienenen<br />
Beitrags.)<br />
mann-Erben war lange Zeit das einzige Haus außerhalb<br />
der Mauer an dieser Stelle und diente als Forstämt. Den<br />
Turm erwarb Zimmerer aus privater Hand und stellte<br />
nicht nur ihn der Stadt zur Verfügung zum Einrichten<br />
eines Heimatmuseums, sondern auch Mittel bis zu seinem<br />
Tod in Höhe von fast einer halben Million. Der Turm hat<br />
mit dieser Summe eine erhebliche Verwandlung erfahren,jedoch<br />
ist es unverständlich, wohin selbst bei den heutigen<br />
Bäupreisen eine derartige Summe geflossen ist, wenn man<br />
weiß, daß zwar das Dach neu gedeckt und die Fassade<br />
erneuert, im Innern aber bisher lediglich drei Räume neu<br />
gestaltet wurden.<br />
Der Turm hätte im März 1971, als Zimmerer 80 wurde,<br />
fertig sein sollen. Ein Jahr später wird er gerade eingerichtet,<br />
wozu viele Sigmaringer Leihgaben hergegeben<br />
haben, zusätzlich zu dem, was die Herren Karl Fröhlich<br />
und Hermann Frank, beide geborene Sigmaringer, dankenswerter<br />
Weise und uneigennützig für die Stadt an<br />
Schätzen zusammentrugen. - Der Genauigkeit halber muß<br />
angeführt werden, daß die neue äußere Gestalt des Turms<br />
nicht den ungeteilten Beifall der Geschichtsfreunde und<br />
-kundigen findet, Manchen erscheint er zu neu und zu<br />
elegant und daher nicht seiner Erbauungszeit unter den<br />
Werdenbergern um 1450 entsprechend. Frick
WILLY BAUR<br />
Das Grosselfinger Narrengericht<br />
Vorbemerkung: Nachfolgende Arbeit hinkt hinter der diesjährigen Fasnacht her, da die „Hohenzollerische Heimat"<br />
nur vierteljährlich erscheint. Die Darstellung des Narrengerichtes in Grosselfingen dieses Jahr war uns aber wichtig<br />
genug, Willy Baurs gründliche Arbeit nachträglich zu bringen.<br />
Das Grosseifinger Narrengericht. Ein Gemälde des Grosselfinger Malers und Graphikers Franz Flieg, der selbst Mitglied der Narrenbruderschaft<br />
ist.<br />
Nach einer Pause von fünf Jahren wird in diesem Jahr<br />
das Grosselfinger Narrengericht wieder einmal stattfinden.<br />
In seiner Erweiterung durch das Sommervogelspiel<br />
und weiteren Zeremonien und Aufzügen gehört es zu den<br />
eigenartigsten und in der jetzigen Form ältesten, echt<br />
volkstümlichen Fastnachtsveranstaltungen, welche wir<br />
kennen. Uber dieses Narrengericht mit seinen Begleiterscheinungen<br />
sind in den letzten Jahrzehnten zahlreiche<br />
Veröffentlichungen erschienen. J. A. Kraus hat in der Hohenzollerischen<br />
Heimat Jg. 1962, S. 42 und 57, in der von<br />
ihm gewohnten exakten und auf genauer Kenntnis des<br />
Urkundenmaterials gegründeten Form zu ihnen kritische<br />
Stellung genommen und dabei allzu phantastische Deutungen<br />
und historische Konstruktionen wieder auf ein annehmbares<br />
Maß zurückgeführt.<br />
Kraus hat schon darauf hingewiesen, daß es sich hier um<br />
ein Narrenspiel handelt, in welchem in echt närrischer<br />
Weise Sinn zu Unsinn und Unsinn zu Sinn verdreht wird.<br />
Die Doppeldeutigkeit vieler Begriffe, der Widerspruch<br />
zwischen steifer Würde und überlebtem Inhalt und geschwollenen<br />
Redensarten, aus denen sich auch das Gegenteil<br />
ableiten läßt, sind von jeher das fruchtbare Feld echt<br />
volkstümlicher Narretei gewesen. Offenbar hat sich bisher<br />
noch niemand Gedanken darüber gemacht, wie sehr sich<br />
„venezianisch oder venedisch" als Begriff der großen und<br />
reichen Stadtrepublik mit der Bezeichnung „venedische<br />
Leute" für armes, verachtetes Volk dem Wortlaut nach<br />
deckt und wie nahe es für witzige Köpfe liegen muß, daraus<br />
eine närrische Traumwelt für die Fastnacht aufzubauen.<br />
Das liegt jedenfalls für den volkskundlichen Forscher<br />
näher, als nebelhafte Konstruktionen von Beziehungen<br />
des Ortes oder der angeblichen Gründer des Narrengerichtes<br />
zu Venedig. So sind die hochmögenden Herren<br />
von Venedig in Grosselfingen eher ein Produkt bodenständiger<br />
witziger Narren, als irgend ein Import. Ihr<br />
Hofstaat weist die typischen Chargen barocker Hofhaltung<br />
auf und ist im Laufe der Zeit zweifellos erweitert<br />
worden. Volkstümlicher Witz hat aber mit oder zum Teil<br />
auch vor ihnen schon in Anspielung auf die zahlreichen<br />
Gemeindeämter und Ämtlein, die für das 18. Jahrhundert<br />
belegten Figuren der Floh-, Wanzen- und Mauspfleger<br />
und ähnliche geschaffen, die jetzt allerdings nicht mehr im<br />
Spiel auftreten. Geblieben ist noch das Narrenrößle mit<br />
Stallmeister und Fahnenschmied. Es ist nicht einzusehen,<br />
warum es von den Figuren der Rottweiler Fastnacht übernommen<br />
worden sein soll. Solche von ihren Reitern getragenen<br />
Pferdeatrappen lassen sich vielfach als Fastnachtsfiguren<br />
nachweisen, man braucht keine mythologischen<br />
Geheimnisse in der echt närrischen Umkehr von<br />
dem vom Reiter getragenen Rößle zu suchen. Eine große<br />
Rolle spielt der Bäder, der als vollziehendes Organ die<br />
133
große Narrenpritsche führt und den ßad-Verruf; d. h. die<br />
Verfassung des „Venetianischen Reiches" zu verkünden<br />
hat. Man darf bei der Beurteilung dieser Charge nicht von<br />
der heutigen, in vieler Beziehung gemilderten Form des<br />
Spieles ausgehen. Im 18. Jahrhundert war er es, der den<br />
vom Gericht Verurteilten in recht derber Art mit durch<br />
Ruß veredeltem Schmalz, „venedischer" Schönheitssalbe<br />
in Gestalt von Wagenschmiere, venedischem Holzrasiermesser<br />
und Kamm und abschließendem Bad im Brunnentrog<br />
eine kräftige Behandlung angedeihen ließ. In ihm erhielt<br />
die Gestalt des angesehenen mittelalterlichen Badmeisters<br />
der Badstube, wie : : auch Grosselfingen hatte,<br />
einen Nachklang, der jetzt wesentlich verfeinert ist. Geht<br />
man den einzelnen Chargen nach, wird man immer wieder<br />
auf ebensolche ironisch-witzigen Karikaturen stoßen<br />
mit einer gespielten Würde, hinter welcher sich der Schalk<br />
verbirgt.<br />
Ohne große Umstände ist es klar und auch allgemein anerkannt,<br />
daß das mit dem Narrengericht verbundene Sommervogelspiel<br />
ursprünglich zu anderer Zeit abgehalten<br />
worden ist. Man glaubt es ursprünglich als ein Pfingstbrauch<br />
erklären zu dürfen. Viel wahrscheinlicher ist aber,<br />
daß es von dem Sonntag Lätare, dem alten Sommertag<br />
übertragen ist. Der Sommervogel ist der Kuckuck. Das althergebrachte<br />
Grosselfinger „Kukulied" weist ihn auch hier<br />
klar als solchen aus, wenn ihn auch im Spiel aus praktischen<br />
Gründen eine Taube vertreten muß. In seiner Eigenschaft<br />
als Sommervogel trägt der Kuckuck nach altem<br />
Spruch ein weißes „Röcklein". Dieses erkennt man aber<br />
erst mit der Narrenbrille, die nach hitzigem Streitgespräch<br />
vor dem Nest dem Gemeindebürgermeister die Wahrheit<br />
und den Narrenvogt als den Gescheiteren erweist. Volkstümlicher<br />
Brauch vom Sonntag Lätare läßt sich vielfach in<br />
Elementen des jetzigen Fastnachtsbrauches nachweisen.<br />
Übrigens stammen ja auch die fastnachtlichen Bräutigamsbäder<br />
oft nachweisbar aus Aschermittwochsbräuchen.<br />
Träger des Grosselfinger Narrenge, ites ist eine kirchliche<br />
Bruderschaft, nachweisbar seit dem Anfang des 18.<br />
Jahrhunderts. Ob das von Anfang an so war, ist schwer<br />
zu sagen. Narretei und kirchliche Frömmigkeit haben sich<br />
im späten Mittelalter ganz gut verstanden, so unbegreiflich<br />
das für unsere Auffassung erscheint. Von der dunklen<br />
hergebrachten Butzengestalt im Spiel hat man an eine<br />
Herkunft oder Verbindung des Narrengerichtes und seiner<br />
Bruderschaft von einer Pestbruderschaft gescnlossen.<br />
E, is* aber sehr fraglich, ob die Butzen von Haus aus nicht<br />
auch zum Lätarebrauch mit seinem Todaustragen gehören<br />
und erst samt dem Sommervogelspiel mit dem Narrengericht<br />
in Beziehung kamen. Dieses hat ja im Bäder und<br />
den Profossen seine Organe. Die Stiftung des Narrengerichtes<br />
soll nach allgemeiner Auffassung durch die Herren<br />
von Bubenhofen erfolgt sein. Von einer Stiftungsurkunde<br />
soll es früher eine Erneuerung aus dem Jahre 1605 gegeben<br />
haben, die verschwunden ist, deren überlieferter Text<br />
aber unmöglich aus der Zeit der Bubenhofer als Ortsherren<br />
stammen kann. Historisch belegt ist, daß die Herren<br />
134<br />
von Bubenhofen im 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts<br />
durch einen Schloßbau, die Wiedergründung der Pfarrei,<br />
Erlangung eines Marktprivilegs und der hohen Gerichtsbarkeit<br />
dem Ort eine Sonderstellung und wohl auch bei<br />
ihrem sprichwörtlichen Reichtum große wirtschaftliche<br />
Vorteile verschafft haben. Daß die volkstümliche Überlieferung<br />
sie deswegen auch zu den Stiftern des Narrengerichtes<br />
gemacht hat, ist ganz natürlich. Ohne eine Art<br />
Privileg des Ortsherren war dieses Narrengericht in seiner<br />
Verbindung mit der Kirche sowieso schwerlich denkbar.<br />
Die Grosselfinger haben sich im 18. Jahrhundert, als der<br />
Ort längst fürstlich hohenzollerisch war, beim Fürsten um<br />
ein Privileg für das Narrengericht bemüht. Bisher hat sich<br />
aber im fürstlichen Archiv nichts darüber gefunden. Für<br />
die Zeit vor dem 18. Jahrhundert bleibt man also immer<br />
noch auf mehr oder weniger einleuchtende Vermutungen<br />
angewiesen. Vom Jahre 1752 liegt eine ausführliche Beschreibung<br />
des ganzen Spieles samt den jetzt noch verwendeten<br />
Texten von dem „kunstreichen Schreiber des<br />
Narrengerichts Geor^ius Ruoff" vor, der sich dabei auf<br />
ältere Aufschriebe von 1719 und 1740 und die Kopie der<br />
Urkunde von 1605 bezieht. Diese Kopie i;t aber auch verlorengegangen<br />
und gegen den überlieferten Text bestehen,<br />
wie gesagt, wohl begründete Zweifel.<br />
In dem Spiel sind aber so viele Brauchtumselemente enthalten,<br />
die über das Zeitalter der Bubenhofer, also das<br />
15. Jahrhundert zurückgehen, daß man es ruhig zum<br />
ältesten Fastnachtsbrauchtum rechnen kann. Entscheidend<br />
für seine Bewertung und Beurteilung ist aber, daß das<br />
Narrenge, cht in Sc. ler -tzigen Form ein gutes Vierteljahrtausend<br />
mit verhältnismäßig geringen Abweichungen<br />
von Generation zu Generation weitergegeben worden ist.<br />
Im letzten Jahrhundert kam es einmal zu einer längeren<br />
Unterbrechung, bis man sich in den fünfziger Jahren wieder<br />
darauf besonnen hat. Dessen ungeachtet gibt es aber<br />
im ganzen südwestdeutschen Raum keine vergleichbare<br />
Erschi inung, auch das bekannte Stockacher Narrengericht<br />
iäßt sich dam.t nicht vergleichen. Besonders ist anzuerkennen,<br />
daß sich die Grossei inger trotz aller Verlockung<br />
bisher nie bereitgefunden haben, dieses kostbare Erbe irgendwo<br />
auswärts als billiges Schaustück aufzuführen, sondern<br />
es nur im örtlichen Rahmen, wo es von jeher hingehört,<br />
durchführen. Ebenso hält man sich streng an die alte<br />
Regel, daß die Masken und Kostüme nur im Rahmen des<br />
Spiels gezeigt und getragen werden, So nii lmt das Grosselfinger<br />
Narrenge icht heute wie schon st't gut und gern<br />
zweihundert Jahren im Bereich tastnachtuchen Brauches<br />
in Südwestdeutschland einen besonderen Rang ein und erfreut<br />
sich mit Recht weit über den engeren Umkreis hinaus<br />
einer hohen Wertschätzung.<br />
Berichtigung: Der Autor von „immer seltener werden die<br />
Ausdrücke und Wendungen in unserer heimiscncn Mundart"<br />
ist Herr Schulrat i. R. Joh. Wannenmacher, Gammertingen.
J. ADAM KRAUS<br />
Die Herren von Melchingen 1090-1504<br />
Der Melchinger Ortsadel war, aus dem Flügelwappen zu<br />
sch! ißen, eines Stammes mir den benachbarten Herren<br />
von Holnstein ob Stetten an der Laudiert. Letztere kommen<br />
erstmals mit Ad bert von Holinstain um 1090 in der<br />
Zwiefalter Chronik vor. Er war Dienstmann des Grafen<br />
Luithold von Achalm. Seine Eltern Ogger (Odger) und<br />
Guota, die im Alter ins Kloster eintraten, sind ebenfalls<br />
dort genannt. Er schenkte dem Kloster ein Viertel der<br />
Melchinger Kirche samt 2 Huben Feld daselbst Um dieselbe<br />
Zeit schenkte auch der Kleriker Adiloert von Mälchingen,<br />
als erster Vertreter des hiesigen Stammes, ebenfalls<br />
ein Viertel der Meichinger Kirche samt 2 Huben ans<br />
Kloster Zwiefalten- Beide A 'lberte müssen nahe verwandt<br />
gewesen sein. Weitere Nennungen des Melchinger<br />
Adels erfolgten erst ab 1254 bis um 1500. Theodor Schön<br />
hat deren Daten mit viel Fleiß in den „Mitteilungen des<br />
hohenzollerischen GeschichtsVereins" (Jg. 31, 1-15) zusammengestellt.<br />
Das letzte weltliche Glied der Fami> e fi l<br />
Mannesstamm war Wilhelm von Melchingen, den die<br />
„Württember^iscnen Regesten" letztmals 1485 nennen.<br />
Eine ganze Reihe der Melchinger, Frauen und Manner,<br />
sind in den {"»isti-:hen Stand eingetreten. Im Jahre 1438<br />
war Märklin (Marquard) v. M. johani.icerkomtur in Mergentheim.<br />
Gegen Ende des Jahrhunderts sind gleich drei<br />
Angehörige, vermutlich Brüder obigen Wilhelms und<br />
Söhne eines Hans v. M., Mitglieder dieses Johanniterordens.<br />
So war Georg v. M. 1485 Komtur zu Rothenburg<br />
ob der Tauber. Von ihm kennt man, was nicht sehr<br />
häufig ist, auch den Todestag, den 25. März 1493. Sein<br />
Bruder Ludwig war 1474 Komtur zu Sulz im Oberelsaß<br />
und starb dort kurz vor 1485.<br />
Bero (Berthold) von Melch igen erscheint 1483 als Komtur<br />
des Johanniterhauses zu Basel. Man sieht, d'i Herren<br />
sind weit herumgekommen und zu Ehren gelangt. Bero<br />
hat als Letzter des Geschlechts 40 000 Gulden ans Johanni.irhaus<br />
Basel verbaut. Sein verstümmelter Gedenkstein,<br />
sowie die Zeichnung seiner Grabplatte mit Inschrift fand<br />
neuestens unser Landsmann, H. H. Josef Schülzle aus<br />
Burladingen, jetzt Kantonsbibliothekar in Aarau in der<br />
Schweiz. Der verstümmelte Gedenkstein steht heute im<br />
Hof des Basler Museums, einer ehemaligen Kirche. Die<br />
Zeichnung, die um die Jahrhundertwende ein Maler von<br />
der Grabplatte anfertigte, ist im Kunstdenkmälerwerk<br />
Basel abgel det, wo sie Schülzle entdeckte. Die lateinische<br />
Umschrift lautet: „Anno MCCCCCIV (1504) am letzten<br />
Tag des Monats Juni starb der hochw. Herr Ber von<br />
Melchingen, Komtur dieses Hauses, dessen Seele Gott<br />
gnädig sei" (so ins Deutsche übertragen). Schülzle fand<br />
auch bei seinen Forschungen im Basler Urkundenbuch<br />
(Band 8, Nr. 163) eine Urkunde vom 7. bzw. 9. Mai 1494,<br />
worin der genannte Komtur jährliche Zinsen aus dem<br />
väter dien Erbe, -e mit 550 fl ablösbar waren, einer<br />
„Elisabeth zum Rysen, genannt Murerin" als Le:"• geding<br />
vermachte. L'",s geschah weger ihrer vielen ihm und dem<br />
Orden erwiesenen Wohlraten. Am 21. März 1501 verschrieb<br />
er außerdem (ebenda Nr. 165) seinem Ordenshaut 'ährlich<br />
150 fl zu einem jahrtag für sich und seine Vorfahren.<br />
Sein schön erhaltenes Rundsiegel zeigt einen Flügel. Damals<br />
1504 also erklang bei der Beisetzung des letzten<br />
Melchinger Adeligen im Basler Johanniterhaus der Ruf:<br />
„Heute Fam'lie von Melchingen und nimmermehr!". Diese<br />
Basler Zeugnisse über den letzten Sproß der Herren von<br />
Melchingen war bisher be : uns unbekannt gewesen. Der<br />
noch in Württemberg erhaltene Familienname „Melchinger"<br />
dürfte auf unebenbürtige Sprossen der Melchinger<br />
Herren zurückgehen.<br />
Orts- und Sachverzeichnis 1971 Hohenentringen, Schloß S 97<br />
Hohenfels, Schloß S 123<br />
Andachtsbild (Titelbild) S 113 Hochstein, Egid, Bildhauer, Ve ingenstadt S 90<br />
Bettmur, Flurname S 125 Hünaburg bei Weihwang und Glashütte S 74<br />
E singen, B -.inger Herrengeschlecht S 119 Inzigkofen, neue Grabungen S 88<br />
Brauchtum, Winte'üches Brauchtum S 114 Inzigkofen, Römischer Gutshof S 116<br />
Burgstall, Begriff Burgstall S 129 Kayser Hans S 89<br />
Denkmalspflege in Honenzollern S 83 Kornbühl, Titelbild S 81<br />
Eremitenleben S 127 Kornbühl, Name S 81<br />
Ettisweiler S 102 „Leg Trauer an, mein Zollerland", Gedicht S 65<br />
Fecker Konstantin S 128 Müller Maximilian, Bildhauergeselle S 128<br />
Fischweiher, mittelalterliche bei Hettingen S 93 Münzen, hohenz. S 68<br />
Gammertingen, Fotos aus Ah-Gammertingen S 77 Mundart, Ausdrücke und Wendungen S 122<br />
Grangärten, Flurname S 96 Neuneck-Wappen S 100<br />
Haigerloch, Bürger und Adelige S 69 Rangendingen und Bahnbau S 107<br />
Haigerloch, Scharfrichter und Kleemeister S 67 Raus, Flurname S 128<br />
Haigerloch, Handwerksmeister S 111 Sigmaringen, Runder Turm S 74<br />
Hausen a. Andelsbach, Buchbespr. S 72 Steinkohle in unserer Heimat? S 104<br />
Hausen a. Andelsbach, Flurnamen S 73 Stunzach S 101<br />
„Heimat im Dorf" Fortsetzung S 75 Schmeiental, Urgeschichte S 128<br />
Hechingen, Heiligkreuzkapelle S 126 Veringer Gedicht S 124<br />
Hechingen, St. Lützen S 78 Vilsingen, Pfyffers Gütlein S 100<br />
Hechingen, mit Killertal, Merian (Titelbild) S 65 Volkstrachten auf der Alb S 87<br />
Hechinger Bürgersöhne im Kloster Allerheiligen S 125 Wappenbuch der HAG-AG S 125<br />
Hettingen, Tenebrae S 155 Zimmerer und ßruderhaus Bernstein S 126<br />
135
OSCAR HECK<br />
Denkmalpflege in Hohenzollern - Jahresbericht 1971<br />
Was tut eigentlich ein Denkmalpfleger? Was tut, vor<br />
allem, der Denkmalpfleger der Hohenzollerischen Kunstdenkmale?<br />
Diese Frage liegt sehr nahe. Wir wollen daher versuchen,<br />
eine erschöpfende Antwort hierauf zu geben.<br />
Zunächst muß der Konservator sich um die Erhaltung<br />
aller eingetragenen Bau- und Kunstdenkmale kümmern.<br />
Das bedeutet, daß er bei allen Bauvorhaben, die an Baudenkmalen<br />
oder in deren näheren Umgebung, bei allen<br />
städtebaulichen Maßnahmen, bei allen wesentlichen Veränderungen<br />
in einem Altstadtgebiet oder in einem Ortskern<br />
vor Beg' in der Bauarbeiten zu hören ist. Daneben<br />
gibt es zahlreiche Fälle, in denen der Konservator gerufen<br />
wird: besitzt jemand z. B. ein altes Bild oder eine alte<br />
Plastik, an der sichtbare Schäden aufgetreten sind, dann<br />
fragt er - vor Einschaltung eines ortsansässigen Handwerkers!<br />
- den Konservator um Rat. Will er sich von<br />
einer alten Erbschaft trennen: einem 'hm unmodern erscheinenden<br />
Möbelstück, einem Wandbehang, einem Teppich,<br />
einem Spiegel, einer Spindel, einem alten Kreuz,<br />
einer geschnitzten Truhe, nem alten Kupfergerät, einer<br />
Wärmflasche oder einem Kupferkessel - ich erwähne aus<br />
der Vielzahl der Gegenstände hier bewußt nur wenige —<br />
so holt er den Konservator zu Hilfe. Er kommt gern und,<br />
ohne Kosten zu berechnen, gibt er einen ihm möglichen<br />
guten Rat.<br />
Viele Gegenstände, die zum kunstgewerblichen Hausrat<br />
gehören, werden von den Eigentümern oft gar nicht als<br />
irgendwie wertvoll oder aufhebenswert erkannt. In einem<br />
Museum ist ein solches Kunstgut aber u. U. sehr wichtig<br />
und nicht zu entbehren.<br />
Ich hatte im Laufe des Jahres öfters Gelegenheit, die Bestände<br />
der Hohenzollerischen Landessammlung zu besehen.<br />
Es ist bis heute nur grob geordnet und teilweise in<br />
etwas verwahrlostem Zustand. Was einst zur Schau-<br />
Sammlung gehörte, war wohl gepflegt, was aber - aus<br />
verständlichen Gründen - im Depot lag, blieb verstaubt<br />
und muß jetzt gereinigt, gesichtet, katalogisiert, beschrieben<br />
und - vielleicht - neu aufgestellt werden. Das hört<br />
sich leicht an, bringt aber eine Menge von Geschäften mit<br />
sich.<br />
Und was st das Ziel der Arbeit? Eine museal aufgestellte<br />
Sammlung, die als lebendiger Bestand eines Landes oder<br />
einer Stadt wirkt, die gehalten und gepflegt wird, nicht<br />
nur von der Liebe und vom Verständnis aller, denen der<br />
Bes'tz des Kunstgutes mehr bedeutet, als alter Kram und<br />
alter Krusch, die aus dem Beschauen der Stücke immer<br />
wieder Neues lernen und bisher Unerkanntes erkennen.<br />
Die Hohenzollerische Landessammlung ist also noch im<br />
Werden. Sobald sie steht, werden Sie es erfahren. Dann<br />
wird es sich erweisen, v,ie groß das tatsächliche Interesse<br />
an den mühsam zusammengetragenen Kunstwerken ist,<br />
dann wird es sich 2 gen, ob jemand zu den zertragenen<br />
Trachten etwas zu sagen hat und was er zu den aiten Gewichten,<br />
dem hölzernen Fahrrad, den zahlreicnen Ansichten<br />
des Landes Hohenzollern: den Bildnissen und - vor<br />
aliem - den Plastiken meint. Noch sind wir dabei zu überlegen,<br />
die Landessammlung aufgestellt werden soll.<br />
Keine Abteilung ist in ,;ich geschlossen, keine gibt ein abgerundetes<br />
Llld der Kunst in Hohenzollern, viele Werke<br />
136<br />
sind zusammengesucht und als Zufälligkeiten nebeneinander<br />
gestellt, überall ergeben sich beträchtliche Lücken.<br />
Das hat auch seine Vorteile. Als nämlich im Frühjahr 1971<br />
ein kleiner Zeitungskrieg entfacht wurde, waren verschiedene<br />
Stellen im Lande und vor allem in der eigenen Heimat<br />
wachgeworden. Alle kamen, neugierig zu sehen, was<br />
für Werte hier wohl beisammen stünden. Doch wie schnell<br />
versiegte das Interesse, als sie die volle Wahrt] sit sahen:<br />
die Unvollkommenheiten schreckten die Beschauer ab. Da<br />
war kein „Geschäft" zu erkennen. Weder für das Württembergische<br />
Landesmuseum, noch für eine sonstige Stelle<br />
schien sich irgendeine Lockspeise abzuzeichnen.<br />
Es war leicht zu erkennen: man wird dem Hohenzollerischen<br />
Landeskommunalverband zunächst einmal die erforderliche<br />
Zeit lassen müssen, um die Sammlung in einen<br />
Zustand zu versetzen, der sie in ihrer Vielfalt wirklich<br />
zeigt.<br />
Das hoffe ich, wir i in Jahresfrist zu sehen sein. Der Hohenzollerische<br />
Landeskommunalverband wird also kurz<br />
vor seinem Abscheiden Gelegenheit bekommen, den Wert<br />
oder Unwert, die Seltenheit und das Alltägliche voneirander<br />
zu scheiden und zu sagen, was mit der Landessammlung<br />
künftig werden soll. Daß bis dahin nichts aus<br />
der Sammlung abgegeben wird, weder gegen Geld noch<br />
geschenkwei^e. sei am Rande erwähnt.<br />
Nicht minder hat der Denkmalpfleger aber mit den im<br />
Lande verstreuten Bau- und Kunstdenkmalen zu tun. Ob<br />
sie nun zu den kleinen Kapellen gehören oder zu den bedeutenden<br />
Kii chen, ob sie Teil eines großen Schlosses oder<br />
eines Fachwerkgiebeis Snd, ob es die Umwehrung<br />
eines Grundstücks oder die kraftvolle Mauer eines Ki -<br />
chenbezirkes ist - alles ist für den Konservator in gleicher<br />
Weise bedeutsam. In fast jedem Fall steht er zwischen entgegengesetzten<br />
Lagern; dem einen gilt er als ein vertrockneter,<br />
uneinsichtiger Altertümlsr, der nicht den geringsten<br />
Zugang zu unserer Zeit und zu unseren Sorgen hat. Dem<br />
anderen kann er nicht neuzeitlich genug sein, darf mit Abbruchen<br />
nicht zagen, darf Beton und Glas nicht zurückhalten,<br />
karz: er muß in jedem Fall den Mut haben, das<br />
Alte durch Neues, Allerneuestes, zu ersetzen.<br />
Wenn z. B. die Erzabtei Beuron den Denkmalpfleger _m<br />
alten Kreuzgang des Klosters fragt, wie man eine unabwendbare<br />
Restaurierung der farbig gehaltenen Kreuzgangswände<br />
durchführen soll, dann kann er nur antworten,<br />
daß diese Aufgabe wegen ihrer Schwierigkeit an<br />
einem T.. des Raumes erprobt werden müsse. Er wTÜ bei<br />
dieser Probe denjenigen, die den überlangen Raum unter<br />
Ausschaltung der wohldurchdachten Farben hell machen<br />
möchten, mit dem Probeanstrich beweisen, daß eine Farbigk<br />
t trotz aller Bedenken richtiger ist als die Blässe des<br />
nichtfarbigen Raumes.<br />
D.cht bei Beuron steht in Thalheim eine aus dem Jahr<br />
1841-1843 stammende Pfarrkirche, deren Inneres zwar<br />
einheitlich in neugot chen Formen erbaut .st, den heutigen<br />
Bedürfnissen des Gotteshauses jedoch kaum mehr genügt.<br />
Wäre die neugousche Ausstattung des Raumes in irgend<br />
einer Form gut, dann brebe s ; e erhalten. So aber müssen<br />
Überlegungen angestellt werden, wie man den Raum verbessern<br />
kann.
Eindeutiger ist die zweite Aufgabe in Thalkeim zu lösen:<br />
das um 1740 erbaute Pfarrhaus, ein ehem. Jagdschlößchen,<br />
das Fürst Joseph Friedrich errichten eß, kann ohne<br />
Störung zu einem bewohnbaren Haus umgebaut werden.<br />
Es wird also seine städtebauliche Aufgabe beibehalten.<br />
Eine sehr interessante Arbeit steht im Schloß Hohenfels<br />
(Gde. Kalkofen) an: der in dem ehem. Schloß untergebrachte<br />
Zweig der Salemer Schulen beabsichtigt, das sehr<br />
vernachläßigte Äußere der Schloßbauten instand zu setzen.<br />
Die Namen der Baumeister Bagnato, die um die Mitte<br />
des 18. Jahrhunderts an dem Schloß bauten, werden hier<br />
berührt. Die Anlage, die in ihrem Kern jedoch auf das<br />
beginnende 16. Jahrhundert zurückgeht, I rgt eine Reihe<br />
von interessanten Bauten, die — in beglückend schöner<br />
Landschaft auf einem bewaldeten Bergrücken gelegen -<br />
die größte Sorgfalt des Denkmalpflegers erfordern.<br />
Die Instandsetzungsarbeiten am ehem. mittelalterlichen<br />
Stadtturm, dem Rondell in Sigmaringen gehen ihrem Ende<br />
entgegen.<br />
An der 1629 erbauten Josefskapelle in Sigmaringen,<br />
einem Achteckbau mit freskengeschmückter Kuppel, fand<br />
eine erste Besprechung über die geplante Instandsetzung<br />
des Bauwerks statt. Wegen der erwarteten Kosten wird<br />
man zunächst nur an die Wiederherstellung des Äußeren<br />
denken können.<br />
Nach Einsturz einer dem 19. Jahrhundert angehörenden<br />
Backsteinmauer am Schloß in Sigmaringen wurde im Burggarten<br />
des Schlosses eine Bereinigung vollzogen.<br />
Auch in der Hedinger Kirche zu Sigmaringen wären vielfache<br />
bauliche Schäden zu beseitigen. Dieses Vorhaben,<br />
das noch keine greifbare Gestalt erfahren hat, muß jedoch<br />
gründlich geplant und untersucht werden.<br />
Vier vorzügliche Steinplastiken, Werke des Haigerlocher<br />
Bildhauers Joh. Georg Weckenmann, sind kürzlich beim<br />
Landhaus in Krauchenwies gesäubert und untersucht worden.<br />
Die ] iguren sind so weitgehend von Rissen und<br />
anderen Schäden beeinträchtigt, daß man nur an eine<br />
völlige Kopie denken kann. Die Finanzierung des Vorhaüens<br />
ist jedoch noch offen.<br />
Der Burghof in Hornstein ist - mit Ausnahme der Kapeile<br />
- nur noch ein romantisch aussehender Ruinenhof.<br />
Er verlangt dringend nach einer baulichen Sicherung des<br />
teilweise gefährlich wirkenden Ruinenbestandes. Vor einigen<br />
Jahren wurde die Kapelle bereits weitgehend gesichert.<br />
Jetzt soll zunächst die endgültige Wiederherstellung<br />
des knchLchen Innenraumes in Angriff genommen<br />
werden. Der Name des Stukkateurs J. A. Feuchtmayer,<br />
der mit dem Inneren der Kapelle verknüpft ist, soll<br />
Ansporn zu den weiteren Arbeiten geber. Die Wiederherstellung<br />
der ruinösen Bauwerke rings um die Kapelle<br />
wird indessen hohe Mittel beanspruchen.<br />
Mit großer Freude wurde die jetzt beendete Instandsetzung<br />
des Pfarrhauses in Veringendorf begrüßt Der Name<br />
des opferbereiten und tüch" gen Bauherrn, des Pfarrers<br />
Gluitz, muß luer genannt werden. Ihm lot es vor aliem zu<br />
danken, daß dieser gute Fachwerkbau heute noch hier<br />
steht.<br />
In Veringenstadt wurde die schwer zugängliche mittelalterliche<br />
Stadtmauer neu gesichert. In eigener Regie erbaute<br />
die Stadtverwaltung neben der Kapelle in Deutstetten<br />
eine Leichenhalle.<br />
Habsthal, das Kloster der Benediktinerinnen, hat immer<br />
neue Bausorgen. Jetzt werden die über die Westempore<br />
gespannten, von G. B. Götz 1748 bemaiten Gewölbe gesichert.<br />
Es ist zu hoffen, daß entsprechende Gelder für die<br />
Wiederherstellung des östlich anschließenden Kirchenraumes<br />
frei werden.<br />
Di : Kirche in Levertsweiler wurde - größtenteils mit<br />
E enkräften - gesäubert und wiederhergestellt.<br />
In der Pfarrkirche zu Ablach werden dii Instandsetzungsarbeiten<br />
in Bälde beginnen.<br />
Die Neuordnung des Kirchenraumes in Hausen am Andelsbach<br />
ist inzwischen beendet worden.<br />
Ähnliches gilt für die Pfarrkirche in Otterswang.<br />
Die Instandsetzung der Kirche in Magenbuch wird zur<br />
Z it geplant.<br />
In der Fi dhofskapelle zu Vilsingen werden zur Zeit die<br />
Fresken aus dem 16. und 17. Jahrhundert wiederhergestellt.<br />
Die Kirche, die künftig als Leichenhalle dienen<br />
wird, soll dem neuen Zweck bald zur Verfügung gestellt<br />
werden.<br />
In Ostrach geht es um die Erhaltung des aus dem Beginn<br />
des 18. Jahrhunderts stammenden behaglichen Pfarrhauses.<br />
Nach Möglichkeit soll es erhalten bleiben. In der vor<br />
wenigen Jahren instandgesetzten Kirche zu Sigmaringendorf<br />
wurde eine neue elektrische Fußbodenheizung eingebaut.<br />
In der Filialkirche Kaiseringen wurde die Fassade der<br />
instandgesetzten Orge! neu gefaßt. Ob es in diesem Jahr<br />
noch zur Wiederherstellung des Flügelaltars (um 1500 des<br />
„Zeller Meisters") kommen wird, ist noch ungewiß.<br />
Die seit einigen Jahren laufende Erweiterung und Renovierung<br />
der Kirche in Feldhausen ist nahezu beendet.<br />
In Gammertingen wurde durch Wettbewerb entschieden,<br />
wie der Neubau der Hohenzollerischen Landesbank dicht<br />
beim Rathaus aussehen soll. Die Pläne sind ausgearbeitet<br />
und wurden von mir günstig beurteilt. Das Denkmalamt<br />
Tübingen hat den Entwurf jedoch verworfen.<br />
In Hochberg wurde das Innere der Kirche instandgesetzt.<br />
Kommen wir nun zu den denkmalpflegerischen Arbeiten<br />
im Kreis Hechingen!<br />
Die Lirchengemeinde in Dicssen mußte lange warten, bis<br />
der Startschuß zur Instandsetzung der Kirche vom Erzbischöflichen<br />
Ordinariat gegeben werden konnte. An der<br />
Burgruine in Diessen wurde im Berichtsjahr nicht weiter<br />
gearb jitet.<br />
Dagegen werden in der Pfarrkiiche Stetten bei Haigerloch<br />
umfangreiche Arbeiten geplant.<br />
Nachdem die Pfarrkirche in Glatt wiederhergestellt worden<br />
ist, werden nun Instandsetzungen am alten Wasserschloß<br />
begonnen. Eine zeiJinerische Darstellung des<br />
Schlosses ist bereits angefertigt worden.<br />
Betra erhielt eine neue Leichenhalle auf dem Friedhof. Lie<br />
alte Kapelle wurde abgebrochen.<br />
Die Wallfahrtsk : che Maua Zell bei Boll, Leidtragende<br />
bei allen hier auftretenden Erheben, wird jetzt, nach Vollendung<br />
der statischen Untersuchungen und Berechnungen,<br />
instandgesetzt. Die Fürsorge der Gemeinde ist anzuerkennen.<br />
Der vor Jahresfrist geplante Neubau für das katholische<br />
Stadtpfarramt in Hechingen wurde vom Landeskonservator<br />
der Kunstdenkmäler ausdrücklich anerkannt. Laut<br />
Erlaß des Regierungspräsidiums mußte der Entwurf jedoch<br />
auch dem Denkmalamt Tübingen vorgelegt werden.<br />
Der Leiter des dortigen Amts legte .m Laufe des letzten<br />
Sommers im Stadtpfarramt Einspruch gegen den Entwurf<br />
des Architekten Groh ein. Dem Landeskonservator ist es<br />
n'cht klar, weshalb das Denkmalamt Tübingen in so scharfer<br />
Form gegen seine Entscheidung Stellung genommen<br />
hat. Hier scheinen in der Beurteilung übertriebene Vor-<br />
137
Stellungen mit im Spiele gewesen zu sein. Herr Noeske<br />
war nicht zu überzeugen, daß das von Architekt Groh<br />
geplante Bauwerk keine Beeinträchtigung des Marktplatzes<br />
und der Stadtpfarrkirche darstelle. Wider alles Erwarten<br />
versagte er jedenfalls seine Zustimmung zu dem Plan<br />
Grohs, stimmte aber inzwischen einer späteren Planfassung<br />
zu.<br />
In Owingen konnte die vollendete Kop - des Weckenmann-Kreuzes,<br />
das die Bildhauer Gerhard Halbritter und<br />
Alfred Vees hergestellt haben, feierlich eingeweiht werden.<br />
An einer Besprechung wegen der Erneuerung einer Straße<br />
bei der Kirche in Neckarhausen konnte der Landeskonservator<br />
leider nicht teilnehmen. Seine schriftlich vorgetragenen<br />
Bedenken gegen die geplante Führung einer Straße<br />
nahe der Kirche in Neckarhausen scheinen bei der Straßenbauverwaltung<br />
auf Verständ s gefallen zu sein.<br />
Bei einer Orgelbauanstalt in Butelbronn fand eine Besprechung<br />
statt, in der es um die Instandsetzung der Orgel<br />
der Klosterkirche in Stetten bei Hechingen ging.<br />
Vor allem beschäftigte uns die laufende Instandsetzung<br />
der Klosterkirche St. Luzen in Hechingen. Sie stellt das<br />
für Hohenzollern zur Zeit w. jitigste Objekt denkmalpflegerischer<br />
Tätigkeit dar. Zur Verwunderung der Einwohnerschaft<br />
von Hechingen ist von außen noch nicht<br />
allzu viel Neues an der Kirche zu sehen. Dies widerspricht<br />
jedoch nicht der Tatsache, daß im Inneren, vor allem im<br />
Dach des Chorraumes, schon eine Menge von Arbeiten<br />
ausgeführt worden sind. Dort wurden alle hölzernen Teile<br />
des Dachstuhls gründlich untersucht. Wo es notwendig<br />
Neues Leben an alter Stätte<br />
An zwei alten kirchlichen Stätten in Sigmaringen soll in<br />
den nächsten Jahren neues Leben Einzug haiten, was nicht<br />
heißt, daß das Kloster Gorhei.n und das Fidelis-Haus die<br />
letzten Jahre oder Jahrzehnte leer gestanden hätten. Die<br />
Räume des Klosters Gorheim sollen nur noch zu einem<br />
Teil dem sehr klein gewordenen Konvent der Franziskaner<br />
zur Verfügung stehen. Der größere Rest, und zwar<br />
der alte Westteil, der schon vor den Josephinischen Reformen<br />
jahrhundertelang ein Tertiarinnen-Kloster war,<br />
wird um- und ausgebaut zu einem Pfarrzentrum. „Gorheim"<br />
ist heute kirchlich ein ganz anderer Begriff als noch<br />
vor zwanzig Jahren, er umfaßt neue Wohnbereiche im<br />
Muckentäle, an der Gorheimer Halde und dort, wo zum<br />
Teil noch, zum Teil nicht mehr, der Walddistrikt „Hohe<br />
Tannen" steht. Als Folge davon ist Gorhe'n heute eine<br />
Pfarrei mit rund 1600 Katholiken, die von zwei Franziskanern<br />
betreut werden, deren einer Pfarrer, der andere<br />
Vikar von Gorheim sind. Da die Pfarrei sich inzwischen<br />
schon Räume des Klosters hergerichtet hat, genießt sie<br />
einen guten Ruf vor allem unter der Jugend, die sich hier<br />
aus anderen Stadtteilen in Scharen einfindet, zumal Gorheim<br />
einen Ruf als sehr aufgeschlossene Pfarrei erworben<br />
hat. Für die Jugend, aber ebenso für Erwachsene und für<br />
alte Leute, für eine Vielfalt von Aktivitäten, soll jetzt<br />
138<br />
erschien, Holzteile zu ersetzen, ist dies geschehen. Was<br />
jetzt über der Sakristei und der Mesnerwohnung entstanden<br />
ist, darf man ruhig als eine neue Dachlösung ansprechen.<br />
Sie wird den Unbillen der Witterung standhalten.<br />
Ebenso wie über dem Chorraum wurde auch das Gewölbe<br />
über dem Langhaus von dem seit Jahrhunderten<br />
in den Gewölbezwickeln lagernden Schutt befreit. Damit<br />
ist der Anfang für die in diesem Jahr auszuführende Instandsetzung<br />
des Langhaus-Dachstuhles gemacht. Im Chor<br />
begann der Restaurator mit seinen Arbeiten. Er begann<br />
damit, alle Einzelteile der Wände und Gewölbe mit dem<br />
Messer oder Spachtel abzukratzen und die unterste Putzschicht<br />
freizulegen. Auf dieser Schicht wurde nach Resten<br />
der frühesten Dekorationsmalerei gesucht. Sie wurden<br />
auch gefunden. Nun geben diese Reste genauen Aufschluß<br />
über die einstige Farbigkeit des Raumes. Der von Herrn<br />
Landrat Dr. Mauser gegründete Verein „Rettet St. Luzen"<br />
ist seit Jahresfrist dabei, den Baufonds durch Mitgliedsbeiträge<br />
zu unterstützen.<br />
Zum Schluß meines Berichtes drängt es mich, all denen<br />
von Herzen zu danken, die bei St. Luzen mitgeholfen<br />
haben: den Handwerkern und Kunsthandwerkern für<br />
ihre emsige Arbeit, den Dachdeckern für das schöne neue<br />
Dach, dem Architekten Dr. Ing. Gemünd für die von ihm<br />
geschaffene herrliche Bauaufnahme, dem Erzbischöflichen<br />
Bauamt in Konstanz für seine rege Mitarbeit sowie dem<br />
Pfarrgemeinderat und dem Kirchenvorstand für sein stets<br />
gezeigtes Interesse. Allen Spendern von Geldbeträgen<br />
wird endlich, doch nicht zuletzt, gedankt.<br />
bald gebaut werden. — Das Kloster in seiner jetzigen Form<br />
und neo-romanischen Ausstattung ist 1910 von dem Stuttgarter<br />
Architekten Capitaine gebaut worden.<br />
Das Geburtshaus des Heiligen Fidelis hat als Altersheim<br />
ictzt ausgedient. In diesen Wochen ziehen die aiten<br />
Leute um in das neugebaute Erweiterungshaus am „Ochsenberg",<br />
an der Josefinenstraße, wo seit 1885 die Stiftung<br />
des „Klösterles" besteht, das aus einer Eisenbahner-Suppenküche<br />
entstandene Altersheim, e^ie Stiftung der Familie<br />
Fürst Carl Anton zu dessen goldener Hochz.it im<br />
genannten Jahr. Das Fidelishaus soll ebenfalls Pfarrzentrum<br />
werden wie Gorheim, für St. Johann, also für
MICHAEL LORCH<br />
Alte Rechnungen und moderne Bagger bringen es an den Tag<br />
(Plauderei um ein Flurnamenrätsel, Hedigenhäusle und Kapelle auf Markung Killer)<br />
Einen sonderbaren Namen trägt der Flurteil auf Markung<br />
KJler, der eingerahmt ist vom Bahnhofplatz einerseits<br />
und der Bandesstraße 32 anderseits, der unteren Bahnhofstraße<br />
und Brunnenbächle im Süden und dem Gerstenbächle<br />
im Norden. Er he'ßt von altersher „Walenhäusle"<br />
und ist abzuleiten von „Heilighäusle". Die Heiligenbildchen,<br />
die wir früher für gute Leistungen im Ri gionsunterricht<br />
vom Pfarrer erhielten, nannte man „Walgle",<br />
von „Hoalgle". Aus dem Zwielaut „oi" in hoilig wurde<br />
der Zwielaut „oa" = hoalig. So ist also aus Hoilighäusle<br />
dann Hoalighausle. später durch mundart' :he Abschweifungen<br />
„Walenhäusle" entstanden. Wo ist aber auf dem<br />
genannten Flurstuck ein Gebäude zu finden, das diesen<br />
Namen verdi -nt hätte? Es muß sich doch um ein Häusle<br />
gehandelt haben, das irgendwie im Dienste der Kirche<br />
stand, etwa um eine Kapelle am Wege oder gar nur ein<br />
Bilderstöcklein mr Hcil-genbild. Obwohl größere Grabarbeiten<br />
beim Bau von zw i Wohnhäusern und einer<br />
Tankstelle vorgenommen wurden, sind keinerlei Spuren<br />
gefunden worden, -vie einen Hinwc s gebracht hätten. Ein<br />
Fund aus der Heiiigenrechnung von 1770/71 scnien Auf*<br />
klärung zu bringen. Doch heißt es dort an zwei Stellen<br />
„das Heiiigenhäuslein bei der Kirch". Also kann damit<br />
nur das Haus be' der Küche gemeint sein, das später als<br />
Schulhaus gedient hat, und so war das Rätsel um den<br />
Flurnamen „Walenhäusle" wieder nicht gelöst. Auch cl :<br />
Annahme, daß die Grundstücke auf der genannten Flur<br />
mit ihren jährlichen Zinsabgaben nur dem Unterhalt die-<br />
Ältes Schulhaus in Killer<br />
ses Heiligenhäusleins gedient hätten, hatte sich nicht bestätigt.<br />
So blieb zur Klärung des Flurnamens nur die<br />
Hoffnung auf einen späteren Fund. Trotzdem iohnt es<br />
sich, näher auf das bereits genannte „Hoilighäuslein bei<br />
der Kirch" einzugehen. 1770/71 heißt es in der Heiilgenrechnung:<br />
„Das vorhandene sogenannte alte, zum Einfallen<br />
dagestandene He ligenhäusle wurde heuer wieder<br />
neu erbaut und hergestellt. Die Baukosten betrugen insgesamt<br />
188 fl 13 kr. Aus einer Rechnung des Sägmuilers<br />
von Jungingen gehen Andeutungen hervor über die Ver-<br />
wendung des Heil genhäusleins, z. B Bretter zu den Bechern<br />
der Fruchtschütten (also auf dem Dachboden oder<br />
der Bühne war Gelegenheit zum Aufschütten der Frucht)<br />
und er ke Bretter zur Schreinerarbeit als Stubenboden, zu<br />
Kreuzstöcken, Läden, Bänken, Flecken zu Stiegenbäumen,<br />
Schwarten zur Schlade. (Mit den Bänken könnten schon<br />
Schulbänke gerne -.t sein!) Als im Jahre 1783 im Fürstentum<br />
Hechingen die allgemeine Schulpflicht i' igeführt<br />
wurde, ist im Herbst dieses Jahres von gnadigster Herrschaft<br />
befohlen worden, wegen der „Normalschule" das<br />
Häuslein neben der Kirche zuzurichten (als Schulhaus).<br />
Alsdann hat man notwendigerweise di: Kammer zu der<br />
Stuben machen müssen. So hat man die Schreiner, Glaser,<br />
Maurer gleich dazu berufen, auch Bretter, Flecken und<br />
Latten gekauft.<br />
Im teilweisen Gegensatz zu diesen zuverlässigen Angaben<br />
aus der He__igenrechnung bt ichtet d e erst um 1867 angelegte<br />
und leider in ihren Anfängen steckengebliebene<br />
139
Schulchronik: Vom Jahre 1776 bis 1798 war kein Schulhaus<br />
da. Die Lehrer unterrichteten in ihren eigenen Wohnungen.<br />
Bei warmer Witterung setzten sie die Kinder auch<br />
auf die Gasse. Erst im Jahre 1799 (?) baute die Gemeinde<br />
neben der Kirche ein kleines Schulhäuslein. Im Jahre 1821<br />
wurde ihm größere Aufmerksamkeit geschenkt. Es wurde<br />
vom Grunde auf neu gebaut. (Dabei hatte man ein aus<br />
alter Zeit her auf dem Kirchplatz stehendes sogenanntes<br />
„Sühnekreuz", das im Mittelalter von einem Missetäter<br />
als Sühne hier aufgestellt werden mußte und jetzt den Bau<br />
behinderte, gleichsam als Grundstein in das Mauerwerk<br />
hereingenommen.) Beim Abbruch des Schulhauses i. J.<br />
1964 kam dieses Kreuz unversehrt zutage. Es war in der<br />
Zelle des ehemaligen Dorfarrestes eingebaut gewesen, trug<br />
die Jahreszahl 1821 und die Großbuchstaben ERB = (erbaut)<br />
eingemeißelt und ist jetzt in anerkennenswerter<br />
Pietät wieder auf dem Kirchplatz aufgestellt worden,<br />
gleichsam als Erinnerungszeichen für das alte Schulhaus.<br />
1847 erweiterte sich die Zahl der Kinder, und es wurde<br />
neben dem Lehrer noch ein „Provisor" angestellt. Dieser<br />
unterrichtete die Kinder in einem Privathaus, dem Glasermeister<br />
Florian Roth gehörig (wahrscheinlich Lnker Hand<br />
in der Ringinger Straße), weil das Schulzimmer die Kinder<br />
n-,ht mehr fassen konnte. Es wurde nun 1850 auf das<br />
Schulhaus noch ein Stockwerk gebaut und darin ein zweites<br />
Schulzimmer hergerichtet. Lehrer und Provisor erteilten<br />
jetzt den Unterricht im Schulhaus. 1857 ging das<br />
Pro sorat wieder ein, das Schulzimmer wurde geschlossen,<br />
und der Gemeinderat hielt seine Sitzungen in demselben.<br />
Das andere Zimmer blieb Schulzimmer.<br />
Wenn es im vorstehenden ße: cht heißt, das Rätsel um<br />
den Flurnamen „Waienhäusle" sei immer noch nicht gelöst,<br />
so haben in den letzten Wochen zu Zwecken der Ortskanalisation<br />
vorgenommene Baggerarbeiten im Zuge der<br />
Bundesstraße 32 der Heimatforschung wie schon so oft<br />
einen wichtigen Hinweis gegeben. Genau an der Stelle,<br />
140<br />
Sühnekrcuz in Killer<br />
wo der uralte Kirchweg zur Urkirche des Killertals abzweigt,<br />
stieß der Bagger auf eine Mauer, bestehend aus<br />
zwei riesigen hochkant gestellten Blaukalksteinblöcken.<br />
Die Lücke zwischen beiden Blöcken war ausgefüllt mit<br />
Bruchsteinen aus Weißjurakalk. Das Ganze, ein Fundament<br />
darstellend, schob sich schräg bis auf die Mitte der<br />
Bundesstraße reichend in den Untergrund dieser Hauptverkehrsstraße<br />
hinein, in der Richtung parallel zum abzweigenden<br />
Kirchweg laufend. Genaue Maße und notwendige<br />
Bildaufnahmen konnten leider nicht gemacht<br />
werden, weil versäumt wurde, hierfür zuständige Stellen<br />
rechtzeitig zu benachrichtigen. Schon vor 70 Jahren, als<br />
das an dieser Stelle stehende und nach seinem ehemaligen<br />
Besitzer genannte „Wurstenhäusle" errichtet wurde, mußten<br />
diese Fundamente angeschnitten worden sein! Diese<br />
Tatsache wurde auch damals weder beachtet noch davon<br />
berichtet. Nun ist durch den Bagger zweierlei an den Tag<br />
gebracht worden: 1. der Standort des sogenannten Heilig-<br />
häusleins und damit die Bedeutung des verstümmelten<br />
Flurnamens geklärt, 2. die Zweckbestimmung des Häusleins.<br />
Das „Heilighauslein" war nämlich eine Kapelle, die<br />
zum Unterschied vom noch vorhandenen „Hei 1 ghäuslein<br />
bei der Kirch" nur kirchlichen Zwecken diente. Zur<br />
Zeit, als diese Kapelle erbaut wurde, die an dieser Stelle<br />
jahrhundertelang den Weg zur Urkirche gewiesen hat, war<br />
die Bezeichnung „Kapelle" noch nicht in c'ie allgemeine<br />
Umgangssprache vorgedrungen. Man nannte das Bauwerk<br />
entsprechend seiner Bestimmung eben „Heiligenhäuslein".<br />
Eine Kapelle ist ursprünglich ein kleines Gotteshaus ohne<br />
Gemeinde, ein abgeteilter Raum für Gottesdienste in einer<br />
Kirche oder einem Wohngebäude (Burg). Die eigentliche<br />
Bedeutung des mitteilateinischen Wortes ist „kleiner<br />
Mantel". Es ist eine Verkleinerungsform zu lat. cappa und<br />
eine Art Kopfbedeckung, Mantel mit Kapuze, Kappe. Der<br />
Bedeutungsübergang von „kleiner Mantel" zu „Kapelle"
stammt aus der Zeit der fränk :hen Könige. Diese bewahrten<br />
den Mantel des hl. Martin von Tours als Reliquie<br />
in einem privaten Heiligtum auf, das danach seinen Namen<br />
„capella" erhielt. Seit dem 7. Jahrhundert ging dann<br />
die Bezeichnung „Capelle" auf jedes kleinere Gotteshaus<br />
(ohne selbständige Geistlichkeit) über. Die Geistlichen, die<br />
hier Gottesdienst zu halten hatten, wurden entsprechend<br />
Kapellane genannt.<br />
So hatte also Killer zwei „Heiligenhäuslein". Das eine<br />
„bei der Kirche" war von jeher einem profanen Zwecke<br />
gewidmet: es diente als Schulhaus und kündet somit davon,<br />
wie sich zuerst
HERBERT BURKHART<br />
Dorf und Stadt Veringen<br />
Ein kunstgeschichtlicher Rundgang von Franz Gluitz<br />
Vor kurzem erschien ein kleines, schmuckes Büchlein, tadellos<br />
ausgestattet mit über 30 Abbildungen auf 44 Seiten.<br />
Stadtpfarrer Gluitz hat seiner Pfarrei einen Kunstführer<br />
geschenkt, um den man Veringen beneiden wird. Bemerkenswert<br />
ist, daß hier erstmalig in einer Veröffentlichung<br />
von den „Urveringern" die Rede ist. Aus der Verknüpfung<br />
von Altenburg und St. Michaelskirche in Veringendorf<br />
ergibt sich die Erkenntnis, daß vor den historisch<br />
bekannten Grafen von Altshausen-Veringen hier ein<br />
älteres Geschlecht von Veringen saß. So ist vielleicht die<br />
Behauptung der Zimmerschen Chronik, der hl. Ulrich von<br />
Augsburg sei „von der Mutter" her ein Graf von Veringen<br />
gewesen, gar nicht so unwahrscheinlich. Oder war<br />
etwa Gräfin Hiltrud, die Mutter Hermanns des Lahmen,<br />
eine Gräfin von Veringen? Immerhin ist die Entdeckung<br />
eines Bildes Hermanns des Lahmen unter den Fresken der<br />
St. Michaelskirche eine kleine Sensation. Reichenau-Niederzell<br />
als Vorbild für die Kirche von Veringendorf! Das<br />
sind alles ganz neue Gesichtspunkte. Gluitz bringt unter<br />
den Kunstdenkmälern auch das Strübhaus. Hoffentlich<br />
wird das für die Stadtväter von Veringen ein Anlaß dafür<br />
sein, zu überlegen, ob man alte Häuser immer nur abbrechen<br />
kann. Die Veringer haben in den letzten 20 Jahren<br />
ihr Städtle zu einem Schmuckkästchen gemacht und<br />
jetzt will man das Strübhaus abbrechen?<br />
Es würde zu weit führen, hier alles aufzuzählen, was in<br />
Veringen zu finden ist. Unser Vorschlag: Besorgen Sie sich<br />
das Büchlein und fahren Sie an einem sonnigen Tag ins<br />
Laucherttal und schauen Sie sich alles an, das alte Städtle,<br />
Heimatmuseum, Höhlen, Hochberg, Burg, Petersk : -chle<br />
Deutstetten, Altenburg und die St. Michaelskirche in Vei<br />
ngendorf.<br />
Doch lassen wir Gluitz doch selbst kurz zu Wort kommen:<br />
„Nach dem Jahre 496 und besonders nach 536 setzte im<br />
Laucherttal die königüch-fränkische Missionierung ein,<br />
als deren Zeugen die Maidnus- und M^chaelskirchen zu<br />
gelten haben. Die Missionierung wurde nach dem Schwinden<br />
der fränkischen Königsmacht systematisch von iröschottLcnen<br />
Mönchen fortgesetzt. Bereits um das Jahr 800<br />
waren die Bewohner ganz Schwabens chris ch, ja sogar<br />
regional Kirchlich geordnet. In dieser Zeit dürfte wohl<br />
ne erste Holzkirche in Veringendorf (Namensnennung:<br />
Veringen, Feringen, Unterveringen. Veringen im Dorf)<br />
entstanden sein, um die der Friedhof angelegt wurde. Die<br />
Dorfanlage selbst deutet auf eine noch frühere Siedlung<br />
hin, wozu die günsti6e Lage in einem Tal beitrug. Der<br />
natürliche Wasserfall „Gies" schützte vor Hochwasser<br />
und spendete zugleich das lebensnotwendige Wasser. Er-<br />
142<br />
wähnung findet der Ort im Jahre 786 in einer Urkunde,<br />
durch welche Graf Gerold vom Bussen dem im Jahre 724<br />
gestifteten Kloster Reichenau eine Güterschenkung machte.<br />
Über die „LTrveringer" ist uns urkund. ch nichts bekannt,<br />
doch die „Alte Burg", die keinerlei Ähnlichkeit mit einer<br />
typischen mittelalterlichen Burg hatte, läßt auf den Sitz<br />
eines sehr alten und bedeutenden Adelsgeschlechtes schließen,<br />
dem die Kirche St. M hael gehörte. Damit liegt die<br />
begründete Vermutung nahe, daß die beiden im Chor gefundenen<br />
Skelette die Überreste der „Herren von Veringen"<br />
sein könnten. Eine genauere Da erung ist nicht möglich,<br />
da Grabbeigaben fehlten. Die Vermutung wird dadurch<br />
bestärkt, daß in dieser Weise Grafen und Gründer<br />
beigesetzt wurden, wie es von erforschten anderen Funden<br />
erwiesen ist.<br />
Überhaupt scheint dieser Laucherttalabschnitt mit der damals<br />
weltbekannten Reichenau engste Verbindung gehabt<br />
und starke Impulse empfangen zu haben. In den Jahren<br />
919-934 war der Bischofsstuhl in Konstanz mit Nothinger,<br />
einem Grafen von Veringen-Altshausen besetzt. Hermann<br />
der Lahme, der Dichter des „Salve Regina" (1020<br />
bis 1054) entstammte denen von Veringen-Altshausen.<br />
Die Ähnlichkeit der St. Peterskirche in Reichenau-Niederzell<br />
und der St. Michaelskirche in Veringendorf dürfte<br />
hierin eine Erklärung finden (siehe Seite 41).<br />
Im 11. Jahrhundert suchten die Grafen von Veringen<br />
einen neuen Platz für ihre Burg und fanden ihn 3 km<br />
lauchertaufwärts auf einer Anhöhe, die beinahe als Umlaufberg<br />
kriegstechnisch günstig gelegen war. Im Jahre<br />
1134 tritt in dem neuen „Veringen" ein Marquard auf<br />
und nennt s ; di „Graf von Veringen". In Anlehnung an c'.e<br />
schützende Burg entstand dip städtii"he Siedlung Veringenstadt<br />
(Namensnennung: Veringen, Vöringen, Veringenstadt),<br />
die bereits im Jahre 1285 die Marktgerechtigkeit<br />
erl. «lt und von da an Si'z der Grafen von Veringen<br />
war. Zu ihrer Grafschaft gehörten Veringendorf, Harthausen<br />
a. Sch., Benzingen, Blättringen, Billafingen, Langenensr-gen<br />
und HitzKofen (1300-1806). Die Grafschaft<br />
blieb bis 1344 unter der Herrschaft der Grafen von Veringen,<br />
die kurze Zeit oin bedeutendes Geschlecht waren.<br />
Die Zimmersche Chronik schreibt allerdings später: „durch<br />
großen unfall und Ungehorsams, liederliches hausen, nebst<br />
einem grossen bracht, sein sie nach und nach umb al*e ire<br />
gueter kommen und in eine solche armuet gerathen, das<br />
man sagt, es haben die letzten Grafen von Veringen die<br />
settei ab den rossen genommen und ins stettle zu Verengen<br />
verkauft." Der Letzte dieses Geschlechts, Graf Wölfin,<br />
starb 1410 in Saulgau und soll in der Kirche zu Hettingen<br />
beerdigt sein.
