Festschrift Ruppe Teil 1_KORR2 - Institut für Finanzrecht ...
Festschrift Ruppe Teil 1_KORR2 - Institut für Finanzrecht ... Festschrift Ruppe Teil 1_KORR2 - Institut für Finanzrecht ...
Praxis der Unternehmensbesteuerung Donnerstag, 6. Mai 2010, 10:15 – 13:30 Uhr, Petrinum Mittwoch 19. Mai 2010, 10:15 – 13:30 Uhr, Petrinum Donnerstag, 20. Mai 2010, 10:15 - 13:30 Uhr, Petrinum Univ.-Prof. DDr. Georg Kofler, LL.M. Institut für Finanzrecht, Steuerrecht und Steuerpolitk Tel.: +43 732 2468-8205 Mail: georg.kofler@jku.at Web: www.steuerrecht.jku.at/gwk
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Praxis der<br />
Unternehmensbesteuerung<br />
Donnerstag, 6. Mai 2010, 10:15 – 13:30 Uhr, Petrinum<br />
Mittwoch 19. Mai 2010, 10:15 – 13:30 Uhr, Petrinum<br />
Donnerstag, 20. Mai 2010, 10:15 - 13:30 Uhr, Petrinum<br />
Univ.-Prof. DDr. Georg Kofler, LL.M.<br />
<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Finanzrecht</strong>, Steuerrecht und<br />
Steuerpolitk<br />
Tel.: +43 732 2468-8205<br />
Mail: georg.kofler@jku.at<br />
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Praxis der Unternehmensbesteuerung<br />
Die vorliegende Materialiensammlung soll Ihnen den Zugang zu den im Kurs<br />
angesprochenen und zumeist in den Lehrbüchern nicht im Detail angesprochenen<br />
Themen erleichtern und als Nachschlage- und Vorbereitungspaket dienen. Der<br />
Prüfungsstoff ist selbstverständlich mit den im Kurs behandelten Punkten beschränkt.<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Einlagen in Kapitalgesellschaften<br />
� VwGH 23. 9. 2005, 2003/15/0078 (Vollneutralisierungsthese)<br />
� Kofler, Der unbedingte Forderungsverzicht des Gesellschafters, in: Achatz/Ehrke-<br />
Rabel/Heinrich/Leitner/Taucher (Hrsg), Steuerrecht – Verfassungsrecht – Europarecht,<br />
<strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Hans Georg <strong>Ruppe</strong>, WUV 2007, Seiten 272 bis 299.<br />
Außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften<br />
� VwGH 23. 2. 2010, 2007/15/0003 (Vermietung eines Einfamilienhauses durch eine<br />
GmbH an ihre Gesellschafter)<br />
� Kofler, Die „außerbetriebliche Vermögenssphäre“ der Kapitalgesellschaft, in: Urnik/Fritz-<br />
Schmied/Kanduth-Kristen (Hrsg), Steuerwissenschaften und betriebliches<br />
Rechnungswesen, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Herbert Kofler, Linde Verlag 2009, Seiten 103 bis 126.<br />
Fremdfinanzierte Gewinnausschüttungen<br />
� VwGH 19. 12. 2006, 2004/15/0122 (fremdfinanzierte offene Ausschüttung)<br />
� VwGH 17. 10. 2007, 2006/13/0069 (fremdfinanzierte verdeckte Ausschüttung)<br />
� Marschner, Die fremdfinanzierte Ausschüttung – Ende mit Schrecken?, FJ 2007, 191.<br />
� Kofler, Die fremdfinanzierte Gewinnausschüttung, in: Beiser/Kirchmayr/Mayr/Zorn<br />
(Hrsg), Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt,<br />
LexisNexis Verlag Wien 2007, Seiten 197 bis 218.<br />
„Zwischenschaltung“ von Kapitalgesellschaften<br />
� Rz 104 EStR 2000<br />
� Bergmann, Die „Drittanstellung“ von Managern im Gesellschafts- und Steuerrecht taxlex<br />
2009, Seiten 131 bis 138 (<strong>Teil</strong> 1), und taxlex 2009, 184 bis 190 (<strong>Teil</strong> 2). – Downloads<br />
stehen gesondert zur Verfügung!<br />
