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Ausgabe 1997 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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OTTO WERNER<br />

Aaron Liebmann (1766'-1827) von Hechingen, kaiserlich königlicher Hoffaktor<br />

Inzwischen weiß man über Madame Kauila, die bedeutendste<br />

Hoffaktorin Deutschlands in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts,<br />

und die Hoffaktorenfamilie Kauila recht gut Bescheid.<br />

Erst kürzlich erschien wieder eine Kurzbiographie<br />

über Karoline Kaulla in dem von Fritz Kallenberg herausgegebenen<br />

Band Hohenzollern (Band 23 der Schriften zur politischen<br />

Landeskunde Baden-Württembergs hrsg. von der<br />

Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg).<br />

Hofjuden oder Hoffaktoren erhielten vom Landesherrn<br />

Schutz und Hoffreiheit verliehen, wenn er sie zur Versorgung<br />

und Finanzierung staatlicher (z. B. militärischer) und privater<br />

Belange heranzog. Es ist an der Zeit, auch andere Vertreter<br />

dieses Standes darzustellen, von denen bisher kaum mehr<br />

als der Name bekannt ist.<br />

Wir möchten dieses Mal den kaiserlich königlichen Hoffaktor<br />

Aaron Liebmann zu Hechingen herausgreifen. Dies ist<br />

ein schwieriges Unterfangen, wie der aufmerksame Leser<br />

wohl abzuschätzen wissen wird.<br />

Wie stießen wir auf Aaron Liebmann? Rabbiner Dr. Samuel<br />

Mayer schreibt in seiner »Geschichte der Israeliten in Hohenzollern-Hechingen«:<br />

»(Lob) Aach war, nachdem er die<br />

Schule des R. Ezechiel Landau in Prag verlassen hatte,<br />

(Anm.21) Caulla'scher Hauslehrer geworden. Er unterrichtete<br />

aber auch andere Jünglinge wie z. B. meinen Vater Wolf<br />

Mayer und Aron Liebmann, später k. k. östereich. Hoffactor,<br />

(Anm. 22) die er veranlaßte, zu Fuß auf die Hochschule<br />

nach Prag zu reisen (1783). Solche Umstände müssen hervorgehoben<br />

werden, um zu zeigen, mit welcher Genügsamkeit<br />

und Anstrengung unsre Väter dem Studium der Theologie<br />

sich ergeben haben« 2.<br />

Wenn Aaron Liebmann etwa gleichen Alters wie Wolf Mayer<br />

war, so wäre er um 1766 geboren. Als Jüngling war er also<br />

schon in Hechingen, bekam von Rabbiner Löb Aach Unterricht,<br />

studierte 1783 (und die folgenden Jahre) bei Rabbiner<br />

Ezechiel Landau 3 in Prag jüdische Theologie. Er war wohl -<br />

wie Wolf Mayer - ein Chawer 4, der auf der Talmudhochschule<br />

den höchsten Grad vor der Erteilung der Rabbinerwürde<br />

erreicht hatte. (Auf dem Grabstein seines Sohnes Salomon<br />

im jüdischen Friedhof Darmstadt steht Zeile 6-8: »der<br />

Jüngl(ing) Salomon, Sohn des Rabbi Aharon sel(igen)<br />

A(ndenkens) aus Hechingen« 5).<br />

Er verheiratete sich mit Henriette Regensburger 6. Henriettes<br />

Vater hieß Salomon Regensburger (gest. 1795) 7, ihre Mutter<br />

war Lea Jeanette Raphael, eine Schwester der Madame<br />

Kaulla.<br />

So wundert es uns nicht, daß Aaron Liebmann zunächst Geschäftsführer<br />

des Handelshauses Kaulla in Wien war. Im Jahre<br />

1807 wurde er zum Kaiserlich Königlichen Hoffaktor am<br />

Wiener Hof ernannt 8. Von den fünf Kindern des Aaron Liebmann<br />

und der Henriette geb. Regensburger kennen wir nicht<br />

viel mehr als die Namen: Elieser, der schon als Knabe starb 9,<br />

Josephine (genannt Peppy) 10, Hannah, Caroline, Rebecca 11<br />

und Salomon 12.<br />

Aaron Liebmann stiftete in das 1803 von Madame und Jakob<br />

Kaulla gegründete Lehrhaus 1804 einen Tora-Vorhang für<br />

das Wochenfest 13. (Nach Auflösung des Lehrhauses erhielt<br />

die jüdische Gemeinde Hechingen diesen Vorhang für den<br />

Tora-Schrein in ihre Synagoge in der Goldschmiedstraße.) -<br />

FOTO 1<br />

Im Jahre 1809 starb Madame Kaulla, 1810 auch ihr Bruder<br />

und Geschäftspartner Jakob Kaulla. Der Mann ihrer Nichte,<br />

18<br />

Aaron Liebmann, stieg wenige Jahre vorher zum eigenständigen<br />

kaiserlich-königlichen Hoffaktor am Wiener Hof auf<br />

und erlangte auch in der Hechinger Judenschaft eine führende<br />

Stellung: Der Schutzbrief von 1800 erwähnt einen »Judenschultheiß«<br />

und einen »Unterschultheiß«. Ersterer wurde<br />

vom Fürst ernannt, letzterer auf Vorschlag der Judenschaft<br />

vom Fürsten >erwählt< 14. Hoffaktor Aaron Liebmann war<br />

1808 der von der Judenschaft vorgeschlagene Vorsteher, der<br />

von Fürst Hermann Friedrich Otto von Hohenzollern<br />

Hechingen (1798-1810) zum »Mitvorsteher« ernannt wurde.<br />

Vorhang für den Tora-Schrein in der Synagoge, gestiftet von der<br />

Familie Aaron Liebmann im Jahre 1804<br />

Hohenzollerische Heimatbücherei, Repro Otto Werner<br />

Erhärtet wird dies durch das Schreiben der Regierung vom<br />

26. Mai 1808 an den Judenvorsteher Isaac Emanuel Levi. Es<br />

lautet: »Nachdem Seine Hochfürstliche Durchlaucht unser<br />

gnädigster Souverain nunmehr zum Mitvorsteher der hiesigen<br />

Judengemeinde den Schutzjuden Aaron Liebmann zu<br />

ernennen gnädigst geruht haben, so wird diese höchste Resolution<br />

dem Judenvorsteher Isaac Emanuel Levi, unter<br />

Beziehung auf die für beide Vorsteher zu ertheilende weitere<br />

Instruction, hiemit eröffnet, um der gesammten Judenschaft<br />

diese Ernennung des Mitvorstehers Aaron Liebmann<br />

gehörig zu publiciren« 15. Hauptaufgaben des Judenschultheißen<br />

waren, fremde Juden von der Stadt fernzuhalten bzw.

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