STEFAN MEYERHANS OSB<br />
Aus Anlaß des 500jährigen Bestehens der Weinburg im Kanton St. Gallen im Jahre 1969 < schien in einer Schweizer<br />
Zeitung eine historische Abhandlung über dieses Schloß, das früher dem Haus Sigmaringeu-Hohenzollern gehörte. Wir<br />
entnehmen ihr den nachfolgenden Bericht.<br />
Prinz Karl und die Weinburg<br />
Sein Lieblingsaufenthalt in bewegtem Leben<br />
Kennen Sie das vierbändige Werk „Aus dem Leben Kör ;<br />
Karl's von Rumänien" von Mite Kremnitz? Eine spannende<br />
Lektüre! Schon deshalb, weil darin 44mal von der<br />
Weinburg, der heutigen Marienburg Rheineck, die Rede<br />
ist. König Karl = Carol selbst hat der Schriftstellerin aus<br />
seinen Tagebüchern, aus Breifen und sonstigen Dokumenten<br />
diktiert.<br />
Bei König Carol I. handelt es sich um jenen Prinzen Karl<br />
von Hohenzollern-Sigmaringen, der 1866 mit einem<br />
Schweizer Paß unter dem Namen Karl Hettingen, Particulier<br />
von Thal SG, nach Bukarest fuhr und dort die Regierung<br />
übernahm. Er wurde ein hervorragender Fürst,<br />
Feldherr und Staatsmann, der seinem Lande die Unabhängigkeit<br />
von der Türkei erkämpfte und Rumänien zum<br />
ersten Staat des Balkans machte.<br />
Schon als ach' ihriger Prinz weilte er in der Weinburg<br />
Dies war im Jahre 1847. Nach einigem Aufenthalt dort<br />
schreibt er seinem Vater Fürst Karl Anton nach Sigmaringen:<br />
Zwei Dinge fesseln seine Aufmerksamkeit, 1. die<br />
vielen Leute, die an Feiertagen die Weinburg besuchen,<br />
2. die Schweizer Soldaten, die „schreien, jauchzen und<br />
schießen". Der kleine Prinz macht von hier aus viele Ausflüge.<br />
Was ereignete s ch vor hundert Jahren?<br />
Carol hat sieh bereits als Fürst von Rumänien gut eingelebt.<br />
Doch denkt er oft an die Weinburg zurück Am 16.<br />
September 1869 kommt dann der Fürst per Bahn nach<br />
Lindau und fährt von dort mit einer Extrapost nach<br />
Rheineck weiter, wo er in der nahegelegenen Weinburg<br />
sich unendlich glücklich schätzt, hier weilen zu dürfen.<br />
Carol heiratet Prinzessin Elisabeth<br />
Nach zweiwöchigem Aufenthalt in der W. nburg fährt<br />
Fürst Carol zu seiner Schwester, der Gräfin von Flandern,<br />
nach Brüssel. Dann besucht er das preußische Königspaar<br />
in Baden-Baden und weilt bei Kaiser Napoleon III in<br />
Paris. Der Eingebung seines Herzens folgend wirbt er in<br />
dieser Ze>r um die Hand der fürstlichen Prinzessin Elisabeth<br />
von Wied. Sie gibt ihm ihr Jawort. Am iO. Oktober<br />
trifft er wieder bei seinen Eltern in der Wernburg sin,<br />
zwei Tage darauf auch seine Braut. Am 15. November<br />
1869 findet die Vermählung des Fürstenpaares in Neuwied<br />
Dei Köin statt.<br />
Sem einziges Kind, Prinzessin Maria stirbt<br />
1870 wird Carol Vater eines gesunden kräftigen Töchterchens,<br />
das bei der Taufe den Namen Maria erhält. Leider<br />
erliegt die kleine Prinzessin schon im Alter von erst dreieinhalb<br />
Jahren einem schweren Scharlachfieber. Ein furchtbarer<br />
Schlag, der das fürstliche Familirnglück vernichtet.<br />
Fünf Monate darauf t "tft das Fürstenpaar in der Weinburg<br />
ein. Das Wiedersehen mit dem Fürsten Kari Anton<br />
ist erschütternd. Sein Gehvermögen ist sehr behindert, und<br />
der Anblick s -ner Kinder in ihrer Trauer ergreift ihn zu-<br />
tiefst. So liegt diesen Herbst ein Schatten auf der sonst so<br />
fröhlichen Weinburg. Nach seiner Rückkehr nach Bukarest<br />
denkt Carol trotzdem oft an sie zurück.<br />
Carol übernimmt das Oberkommando<br />
der russischen Truppen<br />
Am 24. April 1876 erklärt Rußland der Türkei den Krieg.<br />
Den kühnen Regiinenten der Türken gegenüber aber gerät<br />
die russische Armee in große Not. Das gewaltige Reich<br />
sieht sich gezwungen, das kleine Rumänien, dessen Mitwirkung<br />
es vorher abgelehnt hat, um Hilfe zu bitten. Der<br />
Großfürst Nikolaus erscheint im Zelte Carols und bietet<br />
ihm im Auftrag des Zaren das Oberkommando über<br />
sämtliche russische Truppen an. Jetzt ist der Augenblick<br />
gekommen, um die volle Unabhängigkeit Rumäniens von<br />
der Türkei zu erkämpfen. Es kommt zur siegreichen<br />
Schlacht vor Plewna, dem Ruhmesblatt im Leben des Fürsten<br />
Carol. Die russischen Truppen können nun bis vor<br />
di« Tore Konstantinopels vordringen.<br />
1879 weilt die Gemahlin Carols, Fürstin Elisabeth, in der<br />
Weinburg zur Kur. Fürst Karl Anton schreibt am 25. Oktober<br />
an seilen Sohr n Bukarest: „Gestern frühstückten<br />
wir bei schönem Wetter in Walzenhausen. Elisabeth fuhr<br />
mit Deiner Mutter in einem bequemen Landauer und<br />
hatte nachher den Genuß der herrlichen Aussicht von der<br />
Meldegg auf die Alpenlandschaft im tiefsten Winterkleid."<br />
Am 2. November kehrt Elisabeth wieder nach Rumänien<br />
zuruck. Ihre Lähmung ist vollkommen geschwunden. Ein<br />
Jahr darauf, 1880, trifft auch Fürst Carol wieder in der<br />
Wernburg ein. Im folgenden Jahr, 1881, wird Carol I.<br />
zum König von Rumänien gekrönt. Noch oft aber kehrt<br />
er zur Weinburg, seinem Lieblingsaufenthalt zurück.<br />
Mit Schweizer Paß<br />
Pr-iz Karl von Hohenzollern-S.smaringen, zum Fürsten<br />
von Rumänien gewählt, fuhr mit einem Schweizer Paß<br />
unter dem Namen Karl Hettingen, Particulier von Thal,<br />
Kancon St. Gallen, nach Bukarest. Noch oft kehrte er zur<br />
Weinburg zuruck, in der er seine Jugend verbracht. Zum<br />
erstenmal 1869 - vor 100 Jahren. Seine Gemahlin, Prinzessin<br />
Elisabeth von Wied, hat si-.n als Dichterin unter<br />
dem Namen Sylva Carmen einen Namen gemacht.<br />
Sein Deckname: Karl Hettingen, Particulier von Thal,<br />
Kanton St. Gallen.<br />
Man sollte es nicht für möglich halten, aber es ist Tatsache.<br />
Prinz, Karl von Hohenzollern-Sigmaringen, Sohn des<br />
Fürsten Karl Anton, fuhr 1866 mit einem Schweizer Paß<br />
unter dem Namen Karl Hett: ngen, Par. ;ulier von Thal,<br />
Kanton St. Gallen, nach Bukarest. Er war zum Fürsten<br />
von Rumä en gewählt worden. Oesterrc: :h - Ungarn<br />
aber war gegen seine Thronbesteigung. Wäre der Prinz<br />
unter seinem offiziellen Namen gereist, so wäre er • i Wien<br />
festgehalten woraen. Durch türkisches oder russisches Ter-<br />
•torium zu fahren, war nicht ratsam. Was blieb dem<br />
Fürsten anderes üb ig, als zu versuchen, womöglich mit<br />
einem Schweizerpaß und unter einem Decknamen sein Ziel<br />
zu erreichen? Es x ihm auch gelungen. Wie?<br />
143
Er hatte seine Jugend in der Weinburg verbracht<br />
Prinz Karl hatte während 15 Jahren die Herbstmonate<br />
immer in der Weinburg (der heutigen Marienburg) verbracht.<br />
Nun war sein Vater, Fürst Karl Anton, aufs engste<br />
mit Landammann Arnold Aepli in St. Gallen befreundet.<br />
Konnte also Fürst Karl Anton versuchen, mittels dieser<br />
Persönlichkeit für seinen Sohn Prinz Karl einen Schweizerpaß<br />
zu erlangen? Regierungsrat Aepli selbst berichtet,<br />
wie diese hochbedeutsame Angelegenheit geregelt wurde.<br />
Aus seinen Aufzeichnungen vom 19. Mai 1866 ist folgendes<br />
zu entnehmen:<br />
Am 12. Mai 1866 erhielt Aepli in St. Gallen gegen 16.00<br />
Uhr die telegraphische Anfrage: „Finde ich Sie morgen<br />
früh auf meiner Durchreise nach der Weinburg zu Hause,<br />
oder wo sind Sie? von Mayenfisch". Er kannte diesen<br />
Herrn nicht, vermutete aber sogleich, weil von der Weinburg<br />
die Rede war, daß er aus der Umgebung des Fürsten<br />
von Hohenzollern stammen müsse. Aepli telegraphierte<br />
sogleich zurück, er müsse gerade dringend nach Zürich<br />
reisen und sei nach 9 Uhr im Hotel Baur zu treffen.<br />
' Geheimnisvolle Unterredung im Hotel Baur, Zürich<br />
In Zürich warteten bereits zwei Herren im Nebenzimmer<br />
des Speisesaals. Es handelte sich um den Kammerherrn<br />
von Mayenfisch und Kanzleirat von Werner. Sie baten<br />
um eine Unterredung mit ihm und wünschten zu diesem<br />
Zweck auf sein Zimmer geführt zu werden. Neben Aepli's<br />
Schlafzimmer befand sich ein großer leerer Salon. In diesem<br />
nun brachten die beiden Herren - nachdem alle Türen<br />
sorgfältig geschlossen waren - ihr Anliegen im Flüsterton<br />
vor. Sie berichteten: Prinz Karl, der zweite Sohn des<br />
Fürsten Karl Anton von Hohenzollern-Sigmaringen, sei<br />
zum Fürsten von Rumänien gewählt worden. Er nehme<br />
die Wahl an und beabsichtige, sich sofort durch Oester-<br />
HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />
herausgegeben vom Hohenzoiierischen Gesdiiditsverein<br />
in Verbindung mit den Staatlichen<br />
Schulämtern Hechingen und Sigmaringen.<br />
Verlag: Hohenzollerisdier <strong>Geschichtsverein</strong><br />
748 Sigmaringen, Karlstraße 3. Drudt: M. Liehners<br />
Hofbuchdruckerei KG, 748 Sigmaringen,<br />
Karlstraße 10.<br />
Die Zeitschrift „Hohenzollerische Heimat" ist<br />
eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will besonders<br />
die Bevölkerung in Hohenzollern mit<br />
der Gcschichte ihrer Heimat vertraut madien.<br />
Sie bringt neben fachhistorischen audl populär<br />
gehaltene Beiträge aus der Geschichte unseres<br />
Landes. Sie veröffentlicht bevorzugt Beiträge,<br />
die im Schulunterricht verwendet werden kön-<br />
Bezugspieis: 2,00 DM halbjährlich<br />
Konten de „Hohenzoiierisdien Heimat":<br />
802 507 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />
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144<br />
Die Mitarbeiter dieser Nummer:<br />
Prof. Dr. Rudolf Seigel<br />
7407 Rottenburg, Jahnstraße 37<br />
Walther Frick<br />
748 Sigmaringen, Hohe Tannen 4<br />
Willy Baur<br />
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Jobann Adam Kraus<br />
78 Frciburg-Littenweilci-<br />
Michael Lorch<br />
Rangendingen<br />
Oscar Heck<br />
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Dr Herbert Burkhart<br />
7487 Gammertingen<br />
P. Stefan Meyerhans OSB<br />
Kloster St, Gallen<br />
reich dorthin zu begeben. Er befürchte jedoch, wenn er als<br />
Fürst reise, werde er in Oesterreich erkannt und festgehalten.<br />
Deshalb wünsche er - wenn möglich - mit einem<br />
st. gallischen Paß versehen zu werden, um so ungehindert<br />
sein Ziel zu erreichen. Ein ähnlicher Paß sollte auch für<br />
Kanzleirat yon Werner ausgestellt werden. Ein Brief des<br />
Fürsten an Aepli bestär ;te, was ihm da mündlich eröffnet<br />
wurde.<br />
Da sich Aepli dem Fürsten Karl Anton gegenüber zu<br />
größtem Dank verpflichtet fühlte und sie zudem in<br />
engster Freundschaft verbunden waren, glaubte er, den<br />
Wunsch erfüllen zu müssen. Dies um so mehr, als die berechtigte<br />
Hoffnung bestand, Prinz Karl werde Rumänien<br />
aus seiner äußerst kritischen Lage befreien. So wurde der<br />
Tag vereinbart, an dem sich die beiden Herren in St. Gallen<br />
einfinden sollten. Aepli sah bald ein, daß die Pässe nur<br />
dann erhältlich sein würden, wenn er den Vorstand des<br />
Polizei-Departementes mit ins Geheimnis ziehe und ihm<br />
die ganze Situation erkläre. So geschah es denn auch.<br />
Aepli besprach die Angelegenheit mit seinem Kollegen,<br />
Herrn Regierungsrat Steiger.<br />
Im Paßbüro der Kantonspolizei St. Gallen<br />
Am 15. Mai 1866 erschienen Prinz Karl und Herr von<br />
Werner auf dem Zimmer Aepli's im Regierungsgebäude.<br />
Der Prinz, ein liebenswürdiger junger Mann von 26 Jahren,<br />
erklärte, sobald er die Walachei betrete, werde er<br />
einen Kurier nach Bukarest abgehen lassen, um seine Ankunft<br />
zu melden. Gleichzeitig werde er sowohl nach<br />
St. Petersburg wie auch nach Konstantinopel berichten, er<br />
wolle im Verhältnis Rumäniens zu ihren Ländern nichts<br />
ändern.<br />
Herr Regierungsrat Steiger geleitete die beiden Herren<br />
in das Zimmer der Kantonspolizei, in dem die Signalemente<br />
aufgenommen und die Pässe ausgestellt wurden.<br />
Schriftleiter:<br />
Dr. med. Herbert Burkarth<br />
7487 Gammertingen, Eichertstraße<br />
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Redaktionsausschuß:<br />
Hubert Deck, Konrektor<br />
745 Hechiiigen, Tubinger Straße 28<br />
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wird fortgesetzt<br />
Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />
persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />
diese zeidinen für den Inhalt der Heiträge verantwortlich.<br />
Mitteilungen der Schriftleitung<br />
sind als soldie gekennzeichnet.<br />
Manuskripte und Besprechungsexemplare werden<br />
an die Adresse des Schriftleiters oder Redaktionsausschusses<br />
erbeten.<br />
Wir bitten unsere Leser, die „Hohenzollerische<br />
Heimat" weiter zu empfehlen.
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HEIMÄT<br />
22. Jahrgang <strong>1972</strong> Nr. 2<br />
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„Laucherthal und Alb 1585" - Erklärung umseitig<br />
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HERBERT BURKHART IVO MAUTHNER<br />
Laucherttal und Alb 1585<br />
Die Laudiert bildete die Westgrenze der Württembergischen<br />
Forsthoheit. So sind die Städtchen und Dörfer des<br />
Laucherttales noch mit abgebildet. Die Laudiert entspringt<br />
bei Willmandingen (heute nur noch ein Abwasserkanal),<br />
der zweite Arm ist wohl die Woog, welche auf Markung<br />
Salmendingen zu Füßen des Kornbühl entsteht. Bei Meldungen<br />
Hohen-Melchingen als Ruine, übrigens heute noch<br />
sehr gut erhalten. Die Melchinger Mühle wird hier als<br />
Schedelensmühl bezeichnet. Von dem See zwischen Stetten<br />
und Erpfingen sind die Staumauern gut erhalten. Er<br />
wurde bald danach aufgegeben und das Gelände um 1610<br />
vom Herzog von Württemberg an die Gemeinde Erpfingen<br />
verkauft. Die Ruine „Hellenstein" ist heute noch so<br />
stattlich wie 1585. Sogar der Brunnen und ein Kellergewölbe<br />
sind noch zu sehen. Guckaloch gibt es noch als Flurnamen,<br />
gemeint dürfte jedoch die Guggenmühle sein, die<br />
heute am gleichen Platz steht. Am Zusammenfluß von<br />
Laudiert und Seckach sieht man undeutlich ein Gebäude<br />
eingezeichnet. Wahrscheinlich stand an dieser Stelle die<br />
Burg der Herren von Mägerkingen, die urkundlich mehrfach<br />
bezeugt sind. Das Kloster zu Berg ist mit dem Abtstab<br />
als Kloster gekennzeichnet. Die Abbildung hat übrigens<br />
keinerlei Ähnlichkeit mit der Wirklichkeit. Bronnen<br />
ist mit nur wenigen Dächern ein kleines Dorf. Gammertingen<br />
mit seinen Mauern und Türmen könnte so tatsächlich<br />
ausgesehen haben. In Wirklichkeit handelt es sich um<br />
ein Symbol „kleine Stadt". Bei genauem Hinsehen erkennt<br />
man, daß für Hettingen und Veringen die gleiche<br />
Abbildung gering modifiziert wurde. Für das Heuinger<br />
Schloß fand das gleiche Symbol wie für Bronnen Verwendung.<br />
„Herwartingen" ist ein Dorf ohne Kirche (Filiale<br />
von Hettingen). Burg Veringen ist vergessen. Unterhalb<br />
des zweiten Veringen verläßt die Laudiert das Gebiet des<br />
Württembergischen Forstes. Bei den meisten Orten ist die<br />
Herrschaftszugehörigkeit angegeben: WR = Württembergisch;<br />
SP = Spethisch; Fe = Fürstenbergisch; ZW = Zwiefaltisch.<br />
So hübsch die Karte aussieht, man sollte aus den<br />
Abbildungen keinerlei Schlüsse ziehen zum wirklichen<br />
Bild der Orte. Es handelt sich durchweg um Symbole.<br />
Ausschnitt aus der Gadenerschen Forstkarte, Blatt „Zwiefalter Forst".<br />
Melodie des Lebens<br />
Ich ruh' im lichten Buchenhain<br />
und träum' in Gottes Welt hinein.<br />
Ich bin kein Ich mehr und kein Du<br />
und lausch' in Andacht immerzu,<br />
fühl mich als kleines Stäublein nur<br />
im großen Dome der Natur.<br />
Die Amsel schluchzt im windgekosten Wipfel<br />
und ihre sehnsuchtsvollen Lieder perlen<br />
glockenrein hernieder aus dem Gipfel.<br />
Dazwischen lacht der Specht und rätscht ein<br />
Häherplärren.<br />
Es harft im hohen Rispengras der Wind,<br />
und in der Ferne jauchzt vor Glück ein Kind.<br />
Legionen Grillen schrillen sonnentrunken<br />
ihr Gezirp ohn' Unterlaß.<br />
Die Lerchen dudeln, und vom Ried herüber quarrt der<br />
Frösche Baß.<br />
Drüben, am buntbetupften, blumenübersäten Bergeshang<br />
wachsen graue Mauern aus dem satten Grün der Wiesen,<br />
und Linden überschatten Kreuze, unter denen Gräber<br />
liegen.<br />
Die Blumen blühen und ihr schwerer, süßer Duft<br />
durchwebt wie Weihrauch des Sommertages milde Luft.<br />
Die Immen läuten durch's Geäst und fiedeln<br />
nektartrunken des Lebens ew'ge Melodei.<br />
Nicht lange mehr wird's dauern, und auch ich werd'<br />
siedeln,<br />
dort, wo ew'ger Friede sei,<br />
drüben am buntbetupften, blumenübersäten Bergeshang.<br />
Alles Jauchzen, Lachen, Pläne machen,<br />
Vorwärtsstürmen und Erraffen<br />
hat nur allzuschnell ein Ende.<br />
Auch die Träne wird versiegen,<br />
jedes Leid vor Dir entfliehen<br />
an deines Lebens Wende.<br />
Nirgends kannst Du Ruhe finden,<br />
bis der Herrgott Dich holt heim;<br />
und Du schläfst in seinen Händen<br />
unterm Kreuz im Lindenhain.<br />
In der letzten Nummer haben wir versehentlich den Jahrgang 1971 weitergeführt, wofür wir unsere Leser um Entschuldigung bitten. Der Kopf<br />
des Heftes müßte selbstverständlich die Seitenzahl 1 tragen, sowie die Vermerke „22. Jahrgang, Nr. 1". Das Versehen wurde vor der<br />
Auslieferung bemerkt, aber wegen der Mehrkosten nicht mehr geändert. Bitte verbessern Sie Ihr Exemplar des April-Heftes handschriftlich<br />
selber. Das Ihnen vorliegende Heft ist <strong>1972</strong>/2 und beginnt mit Seite 17, da wir die Jahrgänge durchnumerieren. Die Redaktion
A. H. BUCKENMAIER<br />
P. Dionysius Schuler O. F. M.<br />
Titulctrerzbischof von Nazianz,<br />
geb. 22. April 1854 zu Schlatt - gestorben 7. September 1926 im Kloster Gorbeim<br />
Am Ausgang des Killertals liegt das kleine Dorf Schlatt<br />
bei Hechingen, das 1153 erstmals in alten Akten erwähnt<br />
wird. Der Ort besitzt zwei Kirchen, die eine über dem Ort<br />
gelegen aus dem 14. bis 15. Jahrhundert. Sie wird heute<br />
als Friedhofskapelle verwendet. Die andere wurde 1900<br />
im Ort errichtet. In ihr befindet sich im Altarraum folgende<br />
Inschrift:<br />
Zu Ehren unseres Ehrenbürgers P. Dionysius Schuler<br />
geboren am 22. April 1854 dahier, Priester seit dem<br />
21. September 1878, 1880 bis 1893 tätig In Nordamerika,<br />
1893 bis 1901 Provinzial der Thüringischen<br />
Provinz, 1903 bis 1911 Generalmiiiister des ganzen<br />
Franziskanerordens, 1911-1926 Erzbischof von Nazianz,<br />
i.p.i. gestorben am 7. September 1926 im<br />
Kloster Gorheim.<br />
Mit dieser Inschrift wird eines Mannes gedacht, der die<br />
Reihe der Kardinäle, Bischöfe und Äbte, die aus Hohenzollern<br />
stammen, würdig fortgesetzt bat.<br />
Das Lebensbild, das der franziskanische Mitbruder P. Gallus<br />
Haselbeck von P. Schuler entworfen hat, zeigt ihn als<br />
einen -wahren Nachfolger des Ordensgründers Franziskus,<br />
als treuen Sohn der Kirche und des Papstes, obwohl ihm<br />
diese Treue und Unterordnung schwergefallen sein, muß,<br />
da ihm Schwierigkeiten von Rom wie von seinen Ordensbrüdern<br />
erwuchsen,<br />
P. Dionysius Schüler wurde am 22. April 1854 als Sohn<br />
des Landwirtes und Schmicdes Johann Schuler in Schlatt<br />
in Hohenzollern geboren. Am 23, April wurde er auf den<br />
Namen Augustin getauft. Niemand dachte daran, daß der<br />
kleine Augustin einmal die höchste Stellung im Franziskanerorden<br />
als Generalminister einnehmen und später sogar<br />
den Titel des Erzbischofs von Nazianz führen sollte.<br />
Von seiner Mutter Genoveva wurde ihm von früher Jugend<br />
an der Geist der Frömmigkeit eingepflanzt, öfters<br />
wallfahrtete er mit seiner Mutter zur Schmerzensmutter<br />
nach dem "Weggental bei Rottenburg, von Schlatt aus ein<br />
Fußmarsch von 5 Stunden.<br />
Bis zum 14. Lebensjahr besuchte Augustin die Volksschule<br />
in Schlatt. Lerneifer und Begabung zeichneten ihn aus, so<br />
daß beschlossen wurde, ihn studieren zu lassen, Bei seinem<br />
Pfarrer in Jungingen (Schlatt war damals Filiale von<br />
Jungingen) lernte er Latein, um in eine höhere Klasse des<br />
Gymnasiums aufgenommen zu werden. 1868 trat er in<br />
Sigmaringen in die Quarta (3. Klasse) ein. Untergebracht<br />
war er im Fidelishaus, das damals vom Gründer, dem<br />
Geistlichen Rat Geiselhart, geleitet wurde.<br />
In Gorheim hatten sich seit 1852 die Jesuiten niedergelassen,<br />
die auch die Marianische Kongregation für die<br />
jungen Studenten leiteten, Augustin war Mitglied dieser<br />
Kongregation, Unter dem Novizenmeister P, Meschler<br />
machte er die ersten Exerzitien mit. Er faßte damals den<br />
Entschluß, Franziskaner zu werden. Kennen lernte er diesen<br />
Orden in seiner Heimat Schlatt. Dort versahen die<br />
Patres, die sich im früheren Dorninikanerlnnenkloster zu<br />
Stetten bei Hechingen niedergelassen hatten, den Gottesdienst<br />
in der Filialkirche.<br />
Die Übertretung eines Verbots - es war damals den Gymnasiasten<br />
untersagt, Gaststätten zu besuchen - war der<br />
Anlaß, daß Augustin mit der Obersekundareife Sigmaringen<br />
verließ und sich in Fulda um die Aufnahme in den<br />
Franziskanerorden bewarb,<br />
Die Thüringische Ordensprovinz begann sich eben von den<br />
Auswirkungen der Säkularisation zu Anfang des 19. Jahrhunderts<br />
zu erholen. Neben drei anderen Klöstern wurde<br />
1869 Stetten bei Hechingen übernommen, Diese vier Niederlassungen<br />
der Franziskaner bildeten nach der Verfassung<br />
des Ordens eine Kustodie. Als Kustos stand P. Aloysius<br />
Lauer, der spätere Generalminister, vor. Als 1871<br />
Augustin in den Orden von P. Lauer aufgenommen<br />
wurde, konnte dieser nicht ahnen, daß Augustin Schuler<br />
einmal „sein treuester und verständnisvollster Mitarbeiter"<br />
und später sein Nachfolger werden sollte.<br />
Durch den Bischof von Fulda erhielt Augustin Schuler die<br />
Firmung und wurde am Feste der hl. Elisabeth, der<br />
Schutzpatronin der Thüringischen Provinz im Jahre 1871<br />
auf dem Frauenberg zu Fulda eingekleidet. Er war damals<br />
17 Jahre alt. Dabei wurde dem jungen Novizen der<br />
Name Dionysius gegeben. (Dionysius ist der heimatliche<br />
Kirchenpatron des Novizen Schuler.) Sein Novizenmeister<br />
wurde P. Gregor Schlitt, der von Stetten bei Hechingen<br />
aus früher, in- Schlatt den Gottesdienst hielt. Heute steht<br />
noch in der Sakristei zu Stetten bei Hechingen ein kleiner<br />
19
Ständer, an dem die Lavabotüchlein aufgehängt wurden.<br />
Der Ständer ist eine Miniaturausgabe von den früher<br />
üblichen Wäscheständern, wie sie zum Wäschetrocknen im<br />
Haushalt gebraucht wurden. An jedem Arm dieses Ständers<br />
stehen die Namen der Patres, die damals in Stetten<br />
die kleine franziskanische Gemeinschaft gegründet hatten,<br />
so u. a. Präses (Vorsteher), P. Gregor.<br />
Aufzeichnungen Schulers während der Exerzitien und des<br />
Noviziats lassen ein reges inneres Leben und Streben erkennen.<br />
Am 21. November 1872, dem Feste Mariä Opfergang,<br />
legte Frater Dionysius die einfachen Gelübde ab. Während<br />
seiner Studienzeit brach 1871 der Kulturkampf aus,<br />
der in Preußen 1875 den Höhepunkt erreichte.<br />
Das Kloster auf dem Frauenberg wurde am 20. Oktober<br />
1875 geschlossen. Da man damit trotz Warnungen nicht<br />
gerechnet hatte, mußte die Provinz vorläufig aufgelöst<br />
werden. Die Verteilung auf benachbarte Provinzen war<br />
recht schwierig, und es dauerte eine Zeit, bis die belgische<br />
und holländische Provinz Patres und studierende Kleriker<br />
aufnahm. Einige Patres gingen auch als Pioniere nach<br />
Nordamerika, um Vorbereitungen für die Umsiedlung der<br />
Provinz zu treffen.<br />
Frater Dionysius wurde von der belgischen Provinz übernommen.<br />
Ihm fiel diese Verbannung schwer, da er stets<br />
sehr an seiner Heimat hing. Auch noch in späteren Jahren,<br />
als er bereits hohe Ämter bekleidete, kehrte er immer<br />
wieder für einige Tage in seine Heimat Schlatt zurück. In<br />
der Zeit, da er in Belgien weilte, schrieb er in sein Tagebuch<br />
als Exerzitienvorsatz: „. . . Geduldig (will ich) mich<br />
Deinem heiligen Willen unterwerfen und mich in mein<br />
Schicksal fügen". Am 22. November 1875 legte Frater<br />
Dionysius im Kloster Reckhem die feierlichen Gelübde ab.<br />
Im folgenden Jahr begann er das Studium der Theologie<br />
im Kloster zu St. Trond. Seine Kolleghefte bewahrte er<br />
bis zu seinem Tode auf. Es folgten die verschiedenen Weihen<br />
des jungen Klerikers. Am 21. September 1878 wurde<br />
er zu Mecheln vom Weihbischof Karl Andreas Anthonis<br />
zum Priester geweiht. Seine Primiz hielt er wahrscheinlich<br />
in Epinal. Dann kehrte er wieder nach Belgien zurück und<br />
beschloß Ostern 1879 seine Studien.<br />
Zwei Dinge lernte Pater Dionysius in der belgischen Ordensprovinz:<br />
die Pflege des inneren Lebens über die<br />
äußere Wirksamkeit zu stellen; Selbstheiligung, Chorgebet<br />
und die Feier der Liturgie sahen die Rekollekten als erste<br />
Aufgabe des Franziskaners. In einer Niederschrift legte<br />
P. Dionysius seine Vorsätze fest: „ . . . mich mehr und<br />
vollkommener Gott hinzugeben, nämlich, mich nicht zu<br />
bekümmern, wie es in der Welt geht, sondern nur für die<br />
gegenwärtigen Stunde leben, im übrigen für alle Menschen<br />
beten, ... im Stillen mit Jesus allein zu verkehren . . . und<br />
nur dann aus diesem einsamen Verkehr herauszutreten,<br />
wenn der Gehorsam oder die Liebe es verlangen."<br />
Zum zweiten eignete er sich in seinem vierjährigen Aufenthalt<br />
in Belgien die französische Umgangssprache so<br />
vollkommen an, daß er selbst in französischen Wortbildern<br />
so denken konnte, wie in deutschen. Als Generalminister<br />
kam ihm dies sehr zunutze.<br />
In Epinal begann für P. Dionysius die seelsorgerische Tätigkeit.<br />
Der Bischof von S. Die stellte den vertriebenen<br />
Franziskanern die Michaelskapelle mit einer kleinen Einsiedelei<br />
bei Epinal zur Verfügung. Die Unterkunft war<br />
armselig, das Volk mißtrauisch gegen die Deutschen, da<br />
kaum fünf Jahre nach dem Krieg von 1870/71 vergangen<br />
waren. Predigttätigkeit als einzig französisch sprechender<br />
Pater nahm seine Zeit in Anspruch. Volksmissionen,<br />
20<br />
die bisher dort unbekannt waren, führte er ein. Trotzdem<br />
1880 alle Männerklöster in Frankreich aufgelöst wurden,<br />
die keine staatliche Genehmigung hatten, behielt P. Dionysius<br />
Epinal immer in guter Erinnerung. Aber wieder<br />
einmal mußte er wandern. Diesmal nach Straßburg. Von<br />
dort aus versuchten die Patres eine Niederlassung im Elsaß<br />
zu gründen. Bergholzzell schien geeignet, aber die Tätig<br />
keit der Patres ward trotz wohlwollender Behandlung<br />
durch Reichsstatthalter von Manteuffel eingeschränkt<br />
keine Seelsorge, keine Hochämter. P. Dionysius kam erst<br />
im Januar 1881 dorthin. Es war für alle ein harter Winter,<br />
es fehlte Nahrung und Heizung. Das Volk verstand<br />
die Maßnahmen des Reichsstatthalters nicht, strömte herbei,<br />
aber die Patres hielten sich streng an die Vorschriften.<br />
Lediglich bei offenen Türen hielten sie das Chorgebet und<br />
feierten die heilige Messe, sonntags mit Harmonium und<br />
deutschen Kirchenliedern. Sie sollten schließlich bei den<br />
heiligen Handlungen auch die Türen schließen, denn die<br />
Klostergesetze des Kulturkampfes bestanden immer noch.<br />
Mutlos geworden wanderte P. Dionysius mit seinen Mitbrüdern<br />
nach Amerika aus. Er wurde dort in Paterson für<br />
kurze Zeit Novizenmeister. Seine Tätigkeit in Amerika<br />
war verschiedener Art: Kooperator des Klosterpfarrers<br />
von Paterson, Direktor des Dritten Ordens, wiederum<br />
Novizenmeister, Vikar des Konventes Paterson, Stellvertreter<br />
des Kustos in Amerika, Lektor der Moraltheologie,<br />
Geistlicher Leiter der Kleriker.<br />
Inzwischen waren in Preußen die klosterfeindlichen Gesetze<br />
gefallen. P. Dionysius Schuler konnte wieder nach<br />
Deutschland zurückkehren. Er trennte sich schwer von<br />
seinem Wirkungskreis in Nordamerika. Sein Biograph<br />
schreibt: „Für ihn selbst waren die zwölf Jahre in der<br />
Neuen Welt nicht ohne bleibenden Gewinn. Er eignete<br />
sich die englische Umgangssprache an, so daß er jetzt die<br />
drei wichtigsten Sprachen gut beherrschte: Deutsch, Französisch<br />
und Englisch. Bedeutsamer war, daß er dort jene<br />
gesunde Weitherzigkeit lernte, ohne die kein Oberer denkbar<br />
ist. Das war für ihn um so notwendiger, als die Rekollektenerziehung,<br />
die er in Belgien genossen hatte, bei<br />
aller Vortrefflichkeit zu Enge und Kleinlichkeit neigte.<br />
Amerika hatte ihm geholfen, diese Nachteile zu überwinden.<br />
Bei so ganz anders gearteten seelsorglichen Erfordernissen<br />
lernte er das Wesentliche des Klosterlebens vom<br />
Unwesentlichen zu scheiden und in kluger Weise ab- und<br />
zuzugeben. Das um so mehr, als sein Amt als Commissarius<br />
des Kustos ihn immer wieder vor die Notwendigkeit<br />
stellte, Entscheidungen zu treffen.<br />
Der Kustos und Provinzial<br />
Als P. Damasus Rüsing, erst 53 Jahre alt, im Oktober<br />
1893 starb, wurde P. Dionysius zum Nachfolger gewählt.<br />
Bis 1903 hatte er das Vertrauen seiner Wähler.<br />
Wenn wir von Schulers Wirken während desem Jahrzehnt<br />
sprechen, so war das bedeutendste Ereignis in dieser Zeit<br />
die Wiederherstellung der Thuringia als Ordensprovinz,<br />
deren Provinzial er 1894 wurde. Es würde zu weit führen,<br />
die einzelnen Etappen der Wiederherstellung der Ordensprovinz<br />
aufzuführen. P. Damasus Rüsing hatte gute Vorarbeit<br />
geleistet, so daß der Provinzial Schuler ihn als<br />
eigentlichen Begründer der Provinz nennt. Unter anderem<br />
gewann die Thuringia die Niederlassung Gorheim bei<br />
Sigmaringen. Vermutlich bemühte sich P. Kustos auch um<br />
die frühere Niederlassung in Stetten bei Hechingen. Am<br />
11. März 1890, nachdem alle Genehmigungen vorlagen,<br />
konnte das Kloster Gorheim eröffnet werden, „zwecks<br />
Aushilfe in der Seelsorge".