Steuerumgehung und Missbrauch<br />
� VwGH 9. 12. 2004, 2002/14/0074 (Dublin Docks I)<br />
� VwGH 10. 8. 2005, 2001/13/0018 (Dublin Docks II)<br />
Zweifelsfragen zur Beteiligungsertragsbefreiung und zur Rückerstattung von<br />
Quellensteuern<br />
� Auszug aus: Bendlinger/Kofler, Highlights aus dem Workshop „Internationales<br />
Steuerrecht“ („RuSt 2009“), RdW 2009/692, Seiten 676 bis 686 (hier: Seiten 683 bis<br />
686)<br />
Internationale Steuerarbitrage<br />
� Auszug aus: Ehrke-Rabel/Kofler, Gratwanderungen – Das Niemandsland zwischen<br />
aggressiver Steuerplanung, Missbrauch und Abgabenhinterziehung, ÖStZ 2009/916,<br />
Seiten 456 bis 472 (hier: Seiten 470 bis 472).
Einlagen in<br />
Kapitalgesellschaften
Gericht<br />
Verwaltungsgerichtshof<br />
Entscheidungsdatum<br />
23.09.2005<br />
Geschäftszahl<br />
2003/15/0078<br />
Betreff<br />
23.09.2005<br />
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte<br />
Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers<br />
MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde der E-GmbH in F, vertreten durch Dr. Dagmar Arnetzl und<br />
Dr. Maximilian Geiger, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid des unabhängigen<br />
Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 3. Juli 2003, GZ. RV/0182-G/02, betreffend Körperschaft- und<br />
Umsatzsteuer 1996, zu Recht erkannt:<br />
Spruch<br />
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er Körperschaftsteuer 1996 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines<br />
Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.<br />
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen<br />
bei sonstiger Exekution zu ersetzen.<br />
Begründung<br />
Die Beschwerdeführerin ist die Rechtsnachfolgerin der W-GmbH. An der W-GmbH waren zu 99% Dr. Erich S<br />
und zu 1 % die Waren-GmbH beteiligt. Dr. Erich S war auch zu 65% an der Waren-GmbH beteiligt. Dr. Erich S<br />
war Geschäftsführer der W-GmbH und der Waren-GmbH.<br />
Mit Vertrag vom 18. April 1996 trat die Waren-GmbH ihren Anteil an der W-GmbH zum 30. April 1995 an<br />
Dr. Erich S um 1 S ab. Zugleich trat Dr. Erich S seinen Anteil an der Waren-GmbH ab.<br />
Als Grundlage <strong>für</strong> diese Anteilsabtretungen wurde zwischen Dr. Erich S und der Waren-GmbH zum<br />
30. April 1996 eine Vereinbarung geschlossen, die im Wesentlichen folgende Regelungen enthält:<br />
- Dr. Erich S scheidet aus sämtlichen Funktionen bei der Waren-GmbH aus.<br />
- Dr. Erich S wird aus den bestehenden Bankhaftungen freigestellt.<br />
- Betriebs- und Geschäftsausstattung (Buchwert zum 31. Dezember 1995: 185.045 S) wurde an<br />
Dr. Erich S um 1 S verkauft.<br />
- Die W-GmbH und zwei weitere Dr. Erich S gehörende Gesellschaften verzichteten darauf, einen in<br />
ihrem Firmennamen bisher und auch im Firmennamen der Waren-GmbH enthaltenen Eigennamen und<br />
ein entsprechendes Logo weiter zu verwenden.<br />
In dieser Vereinbarung wurde weiters unter Hinweis darauf, dass die Waren-GmbH 100% ihres Anteils an<br />
der UK-Gesellschaft an Dr. Erich S um den Preis von 1 S abgetreten habe, festgelegt, dass die Waren-<br />
GmbH auf Forderungen gegenüber der W-GmbH von 1,267.499 S und 588.181 S und auf Forderungen<br />
