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Ausgabe 1968 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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Die 11. Station des Dunninger Kreuzwegs, fotographiert nach dem unvollendeten Carton. H. A. Bantle: „Eine Comjjosition der 11,<br />

Station, wie sie mir der liebe Gott in dieser Zeitnot eingab. Sie wird Beachtung finden, anerkennende wie ablehnende. Ich bin<br />

froh, daß sie gemalt ist ohne "Widerspruch. Bischof von Keppler fand sie gut. Gemalt al fresco August 1921."<br />

Lautlos öffneten wir die Türe: Ein Rot, so licht und<br />

fein, wie es nur aus der Morgenröte steigt, wie es vor<br />

der Sonne hergeht am Beginn eines klaren Tages, grüßte<br />

aus dem ganzen Raum des Schiffes. Es fließt so leuchtend,<br />

daß man die Augen schließen möchte, und sie doch<br />

wieder öffnen muß und mehr und mehr in sich hineintrinkt<br />

von der lichtleuchtenden Flut göttlicher Güte und<br />

Vaterliebe, die alle segnet, die hier unter seinem Zelte<br />

wohnen. Nur zögernd nähern wir uns der Apside. Da<br />

breitet es sich vor uns und über uns in tiefem, einzigartig<br />

dunkelndem Blau, daß man meint, es sei aus dem<br />

tiefsten Blau des Himmels gegriffen, und dehne sich in<br />

Weiten über die Wände des Raumes hinaus, und wir<br />

müßten hindurchsehen und doch zurückweichen vor dem<br />

Heiligen Land, vor dem Moses seine Schuhe löste. •—-<br />

Tief beugen wir die Knie und, im Innersten erschüttert,<br />

senken wir das Haupt. So mächtig klangen Farbtöne<br />

noch nie in uns hinein! Sie schwingen noch in uns bei<br />

der Betrachtung der in Anbetung versunkenen Engelgruppe<br />

um die Altarnische, so geistig und linienrein!<br />

„Wie aus einem Linienzug geschöpft", auch Maria mit<br />

dem Kinde und Isaias, der Prophet, an der Stirnwand<br />

des Hauptchores. —<br />

Da bricht blendendes Gluten aus den begonnenen Kreuzwegstationen<br />

an der linken Schiffswand. Mit dem Höhepunkt<br />

des dramatischen Geschehens auf Golgatha begonnen!<br />

Welches Vertrauen! Wie sicher muß das Werk<br />

im Geiste des Künstlers gebildet sein, wenn ihm ein<br />

solcher Auftrag wird! Und wie sicher hat Bantle in<br />

Dunningen die Schlußnote, den Kontrapunkt gesetzt!<br />

Er verläßt den neutralblauen Hintergrund von Dhron<br />

a. d. Mosel und öflingen bei Säckingen. Zu jedem Bild<br />

tönt er den Stimmungsgehalt durch farbigen Grund. Das<br />

heißt kein Verlieren der Monumentalität, das ist wirkungsvolles<br />

Verstärken der Eindringlichkeit jeder auf-<br />

40<br />

gelegten Komposition. Die 11. und 13. Station ein liegendes,<br />

ein hochaufgerichtetes Rechteck die 12. Station,<br />

in doppelter Größe: alle drei ein Ideenzug. — Die<br />

11. Station: „Jesus wird ans Kreuz genagelt": Zwei<br />

Welten! Daher scheinbare Dissonanz in Farbe und Aufbau:<br />

Horizontal liegt das Kreuz mit Christus. Christus<br />

ist gerichtet. Er ist tiefer erniedrigt als ein Mensch. Eine<br />

Klage, weh und groß, daß sie die Welt erschüttern<br />

müßte, bricht aus dem weitgeöffneten Christusauge, dem<br />

geöffneten Christusmund hinauf zu den fünf senkrechten<br />

Figuren, die den Heiland nicht mehr aufkommen lassen,<br />

die eine Masse, keinen Vertikalgedanken ausdrücken: der<br />

Scherge mit leidenschaftlich verzerrten Zügen, der Gelehrte,<br />

dem kein Blick bleibt für den leidenden Gott, der<br />

im „grauen Rock", müßig und protzenhaft, mit spottender<br />

Miene, einer von denen, die nichts tun, schieben und<br />

prassen, die Bauernfamilie, fremd und verständnislos, —<br />

bis auf das Kind, das mit staunendem Blick zum Gottmenschen<br />

sich beugt. Das Kind, die Jugend, die stark<br />

und still ihren Lebensweg gehen will, gottgetreu und gottinnig!<br />

Die 12. Station! Christus ist erhöht. Johannes hebt den<br />

Kelch und nimmt auf vom kostbaren Blut. Maria breitet<br />

betend die Hände. Der Gott am Kreuze ist nicht tot.<br />

Er ist lebend, in übergroßer Qual, doch herrschend vom<br />

Holze aus. Unser und aller Schuld hält er wissend in<br />

sich. Er zwingt den Schrei nach Barmherzigkeit aus unseren<br />

sündigen Herzen. — Und doch spannt er die<br />

Arme vermittelnd zwischen Himmel und Erde, gab Johannes<br />

den Kelch in die Hand und das Wort in die<br />

Seele aller Zeiten: „Tuet dies zu meinem Andenken, zur<br />

Vergebung der Sünden". — Er sieht Maria stehen, Maria<br />

die Ornate!<br />

13. Station: Gott ist „gestorben". Die Menschheit bleibt<br />

allein, erdhaftend, Ruhe, fast geschlossene Kreisform

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