Im Jahre 1894 unter dem Provinzialat des P. Dionysius<br />
kamen die Verhandlungen über die Niederlassung Salmünster<br />
zum guten Ende. Es folgte das Seraphische Kolleg<br />
Watersleyde in Holland, der Konvent in Metz und<br />
die Residenz in Lutterbach. Als Lutterbach aufgegeben<br />
werden mußte, gewann Schuler dafür die Niederlassung<br />
Lübeln bei Metz. Weitere Gründungen scheiterten. Selbst<br />
das in nächster Nähe der Heimat Schulers liegende frühere<br />
Franziskanerkloster Sankt Luzen konnte keine Wiederbesiedlung<br />
bald aus diesen bald aus jenen Gründen<br />
erleben.<br />
Als man in Baden 1902 glaubte, daß das Ausnahmegesetz<br />
für Besiedlung von Klöstern aufgehoben würde,<br />
wandte sich Schuler sofort an Domkapitular Dreher (ein<br />
Hohenzoller) und an Erzbischof Nörber mit der Bitte,<br />
seiner Provinz auch in Baden eine Heimstatt zu geben.<br />
Aber erst 1918 konnte in Freiburg ein Franziskanerkloster<br />
gegründet werden. So blieb also im Süden Kloster Gorheim<br />
vereinzelt, da auch Württemberg damals noch für<br />
Ordensgründungen verschlossen war.<br />
Auf den Ausbau der schon bestehenden Klöster war Schuler<br />
sehr bedacht. Gorheim gelangte nach und nach zu Ansehen<br />
und wurde neben Beuron im Süden ein Begriff.<br />
Es entstand Ottbergen, das schon von P. Aloysius Lauer<br />
erworben war. Das alte Haus mußte aber einem dringenden<br />
Neubau weichen. Auch in Salmünster und Marienthal<br />
waren Restaurierungen, zum Teil auch Neubauten, notwendig.<br />
Schuler führte Verhandlungen über Bornhofen und trug<br />
zur endgültigen Klärung der wirtschaftlichen Verhältnisse<br />
des Klosters bei. Auf dem Frauenberg bei Fulda, der der<br />
Sitz des Provinzials auch heute noch ist, nahm die Zahl<br />
der Kleriker zu, so daß auch dort eine bauliche Erweiterung<br />
notwendig wurde. In Amerika besaß die Thurningia<br />
zwei Konvente und drei Residenzen. Unter Schulers P?ovinzialat<br />
kam noch die Niederlassung Callicoon hinzu.<br />
Die Abhängigkeit von der europäischen Thuringia aber<br />
war auf die Dauer unmöglich, so daß schließlich eine Abtrennung<br />
stattfinden mußte. Im Frühjahr 1900 ging Schuler<br />
als Visitator sämtlicher Provinzen nach Nordamerika,<br />
um die Trennung an Ort und Stelle zu prüfen. Im September<br />
1901 wurde diese vollzogen. Der Personalstand<br />
der Provinz hatte sich unter dem Provinzialat Schulers<br />
mehr als verdoppelt. Im Jahre 1903, als Schuler die Verwaltung<br />
des ganzen Ordens übernahm, hatte die Thuringia<br />
78 Prietser, 68 Kleriker, 60 Laienbrüder im Ersten<br />
und 33 im Dritten Orden, insgesamt also 239 Mitglieder.<br />
Das war also der Stand der Thuringia um das Jahr 1903,<br />
als P. Schuler zum Generalminister des gesamten Franziskanerordens<br />
gewählt wurde. Wie wir bisher sahen, hatte<br />
er nicht geringen Anteil am Aufbau des Ordens.<br />
Schulers Sorge um die Ausbildung<br />
Auch hier waren Schwierigkeiten über Schwierigkeiten zu<br />
überwinden. „Nach altem Ordensrecht hing die Selbständigkeit<br />
einer Provinz oder Kustodie von der Einrichtung<br />
der Studien zur Heranbildung des Nachwuchses ab - der<br />
humanistischen und philosophisch-theologischen Studien",<br />
schreibt Schulers Biograph. U. a. wurde in Gorheim ein<br />
Seraphisches Kolleg gegründet, aber später durch die Regierung<br />
aufgelöst. Schuler entschloß sich nach manchen<br />
vergeblichen Versuchen, Gorheim zu halten - Dechant<br />
Lauchert unterstützte ihn in dieser Bestrebung -, in Watersleyde<br />
das Kolleg zu eröffnen. Für die amerikanischen<br />
Klöster forderte Schuler ein eigenes Seraphisches Kolleg.<br />
Für Watersleyde sorgte er für eine Studienordnung und<br />
für den Ausbau des Lehrkörpers. Er sah darauf, daß eifrig<br />
studiert wurde. Besondere Vorliebe hatte Schuler für die<br />
Ordens- und Provinzgeschichte. Seine Hauptförderung<br />
war auf das seelsorgliche Wirken gerichtet. Schuler selbst<br />
übernahm als Provinzial in Fulda die Domkanzel, später<br />
die Militärseelsorge. An Volksmissionen beteiligte er sich<br />
selbst und spendete unermüdlich das Bußsakrament.<br />
Ganz besonders sorgte sich Schuler um das klösterliche<br />
Leben. Sein Biograph schreibt: „Seine bedeutungsvollste<br />
Tat zur Förderung franziskanischen Lebens war die Zustimmung<br />
zur geplanten Union des Ordens auf dem Generalkapitel<br />
zu Assisi im Jahre 1895. Seine einzige Bedingung<br />
war, daß das franziskanische Armutsideal in vollem<br />
Umfang beibehalten werde. Er forderte von seinen<br />
Ordensbrüdern strenge Beobachtung der Regel, der Generalkonstitutionen<br />
des Ordens und der neuen Provinzialverordnungen,<br />
strenge Prüfung der Novizen. Er ermahnte<br />
auch die geistlichen Erzieher der Professen, ihr Amt<br />
ernstzunehmen. Aszetische Strenge über die Regel hinaus<br />
liebte er nicht und gönnte Freiheiten und Erleichterungen<br />
jedem, soweit dies mit dem klösterlichen Leben vereinbar<br />
war. Sehr eifrig wachte er über die franziskanische Armut.<br />
Auch bei Bauangelegenheiten trug er Sorge, daß nicht<br />
überflüssig und pompös gebaut wurde. Entsprechend war<br />
seine Einstellung auch zum Geldverbot, obwohl das Geld<br />
durch die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse eine<br />
andere Rolle spielte als zur Zeit der Ordensgründung. Er<br />
predigte seinen Ordensmitgliedern die brüderliche Liebe<br />
untereinander als das Band der Vollkommenheit. In einem<br />
Rundbrief empfahl er die Zurückgezogenheit. „Lieben wir<br />
die heilige Einsamkeit, lieben wir unsere Zelle!" Großen<br />
Eifer hegte Schuler für das Chorgebet und den liturgischen<br />
Opferdienst. Er führte den sogenannten „Beuroner Choral"<br />
ein, ließ ein besonderes Officium verfassen und ein<br />
Meßformular zum Feste der hl. Elisabeth, der Patronin<br />
der Thuringia. Am Chorgebet nahm er, so oft er zu Hause<br />
war, stets teil, auch am Nachtchor, obwohl ihm das lange<br />
Stehen Schwierigkeiten machte. Gegen Ende seines Provinzialates<br />
schrieb er an seine Niederlassungen: „Gott<br />
ist es bekannt, wie gut ich es mit allen lieben Mitbrüdern<br />
gemeint habe" und bittet um Verzeihung, wenn er jemanden<br />
gekränkt oder beleidigt habe. „Im Frieden möchte ich<br />
aus meinem Amt scheiden und die Ruhe genießen, nach<br />
welcher sich mein Herz so sehr sehnt."<br />
P. Dionysius Schuler als Generalminister<br />
Es war ihm aber noch keine Ruhe beschieden. Acht Jahre,<br />
von 1903-1911, trug er die Last, Vorgesetzter aller Franziskaner<br />
zu sein. Am 15. Mai 1903 wurde Schuler unter<br />
die vereidigten Stimmenzähler gewählt und kein Mensch,<br />
am wenigsten Schuler selbst, dachte daran, daß dieser als<br />
Generalminister aus dieser Wahl hervorginge. Schon im<br />
ersten Wahlgang fiel die Entscheidung auf P. Schuler, der<br />
43 Stimmen erhielt. P. Dionysius war über diese Wahl so<br />
erschüttert, daß es selbst in den Kapitelsakten erwähnt<br />
wird. „Daß meine Wenigkeit wider alles Erwarten zum<br />
Nachfolger des hl. Vaters Franziskus und unseres unvergeßlichen<br />
sei. P. Aloysius Lauer erwählt worden ist,<br />
brauche ich euch nicht mitzuteilen", schreibt Schuler. „Es<br />
ist leider zu wahr, der liebe Gott hat mich schwer heimgesucht."<br />
Er habe Gott, die Mutter Gottes und den<br />
hl. Franziskus unter Tränen angefleht, ihn zu verschonen,<br />
Generalminister des ganzen Ordens zu werden und gebetet:<br />
„Laß diesen Kelch an mir vorübergehen! Da ich<br />
nun einmal verurteilt bin, in Rom zu leben und sehr<br />
wahrscheinlich auch zu sterben, so geschehe Gottes heiliger<br />
Wille." Er gedenke den Orden zu leiten, milde und stark,<br />
21
in aller Gerechtigkeit, Geduld und Liebe. Am 7. Juni 1903<br />
empfing Papst Leo XIII. den neuen Generalminister in<br />
Privataudienz. Papst Leo's großes Anliegen war, die verschiedenen<br />
Familien des Ordens zur Einheit zurückzuführen.<br />
P. Dionysius versprach dem Papst als 108. Nachfolger<br />
des hl. Franziskus, die Union weitgehend zu fördern<br />
und zu stärken. 76 Provinzen waren in der Union mit<br />
16 400 Mitgliedern vereinigt, als Schuler Generalminister<br />
wurde. Nach kurzer Zeit starb Leo XIII. und sein Nachfolger<br />
Papst Pius X. schien kein großes Interesse der<br />
Union entgegenzubringen. Schuler bangte um die erst<br />
6 Jahre bestehende Fusion. Sofort gingen Kräfte ans<br />
Werk, den Zusammenschluß rückgängig zu machen. Schuler<br />
aber erklärte „ . . . diese Union werde ich nicht nur als<br />
kostbares Erbe meiner Vorgänger unversehrt bewahren,<br />
sondern mehr und mehr festigen." Er kam den sich Sträubenden<br />
sogar so weit entgegen, daß er in jeder Provinz<br />
das eine oder andere Haus zur Verfügung stellen wollte,<br />
in dem sie nach eigenen Statuten leben könnten. Seine<br />
Haltung in dieser Sache war klar. Schuler schuf sich aber<br />
dadurch „eine stille, aber nachhaltige Opposition innerhalb<br />
des Ordens". Eine andere Belastung für den Generalminister<br />
war die Sorge um die französischen Ordensprovinzen<br />
in der Zeit der kirchenfeindlichen Politik der Regierung<br />
Combez. Unter Schulers Generalat konnten auch<br />
die spanischen Provinzen in das Unionswerk einbezogen<br />
werden. 1906 konnte er als Visitator nach Spanien gehen,<br />
von Klerus und Volk feierlich empfangen. König Alfons<br />
XIII. und die Königin-Mutter Maria Christina gewährten<br />
ihm Privataudienz. Schulers weitere Sorge galt den Provinzen<br />
in Mexiko und Cuba. Er kümmerte sich um die<br />
Ordensniederlassungen in Columbien, Brasilien, Ecuador,<br />
Chile und Peru wie auch um die argentinische Provinz.<br />
Unter ihm wurde dadurch die Erneuerung des Ordens in<br />
Südamerika abgeschlossen und die Voraussetzungen für<br />
weiteres Wachsen geschaffen.<br />
In Europa erstand wieder die Provinz Albanien, die durch<br />
die geschichtlichen Entwicklung auf dem Balkan nur noch<br />
Mission war-<br />
Der Zweite und Dritte Orden lag Schuler offenbar am<br />
Herzen, obwohl, wie sein Biograph schreibt, nur wenig<br />
Anhaltspunkte vorhanden seien. Auch dem weltlichen<br />
Dritten Orden schenkte Schuler große Beachtung. Er<br />
sorgte für straffere Organisation und veranstaltete Terziarenkongresse,<br />
die gerade unter seiner Regierung weit<br />
verbreitet wurden.<br />
Im Rahmen dieser Arbeit kann nur kurz auf die Förderung<br />
des klösterlichen Lebens durch P. Dionysius eingegangen<br />
werden. Er eiferte für die franziskanische Armut.<br />
Alle Mängel, die er am Orden bemerkte, führte er auf die<br />
Habsucht zurück. Er finde, schreibt Schuler, daß das Geld<br />
der Feind unserer Armut sei, zu sehr begehrt, leichtfertig<br />
angenommen und noch leichtfertiger verwendet werde.<br />
Am liebsten hätte Schuler das Geldgebot (besser: Geldverbot)<br />
nach der traditionellen Auslegung wieder eingeführt,<br />
kam aber nicht damit durch.<br />
Zu der evangelischen Armut gehört auch der klösterliche<br />
Kommunismus, die vita communis perfecta. Er war darauf<br />
bedacht, sie nach und nach einzuführen. Den Bedürfnissen<br />
sollte reichlich Sorge getragen werden. Im Antonianum<br />
in Rom, das seiner Verwaltung direkt unterstand,<br />
brauchte niemand Mangel leiden. Trotzdem hinterließ er<br />
keine Schulden, er konnte sogar die Baulast auf dem Antonianum<br />
endgültig tilgen.<br />
Ein weiteres Anliegen war die Pflege des Gebetes. Das Gebetsleben<br />
soll nicht unter der seelsorgerlichen Tätigkeit<br />
22<br />
leiden. Es besteht kein Zweifel, daß P. Dionysius Schuler<br />
den Orden wieder ganz im Geiste seines Gründers leiten<br />
wollte und seine Aufgabe als Generalminister darin sah,<br />
diesen Geist zu erfassen und zu erfüllen.<br />
Die Visitation der Klöster ist Pflicht für die Generalminister.<br />
Da die Ordensniederlassungen über den ganzen<br />
Erdkreis verstreut waren, so war das oft schwierig. Wie<br />
wenige seiner Vorgänger hat Schuler dieser Visitationspflicht<br />
genügt, wobei ihm seine Sprachkenntnisse zugute<br />
kamen. Neben seiner Muttersprache sprach er fließend<br />
französisch und englisch. Italienisch eignete er sich nach<br />
seiner Wahl zum Generalminister mühelos an. Manche der<br />
von Schuler besuchten Klöster hatten seit Jahrhunderten<br />
keinen Ordensgeneral mehr gesehen. „Durch diese Visitationen<br />
suchte Schuler den Eifer der Professen wachzuhalten<br />
und die Verbundenheit der Brüder mit dem Minister<br />
et Servus der ganzen Brüderschaft zu fördern", so<br />
sein Biograph.<br />
Eine längst erwünschte Gleichförmigkeit in den gottesdienstlichen<br />
Funktionen in allen Ordensniederlassungen<br />
zu heben, ließ Schuler das bestehende Caeremoniale revidieren<br />
und verpflichtete den ganzen Orden, nur dies zu<br />
benützen, nachdem die Ritenkongregation zugestimmt<br />
hatte. Ein Jahr später erfolgte die Veröffentlichung des<br />
Rituale Romano-Seraphicum. Der Choral wurde nunmehr<br />
im ganzen Orden eingeführt, wie in der Thuringia<br />
bereits geschehen.<br />
Den Festkalender des Ordens bereicherte Schuler und<br />
förderte franziskanische Volksandachten. Unter seinem<br />
Generalat fanden mehrere Seligsprechungsprozesse statt,<br />
die von Schuler angeregt und vom Franziskanerorden geführt<br />
wurden.<br />
Es würde zu weit gehen, nochmals über die Sorge für das<br />
Studium zu berichten. Wie sich Schuler bereits als Provinzial<br />
sehr um die Ausbildung kümmerte, so auch als Generalminister.<br />
Vor allem tat in der Union die Einführung<br />
eines einheitlichen Studienplanes für den ganzen Orden<br />
not. 1905 wurde dieser für 6 Jahre von Schuler veröffentlicht<br />
mit dem Wunsch, „daß durch diesen Plan die Pflege<br />
der Studien zunehme und sich immer mehr vertiefe und<br />
erweitere, . . . zum Nutzen der heiligen Kirche Gottes und<br />
zur Ehre des Ordens". In rascher Folge wurden Studienhäuser<br />
eingerichtet und ein ausführlicher Lehrplan veröffentlicht.<br />
U. a. riet Schuler, in Löwen im belgischen Flandern ein<br />
Studienhaus zu errichten für Studenten, die lebende orientalische<br />
Sprachen und Naturwissenschaft studieren wollten.<br />
Dem Bibelinstitut in Jerusalem suchte er ebenfalls Studenten<br />
zuzuführen: „Wenn je, dann müssen wir heute<br />
Männer besitzen, die mit den Waffen der biblischen Wissenschaft<br />
unser Erbe wider alle Gegner, im besonderen die<br />
modernen, verteidigen." Um das wissenschaftliche Niveau<br />
zu heben, förderte Schuler das Studium an den weltlichen<br />
Hochschulen, obwohl gegen den Geist dieser Universitäten<br />
damals ein berechtigtes Mißtrauen bestand.<br />
Anfangs 1900 begann der Kampf Papst Pius' X. gegen<br />
den Modernismus. Schuler verlangte vom Orden unbedingte<br />
Unterwerfung der Brüder unter die Dekrete des<br />
Apostolischen Stuhles. Trotzdem kam das Antonianum in<br />
den Geruch des Modernismus und verschiedenen Lektoren<br />
wurde nahegelegt, auf das Lektorat zu verzichten. Schuler<br />
hat es als Verleumdung empfunden, das Antonianum als<br />
„Modernistennest" zu bezeichnen.<br />
(wird fortgesetzt)
P. STEPHAN MEYERHANS, OSB<br />
Prinz Karl und die Weinburg<br />
Der Prinz erhielt den seinen auf den Namen Karl Hettingen,<br />
Particulier (Privatmann) von Thal, Bezirk Unterrheintal,<br />
für Reise nach Odessa. Diesen Namen war der<br />
Prinz zu führen berechtigt, weil die Familie das Schloß<br />
Hettingen besaß und sich fürstliche Personen, wenn sie<br />
incognito reisen, nach ihren Besitzungen nennen dürfen.<br />
Zudem war er für die St. Galler Polizei kein Prinz, sondern<br />
ein reiner Privatmann. Weil er im Kanton Grund<br />
besaß und denselben monatelang bewohnte, konnte ihm,<br />
obschon er Ausländer war, ein Paß bewilligt werden.<br />
Nach den auf dem Staatsarchiv des Kantons St. Gallen<br />
(wenigstens 1904) noch vorhandenen Schriften lautete das<br />
Signalement des Prinzen: Alter 26, Größe 5 Fuß, 7 1 /* Zoll,<br />
Statur schlank, Haare und Augenbrauen schwarz, Augen<br />
grau, Nase spitzig, Mund mittler, Kinn rund, Bart braun,<br />
Gesicht länglich, Kennzeichen; trägt Brille (er trug sie nur<br />
während der Reise, um sich unkenntlich zu machen), Herr<br />
von Werner erhielt einen Paß auf den Namen Friedrich<br />
Werner, Particulier von Thal, wohnhaft in Thal, zur<br />
Reise nach Deutschland, Oesterreich, Odessa. Die Herren<br />
hatten ihre Reisezwccke etwas verschieden angegeben, weil<br />
sie beabsichtigten, sich auf der Reise zu trennen und den<br />
Schein zu vermeiden, daß sie zusammengehören. Die<br />
Pässe wurden von Herr von Werner mit je Fr. 1.50 nach<br />
der Taxe bezahlt. Nachdem die Pässe abgegeben waren,<br />
verabschiedeten sie sich aufs herzlichste, Regierungsrat<br />
Aepli wünschte dem Prinzen alles Glück zu seiner Reise,<br />
desgleichen Herr Regierungsrat Steiger.<br />
Rorscbach-Lindau-Wien: der Prinz saß auf Nadeln<br />
Noch am selben 15. Mai tritt Prinz Karl um 11.00 Uhr<br />
seine Reise mit der Bahn an. Uni 12.00 Uhr besteigt er m<br />
Rorschach den Dampfer nach Lindau. Auf der Fahrt<br />
•schaut er wehmütig zur Weinburg am Buchberg hinüber,<br />
in der er seit 15 Jahren jeden Herbst so glücklich zugebracht<br />
hat. In Lindau steigt er in den Zug nach München<br />
Zinsbuch des hl. Gallus in Hermentingen<br />
Im Pfarrarchiv zu Hettingen Siegt ein Zinsbuch des Kirchenheiligen<br />
St, Gallus zu Hermen dingen vom 28- April<br />
1548, erneuert am Samstag nach Georgi 1548 im Beisein<br />
Hans Vischers, Schultheißen zu Hettingen, Ulrich Franken<br />
des Pfarrers, Hans Faullers lind Wolff Kraussen Burgermeister<br />
und Jakob Knupfers. Nota: Uf Frytag nach Sebastiani<br />
1508 sind sant Gallen Patron zu Hermtingen<br />
Zins erneuert worden in Beisein Herrn Pfarrers Hans<br />
Hasen und der Inwohner zu Hermentingen, Weber Hansen<br />
des Schultheißen und etlicher Richter von Hettingen.<br />
Wir entnehmen daraus: Unter Staiger Bruck. Stephan<br />
Acker zu Gammertingen. Am Bildstock uf dem Stig. Des<br />
Pfarrers Hus zu Hermtingen am Bach. Hans Bader hat<br />
sein Haus zu Veringen am Bach. 6 Mannsmad Wiesen in<br />
Bierken by dem Hns (Birkhof!); Vor der Madersteig.<br />
Im Wenkel. In der unteren Werd ist ain Resse (Zanfroze!),<br />
(Frdl, Mitt. des Herrn Pfarrers Gustav Scharm).<br />
J. A. Kraus<br />
Engestbai ist das westlich der Straße nach Rulfingen von<br />
der Hochfläche absinkende Tal bis zur Krauchenwieser<br />
Straße. In Aufzeichnungen im 17. und 18. Jahrhundert<br />
findet sich nur die Bezeichnung Engesthal. Man geht wohl<br />
(Fortsetzung und Schluß)<br />
um. Mit Flerzklopfen fahrt er am nächsten Tag in den<br />
österreichischen Grenzbahnhof Salzburg ein. Als er dort<br />
im Wartsaal auf den nächsten Zug nach Wien wartet,<br />
treten einige ihm bekannte österreichische Offiziere ein,<br />
mit denen er zwei Jahre zuvor den dänischen Feldzug<br />
mitgemacht hat, Um nicht erkannt zu werden, versteckt<br />
er sich hinter einer Zeitung und scheint eifrig zu lesen.<br />
Im Naehtzug nach Wien kann er nicht schlafen. Er macht<br />
sich Sorgen, sein kühnes Unternehmen könnte noch scheitern.<br />
In der Wiener Bahnhofhalle eilen mehrere österreichische<br />
Generale, die er genau kennt, an ihm vorüber.<br />
Doch auch hier geht alles wieder gut,<br />
Am 18. Mai erreicht der Prinz mit seiner Begleitung<br />
schließlich Basiasch, die Endstation der österreichischen<br />
Staatsbahn. In einem schmutzigen Gasthof muß hier der<br />
Prinz zwei Tage lang den nächsten Donaudampfer abwarten,<br />
An Landammann Aepli wird daher das Telegramm<br />
aufgegeben: „Wir können nicht vor Sonntag nach<br />
Odessa reisen. Benachrichtigen Sie meine Eltern. Hettingen",<br />
Durch Vermittlung Aepli's werden die besorgten<br />
Ehern verständigt. Endlich kommt dann Prinz Karl wohlbehalten<br />
in der rumänischen Grenzstadt Tu rnu-Severin<br />
an. Eiligst verläßt er das Schiff. Es folgt der Einzug in<br />
Bukarest, wo er als Landesfürst mit Jubel empfangen<br />
wird. Das gefährliche Unternehmen ist geglückt.<br />
Noch oft kehrte er zur Wernburg zurück<br />
Fürst Karl, 1881 zum König Carol I, von Rumänien gekrönt,<br />
bewahrte sein Land vor dem Bürgerrkieg, erhob es<br />
zu Wohlstand und erkämpfte ihm die Unabhängigkeit<br />
von der Türkei. Wiederholt kehrte er zur Weinburg zurück,<br />
um sich dort zu erholen. Das erstemal war es am<br />
16. September 1869 - vor hundert Jahren. Von Lindau<br />
aus fuhr er damals mit einer Extrapost über Bregenz nach<br />
Rheineck in die nahegelegene Weinburg, wo er dann in der<br />
Sternburg wieder sein altes Zimmer bewohnte.<br />
nicht fehl, wenn man das Wort vom Personennamen Engel<br />
ableitet. Das Engelstal ist des Engels Tal oder s'Engels<br />
Tal. Talbezeidmungen sind häufig mit Personennamen<br />
verbunden. Die heutige Bezeichnung „Sängersthal", oder<br />
gar „Singersthaj" ist eine Mißbildung und findet aus der<br />
geschichtlichen Schau keine Stütze.<br />
Die Fahnenäcker leiten ihren Namen vom mhd. fane -<br />
Farn ab. Der Wald, der früher vom Hohholz (Hochholz)<br />
her bis zu diesem Flurteil vorgestoßen ist, mag nach seiner<br />
Rodung noch lang Gestrüpp mit Farnbeständen hinterlassen<br />
haben.<br />
Frauenberg. Auf dem Berg, auf dem in der Römerzeit ein<br />
römischer Gutshof gestanden hat, war nach den Aufzeichnungen<br />
in der Pfarrchronik einst - man kann dafür ungefähr<br />
die Zeit vom 14. bis 16. Jahrhundert annehmen - ein<br />
kleines Heiligtum erbaut, das unserer Lieben Frau geweiht<br />
war. Das Kirchlein oder die Kapelle mit einer Holzskulptur<br />
der Muttergottes sei eine weit und breit berühmte<br />
Wallfahrtsstätte gewesen. Der Berg mit der Kapelle zu<br />
Unserer Lieben Frau war im Volksmund der Liebfrauenberg<br />
und ist später zum Frauenberg geworden.<br />
Die Fretzwiesen leiten ihren Namen von fretzen, frezen<br />
= weiden, abweiden ab. Sie waren mit dem Weiderecht<br />
ausgestaltet und durften daher abgeweidet werden, während<br />
die Wiesen ohne Weidreclit gemäht wurden.<br />
23
JOSEF MÜHLEBACH<br />
Wangen im Ostrachtal<br />
Aus der Geschichte des Dorfes bis 1968<br />
Durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gebietes von<br />
Landkreisen in Baden-Württemberg vom 22. April 1968<br />
ist die Gemeinde Wangen im Ostrachtal zum 1. Januar<br />
1969, bis dahin Enklave im Landkreis Sigmaringen, aus<br />
dem Landkreis Uberlingen ausgegliedert und in den Landkreis<br />
Sigmaringen eingegliedert worden. Weil Wangen bis<br />
vor wenigen Jahren nicht zu Hohenzollern gehörte, wurde<br />
über die Geschichte des Dorfes in der „Hohenzollerischen<br />
Heimat" nur wenig berichtet. Es ist deshalb wohl berechtigt,<br />
hier eine kurze Schau auf die Geschichte der jüngsten<br />
Gemeinde des Landkreises Sigmaringen zu versuchen.<br />
Wangen wird erstmals von Gallus öhem, Priester in Radolfzell,<br />
später in Konstanz, in der von ihm in den ersten<br />
Michaelskapelle<br />
Jahren des 16. Jahrhunderts verfaßten Chronik der Abtei<br />
Reichenau genannt. (Bearbeitet von Karl Brandi. Quellen<br />
und Forschungen zur Geschichte der Abtei Reichenau Bd. 2<br />
Heidelberg 1893.) Gallus öhem berichtet u. a. für Wangen<br />
und zwar für 799 eine Güterschenkung des Grafen Gerold,<br />
des Schwagers Karls des Großen, an das Gotteshaus<br />
Reichenau. Nur wenige Gemeinden unseres engeren Heimatbereiches<br />
können auf ein solch hohes Alter zurückblicken.<br />
Ostrach zum Beispiel wird als Hostrahun erst 851<br />
in einer ersten geschichtlichen Aufzeichnung genannt. Erst<br />
nach nahezu 300 Jahren, 1187, tritt Wangen nach dem<br />
Salemer Urkundenbuch, diesmal urkundlich, in Erscheinung.<br />
Abt Diethelm von Reichenau übergibt dem Kloster<br />
Salem den Fremberg oberhalb des Hofes Raitenhaslach, wogegen<br />
er von Salem das Gut Mirmisloch und ein Gut zu Wangen<br />
empfängt. Dieser Gütertausch läßt jedenfalls den Schluß<br />
zu, daß, anknüpfend an die Aufzeichnung von 799, zwischen<br />
der Abtei Reichenau und Wangen in diesem Zeitraum<br />
dauernd Beziehungen bestanden haben. Die Erwerbung<br />
des Gutes zu Wangen wird 1189 von Abt Diethelm<br />
24<br />
von Reichenau dem Kloster Salem bestätigt. 1211 wird in<br />
einer Urkunde des Abtes Heinrich von Reichenau über die<br />
Übergabe eines Gutes zu Deisendorf an das Kloster Salem<br />
u. a. als Zeuge Hubertus von Wangen genannt. Später<br />
1243, 1248, 1262 und 1279, werden weiter in Urkunden<br />
des Klosters Salem Ecchehardus miles de Wangen, Eggihard<br />
von Wangen, Adelheid von Wangen und Heinrich<br />
von Wangen genannt.<br />
Nach der Gütergeschichte des Klosters Weißenau bei Ravensburg<br />
(Acta ecclesiae s. Peter in Augie-Owe) haben<br />
um 1290 zwei Brüder Freie von Bittelschieß drei Güter in<br />
Wolfartsweiler und Wangen gegen drei Güter der Kirche<br />
Weißenau getauscht (Zeitschrift Oberrhein 29.29). 1295<br />
übertragen auf Bitten des Ulricus miles von Königsegg die<br />
Herren von Gundolfingen die großen und kleinen Zehnten<br />
in Wangen an das Kloster Salem.<br />
1324 haben Abt Diethelm und der ganze Konvent des<br />
Klosters Reichenau den Kelnhof in Wangen an den Ritter<br />
Berthold von Urach verkauft. Kelnhof (Kellhof) war der<br />
Haupthof eines klösterlichen Verwaltungsbezirks in einer<br />
Ortschaft. Im gleichen Jahr hat Vogt Mürli zu Sigmaringen<br />
nach dem Schirmbrief vom 10. November 1324 die<br />
Schirmherrschaft für die in der Grafschaft Sigmaringen<br />
gelegenen Orte des Salemer Amtes Ostrach: Lausheim,<br />
Ostrach, Burgweiler, Magenbuch, Levertsweiler, Spöck<br />
und Wangen übernommen. Wangen hat also 1324 zum<br />
Salemer Amt Ostrach gehört. Die Zugehörigkeit zum Amt<br />
Ostrach hat aber für Wangen schon im folgenden Jahrhundert<br />
bei gebietlichen Abgrenzungen zwischen den<br />
Grafschaften Sigmaringen und Heiligenberg geendet. Das<br />
Jahr 1434, in dem die Werdenberger der Sigmaringer<br />
Linie nach langen Auseinandersetzungen die benachbarte<br />
reichslehenbare Grafschaft Heiligenberg an sich brachten,<br />
war für das Dorf Wangen insofern bedeutsam, als es von<br />
dieser Grenzbereinigung betroffen wurde. Für 1463 ist<br />
bestätigt, daß Wangen an Heiligenberg übergegangen ist.<br />
Am 5. Januar 1463 verkauft Jerg von Köniesegg an Graf<br />
Johann zu Werdenberg, den älteren, Vogtei, Gericht,<br />
Zwing und Bann und die Fischenz in der Ostrach zu<br />
Wangen um 85 Rh. Gulden (F U B I VI Nn. 2721. Wangen<br />
zählte fortan, also nach dem Ubergang des Niedergerichts<br />
an Werdenberg, zu den Werdenberger Allodialdörfern.<br />
1467 vermacht Hans Werner von Zimmern der Pfarrkirche<br />
St. Martin in Meßkirch seine Einkünfte in Wangen.<br />
Diese wenigen geschichtlichen Daten aus dem 12. bis<br />
15. Jahrhundert über Besitzungen, den Tausch von Gütern,<br />
über Berechtigungen und Rechte sonstiger Art in<br />
Wangen sollen für zahlreiche weitere geschichtliche Erwähnungen<br />
aus jener Zeit stehen. Solche weiteren Daten<br />
berühren Beziehungen zu Ostrach, Pfullendorf, den Klöstern<br />
Habsthal und Inzigkofen und zu anderen Orten<br />
dieses Bereiches.<br />
Von 1435 bis 1534 waren die beiden Grafschaften Sigmaringen<br />
und Heiligenberg in Personalunion zusammengeschlossen.<br />
Nach dem Aussterben der männlichen Werdenberger,<br />
1534, kam die Grafschaft Sigmaringen als österreichisches<br />
Lehen an Karl von Hohenzollern. Die Grafschaft<br />
Heiligenberg fiel zusammen mit dem Werdenbergischen<br />
Allod an Friedrich von Fürstenberg als Schwiegersohn<br />
Christophs von Werdenberg, des letzten Werdenbergers.<br />
Der Ort Wangen, der 1463 von den Werdenber-
gern erworben worden war, kam bei der Auseinandersetzung<br />
über Grenzfragen (mit Aach, Sentenhart und<br />
Schwäbiishausen) ohne weiteres an Fürstenberg, obwohl<br />
er in der Grafschaft Sigmaringen lag. Die Trennung der<br />
Grafschaften Sigmaringen und Heiligenberg wurde durch<br />
den Vertrag von Pfullendorf geregelt. Durch den Vertrag<br />
von Pfullendorf vom 5. Februar 1540 zwischen dem Grafen<br />
Wilhelm von Fürstenberg und dem Grafen Karl von<br />
Zollern wurden Einzelheiten über die Trennung der Grafschaften<br />
Heiligenberg und Sigmaringen geregelt. Für<br />
Wangen verblieb es dabei bei seiner Zugehörigkeit zur<br />
Grafschaft Fürstenberg.<br />
In der Schrift: Heiligenberg in Schwaben (1853) von<br />
C. B. A. Fickler wird für das 17. Jahrhundert - es dürfte<br />
die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg gewesen sein -<br />
Wangen mit 11 Bürgern als zur Grafschaft Heiligenberg<br />
gehörend angeführt.<br />
Die Drangsale des Dreißigjährigen Krieges haben auch<br />
dem Dorf Wangen viel Not und Leid gebracht. Die ganze<br />
Pfarrei Ostrach, zu der Wangen auch damals schon gehörte,<br />
zählte am Ende des Krieges nur noch 160 Bewohner.<br />
Von 1650 bis 1660 kamen, wie das auch anderwärts<br />
vielfach zu verzeichnen war, schweizerische Einwanderer<br />
und brachten neues Leben in das Gemeindewesen. Nachfahren<br />
dieser Einwanderer leben heute noch in Wangen.<br />
Auch bei den Kämpfen der Schlacht bei Ostrach am<br />
21. März 1799, in der die Franzosen von den Österreichern<br />
geschlagen und zum Rückzug in Richtung Stockach<br />
gezwungen wurden, hat Wangen notvolle Tage erleben<br />
müssen.<br />
In dem im Fürstl. Fürstenbergischen Archiv in Donaueschingen<br />
befindlichen Urbar der Gemeinde Wangen von<br />
1760 sind um die Mitte des 18. Jahrhunderts für Wangen<br />
folgende Grundherrschaften — allerdings mit recht unterschiedlicher<br />
Größe des Grundeigentums - ausgewiesen:<br />
Kloster Habsthal, Kloster Salem, Kloster Inzigkofen,<br />
Pfarrer in Ostrach, Pfarrei Ostrach, Heiliger zu Ostrach,<br />
Frühmeßpfründe zu Ostrach, Kirchenpatron zu Wangen,<br />
Kirchenpatron zu Einhart, Herrschaft Fürstenberg,<br />
Pfründe zu Pfullendorf, Pfründe zu Mengen, Familie<br />
Sautter von Laiterberg, Gemeinde Einhart, Gemeinde Magenbuch,<br />
Gemeinde Wangen, Eigengüter der Bauern. (Aus<br />
der Arbeit von Helmut Lieb: „Die Grundherrschaft des<br />
Augustinerinnenklosters Habsthal im 18. Jahrhundert".<br />
Im Fürstl. Hohenz. Haus- und Dom.Archiv Sigmaringen.)<br />
Als 1806 die Fürstenbergische Reichsgrafschaft Heiligenberg<br />
in dem von Napoleon errichteten Großherzogtum<br />
Baden aufging, wurde Wangen badisch und blieb badische<br />
Exklave im damaligen Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen.<br />
Von 1806 bis 1849 hat Wangen dem badischen<br />
Amtsbezirk Heiligenberg, von 1849 bis 1936 dem Amtsbezirk<br />
Pfullendorf und nach dessen Auflösung von 1936<br />
bis Ende 1968 dem Landkreis Überlingen zugehört. Der<br />
Status der Exklave blieb für Wangen nach Anschluß Hohenzollerns<br />
an Preußen von 1850 ab bestehen.<br />
Durch das oben erwähnte Exklavengesetz vom 22. April<br />
1968 wurde Wangen zum 1. Januar 1969 in den Landkreis<br />
Sigmaringen eingegliedert.<br />
Die Kapelle<br />
Kirchlich ist Wangen Filiale der Pfarrei Ostrach. Im Dorf<br />
steht eine Kapelle, die dem St. Michaelis Archang geweiht<br />
ist. Sie ist romanisch und geht in der Anlage wohl in das<br />
12. Jahrhundert zurück. Im Dreißigjährigen Krieg beschädigt,<br />
wurde sie 1676 wieder instandgesetzt. Einer Renovierung<br />
1895 folgte eine weitere im Jahre 1959, bei der<br />
sich hinter dem Aufsatz des Barockaltars ein romanisches<br />
Fenster in der frühen Form fand, wie sie bei der Kapelle<br />
Goldbach bei Überlingen zu sehen ist. Im Turm habe nach<br />
Aussage des Mesners bei der Renovierung 1959 früher die<br />
Jahreszahl 1118 gestanden.<br />
Die Kapelle ist kunstgeschichtlich recht bedeutsam ausgestattet.<br />
Das frühere Altarbild, jetzt an der Nordwand,<br />
zeigt vor Landschaft den hl. Franz Xaver in<br />
schwarzem Habit, kniend, den Kopf erhoben, nach dem<br />
Kreuz in den Wolken blickend, zu dem der Finger des<br />
Engels weist, dessen Linke die Schulter des Heiligen umfängt.<br />
Das Bild ist eine ausgezeichnete Malerei des 17.<br />
Jahrhunderts. Auf dem Altartisch steht eine Pieta, die aus<br />
3 Bilder: Hohenz, Landesdenkmalpflege<br />
der Pfarrkirche Ostrach stammt. Christus ohne Dornenkrone,<br />
die Trauer der Mutter durch aufgemalte Tränen<br />
betont, sonst könnte das edle Gesicht mit den großen<br />
schönen Zügen auch mit stiller Verklärung erfüllt gewesen<br />
sein. Die schönen Hände halten Kopf und Arm des Toten.<br />
Das Kopftuch mit Goldsaum fällt bis auf den Boden als<br />
weit drapierter Mantel herunter. Die in das 15. Jahrhundert<br />
datierte Gruppe wird wegen ihrer edlen Form<br />
gerühmt. Eine Konsole an der Südwand trägt die Figur<br />
der schmerzhaften Muttergottes, stehend, mit Schwert in<br />
der Brust und mit Krone - 16. Jahrhundert -. In einem<br />
Ölbild auf Leinwand ist Christus in der Ruh, neben<br />
Geißelsäule sitzend, mit Dornenkrone und Rohr, Kopf in<br />
die Hand gestützt, dargestellt. Weiter sind vorhanden ein<br />
Ölbild des hl. Michael, Figuren aus dem 16. Jahrhundert<br />
- des hl, Michael, der hl. Verena mit Henkelkrug und<br />
scheibenförmigem Brot, des hl. Bischofs Ulrich mit Mitra,<br />
Stab und Buch und des hl. Johannes-Evangelist mit Kelch,<br />
an dem die Schlange fehlt. Alle Plastiken haben bei der<br />
Renovierung der Kapelle im Jahr 1959 wieder die ursprüngliche<br />
farbliche Fassung bekommen. (Nach Akten<br />
des Landeskonservators der Kunstdenkmäler Hohenzollerns.)<br />
Die Kapelle, deren romanische Stilform bei der<br />
Renovierung 1959 wiederhergestellt wurde und die dadurch<br />
für das Dorf zu einem ausnehmend schönen Kunstdenkmal<br />
geworden ist, steht unter Denkmalschutz.<br />
Von 1652 an ruhte auf dem Kretzdornschen Hof, dem<br />
Hofgut des letzten Bürgermeisters Johann Scholter, bis<br />
zur Ablösung im 19. Jahrhundert die Verpflichtung zur<br />
Leistung einer Naturalienabgabe an die Pfarrpfründe<br />
Ostrach.<br />
25
Muttergottes in Wangen<br />
Aus der jüngsten Dorfgeschichte seit 1969<br />
Ein bedeutungsvolles Fest - bedeutungsvoll für die jüngste<br />
Ortsgeschichte - war für Wangen die Hundertjahrfeier<br />
der Freiwilligen Feuerwehr, verbunden mit Fahnenweihe,<br />
am 2. und 3. August 1969. Mit dem Jubiläum, mit dem<br />
die Weihe einer neuen von den Schwestern des Klosters<br />
Habsthal gefertigten Fahne verbunden war, haben die<br />
Freiwillige Feuerwehr und die Gemeinde bekundet, daß<br />
die Freiw''nge Feuerwehr Wangen im Jahr 1869 mit der<br />
Aufstellung einer Feuerlöschordnung ins Leben getreten<br />
ist. An den Festtagen der Hundertjahrfeier fand das Hineinwachsen<br />
der Gemeinde Wangen in die Gemeinschaft<br />
des Landkreises Sigmaringen überzeugenden Ausdruck.<br />
Ein besonders wichtiges Ereignis für die Gemeinde war<br />
ihre Eingemeindung nach Ostrach. Am 13. Oktober 1971<br />
hatte der Gemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung der<br />
Eingliederung zugestimmt. Nachdem dieser Beschluß am<br />
Zum Namen Ringingen<br />
Wenn Karl Th. Zingeler 1896 aus dem Wappen des Ringinger<br />
Adels, den drei Ringen auf einem Schrägbalken,<br />
auf eine frühere Gerichtsstätte schließen wolle so war<br />
dies, da Wappen erst seit ca. 1150 nachweisbar sind,<br />
ebenso gewagt, wie wenn der Unterzeichnete aus einem<br />
wahrscheinlichen Gerichtsplatz im Kreben und der ehemals<br />
„Ring" genannten Zuhörerschaft bei Gerichten einen<br />
Ansatzpunkt für die Entstehung des Namens Ringingen<br />
suchen wollte 2 . Haben doch die Geschichtsforscher des<br />
Konstanzer Arbeitskreises in der Zwischenzeit herausgefunden,<br />
daß die Gerichtsorte der einzelnen Gebiete im<br />
Lauf der Jahrhunderte wie viele andere Institutionen<br />
und Rechtsordnungen sehr stark dem Wechsel unterworfen<br />
waren und man z. B. aus dem 13. Jahrhundert keineswegs<br />
ins 10. oder ein noch früheres Jahrhundert zurück<br />
Schlüsse ziehen kann. Auch der „Stein bei Ringingen"<br />
(Krs. Ehingen), der im Jahre 1255 als Gerichtsplatz genannt<br />
wird s , war nach Günter Montfort kein künstlich<br />
im Dorf selbst aufgerichteter Steinblock, wie der sog.<br />
26<br />
22. November in öffentlicher Sitzung bestätigt wurde, ist<br />
die Eingemeindung nach Ostrach am 4. Dezember 1971<br />
vollzogen worden.<br />
Das Dorf und sein Name<br />
Wangen hat eine Gemarkungsfläche von 282 Hektar,<br />
zählt 167 Einwohner, 43 Haushaltungen und 49 Gebäude,<br />
darunter 37 Wohnhäuser. Die Schreibweise Wangen<br />
findet sich schon in ältesten geschichtlichen Aufzeichnungen.<br />
Vereinzelt, so 1248, erscheint der Name Wangin<br />
und 1468 Wanggen. Wangen kommt von Wang, das ist<br />
Feld, Ebene, natürlich grünendes, ebenes Gelände, lateinisch<br />
campus, im Plural Wangen. Unser Wangen ist eine<br />
Siedlung auf der ebenen Talsohle des Ostrachtales. Siedlungsgeschichtlich<br />
ist die Entstehung des Ortes in die Zeit<br />
der alemannischen Landnahme im 4. und 5. Jahrhundert<br />
n. Chr. zu datieren. Neben Kirche und Friedhof hat Wangen<br />
die Schule und den Planungsverband Ostrachtal und<br />
das Vereinsleben mit Ostrach gemeinsam.<br />
Das Gemeindewappen von Wangen ziert ein Pflug im<br />
Ackerfeld. Das Wappenzeichen geht wohl schon in die<br />
Fürstenberger Zeit zurück. Der Pflug ist Symbol der<br />
Landwirtschaft. Aber gerade als ländliche Gemeinde hat<br />
sich Wangen immer bemüht, auch ein schönes, schmuckes<br />
Dorfbild zu bieten. Farbenprächtiger Blumenschmuck an<br />
Fenstern und in den Gärten vom Frühjahr bis in den<br />
späten Herbst bietet sich zur Freude der einheimischen Bevölkerung<br />
und zur Freude und Bewunderung der Besucher<br />
des Dorfes. So war es für Wangen eine beglückende<br />
Auszeichnung, als im Jahr 1969 bei dem vom Landkreis<br />
Sigmaringen durchgeführten Schönheitswettbewerb die<br />
Gemeinde in der ländlichen Gruppe den ersten Preis erhielt.<br />
Nachdem vor kurzem der Durchgangsverkehr der<br />
Landstraße Habthal-Ostrach durch eine westliche Umgehung<br />
aus dem Dorf herausverlegt worden ist, wird das<br />
sicher zu einer glücklichen Voraussetzung für eine vom<br />
Straßenverkehr unbeschwerte Entfaltung und Weiterentwicklung<br />
des blumenfreudigen dörflichen Lebens werden.<br />
Anmerkung: Als Quellen und Schrifttum seien außer den im vorstehenden<br />
Text angeführten Quellenangaben noch genannt das Salemer<br />
Urkundenbuch und das Fürstenbergische Urkundenbuch, beide mit<br />
mehrfadien Erwähnungen von Wangen, ferner der Realschematismus<br />
der Erzdiözese Freiburg und die Schrift von Dr. Dieter-Wilhelm<br />
Mayer „Die Grafchaft Sigmaringen und ihre Grenzen im 16. Jahrhundert"<br />
(Heft 4 der Schriftenreihe „Arbeiten zur Landeskunde Hohenzollerns",<br />
herausgegeben von der Landeskundlichen Forschungsstelle<br />
des Landeskommunalverbandes der Hohenz. Lande. Sigmaringen<br />
1959).<br />
Asylstein im Klosterhof von Blaubeuren, sondern ein auffallender,<br />
8 m hoher Felsen Östlich der Straße Ringingen-<br />
Pappelau. Dort gruppieren sich die Fluren Steinhau,<br />
Steinhäule, Steinäcker, Steinbühl und Steinboll um das<br />
sog. Steintal 4 . Somit war es eine trügerische Hoffnung,<br />
den Namen des Dorfes auf eine Gerichtsstätte zurückführen<br />
zu können. Zudem sind die Ingen-Orte allermeist<br />
viel älter als die bekannten Gerichtsorte der Grafschaften.<br />
Das bayrische (Ober)-Ringingen im Ries hieß einst Reginingen<br />
nach einem Personennamen Regino. Auch bei<br />
uns muß wohl der Name Ringo (dies war z. B. die Bezeichnung<br />
der Apostel Jesu im sächsischen Heliand: in der<br />
Bedeutung Kämpfer, Held!) oder Ringolt u. ä. als Ausgangspunkt<br />
des Ortsnamens bleiben. Joh. Adam Kraus<br />
Anmerkungen:<br />
1<br />
Kunstdenkmäler Hohenzollerns 1896, S. 28.<br />
2<br />
Hohz.JHeft 1961, S. 87.<br />
3 Ulmisches UB I, 1873, S. 94.<br />
4<br />
Festschrift für Hansmartin Decker-Hauff 1967, S. 210-218; hekto-<br />
graphiert.
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Rangendingen 1544<br />
Berthold Hagen hat als Renovator des Zollergrafen in<br />
der Fastenzeit des Jahres 1544 die zollerischen Rechte zu<br />
Rangendingen in sein Lagerbuch eingetragen, das im<br />
fürstlich hohenzollerischen Dornänenarchiv in Sigmaringen<br />
erhalten ist. Unter den trockenen Aufzählungen von<br />
Einkünften und Grundstücken findet sich auch manche<br />
interessante Notiz. Wir entnehmen daraus 1 :<br />
Neben der Pfarrpfründe gab es auch noch eine 1453 gestiftete<br />
Kaplanei oder Frühmcßstelle V Deren ursprüngliches<br />
Haus stand damals nicht mehr. Sein Platz iag zwischen<br />
dem Pfarrhaus, der Closen (Kloster) und dem Almandgut.<br />
Eine „Saul" hatte ehedem noch auf dem Pfarrgut<br />
bestanden. Der Platz wurde im Jahr 1554 an Hans<br />
Spindler als Bauplatz geliehen. Merkwürdigerweise bezog<br />
die zollerische Herrschaft keinen Zehnten aus dem<br />
Dorf, obwohl noch um 1390 in einer hohenberger Quelle 2<br />
vermerkt ist: „Markwart von Au (Ow) hat von der Herrschaft<br />
Hohenberg (die seit 1381 österreichisch war) statt<br />
seiner Mutter Anna von Stein den Laienzehnten zu Rangendingen<br />
im Dorf empfangen, ferner weiland (der verstorbenen)<br />
Marquardt von Ow einen Teil der Burg Staufenberg<br />
und das halbe Gut, das er vom Stölker zu Rangendingen<br />
gekauft hat."<br />
Die Hemlinsmühle unterhalb des Dorfes in der Au war<br />
herrschaftseigen. Der Inhaber Jörg N. hatte jährlich daraus<br />
6 Gulden, 17 Malter 6 Viertel Kernen und für die<br />
Schweineatzung 1 Malter 6 Viertel (Kleie) abzuliefern.<br />
Die Untertanen dagegen mußten die Mühle beholzen (das<br />
nötige Brenn- und Bauholz beiführen) und Baufron leisten.<br />
Auch zur Kelter, die am Fuß der Houhenburg stand<br />
und der Herrschaft gehörte, mußten sie fronen. Der Inhaber<br />
der Kelter hatte von 30 Ohm gekeltertem Wein<br />
jeweils ein Ohm zu geben, die von den Bürgern fronweise<br />
(d. h. ohne Entlohnung) nach Hechingen oder auf<br />
die Zollerburg zu bringen waren. (Weingärten sind an<br />
Houhenburg noch im Jahr 1617 genannt!) Im Jahre 1544<br />
werden sieben Morgen Weingärten daselbst aufgeführt,<br />
die ein Sechstel des Ertrags der Herrschaft abliefern<br />
mußten.<br />
Ein Herrschaftswald in Größe von 222,5 Jauchert lag im<br />
Rhindall gegen Grosselfingen am Gemeindewald.<br />
Der herrschaftliche Dorfvogt Kunlin Widmaier (Vogt hieß<br />
bei uns der Bürgermeister noch bis 1904!) bezog als Einkommen:<br />
Von Lugfreveln und Unrechten 1-5 Schilling,<br />
als Fürbotgeld an Auswärtige je 1 Schilling, von Einheimischen<br />
4 Heller. Wenn man fronte, hat er lediglich<br />
14 Kreuzer zu geben. Bei Ackerfron darf er seine Mene<br />
(Zugvieh) daheim behalten, auch eine andere Mene zum<br />
Ackern benützen oder dafür das Geld empfangen. Auch<br />
darf er sich aus dem Herrschaftswald mit minderwertigen<br />
Afterschlägen beholzen. Außerdem erhält er jährlich von<br />
auswärtigen Rangendingern je eine Leibhenne. Am Gallustag,<br />
dem Fest des Kirchenpatrons am 16. Oktober,<br />
ist Markt. Der Zoll oder das Standgeld („Stettgeld")<br />
gehört ebenfalls dem Vogt, doch muß er die Umgänger<br />
unterhalten.<br />
Umgeld oder Getränksteuer: Von jedem Ohm ausgeschenkten<br />
Wein ist die 11. Maß abzuliefern. Doch brauchen<br />
die Weinbauern beim eigenen Ausschenken (Besenwirtschaft)<br />
kein Umgeld geben.<br />
Beim Abmessen ist das alte Rottenburger Maß zu benützen<br />
(wohl von Hohenberg her). In Rangendingen darf<br />
sonst nur der Rottenburger Malter benutzt werden, auf<br />
den 12 Haigerlocher Viertel gerechnet werden.<br />
Als Mann- oder Leibsteuer haben alle Leibeigenen je auf<br />
1. Mai und auf Martini (11. November) 5 Schilling zu<br />
zahlen, zusammen also 10 Schilling an die Herrschaft.<br />
Außerdem bezieht diese jährlich aus der Clus (Kloster)<br />
acht Malter Hundhaber. Offenbar hatte früher das Kloster<br />
statt dessen einen Jagdhund unterhalten müssen, daher<br />
der Name für d : ~se Fruchtabgabe.<br />
Die jährliche Nutzung der Pfarrei (pag. 128) betrug im<br />
Jahre 1544: Unablösigen Hellerzins 11 Pfund 7 Heller,<br />
ablösigen Zins 5 Schilling, Vesen in Rangendinger Meß<br />
9 Malter 8 Viertel; Roggen in Haigerlocher Meß 21Vä<br />
Viertel, Haber in Rangendinger Meß 4 Malter und in<br />
Haigerlocher Meß 16 Viertel. Aus der Zeig Houhenburg<br />
13 Viertel, Zeig Berkach 4 Viertel, Zeig Malma 12 Viertel,<br />
was gebaut wird. Hanfsamen jährlich 2 Ire-' Wein<br />
8 Maß, Gänse 3, junge Hühner 19, Eier 1 Viertel = 120<br />
Stück, Erbsen, wann der Zeig Malma Haber trägt: 1<br />
Viertel. Dazu kamen die eigenen Güter der Pfarrei, der<br />
Zehnt aus Früchten, Heu und Wein, der Kl« izehnt aus<br />
Gärten, der lebende Zehnt von Hühner, Schwei: en, Kälbern,<br />
Gänsen, Enten und die Casualien von Taufen,<br />
Hochzeiten, Beerdigungen etc. Hierzu kamen noch die<br />
Einkünfte der ehemaligen Frühmeßpfründe (p. 139).<br />
Unter der damaligen Bevölkerung fallen besonders folgende<br />
Juden auf: Jackle und Selgmann Jud, zwei Brüder,<br />
haben jährlich auf Michaelistag 5 Gulden Schirmgelt<br />
an die Herrschaft zu zahlen. Itzig Jud dagegen auf Jakobi<br />
10 Gulden, Haschge Jud auf Jergentag 5 Gulden.<br />
Von allen erwachsenen Juden war beim Tod noch 1 Gulden<br />
Kirchhofgeld zu geben, von solchen unter 12 Jahren<br />
jedoch nur ein halber Gulden.<br />
Außerdem sind 87 Familien namentlich aufgezählt mit<br />
der Angabe, ob sie frei, oder einem Herrn leibeigen sind.<br />
Die Namen der Familien selbst sind bereits iin Hohenzollerischen<br />
Jahresheft 1935 3 abgedruckt. Nur findet sich<br />
hier Fuchsschwanz statt Fuchs, Cleuslin einmal als Cleublin,<br />
dann ein dort fehlender Hansmann mit Frau und<br />
2 Kindern, ein Ruprecht, ein Ful statt Fulleder und für<br />
Haug steht Hug. Ein Nachtrag um 1550 nennt noch einen<br />
neuen Namen: Christ Wannenmacher, der an des Pfarrers<br />
Baumgarten sein Haus hat. Die Badstube hat Adam<br />
Schräm inne, später aber der Küfer Jakob Metzger. Freie<br />
Personen, die also keinen Herrn hatten, dem si: jährlich<br />
eine Leibhenne und einen Geldbetrag zu geben hatten,<br />
sind etwa 27 aufgeführt. Die Kinder folgten immer dem<br />
Stand der Mutter. War sie frei, dann waren sie es auch *.<br />
Bei Ludwig Beuther ist bemerkt, er sei tot, vom Nachlaß<br />
mußte man jedoch als Hauptfall (Vermögenssteuer) 2<br />
Pfund Heller geben. Als Leibherren sind genannt: die<br />
Grafen von Zollern, Herren von Ow, Oesterreich (wohl<br />
von Hohenberg her), Werdenberg (bzw. seit 1534 Fürstenberg),<br />
Württemberg, Hans von Ehingen, Herren von<br />
Bubenhofen, von Hirrlingen, die Klöster Buchau, Bebenhausen,<br />
Alpirsbach, die Herren von Felldorf, der Herr<br />
zu Scheer, die Abtei Roggenburg bei Weißenhorn (Bay.),<br />
der Herr zu Pfeffingen. Einmal heißt es: Die Frau des<br />
Hans Weiß ist Schweizerin, die Tochter aus erster Ehe ist<br />
württembergisch.<br />
Die Grundstücke sind durch Flurnamen, Zeigen und Angrenzer<br />
näher bezeichnet. Letztere können natürlich aus<br />
den Nachbarorten sein. An Flurnamen seien nur wenige<br />
27
charakteristische erwähnt. Die drei Zeigen oder Esche<br />
sind: Malma oder Malben (= sandige Erde, Staub),<br />
Houhenburg, die alte Form für heutige Hochburg 5 , und<br />
Berkach (wohl nach der Birke benannt).<br />
Im Zeig Malma sind u.a. genannt: An der Schray (= Zaun<br />
aus Schräg Stangen), Am Krimbling (krumme Grundstücke),<br />
In Salach (Salweiden), Uf dem Amschlatt (ob zu<br />
Schlatt = Schilf, Sumpfpflanzen?), Im Bezenberg oder<br />
Wezenberg (Personenname?), Uf Casta oder uf Castell<br />
am Hofacker. Kasten wäre im Bayerischen gleich Felswand.<br />
Ob der Name zu castellum gehört? An der Röttin<br />
(wohl von Roter Erde).<br />
Zeig Houhenburg: Ob der Mülin im Boden (ebenes<br />
Land), An Langenzuber, An Hummelberg, Im Hazenried<br />
am Bruckweg an der Starzel, An Hitzenried (ob verschrieben<br />
für den vorausgehenden Namen?). An Weylaberg,<br />
Im Gern (Dreieckstück), Am Jettentalgäßlin, In Marquards<br />
Tälin, Ob dem Bockbom, Die Uchengasse (uochta<br />
= Morgenweide), Neben Hungerberg, Unter Winterzill<br />
(Winter = nördlich, Ziel = Grenze), Am Bildwasen bei<br />
dem Capellin (religiöses Bild, Bildstock).<br />
Zeig Berkach: An der Ow beim Hanbrunnen, Bucher Weg<br />
hinter dem Capellin (welches?), Im Wolfental, Der Hienerbach,<br />
In Sandel oder Sandeiii (Delle = Tälchen), Im<br />
Hezgern (Hätze = Elster? und Gern = Dreieckstück?),<br />
Wiesen sind u. a. erwähnt: Jenit (jenseits) uf Casta (siehe<br />
oben), Im Yetental, Der Schenkenbrüel, In obern Weyda,<br />
heißt im Hamerschleglin an der Starzel. Hier dürfte es<br />
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Trotz fremden Klanges urdeutsch:<br />
Die Geländenamen Kay Lind Schray<br />
Die Bezeichnung Kay kommt trotz ihres ungewohnten<br />
Klanges ziemlich häufig im schwäbischen und bayerischen<br />
Bereich und anderswo in verschiedenen Schreibarten vor:<br />
Ghai, Gehei, Khai, Koy, Kayh, Kai, Koi, Koih und auch<br />
in Zusammensetzungen wie Kaienberg, Haischlag, Haiholz.<br />
In den beiden letzten Fällen wäre freilich auch ein<br />
Zusammenhang mit Hau, Haue, also Wald möglich. Bei<br />
uns gibt es zwischen Schlatt und Beuren einen Ghaikopf.<br />
Dortige Güter, genannt Ghay, wurden schon im J. 1285<br />
in einer Stettener Klosterurkunde erwähnt und 1398 und<br />
1473 heißen sie „Kay". In den Monumanta Hohenbergica<br />
von L. Schmid kommen (Nr. 142) zum Jahr 1293<br />
Wälder vor, die „Gehae" genannt sind. Bei Salmendingen<br />
in unmittelbarer Nähe der alten Burgstelle gibt es eine<br />
Ghaihalde, der Volksmund sagt dazu „Uf Koi". Eine alte<br />
Ortschaft bei Entringen-Tübingen heißt Kayh. Während<br />
nun W. Keinath in seinem Buch über Orts- und Flurnamen<br />
in Württemberg (1951) vermutete, das Wort könne<br />
von einem schwäbischen (mir unbekannten) „heien, hoia"<br />
mit der Bedeutung „brennen" kommen oder auch eine<br />
dunstige Stelle bzw. eine solche mit aufsteigendem Dampf<br />
bedeuten, weisen versierte Forscher wie Michel Buck<br />
(1880), Rem. Vollmann (1925) und Josef Schnetz (1952)<br />
auf ein mittelhochdeutsches Wort „heie, geheie" hin im<br />
Sinne von Gehege, Zaun, Grenzwehr, Befestigung. Gehai<br />
wäre somit die älteste Form, die dann zu Kai, Koy wurde.<br />
Das lange in Gebrauch befindliche zugehörige Zeitwort<br />
heien bedeutete „umhegen, mit Hag versehen, verbannen,<br />
verbieten", was sowohl auf Grenzwehr und Befestigung<br />
angewendet wurde, als auch auf den Esch-hai, den Feldhüter.<br />
Man möchte vermuten, daß die Bedeutung Wehr<br />
oder Befestigung auch für die genannte örtlichkeit in Salmendingen<br />
zutraf, zumal auch im benachbarten Ringingen<br />
28<br />
sich um ein ehemaliges Hammerwerk gehandelt haben,<br />
wovon jedoch nichts überliefert ist. Ebenda stoßt 1 Mannswahd<br />
Wiese oben an das Glockheuslin und unten an den<br />
Bach. Schwerlich ist an eine Glocke zu denken. Vielleicht<br />
an eine ehemalige Klopfsäge? Schelmenwasen, auf dem<br />
das gefallene Vieh verlochert wurde. Bei der Büze<br />
(= bizäune, beim Dorfzaun), Uf dem Haingarten, Huengarten,<br />
Hungarten; Im Ramspach, Lendlis- oder Lendishalden<br />
(Personenname?), Im Seltengraben (selten mit<br />
Wasser). Das Gallenwiesle (Kirchenpatron St. Gallus), In<br />
Nettenbach, Yettental; Die Pletschwies in Wyda (wohl<br />
Wiese mit großen Bletschpflanzen und Salweiden). In<br />
Wözenbach (ob Familienname?), Im Schönrain (wohl die<br />
früher in Urkunden vorkommende Siedlung?), Im Störkengäßlin,<br />
Eine Wiese Roßstall hinter den Höfen; Haus<br />
am Stainach; Im Geißlinsbrunnen; 1 Garten jenseits der<br />
Stainach hinter der Wingerter Häuser; 1 Jauchert am<br />
Aymengraben, heute Ohmengraben (wohl vom Faulwasser,<br />
stehendem Wasser, bekannt), 1453 Oemengraben.<br />
Anmerkungen:<br />
1<br />
Die Einsichtnahme verdanke ich Herrn Archivrat W.<br />
und Fräulein G. Huber.<br />
Bernhardt<br />
'a Stiftungsurkunde: Hohz. Heimat 1961, 9—11; 31.<br />
2<br />
K. O. Müller, Quellen zur Wirtschaftsgeschichte Hohenberg, Stuttg.<br />
1953, Seite 121, 152 und mehrfach!<br />
3<br />
Hohcnzollerischc<br />
125 ff.<br />
Jahreshefte, 2 Jg. 1935 fürs Jahr 1548. Seite<br />
4<br />
Vgl. hierzu die Einleitung des in Note 3 genannten Aufsatzes.<br />
5<br />
Hochburg und Adel von Rangendingen: Hohcnzollerische Heimat<br />
1970, 30 f.<br />
noch 1677 die Gegend direkt unter der Burgstelle, also am<br />
alten Ringelbrunnen bzw. unteren Hohlweg (Häuser 89<br />
und 90) noch Khay oder Khoy hieß, also wohl mit der<br />
festen Burg irgendwie in Zusammenhang stand. Obiger<br />
Ghaikopf ist daraufhin noch nicht untersucht.<br />
Eine ähnliche Sprachentwicklung machte auch das Wort<br />
Schrai, Schray, Gschroi durch. Es hat trotz anderslautender<br />
Volkserklärung nichts mit schreien zu tun, geht vielmehr<br />
auf das mittelhochdeutsche Wort schräge zurück, das<br />
einen W eidezaun aus schräg liegenden Stangen bezeichnete.<br />
Eine Flur Schraie gibt es bei Weilheim (bei Hechingen),<br />
eine andere bei Rangendingen gegen Hart (Gschroi).<br />
Ein schönes Beispiel der Entwicklung gibt der Name des<br />
Wallfahrtsortes Maria Schray bei Pfullendorf. Die älteste<br />
Form daselbst lautete 1466: „Kapelle U. I.b. Frauen zuo<br />
der Schrayen". Das Volk bildete daraus die Fabel, Maria<br />
habe im 30jährigen Krieg anläßlich von Schwedengreueln<br />
drei Angstschreie ausgestoßen, was schon zeitlich nicht<br />
paßt. Dabei ist Tatsache, daß es sich bei der Schraye nur<br />
um einen Flurnamen handeln kann, nämlich um einen<br />
ehemaligen Schräg zäun aus Stangen. Man braucht also<br />
keineswegs an das Schreien des Rangendinger Feldhüters<br />
zu glauben, der das schädliche Wild verscheucht haben soll.<br />
In Weilheim lautete die Wortform 1435 „Uf der Schraig",<br />
in Rangendingen 1544 „An der Schray". In Überlingen<br />
gabs 1572 eine Flur „Uf der Schreien am Stadtgraben",<br />
heute Schreienbühl genannt. Zu Hödingen im Linzgau<br />
nennt Joh. Schupp (Maria Schray-Büchlein S. 7) eine<br />
Schragengruob, bei Laufenburg am Hotzenwald eine<br />
Schraje. Fischers Vermutungen in seinem Schwäbischen<br />
Wörterbuch gehen erstaunlicherweise bei der Erklärung<br />
völlig daneben.