gegenüber UK von 1,310.652 S und 403.000 S sowie auf Forderungen gegenüber einer weiteren<br />
Gesellschaft von 224.000 S verzichtet.<br />
Im Zuge einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die<br />
Auffassung, beim Verzicht der Waren-GmbH auf die Forderung gegenüber der W-GmbH in Höhe von<br />
1,267.449 S (brutto) handle es sich nicht um einen Gesellschafterzuschuss, sondern einen betrieblich<br />
veranlassten Forderungsverzicht, weshalb dieser - entgegen der bisherigen Behandlung - zu einer<br />
entsprechenden Erhöhung des Gewinnes der W-GmbH führe. Auch der vorgenommene Vorsteuerabzug<br />
von 211.249,83 S sei zu berichtigen. Die Waren-GmbH habe den Forderungsverzicht als Betriebsausgabe<br />
geltend gemacht und vorgebracht, die W-GmbH sei de facto mittellos gewesen, weshalb eine Eintreibung<br />
der Forderung aussichtslos gewesen wäre.<br />
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Verwaltungsgerichtshof 23.09.2005<br />
Das Finanzamt nahm die Verfahren betreffend Körperschaft- und Umsatzsteuer 1996 wieder auf und folgte<br />
bei Erlassung der geänderten Bescheide der Auffassung des Prüfers.<br />
In der Berufung gegen die Abgabenbescheide brachte die Beschwerdeführerin vor, da die W-GmbH<br />
sämtliche Schulden mit Ausnahme jener gegenüber der Waren-GmbH pünktlich bezahlt habe, sei der<br />
Verzicht der Waren-GmbH als Gesellschaftereinlage anzusehen. Auch der BFH habe in seiner<br />
Entscheidung vom 9. Juni 1997, GrS 1/94, bestätigt, dass der Verzicht des werthaltigen <strong>Teil</strong>es einer<br />
Forderung durch den Gesellschafter zu einer Gesellschaftereinlage führe. Die Übernahme des<br />
Gesellschaftsanteiles an der W-GmbH stehe in Zusammenhang mit dem Verkauf der Gesellschaftsanteile<br />
an der Waren-GmbH und dem gegenständlichen Forderungsverzicht.<br />
In einer Vorhaltsbeantwortung brachte die Beschwerdeführerin vor, ohne den Forderungsverzicht hätte<br />
Dr. Erich S die Anteile an der W-GmbH nicht übernommen, da die Gesellschaft insolvent gewesen wäre<br />
und Konkurs hätte anmelden müssen. Ein Verzicht aus wirtschaftlichen Gründen sei schon deshalb nicht<br />
gegeben, weil die Forderung niemals eingemahnt worden sei, obwohl die W-GmbH noch immer im<br />
Rahmen der Nachfolgegesellschaft bestehe. Die gesellschaftsrechtliche Vereinbarung des<br />
Forderungsverzichts sei im Ausscheiden von Dr. Erich S aus der Unternehmensgruppe, zu der die Waren-<br />
GmbH gehöre, zu sehen. Die Waren-GmbH habe aus der W-GmbH aussteigen wollen und aus diesem<br />
Grund Eigenkapital in Höhe des Forderungsverzichts zugeführt, um die Gesellschaft ohne Insolvenz<br />
abstoßen zu können.<br />
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung, soweit sie <strong>für</strong> das<br />
verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist, keine Folge. Strittig sei, ob der Verzicht der<br />
Gesellschafterin Waren-GmbH auf die Forderung gegenüber der W-GmbH ein steuerneutraler<br />
Gesellschafterzuschuss sei. In den betreffenden Vereinbarungen werde nicht ausgeführt, aus welchen<br />
Gründen der Forderungsverzicht erfolge. Die Waren-GmbH habe gleichzeitig mit ihrem<br />
Forderungsverzicht ihre Anteile an der W-GmbH um 1 S an den bereits zu 99% beteiligten Gesellschafter<br />
