Ausgabe 1997 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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der Leibeigenschaft. Er suchte sein Glück in einem anderen<br />
Ort außerhalb des salemischen Herrschaftsbereiches. Die Gewährung<br />
dieser Bitte war vom Wohlwollen der Herrschaft abhängig<br />
und mit viel Aufwand verbunden. Als dann Abt Petrus<br />
von Salem, er war als Peter Müller ehemals Leiter der salemischen<br />
Pfleg Pfullendorf, am 16. Mai 1595 - vor nunmehr<br />
400 Jahren - seine Entscheidung getroffen hatte, ließ er, wie<br />
damals üblich, eine Manumissionsbrief genannte Urkunde<br />
ausfertigen. Zu dieser Zeit war Martins Mutter bereits tot. Die<br />
Niederschrift dieser Amtshandlung ist uns noch erhalten.<br />
Der zweite Hof gehörte zunächst zu den Pfarrpfründen<br />
Ostrachs als Widdum-Gut. Auf diesem beim Brunnen gelegenen<br />
Hof wirtschafteten Conrad Fenkher und Sima Hornstein.<br />
Inmitten des Dorfes lag am Brunnen der dritte Hof mit einer<br />
Scheuer und einem Baindt (einem eingefriedeten Grundstück)<br />
an der Buchgasse. Hier waren zu dieser Zeit Byl<br />
Schwelling und Hans Schwenli tätig.<br />
EDWIN ERNST WEBER<br />
Familiennamen<br />
Demokratischer Neubeginn in den Landkreisen vor 50 Jahren<br />
Wie in den übrigen Landkreisen in der südlichen Hälfte Baden-Württembergs<br />
konnte auch im Landkreis Sigmaringen<br />
der Kreistag Ende Oktober 1996 seinen 50. Geburtstag begehen.<br />
Am Dienstag, 29. Oktober 1946, traten im hohenzollerischen<br />
Sigmaringen, im württembergischen Saulgau und in<br />
den beiden badischen Kreisstädten Stockach und Überlingen<br />
die zwei Wochen zuvor, am 13. Oktober, gewählten Kreisversammlungen<br />
zu ihren konstituierenden Sitzungen zusammen.<br />
Nach einer Unterbrechung von mehr als 13 Jahren<br />
durch die nationalsozialistische Gewaltherrschaft und die<br />
französische Besatzung bestanden damit auch in den Landkreisen<br />
wieder demokratisch legitimierte Volksvertretungen.<br />
Zusammen mit den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen<br />
einen Monat zuvor in den Städten und Gemeinden<br />
markieren die Kreisversammlungswahlen den Beginn des<br />
demokratischen Wiederaufbaus in der französischen Besatzungszone.<br />
Der demokratische Neuanfang geht in der französischen<br />
wie auch der benachbarten amerikanischen Besatzungszone<br />
von »unten«, von der kommunalen Ebene aus und<br />
erreicht erst in einer nachfolgenden, zweiten Stufe mit den<br />
Landtagswahlen den staatlichen Bereich.<br />
Für die Bevölkerung zumindest der württembergischen Kreise<br />
stellte die unmittelbare Volkswahl der Kreisversammlungen<br />
im Oktober 1946 eine Neuheit dar. Die Mitglieder der<br />
württembergischen Amtsversammlungen vor 1933 waren<br />
durch die Gemeinderäte der der jeweiligen Amtskörperschaft<br />
angehörigen Kommunen bestimmt worden. In Baden war<br />
erst 1939 die für Württemberg von jeher typische und seit<br />
1873 auch in Hohenzollern praktizierte Verknüpfung der<br />
Selbstverwaltung mit dem Bezirk der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde<br />
eingeführt worden. Gänzlich unabhängig<br />
voneinander bestanden hier zuvor die rein staatlichen Bezirksämter<br />
und die kommunalen Großkreise, deren Kreisversamlungen<br />
seit 1919 unmittelbar durch das Volk gewählt<br />
worden waren. In den beiden preußisch-hohenzollerischen<br />
Kreisen Sigmaringen und Hechingen war 1925 die Wahl der<br />
Amtsversammlungs-Abgeordneten durch die Gemeindevertretungen<br />