ALBERT SCHÄFER<br />
Interessantes über Kirchenbau von Heiligenzimmern anläßlich der<br />
125. Wiederkehr der Grundsteinlegung zur heutigen Pfarrkirche St. Patricius<br />
Zur Ehre Gottes und zu seinem Ruhm erbauten Menschen<br />
seit eh und je Tempel, Dome, Kirchen und Kapellen. Aus<br />
tiefer religiöser Frömmigkeit, gläubiger Verehrung und<br />
nicht zuletzt auch aus Liebe zum Allmächtigsten entstanden<br />
unvergängliche Kunstwerke. Nur Menschen ihrer Zeit<br />
konnten solches vollbringen. Wie viele romanische, gotische,<br />
barocke Kirchen es auch geben mag, jede Gemeinde<br />
prägte ihrem Gotteshaus seine Eigenständigkeit auf.<br />
Unsere Vorfahren mögen genau so gehandelt haben, als<br />
die wohl älteste Pfarrkirche zu Heiligenzimmern erbaut<br />
wurde. Sie stand in der Mitte des Dorfes, auf einer kleinen<br />
Anhöhe, die man Bruck nennt, im oberen Pfarrgarten.<br />
Wie zur damaligen Zeit üblich, wurde auch der Kirchenvorplatz<br />
als Friedhof angelegt.<br />
Beim Abbruch dieses alten, ehrwürdigen Gotteshauses in<br />
den Jahren 1847 bis 1852 fand man im Altarstein eine<br />
Pergament-Urkunde, die im Dekanatsarchiv zu Haigerloch<br />
aufbewahrt wird. Aus dem Inhalt der Urkunde ist zu<br />
entnehmen, daß die Pfarrkirche in der ersten Hälfte des<br />
11. Jahrhunderts erbaut wurde.<br />
Durch die im Jahre 1971 erfolgten Straßenverbreiterungen<br />
entdeckte man Reste von den Grundmauern der ehemaligen<br />
Pfarrkirche. In unmittelbarer Nähe der alten<br />
Pfarrkirche war auch eine Dominikanerinnenklause. Diese<br />
ist im Jahre 1554 durch Feuer zerstört worden. Ein Wohnund<br />
Ökonomiegebäude, Haus-Nr. 72a und 72b, stehen<br />
heute auf der Bruck an deren Stelle.<br />
Ganz nahe am östlichen Ufer der Stunzach in Heiligenzimmern<br />
steht die von Linden- und Obstbäumen umgebene<br />
St. Wendelinskapelle. An ihrem Chorbogen ist die<br />
Jahreszahl 1508 eingemeißelt. Doch erst im Jahre 1626<br />
wurde die Kapelle eingeweiht. Somit liegt die Vermutung<br />
nahe, daß früher schon einmal daselbst eine Kapelle war.<br />
Hierüber ist schon des öfteren berichtet worden. Es sei<br />
erwähnt, daß der Altar der Kapelle nach Osten hin aufgerichtet<br />
ist, eine Gepflogenheit der früheren Zeit, den<br />
Hauptaltar eines Gotteshauses nach Osten, nach Bethlehem<br />
hin, aufzurichten.<br />
Durch vielerlei Gründe bewegt, entschloß sich die Pfarrgemeinde<br />
Heiligenzimmern im Jahre 1847, eine neue, größere<br />
Pfarrkirche zu bauen.<br />
Erhebliche Schwierigkeiten gab es zu überwinden, bis der<br />
gewünschte Bauplan durch Baurat Zobel aus Sigmaringen<br />
der Kirchenbaukommission unterbreitet werden<br />
konnte.<br />
Auf einer stolzen Anhöhe mitten im Dorf, der westlichen<br />
Seite unserer Stunzach, wurde vor 125 Jahren im August<br />
1847 der Grundstein zur jetzigen Pfarrkirche St. Patricius<br />
gelegt. Nach dreijähriger, mühevoller Arbeit war dann die<br />
neue, im neugotischen Baustil erbaute Kirche 1850 vollendet.<br />
Zwei Sakristeien sind an den Hauptbau angegliedert<br />
worden. In einfacher, schlichter Art entstand ein<br />
schönes, erhabenes Gotteshaus. Seine Länge beträgt 33'/2<br />
Meter, die Breite 14 Meter und die Höhe 13 1 /2 Meter. Der<br />
Glockenturm hat die beachtliche Höhe von 35 Metern.<br />
Die Kirche wurde der Länge nach, von Süden nach Norden<br />
hin aufgebaut. Warum man den Bau der Kirche nicht<br />
so erstellte, daß nach uraltem Brauch der Hochaltar gegen<br />
Osten hin aufgerichtet werden konnte, bleibt ungeklärt.<br />
Vermutlich war auch die Geländeform des zu bebauenden<br />
Platzes mitschuldig. Im Innern der Kirche wurde die Aufgliederung<br />
nach dem damaligen Ritus beachtet. Opferaltar,<br />
Tabernakel sowie Kanzel - Orte der kultischen<br />
Handlung und des zu verkündenden Wortes - sind im<br />
Kirchenraum konzentriert. Der Chor mit dem Hochaltar<br />
ist im nördlichen Teil errichtet, der Marienaltar ist im<br />
westlichen, der Josefsaltar im östlichen Teil aufgestellt.<br />
Im südlichen Teil, auf der obersten Empore, befindet sich<br />
die Orgel. An der Südseite des Kirchenbaues wurde der<br />
Glockenturm errichtet. Hoch über den Dächern ragt die<br />
Turmspitze mit seinem Wahrzeichen empor. Durch den<br />
Glockenturm hindurch führt der Haupteingang mit Vorraum.<br />
In dem Vorraum befinden sich die Hauswappen der<br />
Hohenberger und der Hohenzollern.<br />
Die beiden 1655 und 1740 gegossenen Glocken, deren erster<br />
Klang vom Kirchturm der St. Patriciuskirche in alle<br />
Lande erschallte, sind von der alten Kirche übernommen<br />
worden. Leider mußten sie im ersten Weltkrieg abgegeben<br />
werden.<br />
Im November 1852 fand die Benediktion (Segnung) der<br />
Kirche statt. Hierzu wurde die Orgel aus der alten Kirche<br />
aufgestellt. Seit dem Tag der Segnung wird in der neuen<br />
Pfarrkirche täglich Gottesdienst gehalten. Die feierliche<br />
Konsekration (Einweihung) zu Ehren des hl. Patricius<br />
wurde durch Bischof Dr. Josef von Lipp, Rottenburg, am<br />
Donnerstag, dem 14. September 1865, vollzogen. Eine<br />
Erklärung, weshalb sich die Einweihung so lange verzögerte,<br />
fehlt. Leider sind nur spärliche Dokumentationen<br />
vorhanden.<br />
Erst nach rund siebzig Jahren wurde es möglich, die Pfarrkirche<br />
im Innern zu verschönern und auszumalen. Kunstmaler<br />
Pfister aus Gruol hat in den Jahren 1923/24 die<br />
Ausmalung zur vollsten Zufriedenheit durchgeführt. Pfarrer<br />
Simon Braun und seine Ministranten hatten dazu in<br />
reichem Maße Hilfsdienste geleistet.<br />
Die an der Ostseite des Kirchenvorplatzes angepflanzten<br />
Kastanienbäume hatten sich zu mächtig entfaltet. Sie<br />
spendeten viel zu viel Schatten und ließen zu wenig Sonne<br />
in das neu ausgemalte Kircheninnere eindringen. Deshalb<br />
sägte man weitausreichende Äste ganz, andere teilweise<br />
ab. Später sind die Kastanienbäume ganz entfernt worden.<br />
Für die im ersten Weltkrieg abgegebenen Glocken konnten<br />
im Jahre 1926 neue Kirchenglocken erworben werden.<br />
An der südöstlichen äußeren Kirchenmauer ist die Gedenktafel<br />
der Gefallenen und Vermißten des ersten Weltkrieges<br />
angebracht. Neben dem Seiteneingang zur Pfarrkirche<br />
steht das Missionskreuz.<br />
Mit Beginn des zweiten Weltkrieges mußten wieder zwei<br />
Kirchenglocken abgegeben werden. Durch Kriegseinwirkungen<br />
sind nicht nur im Dorf selbst, sondern auch an der<br />
St. Patriciuskirche erhebliche Schäden entstanden.<br />
Doch bald nach Kriegsende wurde begonnen, diese zu beheben.<br />
Für die abgegebenen Glocken konnten im Jahre<br />
1949/50 neue Kirchenglocken beschafft werden. Ein elektrisches<br />
Läutewerk wurde angebracht. Eine schon lange<br />
gewünschte Kirchenheizung wurde eingebaut und die<br />
Wiederinstandsetzung der Orgel durchgeführt. Die gesamte<br />
Renovierung der Pfarrkirche wurde in den Jahren<br />
1965/66 vorerst abgeschlossen. Durch den Einbau neuzeit-<br />
29
licher Apparate sind der Orgel-Blasbalgtreter sowie das<br />
Glockenläuten mittels Glockenseil überflüssig geworden,<br />
Ehrendienste, die schon der Vergangenheit angehören.<br />
Ein bis jetzt einmaliger Fest- und Freudentag wurde der<br />
St. Patriciuskirche am Sonntag, dem 23. Mai 1971, zuteil.<br />
Aus der Hand des Erzbischofs Dr. Hermann Schäufele,<br />
Freiburg, durfte Albert Schrenk in seiner Taufkirche die<br />
Priesterweihe empfangen. Am 24. Oktober 1971 ist an der<br />
Südwestecke des Kirchenplatzes die Bildsäule „Jungfrau<br />
der Armen" erstellt worden.<br />
Vieles wäre noch zu erwähnen, doch wenn nur die markantesten<br />
Begebenheiten vom Heimatort mit St. Patriciuskirche<br />
und St. Wendelinskapelle der Nachwelt erhalten<br />
FRITZ SCHEERER<br />
Alte Straßen und Wege<br />
Unser Beitrag ist einer umfangreichen Arbeit über die<br />
Verkehrswege der Schwäbischen Alb und ihre Abhängigkeit<br />
von der Landschaftsgeschichte entnommen. Leider<br />
können wir aus Platzgründen nur einige Auszüge bringen.<br />
Die schräggestellte Albtafel wendet dem von Süden, vom<br />
Bodensee und von der Donauseite kommenden Verkehr<br />
ihre günstigste Seite zu. Ihre Hochfläche ist von dort leicht<br />
zu erreichen.<br />
Anders ergeht es dem Verkehr von Norden, vom Neckarbecken<br />
her. Vor ihm baut sich eine Bergmauer auf. Ihm<br />
stellt sich die hohe Felsenstirn der Alb als scheinbar schwer<br />
überwindbare Barriere entgegen. Tatsächlich gelingt an<br />
manchen Stellen der Aufstieg nur tüchtigen Wanderern<br />
oder gar geübten Kletterern. Die Felswände an den Talschlüssen<br />
sind manchmal kaum übersteigbar. Wollte man<br />
früher vom Eyachtal zwischen Laufen und Lautlingen auf<br />
die Höhen bei Hossingen, so mußte man auf einer an einer<br />
Felswand angebrachten Leiter die letzte, aber gefahrvolle<br />
Steigung überwinden („Hossinger Leiter"), deren Ersteigung<br />
nicht einmal ohne Lebensgefahr möglich war. Unfälle<br />
waren keine Seltenheit, wie ein Gedenkstein beweist.<br />
Ganz zu schweigen von denen, die von Dürrwangen auf<br />
ihre Äcker und Schafweiden auf die Höhe des Lochenhörnle<br />
wollten. Die hätten sich an einem Haken am sogenannten<br />
„Hakenfelsen" auf die Hochfläche hinaufschwingen<br />
müssen. So steht es nämlich bei Rösler, obwohl<br />
uns dies heute etwas abenteuerlich anmutet.<br />
Auch in vielen Tobein und Klingen steht man vor unübersteigbaren<br />
Wänden, wo man sich nebenan nur mit<br />
Mühe einen Einstieg oder Durchschlupf suchen muß. An<br />
vielen Stellen hat der Albverein helfend eingegriffen,<br />
wenn auch die Unterhaltung seiner Wege schwierig ist,<br />
weil sie oft verschüttet werden oder durch Unterwaschung<br />
abrutschen. Straßen und Bahnen haben natürlich noch<br />
größere Schwierigkeiten; sie waren, besonders in früheren<br />
Zeiten, auf einigermaßen günstige Ubergänge angewiesen.<br />
Das war in vorgeschichtlicher Zeit bis ins Mittelalter anders.<br />
Mit Pferden bespannte Wagen spielten erst in der<br />
Keltenzeit eine Rolle, während vorher der Saumtierverkehr<br />
überwog. Die alten Wege führten ohne Rücksicht auf<br />
die Steigung rasch zur Höhe auf die Wasserscheide hinauf,<br />
wo keine Brücken notwendig waren, wo man zu nassen<br />
Zeiten nicht im Schlamm versank. Und wenn der Weg<br />
schlammig wurde, suchte man nebenan einen besseren<br />
Grund. Die Täler wurden meist gemieden und nur an den<br />
30<br />
bleiben, wollen wir sehr dankbar sein. All denen, die hierzu<br />
beitragen, sei an dieser Stelle herzlichen Dank gesagt.<br />
Viel Arbeit und viel Mühe war sicherlich erforderlich, um<br />
das große Werk, das sich die kleine Gemeinde Heiligenzimmern<br />
im Jahre 1847 vorgenommen hatte, zu vollenden.<br />
Der ganzen Kraft einer lebendigen Gemeinde ist es<br />
zu verdanken, daß die Pfarrkirche in ihrem heutigen<br />
Glanz erstrahlt. Alljährlich am 17. März findet zu Ehren<br />
des Kirchenpatrons ein feierlicher Gottesdienst statt.<br />
Möge unsere Pfarrkirche ein Stück Himmel auf Erden<br />
sein und eine freudig besuchte Stätte des Gebetes, des<br />
Glaubens, der Liebe und der nie versiegenden Gottesgnade<br />
bleiben.<br />
günstigsten Stellen gequert. Für den Verkehr zu Fuß, zu<br />
Pferd und mit Tragtieren genügten solche Wege vollauf.<br />
In solchen Höhenwegen ist uns zum Teil ein altes, ausgebautes<br />
Wegenetz überliefert, das uns in Namen wie<br />
„Hochsträß", „Hochgesträß", „Hohe Straße", „Rennsteig",<br />
„Rennweg" erhalten oder in „Heerstraße" und<br />
Richtungsangaben auf Fernziele bezeugt ist, wie „Rottweiler<br />
Weg" oder „Konstanzer Weg" bei Ebingen. Oft<br />
sind es auch nur noch Flurnamen, die an diese Wege<br />
erinnern („Heeräcker").<br />
Auf den einst vorzüglichen von den Römern gebauten<br />
Weg von Winterlingen nach Laiz weist noch der Name<br />
„Hochsträß" zwischen Schmiecha und Laudiert, der durch<br />
die Steinunterlage über die Umgebung emporragte und<br />
gegenüber den ungeschotterten Straßen auffiel. Ähnlich<br />
ist es bei Zainingen usw. Auf der Ulmer Alb wird sogar<br />
eine ganze Landschaft zwischen Blau, Schelklinger Ach<br />
und Donau „Hochsträß" genannt.<br />
Eugen Nägele hat die römischen Kastelle auf der Alb<br />
(Lautlingen, Burladingen, Gomadingen, Donnstetten, Urspring,<br />
Heidenheim, Oberdorf und Ipf) zu einer geschlossenen<br />
Reihe ergänzt und den Namen Alblimes eingeführt.<br />
Dies ist eine zwar bequeme, aber sachlich unzutreffende<br />
Bezeichnung, denn es handelte sich um keinen Limes<br />
(Grenzwall), sondern um eine Grenzstraße, die die Kastelle<br />
verband. Die Kastelle liegen, mit Ausnahme von<br />
Lautlingen und Burladingen (Wasserscheide), alle am<br />
Oberlauf eines zur Donau ziehenden Gewässers oder wie<br />
Donnstetten unweit eines Albaufstiegs. Als die Neckarlinie<br />
um 85. n. Chr. bezogen war, wurden Querverbindungen<br />
zwischen Neckar und „Alblimes" hergestellt und<br />
zwar durch das Echaz-, Lauter-, Fils- und Kochertal. Das<br />
Kastell Donnstetten (Clarenna?) war mit dem Kastell<br />
Könegn (Grinaria) verbunden (Albaufstieg auf dem<br />
„Eselssteig" bei Gutenberg). Ebenso gelangte man echazaufwärts<br />
nach Gomadingen oder durch das Filstal nach<br />
Urspring an der Lone (ad Lunam), dem Schnittpunkt mit<br />
der rätischen Kastellreihe. Die Traianstraße verließ dann<br />
hinter Westerstetten das Lonetal und erreichte bei Langenau<br />
das Donaumoos, folgte diesem auf der Nordseite bis<br />
Faimingen bei Langenau.<br />
In alter Zeit ist die Bezeichnung „Heerstraße", „Heerweg"<br />
für Fernwege üblich, auf denen in der Vor- und Frühzeit,<br />
besonders im Mittelalter, zahllose Krieger zogen. Zwischen<br />
Erkenbrechtsweiler und Grabenstetten verläuft der
vorgeschichtliche „Heerweg" auf einem durch langen Gebrauch<br />
entstandenen Damm. Eine „Heerstraß", auf der<br />
das Wasser am raschesten abläuft und der Weg am schnellsten<br />
trocken ist, führte auf der Alb über Ittenhausen, Friedingen,<br />
Pflummern, Grüningen gegen Riedlingen, wo sie<br />
durch die Furt vor dem Weiler Tor die Donau überquerte.<br />
Im Mittelalter ist diese Straße wahrscheinlich die Fortsetzung<br />
der freien königlichen Straße von Ebingen in die<br />
Riedlinger Gegend, wo 1449 die freie Königstraße zu Andelfingen<br />
genannt wird. In vielen Quellen ist die Heerstraße<br />
durch das Echaz- und Weidental über Hayingen<br />
genannt, die bei Zwiefaltendorf die Donau erreichte. Die<br />
südlich an Endingen vorbeiführende und weiter durch das<br />
Eyachtal bis Lautlingen verlaufende Römerstraße hieß<br />
im Mittelalter „Heerweg" (Heersberg bei Lautlingen!).<br />
Ebenso wird auch die Straße durch den „Talgang" von<br />
Onstmettingen nach Ebingen 1454/1470 so genannt. Die<br />
Beispiele könnten vermehrt werden, wenn es auch nicht<br />
immer gelingt, die Teilstücke zu fortlaufenden Fernstraßen<br />
miteinander in Verbindung zu bringen.<br />
Kirchwege, Leichenwege, Mönchssteigle (des Leutpriesters<br />
nach Burladingen) sind oft letzte Zeugen ehemaliger kirchlicher<br />
Abhängigkeit. Wege in die Nachbarschaft hießen<br />
einst Straße, Sträßle. Dabei werden die Namen benachbarter<br />
Siedlungen, zu denen die Wege führen, benützt.<br />
Solche Wege können oft doppelt benannt sein, je mit dem<br />
Blick auf den Nachbarort, so Gutenberger Steige von<br />
Schopfloch aus, Schopflocher Steige von Gutenberg aus.<br />
Steil ansteigende Wege spielen am Nordrand der Alb eine<br />
große Rolle. Wege, Fußwege, die zur Höhe führen, heißen<br />
„der Steig" („Hartsteig"), steile, treppenartige Wege<br />
„Katzensteig" und ein ansteigender Fahrweg „die Steige"<br />
(Geislinger Steige usw.). Hierzu soll die Baiinger Gegend<br />
herausgegriffen werden, denn vom Randen bis zum Ipf<br />
begegnen wir immer wieder Wegbezeichnungen mit<br />
„Steige".<br />
Auf diesen Steigen konnte man vor dem 18. Jahrhundert<br />
nur schwer fahren. Für die Frachtbeförderung wurden<br />
daher die Pferde vielfach als Tragtiere verwendet, und an<br />
den Steigen brauchte man für die meist zweirädrigen<br />
Karren Vorspann. Die Zahl der Pferde war darum um<br />
jene Zeit außerordentlich hoch.<br />
Von Balingen führte der alte Weg ins Bäratal nach Tieringen<br />
und Unterdigisheim steil aufwärts zwischen Schafberg<br />
und Lochen durch, dann bis Tieringen am Waldrand<br />
entlang über die Schutthalden aus sog. „Bergkies", um<br />
die sumpfigen Wiesen am Rötegrabenbach zu umgehen.<br />
Dann ging er über die alte Steige nach Hartheim oder<br />
über Nusplingen auf die Albhochfläche hinauf und weiter<br />
nach Südosten in die Laizer Gegend. Beim Steilanstieg<br />
am Lochenbach mußte in dem feuchten Braunjura auf<br />
einem Kilometer nicht weniger als 214 m Steigung überwunden<br />
werden. Seit dem 16. Jahrhundert ist dieser alte<br />
Weg als Heerstraße bezeugt, denn immer wieder benützten<br />
ihn Kriegsheere, so 1525 Truchseß Georg von Waldburg,<br />
der „Bauernjörg", um Herzog Ulrich, der bei der<br />
geplanten Wiedereroberung seines Landes bis Balingen<br />
vorgedrungen war, den Weg abzuschneiden. 1704 nahm<br />
Feldmarschall von Thüngen mit 8000 Mann denselben<br />
Weg.<br />
Auch von Ebingen führte ein elender Karrensteig, dessen<br />
oberer Teil in die Felsen des Weißjura eingehauen war,<br />
hinauf nach Meßstetten. Ähnlich steil waren die „Heristaig",<br />
die um 1400 von Margrethausen, und die „Pfeffinger<br />
Steig", die 1496 von Pfeffingen aus nach Burgfelden<br />
hinaufführten. Schon 1334 und 1354 wird bei Onstmettingen<br />
die „Erntsteig" erwähnt, auf der die Ernte von den<br />
Äckern auf dem Zellerhorn (911 m) zu Tal nach der ab-<br />
gegangenen Siedlung Zell (heute nur noch die Kirche<br />
Mariazell, 670 m) gebracht werden mußte und auf der<br />
das Kloster St. Gallen seine Einkünfte aus seinen zahlreichen<br />
Besitzungen im Vorland (Hechingen, Bisingen<br />
usw.) über seine Pfarrei Truchtelfingen nach Radolfzell<br />
beförderte. Als später die Steige wegen Forststreitigkeiten<br />
von Graf Eitel Friedrich von Zollern eingeworfen und<br />
vermacht wurde, kam 1596 über die „Lantstraße Erntesteig"<br />
ein Vergleich zustande. Sie war also im Mittelalter<br />
durch den Anschluß an andere Straßen zum Fernweg<br />
geworden.<br />
Alle diese Beispiele zeigen, daß man auf dem kürzesten<br />
Weg die Höhe zu erreichen sucht. Dies beweist auch ein<br />
Querweg, der sogenannte Rottweiler Weg. Von Ehestetten<br />
unterhalb Ebingen erklomm er in einer Steige die<br />
Hochfläche, führte an Meßstetten vorbei ins Bäratal bei<br />
Unterdigisheim und weiter nach Nusplingen, blieb aber<br />
nicht im Tal, sondern erstieg hier die Höhen und führte<br />
über den Berg nach Reichenbach, Wehingen und weiter<br />
nach Rottweil. Eine Abzweigung von diesem Weg strebte<br />
von Unterdigisheim ebenfalls als Rottweiler Weg über<br />
die Höhen von Obernheim und Tanneck auf die Wasserscheide,<br />
die „Renne", bei Deilingen demselben Ziele zu.<br />
Auf der „Renne" kreuzte er sich mit dem alten Weg, der<br />
östlich am Palmbühl vorbei über die abgegangene Siedlung<br />
Holzheim im Schlichemtal (2 km oberhalb Schömberg),<br />
in steilem Anstieg im Mittelbachtal bei Weilen unter<br />
den Rinnen (Name verunstaltet aus „Renne") zumHeidenschlößle,<br />
in das Wehinger Tal und zur Albhochfläche<br />
führte.<br />
Alle diese Steigen waren großteils so steil, daß der Wagenverkehr<br />
Vorspann brauchte (s. oben). Den Bauern brachte<br />
dies einen netten Nebenverdienst. Aber die Lage, z. B. am<br />
„Lochengäßle", hatte in Kriegszeiten auch Nachteile.<br />
Weilheimer Bauern mußten dann unentgeltlich Vorspanndienste<br />
leisten und der Ort häufig Einquartierungen auf<br />
sich nehmen. Hinzu kam, daß diese Anstiege durch Rutschungen,<br />
vor allem im Braunjura, ständig in Bewegung<br />
und dadurch oft grundlos waren, so daß Hohlweg neben<br />
Hohlweg geschaffen wurde, wie wir es heute noch bei<br />
Holzabfuhrwegen beobachten können, wo sie häufig zu<br />
mehreren dicht nebeneinander hergehen. Wie schlecht diese<br />
Wege waren, zeigt die Tatsache, daß an der Thanheimer<br />
Steige Fuhrwerke oft tagelang stecken blieben.<br />
Mit dem Aufkommen der Städte nahm der Wagenverkehr<br />
immer mehr zu. Bedeutende Orte haben sich in günstigen<br />
Lagen gebildet. Die Stadt nahm eine Mittelpunktstellung<br />
ein und zog den Verkehr an sich, so daß die ursprünglich<br />
gemiedene Talstraße immer mehr bevorzugt wurde. Vom<br />
18. Jahrhundert an wurden Kunststraßen mit Kehren und<br />
Steinvorlagen gebaut (Urach-Seeburger Tal 1786, Lochenstraße<br />
1847 usw.). Man wurde allmählich der technischen<br />
Schwierigkeiten Herr.<br />
Im übrigen hat sich das Mittelalter begnügt, die nahen<br />
Ortschaften miteinander zu verbinden. „Nur dürfen wir<br />
nicht meinen, es müßten nun alle ortsverbindenen Wege,<br />
die sich nicht zu Fernstraßen zusammenfügen, mittelalterlichen<br />
Ursprungs sein. Auch die vordeutsche Zeit hat<br />
schon Nachbarschaftswege gehabt" (Hertlein).<br />
Zur späteren Umgestaltung des Wegnetzes haben außer<br />
den Siedlungen auch die Herrschafts- und Zollverhältnisse<br />
beigetragen. Je nachdem Handelsartikel auf Wagen verfrachtet<br />
wurden, sind schon im Mittelalter Namen auf<br />
Wege übertragen worden wie Wein-, Salzstraße. Allgemein<br />
kann festgestellt werden, daß sich der Verkehr immer<br />
mehr den günstigsten Stellen zuwandte, die ihm von<br />
den Landschaftsformen, der Tektonik und der Flußgeschichte<br />
vorgezeichnet waren.<br />
31
Zugehen: speisen<br />
Im Heimatbuch von Hausen am Andelsbach (Verlag der<br />
Gemeinde 1970) von Josef Mühlebach findet sich auf Seite<br />
35 unter den Einkünften des Pfarrers im Jahre 1624 ein<br />
merkwürdiger Posten, der nicht ohne weiteres zu verstehen<br />
ist. Klar sind folgende Angaben: Der Pfarrer erhält<br />
für Teilnahme an einer Prozession nach Pfullendorf,<br />
Ennetach oder Engelswies je eine Mahlzeit, für 1 Begräbnis<br />
14 Batzen 3 Pfennig, für 1 Kindsieich 2 Batzen, für<br />
Verkündigung einer Hochzeit 6 Batzen, für Trauung:<br />
Teilnahme am Hochzeitsmahl oder das Geld dafür, für<br />
1 Kindstaufe l /t Batzen und eine Kerze, für Aussegnung<br />
einer Mutter 1 Batzen. Dann heißt es: „Wenn eine Person<br />
das erstemal zugehet: 3 Batzen, sonst 2 Pfennig". Klarheit<br />
über dieses rätselhafte „Zugehen" brachte eine Urkunde<br />
aus Honstetten vom Jahre 1608. Hier bedeutet es eindeutig<br />
„zur hl. Kommunion, bzw. zum Tisch des Herrn<br />
gehen". Noch heute sagen die Leute im badischen Rotenfels<br />
und Rauental zugehen zum kommunizieren, während<br />
bei uns „speisen" üblich ist, in Ottenhofen übrigens ebenfalls<br />
in alemannischer Form „spisen". Kraus<br />
Stettener Klosterfrauenlisten sind im Hohz. Jahresheft<br />
1957, S. 311-324, angeführt, doch keineswegs vollständig.<br />
So findet sich in einer Zwiefalter Urkunde vom 9. August<br />
1428 noch eine Anna Tüfelin von Reutlingen als Klosterfrau<br />
zu Stetten. Sie erhielt damals 5 Pfund Leibgeding aus<br />
Gütern zu Neuhausen und war die Base der Klosterfrau<br />
Anna Tüfelin zu Esslingen. Sie und ihr Bruder Hans<br />
waren Kinder des Reutlinger verstorbenen Bürgers Hänslin<br />
Tüfelin. Ihr Ahne hieß Gerung Tüfelin. Zeuge der<br />
Urkunde war ein Erhard Tüfel (Zwief. Urk. Nr. 850 im<br />
Staatsarch. Stuttg.). Diese Anna lebte vermutlich noch<br />
1441. Denn am 6. März dieses Jahres verkaufte Hans<br />
Sachs von Esslingen seine Güter zu Neuhausen ans Kloster<br />
Zwiefalten um 140 rheinische Gulden und 10 Pfund Leibgeding<br />
für die Schwestern Anna und Ursula Teufel,<br />
HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />
herausgegeben vom Hohenzollerisdien <strong>Geschichtsverein</strong><br />
in Verbindung mit den Staatlichen<br />
Schulämtern Hechingen und Sigmaringen.<br />
Verlag: Hohenzollerisdier <strong>Geschichtsverein</strong><br />
748 Sigmaringen, Karlstraße 3. Druck: M.Liehners<br />
Hofbuchdruckerei KG, 748 Sigmaringen,<br />
Karlstraße 10.<br />
Die Zeitschrift ,Hohenzollerische Heimat" ist<br />
eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will besonders<br />
die Bevölkerung in Hohenzollern mit<br />
der Geschichte ihrer Heimat vertraut machen.<br />
Sie bringt neben fachhistorischen auch populär<br />
gehaltene Beiträge aus der Geschichte unseres<br />
Landes. Sie veröffentlicht bevorzugt Beiträge,<br />
die im Schulunterricht verwendet werden können.<br />
Bezugspreis: 2,00 DM halbjährlich<br />
Konten der „Hohenzollerischen Heimat":<br />
802 507 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />
123 63 Postscheckamt Stuttgart<br />
32<br />
Die Mitarbeiter dieser Nummer:<br />
Dr. Herbert Burkhart<br />
7487 Gammertingen<br />
Anton Heinrich Buckenmaier<br />
748 Sigmaringen, Gymnasiumscraße<br />
Josef Mühlebach<br />
748 Sigmaringen, Leopoldstraßc<br />
Johann Adam Kraus<br />
78 Freiburg-Littcnwciler<br />
Albert Schäfer<br />
Reutlingen<br />
Fritz Scheerer<br />
746 Balingen<br />
Schriftleiter:<br />
Dr. med. Herbert Burkarth<br />
7487 Gammertingen, Eidiertstraße<br />
Telefon 07574/329<br />
Klosterfrauen zu Stetten b. Hchg., unter Bürgschaft seiner<br />
Brüder Ulrich Sachs, Bürger zu Esslingen, und Jörg Sachs,<br />
Bürger zu Reutlingen (Zwief. Urk. im Dok. Buch 6, 48b<br />
im Staatsarch. Stuttg )<br />
J. A. Kraus<br />
Sigmaringer Fidelisfest<br />
Wie vorgesehen fand im April das 350. Jahrfest des<br />
hl. Fidelis von Sigmaringen statt, verbunden mit einer<br />
mehrwöchigen Ausstellung im Staatsarchiv zum Thema<br />
„Der heilige Fidelis". Für diese Ausstellung ernteten<br />
Direktion und Mitarbeiter des Archivs hohes Lob von<br />
vielen Besuchern, deren prominentester der Erzbischof von<br />
Freiburg war. Er ließ sich von Dr. Eugen Stemmler, dem<br />
Rirektor des Hauses, rund anderthalb Stunden durch die<br />
Sammlung führen. Abgesehen von der religiösen Bedeutung<br />
des Dr. Markus Roy aus Sigmaringen zeigte die Ausstellung<br />
auch die politische Welt zu Beginn des 17. Jahrhunderts<br />
in vielen Dokumenten auf. Frick<br />
Landessammlung bleibt in Hechingen<br />
Die hohenzollerische Landessammlung, seit Jahren schon<br />
in Hechingen provisorisch untergebracht, wird auch nach<br />
der Auflösung des politischen Hohenzollern dort verbleiben.<br />
Der Kommunallandtag hat in seinem Haushaltstitel<br />
Kultur im letzten und in diesem Jahr rund 90 000 Mark<br />
bewilligt, um die Sammlung zu renovieren und neu aufzustellen.<br />
Der Kommunallandtag schließt sich damit der<br />
Auffassung des Hohenzollerischen <strong>Geschichtsverein</strong>s an,<br />
wonach Hohenzollern nur dann im Gedächtnis erhalten<br />
bleibt, wenn die ausgeschiedenen Bereiche durch die wirkliche<br />
Gegenwart materieller Werte gleichsam ein Pfand<br />
haben. - In Sigmaringen, zunächst und vermutlich für<br />
lange, bleibt die Bibliothek in der Obhut des Landkreises<br />
Sigmaringen, an ihrem Platz im Landeshaus. Frick<br />
Redaklionsaussckuß:<br />
Hubert Deck, Konrektor<br />
745 Hechingen, Tübinger Straße 28<br />
Telefon 07471/2937<br />
Walther Frick, Journalist<br />
748 Sigmaringen, Hohe Tannen<br />
Telefon 07571/8341<br />
Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />
persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />
diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge verantwortlich.<br />
Mitteilungen der Schriftleitung<br />
sind als solche gekennzeichnet.<br />
Manuskripte und Besprechungsexemplare werden<br />
an die Adresse des Schriftleiters oder Redaktionsausschusscs<br />
erbeten.<br />
Wir bitten unsere Leser, die „Hohenzollerische<br />
Heimat* weiter zu empfehlen.
HERBERT BURKARTH<br />
HÖH ENZOLLERISCHE<br />
HEIMAT<br />
ss. Jahrgang <strong>1972</strong><br />
Uber die Baugeschichte des Klosters Mariaberg war bisher<br />
so gut wie nichts bekannt, Baumeister soll Michael Thumb<br />
gewesen sein. Aus dem Nachtrag zu Sulgers Annalen<br />
stammt die Jahreszahl 1682, die man bei einer Renovation<br />
in jüngerer Zeit am Portal des Westflügels angebracht hat.<br />
Sulger, der damals Prior und Beichtvater in Manaberg<br />
und die treibende Kraft beim Neubau gewesen war, berichtet<br />
keine Zeile darüber. Für die Kirche wird als Baujahr<br />
1711 angegeben und als Baumeister Franz Beer. Es<br />
wird auch angenommen, daß das alte Kloster weiter südlich<br />
im Bereich des jetzigen Klostergartens gelegen habe.<br />
Dieser Mangel an Nachrichten rührt daher, daß im<br />
Klosterarchiv, dessen Bestand sich im Hauptstaatsarchiv<br />
in Stuttgart befindet, keinerlei Erwähnung des Klosterbaues<br />
zu finden ist. In der Handschriftenabteilung der<br />
Württembergischen Landesbibliothek wird jedoch eine<br />
Nr. 3<br />
Die Baugeschichte von Mariaberg<br />
Klosterbau des Michael Thumb und Franz Bter (Lithographie um 1850)<br />
Herauegegeben oom<br />
W 3828 F<br />
Hohenzolleritchen Gclchichteocrcin<br />
in Verbinöung mit öcn<br />
Staatlichen Schulämtern Hechingen<br />
unö Sigmaringen<br />
Handschrift über den Klosterbau aufbewahrt, die von<br />
einer Nonne im Kloster verfaßt wurde. Zu dieser Bauchronik<br />
gehört auch eine Beschreibung des alten Klosters,<br />
über das hier erstmals berichtet werden kann.<br />
Das alte Kloster lag an genau der gleichen Stelle, an der<br />
am Ende des 17. Jahrhunderts der jetzige Klosterbau errichtet<br />
wurde. In der neuen K__che sind sogar noch Teile<br />
der alten verbaut. Wenn hier von Kloster die Rede ist,<br />
so ist damit zunächst nur der Klausurbezirk mit der<br />
Kirche gemeint. Zum Kloster gehörte jedoch noch ein<br />
weiterer Gebäudekomplex, nämlich die Ökonomiegebäude<br />
mit Scheuern, Stallungen, Wohnungen usw. Die Ökonomiegebäude<br />
umschlossen den Klausurbezirk von zwei Seiten<br />
und bildeten so den äußeren Klosterhof, der durch das<br />
West- und Nordtor zugänglich war. Der größte Teil dieser<br />
Gebäude wurde im 19. Jahrhundert abgebrochen. Nur
an der Nord- und Ostseite ist noch ein Rest der alten Gebäude<br />
mit dem Nordtor erhalten. Auch die Mauern des<br />
Klostergartens, des Baumgartens und des ehemaligen<br />
Friedhofes stammen nicht vom Neubau, was natürlich<br />
nicht ausschließt, daß im 18. Jahrhundert daran gebaut<br />
wurde.<br />
Das alte Kloster<br />
Das alte Kloster war kein geschlossener Baukörper wie<br />
der jetzige Bau, sondern bestand aus der Kirche und mehreren<br />
einzeln stehenden Fachwerkbauten. Über die Entstehungszeit<br />
der alten Klosterbauten ist nichts bekannt.<br />
Im Archiv befindet sich ein Pergamentzettel, der von der<br />
Weihe einer Kapelle im Jahr 1433 berichtet. Als Klosterkirche<br />
wurde im 13. Jahrhundert die alte Dorfkirche von<br />
Berg benützt, die wir uns als kleinen romanischen Bau<br />
vorstellen müssen. Möglich, daß 1433 die Kirche neu gebaut<br />
wurde. Jedenfalls war die zweite Kirche ein gotischer<br />
Bau. Da die alte Klosteranlage aus Einzelbauten bestand,<br />
dürften diese zu ganz verschiedenen Zeiten entstanden<br />
sein. Nur vom Prioratshaus ist das Baujahr bekannt. Es<br />
heißt in der Chronik, daß es 1502 erbaut und 1722 abgerissen<br />
worden sei. Der baulich beste Teil des alten Klosters<br />
dürfte der „Neue Speicher" gewesen sein, der erst<br />
1722 abgerissen wurde. Im Dreißigjährigen Krieg hat das<br />
Kloster schwer gelitten. Über die Kriegszeit hat eine<br />
Nonne einen ausführlichen Bericht verfaßt. Von einem<br />
Schaden an den Gebäuden ist darin aber nicht die Rede.<br />
Wahrscheinlich waren die Bauten ausgeplündert und verkommen,<br />
in der Substanz aber erhalten.<br />
Die Gebäude des alten Klosters teilten den Klosterbezirk<br />
in zwei Höfe, das Kreuzgärtlein und den Conventshof.<br />
An der Stelle des heutigen Westflügels mit dem Hauptportal<br />
stand der „Neue Speicher", der den C ; ebel der<br />
Kirche teilweise verdeckte, wie das ja auch heute noch der<br />
Fall ist. Der Bau bestand aus einem neueren dreistöckigen<br />
und einem älteren zweistöckigen Teil, der zum Hof hin<br />
eine offene Halle bildet. Das Dach der Halle war mit<br />
zwei Balkensäulen abgestützt. Im Speicher befanden sich<br />
verschiedene Keller und die Klosterküferei. In den oberen<br />
Stockwerken waren Gastzimmer, .ne Badstube und verschiedene<br />
Kammern „mit altem Gerimpell". Auf aem ausgedehnten<br />
Dachboden wurde Korn gespeichert. An der<br />
Hofseite hatte das Gebäude ein schönes Portal, das wohl<br />
zu den Gästezimmern führte.<br />
An den Speicher war in südlicher Richtung das Conventsgebäude<br />
angebaut. Es war dreistöck ^ und enthielt im<br />
Untergeschoß aas Refektorium, auch Conventsstube genannt.<br />
Der größte T II des mittleren Stockes bestand aus<br />
einer Laube (eine Halle mit rohem Gebälk). An der einen<br />
Seite befand sich die Wohnung der Priorin, die ein Wohnund<br />
ein Schlafzimmer hatte, an der anderen 5 ,ite ein<br />
„finsteres Kräuterkämmerli'. Der obere Stock enthielt ein<br />
Krankenstüblein und 14 Zellen zu beiden Seiten eines<br />
Ganges „alles sehr feucht, uneben, winkelig und elend".<br />
Die Öfen des Conventsgebäudes wurden von außen durch<br />
einen eigens angebauten Turm geheizt. Über die Lage der<br />
Küche wird nichts berichtet, aber es ist anzunehmen, daß<br />
sie s.ch auch im Conventsbau befand. Zum Kreuzgarten<br />
hin war in Hohe des ersten Stockes - ne Laube angebaut,<br />
die auf hölzernen Säulen stand und einen Teil des Kreuz -<br />
ganges bildete. Der andere Te :i des Kreuzganges befand<br />
sich an der Rückseite des Speichers. Neben dem Kreuzgang<br />
am Conventsbau stand ein rechteckiger Brunnentrog.<br />
Die ursprüngliche Wasserversorgung des Klosters bestand<br />
aus einem Ziehbrunnen im Conventshof. Dieser war aber<br />
1682 längst zugeschüttet worden. Woher der Brunnen im<br />
Kreuzgarten das Wasser bekam, ist nicht bekannt.<br />
34<br />
östlich vom Convent erstreckte sich zur Gartenmauer der<br />
„Gang", auch das alte Refektor genannt. Es war ein<br />
schmaler, zweistöckiger Bau, der wohl zu einer älteren<br />
Bauperiode gehörte und 1682 wahrscheinlich nicht mehr<br />
benützt wurde. In der Chronik wird er als „liederlich und<br />
baufällig" bezeichnet. Wahrscheinlich stand an der Stelle<br />
des Conventes früher das Dormitorium, der gemeinsame<br />
Schlafsaal der Nonnen und getrennt davon das Refektor.<br />
Durch den Bau des Conventes, der Refektor, Zellen und<br />
Wohnung der Priorin enthielt, war der „Gang" entbehrlich<br />
geworden.<br />
Neben dem Convent stand im Kreuzgarten das Badhaus.<br />
Wahrscheinlich diente das Badhaus auch als Wärmestube,<br />
wenn die Nonnen im Winter völlig durchfroren vom<br />
Chorgebet kamen. Zwischen Badhaus und der Kirche<br />
wurde der Kreuzgarten von einer 6 Fuß hohen Mauer<br />
abgeschlossen, durch die ein Tor auf den „Felsen" führte.<br />
Dieser Felsen war ein separates Höflein, von dem aus die<br />
Nonnen einen Blick auf das „Getriebe der Welt" ins Tal<br />
hinunter werfen konnten.<br />
Die vierte Seite des Kreuzgartens b ,dete die Kirche, ein<br />
langer und schmaler Bau. Den hinteren, größeren Teil des<br />
Innenraumes nahm der Nonnenchor ein. Der Nonnenchor<br />
war nur um 4 Fuß erhöht, bildete also k -in eigenes Stockwerk.<br />
Der Platz für das Volk war ziemlich beschränkt. Es<br />
hatten nur ca. 30-40 Personen Platz, was etwa der Zahl<br />
des Klostergesindes entspricht. Die Kirche hatte zwei Altäre,<br />
den Hauptaltar und einen auf der linken Seite des<br />
Nonnenchores. Einer d ser Altäre dürfte mit der Gruppe<br />
„Marr Krönung" geschmückt gewesen sein, die im Frühjahr<br />
<strong>1972</strong> aus der Kapelle im Tal gestohlen wurde. Es<br />
handelt sich um eine Arbeit aus der Werkstatt des Salemer<br />
Bildhauers Melchior Binder (ca. 1610). Ein ähnlicher<br />
Altar befindet sich in der Stadtkirche Ehingen (Donau).<br />
An der Südseite der Kirche im Kreuzgarten war das ziemlich<br />
kleine Kapicelhaus angebaut. Über dem Kapitel lag<br />
die Küsterei, auch das Bücherkämmerli genannt. Wahrscheinlich<br />
war h er das Archiv untergebracht. Auch im<br />
neuen Kloster wurde die unmittelbare Verbindung Kapitelhaus-Kirche<br />
gewahrt, die der Mariaberger Tradition<br />
entsprach.<br />
Drei weitere Gebäude lagen außerhalb des Klausurbezirkes.<br />
An der Südseite, etwa in der Gegend des heutigen<br />
Prioritätsflügels, lag das S chenhaus. Aus Urkunden des<br />
15. und 16. Jahrhunderts geht hervor, daß im Kloster<br />
Pfründner aufgenommen wurden. Da diese Pfründner<br />
meistens alte und pflegebedürftige Leute waren, ist anzunehmern,<br />
daß sich der Ausdruck Siechenhaus auf sie "bezieht.<br />
Im Untergeschoß dieses Hauses war die Bäckerei<br />
(Pfisterei) des Klosters untergebracht. Ein Teil des Siechenhauses<br />
schloß den Conventshof nach Süden ab. Zv ischen<br />
Convent und Siechenhaus trennte eine Mauer mit<br />
Tor den Conventshof vom Klosterhof. Im Conventshof<br />
gab es, wie schon erwähnt, einen Ziehbrunnen, der schon<br />
lange zugeschüttet war<br />
An der Nordseite der Kirche, auf dem Felsen, stand das<br />
Haus des Priors. Es war 1502 erbaut und wurde 1722 abgebrochen,<br />
als im Hauptgebäude eine neue Piiorswohnung<br />
eingebaut wurde. Zum Haus gehörte ein kleiner, ummauerter<br />
Garten. Die Chronistin bemerkt zum alten<br />
Prioratshaus: „klein, einfältig und schlecht, aber für einen,<br />
dem Ruhe und Einsamkeit Ii b, gar bequem". Man kann<br />
sich vorstellen, daß Gelehrte, wie Stefan Bochenthaler und<br />
Arsenius Sulger sich hier sehr wohl gefühlt haben. Innerhalb<br />
der Friedhofsmauern stand di^ St.-Annakapelle. Aus<br />
ihr dürfte die gotische Figur Hl. Anna Selbdntt stammen,<br />
die jetzt auf dem linken Seitenaltar der Klosterkirche<br />
steht.