verkauft. Es sei nicht erkennbar, welche gesellschaftlichen Gründe eine mit 1% beteiligte Gesellschafterin<br />
bei ihrem Ausscheiden haben sollte, das Risiko <strong>für</strong> den neu eintretenden Gesellschafter "kalkulierbar" zu<br />
halten. Aus dem Verkauf um 1 S sei erkennbar, dass der Gesellschaftsanteil wertlos gewesen sei. Welche<br />
gesellschaftlichen Gründe da<strong>für</strong> sprechen könnten, einer Gesellschaft, deren Anteile man um 1 S verkaufe,<br />
Forderungen von ca 1,2 Mio S zu erlassen, sei nicht erkennbar.<br />
Aus der zwischen den beteiligten Parteien im Zusammenhang mit den Anteilsabtretungen geschlossenen<br />
Vereinbarung gehe hervor, dass der Forderungsverzicht zwar von der Erfüllung einiger Voraussetzungen<br />
abhängig gemacht worden sei. Ein ausdrücklicher Beschluss über die Leistung einer Gesellschaftereinlage<br />
sei dieser Vereinbarung aber nicht zu entnehmen. Der Umstand, dass in dieser Vereinbarung in keiner<br />
Weise auf die Eigenschaft des Forderungsverzichts als Gesellschafterzuschuss hingewiesen werde, lasse<br />
den Verzicht daher nicht als Gesellschafterzuschuss erkennen. Der Verwaltungsgerichtshof habe im<br />
Erkenntnis vom 26. Mai 1998, 94/14/0042, zur Frage, ob der Verzicht einer Gesellschaft auf Forderungen<br />
gegenüber einer Schwestergesellschaft bei der verzichtenden Gesellschaft aus betrieblichen oder<br />
gesellschaftsrechtlichen Gründen erfolgt sei, die Ansicht vertreten, der Verzicht stelle beim Verzichtenden<br />
nur mit dem Betrag einen gesellschaftsrechtlich veranlassten Vorgang dar, der dem Tageswert der<br />
Forderung entspreche. Der Umstand, dass der Mehrheitsgesellschafter der W-GmbH den Anteil der<br />
Waren-GmbH gleichsam unentgeltlich erworben habe, zwinge zu dem Schluss, dass sowohl der<br />
abgetretene Anteil von 1% als auch die Forderung, auf welche verzichtet worden sei, wertlos gewesen<br />
seien. Diese Annahme werde durch die Vorhaltsbeantwortung der Beschwerdeführerin vom<br />
16. August 2002 bestärkt, aus der hervorgehe, dass Dr. Erich S den Anteil der Waren-GmbH nicht<br />
übernommen hätte, weil die W-GmbH insolvent gewesen wäre. Die belangte Behörde gehe daher davon<br />
aus, dass die Waren-GmbH deshalb verzichtet habe, weil die Einbringung der Forderung aussichtslos<br />
erschienen sei.<br />
Es sei auch nicht erkennbar, dass der Forderungsverzicht durch den Zusammenhang mit dem Verkauf der<br />
Anteile an der Waren-GmbH durch Dr. Erich S um 2,435.000 S zum Gesellschafterzuschuss werde.<br />
Der Verzicht der Waren-GmbH auf Forderungen gegenüber UK sei im gegenständlichen Fall nicht zu<br />
beurteilen, allerdings dürfe nicht völlig außer Acht gelassen werden, dass die Waren-GmbH seinerzeit auch<br />
an UK beteiligt gewesen sei und auch diese Beteiligung um 1 S an Dr. Erich S abgetreten habe.<br />
Nicht unbeachtet dürfe weiters bleiben, dass eine Abgabenerklärung gemäß § 10 KVG betreffend einen<br />
Gesellschafterzuschuss nicht abgegeben worden sei.<br />
Somit sei davon auszugehen, dass der im Beschwerdefall strittige Forderungsverzicht nicht aus<br />
gesellschaftsrechtlichen Gründen erfolgt sei, sondern dass ein Verzicht auf eine nicht mehr werthaltige<br />
Forderung vorliege.<br />
