Ausgabe 1968 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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wie sein Vater, der bekannte Joseph von Laßberg, mit<br />
dem Sammeln, Retten und Abdrucken geschichtlicher<br />
Zeugnisse begnügen, bei ihm dominierten eigentlich historische<br />
und im Umgang mit Quellen kritische Fragestellungen,<br />
Auf diesen „Unterschied der Generationen"<br />
hat Karl Siegfried Bader nachdrücklich hingewiesen.<br />
Friedrich von Laßbergs eigentliche wissenschaftliche Leistung<br />
ist seine kritische, heute noch zu benützende <strong>Ausgabe</strong><br />
des Schwabenspiegels. Sein früher Tod, er starb<br />
1838 kaum 40jährig als Sigmaringer Regierungspräsident<br />
an Typhus, hat seine Absicht vereitelt, sich bald<br />
ausschließlich der Wissenschaft zu widmen. Möglicherweise<br />
in einer gewissen Rivalität mit Laßberg hatte sich<br />
auch der Direktor der Fürstlichen Hofkammer in Sigmaringen,<br />
Geheimrat Fidelis von Schnell, mit der Auswertung<br />
der Urkunden des Sigmaringer Archivs beschäftigt.<br />
Aus seinem Nachlaß hat dann sein Sohn,<br />
Eugen Schnell, seine 1845 begonnene „Historisch-statistische<br />
Zeitschrift für die beiden Fürstenthümer Hohenzollern"<br />
im wesentlichen bestritten. Mit Eugen Schnell,<br />
dem späteren fürstlichen Archivar und Mitbegründer des<br />
<strong>Geschichtsverein</strong>s, versuchte sich ein umfassendes Geschichtsverständnis<br />
in Hohenzollern Gehör zu verschaffen.<br />
Der universale Ansatz Eugen Schnells ist unmittelbar<br />
beeinflußt von Erzherzog Johann, dem späteren<br />
Reichsverweser, und wie bei diesem mischen sich in der<br />
Verbindung von „Geschichte, Natur und Technik" auch<br />
bei Schnell aufklärerische mit romantischen Zügen. Daß<br />
sich Eugen Schnells Einmannzeitschrift nicht über die<br />
dritte Lieferung hinaus behaupten konnte, lag an seinem<br />
abrupten Weggang von Sigmaringen, weil er sich<br />
bei einer erwarteten Beförderung zurückgesetzt fühlte.<br />
Auch später im <strong>Geschichtsverein</strong> hat es mit diesem gewiß<br />
hoch begabten aber ebenso reizbaren Mann manchen<br />
Ärger gegeben.<br />
Während Eugen Schnell eine „historische Beschreibung<br />
einzelner Parzellen unseres Vaterlandes" geben<br />
wollte, um darin „dem Bilde der Gesamtverfassung<br />
Deutschlands, seiner früheren Institutionen und seinei<br />
Sitten zu begegnen", vertrat Eduard Schwarzmann zur<br />
gleichen Zeit einen mehr konservatorischen Ansatz. Er<br />
wollte Geschichte bewahren und richtete deshalb im<br />
März 1843 an die Sigmaringer Regierung den Antrag,<br />
sie möge anordnen, daß in allen Gemeinden Ortschroniken<br />
angelegt werden, „um die Resultate der Gegenwart<br />
im Lichte der Wahrheit und Unpartheilichkeit<br />
der Zukunft zu erhalten." Die Ortschroniken sollten<br />
entweder durch eine amtliche Kommission oder durch<br />
„einen zu gründenden Verein für Vaterlandskunde"<br />
zusammengefaßt und veröffentlicht werden. Wir wissen,<br />
daß das Stichworts Schwarzmanns von der Regierung<br />
und dem Erbprinzen Karl Anton sofort aufgenommen<br />
und daß eine Kommission gebildet wurde,<br />
die darüber beraten sollte, welche Grundlage man einem<br />
solchen Verein geben könne. Aber wir wissen nicht,<br />
warum diese Initiative im Sande verlief. Als ein Jahr<br />
später der neugegründete Württembergische Altertumsverein<br />
mit dem Vorschlag an die Regierung herantrat,<br />
einen Hilfsverein für das Sigmaringer Fürstentum zu<br />
gründen, erhielt Schwarzmann den Auftrag, entsprechende<br />
Statuten vorzulegen. Schwarzmann, obgleich gebürtiger<br />
Stuttgarter, wollte vom Anschluß an den württembergischen<br />
Verein nichts wissen. Er zweifelte daran,<br />
daß ein privater Verein sich auf die Dauer halten<br />
könne. Ihm schwebte ein eigener <strong>Hohenzollerischer</strong> Verein<br />
für Vaterlandskunde vor, der mit Unterstützung<br />
und unter Aufsicht des Staates wirken sollte. Weder<br />
das eine noch das andere kam zustande. Schwarzmann<br />