4 V Vi ^ ,<br />
i »«> tfhif<br />
« i "An<br />
J v&M*<br />
i M<br />
5 Li M f j f i<br />
Vor dem Friedhof, auf dem Klosterhof, stand das Gesindehaus.<br />
Hier waren die in Haus und Landwirtschaft<br />
beschäftigten Mägde untergebracht. „Ein altes Bauerngebäu,<br />
ganz zwerch und irregulär auf dem Hof stehend",<br />
nörgelt die Chronistin.<br />
Dieser ganze alte Klausurbezirk wurde, dem Fortschritt<br />
des Neubaues folgend, seit 1682 abgerissen. Die Steine<br />
wurden im neuen Kloster wieder verbaut. Das Mauerwerk<br />
bestand zum größten Teil aus Backsteinen, ein Teil<br />
allerdings aus „zusammengelesenen Ackersteinen".<br />
Der Bau des Neuen Klosters<br />
Das Kloster Mariaberg erholte sich verhältnismäßig<br />
schnell von den Folgen des Dreißigjährigen Krieges, der<br />
seine Wirtschaft völlig ruiniert hatte. Der bauliche Zustand<br />
des alten Klosters war so schlecht, daß die Frage,<br />
was zu geschehen habe, immer dringlicher wurde. Der<br />
Convent traute sich einen Neubau nicht zu. Man war der<br />
Ansicht, daß die spärlichen Einnahmen des Klosters kaum<br />
zum Unterhalt des Conventes und des zahlreichen Hofgesindes<br />
reichten, so daß höchstens eine Renovierung in<br />
Frage käme. Der damalige Beichtvater Arsenius Sulger<br />
tat wohl alles, um den Convent umzustimmen. Die<br />
Klosterfrauen jammerten dagegen, daß auch 'i'e Ältesten<br />
sich nicht erinnern könnten, daß es in der Nähe des<br />
Klosters einen Steinbruch gegeben habe. Sand müsse man<br />
für teures Geld in Harthausen kaufen und in den Klosterwaldungen<br />
gebe es nicht einen Stamm Bauholz. Unter der<br />
Priorin M. Anna Fischerin 1681 gab der Convent nach.<br />
Der in Zwiefalter Diensten stehende Baumeister Michael<br />
Thumb wurde beauftragt, „Riß und Modell" für ein<br />
neues Kloster zu machen. Die Pläne fanden die Zustimmung<br />
des Abtes von Zwiefalten, der dem Kloster auch<br />
ne 1<br />
j* *<br />
Ansicht des alten Klosters, das seit 1682 abgebrochen wurde<br />
- frft Ii ä ^<br />
finanzielle Unterstützung zusagte, wenn es in Schwierigkeiten<br />
kommen sollte. Auch gab er dem Convent die Erlaubnis<br />
und den Rat zu betteln. So begann man Bettelbriefe<br />
zu schreiben, die auch bald ein Echo hatten. Die damalige<br />
Fürstin von Hohenzollern-Hechingen, Maria Sidonia,<br />
gab die Genehmigung, in den Wäldern von Hausen<br />
i. K. und vom Homberger Hof Holz zu fällen. Das<br />
Holz wurde von den Weilheimern nach Jungingen geführt.<br />
Einwohner von Jungingen brachten dieses Holz<br />
und das Holz von Hausen in freiwilligen Fuhren zum<br />
Kloster. Im übrigen wurde Bauholz auch stammweise in<br />
der Nachbarschaft zusammengebettelt. Der Baron von<br />
Speth ließ das Holz kostenlos in der herrschaftlichen Säge
in Gammertingen sägen. Auch mit dem übrigen Baumaterial<br />
sah es ganz gut aus. Gleich unterhalb des Klosters<br />
am „langen Acker" konnte man genug Sand graben.<br />
Steine konnte man in der Nähe des oberen Tores und auf<br />
dem Kruchenberg (auf der anderen Talseite) brechen. Entlang<br />
der Lauchert mußte es auch viele Tuffsteine geben.<br />
Ein Problem war die Frage nach den Arbeitskräften. Die<br />
Nonnen waren noch in der Vorstellung verhaftet, daß<br />
solche Arbeiten in der Frohn von den Untertanen gemacht<br />
werden müßten. Gleichzeitig war ihnen aber auch klar,<br />
daß sie im Jahr 1681 keine Möglichkeit mehr hatten,<br />
solche Vorstellungen durchzusetzen. Thumb konnte diese<br />
Bedenken zerstreuen.<br />
Am 21. August 1682 wurde zwischen der Priorin und<br />
Michael Thumb ein Bauvertrag abgeschlossen. Schon am<br />
1. September traf der Polier (Ballier) Franz Beer mit<br />
11 Maurern aus dem Bregenzer Wald ein. Sie begannen<br />
mit dem Abbruch des „Gang", alte Refekten, an der<br />
Gartenseite des Klosters und dem Badhaus. Schon bald<br />
waren die äußeren Fundamente gelegt. Den Nonnen<br />
wurde angst und bang, als sie sahen, welche Unmenge von<br />
Steinen in den Fundamenten verschwand. Besonders an<br />
der Gartenseite gab es erhebliche Schwierigkeiten. Es<br />
mußte unendlich tief gegraben werden, bis man auf festen<br />
Grund kam. Am 26. September 1682 hatte Pr ^r und<br />
Beichtvater Arsenius Sulger den Grundstein in der Mitte<br />
der äußeren Mauer des Ostflügels (Conventsbaues) gelegt.<br />
In dem Stein waren zahlreiche Reliquien, Benediktspfennige<br />
und eine Urkunde eingemauert. An Martini wurden<br />
die Bauarbeiten eingestellt und die Maurer rückten wieder<br />
ab.<br />
1683 wurde mit Thumb ein neuer Vertrag gemacht (die<br />
Verträge wurden jährlich neu abgeschlossen). Danach bekam<br />
jeder Maurer täglich 23 Kreuzer, der Polier das Essen<br />
und V2 Maß zu trinken (ob Bier oder Wein, ist nicht angegeben)<br />
zusät; I ch<br />
Bauarbeiten 1683<br />
Am 5. April 1683 traf Franz Beer mit 20 Maurern ein.<br />
Als nächster Bau wurde der alte Convent abgebrochen.<br />
Di Nonnen zogen in den „Speicher" um, wo sie eng zusammenrücken<br />
mußten. Die dortige Badstube wurde als<br />
Refektor benützt und die oberen Kammern dienten als<br />
Dorrrutorium. Eine offene Laube wurde als Gastzimmer<br />
ausgebaut.<br />
Bis zum 15. Juni 1683 hatten 'ie Maurer wieder mit den<br />
Fundamenten Arbeit, die teilweise sehr tief gegraben<br />
werden mußten. Nachdem die Fundamente einmal aus<br />
dem Boden waren, ging es aber sehr schnell. Der Conventsbau<br />
(Ostfiugel von der Kircne zum Garten) wuchs<br />
rasch emDor. Am 29. JuL wurde das Gebälk auf den ersten<br />
Stock gelegt, am 16. September war der zweite Stock und<br />
am 21. Oktober der dritte Stuck im Rohbau fertig.<br />
Danach wurde von den Maurern m t Unterstützung von<br />
nur ein bis zwe. Zimmerleuten der Dachstuhi aufgerichtet.<br />
Am 19. November wurde der Bau eingestellt und die<br />
Vorarlberger rückten wieder ab. Das Wetter hatte den<br />
Bau durch ei ren trockenen und warmen Sommer sehr begünstigt.<br />
Es war kaum Regen gefallen. E : Leute in der<br />
Nachbarschaft munkelten, die Mariaberger Maurer hätten<br />
mit geheimen Künsten den Himmel bestochen. Überhaupt<br />
waren diese Burschen, die im Früh .hr mit den Schwalben<br />
kamen und von Tagesanbruch bis zur Dunkelheit arbeiteten,<br />
etwas unheimLJi. Die Nonnen bewunderten ; hren<br />
Fleiß und 'hre Geschicklichkeit. Aber im Herbst, wenn die<br />
Maurer mehr als 1000 Gulden baren Geldes mit Sic 1 fortschleppten,<br />
packte sie ein heili 5er Zorn.<br />
36<br />
Auch die übrigen Arbeiten schritten voran. Als Zimmermann<br />
wurde Meister Menrad Schuler aus dem zwiefaltischen<br />
Dorf Upflamör verpflichtet. Schuler war vermutlich<br />
für das Kloster Zwiefalten tätig, denn ein kleiner<br />
Dorfhandwerker wäre wohl nicht in der Lage gewesen,<br />
einen solchen Auftrag auszuführen. Er hatte das ganze<br />
Bauholz zuzurichten, Türgerichte, Fenstersimsen und 101<br />
Kreuzstöcke anzufertigen.<br />
Für den Bau hatte das Kloster einen eigenen Kalkbrenner<br />
eingestellt. Der Kalkofen stand im „Geländ" (Flur beim<br />
Kloster). Die benötigten Steine las man auf den Äckern<br />
und im „Scheite: wald" zusammen. Ziegel wurden bei<br />
Ziegler Jakob Hodler in Gammertingen gekauft. Einige<br />
Nonnen hatten im Convent versucht, den Bau einer eigenen<br />
Ziegelhütte durchzusetzen, waren aber damit nicht<br />
zum Zug gekommen.<br />
Für die Zufuhr von Steinen und Sand standen zunächst<br />
zwei Pferde und zwei Ochsen zur Verfügung. Um mehr<br />
Fuhrwerke freizubekommen, wurden die Feldarbeiten im<br />
Lohn an Bauern von Bronnen vergeben. Auch Fuhrwerke<br />
aus der Nachbarschaft wurden teils im Lohn, teils freiwillig<br />
eingesetzt. Der erste Steinbruch befand sich vor<br />
dem Westtor, also direkt beim Kloster. Später wurden die<br />
Steine auf dem Kruchenberg gebrochen. Man hatte drei<br />
Männer für die ganze Zeit als St inbrecher verdingt.<br />
Das Holz für Gewölbe und Schalungen wurde im e ; enen<br />
Wald geschlagen und in Gammertingen gesägt. Die Angabe,<br />
daß das Kloster kein eigenes Bauholz hatte, ist<br />
durchaus glaubhaft. Der Waldbesitz war verhältnismäßig<br />
klein. Durch den enormen Brennholzbedarf waren die<br />
Wälder stets bis zur Grenze des möglichen strapaziert.<br />
Zudem war die Forstwirtschaft schlecht. Man hatte praktisch<br />
nur Buchenanflug und Stockausschläge, was natürlich<br />
für Bauholz völlig ungeeignet war. Bretter aus Tannenholz,<br />
die man für Fußböden, Täferungen und andere<br />
Schreinerarbeiten benötigte, wurden in Jungingen bestellt.<br />
Es sei jedoch sehr schlechte und liederliche Ware<br />
geliefert worden.<br />
Das Baujahr 1684<br />
Im Conventsbau ging der Innenausbau weiter, Gewölbe<br />
wurden ausgemauert, Treppen aufgerichtet, Kamme gebaut,<br />
Buden gelegt usw. Wich-lgster Bau in diesem Jahr<br />
war jedoch die Kirche. Die alte Kirche wurde abgebrochen<br />
und mit dem Neubau an der gleichen Stelle begonnen. Die<br />
neue Kirche wurde nach Norden um 3 bis 4 Fuß erweitert<br />
und an der Ostseite der runde Chor angebaut. Von<br />
der alten Kirche blieben nur Mauern und Fundamente an<br />
der Seite gegen den Conventsbau. Bf 'm Graben der Fundamente<br />
kam man schon nach ca. 2 Fuß auf Felsen, der<br />
Baugrund war aiso ideal. Am 25. Oktober war der Rohbau<br />
fertig. Ursprünglich war geplant gewesen, die Kirche<br />
innen ganz einfach, mit glatten Wänden zu gestalten.<br />
Nachdem aber das ganze Unternehmen w.der Erwarten<br />
so günstig verlaufen war, entschloß man sich, die Kirche<br />
wesentlich schöner auszubauen, mit Gewölben, Säulen und<br />
Gesimsen. Weil der Baumeister Thumb nicht „anwesend<br />
war", beauftragte der Convent Franz Beer mit einem<br />
neuen Plan für die Kirche. Doch kaum hatte man 5 -h darüber<br />
gefreut, daß o'sher alles so giatt gelaufen war, ereignete<br />
sich ein Unglück. Durch ständige Regengüsse war<br />
der Mörtel im Chorbogen aufgeweicht worden und d.j<br />
Mauer kam ins Rucschen. Am 29. Oktober fiel der Bogen<br />
herunter und durchschlug die Gerüststangen. Um weiteres<br />
Unheil zu verhüten, trug man die Mauern bis auf die<br />
Höhe der Fensterbögen ab. Vor dem Frühjahr wurde<br />
nichts mehr daran getan.
Die Zimmerarbeiten an der Kirche, Chorkuppel, Glockenstuhl,<br />
Turmhaube usw. wurden ebenfalls von Melchior<br />
Schuler ausgeführt. Noch heute macht diese Arbeit einen<br />
ganz hervorragenden Eindruck. Wenn man auf der Kirchenbühne<br />
steht, so kann man sich kaum vorstellen, daß<br />
das alles schon dreihundert Jahre alt sein soll.<br />
Die Glaserarbeiten an der Kirche und im Kloster wurden<br />
an Martin Blersch aus Zwiefalten-Bach vergeben. Auch er<br />
dürfte ein bewährter Klosterhandwerker gewesen sein.<br />
Für die Schreinerarbeiten in Convent und Refektor wurden<br />
Christian Mauz aus Burladingen, Jakob Buck aus<br />
Gammertingen und ein Schreiner aus Trochtelfingen eingestellt.<br />
Sie bekamen neben der Bezahlung „die gewöhnliche<br />
Hausmannskost". Aller : ngs dürften die schönen Intarsienarbeiten<br />
an den Türen und Wandschränken des<br />
Refektors von anderer Hand stammen. In der „vorderen<br />
Stube" neben dem Refektor wurde übrigens 1684/85<br />
Gottesdienst gehalten, solange die Kirche nicht benützt<br />
werden konnte.<br />
Als Schlosser war Meister Hans Jerg aus Ebingen verdingt<br />
worden. Er fertigte die Schlösser für alle Türen an,<br />
teilweise erneuerte er auch die alten Schlösser. An einigen<br />
Türen sieht man noch die Spuren dieser prächtigen<br />
Kastenschlösser. Leider wurden alle im Lauf der Zeit ausgewechselt<br />
und sind verschwunden. Besonderes Lob spendet<br />
die Bauchronik den Schmieden. Es waren nämlich die<br />
drei Brüder der Priorin, Jerg Fischer von Sonderbuch, Jakob<br />
Fischer von Huldstetten und Johannes Fischer von<br />
Lautern. Bei ihnen wird keine Rechnung erwähnt. Vielleicht<br />
wurden sie in Mariaberg so gut verpflegt, daß sie<br />
nicht mehr an Geld dachten.<br />
Am 11. November 1684 wurden die Bauarbeiten eingestellt.<br />
Die Chronistin schreibt: „Die Maurer haben ihren<br />
Dienst quittiert und sich wieder in ihren Bregenzer Wald<br />
verkrochen." 1684 war es noch nicht üblich, nach Au,<br />
Bezau oder Egg in Urlaub zu fahren. So stellte man sich<br />
.[ Mariaberg den Bregenzer Wald wohl als eine Art Urwald<br />
vor, in dem die Leute wie Köhler hausten.<br />
Baujahr 1685<br />
Zwischen Thumb und Beer war es am Ende des vergangenen<br />
Jahres zu mem heftigen Streit gekommen. Wahrscheinlich<br />
war Thumb wütend, daß Beer ohne sein Wissen<br />
einen neuen Plan für die Kirche gemacht hatte. Er wollte<br />
Beer wegschicken und für Mariaberg einen neuen Polier<br />
einsetzen. Beer hatte siüi jedoch das Vertrauen des Conventes<br />
erworDen und so wurde Thumb ganz ausgeschaltet<br />
und der Bauvertrag für das Jahr 1685 mit Beer als Baumeister<br />
abgeschlossen.<br />
Dei Chorbogen, der im letzten Herbst eingefallen war,<br />
wurde wieder aufgerichtet, beide Giebel und der Glockenturm<br />
der Kirche wurden aufgemauert. Für den Bau der<br />
Kirche wurde eine große Menge von Backsteinen benötigt,<br />
auch spezielle Gewölbesteine und eine Unmenge von<br />
Dachziegeln wurden gebraucht. So kam der Convent zum<br />
Entschluß, doch eine eigene Ziegelhütte zu bauen. Auf<br />
einem Acker in der Nähe des Ofens gab es genügend<br />
Lehm. Ein Ziegler wurde eingestellt, der auch einen<br />
„Lettenknecht" stellen mußte. Für die Stukkaturen in der<br />
Kirche und im Kloster wurde eine große Menge Gips benötigt.<br />
Dieser Gips wurde in Rangendingen gegraben und<br />
beim Kloster gebrannt.<br />
Das Kirchengewölbe wurde ganz in Backsteinen aufgeführt<br />
und zu größerer Sicherheit am Gebälk aufgehängt.<br />
Wenn man heute dieses Gewölbe betrachtet, kommt man<br />
allerdings zu dem Schluß, daß das Gewölbe Beers eine<br />
solche Aufhängung nicht nötig hatte, sondern auch in tausend<br />
Jahren noch halten wird.<br />
Der Kirchturm wurde von Meister Klocker, Spengler aus<br />
Hochberg (b. Zwiefalten) ganz mit Blech gedeckt. Das<br />
Turmkreuz, 6 Fuß hoch, wurde mit „bestem Augsburger<br />
Blattgold vergoldet". Bevor man das Kreuz aufrichtete,<br />
fand die feierliche Weihe durch den Prior statt. Im Turmknopf<br />
brachte man einen verlöteten Behälter unter, in<br />
dem Reliquien und eine Pergamentsurkunde mit der Jahreszahl<br />
und den Namen der damaligen Angehörigen des<br />
Conventes enthalten sind.<br />
Auf dem Kirchturm wurde auch die Uhr eingebaut. Sparsam,<br />
wie man war, wurde die alte Uhr wieder verwendet.<br />
Ein Meister Felix N ? aus Munderkingen bekam den Auftrag,<br />
am alten Uhrwerk ein Viertelschlagwerk anzubauen.<br />
Auf der Kirchenbühne ist noch ein altes Uhrwerk vorhanden,<br />
jedoch dürfte dieses Werk aus dem 19. Jahrhundert<br />
stammen.<br />
Neben der Kirche war in diesem Jahr der Conventsflügel<br />
und das Refektor fertig geworden. Um Platz zu gewinnen,<br />
wurde ein Teil des Siechenhauses abgebrochen.<br />
1686<br />
Das Jahr 1686 war das letzte Jahr, in dem intensiv gebaut<br />
wurde. Mit Franz Beer wurde ein neuer Bauvertrag<br />
abgeschlossen. Beer brachte 20 Maurer und „Bossler" unter<br />
dem Polier Rudolf Moosbrugger mit. Unter „Bosslern"<br />
kann man sowohl Handlanger, -wie auch Gipser<br />
Klosterhof, Westflügel und prioratsbau. Rechts Anstaltsgebäude<br />
37
verstehen. Es ist anzunehmen, daß die Bregenzerwälder<br />
auch die Stukkaturen gemacht haben, obwohl das nicht<br />
ausdrücklich erwähnt wird. In diesem Jahr wurde wieder<br />
eine große Menge Bauholz benötigt. Zwiefalten schickte<br />
12 Eichen. Über 100 Birken kamen aus den Wäldern von<br />
Feldhausen, Harthausen, Gammertingen und Hörschwag.<br />
Freiherr von Stauffenberg stiftete aus den Wilflinger \ ildern<br />
5 Eichen. In Jungingen und Hausen i. K. wurde<br />
Tannenholz gekauft. Das Holz wurde in freiwilliger<br />
Nachbarschaftshilfe von Leuten aus Mägerkingen, Hausen<br />
a. L., Burladingen, Bronnen, Neufra, Gammertingen<br />
und Ringingen angefahren. Die Fuhrleute bekamen im<br />
Kloster ein gutes Mahl und einen Trunk. Auch Zwiefalter<br />
Untertanen aus Tiegerfeld, Huldstetten, Eichstetten,<br />
Pfronstetten und Wilsingen leisteten Fuhrdienste.<br />
Die Arbeit an den Fundamenten ging schnell voran, da<br />
man überall auf festen Grund stieß. Der Prioratsbau mit<br />
der Bäckerei im Untergeschoß wurde aufgerichtet. Der<br />
hofseitige Westfl.ügel wurde bis zum Treppenhaus in der<br />
Mitte aufgebaut. Damit war der größte Teil des Klosters<br />
mit der Kirche fertig.<br />
Im Jahr 1687 waren nur noch 9 Maurer mit Innenausbau<br />
und den Hofmauern beschäftigt. Der Westflügel war nur<br />
bis zum Treppenhaus gebaut. Demnach blieb der neuere<br />
Teil des „Speichers" stehen. Ob das von Anfang an beabsichtigt<br />
war, oder ob das Geld ausging, ist nicht klar.<br />
Erst 34 Jahre später, 1722, wurde weitergebaut. Am<br />
29. April 1722 legte die Priorin den „Eckstein" für das<br />
neue Gebäude. Über diesen letzten Bauabschnitt sind bisher<br />
ki i le Einzelheiten bekannt.<br />
1687 wurde die Endabrechnung aufgestellt. Der ganze<br />
Bau hatte nicht ganz 10 000 Gulden gekostet. Die „Bettelaktion"<br />
war ein voller Erfolg gewesen. Die Liste der<br />
Wohltäter, die für den Bau gespendet hatten, zählte<br />
ca. 120 Einzelpersonen, Klöster, Städte und Kirchengemeinden<br />
auf. Etwa 730 Gulden Bargeld waren eingegangen.<br />
Dazu kam der größte Teil des Bauholzes, vor allem<br />
durch Spenden der Fürstin Maria Sidonia von Hohenzoliern-Hechingen.<br />
Das Kioster Zwiefalten gab neben<br />
Schenkungen ein zinsloses Darlehen von 1000 Gulden. Es<br />
gingen auch viele Natural en ein, Wein, Getieide usw.<br />
Ein besonderer Wohltäter war der Konstanzer Canonicus<br />
Dr. Franz Leopold Gessler. Er bezahlte die Schreinerarbeiten<br />
und Gemälde für die Altäre in der Kirche- Er<br />
schenkte auch das große Kruzi ix, das vor dem Nonnenchor<br />
hängt. Die zugehörigen Figuren Ma-ia und Johannes<br />
sind verloren. Die Chronistm hebt hervor, daß das Arbeiten<br />
des berühmten Künstlers Schenk aus Konstanz<br />
seien. Für den Ausbau des Refektors stiftete der Canonicus<br />
75 Gulden, dazu eine „Kruzifixtafel" und sein Portrait<br />
(beide verloren). Außerdem gab er 2 „schone Jesusknaben",<br />
ein seidenes, violettes Meßgewand und passendes<br />
Kelchtüchlein.<br />
Die heimlichen Verstecke<br />
Der Dreißigjährige Krieg war noch nicht vierzig Jahre<br />
vorbei. So ist es nicht verwundet ch, daß man im Kloster<br />
für den Notfall vorsorgte. Schon beim Bau wurden einige<br />
Verstecke vorgesehen, n di- man bei Gefahr Hausrat und<br />
Wertsachen bringen konnte Für die künftigen Nonnen<br />
legte die Chronistin eine „Gebrauchsanweisung" bei. Sie<br />
schreibt: „Im Fahl der Noht etwas in geheime Sicherheit<br />
zu bringen und zu saldieren seiend zu beobachten:<br />
1. Ein grosse, 2 Zellen lang und Dreite Behältrm in dem<br />
Oxidentalgeb-».u (Conventsfiügel). Dessen Mund oder Eröffnung<br />
soll gesucht werden in der nägsten Zeil ahn der<br />
vorderen Arbe.tsstuben (Korbmacherei) gegen den Kirchengiebel<br />
gleich am Eingang auf der iinken Hand. Unter<br />
38<br />
der Bettstatt such ein Pflaster (Tapete?) oder Deckblättlein."<br />
Hier könne man eine ganze Menge Hausrat, Betten<br />
und andere Sachen verstecken. Der Raum habe gegen<br />
Osten ein kleines Luftloch, das mit einem durchbrochenen<br />
Kreuzblättlein bedeckt sei. Der Raum ist heute noch vorhanden,<br />
hat aber eine Tür nach außen, die noch nicht sehr<br />
alt sein kann. Die Falltüre war bis vor einiger Zeit noch<br />
zugänglich, endet aber jetzt auf einem Zwischenboden.<br />
2. Ein anderer „kleinerer, auch sicherster und geheimster<br />
Ort" ist zu finden in der „vorderen Heimblichkeit (Abort)<br />
bei der Stiegen und Tür so auf den Felsen (Nonnenfriedhof)<br />
1 "nausführt". Nach Abheben des „Deckblättchens"<br />
finde man einen großen Sandstein mit zwei Eisenringen,<br />
den man hochheben muß. Der Behälter sei gut gf ,gnet für<br />
Geld und andere Wertsachen. Er habe kein Licht und kein<br />
Luftloch, doch von der „Heimblichkeit" sei er mit einer<br />
starken Mauer abgeschieden. Dieses Versteck wurde wahrscheinlich<br />
bei einem Umbau der Abortanlage beseitigt.<br />
Ein weiteres Versteck war auf der Kirchenbühne zu finden.<br />
Hier g it es verschiedene Winkel, die man leicht und<br />
unauffällig zumauern konnte.<br />
Wie wir sahen, ist das Kloster Mariaberg vom Architekten<br />
bis zum Handlanger "ne Arbe - ; der Vorarlberger. An sich<br />
findet man das Schema, das Thumb hier verwendet hat,<br />
schon bei Klosterbauten des Mittelalters. E n Kreuzganghof<br />
mit drei Flügeln, dessen vierte Seite d : Kirche bildet.<br />
Verfolgt man den Ablauf der Bauarbeiten, so ist zu erkennen,<br />
daß Thumb sich doch recht eingehend l it dem<br />
Problem befaßt hat, denn der Bau paßte sich genau den<br />
Gegebenheiten an. Der „Klosterbetrieb" wurde nicht mehr<br />
gestört, als unbedingt nötig. Lis 1722 konnte sogar ein<br />
Bauteil des alten Klosters weiterbenützt werden, weil<br />
alles aufeinander abgestimmt war. Anscheinend hat sich<br />
Thumb nach Beginn der Bauarbeiten nicht mehr viel um<br />
das Unternehmen gekümmert, so daß Beer praktisch die<br />
Bauleitung hatte. Die Kirche ist ein eigenständiges Werk<br />
von Beer. Es ist nur die Frage, um welchen Franz Beer es<br />
sich handelte. Franz Beer I baute die Kirche des Klosters<br />
Wald 1697/1700. Für den Mariaberger Beer würde aber<br />
eher Franz Beer II von Bleichten, der „große Beer", passen<br />
Er wurde 1677/80 von der Auer Zunft ledig gesprochen,<br />
sein Meister war Michael Thumb. So ist es erklärlich,<br />
daß er als Polier von Thumb in Mariaberg erscheint.<br />
Mariaberg dürfte auch der erste Bau gewesen sein, bei dem<br />
Beer (ab 1685) als selbständiger Baumeister auftrat. Das<br />
Klösterlein ist also von zwei der bedeutendsten Vorarlberger<br />
Meister gebaut worden. 1686 taucht noch Rudolf<br />
Moosbrugger als Polier auf. Moosbrugger ist auch später<br />
Polier bei Franz Beer. Als selbständiger Baumeister ist er<br />
anscheinend nie tätig gewesen. Wie schon erwähnt, dürften<br />
auch die Stukkaturen m Kloster von Beers Leuten<br />
stammen. Teilweise handelt es sich um einfache Schablonen<br />
mit religiösen Mor /en m den Zeilen. Besonders<br />
schöne Stukkaturen findet man im Westfiügel, der die<br />
Sprechzimmer, Kanzleiräume und Gastzimmer enthielt.<br />
Über den Bau von 1722 ist bisher n cht bekannt, wer ihn<br />
ausführte. Ganz sicher wurde er aber nach den vorhandenen<br />
Plänen von Thumb und Beer zu Ende geDracht,<br />
denn er paßt sich genau in die vorhandenen Gebäude ein.<br />
Wahrscheinlich waren auch h; er Vorarlberger Handwerker<br />
tätig.<br />
Das Scniff der Kirche ist heute noch im gleichen Zustand,<br />
wie es von Beer gebaut wurde; eine Renovation ist noch<br />
nie erfolgt. Nur der Nonnenchor wurde -m 18. Jahrhundert<br />
im Rokokostii umgebaut. Wahrscheinlich war er zunächst<br />
sehr einfach m'- dem alten Gestühl ausgestattet.<br />
Die ersten Altäre, Hie von dem Konstanzer Canonicus<br />
gestiftet waren, sind wahrscheinlich nicht mehr vorhan-
den. Die Bilder der Seitenaltäre sind signiert von Joh.<br />
Kaspar Kohler 1730. Kohler ist ein bedeutender Barockmaler<br />
aus Saulgau. Die Altaraufbauten dürften aus der<br />
gleichen Zeit stammen. Der Hochaltar und die Kanzel<br />
sind älter. Oben auf dem Hochaltar stehen zwei Engelsfiguren,<br />
die aus der Werkstatt Melchior Binders stammen<br />
sollen. In diesem Zusammenhang muß auch der Prior und<br />
Beichtvater P. Anselmius Storr erwähnt werden, der 1713<br />
in der Klosterkirche begraben wurde. Auf seinem Grabstein<br />
heißt es: „Wanderer was du hier an Seltenem siehst,<br />
hat er geformt, gemalt und geschmückt." Zeitlich käme<br />
Storr für das Bild des Hochaltares und die Figuren der<br />
Kanzel in Frage. Aber das ist natürlich vorläufig eine<br />
reine Vermutung. Aus der alten Kirche stammt noch eine<br />
Büste des hl. Nikolaus, der zu den Kirchenpatronen gehörte,<br />
und ein gotisches Kreuz. Dieses Kreuz steht heute<br />
an der rechten Seite unter dem Nonnenchor. Es ist mit<br />
zwei Schächern, Maria und Johannes in maniristischem Stil<br />
zu einem Calvarienberg vereinigt. Nach der Uberliefe-<br />
rung stand diese Gruppe ursprünglich in einem Flur des<br />
Klosters und wurde erst im 19. Jahrhundert in die Kirche<br />
gebracht. Auch die Madonna auf dem Nonnenchor ist eine<br />
gotische Figur, die in der Barockzeit verändert wurde.<br />
Neueren Datums ist auch die Ausstattung des Kapitelsaales.<br />
Leider ist:nur noch die Stukkatur der Decke vorhanden.<br />
Quellen:<br />
Archiv des Klosters Mariaberg B 477 Hauptstaatsarchiv Stuttgart.<br />
Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Handsdiriftenabt. Cod.<br />
hist. 4 0 387.<br />
Fürstliches Archiv Sigmaringen (Bestand Gammertingen). Stadtarchiv<br />
Gammertingen.<br />
Literatur:<br />
Lieb-Dieth „Die Vorarlberger Barockbaumeister" i960. Den Hinweis<br />
auf Melchior Binder verdanke ich einer freundlichen Mitteilung von<br />
Herrn Dr. Hell, Reutlingen. Besonderen Dank schulde ich Herrn<br />
Staatsarchivdirektor Dr. Gönner, Stuttgart, für die Unterstützung<br />
aller meiner Arbeiten zur Geschichte des Klosters Mariaberg.<br />
Mit dieser Arbeit von Dr. Herbert Burkarth haben wir bewußt über den Rahmen der Grenzen Hohenzollerns hinausgegriffen,<br />
zumal hier erstmals überhaupt irgendwo die Baugeschichte des Klosters Mariaberg behandelt wird. Der<br />
Autor, der wie schon sein Vater und sein Großvater Anstaltsarzt in Mariaberg ist, hat sich jahrelang mit der Geschichte<br />
des Klosters befaßt.<br />
In der Buchhandlung Strobel in Hechingen, Am Rain 2, ist aus der Feder von Leopold Bausinger, Landrat a. D., ein<br />
Buch erschienen mit dem Titel „Geliebte Heimat, Jugenderinnerungen und besinnliche Betrachtungen". Unsere Leser<br />
erinnern sich, daß in der „HohenzollerLchen Heimat" bereits Auszüge aus Bausingers Erinnerungen erschienen sind.<br />
Wir empfehlen das Werk allen Heimatfreunden in Hohenzollern.<br />
t<br />
39
A. H. BUCKENMAIER<br />
P. Dionysius Schuler O.F.M.<br />
Titularerzbischof von Naz'-nz — Fortsetzung und Schluß<br />
Zur Erforschung der Ordensgeschichte wurde eine neue<br />
Zeitschrift gegründet, der später „Franziskanische Studien"<br />
beigesellt wurde. In den Studienstatuten wurde sehr<br />
viel Wert auf das Studium der Homiletik (Predigtstudium)<br />
gelegt. Auf Schulers Wunsch verfaßte der Bedeutende italienische<br />
Prediger P. Bernhardini Sderci eine große Einführung<br />
in das Predigtamt. Schuler empfahl das Werk<br />
dem ganzen Orden und ließ es in andere Sprachen übersetzen.<br />
Für Italien er ichtete Schuler im Antonianum einen<br />
Lehrstuhl für Predi^tkunde. Die Anforderung von immer<br />
mehr Predigern war ein Zeichen für den Aufschwung des<br />
Predigtwesens im Orden unter Schulers Generalat-<br />
Schulers weitere große Sorge galt den Heidenmissionen.<br />
Als echtem Sohn des Ordensgründers lag ihm die Bekehrung<br />
der Heiden, Schismatiker und Irrgläubigen in allen<br />
Weltteilen besonders am Herzen. In einem Rundschreiben<br />
beschwört Schuler die Vorsteher der Provinzen: „Höret<br />
mich, verehrte Vorsteher der Prov' izen, hört die Stimme<br />
eures Vaters: Denkt an die Missionen, denen es an Nachwuchs<br />
gebricht!" Sie sollen junge Leute, die Missionar werden<br />
wollen, nicht hindern, sie sollen sie aufmuntern und<br />
gerne ziehen lassen. Das Studium der Missionare wurde<br />
reorganisiert. Die Missionsschüler erhielten getrennt von<br />
den Lehramtsanwärtern ihre Vorlesungen, Schuler mahnte<br />
ein andermal: „Vergeßt unsere Missionen nicht, unseren<br />
Ruhm, unsere Ehre, unsere Hauptaufgabe." Es würde zu<br />
weit führen, die herzbewegenden Worte ganz aufzuführen,<br />
die Schuler der Jugend ' 'dmet. Ein Satz soll aus st: •<br />
nem Aufruf an die Seraphische Jugend hier stehen:<br />
„. .. wie viele Ohren lauschen auf den Schall eurer Füße,<br />
es sind ja Füße derer, die den Frieden, die frohe Botschaft<br />
bringen." Unter Schuler wurde das weit ausgedehnte franziskanische<br />
I.lissionsfeld neu geordnet. Den einzelnen<br />
Ordensprovinzen bzw. Nationen wurden best nmte M -<br />
sionsgebiete zugewiesen, wodurch das Interesse an den<br />
fy isionen gefördert wurde. Es entstand der Franziskaner-<br />
Missionsverein. Einige der Mis onare er'itten 1904 in<br />
China und 1908 in Lybien den Martyrertod. Noch unter<br />
Schuler wohnte, eine Marmortafel angebracht, auf der<br />
Durch zanlreiJie Berufungen in höhere kirchliche Ämter<br />
zeigte der Papst seine Anerkennung für das Wirken der<br />
Minderbrüder auch unter der Regentschaft Schulers.<br />
Ein bedeutendes Ereignis unter seinem Generaiat war die<br />
Feier des siebten Zentenai des Ordens und das Halbkapnel<br />
zu Assisi Im Jahre 1909. Im Portiunkulakonvent<br />
von Assisi wurde zur Erinnerung an das Jubeljahr über<br />
dem Eingang zur Zelle, in der während des Kap: eis<br />
Schuler wohnte, eine Marmgrtafel angebracht, auf der<br />
P. Dionysius Schuler als oberster Lenker des Ordens aufgeführt<br />
ist. S.t spricht weiter den Dank an den Generalminister<br />
aus für die Restauration des Gotteshauses, das<br />
zur Patriarchalbasiiika erhoben worden war.<br />
„Der Sturm wider die Uniombulle"<br />
So bezeichnete P. Gallus Haselbeck d Zeit der Regentschaft<br />
Schulers vom 4. Oktober 1909 bis 23. Oktober 1911.<br />
Ein trübes Kapitel in der Geschichte der M oriten! Man<br />
40<br />
möchte glauben nach all dem Gesagten, daß kaum ein<br />
Generalminister so viel für den Orden geleistet hat, wie<br />
Dionysius Schuler. P. Gallus schreibt selbst: „Betrachtet<br />
man den Franziskanerorden in seiner Gesamtheit, so stand<br />
sein inneres Leben seit der Säkularisation zu Beginn des<br />
19. Jahrhunderts nicht mehr in solcher Blüte wie in den<br />
Tagen des P. Dionysius Schuler." Wenn ihm auch diese<br />
Erfolge nicht allein zuzusprechen sind, so wäre es ungerecht,<br />
ihm jeden Anteil daran abzusprechen.<br />
Von den Konventualen i ihnen ist Besitz gestattet, auch<br />
„Schwarze Franziskaner" genannt) und den Kapuivnern<br />
wurde unter Papst Pius X. gegen die von Papst Leo XIII.<br />
gegebene Unionsbulle, die Schuler b . aufs Äußerste verteidigte,<br />
der Sturm begonnen. Ein päpstliches Dokument,<br />
das während der Abwesenheit Schulers von Rom - er war<br />
gerade in Fulda - im Osservatore Romano veröffentlicht<br />
wurde, besagte, daß man den Franz kanern den Titel<br />
OFM absprach und sie sich in Zukunft OFM Unionis Leoninae<br />
nennen sollten. (OFM ist die Bezeichnung Ordo<br />
Fratrum Minorum, Orden der Minderbrüder.) Unter Minoriten<br />
(OFM) wird der Gesamtorden verstanden, nämlich<br />
Franziskaner, Konventualen und Kapuziner. Das<br />
päpstliche Dokument, genannt Motu proprio „Septimo<br />
jam" sollte „das gegenseitige Verhältnis der drei Äste des<br />
Minoritenordens" regeln. Es galt, eventuelle Vorrechte<br />
der Franziskaner zu beseitigen. E'n Vorrecht gegenüber<br />
anderen Fami'ien bestand sowieso nicht trotz des Titels<br />
„Generalminister des ganzen Ordens der Minderbrüder".<br />
Dem Franziskanergenerai hatte der apostolische Stuhl aus<br />
Gnade den Vortritt vor den beiden anderen Generälen der<br />
Konventualen und Kapuziner genehmigt. Künftig sollten<br />
nun alle drei Generäle in einer Reihe b^im Papst stehen.<br />
Dazu kam die Frage der franziskanischen Rechtsnachfolge.<br />
Es handelte sich darum, wer von den drei M -loritengruppen<br />
der direkte Nachfolger des vom hl. Fran^skus gestifteten<br />
Ordens war. Keineswegs sollte den zwe> anderen<br />
Seitenästen des Ordens jede Bez .hung zum Ordensgründer<br />
abgesprochen werden. Eine Gleichstellung der drei<br />
Gruppen und der dre' Ordensgeneräle war aber noch verfrüht,<br />
so daß die Franziskaner eire direkte Nachfolge für<br />
ch in Anspruch nahmen. Die Bulle Leos XIII. sagte nämch<br />
vom Geneialminister der Franziskaner, er trage den<br />
Titel Minister Generalis totius Ordinis Minorum „und<br />
zwar mit Recht'. Das alte Ordenssiegel stand schon seit<br />
Leo X. dem Ordensgeneral der Fran:. skaner zu. L e Konventualen<br />
beachteten nicht mehr die ganze Regel des Ordensgründers<br />
und die Kapu? ; ner waren erst im 16. Jahrhundert<br />
entstanden. Zur Fortsetzung der Streitigkeiten<br />
wurde die von Schuler veranlaßte Ordensgeschicntsschreibung<br />
genommen. Schuler war zwar nicht mit dem ganzen<br />
Inhalt des von P. Holzapfel verfaßten Compendiums einverstanden,<br />
worauf der Verfasser im Vorwort e';
Hinter dem Rücken Schulers wurde Portiunkula zur Basilica<br />
Patriarchalis und Capella Papaiis erhoben und dadurch<br />
der jurisdikt : n des Generalministers entzogen- Die<br />
Konventualen aber, deren K.rche das Grab des Ordensgründers<br />
barg und die diesen Ehrentitel allein bisher getragen<br />
hatte, waren sehr schwer getroffen. Doch konnte<br />
Schuler nicht die Schuld gegeben werden, wie dies geschah.<br />
Durch einen nur an Schuler gerichteten päpstlichen Enrenbrief<br />
anläßlich der 700-Jahrfeier schien es, als ob der Brief<br />
Pius' X. nur den Franziskanern gelte und nicht der ganzen<br />
Union. Man sah darin eine „bewußte und gewollte<br />
Hintansetzung" der beiden anderen Zweige. Auch dies<br />
ging auf das Schuldkonto Schulers, obwohl er einsah, daß<br />
dies ein Mißgriff war, nämlich diesen Brief für sich zu<br />
erbitten. Aber dies entsprang keiner böswilligen Absicht,<br />
wie er selbst vermerkte.<br />
Schulers Generaldefinitoren verlangten energisches Vorgehen.<br />
Sie wollten sich cue verlorenen Rechte des Ordens<br />
wieder zurückgewinnen. In einem Promemo " a sollten die<br />
Argumente für die Privilegien und Rechte des Ordens<br />
„kurz und bünd'g" angeführt werden. Di Denkschrift<br />
ließ Schuler dem Papst überreichen mit der Bitte um<br />
Aucienz. Lange Zeit kam keine Antwort. Als Schuler endlich<br />
empfangen wurde, fragte er den Papst, was die Franziskaner<br />
verbrochen hätten. Der Papst erklärte: „Nichts",<br />
fügte aber hinzu, Schuler sei angeklagt, den anderen Söhnen<br />
des hl. Franziskus den Namen Fratres Minores rauben<br />
zu wollen, was Schuler verneinte, weil nie behauptet worden<br />
war, die Konventualen oder Kapuziner seien nicht<br />
rechtmäßige Nachfolger des Ordensstifters FranLukus. Ein<br />
weiteres Schreiben, das die Unterschrift des Papstes trug,<br />
schien die Union sprengen zu wollen. Es sollte zwar nicht<br />
veröffentlicht weiden, aber die Kreise, die hinter „Paucis<br />
ante d ebus" - so begann die Streitschrift - standen, setzten<br />
sich durch. Die Veröffentlichung war eine neue Verdemütigung<br />
für tue Franziskaner. Gegen diese zweite Attacke<br />
unternahm Schuler im Einverständnis mit dem Generaldefmitorium<br />
nichts mehr, da dies nach An; cht des<br />
Kard.nals D. Ferrata für den Orden sehr gefährlich werden<br />
konnte. Auf all difse Geschehnisse hin brachte Kard!.<br />
al Vives für alle drei Ordensgeneräle eine Papstaudienz<br />
zustande, bei der Schüler eine ihm angefertigte<br />
Rede zu halten hatte m der es u a. hieß: „Wie der Ruhm<br />
des franziskanischen Namens eins ist für alle, eins das<br />
Wesen der Minderbrüder, eins e Seraphische Regel, so<br />
.md auch wir selbst ein Herz und eine Seele". Und dies<br />
wurde dem Papst und Schuler nach allem Vorhergegangenen<br />
geboten! Es ist unverständlich, daß Papst Pius X. sich<br />
überhaupt in d: sen Stre ;
Als die Stunde des Abschieds für Schuler gekommen war,<br />
sagte er: „Sine ira et studio (ohne Zorn) bin ich nach Rom<br />
gekommen. Sine ira et studio verlasse ich es heute. Ob ich<br />
als General etwas Gutes für den Orden getan habe, überlasse<br />
ich dem Urteil der Geschichte." Sein Biograph<br />
schreibt, dieses Urteil brauchte er nicht zu fürchten. Nach<br />
all den aufgeführten Leistungen Schulers kann der Franziskanerorden<br />
nur auf ihn stolz sein, nicht minder aber<br />
seine hohenzollerische Heimat.<br />
Das erste Pontifikalamt hielt Erzbischof Schuler in der<br />
Kirche am Frauenberg in Fulda. Auf Mar>„ Empfängnis,<br />
dem 8. Dezember, kam er in Sigmaringen an.<br />
Daß die Vorgänge im Franziskanerorden auch von deutschen<br />
Zeitungen kommentiert wurden, ist verständlich.<br />
Daß nur die halbe Wahrheit oder diese verdreht in den<br />
Zeitungen zu lesen war oder gefärbt, je nach dem politischen<br />
Standpunkt der Zeitung, ist mehr als bedauerlich.<br />
Der Vernebelung der Vorgänge in Rom war dem Provinzial<br />
der bayerischen Franziskanerprovinz zu viel. Daher<br />
stellte er die verschiedenen Punkte richtig und warnte,<br />
weiteren Einsendungen, die der Verschleierung dienten,<br />
„mit Mißtrauen zu begegnen".<br />
In der Heimat - Kloster Gorkeim<br />
Für P. Schuler war der Sturm vorüber. Über dem Gezänk<br />
der verschiedenen Parteien hatte er sich nach Kloster Gorheim<br />
zurückgezogen, wo er „ein schönes Heim gefunden<br />
. .. Unendlich gut hat es der Ii =be Gott mit mir gemeint",<br />
so schreibt er später.<br />
Ein kleiner Saal mit zwei Fenstern, früher Krankenstube,<br />
war für Erzbischof Schuler als Wohn- und Arbeitszimmer<br />
einfach hergerichtet. Eine hohe Flügeltür führte zum<br />
Schlafzimmer und in die danebenliegende Zelle, die als<br />
Privatkapelle für den Erzbischof bestimmt wurde. Die<br />
letzten 15 Jahre seines Lebens verbrachte er hier. Erzbischof<br />
Schuler war zum gemeinschaftlichen klösterlichen<br />
Leben nicht verpflichtet. Er schloß sich aber der Tages- und<br />
der Hausordnung weitgehendst an. Er hielt streng auf<br />
Ordnung. Um 5 Uhr stand er auf. Dann folgte die<br />
hl. Messe, vor der er täglich eine Betrachtung hielt. Nach<br />
der hl. Messe folgte eine halbstündige Danksagung, anschließend<br />
frühstückte er. Zum Kaffee las er die Kölnische<br />
Volkszeitung, die Hohenzollerische Volkszeitung aus Sigmaringen<br />
und den Hechinger „Zoller". Nach c '-;ser Lektüre<br />
begann er mit Arbeiten. Entweder studierte er oder<br />
erledigte seine umfangreiche Korrespondenz. Vor dem<br />
Mittagessen machte er in se >er Privatkapelle eine Besuchung<br />
und das Particularexamen. Um 12 LJhr speiste er<br />
im Refektorium mit der Kommunität. Zum „Gratias"<br />
ging er mit dem Konvent in die Kirche. Der Nachmittag<br />
fand ihn am Schreibtisch, manchmal auch : dem Wäldchen<br />
beim Kloster, wo er den Rosenkranz betete. Er nahm<br />
auch am Sonntag, Dienstag und Fre'Ug an den öffentlichen<br />
Andachten in der Kirche teil. An Rekreationstagen,<br />
wenn dem Konvent abends längere Entspannung nach<br />
alter Sitte der Provinz gestattet war, versammelten s : th<br />
die Patres gegen 20 Uhr im Wohnzimmer Schulers zur Unterhaltung<br />
bis 22 Uhr, hin und wieder bis gegen 23 Uhr.<br />
Danach 1 ielt er noch bis Va Stunde vor Mitternacht Anbetung<br />
in seiner Kapelle. Seine L tsätze s it seiner Anwesenheit<br />
in Gorheim gab er sich selbst, nämlich „sich um<br />
nichts kümmern bezüglich der Leitung des Klosters und<br />
der Provinz". Dies mag hm, der 10 Jahre selbst Provinzial,<br />
8 Jahre Generalminister war, schwergefallen sein, da<br />
nicht mehr alles so verlief wie zu seiner Zeit. Sein zw ter<br />
Vorsatz war: „Beten, schweigen, leiden für den Orden".<br />
Er betete viel, von seinen körperlichen Leiden sprach er<br />
kaum, nur das Schweigen glückte iam schlecht. Mitbrüder<br />
und sonstige Besucher regten ihn immer wieder zum Er-<br />
42<br />
zählen an. Die Behandlung, die ihm in Rom als Generalminister<br />
widerfahren war, ließ manchmal Bitterkeit in<br />
ihm aufsteigen. Schließlich begann er nach reichlicher<br />
Überlegung im Jahre 1914 seine Erinnerungen aufzuzeichnen.<br />
Sein goldenes Ordensjubiläum konnte Schuler 1921<br />
in Gorheim feiern. Sein Heimatort Schlatt überbrachte<br />
ihm die Ehrenbürgerurkunde. Zahlreiche Gäste, auch aus<br />
dem Orden, waren erschienen.<br />
Das seelsorgliche Wirken in Gorheim bestand darin,<br />
daß er im Notfalle an Sonn- und Feiertagen im Beichtstuhl<br />
aushalf, auch teilweise, wenn die Geistlichkeit des<br />
Kapitels ihre Zusammenkunft montags in Sigmaringen<br />
hatte (Dies) und diese Gelegenheit zur Beichte in Gorheim<br />
benützte. Exerzitienkurse, besonders für Schwestern gab<br />
er in württembergischen und badischen Mutterhäusern,<br />
einmal auch bei den Augustinern in Minmerstadt.<br />
Pontifikalämter zelebrierte er gerne. Pius X. hatte ihm<br />
das Privileg gegeben, in den Ordenskirchen ohne Genehmigung<br />
des Diözesanbischofs Thron und Stab zu gebrauchen.<br />
Die Weihe der neuen Glocken in Gorheim nahm er<br />
vor, wie auch die Weihe der neuen Klosterkirche daselbst.<br />
Mehr als 100 Klerikern spendete er die heiligen Weihen.<br />
Es machte ihm Freude, wenn er eingeladen wurde, zu<br />
firmen, so in Aachen, Essen und Mönchen-Gladbach, wo<br />
er insgesamt 17 000 Personen firmte. Im Auftrag des<br />
hochbetagten Bischofs Korum von Trier war er vier Wochen<br />
auf Firmreise in zehn Dekanaten in der Eifel und<br />
auf dem Hunsrück. Obwohl es Schuler an Arbeit nicht<br />
fehlte, war er mit diesen zufälligen Aufträgen nicht zufrieden.<br />
Er meinte scherzhaft, er trete in die Fußstapfen<br />
seines Namenspatrons, des Bischofs Dionysius, der als<br />
einer der vierzehn Nothelfer gelte. In zahlreichen Briefen<br />
hat Schuler seelsorgerisch gewirkt. Selbst der Generalminister<br />
P. Pazifikus Monza ließ sich in Ordensangelegenheiten<br />
von ihm beraten.<br />
Krankheit, Tod und Beisetzung<br />
Schuler war von mannigfachen Krankheiten heimgesucht.<br />
Di~ Hauptursache s
tember 1926. In einem Blumenmeer wurde er im Sprechzimmer<br />
des Klosters Gorheim aufgebahrt. Wunschgemäß<br />
wurde er vor dem Altar U. L. Frau in der Klosterkirche<br />
beigesetzt. Bis auf den letzten Platz war die Kirche während<br />
der Beisetzungsfeierlichkeiten besetzt. Sein langjähriger<br />
Sekretär P. Amand Sulzböck hielt Requiem und<br />
Trauerreden in Erfüllung eines Wunsches des Toten.<br />
In der Marienkapelle der Gorheimer Klosterkirche ruht<br />
nun Erzbischof P. Dionysius Schuler seit 46 Jahren. Die<br />
Grabplatte trägt M :ra und Stab, ein Kreuz, die Buchstaben<br />
DS und RIP. Die Gedenktafel an der Rückwand der<br />
Seitenkapelle trägt die Inschrn': mit dem Wappenspruch<br />
Schulers „Dilectus meus mihi (Mein Geliebter ist mein).<br />
Dann folgen in Latein seine Ämter und Lebensdaten, zu<br />
deutsch: Hier ruht der Hochwürdigste Pater Dionysius<br />
Schuler, Exgeneralminister des ganzen Ordens der Minderbrüder,<br />
Titular-Erzbischof von Nazianz, geb. am<br />
22. April 1854 Schlatt Hohenzollern, gestorben am<br />
7. September 1926 im Konvent Gorheim Sigmaringen.<br />
Ave Pia Anima.<br />
Nach all dem Gesagten wirkte Erzbischof Schuler für den<br />
Orden von Anfang an über das M telmaß einer Mönchspersönlichkeit<br />
hinaus. Wenn man seine ersten Jahre im<br />
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Aus der Geschichte Starzeins<br />
Das Dörflein Starzein im Killertal wird in dem Gründungsbencht<br />
des Klosters Sankt Georgen im Schwarzw* 1 i<br />
zum Jahr 1090 erstmals genannt, bestand aber sicher schon<br />
längere Zeit vorher (Zeitschr. Oberrhein 9, 1958, S. 210).<br />
Es heißt dort unterm b. Dezember des genannten Jahres:<br />
„Ein Ritter Roum schenkte zur Ehre Gottes und des<br />
hl. Georg dem kurz zuvor gegründeten Kloster eiren<br />
Mansus (ca. 45 Jauchert Feld] im Dorfe Starzna". Doch<br />
schon am 3. April 1092 hat das Kloster nach der gleichen<br />
Quelle (S. 211) diese Grundstücke zu Starzila an den<br />
adeligen Hermann von Mähringen gegen solche zu Nehren<br />
vertauscht. Einige Forscher haben zwar d'-ses Dorf Starzila<br />
nicht in unserem Killertal, sondern an der Schörzinger<br />
Starzel (Krs. Rottweil) vermuten wollen. Dort ist jedoch<br />
niemals eine Siedlung dieses Namens nachzuweisen gewesen,<br />
sondern nur der gleichnamige Bach (obige Zeitschr.<br />
Bd. 112, S. 521). Unser Dorf aber ist, abgesehen von<br />
oL.gen zwe Daten, auch im J. 1253 (in Monumenta Zoilerana<br />
I, S. 69) aufgeführt, weil hier das Kloster Beuron<br />
Besitz hatte. Das Dorf ^gf bekannt' ch am Zusammenfluß<br />
des Scharlachbaches und des Wcllertalbaches, die hier<br />
die Starzel bilden, wovon auch der Ort aen Namen erhielt.<br />
Die volkstümliche Aussprache „Starzia" (meist mit<br />
Unterdrückung des R) erinnert noch stark an die alte<br />
Form Starzila. Der Bachname, der wohl ursprünglich<br />
Starzilach fach = Wasser) lautete, geht wohl auf das germanische<br />
Wort Start zurück, das „schnell sp^ngen" be<br />
deutet. Außer unserer und der Schörzinger Starzel gibt es<br />
noch eine dritte bei Horb. Das Tal um unser Starzein<br />
heißt Killertai nach der alten Pfarrei Kiner, die von<br />
Hausen bis Weiier ob Schlatt reichte und eigentlich Kil-h-<br />
Orden bedenkt, wie er beim Aufbau und Ausbau mitwirkte<br />
und wie er in den höheren Ämtern des Ordens<br />
und als Generalminister das Geschaffene festigen wollte,<br />
so entbehrt er tficht einer gewissen Größe. Seine Frömmigkeit<br />
entsprach voll und ganz dem franziskanischen Geist<br />
wie auch das Arr.'utsideal, das er immer wieder predigte<br />
und vorlebte.<br />
Generalminister Bernardin Klumper, Schulers Nachfolger<br />
im Generalat, bezeichnet ihn als Mann „von unantastbarer<br />
Red" :hkeit, unfähig zu Falschheit und List".<br />
Schuler hat seinen Orden zutiefst geliebt, dem Gebet,<br />
der Arbeit und dem gemeinsamen franziskanischen Leben<br />
ergeben, Gehorsam gegen den Apostolischen Stuhl. Sein<br />
Verhalten in den kritischen Jahren hatte wenigstens den<br />
Erfolg, daß P. Schuler den Orden vor der geplanten Auflösung<br />
rettete. „Um der Union des Ordens -willen an der<br />
Fusion der Provinzen unerschütterlich festzuhalten, war<br />
eines der wichtigsten Ziele seiner Regierung" sagt sein<br />
Biograph. Daran ist Schuler gescheitert und mußte seine<br />
Absetzung hinnehmen. Daß aber seine Haltung richtig<br />
war, zeigt die Zusammenlegung der italie sehen Provinzen<br />
nach dem zweiten Weltkrieg durch Papst Pius XII.<br />
Schuler aber hat diese Rehabilitierung leider nicht mehr<br />
erlebt.<br />
wiler hieß, also Weiler mit der Pfarrkirche. Im Jahre 1488<br />
wurden dann Hausen und jungingen eigene Pfarreien,<br />
während Killer selbst um 1536 als solche einging und zu<br />
Hausen kam. Westlich vom Dorf Staizeln führt ein alter<br />
Feidweg, die Kirchsteig, eine Anhöhe hinauf, wo früher<br />
ein Johanniterordenshaus mi; Kapelle stand, das Jungental<br />
hieß. £s wird seit 1256 in Urkunden erwähnt. Vermutlich<br />
hängt s- n Name mit dem Ort Jungingen bzw. dessen<br />
Adel zusammen, der den Orden des hl. Johannes sehr begünstigte.<br />
Um J. 1275 ersche : tit Jungental im „Liber decimaiionis"<br />
als Hos^ z, das zehntfrei war. Um 1276 hat<br />
ein Ritter Eberhard von Jungingen sogar das halbe Don<br />
jungingen mit dem Burgstall (Burgruine samt Zubehör<br />
an Gütern und Rechten) ans Johanni Bernaus Jungental<br />
geschenkt, und zwar als Lehen des Bischofs von Konstanz.<br />
Der Orden hat dann im Jahre 1300 seine Besitzungen im<br />
Tal und auf der Alb mit Ausnahme von Jungental selbst<br />
an den Grafen von 'Württemberg vertauscht. Noch 1325<br />
gehörte ein Hof zu Gauselfingen zum Gebiet Jungental.<br />
Im Jahre 1406 saß in Jungental noch ein Piior, etwa 1U0<br />
Jahre später dagegen wurde wohl die Kapelle von Hausen<br />
aus versehen. Und wieder 100 Jahre später, nämiich 1606,<br />
verkauften die Johanniter Jungental r _t Feldern und<br />
Wäldern an die Zollergrafen zu Hechi igen (Zollerheimat<br />
1941, 13-17). Die Kapelle wurde erst im 18. jahrhundert<br />
ins Dorf verlegt, wo noch ein uraltes Glöcklein an die<br />
Johannicerzeit erinnern kann. Hoch über den öden<br />
Klosterplatz
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Die Herren von Wehrstein 1101-1395<br />
Oberhalb von Fischingen sieht man rechts des Neckars auf<br />
einem bewaldeten Bergvorsprung die Ruinen der um 1646<br />
abgegangenen Burg Wehrstein, über welche die „Blätter<br />
des Schwäbischen Albvereins" 1898, 15-20 und Zingeler-<br />
Buck in ihrem Buch „Zollerischc Burgen" 1906, 1118 f. mit<br />
Bild und Plan berichteten. Die von Zingeler zum Jahr 752<br />
gebrachte Nachricht beruht auf einem Irrtum. Erst seit<br />
ca. 1101 finden wir den Namen Wehrstein im Namen des<br />
davon benannten Geschlechts. Als Wappen führte es in<br />
schwarzem Schild m' gelbem Rand einen gestürzten Anker,<br />
als Helmzier auf rotem Kissen mit gelben Quasten<br />
ein fächerförmiges Sch -mbrett, das mit dem Anker belegt<br />
ist und außen mit 11 schwarzen Hehnenfedern besteckt 1 .<br />
Hier seien die urkundlichen Nachweise für die Hochadelsfamilie<br />
gegeben.<br />
1. ca. 1101: Güter zu Lauterbach (Oberndorf), die Lehen<br />
des nobilis domini Hugo von Werstain sind, kommen ans<br />
Kloster Alpirsbach 'a.<br />
2. c. 1100-1130 (vielleicht 1121) schenkte Marquard von<br />
Werstein mit seiner Gattin Gepa und beider Sohn Wernher<br />
dem Kl Hirsau ein herrschaftliches Gut zu Mühlen<br />
a. N., nämlich eine Hube Land mit 2 Mühlen, in Altheim<br />
bei Horb eine Hube, in Rexingen 4 Huben und bei<br />
Vischingen 1 Hube 2 .<br />
3. 1228 Mai 2: Die beiden nobiles viri H(ugo) miles de<br />
Werstain und sein Bruder Richardus sind Zeugen einer<br />
Urkunde des Berthold Ungericht von Sulz betr. Güter des<br />
Klosters Stein am Rhein und der Johanniter. Die Urkunde<br />
ist in Horb ausgestellt 3 . (Miles ist ein zum Ritter geschlagener<br />
Adeliger,)<br />
4. 1237: die beiden barones (Hochadeiigen) H. de Werstain<br />
und H. von Ysenburg sind Zeugen bei einem Verkauf<br />
des Grafen Burkart von Hohenberg ans Kloster<br />
Kirchberg bei Ha ^erloch 4 .<br />
5. 1246 Apr. 1, Empfingen: Hugo nobilis de Werstain<br />
verkauft seinen Flof zu Dahun (abgeg. bei Empfingen) um<br />
82 Pfund Heller ans Kl. Kirchberg und setzt zu Bürgen:<br />
d e nobiles viros Flildebold und Hugo von Ysenburg, Albert<br />
von (Herren-)Zimmem und se ; .ien e :genen Sohn Hug<br />
von Werst< '.i den jüngeren 5 . Anwesend sind Herr Dietrich,<br />
Priester zu Empfingen, Conrad der Ritter (Neckar-)<br />
Hausen, Berthold von Glate 6 .<br />
6. 1262: (Herren-)Zimmern: Hugo nobilis dictus de Werstain<br />
und seine Brüder Hiltebold, Richard, Hugo und<br />
(nochmai) Richard verkaufen an ihren Blutsverwandten,<br />
den edlen Rudolf, Kanoniker zu Straßburg und Pfarrer<br />
zu (Wald-)Mössingen alle ihre Rechte und Lehen im genannten<br />
Mössingen an das dortige Pfarrw.' .dum um 24<br />
Mark Silber, Unter den Zeugen steht als letzter ein „Burkart<br />
genannt von 1 isifingerl" (wohl Vilsingen) 7 .<br />
7. 1266 Schalksburg: Richerus über (Freiherr) de Wertestain<br />
ist Zeuge für den Grafen Fried "ich von Zollern 8 .<br />
8. ca. 1268: Ritter Tragebot von Neuneck verkauft sei. en<br />
von den Edlen von Werstein zu Lehen gehenden Hof zu<br />
Henstetten (Gmde. Bittelbronn b. Haig.) um 60 Pfund<br />
Tübinger Heller ans Kl. Kirchberg. Die von Wehrstein<br />
verzichten auf ihr Obereigentum (Lehenschaft). Das Siegel<br />
„Hugonis militis in Werstain" hängt an '.<br />
44<br />
9. 1270: Eberhard von Deilingen (nicht Täbingen) verkauft<br />
ans Kl. Rottenmünster b. Rottweil seinen Hof zu<br />
Dormettingen um 28 Mark Silber. Dessen Lehensherren,<br />
die Gebrüder Hiltebold, Richard und Johannes von Werstain,<br />
stimmen zu und schenken den Hot als Eigentum,<br />
d. h. sie verzichten auf ihr Lehensrecht 10 .<br />
10. 1270 Aug. 2: Trutwin von Werstain ist letzter Zeuge<br />
unter vielen einer Urkunde des Grafen Rudolf von Tübingen<br />
ans Kl. Bebenhausen Trutwin gehörte nicht zum<br />
Hochadel, sondern war wohl Burgmann der Herren von<br />
Wehrstein, als Vasall derselben.<br />
11. 1271 Mai 1: Hugo über de Werstain verkauft einen<br />
Acker vor Buch (Hof bei Nordstetten) ans Kl. Kirchberg<br />
für 24 Schilling in Anwesenhei seiner Brüder Richard und<br />
Hiltibold 12 .<br />
12. 1273 Haigerloch: Hugo von Wehrstein und sein Bruder<br />
Richard sind Zeugen für Berthold von Falkenstein,<br />
der dem Kl. Offenhausen a. d. Lauter seinen Hof zu<br />
Engstlatt vermacht 13 .<br />
13. 1277: Trutwin und sein Bruder Kraft, genannt von<br />
Werstain (beide niederadelig) schenken der Marienkapelle<br />
in Bebenhausen und dem dortigen Konvent die leibeigene<br />
Frau des Walter Hasenbein von Hailfingen und deren<br />
Kinder 14 . Die beiden Schenker standen vielleicht im<br />
Dienst des Grafen Rudolf von Tübingen, genannt Scheerer,<br />
der auch für sie die Urkunde siegelte (sie selber nicht).<br />
14. 1279: Hiltebold von Wehrstein ist Zeuge in dem<br />
Kloster St. Gallen, als Konrad von Krenkmgen am<br />
18. Juni den Maierhof in Nockersweiler, den er vom<br />
Kloster zu Lehen hat, m t Zustimmung desselben und des<br />
Abtes Ruomo an das Kloster St. ßlasi in verkauft 13 .<br />
15. 1280 Haigerloch, bzw. Wehrstein: Hugo nob!Iis de<br />
Werstain und sein Bruder Hilu' old überlassen den Johannitern<br />
zu Rexingen einige 1 genleute gegen Bezahlung.<br />
Dabei sind in Wehrstein anwesend: A Jes Hugo de Werstain<br />
und sein Sohn Johannes und der Sohn seiner Schwester<br />
Hugo von Entringen 19 . (Letzterer scheint aus dem<br />
Geschlecht der Hailfinger zu stammen.)<br />
16. 1280 Juni 24: Johann von Wehrstein verkauft um<br />
seiner Schulden willen dem Johanniterhaus zu Rexingen<br />
einige Eigenleute, genannt Obrost zu „Banurdeshusen".<br />
Zeuge ist u. a. ein Ritter Müller (molendinator) de<br />
(Neckar-)Husen 17 .<br />
17. 1284 Nov. 29: „Nobilis dictus Hilteboldus de Werestain"<br />
verkauft mit Zustimmung aller seiner Erben um<br />
20 Pfund Heller ans Kl. Bebenhausen seine Besitzungen<br />
(Häuser, Hofstätten, Äcker, Wiesen, Wälder etc.) bei Ittinghausen<br />
(abgeg. bei Stuttgart-Degerloch). Zeuge ist u.a.<br />
Wolfrad Kirchrektor zu Inneringen 18 .<br />
18. 1285 Mai 21: Hiltibold von Wehrstein isc zu Hechingen<br />
Zeuge für den Zollergrafen betr. Güter zu Ghay<br />
(Flur bei Schlatt b. Hechingen) - S -<br />
19. 1288 Mai 14: Hiltibold nobilis de Werstain verzichtet<br />
zu Hechingen auf seinen Zehnten zu Sülchen bei Rotten -<br />
bürg, den ihm Graf Albert von Hohenberg zugewiesen<br />
hatte 20 .