In umsatzsteuerlicher Hinsicht habe das Finanzamt zu Recht eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges nach<br />
§ 16 Abs 1 Z 2 UStG 1994 vorgenommen, weil sich die Bemessungsgrundlage <strong>für</strong> einen steuerpflichtigen<br />
Umsatz (der Waren-GmbH an die W-GmbH) gemindert habe.<br />
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:<br />
www.ris.bka.gv.at Seite 2 von 4
Verwaltungsgerichtshof 23.09.2005<br />
Gemäß § 8 Abs 1 KStG 1988 bleiben bei der Ermittlung des Einkommens von<br />
Körperschaftsteuersubjekten Einlagen und Beiträge jeder Art insoweit außer Ansatz, als sie von Personen<br />
in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter, Mitglied oder in ähnlicher Eigenschaft geleistet werden.<br />
Für die Frage, ob eine Vermögenszuwendung durch die Stellung als Gesellschafter veranlasst ist, kommt es<br />
maßgeblich darauf an, ob sie auch einander fremd gegenüberstehende Personen gesetzt hätten (vgl das<br />
hg Erkenntnis vom 26. Mai 1998, 94/14/0042).<br />
Die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft können eine Einlage in die Kapitalgesellschaft nicht nur durch<br />
die Zuführung von Wirtschaftsgütern, sondern auch durch den Verzicht auf Forderungen gegenüber dem<br />
Gesellschafter bewirken. Ein solcher Verzicht führt durch den Wegfall der zuvor passivierten<br />
Verbindlichkeit bei der Kapitalgesellschaft zu einer Vermögensmehrung. Aus der Sicht des Schuldners ist<br />
dabei Gegenstand der Einlage der wegfallende Passivposten.<br />
Aufgrund der Bewertungsbestimmungen des § 6 Z 2 lit a EStG 1988 einerseits und des § 6 Z 3 EStG 1988<br />
anderseits kann es bei nicht mehr voll werthaltigen Forderungen zu einem Auseinanderfallen der<br />
Wertansätze bei Gläubiger und Schuldner kommen. Der Schuldner weist die Verbindlichkeit mit dem<br />
Rückzahlungsbetrag aus, während der Gläubiger den niedrigeren <strong>Teil</strong>wert ansetzen darf bzw muss. Durch<br />
den Wegfall der Schuld kommt es bei der Schuldnergesellschaft zu einer Betriebsvermögensmehrung in<br />
Höhe des bilanzierten Betrages, und zwar unabhängig davon, mit welchem Betrag der Gläubiger die<br />
Forderung ausgewiesen hat. Wenn der Wegfall der Schuld seine Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis<br />
hat, ist die gesamte Vermögensmehrung eine steuerlich neutrale Einlage iSd § 8 Abs 1 KStG 1988<br />
(vgl Heinrich, Der Verzicht des Gesellschafters auf die nicht mehr voll werthaltige Forderung, FJ 1997,<br />
312). Der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Ansicht, dass der Schulderlass als ein gesellschaftsrechtlich<br />
veranlasster (einheitlicher) Vorgang auf Seiten der Schuldnergesellschaft nicht in zwei Vorgänge aufgeteilt<br />
werden kann. Für die Betriebsvermögensmehrung, welche durch den auf die Gesellschafterstellung<br />
zurückzuführenden Schulderlass (Forderungsverzicht) bewirkt wird, findet sich in keiner Weise, also auch<br />
nicht insoweit eine betriebliche Veranlassung, als die Forderung auf Seiten des Gläubigers als nicht mehr<br />
werthaltig angesehen wird. Liegt die Wurzel <strong>für</strong> den Verzicht auf die Forderung im<br />
Gesellschaftsverhältnis, ist die sich daraus ergebende Betriebsvermögensmehrung bei der<br />
