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Ausgabe 1968 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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licht auf einer Vielzahl, sondern auf möglichst wenigen,<br />

aher aussagekräftigen schriftlichen Zeugnissen aufbauen<br />

sollte. Auf diese Weise wurde schon eine Reihe guter<br />

und brauchbarer Zulassungsarbeiten angefertigt, was<br />

einige Beispiele verdeutlichen mögen.<br />

Es gibt zahlreiche Dorfrechte, die noch unbekannt und<br />

ungedruckt sind. Sie können durch solche Arbeiten<br />

textlich, mit einer Interpretation ihres Hauptinhalts versehen,<br />

dargeboten werden. Zu dieser Gruppe von Quellen<br />

zählen die Verträge zwischen Herrschaft und Untertanen,<br />

die Einblicke in das Verhältnis von Herrschaft<br />

und kommunalen Kräften geben und in die Zeit der<br />

Ausbildung unserer Dorfgemeinden führen. Wenn Dörfer<br />

oder Herrschaftsgebiete veräußert wurden oder Verkaufsabsichten<br />

bestanden, legten die Verkäufer als<br />

Grundlage ihrer Verhandlungen „Anschläge" an, die für<br />

ein bestimmtes Jahr die Situation des Dorfes oder der<br />

Herrschaft bieten. Sie zeigen Umfang und Zusammensetzung<br />

der Güter und Rechte, Einkünfte, Belastungen,<br />

soziale und wirtschaftliche Zustände. Ähnliche Querschnitte<br />

geben die Zinsrodel, Urbare und Lagerbücher,<br />

die eine Vielzahl von Auswertungsmöglichkeiten bieten.<br />

Entscheidend für die Durchführbarkeit dieser Arbeiten<br />

ist einmal, daß die gewählte Quelle nicht zu umfangreich<br />

ist, zum zweiten, daß sie keine zu großen paläographischen<br />

Schwierigkeiten bietet, und schließlich sollten<br />

nur Quellen über solche Orte und Gebiete gewählt<br />

werden, deren Geschichte wenigstens in Umrissen in der<br />

Geschichtsliteratur bekannt ist, damit die in der Zulassungsarbeit<br />

gewonnenen Ergebnisse auch eingeordnet<br />

werden können. Bei den oben genannten Beispielen<br />

handelt es sich um Quellen, die vorwiegend über rechtliche,<br />

wirtschaftliche und soziale Verhältnisse Auskunft<br />

geben. Die Edition und Interpretation solcher Quellen<br />

kann natürlich nur dann gelingen, wenn die Bearbeiter<br />

die erforderlichen rechts-, wirtschafts- und sozialgeschichtlichen<br />

Kenntnisse mitbringen. Diese zu vermitteln,<br />

ist wiederum Aufgabe der Pädagogischen Hochschulen,<br />

sonst dürfen auch solche enger gefaßten Themen eben<br />

überhaupt nicht gestellt werden. Dasselbe gilt für Quellen<br />

der Kirchengeschichte (Visitationsprotokolle, Stiftungsurkunden,<br />

Konventsverzeichnisse usw.). Auch bei<br />

den beliebten Flurnamenarbeiten stellt man immer wieder<br />

fest, wie wenig Kategorien die Bearbeiter für diese<br />

doch so komplexen Quellen mitbringen, sodaß sie sich<br />

in der Auswertung zu stark nur von einem Gesichtspunkt<br />

(z. B. dem sprachlichen oder volkskundlichen)<br />

leiten lassen können. Erst jüngst hat der beratende Dozent<br />

einer Studentin für eine Flurnamenarbeit empfohlen,<br />

alle Flurnamen der betreffenden Gemeinde, wie<br />

sie auf der Flurkarte eingetragen sind, zunächst<br />

alphabetisch zu verzetteln. Nun ist aber die fragliche<br />

politische Gemeinde erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts<br />