20. 1288 Mai 24: Johanns nobilis de Werstain ist Zeuge<br />
für den Pfalzgrafen Ludwig von Tübingen 2I . Daraus<br />
folgt jedoch nicht, daß der Pfalzgraf auch Herr zu Wehrstein<br />
gewesen sei.<br />
21. 1290: Der edle Johann von Wehrstein ist Zeuge für<br />
den gh hen Pfalzgrafen bezügl. Bittelbrunn bei Horb 22 .<br />
22. 1291 Api. 5: Hiltebold nobilis de Werstain ist zu Hechingen<br />
Zeuge für den Grafen Friedrich von Zollern betr.<br />
Güter zu Entringen, die ans Kl. Bebenhausen kommen 23 .<br />
23. 1294 Feb. 5: Der edle Hugo von Wehrstein verzichtet<br />
auf alle Ansprüche und Rechte an die Eigenleute, die sein<br />
verstorbener Bruder Johann v. W. den Johannitern zu<br />
Rexingen verkaufte, wofür ihm diese 4V2 Pfund Heller<br />
bezahlen. Zeuge ist u. a. Frater Albertus de Hechingen,<br />
Johanniter 25 .<br />
24. 1294 Febr. 9: Albrecht von Ow verbürgt sich für<br />
Hugo von Wehrstein 26 .<br />
25. 1298 Aug. 13: Nobilis Hiltebold de Werstain ist zu<br />
Hechingen Zeuge für den Grafen Friedrich von Zollern 26 .<br />
25a. 1302 März 24: Hugo von Wehrstein ist in Beuron<br />
Zeuge für die Herzöge Simon und Konrad von Teck.<br />
25b. 1307: Konrad von Wehrstein ist Zeuge einer Schenkung<br />
an das Kloster Alpirsbach.<br />
26. 1309 Juli 22: Balingen: Wernher von Wehrstein ist<br />
Vetter des St. Galler Pförtners H tebold von Wehrstein<br />
(des späteren Abtes des Klosters) be. Verhandlungen über<br />
die Klosterhöfe zu Frommern und Truchtelfingen ..<br />
27. 1310: Graf Albert von Hohenberg, der 1298 bei Leinstetten<br />
fiel, hat zu Lebzeiten dem Herrn Hugo von Wehrstein<br />
eine jährliche Hellergült von 3 Pfund minus 3 Schilling<br />
von den Höfen zu Bietenhausen b. Haigerl. um 10<br />
Mark Silber zu kaufen gegeben, welche Gült 1310 in Besitz<br />
des Klosters Kirchberg ist 2S .<br />
28. 1322 Dez. 3 Empfingen: Hugo von Wehrstein, Kirchherr<br />
zu Ste' 1 b. Hechg. und sein Bruder Hugo von Wehrstein<br />
schenken aus Dank und Freundschaft ,'hren gnäd.<br />
Herrn von Gottes Gnaden Abt Hiltpold des Gotteshauses<br />
zu sant Gallen" freiwillig ihren Eigenmann Heinrich<br />
Böchelin. Gegeben zu „E_mp'üngen" am Frei*ag nach Andreas<br />
1322. Das Siegel des Laien Hugo zeigt die Umschult:<br />
„S. Hugonis Junioris nobilis de Werstain" 29 . Abt<br />
Hiltibold von Wehrstein zu St. Gallen starb am 13. Dezember<br />
1329. Er war um 1250 geboren, wird erstmals<br />
1279 als Mönch zu St. Gallen erwähnt 30 .<br />
29. 1324 Jan. 13 Rottweil: Wernher von Wehrstein und<br />
sein Vetter Hug von Wehrstein söhnen sich nach vorausgegangenen<br />
Stre ngkeiten mit dem Grafen Rudolf von<br />
Hohenberg und aen Bürgern zu Rottweil und Viliingen<br />
aus. Pies gilt auch für den unmündigen Sohn Konrads v.<br />
Tierberg. Bürgen: a) Konrad von Wehrstein, der Bruder<br />
Wernhers, b) der Kirchherr Hug von Wehrstein, Hugos<br />
Bruder, c) Herzog Konrad von Irslingen, d) ßrkenger<br />
Aigelwart von Falkenstein und dessen e) Neffe Konrad<br />
von Falkenstein, f) Volkart von Owe, g) der junge Brun<br />
von Kürneck, h) Kitter Albrecht von Owe mit seinem<br />
Sohn: i) Albrecht, k) Friedrich der Müller 31 .<br />
30. 1337 Apr. 30: Konrad von Wehrstein ist Zeuge zu<br />
Rottweil, als die Gebrüder von Rüti mehrere Dörfer ans<br />
Kl. Kirchberg verkaufen 32 .<br />
30a. 1337 Nov. 14: Konrad von Wehrstein ist in Entringen<br />
Bürge, als die Herren von Neuneck Güter im Schönbuch<br />
veräußern 33 .<br />
31. 1338 Juli 17: Wernher von Wehrstein verkauft mit<br />
seiner Frau Adelheid an Marquard von Ow einen Wald<br />
auf dem Kesselberg bei Gruol um 44 Pfund Heller 34 .<br />
32. 1343 Mai 29: Die Brüder Konrad und Wernher von<br />
Wehrstein sowie die Brüder Hugo und Hug, der Kirchherr<br />
zu Werstain (Stein?), sowie Johann von Wehrstein, des<br />
Johannes sei. Sohn, verleihen ihre Zehnten zu Wilon (jetzt<br />
Weiherhof bei Empfingen) dem Kloster Kirchberg als<br />
Zinslehen um jährlich IV2 Pfund Heller, verzichten jedoch<br />
zugleich auf diesen Zins zugunsten des Klosters 35 .<br />
33. 1345: Ritter Konrad von Wehrstein gibt der Frau Irmengard,<br />
Tochter seines verstorbenen Bruders Hans,<br />
1 Pfund Heller jährlicher Gilt aus seinem Hof zu Empfingen<br />
36 .<br />
34. 1355 Nov. 3: Hug von Wehrsuin siegelt als Edelknecht<br />
eine Urkunde des Wernher Schenk von Erpfingen<br />
und dessen Sohnes Wernher, die an Adelun, Frau des<br />
Schenken Kunz, den Brunwartshof zu Stein verkaufen.<br />
Das Wehrsteinsiegel zeigt den gestürzten Anker im<br />
Schild 37 .<br />
35. 1364 Apr. 26: Benz von Wehrstein siegelt eine Urkunde<br />
des Konz Schenk von Stauffenberg und dessen Bruder<br />
Hermann, die ans Kl. Stetten einen Hof zu Eningen<br />
b. Reutl. verkaufen 3S .<br />
36. 1366 Dez. 6: Hans von Wehrstein bürgt zu Oberndorf<br />
für Benz von Böchingen betr. Einkünfte zu Grünmettstetten<br />
39 .<br />
37. 1368: Johann von Wehrstein kauft von Benz von Ow<br />
einen Teil des Dinkelzehnten zwischen Hechingen und<br />
Stauffenberg für die Kirche zu Stein 40 . Hodler vermutet<br />
in Johann einen Sohn des Ritters Konrad.<br />
38. 1369 Nov. 30: Benz von Wehrstein siegelt eine Urkunde<br />
für Pfaff Albrecht Hellgraf zu Hechingen, der<br />
2 Mannsmahd Wiesen zu Altendickingen ans Kl. Stetten<br />
verkauft. Das Wehrsteinsiegei zeigt einen aufrechten Anker<br />
ohne Schild 41 . Auch d Siegel der beiden Anna und<br />
Gret von Wehrstein von 1284 zeigen den gestürzten<br />
Anker 42 .<br />
39. 1370 Febr. 8: Benz von Wehrstein siegelt mit Benz<br />
von Ow für Pfaff Aubrecht den Hellegrafen zu Hechingen,<br />
der dem Kl. Stetten eine Gült zu Altendickingen<br />
verkauft 43 .<br />
40. 1371 Okt. 16: Ritter Konrad von Wehrstein ist tot.<br />
Graf Rudolf von Hohenberg verlernt seinem lieben Diener<br />
Hans dem Pfuser die Vischenz (Kschereirecht) am Neckar<br />
oberhalb Fischingen, darin der Mühlbach fließt, wie sie<br />
weiland Herr Konrad von Wehrstein besaß 44 .<br />
41. 1380 Mai 18: Die drei Schwestern Anna, Dorothea<br />
und Greth von Wehrstcin, Töchter des verstorbenen Hans<br />
v. W., verkaufen an Hans Tüfeii von Reutlingen ihre<br />
lahrliche Gült aus den zwei Höfen des Fritz Knobel und<br />
Conz N. zu Stein b. Hechg. um 70 Pfund Heller 45 .<br />
42. 1380 Dez. 7: Urkunde über einen Verkauf des Benz<br />
von Wehrstein und seiner Gattin Katharina Ritter mit<br />
Zustimmung des Marqard von Ow 46 .<br />
43. 1384 März 12: Die Schwestern Anna und Greth von<br />
Wehrstein verkaufen mit Zu: ..mmung ihres Oheims<br />
Märklin von Mälchingen den Stettener Klosterfrauen<br />
SoDhie von Ehingen und Adelheid von Ergenzingen 32<br />
Schilling Heller jährlich und 2 Herbsthühner aus Grundstücken<br />
zu Stein b. Hech samt weiteren Einkünften von<br />
dortAnna Würstaini findet sich als Ordensschwester im<br />
Schwestern Verzeichnis zu Stetten (S. 316, Nr. 34) und<br />
Greth war ebenfalls Nonne daselbst laut einer Urkunde<br />
von 1386, die folgt:<br />
44. 1386 Juli 30: Graf Friedrich der Schwarzgraf und<br />
Graf Tägli sein Bruder von Zollern schenken an Greth<br />
von Wehrstein, Nonne zu Stetten, jährlich auf Michaelis<br />
1 Pfund Heller aus der Mörlinen Gut zu Stein und dem<br />
Kümmeriis Hof zu Niederhechingen. Nach ihrem Tode<br />
fällt die Gült ans Kioster 4S .<br />
45
45. 1393 Febr. 23: Benz von Wehrstein Siegelt eine Urkunde<br />
des Wernher von Ravensburg betr. einen Hof zu<br />
Eutingen<br />
46. 1395 Okt. 31: Benz von Wehrstein gibt dem Konrad<br />
von Weitingen, Sohn des verstorbenen Volz, eine Gült zu<br />
Eutingen als Lehen 50 . Ob Benz und die Familienglieder<br />
seit 1340 noch dem hohen Adel angehörten, scheint zweifelhaft<br />
zu s„.n. Sicher war die Familie nicht stammesgleich<br />
mit den Freien von Ysenburg, wie Ludw. Schmid in<br />
„Mitteilungen d. hohz. <strong>Geschichtsverein</strong>s" jg. 10, 1876,<br />
30 f. angenommen hat.<br />
Anmerkungen:<br />
1 Merz und Hegi, Züricher Wappenrolle 1930 und Otto<br />
von Albert., Württbg. Adeis- und Wappenbuch II. 'a Mon. Zoll. I,<br />
Nr. 2, Anhang. 2 Cod. Hirsaug. p.27a; hgg. von E. Schneider in<br />
Württ. Geschichtsquellen I, 1887, S. 26. 3 Mitt. Hohz. 10, 52; WUB<br />
3, 228. 4 Mitt. Hohz. 10. 52; WUB 3, 387. 5 WUB 4, 132. 8 Mitt.<br />
Hohz. 3, 42 und 10, 52. 7 WUB 6, 44. 8 WUB 6, 247; Mon. Zoll. I,<br />
JOH. WANNENMACHER<br />
Aus unserer heimischen Mundart<br />
Alte Sprichwörter und Redensarten<br />
Rangendingen. Unsere bäuerlichen Vorfahren haben ihre<br />
langjährigen Erfahrungen als Lebensweisheiten oft in kurzen,<br />
aber sehr anschaulichen Sprichwörtern und Redensarten<br />
verdichtet und von Geschlecht zu Geschlecht weitergegeben<br />
Aus. ihnen spr .ch* durchweg e ; 'ie scharfe Beobachtungsgabe,<br />
Urwüchsigkeit und eine erfrischende Naturverbundenheir.<br />
Rachtig angewandt erhellen sie oft schlagartig<br />
eine Lebenssiruation. wie sie mit einer langen Beschreibung<br />
oder Umschreibung niemals erreicht werden<br />
kann. Vom sachlichen Einzelfalle ausgehend werden<br />
Sprichworter und Redensarten vielfach im übertragenen<br />
Sinn für die verschiedensten Lebensbereiche und Vorkommnisse<br />
treffLch angewandt. - So lautet beispielsweise<br />
die Mahnung von Vater und Mutter an ^.re Kinder,<br />
wenn sie erwachsen sind und allmählich nach dem Lebenspartner<br />
Umschau halten: „Bettescht guat - no leischt<br />
(iiegst) guat!" In früheren Zeiten, als es noch kerne Industrie<br />
gab, war man eben auf Grund und Boden angewiesen,<br />
wenn man einen eigenen Hausstand gründen<br />
wollte. Mit Recht lautet ein anderes Sprichwort: „A Kuah<br />
deck? d'Armut zua", oder „D'Armut ischt a Haderkatz!"<br />
Wie r'ne Hausfrau die Sparsamkeit fördern oder n :ht<br />
fördern kann, sagt folgende Redensart: „A Weib ka ema<br />
Schu(r)z mai (mehr) zum Haus naus traga, als der Ma(nn)<br />
«it ema Heuwaga reifahra ka". In gle' her Richtung zielt<br />
das vielsagende Zitat: „Nontz wegwerfa, nau nomlohana",<br />
d. h. an die Seite stellen, denn man weiß nie,<br />
wenn man dies oder jenes wieder gebrauchen kann. Im<br />
übertragenen Sinn gilt dies auch für den Umgang mit<br />
Menschen. Ein rubjisches Sprichwort drückt dasselbe in folgender<br />
We' e aus: „Spuck in keinen Brunnen, du weißt<br />
nicht, ob du vielleicht nochmal daraus trinken mußt."<br />
Wenn eines beim Beginn des Essens aus lauter Hast und<br />
Unvorsichtigkeit den Mund verbrennt, so heißt es in der<br />
Mundart etwas schadenfroh: „Da erschta Schub muaß ma<br />
bloosa (blasen), mit dem zweiten ka ma macha was ma<br />
will!" Führt jemand ein zu lautes Mundwerk, dann kann<br />
man hören: „Dear schrc naus wia a öschhirt". Dieses<br />
Sprichwort greift weit in frühere Zeiten zurück, als der<br />
Fürst noch in Feld und Wald der alleinige Jagdherr war,<br />
46<br />
S. 86. 9 WUB 6, 355; Mon. Zoll. I, S. 88. 10 WUB 7, 62; Mitt. 10, 53;<br />
Hodler Haigerloch 157. 11 WUB 7, 107: Mitt. 10, 58. 92 WUB 8, 137.<br />
13 WUB 7, 225. 14 WUB 8, 3; Mitt. 10, 58. 15 Mitt. 10, 55. 18 WUB 8,<br />
198. 17 WUB 8, 231. Mon. Zoll. T, 95; WUB 8, 486. 19 Stettener<br />
Urk. Nr. 8, in Hohz. JHeft 1955. 2 » Mon. Zoll. I, 100. 21 Mitt. 10,<br />
56. 22 WUB 9, 327 . 23 Mon. Zoll. 1, 101. ~ 4 WUB 10, 217. 25 Hodler<br />
161 MZ Is S. 108 . 27 Hodler 162. 28 Hodler 159. 29 Wartmann, UB<br />
von St. Gallen 3, 445 und Merz-Hegi (in Note 1) Seite 130. 30 Ausführlich<br />
bei Hodler 162 der sich auf Mitt. 10, 45-51 und „Kuchimeisters<br />
Nüwe Casus monasterii St. Gailen", stützt, die gedruckt sind<br />
in „Mitteil. z. Vaterland. Geschichte von St. Gallen", Jg. 18, 1881,<br />
332 ff. 31 Stadtarch. Villingen Urk. Nr. 62: Siegel der Aussteller und<br />
der 10 Bürgen an Perg.Streifen. 32 Hodler 159. 33 Hodler 160 . 34 Hod.<br />
159. 35 Hod. 158. 36 Hod. 68 2 . 37 Stettener Urk. Nr. 64 Seite 353!<br />
38 Ebenda Nr. 249 mit Ergänzung S. 355. 39 Hod. 160. 40 Hod. 160.<br />
41 Stett. Urk. Nr. 279 mit Nachtr. S. 356. 42 ebenda Urk. 105, Seite<br />
359. 43 ebenda Urk. Nr. 281. 44 Weitinger Copialbuch im f. hohz.<br />
Arch. Sigmaringen R 75, 13; Hod. 157. 45 Weitinger Cop. 46 Hod.<br />
164. 47 Stett. Urk. Nr. 312 48 Stett. Urk. Nr. 323. 49 We;..nger Cop.<br />
50 ebenda. Obige Daten wurden auch für Herrn B. Schwellingers<br />
Festbuch „Fischingen <strong>1972</strong>" zur 1200-jahrfeier der Gemeinde zur Verfügung<br />
gestellt.<br />
der Wildbestand oft überhand nahm und im Sommer i_i<br />
die Getreidefelder einbrach. Da stellte man nachts iij den<br />
besonders gefährdeten öschen Wächter, sogenannte öschhirten<br />
auf, d'e durch lautes Schreien und Johlen das<br />
Wild abzuhalten und zu vertreiben versuchten. Viel Lebensweisheit<br />
steckt in: „Kleine Kinder kleine Sorga,<br />
große Kinder große Sorga". Weiter: „Wenns Kind en<br />
Brunna gfalla ischt, no deckt man erseht zua". „An alta<br />
Boom soll ma nemme versetza". „Dr Epfel fällt it weit<br />
vom Stamm". ,,S' kommt koa Fresser uf d'Welt, ma zieaht<br />
a (ihn)". „'S ischt no koa Glehrter vom Hemmel gfalla".<br />
Besonders für die Erziehung der Kinder gilt auch heute<br />
noch folgende Redensart: „Ma muaß au amol Noa saga<br />
kenna", in Kurzform: „Jetzt aber baschta!", das heißt,<br />
jetzt ist es aber genug. Verz' iten und Entbehren müssen<br />
gelernt werden. Ein alter Spruch lautet: „Entbehre, damit<br />
du nie entbehrst." Wer vollständig mittellos geworden<br />
ist, bei dem ist nichts zu holen. Wenn nun ein Gläubiger<br />
irj einem solchen Falle trotzdem auf seiner Forderung und<br />
seinem Recht besteht, dann muß er sich sagen lassen:<br />
„Ama neckete Ma(n) ka ma it en Sack nei langa." Aber:<br />
„Ama gsche(n)kta Gaul gucket ma it ins Maul." Von<br />
einem Hudler und Springer gilt das Sprichwort: „'S ischt<br />
no koa Schprenger z'bald komma." Und wenn einer im Gespräch<br />
e'ne Dummheit an die andere reiht und sich nicht<br />
belehren läßt, muß er sich sagen lassen: „Schwätzt koaner<br />
gscneider raus, als wia-n-er ischt." - Ein allzugroßer<br />
Wohlstand war zu allen Zeiten für diesen oder jenen eine<br />
Gefahr und der Anlaß zu allerlei Torheiten. In der Mundart<br />
heißt es dann humorvoll: „Wenn's dr Goaß (Geiß)<br />
z'wohi ischt, no scherret se", oder: „A alte Kuah schlecket<br />
au no ge(r)n Salz". Ordnung und gutes Vorbild, bzw.<br />
das Gegenteil - drückt das Sprichwort aus: „Wia dr Herr<br />
so 's Gscherr", d. h. Dinge und Menschen, die um ihn sind.<br />
Das gute Vorb d st mehr wert und wirksamer als alle<br />
Vorschriften und Gesetze. Kann einer den Schluß einer<br />
Sache vor lauter Ungeduld kaum abwarten, so ruft man<br />
ihm zu: „He, K rch ischt erseht aus, wenn dr Pfarr Amen<br />
sagt!".<br />
Heute gehen in der Hei .k des Alltags und der Technisierung<br />
des Lebens viele Seelenwerte und alte Kulturgüter<br />
verloren. Innere Unruhe und Leere treten vielfach<br />
an deren Stelle. Erhalten wir deswegen bewußt das Gute,<br />
das noch zu halten ist. Dazu gehört auch die Mundart mit<br />
ihren verborgenen Schätzen. Sie ist ein Stück Heimat, ein<br />
Stück von uns selber.
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Zur Geschichte Steinhofens<br />
Über unser Dorf finden sich viele historische Notizen in<br />
dem 1953 erschienenen Heimatbuch Bisingen-Steinhofen<br />
von Buhl und Knaus. Außerdem hat Const. Fecker in den<br />
Tageszeitungen im August 1969 anläßlich eines Heimatfestes<br />
über die Vergangenheit Steinhofens berichtet. Leider<br />
ist unser Wissen immer nur Stückwerk und leicht schleichen<br />
sich Irrtümer ein. Einige sollen hier berichtigt werden.<br />
Nicht erst im Jahre 1467, wie Fecker sagt, können rt- t<br />
beiden zollerischen Brüder Eitelfriedrich und der öuinger<br />
unser Dorf an Österreich verpfändet haben, sie lebten ja<br />
40 Jahre früher. Tatsächlich berichtet Franz Haug 1 von<br />
hiesigen österreichischen Lehen der Grafschaft Hohenberg<br />
schon zum Jahr 1431. Nämlich am 24. November dieses<br />
Jahres erhielt Hans von Böchingen käuflich von Hans<br />
Walker und Jos (Jodok!) Renz als österreichi :he Lehen:<br />
Den großen und kleinen Laienzehnten zu Steinhofen, da<br />
zu die beiden zugehörigen Maierhöfe, die von Hans Jüdlins<br />
Witwe bzw. Hans Hurninger bebaut wurden, dazu<br />
die Kastenvogtei (mit Patronat) der Kirche- Später übergab<br />
Konrad das Lehen tauschweise an Wilhelm von Wehingen<br />
und 1483 erhielt es Thomas von Wehingen. Ihm<br />
kaufte 1487 der Augsburger Bischof Friedrich von Zollern<br />
das Lehen ab, was aber Streitigkeiten ergab, bis dann<br />
1497 die Herrschaft Haigerloch mit Steinhofen endgültig<br />
an Zollern kam. Die Familie Fecker, deren Namen nicht<br />
erklärt ist, saß hier schon i. J. 1416. Die alte, im H imatbuch<br />
S. 102 erwähnte Glocke von 1512 stammt von dem<br />
Reutp ger (nicht 1 iedlinger!) Glockengießer Hans Eger.<br />
Sein Name ist im „Glockenatlas Württemberg-Hohenzollern<br />
1959" verwechselt mit dem Gießer Jos (Jodokus!)<br />
Egen, der auch manche Glocke lieferte, so 1502 nach Ofterdingen,<br />
1505 nach Ringingen und Meldungen, 1509<br />
nach Undingen und Tigerfeld 2 .<br />
Die Pfarrliste des Heimatbuches (S. 103) bedarf einiger<br />
Ergänzungen: Im J. 1269 iot hier „Wernher genannt Zymerli"<br />
als Pfarrer genannt Er stammte aus dem Adelsgeschlecht<br />
von Hei' ^enzünmern, über das Max Schaitel 3<br />
Mater d zusammenstellte. Die betr. Urkunde vom 25. Oktober<br />
1269 des Walger von Bisingen, worin dieser Steinhofer<br />
Seelsorger genannt wird, ist längst im Druck erschienen<br />
4 : Völlig falsch ist die Angabe im Heimatbuch<br />
zum Jahr 1312. Laut einer schwer lesbaren Urkunde im<br />
Staatsarchiv Sigmaringen Ließ der Steinhofer Pfarrer damals<br />
Johannes (ohne Geschlechrsname). Der weiter daselbst<br />
genannte Priester „Hermann dictus de Steinhofen"<br />
war Angehöriger des hiesigen Adels, vielle : cht der Letzte,<br />
der hier aufwuchs. Er hat am 26. März 1312 als Kaplan<br />
die Filialkirche B ingen versehen. Von einem Dekan steht<br />
nichts in der Urkunde. 1390 bis 1410 war hier Kirchherr<br />
Albrecht Walker von Reutlingen, der offenbar mit obigem<br />
Ortsherrn Hans Walker irgendwie zusammenhing. Im<br />
J. 1415 wurde Berthold Stoll als Pfarrer (' igesetzt und<br />
zahlte 20 fl als Erstfrüchte an den Bischof, nachdem sein<br />
Vorgänger durch Gerichtsurteil die Pfründe hatte abgeben<br />
müssen 5 .<br />
Im J, 1420 folgte Heinri'h Gunthart, der dann 1437 als<br />
tot gemeldet wird. (Die jahrzahl 1474 des Heimatbuches<br />
ist irrig.) Von 1437 bis 1439 finden wir als Pfarrer Conrad<br />
Zehnder aus Freiburg 6 . Doch schon 2 Jahre darauf<br />
1439 zahlte Wernher Schlaitz der ältere als Erstfrüchte<br />
15 fl. Er war 1463 abwesend und 1473 tot. Auf Präsentation<br />
Wilhelms von Wehingen folgte 1474 Johannes<br />
Müller, der jedoch schon von 1479 an einen Vertreter hatte<br />
und wohl bald starb. Im J. 1480 folgte Nikolaus Keck,<br />
für den Conrad von Weh'.gen die 15 fl Erstfrüchte bezahlte.<br />
Schon 1483 folgte Johannes Bock. Der im Jahre<br />
1482 von Wilhelm von Wehingen präsentierte neue Seelsorger<br />
Magister Michael Zimmermann alias Carpentarii,<br />
wurde erst 1484 nach Rücktritt des Johannes Bock als<br />
Pfarrer bestätigt. 1488 bis 1513 findet man dann einen<br />
Conrad Staimer von Schömberg nach Rücktritt Zimmermanns,<br />
und zwar auf Präsentation des Zollergrafen, der<br />
damals also schon Ortsherr gewesen zu sein scheint. 1537<br />
ist Johannes Lenz oder Lanz erwähnt, 1544-1560 Franz<br />
Buckenmaier, der dann nach Heesingen geht. Seit 1560<br />
Ludwig Worn oder Werne, ab 1563 Johannes Nopp, der<br />
1574 starb. 1574-1602 war Franz Buckenmaier sein Nachfolger<br />
7 . Im J- 1603 folgte Markus Teufel aus Wendelsheim,<br />
der 1609 Dekan wurde und t ; s 1637 hier wirkte 8 .<br />
1637-1638 ist Martinas Rhdlmger nachzuweisen, der im<br />
letztgenannten Jahr gestorben zu sein scheint. 1638-1651<br />
finden wir Balthasar Rebstock aus Hechingen 9 . Dann half<br />
Pfarrer Agricola von Rangendingen aus, 1659 einer<br />
namens Schuester. 1660-1684 Johann Jakob Schwarz aus<br />
Hechingen 10 . Von 1685 an ist Matthäus l ppius aus<br />
Schramberg als Pfarrer genannt, 1690 bis 1695 Johann<br />
Jakob (Georg) Freudemann, der 1694 krank genannt<br />
wird. 1695 bis 1718 ist Johann Balthasar Volckh aus Hai*<br />
gerloch als Seelsorger . er tätig. (Weiteres siehe im Heimatbuch<br />
S. 103.)<br />
Vom hiesigen Ortsadel nannten wir schon zum Jahre 1312<br />
den Bisinger Kaplan „Hermann von Stainhofen", d-;r mit<br />
Walger von Bisingen an seine Kapelle St. Stephan .und<br />
Nikolaus eine Stiftung machte. Bereits zum 2. Febr. 1241<br />
meldet eine Urkunde 11 einen edlen Berthold von Stainhoven,<br />
der mit Wernher und Gero von Bubenhofen Zeuge<br />
war, als die Grafen U1 di und Eberhard von Wirtemberg<br />
aem Kloster Heiligkreuztal c : Lehenschaft eines von<br />
Ritter Heinrich von Wiler demselben verkauften Hofes<br />
schenkte. Ein weiterer Zeuge war Ulrich von (Langen-)<br />
Enslingen. Wohl der gleiche Berthold von Steinhofen hatte<br />
1268 Anteil am Zehnten im benachbarten Engstlatt. Die<br />
Nachkommen unseres Ortsadels zogen y i viele andere in<br />
die Stadt und ihre heimatliche Burg zerfiel. So finden wir<br />
am 2. Januar 1318 Albrecht und Heinrich d e Stainhover,<br />
Söhne des verstorbenen Albrecht des Stamhovers zu Haigerloch,<br />
wo sie mit Zustimmung ihrer Mutter Zirina und<br />
ihrer Geschwister ein Gut zu Gtuol um 10 Pfund Tübinger<br />
Heller ans Kloster I rchberg verkauften 12 . Das Gut<br />
bebauten Berthoid der Weber und lieferte davon 'ihrlich<br />
3 Malter Vesen und 2 Malter Haber Haigerlocher Meß.<br />
Ein Benz (Berthold) der Stainhover war 1326 Zeuge für<br />
Bälden Kerus, der sich später „von Bisingen" nannte. Eni<br />
Geistlicher namens Konrad der Stainhover und obiger<br />
Benz waren 1352 wiederum Zeugen für die Brüder Berthold<br />
und Walger Kerus, die eine Leibeigene zu Engstlatt<br />
verkauften 13 . Ein Burkart von Steinhofen hatte noch 1380<br />
bis 1400 Grundstücke zu öschingen (bei MÖssingen) als<br />
Hohenbergische Lehen und ein anderer „Stainhofter"<br />
wohnte 1393 zu Ratshausen, war also wohl bürgerlichen<br />
Standes 14 .<br />
Die hier schon im Ort aufgetauchte Vermutung, der Wohnitz<br />
oder die Burg des Steiilhofer Adels habe sich auf dem<br />
Kirchhügel beim Gotteshaus befunden, hat manches für<br />
47
sich. Burg und Kirche fanden s'ch vielerorts eng be sammen.<br />
Unser alter Kirchturm mit „Schießscharten" und die<br />
frühere Ummauerung des Friedhofes auf dem Kirchberg,<br />
von der das Heimatbuch berichtet, passen gut dazu. Im<br />
J. 1284 wird auch ein Hof bei der Kirche zu St. erwähnt 15 ,<br />
also doch wohl auf dem Berg! Allerdings mußten die jahrhundertelange<br />
Belegung des alten Friedhofs und der Neubau<br />
der Kir he um 1790 natürlich alle Spuren der ehemaligen<br />
Adelsburg verwischen. Einen anderen Platz für<br />
einen Adelssitz kann man sich schwerlich vorstellen, als<br />
eben auf dem Berg, hoch über dem vermutlichen fränkischen<br />
„Steinhof" in der Talsenkung beim alten Brunnen<br />
und späteren Schulhaus, der der Ansiedlung wohl den<br />
Ortsiubiläen <strong>1972</strong><br />
Außer Empfängen, über dessen Festschrift an anderer<br />
Stelle berichtet wird, feierten heuer auch Melchingen,<br />
Fischingen und Willmandingen den 1200. Jahrestag der<br />
ersten historischen Erwähnung und brachten Festschriften<br />
heraus. Die sehr ansprechende Broschüre von Melchingen<br />
verfaßten Eugen Viesel, Engelbert Hipp und Thomas<br />
Faigle. Behandelt werden: geologisch-geografische Verhältnisse,<br />
Frühgeschichte, das Dorf Inf Wandel der Zeit,<br />
Hugo von Meichingen, Renhard von Melchingen, Verbrennung<br />
des Dorfes 1464, die Burgruine (wobei man<br />
nachtragen kann, daß 1482 Gr. Eberhard von Wittenberg<br />
„das Schloß Melchingen" mit Zubehör um (nur!)<br />
100 Gulden von Kleinhans Schwelhers Tochtermann<br />
Fi ":drich von Ow erwarb), Pfarrkirche, Pfarreinkommen,<br />
Seelsorgerliste, Hexenprozesse, Flurnamen, Wasserverhältnisse,<br />
um nur das V ditigste zu nennen. Dabei sind<br />
auch Artikel anderer Autoren aufgenommen, so daß ein<br />
reichhaltiger bunter Strauß von Beiträgen und Bildern<br />
(168 Seiten) entstand.<br />
Fischingen dagegen brachte ein sehr aufwendiges Buch von<br />
226 Seiten heraus, das Oberlehrer Bruno Schwellinger unter<br />
Beratung anderer schuf und mit vielen Abbildungen<br />
ausstattete. In zehn großen Abschn" :ten werden vorgeführt:<br />
Landschaft und Natur, Besiedlung, älteste Nennung,<br />
Herrschaft Wehrstein, Dorf Fischingen, Gemeindeverwal-<br />
HOHENZOLLER1SCHE HEIMAT<br />
herausgegeDen vom Hohenzollerischen <strong>Geschichtsverein</strong><br />
in Verbindung mit den Staatlichen<br />
Schulämtern Hediingen und Sigmaringen.<br />
Verlag: <strong>Hohenzollerischer</strong><strong>Geschichtsverein</strong><br />
748 Sigmaringen, Karlstraße 3. DrucK: M.Liehners<br />
Hofbuchdruckerei KG, 748 Sigmaringen,<br />
Karlstraße 10.<br />
Die Zeitschrift „Hokenzollerische Heimat" ist<br />
eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will besonders<br />
die Bevölkerung in Hohenzollern mit<br />
der Geschichte ihrer Heimat vertraut madien.<br />
Sie bringt neben fachhistorischen auch populär<br />
gehaltene Beiträge aus der Geschichte unseres<br />
Landes. Sie veröffentlicht bevorzugt Beiträge,<br />
die im Schulunterricht verwendet werden können.<br />
Bezugspreis: 2,00 DM halbjährlich<br />
Konten der „Hohenzollerischen Heimat":<br />
802 507 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />
12363 Postscheckamt Stuttgart<br />
48<br />
Die Mitarbeiter dieser Nummer:<br />
Dr. Herbert Burkarth<br />
7487 Gammertingen<br />
Anton Heinrich Buckenmaier<br />
748 Sigmaringen, Gymnasiumstraße<br />
Johann Adam Kraus<br />
78 Freiburg-Littenweiler<br />
Johann Wannenmacher<br />
7487 Gammertingen<br />
Schriftleiter:<br />
Dr. med. Herbert Burkarth<br />
7487 Gammertingen, Eichertstraße<br />
Telefon 07574/329<br />
Namen Steinhofen einbrachte. Genaue Grabungen wären<br />
jedenfalls sehr kostspielig und ließen nicht viele Spuren<br />
erhoffen.<br />
Anmerkungen:<br />
1 Zollerheimat 1937, 96. Steinhofen wird mit Verkauf<br />
der Herrschaft Hohenberg 1381 an Oesterreich gekommen sein, wie<br />
das Heimatbuch S. 31 mitteilt. 2 Hohz. Heimat 1960, 40. 3 Zollerheimat<br />
1936, 18 f. 4 Wirtbg. UB 7, 52. 5 Freibg. Diöz. Ardi. Jg. 1956.<br />
6 7<br />
Investiturprotokolle S. 815 in Freibg. Diöz.Arch. Jg. 1939 f. Hohz.<br />
Heimat 1963, 40. « ebenda 1963, 42. » ebenda und Hohz. JHeft 1963,<br />
160 und 162. " Hohz. JHeft 1963, 164. » Wirtbg. UB 4, 12. 12 Hohz.<br />
Heimat 1971, 70. 13 Mon. Zoll. I, S. 186. 14 K. O. Müller, Quellen<br />
z. Wirtschaftsgesch. Hohenbergs, 2 Bde., 1953 und 1959. 15 Mon. Hohenberg<br />
S. 70.<br />
tung, Bevölkerung, Wirtschaft, Kirche und Schule. Die Gemeinde<br />
kann stolz sein über ihr Jubiläumswerk, das sie<br />
sich auch einiges kosten ließ: Eine Fundgrube für Heimatfreunde!<br />
Zu S. 62 sei bemerkt, daß der abgegangene Ort<br />
Wila von 772 noch fortlebt im Weiherhof bei Mühlheim<br />
am Bach, von dem es (laut B. Stehle) im Jahre 1547 hieß,<br />
er habe früher Willa geheißen.<br />
Willmandingen (Nachbarort von Salmendingen) feierte<br />
ebenfalls mit Festzug und einer von Oberlehrer Emil Vollmar<br />
verfaßten Broschüre von 77 Seiten. Zur darin und<br />
auch anderswo geäußerten Meinung, der Ruothaus von<br />
772 habe die Kirche erbaut, darf man vielleicht einige<br />
Zweifel anmelden, trotzdem in dem überaus merkwürdigen<br />
Latein der Ausdruck ae ficarem steht. Man möchte<br />
übersetzen: „Ich Ruothaus bekenne, daß es mir gefiel, die<br />
Basilika zur Ehre Gottes und des hl. Gallus auszustatten,<br />
die im Burichingagau in Willimundinga steht, und habe es<br />
folgendermaßen getan: Ich beschenkte sie mi r 8 Häusern,<br />
12 Bauerngütern und 31 Eigenleuten . . . etc." Unter den<br />
Namen der Leute finden sich auch keltische, was e n bezeichnendes<br />
L.cht auf die damalige Bevölkerung wirft. Es<br />
handelt sich schwerlich um Umgesiedelte, sondern um Kelten,<br />
die ; ~h wie viele Flur-, Berg- und Flußnamen aus<br />
der vorgerman:' hen Zeit erhalten hatten. J. A. Kraus<br />
Redaktionsausschuß:<br />
Hubert Deck, Konrektor<br />
745 Heihingen, Tübingei Straße 28<br />
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Walther Frick, Journalist<br />
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Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />
persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />
diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge verantwortlich<br />
Mitteilungen der Schriftleitung<br />
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Manuskripte und Besprechungsexemplare werden<br />
an die Adresse des Schriftleiters oder Redaktionsaussthusses<br />
erbeten.<br />
Wir bitten unsere Leser, die „Honenzollerische<br />
Heimat" weiter zu empfehlen.