von der direkten Volkswahl der Kreistage abgelöst<br />
worden. Alle diese Vertretungsgremien waren gleich im ersten<br />
Jahr der NS-Diktatur 1933 aufgelöst bzw. faktisch aus-<br />
26<br />
Auch Lehensträger beziehungsweise Bauern und Söldner der<br />
anderen Höfe sind uns aus verschiedenen Quellen überliefert,<br />
so daß wir einen Überblick haben über die meisten vor<br />
und nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) in Kalkreute,<br />
oft als Leibeigene ihrer Herren lebenden Familien.<br />
Durch die 1846 von Geometer Schwenk und »Publikationskommissär«<br />
F. Bauer neu erstellte Flächenmaßtabelle, die zugleich<br />
als Primärkataster für die Grundsteuer diente, gelang<br />
uns für diesen Zeitpunkt eine Zuordnung der Besitzer zu den<br />
entsprechenden Hof- beziehungsweise Gebäude-Nummern<br />
und ihre Lage.<br />
In den letzten 150 Jahren wechselte auf gar manchem Hof<br />
und manchem Einzelhaus mit dem neuen Besitzer auch der<br />
Familienname. Die Darstellung der einzelnen Häuserschicksale<br />
für diese Zeit würde über den Rahmen der heutigen Ausführungen<br />
hinausgehen.<br />
geschaltet worden und ihre Zuständigkeiten in Vollzug des<br />
Führerprinzips in der Folge vom jeweiligen Landrat in Abstimmung<br />
mit dem NSDAP-Kreisleiter wahrgenommen<br />
worden.<br />
Der demokratische Neubeginn in der französischen Besatzungszone<br />
im Herbst 1946 zeichnet sich in erster Linie durch<br />
seine Verspätung aus. Vorreiter bei der Redemokratisierung<br />
des geschlagenen Deutschland waren die Amerikaner, in deren<br />
Besatzungsgebiet in Nordwürttemberg-Nordbaden bereits<br />
im Januar 1946 die ersten Gemeinderatswahlen und Ende<br />
April sodann auch Kreistagswahlen abgehalten worden<br />
waren. Vom amerikanischen Besatzungsbereich gingen neben<br />
dem zeitlichen Anstoß vor allem aber die entscheidenden<br />
inhaltlichen Impulse für die Fortentwicklung des Kreisverfassungsrechts<br />
im deutschen Südwesten aus. Die im März<br />
1946 in Württemberg-Baden erlassene Kreisordnung brachte<br />
eine vollständige Kommunalisierung der Landratsämter<br />
mit der Volkswahl der Kreistage, der Umfunktionierung des<br />
bisher staatlichen Landrats zum kommunalen Zeitbeamten,<br />
dessen Wahl durch den Kreistag ohne jegliche staatliche Mitwirkung<br />
erfolgt, und nicht zuletzt der Umgestaltung der<br />
Landratsämter zu reinen Kreisbehörden, die neben ihren eigenen<br />
Angelegenheiten die Aufgaben der unteren staatlichen<br />
Verwaltungsbehörde wahrnehmen. Der Landkreis wird aus<br />
einem »Gemeindeverband« zu einer Gebietskörperschaft mit<br />
unmittelbarem Bezug zum Bürger. In den beiden französischen<br />
Besatzungsgebieten Württemberg-Hohenzollern und<br />
(Süd-)Baden behält demgegenüber die staatliche Prägung der<br />
Landratsämter Bestand: Hier bleibt es beim staatlichen Landrat,<br />
bei dessen Ernennung oder Abberufung durch den Staatspräsidenten<br />
der Kreistag lediglich ein unverbindliches Äußerungsrecht<br />
besitzt; und das Landratsamt präsentiert sich als<br />
Doppelbehörde, deren staatliche und kommunale Zuständigkeit<br />
streng getrennt waren und lediglich durch den gewissermaßen<br />
in Personalunion beiden Bereichen vorstehenden<br />
Landrat zusammengehalten wurden. Die 1955 erlassene<br />
baden-württembergische Landkreisordnung ist als Kompromiß<br />
zwischen beiden Positionen anzusehen: Das Landratsamt<br />
ist Behörde des Landkreises für seine kreiskommunalen<br />
Aufgaben und zugleich untere staatliche Verwaltungsbehör-