gebildet worden. Sie bestand vorher aus mehreren Dörfern<br />

und Weilern, und jede Siedlung hatte einen eigenen<br />

Flurnamenbestand. Die Folge dieses Vorgehens war,<br />

daß die Bearbeiterin des Themas sich von vornherein<br />

eine siedlungsgeschichtliche Auswertung der Flurnamen<br />

versagen mußte.<br />

Die Benützung von archivalischen Quellen für Zulassungsarbeiten<br />

ist nur dann sinnvoll, wenn die Pädagogische<br />

Hochschule ihre Studenten hinreichend über die<br />

historischen Sachgebiete, in unserem Fall vor allem die<br />

der Landeskunde, unterrichtet. Beim Südwestdeutschen<br />

Archivtag <strong>1968</strong> in Schwäbisch Hall vertraten die Archivare<br />

einhellig die Meinung: Dozenten, die solche Arbeiten<br />

betreuen und beurteilen, sollten sich von der<br />

Beschaffenheit der betreffenden Quellen möglichst vor<br />

Vergabe des Themas informieren und nur solche The-<br />

Michael Heiding<br />

geboren in Langenenslingen 1506, gestorben in Wien 1561.<br />

Weihbischof in Mainz, Rat Kaiser Karls V., Bischof von Merseburg,<br />

Vorsitzender des Reichskammergerichts, Präsident des Reichshofrats<br />

— bedeutender Teilnehmer an Reichstagen und Rehgionsgesprächen<br />

der Reformationszeit. (Das Klischee wurde von der Gemeinde<br />

Langenenslingen zur Verfügung gestellt.)<br />

men zulassen, denen das historische Fachwissen der<br />

Studenten gewachsen ist.<br />

Trotz dieses Mangels an Voraussetzungen wurden allein<br />

in den letzten sechs Jahren durch Studenten der Pädagogik<br />

mit Quellen aus den Beständen der hohenzollerischen<br />

Archive über 30 wissenschaftliche Zulassungsarbeiten<br />

angefertigt, die sicher unsere Kenntnis<br />

von der hohenzollerischen Landesgeschichte bereichern,<br />

sobald ihre auf den Quellen beruhenden Hauptteile in<br />

dieser Zeitschrift oder in der „Zeitschrift für Hohenzollerische<br />

Geschichte" veröffentlicht sein werden. Doch<br />

darf dabei die Feststellung nicht fehlen, daß diesen<br />

Arbeiten nur deshalb Erfolg beschieden war, weil sich<br />

die Verfasser mit Hilfe der von den Archiven zur Verfügung<br />

gestellten Literatur und aufgrund der sachlichen<br />

Beratung in den Archiven oft mehrere Semesterferien<br />

hindurch mit viel Fleiß vor und während der Arbeit<br />

an den Quellen das nötige Rüstzeug selbst erarbeitet<br />

haben.<br />

Diese jungen Lehrer haben am Beginn ihrer Beschäftigung<br />

mit der Heimat- und Landesgeschichte gelernt, mit<br />

Quellen umzugehen. Sie wissen, daß und wo es diese<br />

Quellen gibt und haben Interesse an ihnen gefunden.<br />

Es ist deshalb sehr zu hoffen, daß das gemeinsame Be<br />

mühen von Studenten und Archivaren über die Abfassung<br />

guter Zulassungsarbeiten hinaus weiter führt.<br />

Es sollte möglich werden, dadurch die jungen Lehrer<br />

an der Landes- und Heimatgeschichte stärker zu interessieren,<br />

damit sie dann ihren Geschichtsunterricht<br />

auch von der Heimatgeschichte her bereichern können,<br />

und nicht zuletzt, um schließlich dem kleiner gewordenen<br />

Kreis der heimatforschenden Lehrer neue Kräfte<br />

zuzuführen. Wer die Hohenzollerische Geschichtsliteratur<br />

kennt, die „Mitteilungen", die „Jahreshefte", die<br />

„Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte", die 18<br />

Jahrgänge der „Hohenzollerischen Heimat" und ihre<br />

Vorgänger, der weiß, was die hohenzollerische Geschichtsforschung<br />

den Lehrern verdankt.<br />

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