HÖH ENZOLLERISCHE<br />
HEIMÄT<br />
22. Jahrgang <strong>1972</strong> Nr. 4<br />
Herausgegeben oom<br />
W 3828 F<br />
Hohenzollerilchen Gefchichtooerein<br />
in Verbinöung mit öen<br />
Staatlichen Schulämtern Hechingen<br />
unö Sigmaringen<br />
!t ü<br />
I «! V ' N ^ ^ /J&f I<br />
Allen ihren Lesern wünscht die „Hohenzollerische Heimat"<br />
ein fröhliches Weihnachtsfest und ein friedliches, segensreiches* Neues Jahr<br />
fett MM . ^ " n^BtWSfe^rfDW^^gS^J^BP^^rffS**^^
JOSEF MÜHLEBACH<br />
Adventliches und weihnachtliches Brauchtum<br />
Advent und Weihnachten haben im christlichen Jahreskreis<br />
entsprechende symbolkräftige Zeichen, d' Ausdruck<br />
religiösen Empfindens und Denkens sind, au: iahrhundertlangem<br />
Brauchtum erwachsen sind und sich zu den heutigen<br />
Formen entwickelt haben. Mögen die adventlichen<br />
und weihnachtlichen Symbole auch an keine Staatsgrenzen<br />
gebunden s ..n, so haben sie doch für die vielgestaltigen<br />
Landschaften 1 ire eigentümliche Prägung und Gestaltung.<br />
Wir dürfen sie daher für unsern heimar dien Raum zum<br />
heimischen Brauchtum zählen, das den Versuch
Kleine Kastenkrippe, Sigmaringer Privatbesitz, vermutlich von Inzigkofener Nonnen gefertigt. Bekleidete Wachspuppen in Kartonkasten. Das<br />
Glas gegen Staub und Beschädigungen ist nicht mehr vorhanden.<br />
für große und kleine Kinder. Endgültig durchgesetzt hat<br />
sich der Christbaum als deutsches Brauchmotiv in deutschen<br />
Landen, also auch in unserem Bereich, erst nach dem<br />
Krieg 1870/71. Kirche und Schule haben den Christbaum<br />
bis in die letzte Hütte getragen und seine Deutung gelehrt:<br />
Sinnbild des Lichtes, das Christus in die Welt gebracht,<br />
die Finsternis zu erleuchten.<br />
Die Weibnachtskrippe<br />
Zum Christbaum gehört in der Kirche und in der Familie<br />
die Weihnachtskrippe mit der figürlichen Darstellung der<br />
Szene von Bethlehem in der ersten Weihnachtsnacht. Die<br />
Krippe ist für das Weihnachtsgeschehen wichtiger als der<br />
Christbaum. Sie führt den Besucher in die zentrale Aussage<br />
des Weihnachtsevangeliums. Während der Christbaum<br />
trotz seiner sinnvollen Bedeutung mehr dem festlichen<br />
Glanz der Weihnachtslage dient, ist die Krippe die<br />
eindrucksvolle Gestaltung des Weihnachtserlebens, wie es<br />
das Evangelium kündet.<br />
Den geschichtlichen Anfang des Krippenbaues hat der<br />
hl. Franz von Assisi gesetzt, als er 1223 im Wald von<br />
Greccio eine erste Krippenfeier veranstaltete. Von Greccio<br />
aus verbreitete sich der Krippenbau zeitlich und räumlich<br />
zum volkstümlichen Brauch. Schon für das Jahr 1253<br />
ist die erste deutsche Krippendarstellung in Füssen bezeugt.<br />
Man weiß von mehrfachen Krippenbauten in den<br />
folgenden Jahrhunderten in Mailand, in Parma, in Sizilien,<br />
in Neapel und in Flandern. Im Jahr 1607 entstand<br />
in der Michaelskirche in München eine große Krippe mit<br />
bekleideten Figuren. In der Barockzeit weitete sich der<br />
Krippenbau aus zunächst auf Tirol, Bayern und das<br />
Rheinland, dann auf Elsaß, Baden, Württemberg,<br />
Schweiz, Böhmen, Schlesien und Kärnten.<br />
In unserem heimatlichen Bereich finden wir Krippendarstellungen<br />
in vielgestaltigen Formen, wie sie aus dem<br />
Volksempfinden mit örtlichen Abwandlungen erwachsen<br />
sind und immer wieder neu gestaltet werden. Hier sollen<br />
nur einige wenige Krippen genannt werden, die wegen<br />
ihrer Besonderheit und ihrer eigentümlichen Form besonderes<br />
Interesse verdienen. Zu diesen dürfen wir die<br />
„höfische" Krippe in der ehemaligen Kirche des Klosters<br />
Hedingen, der heutigen Grabkirche des Fürstenhauses<br />
Hohenzollern in Sigmaringen, zu nennen. Die Krippe ist<br />
vor rund 200 Jahren in einem hohenzollerischen Kloster<br />
entstanden. Der Vordergrund der Krippe ist so reich mit<br />
weltlichen Figuren ausgestattet, daß das Jesuskind in seinem<br />
Strohkripplein mit der heiligen Mutter, dem heiligen<br />
Josef, Eselein und öchslein nur gerade noch unter dem<br />
hohen Bogen zu ahnen ist. Die weihnachtliche Szene wandelt<br />
sich am Tag der Unschuldigen Kinder, 28. Dezember,<br />
in den furchterregenden Kindermord mit den auf Lanzen<br />
aufgespießten Kindern und dem in wehendem Mantel die<br />
Felsen herunter sprengenden König Herodes und am 6.<br />
Januar in den Auftritt der heiligen Dreikönige in prachtvollem<br />
Ornat mit Pferden, Kamelen und Troßknechten.<br />
Die weite Szenerie füllt sich mit Gruppen aus dem Volk,<br />
schwätzenden Frauen am Ziehbrunnen, mit Rokoko-Kam-<br />
51
merherren, Hofdamen in prachtvollen, edelsternbesetzten<br />
Festgewändern, alle mit erregten Gebärden und in lebhafter<br />
Unterhaltung über das geheimnisvolle Geschehen<br />
im Hintergrund. Die ganze sinnenfrohe Welt des 18. Jahrhunderts<br />
ist aufgeboten worden, um die Freude über das<br />
Geschehen der Weihnacht nur recht sichtbar zu machen.<br />
Als e±ne Kostbark'>t der Krippenkunst wird - auch in<br />
Fachkreisen - die Krippe bewertet, die sich im Besitz der<br />
Sigmaringer Buchdrucker-Fami.'e Lutz befindet. Krippe<br />
mit 60 Figuren - ursprünglich sollen es über 100 gewesen<br />
sein - st ein Zeugnis des künstlerischen Schaffens der<br />
Nonnen des Klosters Inzigkofen, wo sie in der Zeit um<br />
1750 bis 1780 entstanden ist. „Die einzelnen Figürlein<br />
sind wahre Köstlichkeiten. Sie haben eine Höhe von 15<br />
bis 22 Zentimeter. Die dre* Könige in ihren festlich-roten<br />
Samtkleidern mit Silber- und Goldspiu.en trappijrt, die<br />
weiten Ärmel, Hermelinkrägen und goldbesetzte Turbane<br />
sind fein empfundene m großer Eleganz durchgeführte<br />
Püppchen, die trotz ihrer Kleinheit einen respektablen<br />
Ernst und Würde repräsentieren. Das Leben des Rokoko<br />
glaubt man wiedererstanden zu sehen inj den reizvollen<br />
Püpplein. Reizvoll sind die weiblichen Wesen der Krippe<br />
in hrer eleganten Rokoko-Ausstattung. Im Ausdruck der<br />
Gesichter liegt etwas so Heiteres und Sonnenhaft-Tröstliches<br />
wie in der ganzen Kunst des Rokoko. (Pfarrer Albert<br />
Pfeffer, Lautlingen.)<br />
Histo isch interessant ist die an zusätzlichen Szenen wechselnd<br />
in fünf Bildern nach den Evangelien besonders reiche<br />
Krippe in der Kirche in Hetlingen. Fern allem Realismus<br />
ist die heilige Familie kostbar in S^.de mit Goldspitzen<br />
gewandet mi 1 - zierlichen, durchsehe': enden Wachsges.chtern<br />
von edlem Schnitt. Ähnlich höfischen Charakter<br />
zeigen die Schriftgelehrten mit ihren Gewändern aus bedruckten<br />
Tapetenstoffen des 18. Jahrhunderts. An Derbheit<br />
aber auch an Originalität übertreffen alles die Heerscharen<br />
im Gefolge der drei Könige. Da marschieren<br />
friderizianische Grenadiere auf; ein Tambourmajor läßt<br />
vermuten, daß auch eine Musikkapelle dazugehört. Und<br />
schnauzbärtige Husaren reiten mit gezogenem Säbel einher.<br />
Aller Köpfe und Hände sind aus Holz geschnitzt,<br />
mai üalisch, imposant und so naturalistisch, daß nicht einmal<br />
die schnapsroten Nasen fehien. Die Soldateska mag,<br />
so vermutet man, nur Kinderspielzeug im Schloß Hettingen<br />
gewesen und bei _.-gend einer Gelegenheit der Krippe<br />
Irl der Kirche beigefügt worden sein. (Schwäbische Zeitung,<br />
Sigmaringen, vom 24. Dezember 1964.)<br />
Im Hechinger Raum konnte c je Weihnachtskrippe in St.<br />
Luzen lang eine Sonderstellung für sich in Anspruch nehmen.<br />
Wenn diese Krippe auch vorerst der Vergangenheit<br />
angehört, verdient sie hier doch e.ne wür^.gende Erinnerung.<br />
Leopold Bausinger ^ ' imete ; hr in seiner Schrift<br />
„Geliebte Heimat" (<strong>1972</strong>) ein freundliches Gedenken. Die<br />
Krippe in St. Luzen habe früher allseits besondere Aufmerksamkeit<br />
gefunden, „weil der dortige Mesner die alten<br />
Krippenfigurer in bunter Tracht angezogen hatte. Jedes<br />
Jahr kamen neue Kleidchen hinzu, mal für den Hirten,<br />
mal für einen heiligen Dreikönig, mal auch für den heiligen<br />
Josef. Für i»des Kirchenfest ergänzte der Mesner seine<br />
Krippe und stellte sie auf den jeweiligen Festtag um. Auf<br />
Dre^önigstag kamen die heiligen drei Könige mit ihren<br />
Kamelen hinzu mit gar mancherlei Geschenken, am Sonntag<br />
mit dem Evangelium von der Hochzeit zu Kanaan<br />
waren Braut und Bräutigam mit Hochzeitsgästen und<br />
Weinkrügen aufgestellt, immer wußte der Mesner etwas<br />
Neues."<br />
Im Kreis von Hechingen nimmt die Weihnachtskrippe in<br />
der Kirche des enemaligen Dominikanerinnenklosters<br />
Stetten, auch Kloster Gnadental genannt, wegen ihrer<br />
Eigenart und Schönheit einen hohen Rang ein. Dieses<br />
Krippenwerk ist eine italienische Barockkrippe, die aus der<br />
Werkstatt des bedeutenden Bildhauers und Krippenschnitzers<br />
Sebastian Osterrieder in München stammt. Krippenwerke<br />
dieses Künstlers stehen in sieben Münchner Kirchen,<br />
in den Domen von Linz, Luxemburg, Freiburg, in St. Peter<br />
und im Päpstlichen Hospitz in Rom. Der besondere<br />
Reiz der Krippe in Stetten besteht in der \ ielgestaltigkeit<br />
der landschaftlichen Szenei in Köstlichkeit der oft pittoresk<br />
gestalteten Personen, im bewundernswerten Einfallsrcichtum<br />
ihrer Gesten und Haltung, der Vielfalt<br />
der Handlungen des H tenvolkes etwa als Dudelsackpfeifer<br />
und Schalmeienbläser, in der farbenfrohen Kleidung,<br />
teilweise mit orientalischem Einschlag. In der typisch<br />
barocken Gestaltung findet sich in unserem heimatlichen<br />
Raum kaum ein gleichartiges und gleichwertiges<br />
Krippenwerk.<br />
Schließlich sei noch der Weihnachtskrippe gedacht, die<br />
einst vom Fürstenhaus Hohenzollern-Hechingen gestiftet<br />
und gegen Ende des vorigen Jahrhunderts aus dem einstigen<br />
Franziskanerkloster St. Luzen - mög :herweise auch<br />
aus der Hechinger Stiftskirche von Oberlehrer Pius Buhl<br />
in Baisingen bei Horb erworben wurde. Anton Pfeffer<br />
widmet ihr in seiner Schrift „Schwäbisches Credo. Ein<br />
Heimatbuch" (Sigmaringen 1935) eine reizvolle, geistreiche<br />
Beschreibung. „Die schönste Weihnachtskrippe aus<br />
Hohenzollern" sei ein getreues Abbild einstigen fürstlichen<br />
Glanzes gewesen. Die Figuren, ob Hirten, Engel,<br />
Weise aus dem Morgenland, die eleganten Damen auf der<br />
Hochzeit zu Kana, die nicht zu zählenden prachtvoll geschnitzten<br />
Tiere, die Naturszene: : r.lt wirklichen Springbrunnen,<br />
Brücken, Wasserfällen, Mahlen, Bergwerken und<br />
Felsenhöhlen - alles sei r-'t fürstlichem Prunk gestaltet<br />
gewesen und habe einen Zauber ausgestrahlt, der von den<br />
Besuchern, vor allem von den Kindern, als beglückende<br />
Schau in die Weihnachtsherrlichkeit erlebt worden sei.<br />
„Das Jesuskind seiner Armut zu entkleiden und die Klippe<br />
etwa zu ersetzen durch ein zart seidenes Bettchen - das<br />
wurde rächt gewagt. So bildet auch b . dieser Krippe letzte<br />
Armut doch den Mittelpunkt des Ganzen."<br />
„Fröhlich soll mein Herze springen." Dieser alte Weihnachtsspruch,<br />
den gern weinnachtliche Betrachtungen über<br />
den Krippenbau als Überschrift tragen, sei an das Ende<br />
dieser kurzen Darstellung gesetzt.<br />
Zu unserem Titelbild: Holzschnitt einer deutschen Bibel vor Luther, 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts, in der Leopold-Sopluenbibliothek in Überlingen.<br />
Auf dem Spruchband: Puer natus nobis — ein Kind ist uns geboren. Im Text der Anfang von Lukas 2, Vers 1: In der Zeit ging aus ein<br />
Gebot vom Kaiser Augustus . . . Repro: Leonie Frick<br />
52
Szene aus der Krippe von Hettingen: die Hochzeit zu Kana. Die Krippen mit wechselnden Szenen endeten für gewöhnlich mit diesem ersten<br />
öffentlichen Auftreten Jesu. Eine Ausnahme machen die sog. „Fastenkrippen" (z. B. im Stadtmuseum Überlingen), die ihren Namen daher haben,<br />
daß sie auch die Evangelien der Fastenzeit mit der Passion zeigen.<br />
Ein Weihnachtsgeschenk<br />
Ein typisch hohenzollerisches Welnnachtsgeschenk wäre<br />
die Schallplatte, die das Zollerliei festhält, die erste und<br />
wahrscheinlich letzte Aufnahme dieses Liedes, das in Zukunft<br />
wohl nicht mehr oft zu hören sein wird. Die Platte<br />
wurde bespielt anläßlich der 1200-Jahrfeier der Gemeinde<br />
Empfingen von den i^ichtstubenmi pikanten unter der Leitung<br />
von Hubert Deuringer. Er schrieb auch das Arrangement,<br />
Die Aufnahme ist in Stereo gemacht worden und<br />
wurde produziert mit 2000 Stück. Davon sind noch viele<br />
vorhanden, und eigentlich sind diese Platten jetzt schon<br />
ein geschichtliches Dokument. Man steile sich einmal vor,<br />
wir hätten weltliche oder kirchliche Gesänge unserer<br />
Heimat aus den letzten tausend Jahren auf Schallplatten<br />
zur Verfügung!<br />
Auf der zweiten Seite, ebenfalls mit einem Deuringer-<br />
Arrangement und von seinen Musikanten aufgenommen,<br />
steht das Lied „Wie schön ist das ländliche Leben". Wie<br />
Hubert Deuringer dazu bemerkt, ist dieses Lied ebenfalls<br />
nur im Umkreis des Zollers überhaupt bekannt und anheimisch.<br />
- Die Platte kostet vier Mark und ist durch das<br />
Bürgermeisteramt Empfingen zu beziehen.<br />
»<br />
Über die Geschichte des Zollerliedes, dessen Text in mehreren<br />
Strophen auf der Plattentasche gedruckt steht, ist<br />
schon Etliches geschrieben worden. Vermutlich entstand<br />
das Lied durch einen oder vielleicht mehrere hohenzollerische<br />
junge Männer, die nach 1850 nicht wie zuvor üblich,<br />
beim hohenzollerischen Bataillon in Sigmaringen, also<br />
in der Heimat, ihren Militärdienst ableisteten, sondern in<br />
Preußen. Das bedeutete vor rund hundert Jahren: im<br />
Saargebiet. Später kamen Soldaten aus Hohenzollern infolge<br />
der Spezialisierung des Militarwesens als Artilleristen,<br />
Pioniere, Seesoldaten, Marineartilleristen usw. in<br />
ganz Preußen zu verschiedenen Standorten. Das Lied<br />
entstand nach Text und Weise - so scheint es — als ein<br />
typisches Erzeugnis der Spätromantik, etwa in den 60er<br />
oder 70er Jahren. Fr.<br />
53
Vielen Dank, Doktor Stemmler!<br />
Nach acht Jahren hat sich der seitherige Vorsitzende des<br />
Vereins, Dr. Eugen Stemmler, gezwungen gesehen, sein<br />
Amt abzugeben. In seiner Arbeit als Direktor des Sigmaringer<br />
Staatsarchivs hat er durch die Kreisreform - bei<br />
unbesetzten Personalstellen — mehr Arbeit auf sich nehmen<br />
müssen. Er hat zudem eine schwere Erkrankung hinter<br />
sich und sieht es als seine Pflicht an, sich seiner Familie<br />
so gesund wie möglich zu erhalten. Es tat ihm leid, wie er<br />
bei der Hauptversammlung auf dem Zoller sagte, ein Jahr<br />
vor seiner satzungsgemäßen Amtsdauer das Amt niederlegen<br />
zu müssen, aber seine Argumente würde jeder von<br />
uns selber auch anwenden. Der Verein und die Redaktion<br />
der „Hohenzollerischen Heimat" sagen ihm für seine Tätigkeit<br />
herzlichen Dank. Dr. Stemmler hat nicht nur die<br />
Hundertjahrfeier des Vereins ausgerichtet und die Aus-<br />
WALTHER FRICK<br />
Abschied vom Land Hohenzollern<br />
Dies ist also der Abschied. Wenn unser vorliegendes Weihnachts-<br />
und Neujahrsheft erscheint, wird Hohenzollern<br />
politisch zu bestehen aufhören. Es gibt die Selbstverwaltung<br />
nicht mehr, es gibt keinen administrativen Verband<br />
in Zukunft, der fast von Freudenstadt bis beinahe an die<br />
Markung von Uberlingen immerhin etwas Eigenes darstellte.<br />
Wir brauchen im Einzelnen nicht auf das alles<br />
eingehen, weil das cne Tageszeitungen in diesem Jahr ausgiebig<br />
taten in ihrer Berichterstattung über die Kreisreform<br />
und über die letzten Sitzungen des Kommunallandtags.<br />
Wir Autoren, Gestalter und Leser der „Hohenzoller-cbfn<br />
Heimat" sind in unserem liebsten Nebenberuf alle mehr<br />
oder weniger B Storker und ebenso in unterscniediichen<br />
Graden vertraut mit der Geschichte unseres Landchens.<br />
Deshalb mag es manchen vielleicht vorkommen, wie es<br />
unseren Ahnen zumute war etwa 1849/50, als ü'e Fürstentümer<br />
endeten und die Preußen kamen, die v t bekanntlich<br />
nach der berühmten Anekdote um unserer Sünden<br />
willen verdient hatten. Oder wie die Sigmaringer fühlten,<br />
als 1535 die Zollern als neue Herren aufzogen, nach zweihundert<br />
Jahren Werdenbergischer Herrschaft. Oder vielleicht,<br />
um an Di. Hans Spe^dels ausgezeichneten Festvortrag<br />
im vergangenen Oktober bei der Hauptversammlung<br />
anzuknüpfen, wie die 20 000 Hechinger Untertanen 1836,<br />
als ihnen eine Vertretung auf parlamentarischer Grundlage,<br />
ein erster Landtag genehmigt wurde. Und doch wiederum<br />
nicht, denn damals in Hechingen versprach man<br />
sich doch Besseres als man hatte, wahrend heute doch<br />
vorwiegend Skepsis vorwaltet. Ob sie am Platz ist, werden<br />
d ; e nächsten Jahre entscheiden. Es wird sich zeigen,<br />
ob die doch ohne Zweifel wirklich gewesene bürgernahe<br />
Verwaltung von Hohenzollern von einer ebensoguten<br />
oder gar besseren Verwaltung abgelöst wird, wenn die<br />
Ämter nicht mehr mit Leuten zu tun haben werden,
HELMUT HALLER<br />
In der Schulchronik Jungingens geblättert<br />
Nur unvollständig und als Provisorium kann der folgende<br />
Artikel eine Lücke in der 1 teratur über Jungingens Vergangenheit<br />
schließen; würde es doch weit über den Rahmen<br />
dieser Schrift hinausgehen, die genaue Chronik der<br />
Schule Jungingens aufzuzeigen, Querverbindungen herzustellen,<br />
die weit über das Örtliche hinausgingen. Dies soll<br />
einer eigenen Arbeit vorbehalten sein.<br />
„Jungingens Lehrer der letzten 200 Jahre", so möchte ich<br />
meine Ausführungen betiteln.<br />
Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts war ein Schulunterricht<br />
für die Kinder des Dorfes nur auf freiwilliger<br />
Grundlage und das auch nur während der Wintermonate<br />
möglich. Meistens waren es überall Männer, die durch ihr<br />
Handwerk ans Haus gebunden waren, einigermaßen des<br />
Lesens und Schreibens kunc' : g waren und den Katechismus<br />
ebenso beherrschten wie den Kirchengesang. Sie unterwiesen<br />
neben iirem Handwerk her die Kinder, die auch selbst<br />
die Entlohnung von zu Hause meist in Naturalien mitzubringen<br />
hatten.<br />
So war der letzte dieser nebenberuflichen Lehrer Joachim<br />
Kohler, der im Hause des Jacob Diebold unterrichtete.<br />
(Heute Haus Nr. 67 Ernst Lichownik.) In der Zwischenzeit<br />
wurde die Schulpflicht eingeführt, die Gemeinde erwarb<br />
1788 ein Haus (Metzgerei Keller) und richtete es so<br />
her, daß eine größere Klasse darin unterrichtet werden<br />
konnte.<br />
Am 1. 12. 1788 zog Lehrer Christian Bumiuer auf und<br />
übernahm den Unterricht. Der 21jährige hatte bereits vier<br />
Jahre Praxis hinter sich, dii er sich in Wessingen und<br />
Schlatt bei dortigen Lehrern erworben hatte. Er wird in<br />
späteren Jahren immer wieder seiner Talente und seines<br />
Fleißes gerühmt. Aus dem ganzen Killertal, aus Burladingen,<br />
ja sogar aus Hechingen werden Kinder seiner Obhut<br />
und Ausbildung anvertraut. Sein Gehalt stimmte aber mit<br />
seinen Leistungen nicht überein. 32 Jahre lang bezog er<br />
40 fl (Gulden) jährlich. Eine kleine Aufbesserung erhielt<br />
er durch Mesner- und Organistend'^nst, der mit der Lehrerstelle<br />
immer organisch verbunden war. Dadurch bezog<br />
er den Ertrag aus fünf Morgen Äckern und Wiesen, die<br />
er selbst bebauen lassen mußte. Seinem Vorgänger als<br />
Mesner, Bernhard Diebold, mußte er jährlich 40 fl ausbezahlen.<br />
Wiev>l da für ihn und seine Familie übrig blieb,<br />
kann sich jeder denken. Der Lehrer war arm und brachte<br />
oft kaum das Nötigste auf in jenen Zeiten.<br />
Bereits 1822 vermehrte sich die Schülerzahl so, daß eine<br />
zwfc'te Lehrerstelle eingerichtet werden mußte. Diese erhielt<br />
Luzian Bumüller (geb. 1795 gest. 1864), ein Sohn<br />
von Christian Bumüller. Er versorgte die Unterklasse 37<br />
Jahre lang bis 1859.<br />
1834 gab Christian B. die Lehrerstelle auf. Er war im<br />
gleichen Jahr zum Vogt der Gemeinde Jung! igen gewählt<br />
worden. Sein jüngster Sohn Franz Joseph Bumüller (geb.<br />
1813, gest. 1848) trat als Nachfolger das Lehramt an,<br />
konnte aber nur bis 1847 der Schule vorstehen, da 'hn<br />
eine schwere Krankheit zwang, den Beruf aufzugeben. Er<br />
starb 1848 und hinterließ eine Frau mit zwei kleinen<br />
Kindern.<br />
An die verwaiste Klasse wurde Marx Lorch aus Killer<br />
gerufen, der aber bereits 1848, ein Jahr später wieder an<br />
die Schule nach Killer zurückversetzt wurde.<br />
An seiner Statt wurde Anton Bumüller (1829), ein Sohn<br />
des Luzian Bumüller, eingestellt. Erst 1859, als sein Vater<br />
pensioniert wurde, konnte die Lehrerstelle nebst Mesner-<br />
und Organistendienst ihm definitiv übertragen werden.<br />
Er führt die Schule bis 1891 und war somit 43 Jahre in<br />
Jungingen als Lehrer tätig! Er war es auch, der irrt Jahre<br />
1866 die Schulchronik anlegte, die bis zum heutigen Tag<br />
geführt ist.<br />
Interessant ist s^me Gehaltsaufstellung aus dem Jahre<br />
1859. Er schreibt:<br />
'Mein Gehalt als Lehrer, Meßner und<br />
Organist beträgt 300 fl<br />
I e Gemeinde leistet an barem Geld 170 fl<br />
Pachtvertrag des Meßnergutes beträgt 69 fl<br />
Gehalt als Organist a) Gemeinde 14 fl<br />
b) Heiligenpflege 10 fl 24 fl<br />
Die Stolgebühren sind veranschlagt zu 15 fl<br />
Für gestiftete Jahrtage zahlt die<br />
Heiligenkasse 9 fl 24 kr<br />
hinzu kommt noch Gehaltszulage von der<br />
Schulfondskasse 18 fl<br />
305 fl 24 kr<br />
Dagegen hat der jeweilige Meßner und Lehrer jährlich<br />
5 fl 24 kr als Meßnerbeitrag an die Gemeindekasse Killer<br />
zu entlichten. Jungingen gehörte nach der Haagschen Erneuerung<br />
bis zum Jahre 1488 zur Pfarrei Killer und<br />
mußte an den Meßner von Killer früher jährlich 1 Scheffel<br />
Korn und 1 Scheffel Haber verabreichen. Seit ungefähr<br />
40 Jahren besteht durch Übereinkunft die Geldabgabe.<br />
(5 fl 24 kr)"<br />
Bis 1848 erhielten die Lehrer Hohenzollerns ihre Ausb<br />
'dung im eigenen Land, am Präparanden-Institut in Hechingen<br />
und am Lehrersemina: in Habsthal, getrennt nach<br />
den Fürstentümern Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen.<br />
Nach dem Übergang Hohenzollerns<br />
an Preußen erfolgte die Ausbildung der hohenz. Lehrer<br />
im Rheinland, zunächst bis 1879 in Brühl, dann bis 1923<br />
in Boppard am Rhein.<br />
Wurde die Entwicklung des Schulwesens in Jungingen bis<br />
1866 in Schulchronik als Rückschau zusammengefaßt, so<br />
beginnt Lehrer Anton Bumülier ab 1867 mit chronologischen<br />
Einträgen, Jahr für Jahr. Diese verdienen eine eigene<br />
gesch ht' :he Darstellung. Ich möchte mich im weiteren<br />
aber nur mit einer chronologischen Aufzählung all jener<br />
Lehrerinnen und Lehrer beschränken, die in Jungingen bis<br />
zur heutigen Zeit tätig waren.<br />
Früher wurde der Lehrer, der aileine eine Schuie mit den<br />
Klassen 1-8 betreute, Erster Lehrer genannt. Wurde die<br />
Schule zweiklassig, trennte man die Schuljahre 1-4 und<br />
5-8 in zwei Klassen. Der zweite Lehrer betreute meist die<br />
Unterklasse.<br />
Erste Lehrer (Schulleiter)<br />
-1788 Joachim Kohler;<br />
1788-1834 Christian Bumüller* (1767-1851), bis 34 Lehrer,<br />
dann Vogt der Gemeinde;<br />
1834-1847 Franz-Joseph Bumüller (1813-1848), S. d.<br />
Christian B.;<br />
1847-1848 Max Lorch aus Killer (Provisor);<br />
1848-1891 Anton Bumüller (geb. 1829, gest. ????), S. d.<br />
Luzian B.<br />
Ab 1822 unterrichteten an der Schule als 2. Lehrer:<br />
1822-1859 Luzian Bumüller (1795-1864) S. d. Christian<br />
B.;<br />
1859-1862 J. Türk von Hausen;<br />
1862-1865 Anton Birkle;<br />
55
186b—1867 Lehrer Friedrich Kohler von Hechingen, versetzt<br />
nach Burladingen"";<br />
1867-1873 L. Franz Anton Kästle, versetzt nach Stetten<br />
bei Hechingen;<br />
1873-1874 Schulamtsaspirant Carl Leopold Haiß geb.<br />
Jungingen;<br />
1874-1877 Julius Rapp, Provisor, aus Dießen, vers. nach<br />
Hochberg;<br />
1877-1879 Provisor August Fritz von Beuren, vers. nach<br />
Veringenstadt;<br />
1879-1889 Lehrer Philipp Maier aus Bu riadingen, vers.<br />
nach Sickingen;<br />
1889-1892 Lehrer Winter, geb. aus Jungingen, vers. nach<br />
Deutwang.<br />
Lehrer Anton Bumüller tritt 1891 in den Ruhestand und<br />
vermerkt in der Schulchronik: In der No. 102 der Hohenzollerischen<br />
Blätter von heute lesen wir unter den<br />
„Amtlichen Nachrichten": Seine Majestät der Kaiser und<br />
König haben mittels allerhöchster Ordre vom 16. Juni<br />
d. J. dem Lehrer Bumüller zu Jungingen aus Anlaß seiner<br />
Pensionierung zum 1. Juli des Jahres den Adler der Inhaber<br />
des Königlichen Hausordens von Hohenzollern Allergnädigst<br />
zu verleihen geruht.<br />
Hechingen, 28. Juni 1891 der comm. Oberamtmann<br />
gez. Longard<br />
Während seiner Tätigkeit ist auch ein Blick auf die damaligen<br />
Schülerzahlen interessant. 1895 beträgt die Einwohnerzahl<br />
hier 942. Im Jahre 1870 die Zahl der Schüler 140,<br />
1880 180, 1884 198 und 1888 182. Es war damals keine<br />
Seltenheit, wenn ein Lehrer allein bis zu 100 Kindern<br />
unterrichten mußte.<br />
Am 1. November 1892 wurde die erste Lehrerstelle dem<br />
Lehrer Karl Nerz definitiv übertragen, nachdem sie vier<br />
Monate unbesetzt blieb. Nerz kam von Ruhestetten, wo<br />
er als Provisor gewirkt hatte. Geboren in Trochtelfingen,<br />
stammten seine Vorfahren aber aus Beuren. Er wirkte in<br />
Jungingen 32 Jahre lang bis zum 1. Oktober 1924. Viele<br />
ältere Junginger werden sich sti.ier als einen tüchtigen,<br />
strengen aber gerechten Lehrer erinnern. Er erlebte seine<br />
Pension bei seiner Tochter in Haigerloch, die mit Lehrer<br />
Evarist Schäfer verheiratet ist und starb dort im Jahre<br />
1937. Während seiner Tätigkeit unterrichteten an der<br />
Unterklasse:<br />
1892-1913 Lehrer Vinzenz Grotz, geb. in Straßberg,<br />
kommt von Deutwang, versetzt nach Boll.<br />
Grotz, ein großer Muriner, geschätzt in Schule und Gesangverein,<br />
bei seinen Musikschülern und Stundenschülern<br />
bekam er zum Abschied lt. Schulchronik reiche Geschenke.<br />
In der Schulchronik heißt es: „Bei seinem Abschied<br />
(abends im Gasthaus zum Hirsch) h' elt Pfr. Pohl c;e<br />
Abschiedsrede. Worauf Grotz dankte. Als Geschenke<br />
erhielt er 1. von der Gemeinde eine Taschenuhr mit Kette,<br />
2. von dem Gesangverein einen gepolsterten Sessel, 3. von<br />
den Volksschülern eine Blumenkrippe, ein Kruzifix r »t<br />
2 Leuchtern, 4. von seinen Stundenschulern r'ien Stockschirm.<br />
Lehrer Grotz war hier ein beliebter Lehrer. In der Schule<br />
arbeitete er fleißig, strenge, m T Geschick und Erfolg. Im<br />
Verein m : Hauptlehrer Nerz unterrich:ete er viele Aspiranten,<br />
die dann ins Seminar eintraten. Er gab ungemein<br />
viele Privatstunden, besonders im Kla\ ' erspiel. Mit dem<br />
Gesangverein, den er leitet, erlebte er manche fröhliche<br />
und feuchte Stunde."<br />
1913-1914 Lehrer Flad von Trochtelfingen wurde zum<br />
Militärdienst eingezogen.<br />
1911-1915 Lehrenr. Maria Honebrink, aus der Provinz<br />
Hannover, wohnte anfangs bei Malermstr. Hermann Rie-<br />
56<br />
ster und betreute die 3. Lehrerstelle. Vers, nach Rütenbrock,<br />
Krs. Meppen, Bez. Osnabrück.<br />
1915 Nachfolger Sebastian Heck wird nach kurzer Tätigkeit<br />
zum Militärdienst eingezogen.<br />
1915-1916 Lehrerin Elisabeth Gies, kommt von Frohnstetten,<br />
gebürtig aus Aarw 1er (Rh iprovinz), vers. zurück<br />
ins Rheinland.<br />
1916-1924 Paul Riester, gebürtig aus Weilheim, unterrichtet<br />
an der 2. Lehrerstelle, Unterklasse.<br />
1924 wurde durch die Pensionierung von Karl Nerz die<br />
Schulleiterstelle frei. Der geringen Schülerzahl wegen (91<br />
Schüler) wurde die Volksschule wieder zweiklassig geführt.<br />
So bekam Hauptlehrer Paul Riester die Schulleiterstelle<br />
übertragen. Die treue Erfüllung seiner Berufspflichten<br />
wurden ihm zuweilen durch sein Kriegsleiden außerordentlich<br />
schwer gemacht. Reges Schaffen und Streben<br />
waren sein Ziel. Deswegen fand er auch vorübergehend<br />
Verwendung an der Präparand ; und der Gewerblichen<br />
Berufsschule Hechingen. Nach 1945, 29 Jahre war er hier<br />
tätig, unterrichtete er nach kurzem Aufenthalt in Killer<br />
und Haigerloch an der Kath. Volksschule Hechingen. Am<br />
27. Februar 1958 verunglückte er tödlich auf der Fahrt<br />
von Jungingen nach Hechingen. Bürgermeister Josef Bumiller<br />
dankte am Grabe im Namen der Gemeinde für<br />
sein Wirken als Lehrer und Jugenderzieher, als mehrmals<br />
gewählter Gemeinderät, als Mitarbeiter in öffentlichen<br />
Vereinen und der heimischen Industrie.<br />
Unter seiner Schulleitung unterrichteten die Unterklasse:<br />
1916-1925 Lehrer' Maria Burkhart, sie tritt aus dem<br />
Schuldienst aus und heiratet.<br />
1925-1926 Lehrerin Kreszer a Schmid, vorher in Dettingen,<br />
Tochter des Lehrers Schmid in Langenenslingen, verz.<br />
nach Wald.<br />
1925-1926 Lehrerin Emma Rädle, Tochter des Sebastian<br />
Rädle, Lehrer in Zimmern, sie übernimmt die 3. Lehrerstelle<br />
1925-1927 Lehrerin Wellis aus Schlesien, vers. nach Gauselfingen.<br />
1927 Lehrer Müller von Stetten bei Hechingen (Sohn des<br />
Lehrers R. Müller in Ringingen), vers. nach Freudenweiler.<br />
1927-1964 Lehrer Michael Lorch, geboren in Killer,<br />
kommt von Freudenweiler und übernimmt die 2. Lehrerstelle<br />
und zugleich den Organistendienst, der bisher organisch<br />
im* der 1. Lehrerstelle verbunden war.<br />
1931 beträgt die Schülerzahl nur noch 88. In den nächsten<br />
Jahren iedoch stieg die Schülerzahl jedoch wieder so an,<br />
daß näfig Junglehrer, Hospitanten und Schulamtsbewerber<br />
als 3. Lehrkraft hier tätig waren.<br />
1931 Anton Winter und Adolf Bumiller, b ide von hier.<br />
1932-1933 Lehrerin Sophie Schmitz, vers. nach Trillfingen.<br />
1933-1937 Lehrer Anton Winter bekommt eine Stelle in<br />
Grosselfingen. Er ist im zweiten Weltkrieg gefallen. Sein<br />
Sohn Horst unterrichtet heute als Realschuloberlehrer in<br />
Schwäbisch Hall.<br />
1937-1938 Lehrerin Agnes Thiele, stammt aus Westfalen,<br />
vers. nach Inzigkofen.<br />
1938-1939 Lehrerin Kreszentia Schmid von Trillfingen,<br />
sie war bereits 1925/26 hier tätig, wird vers. nach Bisingen.<br />
1939-1958 Lehrerin Emilie Reinhardt, sie stammt aus<br />
Straßburg im Elsaß und kommt von Bisingen hierher. Sie<br />
unterrichtet die Klassen 1, 2 und 3. Die Schülerzahl betrug<br />
damals 110. Frl. Reinhardt war in Schule und Dorfleben<br />
geschätzt und geachtet. Während der Besatzungszeit<br />
konnte sie durch ihre Dolmetscherdienste manchen Vorteil<br />
durch die Gemeinde erreichen und manches Unheil<br />
abwenden. Im Oktober 1945 war die Ingangsetzung des<br />
Unterrichts an der dreiklassigen Schule allein in ihre
Hände gelegt und 1948 vertraute man ihr unter Ernennung<br />
zur Hauptlehrerin auch die Schulleitung an, die sie<br />
bis zu ihrer Erkrankung im Herbst 1956 ausübte. Am<br />
1. Januar trat sie in den Ruhestand und verbringt heute,<br />
nachdem sie nochmals 1963 für Monate im Schuldienst<br />
vertretungsweise war, ihren Lebensabend in Stuttgart.<br />
Nach den Wirren des Kriegs, als wieder an unseren Schulen<br />
ein geordnetes Unterrichten möglich war, wirkt hier<br />
von<br />
1945-1949 Lehrer Karl Dieringer, stellvertretender Schulleiter<br />
bis 1948, später Rektor in Hechingen, wo er als<br />
Pensionär heute lebt.<br />
1948 L. Ferdinand Schwenk, vers. nach Stein, später Rangendingen,<br />
dort heute in Pension.<br />
1948 Schulhelferin A. Scherer.<br />
1949 Laienlehrer Otto Bogenschütz<br />
1949-1951 Lehrer Eberhard Heinzelmann, Wohnort Laiz,<br />
dort verst. im Jahre 1957.<br />
1951 Lehrerin Maria Mascha, vers. nach Weilheim.<br />
1951 Lehrer Gustav Kästle, geboren in Killer, erhält die<br />
3. Planstelle in Jungingen und zieht am 16. 5. (Pfingstdienstag)<br />
auf. Er kommt aus Bechtoldsweiler. Leider war es<br />
ihm nicht vergönnt, lange in Jungingen wirken zu können.<br />
Bereits ein Jahr später erkrankte er schwer und mußte<br />
1953 in Pension gehen, die er hier zusammen mit seiner<br />
Famill: im Eigenheim verbringen konnte. 1969 starb er<br />
im 65. Lebensjahr, eine hochgeachtete Lehrerpersönlichkeit.<br />
In weiteren Jahren wirken an der Schule:<br />
1952 Lehrkraft Käthe AufderMauer, Lehrer Georg Schuler.<br />
1952-1954 Lehrerin Ingeborg Haiß, vers. nach Haigerloch.<br />
1954-1956 Hptl. Otto Bogenschütz, vers. nach Hechingen.<br />
1956-1958 apl. Hauptlehrerin Maria Traber, gebürtig aus<br />
Hechingen.<br />
1958-1964 Oberlehrer Lorch erhält die Schulleiterstelle,<br />
nachdem er wegen Erkrankung von Frl. Reinhardt schon<br />
zwei Jahre das Amt kommissarisch geleitet hatte. Als er<br />
1964 in Pension geht, verläßt e le profilierte, idealgesinnte<br />
Lehrerpersönlichkeit die Schulstube. Er war " ; n<br />
pflichtbewußter, vorbildlicher Erz ":her, der 37 Jahre hier<br />
gewirkt hat. Als Heimatforscher ein Experte, bekannt und<br />
geschätzt; ein Musiker aus Leidenschaft, der seit seines<br />
Hierseins den Organistendienst versah, der lange Jahrzehnte<br />
den Männerchor leitete und heute, genesen von<br />
schwerer Krankheit seinen Lebensabend in seiner Heimat<br />
K'ller im neu erbauten Eigenheim verbringt. Bei seinen<br />
ehemaligen Schülern und Kollegen wird es immer als Erzieher-<br />
und Lehrerpersönlichk 't ifl dankbarer Erinnerung<br />
bleiben. =: ")<br />
1957-1964 Hauptlehrer Eisele, e> i gebürtiger Hechinger,<br />
kommt von Böblingen und übernimmt die freie Schulstelle<br />
(Mittelklasse).<br />
1964-1965 übernimmt er die Schulleitung Doch nach<br />
einem Jahr zieht er weg nach Konstanz und unterrichtet<br />
dort an einer Privatschule. Er Wn kte an der Schule<br />
mit päaogogischem Geschi.k und großem Fleiß. Er war<br />
ein großer Könner in der Bildenden Kunst und heute zeugt<br />
neben v. a. noch der Kopf unseres Gemeindeblattes von<br />
seiner hohen Begabung.<br />
1958-1963 unterrichtet hier apl. Hauptlehrerin Waltraud<br />
Zwerenz, spater verheiratete Frau Wurdack, sie verzieht<br />
nach Bayern,<br />
1963-1967 Hauptlehrerin z. A. Ingrid Schatanek. Sie<br />
kommt mit ihrer Zwillingsschwester, die in Killer unterrichtet,<br />
aus Heidelberg und übernimmt die Grundstufe,<br />
die Klassen 1 und 2. Auf eigenen Wunsch geht sie wieder<br />
zurück nach Heidelberg. Mit großem Eifer und Geschick<br />
bewältigt sie ihre Aufgabe.<br />
1964 Hauptlehrer z. A. Alfred Schäfer, gebürtig aus Stetten<br />
bei Hechingen, von Dettingen kommend, wird an die<br />
freie Stelle eingewiesen und übernimmt den Organistendienst.<br />
1965 Hauptlehrerin z. A. Christine Reiß kommt als Stellvertretung<br />
für die Stelle Eisele. Hauptlehrer Schäfer ist<br />
kommissarischer Schulleiter.<br />
1965 Oberlehrer Helmut Haller übernimmt die Schulleiterstelle<br />
der dreiklassigen Katholischen Volksschule. Vorher<br />
unterrichtete er nahezu 10 Jahre in der Nachbargemeinde<br />
Killer.<br />
1966 wird die Hauptschulreform durchgeführt, und auf<br />
1. Dezember wird die Nachbarschaftsschule verwirklicht.<br />
Aus allen Killertalgemeinden werden die Schüler der<br />
Oberstufe so zusammengefaßt, daß das 5. und 6. Schuljahr<br />
in Jungingen, die Klassen 7, 8 und 9 in Hausen unterrichtet<br />
werden.<br />
In den kommenden zwei Jahren ist Oberlehrer Haller gezwungen,<br />
sich mehreren Krankenhausaufenthalten zu unterziehen.<br />
Krankheitsvertretungen sind Oberlehrer Hugo<br />
Mayer aus Hechingen, Hauptlehrer z. A. von Kannen und<br />
Hauptlehrer z. A. Axel Hertweck.<br />
An den anderen Stellen unterrichten<br />
1967-1969 Hauptlehrerin z. A. Inge Bülitz von Osnabrück,<br />
vers. nach Osnabrück.<br />
1967-1968 Hptl. z. A. Ewald Traub aus Hechingen.<br />
1967 Hptl. Winfried Bär, vers. an Realschule Burladingen.<br />
1968 Hptl. Rudolf Harbig, der vorher fünf Jahre in Beuren<br />
unterrichtete, zieht auf.<br />
1968 Hauptlehrerin z. A. Susanne Birk, die aus Hechingen<br />
stammt wird hierher versetzt, später verheiratete Frau<br />
Ruopp.<br />
1968 HHT-Lehrerin Veronika Michel aus Burladingen,<br />
später verheiratete Frau Glaser, unterrichtet an der Schule.<br />
1969 VL Lisbeth Mayer von hier übernimmt das 2. Schuljahr.<br />
1969 Hptl. z. A. Gondel Steinhoff, versetzt nach Rangendingen.<br />
1970 Hptl. z. A. Annegret Kühn, vers. nach Sickingen.<br />
1970 tritt auf Schuljahisbeginn im Herbst Oberlehrei Heribert<br />
Sauter von Rangendingen kommend, hier eine planmäßige<br />
Stelle an.<br />
1970 wird die Schule Jungingen, jetzt Grund- und Hauptschule<br />
seit 1968, aufgrund der Stellen-Zahl (9 Klassen)<br />
zum Rektorat erhoben. Oberlehrer Haller bewirbt sich um<br />
die Stelle und bekommt sie im Juni 1970 übertragen. Im<br />
Februar 1971 wird Oberlehrer Sauter zum Konrektor<br />
ernannt.<br />
Dieser chronologische Überblick möchte dem Leser noch<br />
einmal seine Schulzeit zurückrufen, möchte ihm noch einmal<br />
die Lehrerpersönlichkeiten vor Augen führen, die ihn<br />
einstens durch d'_ Kinderze" geleitet haben. Sie haben in<br />
der Zeit ihres Wirkens an unserer Schule das zu geben<br />
versucht, was immer die höchsten Ideale des Lehrerberufes<br />
sein werden, Bildungs- und Erziehungswerte weiterzugeben.<br />
Werden die Erinnerungen an unsere Schulzeit auch immer<br />
vielf Itiger Art sein, so werden doch die liebenswerten<br />
und frohen Stunden unser Bild davon prägen. Mögen auch<br />
unsere Lehrer und Erzieher darin eir geschlossen sein.<br />
*) Entgegen anderer Schreibweisen werden die Namen „Bumüller"<br />
vom Chronisten dieser Zeit, Lehrer A. ßumüller, immer mit „ü"<br />
geschrieben.<br />
**) „von Hausen" heißt immer, die Lehrerperson hat vorher dort<br />
unterrichtet. Der Geburtsort wird, wo bekannt, gesondert vermerkt.<br />
57
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Die älteren Herren von Ringingen und die Freiherren von Entringen<br />
i.<br />
Vom älteren Ortsadel von Ringingen auf der Zolleralb<br />
kennen wir nur wenige Namen. Im Jahre 1180 kaufte das<br />
Kloster Weißenau bei Ravensburg Güter zu „Burron" in<br />
Bernloch (unweit Trochtelfingen) von dem Ritter D etrieb<br />
von Ringingen 1 . Ums Jahr 1200/1205 hatte der gleiche<br />
Ritter zu Burron ein Gut (ma.isum, ca. 45 Jauchert) als<br />
Lehen Bertholds von Neifen und seiner Söhne (Tochtermann<br />
des Grafen von Gammertingen), und verkaufte es<br />
mit deren Einwilligung gegen Entschädigung mi: 10<br />
Pfund Heller demselben Kloster um 16 Pfund Tübinger<br />
Münz. Ebenso verkaufte sein Verwandter Otto von Ringingen<br />
am gleichen Ort demselben Kloster einen Mansus<br />
unter gleichen Umständen und dieselbe Summe 2 .<br />
Dann hört man nichts mehr vom Ringinger Adel bis auf<br />
S (Swiger oder Sigibold o. ä.) von Ringinstein 3 , der am<br />
10. Dezember 1274 Zeuge war beim Grafen Friedrich von<br />
Zollern dem älteren in Bezug auf den Weißenauer Hof<br />
zu Bernloch 4 . Während die bisher genannten Personen<br />
dem Dienstadel angehörten, berichten zwei Bebenhäuser<br />
Urkunden von einem Hochadeligen:<br />
Eberhard von Ringingen, freien Standes (conditione<br />
liber), schenkt im Jahre 1277 seinen Vorzehnten zu Renningen<br />
b. Leonberg, und zwar von zwei Höfen, die Fronhof<br />
heißen und vom Buhartshof, dem Kloster Bebenhausen<br />
(bei Tübingen), zu seinem und seiner Vorfahren<br />
Seelenheil und zur Ehre der Jungfrau Maria. Ebenso<br />
schenkt er sein Gelände inmitten des Dorfes zwischen<br />
Straße und Bach. Die bisherigen Leheninhaber des Zehnten<br />
sollen ihn weiter behalten, außer das Kloster kaufe die<br />
Lehenschaft ihnen ab. Die Schenkungsurkunde ist von<br />
Eberhard besiegelt. Neben ihm siegelten Dekan Swiger<br />
von R njr'ngen und K'-chrektor Eberhard von Salmendingen.<br />
Zeugen sind der Bebenhäuser Mönch Albert Besserer<br />
und der Laienbruder Heinrich. Eberhards Rundsiegel<br />
zeigt im Schild einen Schrägrechtsbalken, der mit<br />
drei Ringen belegt .'st und d s Umschrift: S(ig'lum)<br />
EBERHARD1 NOB1LIS D. RINGINGEN. D: , Siegel<br />
des Dekans Swiger ist ebenfalls rund und zeigt einen<br />
Vogel gegen e ; len Baum oder (eher) Zwi.. ; gewendet (Anspielung<br />
auf Zwiger?). Das dritte Siegel ist spitzoval und<br />
enthält das Bild des Drachentöters Michael, des Kirchenpatrons<br />
von Salmenc 1 ' igen 5 .<br />
Eine zweite Urkunde desselben Wohltäters des Klosters<br />
stammt vom Jahre 1279. Nach ihr schenkt der freie (liber)<br />
Eberhard von Ringingen zu seinem Seelenheil demselben<br />
Kloster seinen Zehnten aus dem Fronhof zu Hemmingen<br />
(b. Leonberg), den der Ritter Swiger von Berg (b. Stuttg.)<br />
und s ne Erben zu Lehen haben von Eberhard, und auch<br />
behalten sollen. Eberhards und des Salmendii.ger Pfarrers<br />
Siegel hängen wieder an.<br />
Eine dritte Urkunde Eberhards ist nur in fehlerhafter<br />
Ubersetzung des 15. Jahrhunderts erhalten 7 . Da darin<br />
keine Angabe über JMobilität oder freien Stand oder ein<br />
Siegel des Ausstellers gemacht wird, steht ein Irrtum zu<br />
vermuten, oder der Beisatz „Freier" fehlt, weil Eberhard<br />
das in Frage stehende Gut nur als Lehen, nicht als freies<br />
Eigentum besaß.<br />
Es heißt da: Am 10. Februar 1292 verkaufte Eberhard<br />
von Ringingen freiwillig und mit gemeinsamer Gunst<br />
seiner Erben und Verwandten sein „Dorf", genannt Bühl<br />
(b. Rottenburg), das er mit seinen Vorfahren vom Herrn<br />
Grafen Albrecht von Hohenberg als Lehen besaß, und<br />
zwar unter Aufgabe der Lehenschaft in die Hand des<br />
Grafen. Er verkaufte es an Heinrich des Amanns Sohn<br />
aus der neuen Stadt Ehingen (d. i. Rottenburg) und Bert-<br />
58<br />
hold, des Amanns Sohn von Reutlingen, mit allem Zubehör<br />
an Aeckern, Wiesen, Wäldern, Häusern, Gärten<br />
etc. um 400 Pfund Heller. Der Graf leiht das „Dorf" den<br />
Käufern. Es siegelten die Stadt Neu-Ehingen (Rottenburg)<br />
und Eberhards Oheim, der Ritter Swenger von Lichtenstein,<br />
mit dessen Gunst die Veräußerung geschah. Zeugen<br />
waren: die drei Ritter Hug von Mugenegg, Burkart von<br />
Meldungen, (Burkart) von Jungi.ngen, sowie Gebrüder<br />
Hermann und Berthold von Ow, Gebrüder Heinrich und<br />
Eberhard von Seebrunn. Gebrüder Dietrich und Berthold<br />
von Wurmlingen, Heinrich Amann von Neu-Ehingen,<br />
sein Bruder Volker, genannt Stahler, dessen Söhne Heinrich<br />
und Engelhard Stahler, Gebrüder Leutfried und Konrad<br />
Bessler, Albrecht Huot, Engelfried der Gastgeber der<br />
neuen Stadt, Heinrich Lupo von Herrenberg, Heinrich<br />
Amann von Reutlingen und Kiverli von Gammertingen 8 .<br />
Das Heer der Zeugen dürfte zeigen, daß Eberhard schon<br />
alt und kinderlos war. Auffälligerweise siegelt er selber<br />
nicht. Die nähere Verwandtschaft mit dem Ritter Swenger<br />
von Lichtenstein ist leider unbekannt, der Ausdruck<br />
Oheim oder Vetter leider vieldeutig. Da in späteren Nachrichten<br />
nur von einem Hof bzw. Gut zu Bühl die Rede<br />
ist, wird im Original predium oder curtis-curu, aber<br />
kaum villa gestanden haben. Eberhard ist vermutlich bald<br />
darauf gestorben. In Ringingen erscheint 1342 ein Truchseß<br />
Cuon von Urach als Orts- und Burgherr.<br />
Aus einem Schriftstück vom 8. November 1298 wissen wu,<br />
daß „der von Ringingen" in Bühl ein Gut und in Rottenburg<br />
ein Haus an die Amann von Rottenburg \ erkaufte,<br />
die jetzt vom Grafen Albrecht v. H. neu belehnt werden,<br />
wie sie „der von Ringingen" schon von seinem Vater zu<br />
Lehen hatte Graf Rudolf von Hohenberg lieh dann am<br />
19. Juli 1315 das genannt Gut und das Rottenburger<br />
Haus, beides von „dem von Ri..gingen" erworben, erneut<br />
der Familie Amann, die sich später „von Bühl" schrieb 10 .<br />
Bei der Suche nach Eberhards Vorfahren stoßen -w auf<br />
die alten freien Herren von Entringen (7 km nordwestlich<br />
von Tübingen), die ebenfalls den mit drei R.ngen belegten<br />
Schrägbalken im Wappen und te > den Namen<br />
Eberhard führten. Eberhard von F.mgingen dürfte der<br />
Letzte dieser Familie gewesen s^in. Ob das Wappen der<br />
Entringer durch den Ortsnamen Ringingen beeinflußt se ; n<br />
kann, bleibe dahingestellt. Nach dem Siegel Eberhards<br />
erhielt die Gemeinde Ringen folgendes Wappen 1929: In<br />
blauem Schild ein gelber Schrägrechtsbalken, der m t drei<br />
roten Ri igen belegt ist.<br />
Die freien Herren von Entringen (Laien)<br />
Das Wappen der Fami'^e zeigte in rotem Sc Td e:/.en mit<br />
drei gelben Ringen belegten blauen Schrägrechtsbalken io a.<br />
Als ältesten Vertreter dieser Herren des Hochadels nennt<br />
eine Urkunde vom 9. Oktober 1075, welche die W :derherstellung<br />