Gewinnermittlung der Schuldnergesellschaft zur Gänze als Einlage iSd § 8 Abs 1 KStG 1988 zu beurteilen<br />
(vgl nochmals Heinrich, aaO). Anders als nach der dem Beschluss des BFH vom 9. Juni 1997, GrS 1/94,<br />
BStBl 1998 II 307, zugrunde liegenden deutschen Rechtslage ist ein Schulderlass durch den Gesellschafter<br />
einer Kapitalgesellschaft nicht dem § 6 Z 5 EStG 1988 zu subsumieren.<br />
Für den Beschwerdefall ist zunächst festzuhalten, dass die Parteien des verwaltungsgerichtlichen<br />
Verfahrens davon ausgehen, dass die Waren-GmbH den Forderungsverzicht (noch) als Gesellschafterin<br />
ausgesprochen hat.<br />
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid den Wegfall der Verbindlichkeit aufgrund des<br />
Forderungsverzichtes in erster Linie deshalb nicht als Einlage iSd § 8 Abs 1 KStG 1988 behandelt, weil die<br />
Forderung nicht mehr werthaltig gewesen sei. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, vermag diese<br />
Ansicht den angefochtenen Bescheid nicht zu tragen. Zu tragen vermögen ihn aber auch nicht die weiteren<br />
Argumente, die der angefochtene Bescheid <strong>für</strong> die betriebliche Veranlassung der<br />
Betriebsvermögensmehrung ins Treffen führt:<br />
Unbeachtlich ist, dass in der Vereinbarung über den Forderungsverzicht nicht angeführt wird, aus welchen<br />
Gründen der Verzicht erfolgte, obliegt es doch der belangten Behörde, Feststellungen darüber zu treffen,<br />
ob der Vorgang gesellschaftsrechtlich oder betrieblich veranlasst ist.<br />
Die Feststellung des angefochtenen Bescheides, es sei nicht erkennbar, welche gesellschaftlichen Gründe<br />
<strong>für</strong> einen Forderungsverzicht eine mit 1% beteiligte Gesellschafterin bei ihrem Ausscheiden haben sollte,<br />
reicht genauso wenig hin, eine konkrete betriebliche Veranlassung aufzuzeigen, wie die Feststellung, aus<br />
der zwischen den beteiligten Parteien im Zusammenhang mit den Anteilsabtretungen geschlossenen<br />
Vereinbarung gehe zwar hervor, dass der Forderungsverzicht von der Erfüllung einiger Voraussetzungen<br />
abhängig gemacht worden sei, in der Vereinbarung fehle aber ein ausdrücklicher Hinweis auf die<br />
Eigenschaft des Verzichts als Gesellschafterzuschuss. Es entspricht nicht der allgemeinen<br />
Lebenserfahrung, dass zwischen einander fremd gegenüberstehenden Geschäftspartnern bereits deshalb auf<br />
eine Forderung verzichtet wird, weil die Einbringung der Forderung aussichtslos erscheint. Zwar nimmt<br />
der Gläubiger in einer solchen Situation eine Wertberichtigung vor, zu einem ausdrücklichen Verzicht auf<br />
die Forderung sieht er sich dadurch jedoch in der Regel nicht veranlasst. Im Beschwerdefall ist es nicht<br />
ausgeschlossen, dass die Waren-GmbH den Forderungsverzicht ausgesprochen hat, damit die W-GmbH<br />
einen bestimmten Namen nicht mehr als Firma und ein bestimmtes Logo nicht mehr verwendet, worin eine<br />
betriebliche Veranlassung <strong>für</strong> den Forderungsverzicht gelegen wäre; eine dahingehende konkrete<br />
Sachverhaltsfeststellung wurde von der belangten Behörde aber nicht getroffen und würde überdies in<br />
einem gewissen Spannungsverhältnis zur Sachverhaltsfeststellung, dass die Forderung wertlos sei, stehen,<br />