gehört zu den späteren Mitbegründern unseres Vereins,<br />
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aber bis dahin war seine gouvernementale, vormärzliche<br />
Konzeption endgültig überholt.<br />
Es sei schließlich noch auf einen wichtigen, von außen<br />
kommenden Einfluß hingewiesen, auf die von dem Freiherrn<br />
von Stillfried ausgehenden Forschungen zur älteren<br />
hohenzollerischen Hausgeschichte. Von Friedrich<br />
Wilhelm IV., seinem Gönner, offiziell beauftragt, Klarheit<br />
über die urkundlichen Quellen zur Hausgeschichte<br />
zu schaffen, durchforschte dieser „Kolumbus von Hohenzollern",<br />
wie ihn Alexander von Humboldt genannt<br />
haben soll, auch das Hechinger Archiv. Wissenschaftliche<br />
Bedeutung erhielten diese Forschungen aber erst,<br />
als dem „vornehmen Dilettanten" der methodisch ausgebildete<br />
Historiker Traugott Maercker beigegeben<br />
wurde. Ihre 1847 veröffentlichten „Hohenzollerischen<br />
Forschungen" und die „Monumenta Zollerana" von<br />
1852 ff. schufen die quellenmäßigen Voraussetzungen<br />
für eine wissenschaftliche Behandlung der hohenzollerischen<br />
Hausgeschichte. Die dynastisch bestimmte historische<br />
Richtung der beiden hat der Übernahme Hohenzollerns<br />
durch Friedrich Wilhelm IV. vorgearbeitet;<br />
Stillfried hat darüber hinaus in diesem Sinn auch unmittelbar<br />
auf die politische Entscheidung eingewirkt,<br />
weshalb ihn Karl Anton 1849 mit gutem Recht den<br />
„Schutzengel unserer Angelegenheiten" nennen konnte.<br />
Als Maercker 1846 im Hechinger Archiv arbeitete, verfaßte<br />
er eine Schrift über „Das Stammschloß Hohenzollern"<br />
und bestimmte ihren Ertrag zu einem ersten<br />
Fonds für einen hohenzollerischen Altertumsverein, zugleich<br />
reichte er der Sigmaringer, später auch der<br />
Hechinger Regierung ein begründendes Promemoria und<br />
den Entwurf für Statuten eines „Hohenzollerischen<br />
Historischen Vereins" ein. Ihm schwebte ein vielfältiges<br />
Vereinsleben vor, das unter dem Protektorat der<br />
beiden Fürsten und der Präsidentschaft des Erbprinzen<br />
Karl Anton stehen, ansonsten aber den Charakter eines<br />
bürgerlichen Vereins haben sollte. Von besonderem Interesse<br />
erscheint uns die Begründung, die Maercker dem<br />
Unternehmen gibt. Da spricht er von den Freunden der<br />
vaterländischen Vorzeit und ihrem Bestreben, „etwas<br />
Positives zu haben, was sie den allzuraschen, alles Althergebrachte<br />
schlechthin verwerfenden und zertretenden<br />
Fortschritten unserer Zeit als Damm entgegen setzen,<br />
und wodurch sie eine ruhigere, gemessenere Entwicklung<br />
unserer Zustände herbeiführen könnten". Geschichte<br />
als Wall zur Abwehr des Fortschritts, diese Vorstellung<br />
fand in Hohenzollern, wie wir aus Eberhard<br />
Gönners Untersuchung wissen, wenig Anhänger. Auch<br />
Maerckers Initiative fruchtete nichts und ging schließlich<br />
in der hitzigen Atmosphäre von 1848 ganz unter.<br />
Wie andernorts hatte die Revolutionszeit auch in Hohenzollern<br />
hemmend auf das historische Interesse gewirkt,<br />
oder, mit den Worten Heimpels: „Wo die Geschichte<br />
baute, hatten die <strong>Geschichtsverein</strong>e wenig zu<br />
karren".<br />
Während in den 50er Jahren überall in Deutschland<br />
im Zeichen „konservativer Besinnung" (Heimpel) Geschichtsforschung<br />
und Geschichtsschreibung neu aufleben,<br />
während der Gesamtverein der deutschen Geschichtsund<br />
Altertumsvereine entsteht, während dieser ganzen<br />
Zeit schweigt die Muse Klio in Hohenzollern. Eugen<br />
Schnell scheint zwar 1855 an eine Vereinsgründung<br />
gedacht zu haben, aber lediglich die Absicht ist überliefert.<br />
Vielleicht findet sich der Schlüssel für diese<br />
Stagnation in einem kurzen Artikel, der im Oktober<br />
1858 anonym im „Hohenzollerischen Wochenblatt" erschien.<br />
Darin wird gegen die überhandnehmende preußische<br />
Geschichtsbetrachtung polemisiert und gleichzeitig<br />
hohenzollerisches Selbstbewußtsein gefordert. „Längst