des Klosters Hirsau durch den Grafen Adalbert<br />
von Calw betrifft. Hiei ist der dominus Adalbertus<br />
de Antringen unmittelbar hinter dem Grafen Luithold<br />
von Achaim vor vielen anderen Vertretern des Herrenstandes<br />
als Zeuge genannt n . Dann finden wir zum Jahre<br />
1084 die edlen Landold und Adelbert von Antringen als<br />
nächste Verwandte und Erben des Stifters Hezelo des<br />
Klosters St. Georgen auf dem Schwarzwald aus dem<br />
Hochadei 12 . Adelbert, der mit dem von 1075 identisch<br />
sein dürfte, wird auch 1086 als Zeuge neben dem Grafen<br />
Mangoid von Altshausen und dessen Sohn Wolfrad aufgeführt<br />
13 . Die Söhne Landolds, mit Namen Landold (II.)<br />
und Adelbert (II.) handeln; ersterer 1112 in Ulm, letzterer<br />
1111 in Basel, als Erben des St. Georger Kloster-
stifters 14 . Ein Landolt de Antringen wird unterm 28. November<br />
im Zwiefalter Nekrolog aufgeführt, ohne daß wir<br />
wissen, ob es der ältere oder jüngere ist.<br />
Erst ums Jahr 1140 folgte eine weitere Nachricht: Friedrich<br />
von Entringen schenkte dem Kloster Hirsau Güter zu<br />
Mönsheim und später für seinen Sohn Friedrich einen<br />
Wald bei Wurmlingen 15 . Letzterer Friedrich dürfte der<br />
1188-1233 als Domherr zu Straßburg nachweisbare<br />
Friedrich v. E, sein. Siehe IIb. Ein Otto von Ant. tigen<br />
war um 1167 als „:iber homo" Zeuge einer Schenkung<br />
des freien Adelbert von Haigerloch aus Kloster Reichenbach<br />
16 . Ein Eberhard über de Antringen war 1191 Zeuge<br />
bei der Stiftung des Klosters Bebenhausen durch die Tübinger<br />
Pfalzgrafen 17 . Im Jahre 1231 wird er Bruder des<br />
Speirer Bischofs Beringer von Entringen genannt 18 . Siehe<br />
IIb. Vermutlich ist Eberhard identisch mit dem Ritter<br />
Eberhard von E., dem Beobachter des Pfalzgrafen Rudolf<br />
von Tübingen kurz vor dem 10. März 1240 bei einer<br />
Streitschlichtung zwischen dem Kloster Bebenhausen und<br />
Kraft von Sperberseck 19 . Ein Über homo bzw. nobilis vir<br />
(also Hochadeliger) Beringer von Antringen findet sich<br />
1233 beim Pfalzgrafen Rudolf III. von Tübingen zu Herrenberg<br />
neben den M listerialen Craft und Hugo von<br />
Hailfingen 20 . Im Jahre 1245 taucht er mit seinem leiblichen<br />
Bruder Albert von Entringen adhuc servus (noch<br />
Page oder Edelknecht) beim Grafen Burkart von Hohenberg<br />
anläßlich des Tausches von Dusslingen und Feldhausen<br />
auf 21 , und 1253 als nobilis vir Beringerus dictus de<br />
Antringen 22 . Im Siegel heißt es Mer: Beringer in Antringen.<br />
Auch im Jahre 1259 beißt er so, als die Söhne des<br />
verstorbenen Ritters Heim.ch von Königsbach (b. Durlach)<br />
den Zehnten und anderen Belitz in Dertingen, die<br />
sein Lehen waren, ans Kloster Herrenalb verkauften, ihm<br />
jedoch ihre eigenen Güter zu Königsbach zu Lehen gaben<br />
23 . Letztmals finden wir den (notiJ c vir) Beringer von<br />
Entringen im Jahre 1268 neben dem Grafen Albert von<br />
Hohenberg als Zeugen einer Verhandlung mit dem<br />
Kloster Kirchberg bei Haigerloch 24 . Mangels näherer Anhaltspunkte<br />
möchte man diesen Beringer als den Vater<br />
obigen Eberhards von Ringingen vermuten. Nach 1268<br />
sind keine Nachrichten über die Freiherren von Entringen<br />
mehr erhalten, soweit sie dem Laienstand angehörten,<br />
wohl aber von Geistl hen.<br />
IIb<br />
Geistliche aus dem Hause Entringen<br />
Eine ganze Anzahl Glieder der freiherrlichen Familie von<br />
Entringen erlangte Domherrenstellen in Speier und Straßburg<br />
und einer bestieg sogar den bischöflichen Stuhl in<br />
Speier. Doch erfahren wir, mit Ausnahme des Bischofs,<br />
von ihnen auch ni:ht viel mehr, als daß sie in Urkunden<br />
als Zeugen auftraten.<br />
1. Beringer von Antringen, Domherr in Speier 1180, 1188<br />
etc. bis 1220 Cantor, seit 27. März 1224 Bischof von<br />
Speier, der am 29. November 1232 starb 25 .<br />
2. Friedrich von Antringen, Domherr zu Straßburg, 1188,<br />
1191, 1199, 1202, Cantor 1206, gestorben am 29. April<br />
1233. Er sch nt ein Sohn des gle :hnamigen Laien von<br />
IIa gewesen zu sein 26 .<br />
3. Konrad v. A., Domherr zu Speur 1232, gestorben am<br />
7. Juli 1237 27 .<br />
4.Eberhard v. A., Domherr zu Speier 1228 28 , Domherr<br />
auch zu Straßburg 29 . In Speier wird er auch 1237 bis 1277<br />
erwähnt. Im Jahre 1254 hat im und seine leiblichen Brüder<br />
Konrad und Otto, sämtl che Domherrn zu Straßburg,<br />
der Papst Innozenz IV. wegen V^lzahl ihrer Pfründen an<br />
beiden Domkapiteln dispensiert 30 . In Speier wird er noch<br />
1272 genannt 3l .<br />
5. Konrad v. A., Bruder des vorigen, Domherr zu Speier<br />
1232-57, zu Straßburg 1247 mit seinen Brüdern Eber-<br />
hard und Otto daselbst 32 . Nach Pfaffs Regesten (B 61b) in<br />
Stuttgart seien diese drei Söhne des Laien Eberhard v. E.<br />
gewesen. Konrad war fratruelis (Bruderssohn) des Bischofs<br />
Beringer v. E. und stiftete für ihn einen Jahrtag. Am<br />
18. März 1257 machte er ein Testament und starb wohl<br />
bald darauf 33 .<br />
6. Otto v. Entringen, Bruder der beiden vorigen, Domherr<br />
zu Straßburg 1247 bis 1263, 1252 auch in Speier 34 .<br />
7. Beringer v. E., Domherr zu Speier 1257 35 , 1259, Cantor<br />
1262-1273. Er war der Oheim (Vaterbruder) des<br />
Testierers Konrad von 1257 und Testamentsvollstrecker 36 .<br />
8. Bligerus v. Entringen, Domherr zu Speier ca. 1260 bis<br />
1272 37 .<br />
9. Marquard v. Entringen, Domherr zu Straßburg 1277<br />
bis 1296 38 . £ ,; ger stammte vielleicht, Marquard ziemlich<br />
sicher aus der Familie von Hailfingen auf Entringen<br />
(Siehe III.)<br />
10. Adelheid von Entringen war die 18. Äbtissin des<br />
Klosters auf dem Odilienberg im Elsaß (Wandaufschrift<br />
daselbst).<br />
III.<br />
Hailfinger Herren „von Entringen"<br />
Zu dieser Familie, die als Wappen drei oder vier weiße<br />
Flankenspitzen in Rot führte, ist die Oberamtsbeschreibung<br />
Rottenburg II. 1900, 172 ff. zu vergleichen. Wie sie<br />
in den Teilbesitz der Burg Entringen kam, ist unbekannt,<br />
vielleicht durch Heirat. Schon im Jahre 1244 erscheinen<br />
neben Craft von Hailfingen seine Verwandten, die Ritter<br />
Trutwin von Antringen und Peter von Antringen in einer<br />
Urkunde des Klosters Kirchberg betr. „Wilon" (Weiherhof<br />
bei Empfingen) 39 . Peter finden wir auch im J. 1258,<br />
dann 1259 mit einem Konrad von Entringen 40 . Dieser<br />
Konrad ist wohl mit dem unten zu nennenden Konrad<br />
von Hattstatt von 1267 gleichzusetzen. Vgl. IV. Im<br />
J. 1270 war ein Kraft von Entringen Leutpriester zu<br />
Güttingen, ein Heinrich v. E. ebenso in Reutlingen 41 . Am<br />
27. März 1271 findet sich ein Herr Friedrich von Entringen<br />
(also Ritter!) mit Herrn Johann von Schrankenfels<br />
(Elsaß) als Zeuge, als Werner d. J. von Hattstatt Güter<br />
an den Deutschorden schenkte 42 . Friedrich war vermutlich<br />
einer von Hattstatt. (Siehe unten.) Im J. 1273 wird Hein<br />
rieh von Entlegen als Chorherr in Sindelfingen und 1275<br />
bis 1292 als Propst daselbst aufgeführt. Im J. 1280 erscheint<br />
ein Hugo von Entringen (wohl ein Hailfinger) als<br />
Schwestersohn des Ritters Hugo von Wehrstein 43 . Ein<br />
Marquard v. E. (ohne Zweifel ein Hailfinger) hat im<br />
J. 1284 mit dem Grafen Friedrich von Zollern wegen der<br />
Burg Entringen gestritten. Nach der Konstruktion Ludwig<br />
Schm "1s wären die Grafen von Zollern m C den alten<br />
Freiherren von Entringen und Winzeln stammverwandt<br />
gewesen und schon lange vor 1284 Teilbesitzer von Entringen<br />
44 . Auch der 1294 vorkommende Mönch Berthold<br />
von Entringen und Peter v. E. 1296 waren vom Hailfiinger<br />
Stamm 45 .<br />
IV.<br />
Entringer Herren von Hattstatt und Schrankenfels (L.saß).<br />
Die Edelfreien von Hattstatt (15 km süd'' h von<br />
Colmar) führten im Schild ein Xförn'jes Andreaskreuz.<br />
Sie besaßen u. a. auch d Burg Schrankenfels und wohl<br />
auch Teile von unserem Entringen, das man vergebens im<br />
Elsaß und Lothringen suchte 46 . Merkwürdigerweise führte<br />
ein Johann von Schrankenfels 1261 (1276 war er R,chter<br />
zu Schlettstadt) das Wappen der alten Elitringer, den<br />
Schrägrechts'baiken mi t drei Ringen belegt. Ebenso Dietrich,<br />
ein Edelknecht 1312-1315, und Werniin von Schrankenfels<br />
1345 bis 1361 (Söhne eines Ritters Johann v.<br />
Scnrankenfeis), ebenso Cläui'n v. Sehr. 1373 47 . Hier sei an<br />
die oben mitgeteilte Nachricht vom 27. März 1271 erinnert,<br />
wonach die Ritter Friedrich von Entringen und<br />
59
Johann von Schrankenfels für Werner von Hattstatt<br />
zeugten.<br />
Nach dem Oberbadischen Geschlechterbuch 48 nannte sich<br />
Werner von Hattstatt (mit dem Andreaskreuz-Wappen)<br />
1262 bis 1269 „von Entringen". Seine erste Frau (vermutlich<br />
eine Entringerin) starb 1262. Zwei Jahre darauf<br />
heiratete er eine Elisabeth. Sein Bruder Friedrich von Entringen<br />
wird 1271 erwähnt. Als beider Vater gibt Knobloch<br />
einen 1267 genannten Konrad von Hattstatt an, der<br />
1259 Konrad von Entringen heißt. (Siehe oben bei III.)<br />
Hat er etwa nach Entringen geheiratet? Werners dre- Kinder<br />
hießen nach der gleichen Quelle: Lukardis v. E. 1254,<br />
Schwester des Hauses St. Johann zu Colmar, Ritter Conrad<br />
von Entringen 1262-1267, und Friedrich von Entringen<br />
1263, wohl der oben genannte Ritter dieses Namens<br />
zum Jahr 1271.<br />
V.<br />
Abstammung der Freien von Entringen<br />
Nach der Notitia tundationis (Gründungsbei ht) des<br />
Klosters St. Georgen Nr. 41 12 wurden vom Stifter Hezelo<br />
des Klosters i l Jahre 1083 die Überreste folgender verstorbener<br />
Verwandten aus der Georgskirche zu (Königseck-)<br />
Wald nach St Georgen im Schwarzwald überführt:<br />
Hezelos Gattin Bertha, Irmengard patruelis (Vaterschwester),<br />
Adelbert patruus (Vatersbruder), Landolt als Bruder<br />
Hezelos; Ulrich and Adela als Hezelos Eltern, Landolt<br />
und Gisela: Großeltern Hezelos väte^ icherseits, Landolt<br />
und Bertha als Urgroßeltern Hezelos väterlicherseits.<br />
Mone brachte 49 aus späteren Quellen St. Georgens dazu<br />
folgende Daten: Landolt der älteste 970. Er wurde 992<br />
Vogt der Abtei Reichenau und erbaute die Georgskirche<br />
in „Wald", starb dann im J. 1000. Vogt wi d sein Sohn<br />
Landolt II., der 1024 starb, worauf ihm als Vogt der Graf<br />
Mangold (von Altshausen) folgte. Im Jahre 1030 erlangte<br />
Landolts II. Sohn Ulrich das Vogtamt über Reichenau,<br />
Seine Gattin war Gisela. Er starb im J. 1050 und<br />
wurde wie sein Vater und Großvater in der Kapelle zu<br />
Wald beigesetzt. Hezelo CUlrichs und Adeies Sohn) wird<br />
Vogt und kündigt dem simonieverdächtigen Abt Rupert<br />
im J. 1071 an, der dürfe d:' Güter des Kiosters R» :henau<br />
nicht betreten. Hezelo starb im J. 1088, auch Ezil de Egga<br />
genannt.<br />
Wie wir oben unter II. sahen, wurden im Jahre 1084 die<br />
Edlen Landolt und Adeibert von Antringen als nächste<br />
Verwandte und Erben Hezelos bezeichnet. Vielleicht waren<br />
s • Brüder. Man möchte sie als Söhne von Hezelos<br />
patruus also obigen Adeibert (des Bruders Ulrichs) ansehen,<br />
dessen Leiche nach St. Georgen überführt wurde.<br />
Dann wären ihre Eltern Landolt II. (f 1024) und Gisela,<br />
ihre Großeltern Landolt I. (970-1000) und Bertha gewesen.<br />
Als Landolts I. Vater nennen manche Forscher 50<br />
einen Lanzelin (Landolt), der 991 ais Graf von Altenburg<br />
starb und ais Stammvater der Habsburger und Vielleicht<br />
auch der Zähringer gelten kann. Als dessen Vater vermuten<br />
manche den Grafen Guntram den Reichen.<br />
Schluß<br />
Der Freie Eberhard von Ringingen (1277-1279) stammt<br />
von den freien Herren von Entringen ab, deren Wappen<br />
Notgeld aus Hohenzollern<br />
Etwas, das es seit 1926 in ganz Deutschland nicht mehr<br />
gegeben hat, brachte der Hohenzollerische Münzverein in<br />
Sigmaringen zuwege. Er veranstaltete im Oktober mit<br />
seinem dritten Tauschtag eine Ausstellung von Kriegsund<br />
Notgeld aus den Jahren 1918 bis Ende 1923. Dabei<br />
kam Hohenzollern unter den aus der ganzen Bundes-<br />
60<br />
er führte. Er dürfte identisch sein mit dem gleichnamigen<br />
Adeligen einer nur in schlechter Übersetzung erhaltenen<br />
Urkunde von 1292. Die Freien von Entringen mit den<br />
drei Ringen auf einem Schrägbalken im Wappen gehen<br />
auf die Familie des hochadeligen Klosterstifters Hezelo<br />
von (Königs-)eck zurück und diese auf die Landolde, von<br />
denen sowohl die Grafen von Habsburg, als auch die Herzöge<br />
von Zähringen hergeleitet werden. Die Edlen Landolt<br />
und Adelbert von Antringen waren wohl (um 1070)<br />
die Erbauer von Hohenentringen und sind vermutlich in<br />
der St. Michaelskirche des Dorfes in einem Steinplattengrab<br />
der Mittelachse t gesetzt worden, wo die Skelette<br />
bei Grabungen 1968 von Dr. Krins gefunden wurden.<br />
Die später nachgewiesene Ganerbenburg Hohenenfingen<br />
51 war schon im 13. Jahrhundert unter die Herren von<br />
Entringen, Hailfingen, Hattstatt (bzw. Schrankenfels)<br />
and 1284 auch Zollern geteilt, wobei die Einzelheiten freilich<br />
im Dunkel der Vergangenheit verschwinden.<br />
Grenzstein auf der Markungsgrenze zwischen Hausen an der Lauche",<br />
Hörschwag und Trochtelfingen. Links das Zollerwappen, rechts das<br />
Hifthorn der Grafschaft Urach. Auf der Rückseite das Wappen der<br />
Grafen von Werdenberg (Trochtelfingen).<br />
Anmerkungen:<br />
1 Zeitschrift f. Geschichte des Oberrheins 1888. Über<br />
die Burg Ringingen: Hohz. Heimat 1967, 44; 1961, 6 und 23; Blätt.<br />
d. Sei: ,b. Albvereins 1930, 205 f. 2 Zeitschr. Oberrhein 1877, 47.<br />
3<br />
Zweite Burg bei Ringingen: Hohz. JHefl 1954, 106. * WUB 7, 342;<br />
Hohz. JHert 1954, 106. E WUB 8, 3. 6 Zeitschr. Oberrh. 3, 336; WUB<br />
8, 150. 7 WUB 0, 559; Monum. Hohenbg. Nr. 100. Ein zweites<br />
Exemplar findet sich im Weitinger Kopialbuch (Fürstl. hohz. Arch.<br />
Sigmaringen R 75, Ka 37, 17, 13) mit Datum III Nonas Febr:<br />
11. Februar. 8 Die Kiverli gehörten zur Familie derer von Lichtenstein<br />
bei Neufra. 0 WUB 11, 174. 10 Monum. Hohenbg. Nr. 247; OA<br />
Beschr. Rottenbg. 1900, II, 134 f. Der Zeitpunkt des Hausverkaufs ist<br />
nicht bekannt. Eberhard wird in der rauheren Jahreszeit von der Alb<br />
herunter ins mildere Rottenburg gezogen sein. 11 WUB 1, 279. Der<br />
Inhalt der Urkunde wird nicht mehr verdächtigt! 12 Notita fundationis<br />
von St. Georgen: Mone, Zeitschr. Oberrhein 9, 1858, 207,<br />
Nr. 45. 13 Notita Nr. 18. 14 Notita Nr. 46: H. J. Wollasch, Die Anfänge<br />
des Kl. St. Georgen, Frbg. 1964, 88. 15 Schneider, Codex<br />
Hirsaug 1887, S. 39. 16 Lud. Schmid, Pfalzgiafen v. Tübingen S. 8)<br />
Zur Datierung Ist der erst um 1167 mögliche Graf Berthold von<br />
Neifen-Achalr wichtig. " WUB 2, 272; Schmid, Pfalzgr. UB S. 7.<br />
18<br />
WUB 3, 289. « WUB 3, 443: Schmid, Pfalzgr. 138. Es steht nur<br />
da: „miles Eberhard de E", wird aber als Entringen gedeutet, obwohl<br />
damals Antringen üblich war. 2 » WUB 3, 328. 21 WUB 4, 86. Zeitschr.<br />
Oberrh. 3, 127; Mon. Hohenbg, Nr. 31. 22 WUB 5, 284. 23 WUB 5,<br />
284; Zeitschr. Oberrh. 1, 245. - 1 WUB 6, 413; Mon. Hohenbg. Nr. 53.<br />
25<br />
WUB 2, 253; F. X. Remiing, Gesch. d. Bisch, v. Speier, 1852, mit<br />
UB. 2 ® Schöpflin, Alsat. dipl. I, 304; Remiing I und II. 27 Remiing<br />
a. a. O. 28 Gudenus Sylloge 187. 29 Straßburger UB I, 199, 214, 400.<br />
30 31 32<br />
WUB 11, 483. Remiing I, 3 29, 451-461. Zeitschr. Oberrh. 4,<br />
224 . 33 Remiing I, 191, 262 34 Remiing I, 252. 35 WUB 5, 214, 309<br />
30 37 38<br />
Remiing I, 292, 3 37. Remiing I, 282 etc. Zeitschr,, Oberrh. 8,<br />
176. f WU3 4, 67. 40 WUB 6, »51. 41 Diöz.Arch. von Schwaben 13,<br />
76. 42 Th. Walter, Urk. d. Stadt Rufach 1908, 38. 43 WUB 8, 198<br />
44<br />
L. Schmid, Älteste Gesch. a Hohenzollern I, 214, 242,, Derselbe,<br />
Der Hl Meinrad 1874, 66; Mitteilungen Hohenzoll , 30, 176. 45 Zeit -<br />
schrift Oberrh. 5, 249; OA Beschr. Rouenbg. II, 172 4 « K. v. Knobioch,<br />
Alter Adel i. Oberelsaß, 18 8 2, 35-36 , 47 ebenda 63. 48 Knobl.<br />
Oberbad. Geschlechterbuch I, 547. 49 Zeitschr Oberrh. 9, 205, 50 F.d.<br />
Heyck, Gesch. d. Herzöge von Zähringen 1891, 566; Geneal. Handbuch<br />
z. Schweizer Gesch. 1900, 1, 14; P. Kläu,, Argovia 72, 1960, 26;<br />
Wollasch, Anrange von St. Georgen S. 88 und 20; Decker-Hauff,<br />
Zeitschr. f. württ. Landesgesch. 1952, 66; una Note 44, oben. S1 Siegt".<br />
Krezdorn, Hohenentringen im Schönbuch u. s. Vergangenheit (Biberacher<br />
Verlagsdruckerei) 1971, 28. Seiten.<br />
republik und aus Berlin zusammengetragenen Leihgaben<br />
auf einen beachtenswerten Platz. Die Älteren erinnern<br />
Sich noch daran, daß üie Städte des Ländchens Notgeld<br />
druckten und daß auch der Kommunalverband solches<br />
Geld herausgab. Unterzeichnet wurde es von Carl Vogel,<br />
Monsignore, damals Vorsitzender des Landesausschusses.<br />
In seinem neuen Buch „Der Landeskommunalverband der
Hohenzollerischen Lande", auf das an anderer Stelle dieses<br />
Heftes näher einzugehen iot, schreibt Josef Mühlebach<br />
zu dem Thema „Die <strong>Ausgabe</strong> von Notgeld . . . besonders<br />
im Raum Hechingen dringend verlangt, erfolgte in zwei<br />
Serien. In der ersten Serie wurden ausgegeben 1918/19<br />
6000 Stück 10-Mark-Scheine, 6500 Stück 20-Mark-<br />
Scheine, 9200 Stück 50-Mark-Scheine. Die zweite Serie<br />
- 1923 - umfaßte die <strong>Ausgabe</strong> von Gioßgeldscheinen zu<br />
50, 100 und 500 Millionen Mark, zu einer, 10, 20 und<br />
100 Milliarden Mark. Im ganzen belief :h die <strong>Ausgabe</strong>n-Serie<br />
1923 auf 500 Billionen Mark. Das Notgeld<br />
wurde nur im honenzoiler.„ :nen LandesbereiJn in Umlauf<br />
gebracht." - Es gibt auf diesem Geld u. a. ein Stadtbild<br />
von Haigerioch und die Allegorie auf Hohenzollern, die<br />
als Glasb_' 1 den Treppenaufgang im Landeshaus schmückt.<br />
Auf dem S gmaringer Geld zeigte sich Galgenhumor. Der<br />
heute noch lebende Karl Staudinger verfaßte zu einem<br />
B ' J des Bräuteins auf einer Seite der Ein-Mark-Scheine<br />
ein schwäbi-ches Gedicht, auf dem er darstellt, daß dieser<br />
WALTHER FRICK<br />
Fastnachtsbrauch in miserablen Ze nach dem Dreißigjährigen<br />
Krieg entstanden sein soll, als „koine meh Muet<br />
hat zom Heirate ghett". Aber heute sei es noch viel<br />
schlimmer als damals. Dieses heute bezog sich auf die<br />
Kriegs- und Nachkriegszeit.<br />
Die Ausstellung Kam zustande durch den Sigmaringer<br />
Friseurmeister Heinz Gauggel, der in wenigen Jahren zu<br />
einem bedeutenden Heimatforscher und zu einem Sammler<br />
von Zollerana aufgestiegen ist. Sein Spezialgebiet sind<br />
Münzen, Medaillen und Orden. Er dürfte heute die bedeutendste<br />
Sammlung dieser Art haben, die uis zur<br />
Hutagraffe und Damenbrosche mit dem Zollerwappen<br />
reicht und bis zu einer Taschenuhr mit dem L ld eines<br />
hohenzolleiischen Fürsten auf dem Zifferblatt. Außerdem<br />
hat Herr Gauggel in seinen Geschäftsräumen alte Stiche<br />
aus Hohenzollern und eine Folge von Fotos aufgehängt,<br />
die den Brand und den Wiederaufbau des Sigmaringer<br />
Schloßes z-w ischen 1893 und 1910 festhält. Das darf man<br />
wohl lebendige Heimatpflege nennen! Frick<br />
J. Mühlebachs neues Buch : „Der Landeskommunalverband der Hohenzollerischen Lande"<br />
Dies ist mehr als eine Buchbesprechung, es ist das Hinweisen<br />
und das Lob auf eine Abschiedsgabe, n c der Josef<br />
Mühlebach und der Kommunalverband Hohenzollern von<br />
der politischen Bühne entlassen. Mir scheint, ich darf den<br />
Autor und den Verband in dieser Reihenfolge nennen,<br />
Mühlebach zuerst. N-cht, weil er selber in seiner nahezu<br />
fünfzigjährigen Zugehörigkeit zur Kommunalverwaltung<br />
sich nie vordrängte, obwohl er jahrzehntelang ihr leitender<br />
Beamter war, sondern weil er das Buch geschrieben<br />
hat. Der Kommunalverband hat seine Herausgabe als<br />
Heft 10 in der Reihe der Arbe. f en zur Landeskunde Hohenzollerns<br />
finanziert. Es wäre aber in Verlegenheit gewesen<br />
um ein Abschiedsgeschenk, wenn Josef Mühlebach<br />
*'ch nicht an dieses Werk gesetzt hätte. In i mer Sendung<br />
des Süddeutschen Rundfunks nannte ich das Werk ein<br />
„würdiges Abschiedsgeschenk an Hohenzollern und an die<br />
Geschichtswissenschaft", und ich mi ' le, auch da nicht übertrieben<br />
zu haben. Hier liegt nämlich eine fertige Dokumentation<br />
vor, d.e l cht umfassender und vollständiger<br />
sei l könnte. Der Untertitel „geschichtliche Entwicklung,<br />
Rechtsgrundlagen und Aufgabengebiete" umreißt den Inhalt,<br />
gibt ihn aber keineswegs vollständig wieder. Denn<br />
darüber hinaus sind alle Namen aller Vorsitzender und<br />
mrer Stellvertreter, der Chefärzte des Landeskrankenhauses,<br />
der Landesbahn und der Landesbank aufgereiht,<br />
HERBERT BURKARTH<br />
Das Zisterzienserinnen-Kloster Wald, \on Dr. Maren Rehfuß<br />
(Ersch.enen in der Reihe der Arbeiten zur LandeskundeHohenzollerns Heft 9.)<br />
Die Arbeit, das muß vorausgeschickt werden, st keine<br />
„Geschichte des Klosters Wald", sondern beschränkt sich<br />
auf die Themen: Grundherrschaft, Gerichtsherrschaft und<br />
Verwaltung. Uber das Kloster Wald ist reiches Urkundenmaterial<br />
vorhanden, das hier erstmals völlig ausgeschöpft<br />
ist. Wald war kern Kloster, das durch besonderen Reichtum<br />
oder kulturelle Leistungen glänzte. Es war ein ganz<br />
„normales" Kloster. Die vorliegende Arbeit bietet son.it<br />
über das spezielle hinaus ein Modell für Aufbau und Verwaltung<br />
eines typischen oberschwäbischen Klosters.<br />
Es wird zunächst die Gründung beschrieben und der Zu-<br />
mit Lebens- und Amtszeit-Daten. Es fehlen nicht Einzelheiten<br />
wie die Höhe der Haushalte in verschiedenen Jahren<br />
oder c e Kosten besonders umfangreicher Straßenbauten.<br />
Bevölkerungsentwicklung, die Ausleihzahlen der<br />
Bank, die einzelnen Wahlperioden, ja alle Mitg. eder des<br />
Kommunallandtags sind aufgezählt. Man erfährt auch<br />
ganz verschollene Dinge, so, daß es °inmal sogar einen<br />
kommunistischen Abgeordneten im Landeshaus gab, oder<br />
daß nach dem ersten Weltkrieg Fürst Wilhelm nicht weniger<br />
als zwei Millionen Mark für die Kriegsopfer spendete.<br />
Sie ging zwar zweimal kaputt, aber selbst heute noch besteht<br />
sie mit ein paar tausend Mark.<br />
Man kann einwenden: Der Autor saß ja an der Quelle,<br />
ihm stehen alle Akten zur Verfügung, abgesehen von seiner<br />
eigenen Erinnerung. Gewiß, aber damit wäre die<br />
Kärrnerarbeit des Auswählens, Darstellens, Zusammenfügens<br />
und die Sorge um die Vollständigkeit noch nicht<br />
getan und noch nicht beschwichtigt. Erst unlängst hatten<br />
wir hier Gelegenheit, Mühlebachs Buch über se- e He.matgemeinde<br />
Hausen am Anoelsbach vorzustellen (deren<br />
Ehrenbürger er ist), und das er in der Flauptsache in den<br />
zwei Jahren seit seiner Pensionierung schrieb. Daneben<br />
hat er aber rechtzeitig auch dieses neue Buch fertiggestellt.<br />
Schon für soviel Fleiß - auch wenn die Bücher nicht gut<br />
wären — müßte man dem Heimatforscher danken.<br />
sammenhang mit der Reichsgeschichte aufgezeigt. Gründer<br />
des Klosters war Burkard von Weckenstein, dessen<br />
Burg auf Markung Storzingen stand. Er kaufte 1212 das<br />
Gut Wald, um dort -in Kloster für seine beiden Schwestern<br />
Judintha und Ita einzurichten. Beide gehörten dem<br />
Orden der Zisteniense innen an. Schon bei der Stiftung<br />
wirkte der Abt von Salem mit, dem in Zukunft das Kloster<br />
als Tochtergründung unterstand. Durch zahlri iche<br />
Stiftungen vergrößerte ich der Besitz des Klosters schnell.<br />
Da dieser erste Besitz recht zufällig gestreut war, folgte<br />
in einer zweiten Phase der Aufbau eines geschlossenen<br />
Herrschaftsgebietes durch Käufe und Verkäufe. 1501 bei<br />
61
Erstellung des ersten Urbars war dieser Vorgang abgeschlossen.<br />
In 42 Ortschaften hatte das Kloster Besitz.<br />
Das eigentliche Herrschaftsgebiet umfaßte 19 Orte zwischen<br />
der Ablach und dem Andelsbach. Für ein Kloster<br />
mit 18 Nonnen war das ein recht beachtlicher Besitz (Zum<br />
Vergleich: Das Benediktinerinnenkloster Mariaberg hatte<br />
neben dem Klostergut ein Dorf als Eigentum und nur in<br />
fünf benachbarten Orten nennenswerten Besitz. Im Kloster<br />
waren 14 Nonnen).<br />
Die Verwaltung des Besitzes richtet sich nach der Art der<br />
Eigentumsrechte. Die Eigenwirtschaft des Klosters, die<br />
aus den Gütern Wald, Burrau und einigen anderen Höfen<br />
bestand, wurde von Dienstboten umgetr ben. Der größte<br />
Teil des Be: zes bestand aus Lehenshöfen, die im Lauf der<br />
Zeit immer mehr von Erblehen in L blehen (Fallehen)<br />
umgewandelt wurden. 1501 waren es ca. 92 Höfe, zehn<br />
Gütlein und sieben Mühlen.<br />
Außerdem hatte das Kloster Pfleghöfe in Überlingen und<br />
Pfuliendorf und Weinberge am Bodensee. Die Verwaltung<br />
JOH. WANNENMACHER<br />
dieses Besitzes erfolgte durch Beamte und Bedienstete<br />
(Oberamtmann, Hofmeister, Pfistermeister, Baumeister,<br />
Bannwarte, Waldmeister usw.).<br />
Das schwierige Kapitel der Gerichtsbarkeit ist ausführlich<br />
dargestellt. Da der Besitz des Klosters ursprünglich aus<br />
ganz verschiedenen Herrschaften stammte, war es ein langer<br />
Weg bis zu einer einheitlichen Gerichtsbarkeit. Das<br />
Kloster war Inhaber der Niedergerichtsbarkeit, während<br />
die hohe Gerichtsbarkeit dem Inhaber der Grafschaft Sigmaringen<br />
zustand. Das führte im Lauf der Zeit immer<br />
wieder zu unerfreulichen Streitigkeiten. Neben den Ortsgerichten<br />
gab es n Kiostergebiet ein Ober- oder Hofgericht.<br />
Bei wichtigen Entscheidungen bildete die Äbtissin<br />
mit ihren Amtsfrauen und Beamten einen eigenen Gerichtshof.<br />
Eine kurze Inhaltsangabe wird der Fülle des Materials<br />
nicht gerecht. Es gibt bisher keinen Teil Hohenzollerns,<br />
dessen Rechts- und Wirtschaflsgesc ; chte so eingehend und<br />
vollständig dargestellt ist. B.<br />
Die heimische Mundart verliert immer mehr altes Sprachgut<br />
Wenn da und dort Vereine zur Pflege der Mundart gegründet<br />
werden, so ist das ein löbliches Tun, das von<br />
einem erfreulichen Verständnis für die Erhaltung alter<br />
Volkswerte zeugt. Die Itl :fgreifenden Veränderungen in<br />
der Struktur der ländlichen Bevölkerung, die das technische<br />
Zeitalter mit sich gebracht hat, greifen auch an die<br />
Ursubstanz der Mundart. Der Kenner merkt, wie mit<br />
dem Verschwinden ehemaliger Arbeiten, Werkzeuge, Sitten<br />
und Gebräuche auch alte urwüchsige Worte, Sprichwörter<br />
und Redensarten immer mehr in Abgang kommen.<br />
Hatte man beispielsweise in Rangendingen irgend jemand<br />
etwas geliehen und der Betreffende gab es allzulange nicht<br />
mehr zurück, so mußte man es „oascha" (anmahnen).<br />
Früher gab es am Orte auch keinen Hausgang - sondern<br />
eine „Hausöhre". Die Stube wurde mcht gekehrt, sondern<br />
„gfurbet". Der Hausgarten, Krautländer oder auch<br />
schwer zu pflügende Grundstücke wurden im Herbst<br />
„gschoaret" (umgegraben) mit der „Schoarschaufel". Am<br />
alten Holzpflug hieß das Verbindungsstück, an dem der<br />
„Waages" (Pflugschaufel) angebracht und das mit dem<br />
Pflugkarren verbunden war - „dr Grendel". Machte man<br />
beim Pflügen eine kleine Verschnaufpause, so setzte sich<br />
der Bauer mit dem Viehtreiber auf den Grendel, rauchte<br />
eine Pfeife und ließ das Vieh ein wenig „daiben" (wiederkäuen).<br />
Wahrhaftig allemal ein gemütvolles Bild, die<br />
Dreih^ t Natur, Mensch und Vieh eng miteinander verbunden<br />
!<br />
Die Erbsen steckten in der Mundart nicht in Hülsen, sondern<br />
in „Scheafa", die die Kinder gerne abpflückten und<br />
aßen. Das Heu mußte „raisch", gut sonnengetrocknet sein,<br />
bevor man es heimholte. Unc wenn ein Mädchen oder<br />
eine Frau überdurchschnittlich lebendig und lustig waren,<br />
so hieß es im Volksmund: „Dös ischt no a Raische"! Eine<br />
Heftnadel oder eine kleine Brosche am Halskragen nannte<br />
man einst eine „Kluve". Eine schwierig zu behandelnde<br />
Person ist ein „Waidag", in gesteigerter Form „a waidageter<br />
Waidag" oder ein „wüatiger Koog". Kinder spielen<br />
gerne auf der Wiese und „schurabuzlet" - machen Kopfstand<br />
und überschlagen s ch.<br />
Wenn zwei miteinander e i Schwätzle machen, und die<br />
Zeit dann drängt, so kann man die Wendung hören:<br />
„Jetzt muaß : aber gau gau", d. h. allmählich gehen. Und<br />
zwei Frau stritten sich einmal wegen ihrer Kinder. Da<br />
hatte die eine das Gezeter satt und brach den Streit kur-<br />
62<br />
zerhand ab mit dem bekannten Zitat des Götz von Berlichingen:<br />
„Leck mi . . . etc.". „Schlagfertig entgegnete die<br />
andere: „Ja um da mei rom ischt au koa Zau(n)".<br />
Viel Lebenserfahrung steckt in folgenden Redensarten:<br />
„'S iot (läßt) älles vom a loa (allein) no" - mit langem<br />
offenen c (nach). Nach dieser odei ^ener Krankhe>r, die<br />
zwar überstanden ist, deren Folgen aber noch nach i'"ken,<br />
hört man teilnehmend: „Dös goht einem no lang no".<br />
Widerfährt einem etwas Herbes und Schweres, so heißt es:<br />
„Seil ischt no seliig" herb, bitter. Wurde einer durch<br />
seinen ständigen Unfug allmählich lästig, dann bedeutete<br />
mar ihm ernstlich- „So jetzt geischt (gibst) no no - oder<br />
's klepft". Die Silbe „no" erscheint in verschiedenem Sinn<br />
wie: nach, dann, aber. Man muß nicht an älles „na boosa",<br />
oder anders ausgedrückt: „Ma muaß it no älla Mucka<br />
schnappa". Ein „Sprätle" Salz st gerade soviel, wie man<br />
mit der Spitze von Daumen und Zeigefinger fassen kann.<br />
„Viel Hai (Heu), viel Waih!" lautet eine alte Wetterregel,<br />
denn ein nasser Vorsommer läßt wohl viel Gras wachsen,<br />
dagegen ist allzu große Nässe für das GetreiC e und andere<br />
Feldfrüchte schädlich. „Bartholem^i — leg 's öhmd<br />
ufs Hai", hieß es früher bei den Bauern. Der Bartholomäustag<br />
'st am 24. August. Bis dahin sollte man mit der<br />
Getreideernte nahezu fertig sein, damit man das Öhmd<br />
noch rechtzeitig in c.'e Schneune bringen konnte.<br />
Und eine vielgebrauchte Redewendung lautete: „Dem will<br />
i scho no zeiga, wo dr Barthle da Moscht hollet*, d. h.,<br />
wie er sich zu verhalten hat. Bei Schiffbruch oder Ertrinken<br />
hieß es teilnehmend: „Jo, 's Wasser hot halt könne<br />
(keine) Balka"! Über die Knüpfung und den Erfolg von<br />
Beziehungen aller Art dachte man so: „Schnuera und<br />
Saiba hilft ällethaiba, hilfls it bein Herra - no bein<br />
Karra"!<br />
Manches von dem oben angeführten Sprachgut ist so ziemlich<br />
verschwunden, anderes wird nur noch spärlich gebraucht.<br />
Das bedeutet zweifelsohne eine Verarmung der<br />
Mundart und auch einen gewissen Verlust von Seeienwerten.<br />
Die Sprache ist ja der untrügliche Spiegel der<br />
Seele. Der Schwabe, bekannt als Grübler und Sinnierer,<br />
hat oft in einen Urlaut, eine Silbe oder Redensart soviel<br />
eigenes Wesen, Lebensweisheit und Gemüt hineingelegt,<br />
wie es mit vielen Wörtern und Sätzen im Hochdeutschen<br />
kaum zu beschreiben ist.
HANS GRUBMILLER<br />
Die Flurnamen der Gemarkung Burladingen<br />
Erst in den zwanziger Jahren begann die amtliche Flurnamenforschung<br />
in Württemberg. Aus dieser Zeit stammt<br />
eine umfassende Anweisung für die Flurnamensammlung,<br />
die 1954 ein Zusatzblatt erhalten hat. Darin heißt es:<br />
„Von den Markungen auf dem bisher württembergischen<br />
und hohenzollerischen Boden, für den das Flurnamenarchiv<br />
in Stuttgart allein zuständi& st, sind noch Hunderte<br />
unbearbeitet. Die möglichst umfassende, rasche Fortführung<br />
der Sammlung ist eine dringende heimatkundliche<br />
und wissenschaftliche Aufgabe."<br />
Damit ist eigentlich die allererste und notwendigste Stufe<br />
für "ine gründliche Flurnamenforschung bezeichnet. Es ist<br />
noch gar nicht von Deutung die Rede, obwohl diese natürlich<br />
schon mit ins Auge gefaßt und in die Sammeltätigkeit<br />
einbezogen wird.<br />
Mit dieser Stufe des Sammeins muß sich der Laie begnügen.<br />
Auch der Lehrer kann die wissenschaftliche Arbeit<br />
nicht leisten, sondern muß sich auf den Volkskundler,<br />
Sprachwissenschaftler und Historiker verlassen. Deren<br />
Ergebnisse kann er allerdings verwerten und für seinen<br />
Unterricht fruchtbar machen.<br />
In diesem Zusammenhang sei auf folgende Literatur hingewiesen:<br />
Buck, Michael, Oberdeutsches Flurnamenbuch, Bayreuth<br />
1931<br />
Fischer, Hermann, Schwäbisches Wörterbuch Band I-VI,<br />
1 u. 2, Tübingen 1904<br />
Flurnamenbuch, Herausgeg. vom Landesvermessungsamt<br />
Baden-Württemberg, Stuttgart 1958<br />
Keinath, Walter, Orts- und Flurnamen in Württemberg,<br />
Stuttgart 1951<br />
Schnudt-Ebhausen, Fr. Heinz, Flurnamen und ihre Bedeutung<br />
für den heimatkundlichen Unterricht, in:<br />
Zeitnahe Schularbeit, 19. Jahrgang, 1966, Maiheft<br />
Schmidt-Ebhausen, Fr. Heinz, Forschungen zur Volkskunde<br />
im Deutschen Südwesten, Stuttgart 1963<br />
Wo finden sich Burladinger Flurnamen f<br />
Die amtlichen Anweisungen raten dazu, bp. Beginn der<br />
SammeltL gkeit unbedingt von den amtlichen Flurkarten<br />
auszugehen. Von der Gemarkung Burladingen wurden in<br />
den Jahren 1847—1863 von verschiedenen Geometern<br />
solche Flurkarten im Maßstab 1:2500 angelegt, die 1901<br />
ergänzt und berichtigt wurden. Diese erste <strong>Ausgabe</strong> wurde<br />
in den Jahren 1948 und 1962 dem neuesten Stand angepaßt.<br />
Als zweiten Schilt empfehlen die amtLchen Stellen, sich<br />
schrittweise in die Vergangenheit zurückzuarbeiten. So<br />
finden sich alte, dem Ursprung nahe Formen in den<br />
Urbaren, Urkunden, alten Karten, Flurbeschreibungen,<br />
Ortsbeschreibungen, Grenzbeschreibungen, Fleckenbüchern,<br />
Lagerbüchern, Flurbereinigungsprotokollen und Kaufverträgen.<br />
Im Sommer 1935 hat Herr Johann Adam Kraus, als damaliger<br />
Vikar von Burladingen, eine Aufstellung der im<br />
Gemeindearchiv vorhandenen Aktenstucke angefertigt,<br />
die 27 Nummern umfaßt.<br />
Daneben kann mit dem Auftauchen von Flurnamen in<br />
alten Urkunden und Archivalien gerechnet werden, die in<br />
anderem Zusammenhang in der Literatur ersehenen. Dazu<br />
gehören die vielen Hinweise aus Abhandlungen von<br />
Kraus, der immer wieder besondere Archivalien aus den<br />
verschiedenen Archiven durcharbeitet und Ergebnisse daraus<br />
in der Heimatliteratur mitteilt.<br />
Schließlich sind die heute noch im Volksmund lebendigen<br />
Flurnamen zu erheben. Das ist eine ganz wichtige mündliche<br />
Quelle, die noch auszuschöpfen ist, bevor sie endgültig<br />
versiegt. Man wird mit Speidel (Burladinger Heimatbuch,<br />
S. 40) sagen können, mit jedem alten Mitbürger,<br />
der stirbt, sinken auch solche Namen vielleicht für immer<br />
ins Grab.<br />
(Fußnote zum Burladinger Heimatbuch: Das 1958 erschienene<br />
Burlad iger Heimatbuch darf allen Heimatfreunden<br />
der näheren und weiteren Umgebung empfohlen<br />
werden. Es enthält u. a. Abhandlungen über Lagej Gemarkung<br />
und Geschichte des Dorfes.)<br />
Wie entstanden Flurnamen?<br />
Der Mensch hat die Möglichkeit und das Bedürfnis, seinem<br />
Mitmenschen einen Namen zu geben. Aber -w' er den<br />
Menschen benennt, so benennt er auch die Tiere und versieht<br />
seine Umgebung, seine "-'ledluiig und Feld und Wald<br />
und viele einzelne örtlichkeiten darin mit Namen. So<br />
haben ir die Siedlungsnamen oder Ortsnamen und die<br />
Flurnamen im weitesten Sinne.<br />
In bewohnten Gegenden gab es sicher von Anfang an<br />
Flurnamen. Äcker, Wiesen, Waldteile, 3erge, Täler,<br />
Grenzpunkte, Bäche wurden benannt, wenn eine neue<br />
Siedlung entstanden war. Jäger und Fischer werden sogar<br />
in Gegenden, die sie vor der Besiedlung aufsuchten, einzelne<br />
markante Punkte mit kennzeichnenden Namen versehen<br />
haben. Sicher sind aber auch im Laufe der Zeit<br />
schon gebräuchliche Namen verschwunden und neue aufgebracht<br />
worden.<br />
Flurnamen sind also ] igennamen von örtlichkeiten außerhalb<br />
der Siedlungen, also von Äckern, Wiesen, Wäldern,<br />
Wegen, Brunnen, Gewässern, Kreuzen, Erhebungen und<br />
Tälern.<br />
Die Burladinger Flurnamen - Versuch einer Einteilung<br />
nach verschiedenen Gesichtspunkten.<br />
Die einzelnen Gruppen erheben keinen Anspruch auf<br />
Vollständigkeit. Als Unterstützung für schwach vertretene<br />
Gruppen werden einige Beispiele aus der näheren<br />
und we'.eren Heimat angeführt.<br />
Zunächst lassen sich die Flurnamer n zwe Hauptgruppen<br />
einteilen, in die sogenannten Naturnamen und Kulturnamen.<br />
Zunächst die Naturnamen unter den Burladinger Flurnamen.<br />
Mit den Naturnamen meint man die Gruppe von<br />
Flurnamen, d^ eine Kennzeichnung der natürlichen Landschaft<br />
in ihren mannigfaltigen Formen und Gliederungen<br />
darstellen. Eine besondere Eigenschaft der bezeichneten<br />
Flur wurde im Namen herausgestellt und als „Eigenname"<br />
des jeweiligen Stückes verfestigt. Als Eigenname überdauerte<br />
ein solcher Name oft die Wechsel und Veränderungen<br />
der betreffenden Flur.<br />
Auf Burladinger Gemarkung gibt es Täler, wenn auch<br />
manchmal nicht im strengen Sinne. So gibt es auf der<br />
Hohe über dem Fehlatal eine Flur, uie schlechthin „Im<br />
Tal" he'ßt und nur eine kleine Mulde ist. Namen wie<br />
Langtal, Wiesental, Tiefental, weisen ebenfalls auf ihre<br />
Beschaffenheit hin, während die Fluren Vogeltäle, Hamestal,<br />
Eioental, Guldental, Annental, Pflaumental, Horntal<br />
nach einem anderen unterscheidenden Merkmal benannt<br />
sind.<br />
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Kleinere Vertiefungen sind c e Dellen (Döllen), der Teich<br />
(Im Teich, Kurbatlesteich, Simons Teich, Gab: den Teich,<br />
Thomeles Teich, Schleicherstelch), die Grube (Lauengrub,<br />
Lausgrub, Steingrub, Judengrub) und das Loch (Brisenloch,<br />
Bettelmannsloch). Enge der Täler wird durch Enge<br />
(An der Engen, Engenstein) hervorgehoben.<br />
Massivere Bergbildungen auf Burladinger Gemarkung<br />
sind der Mettenberg und der Weitenberg. Die Namen der<br />
anderen Erhebungen sind: Benesberg, l.. Disberg, Delisberg,<br />
Edelberg, Enzenberg, Füllesberg, Hasenbergle, Gogenberg,<br />
Herrenbergle, Wolfsberg, Riedersberg.<br />
Zur näheren Bezeichnung der Bergformen -w d vielfach<br />
der Vergleich mit dem menschlichen Kopf gewählt. Hierher<br />
gehören der Hohe Kopf, der Kohlkopf, das Pfarrs<br />
köpfle, das Urschwangerköpfle. Eine andere Bezeichnung<br />
für Berg ist Bühl. In den Fluren Scheibenbühl und Steinebühl<br />
haben wir dafür zwei Beispiele. Rain, Buckel, Wang<br />
sind Namen für weniger umfassende Geländeformationen.<br />
So finden wir auf Burladiriger Gemarkung den Wagrain,<br />
Schönen Rain, Hohen Rain, Katzwang, Wengen Stettener<br />
Wengen.<br />
Einem anatomischen Vergleich verdanken wohl der Hunsrücken<br />
und der Saurücken den Namen.<br />
Für den Geländeabfall bzw. Anstieg ist die häufigste Bezeichnung<br />
Halde. Bei einem ausgesprochenen Ost-West-<br />
Tal wie dem Fehlatal sind die Bezeichnungen Sommerhalde<br />
und Winterhalde naheliegend. Nach dem Baumbestand<br />
unterscheiden sich die Buchhalde, Eichhalde, das<br />
Lindenhäldele, die Eichlandhalde; nach einem Bezugspunkt<br />
die Mühlhalde, Ringinger Halde, Steighalde und<br />
Triebhalde.<br />
Stellen, wo das Wasser aus dem Boden i !el?t, heißen im<br />
allgemeinen Brunnen. Das hinfließende Wasser heißt meist<br />
Bach oder Ach. Für stehende Gewässer finden sich Weiher,<br />
Wag, Hülbe, Gumpen. Zu dieser Gruppe gehören: Azelbrunnen,<br />
Kreuzenbrunnen, Eibentalbrunnen, Gassenbrunnen,<br />
Roßbrunnen, Heiiergumpen, Bei der Hilb, Rauns,<br />
Kapellesbrunnen, Lindenbrunnen, Meßnerbrunnen, Bei<br />
der Brunnenstub, Weillerbrunnen, Wiesenbrunnen.<br />
Baumarten, Sträucher und Hecken gaben oft ihren Standorten<br />
aie Namen. Holz bezeichnet meistens einen kleinen<br />
Nutzwald. Hart ist der große Wald, der früher dem<br />
HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />
herausgegeDen vom Hohenzollerisdien <strong>Geschichtsverein</strong><br />
in Verbindung mit den Staatlichen<br />
Schulämtern Hechingen und Sigmaringen.<br />
Verlag: <strong>Hohenzollerischer</strong> Geschiditsverein<br />
748 Sigmaringen, Karlstraße 3. Druck: M. Liehners<br />
Hofbuchdruckerei KG, 748 Sigmaringen,<br />
Karlstraße 10.<br />
Die Zc' jsch__ft „Hohenzollerische Heimat a ist<br />
eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will besonders<br />
die Bevölkerung in Hohenzollern mit<br />
der Geschichte ihrer Heimat vertraut machen.<br />
Sie bringt neben fachhistorischen auch populär<br />
gehaltene Beiträge aus der Geschichte unseres<br />
Landes. Sie veröffentlicht bevorzugt Beitrage,<br />
die im Schulunterricht verwendet werden können.<br />
Bezugspreis: 2,00 DM halbjährlich<br />
Konten der „Hohenzollerisdien Heimat":<br />
802 507 Hohenz. Landesbank aigmaringen<br />
12363 Postscheckamt Stuttgart<br />
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Die Mitarbeiter dieser Nummer:<br />
Josef Muhlebach, Landesverwaltungsrat a. D.<br />
748 Sigmaringen, Leopoldstraße<br />
Helmut, Haller, Rektor<br />
7455 Jungingen, Sonnenhalde<br />
Johann Adam Kraus,<br />
Pfarrer und Erzb. Archivar i R.<br />
78 Freiburg-Littenweiler, Badstraße 2<br />
Johannes Wannenmacher, Schulrat a. D.<br />
7487 Gammertingen<br />
Dr. Herbert Burkarth, prakt. Arzt<br />
7487 Gammertingen<br />
Hans Grubmiller, Konrektor<br />
7453 Burladingen, Hechinger Straße 46<br />
Schriftleiter:<br />
Dr. med. Herbert Burkarth<br />
7487 Gammertingen, Eichertstraße<br />
Telefon 07574/329<br />
Weidebetrieb diente. Der Schopf ist eine bewaldete Bergkuppe,<br />
Forst meint einen nur dem Landesherrn, der freien<br />
Pirsch unzugänglichen Wald. Bezeichnungen w— Revier,<br />
Schlag, Kultur stammen aus dem Sprachgebrauch der<br />
Forstverwaltung.<br />
Auf der Burladinger Gemarkung finden wir: Im Holz,<br />
Laubholz, Tannenwald, Buchhalde, Eichhalde, Eichland,<br />
Moorholder, Pflaumental, Salenhau, In den Birken, An<br />
der hangenden Birke, Niederhardt, Schopfloch, Langbuch,<br />
Forst, Hölderle, Hoher Baum.<br />
Das bodenverbundene, bäuerliche Volk bezeichnet häufig<br />
Fluren nach den vorkommenden Blumen, Kräutern, Beeren<br />
und Fruchtarten. So findet man an anderen Orten<br />
Veilchenbühl, Bocksbartgraben, Rosengärtle, Gersti cker,<br />
Disteläcker. Unter den Burladinger Flurnamen findet sich<br />
der Name Blumenwiesen.<br />
Zahllos sind die Fluren, die nach T ^ren benannt sind. Auf<br />
Burladinger Gemarkung begegnen uns: Amsisen, Falken,<br />
Füllesberg, Gaiszeil, Hasenbergle, Katzensteigle, Katzwang,<br />
Wolfsberg, Vogeltäle, Gauch.<br />
Jetzt zu den Kulturnamen der Burladinger Flurnamen.<br />
Unter den Kulturnamen versteht man die Gruppe von<br />
Flurnamen, c 1 ' : durch den Menschen und sein Tun entstanden<br />
sind. Eine große Gruppe entspringt wirtschaftlichen<br />
Verhältnissen, der Zurichtung des Bodens und der Art<br />
der Nutzung.<br />
Die Urbarmachung des einst riesigen Waldgebietes geschah<br />
früher durch Abbrennen und wie heute noch durch<br />
Aushauen. Auf das Abbrennen verweisen die Flurnamen<br />
mit Sengen, Sang, Brand; auf die Urbarmachung durch<br />
Aushauen die Wörter Hau, Schlag, Reute. Ahn 1 "-he Bedeutung<br />
haben auch Schwende und Schwand. Bezeichnungen<br />
wie Stock, Storren, Stumpen, Stummel beziehen<br />
sich auf Stöcke und Stumpen, die nach dem Abbrennen<br />
oder Fällen eines Waldes zurückblieben. Das Aufreißen<br />
und Auflockern des Bodens heißt stürzen, schroten und<br />
falgen. Burladinger Flurnamen, die 1 srher gehören, heißen:<br />
Gabelhau, Gassenhäule, Zimmermannshäule, Thomeleshau,<br />
Kirchhau, Kohlhau, Nägeleshau, Salenhau,<br />
Raunshäule, Reute, Schrot, Schwandel, Stockäcker, Stockwiesen,<br />
Im Verbrennten.<br />
Redaktionsausschuß:<br />
(wird fortgesetzt)<br />
Hubert Deck, Konrektor<br />
745 Hechingen, Tübinger Straße 28<br />
Telefon 0/471/2937<br />
Walther Frick, Journalist<br />
748 Sigmaringen, Hohe Tannen<br />
T&efon 07571/8341<br />
D. • irrt Namen versehenen Artikel geben die<br />
persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />
diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge verantwortlich<br />
Mitteilungen der Schriftleitung<br />
sind als solche gekennzeichnet.<br />
Manuskripte und Besprechungsexemplare werden<br />
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erbeten.<br />
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Heimat" weiter zu empfehlen.