welches einer konkreten Auflösung durch die belangte Behörde (einschließlich einer Auseinandersetzung<br />
damit, ob dem Namen und dem Logo ein wirtschaftlicher Wert zukommt) bedürfte. Im Beschwerdefall<br />
erscheint es aber genauso wenig als ausgeschlossen, dass die Waren-GmbH durch den Forderungsverzicht<br />
den Konkurs über das Vermögen der W-GmbH verhindern wollte. Vorteilszuwendungen eines<br />
www.ris.bka.gv.at Seite 3 von 4
Verwaltungsgerichtshof 23.09.2005<br />
Gesellschafters, welche die Gesellschaft vor dem Konkurs bewahren sollen, sprechen idR <strong>für</strong> eine<br />
gesellschaftsrechtliche Veranlassung.<br />
Den angefochtenen Bescheid vermag auch nicht der Hinweis auf das hg Erkenntnis vom 26. Mai 1998,<br />
94/14/0042, zu stützen, betrifft es doch nicht die steuerliche Behandlung des Forderungsverzichts auf<br />
Seiten der Schuldnergesellschaft, sondern stellt ausdrücklich auf die Rechtsfolge beim Gesellschafter ab.<br />
Schließlich reicht auch der Umstand, dass eine Abgabenerklärung gemäß § 10 KVG betreffend einen<br />
Gesellschafterzuschuss nicht abgegeben worden sei, nicht hin, um eine betriebliche Veranlassung des<br />
Vorganges aufzuzeigen.<br />
Die belangte Behörde hat es sohin - in Verkennung der Rechtslage - unterlassen, eine nachvollziehbare<br />
Feststellung zu treffen, dass die Waren-GmbH den Forderungsverzicht nicht aufgrund ihrer Stellung als<br />
Gesellschafterin ausgesprochen hat, und welche konkrete betriebliche Veranlassung dem<br />
Forderungsverzicht zugrunde liegt.<br />
§ 16 Abs 1 UStG 1994 lautet<br />
"Hat sich die Bemessungsgrundlage <strong>für</strong> einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2<br />
geändert, so haben<br />
1. der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den da<strong>für</strong> geschuldeten Steuerbetrag, und<br />
2. der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den da<strong>für</strong> in Anspruch<br />
genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen.<br />
Die Berichtigungen sind <strong>für</strong> den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung des Entgeltes<br />
eingetreten ist."<br />
Eine Minderung der Bemessungsgrundlage iSd § 16 Abs 1 UStG 1988 liegt bei einem Forderungsverzicht<br />
unabhängig davon vor, ob dieser auf unternehmerische oder auf private Gründe zurückzuführen ist<br />
(vgl <strong>Ruppe</strong>, UStG2, § 16 Tz 31, im Gegensatz zu Kolacny/Mayr, UStG2, § 16 Anm. 4 "Verzicht").<br />
Hinsichtlich Umsatzsteuer vermag die Beschwerde daher keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen.<br />
Der angefochtene Bescheid war daher, soweit er Körperschaftsteuer betrifft, gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG<br />
wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1<br />
VwGG abzuweisen.<br />
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.<br />
Wien, am 23. September 2005<br />
www.ris.bka.gv.at Seite 4 von 4
Markus Achatz, Tina Ehrke-Rabel, Johannes Heinrich,<br />
Roman Leitner, Otto Taucher (Hg.)<br />
Steuerrecht<br />
Verfassungsrecht<br />
Europarecht<br />
<strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Hans Georg <strong>Ruppe</strong><br />
Wien 2007
Der unbedingte Forderungsverzicht<br />
des Gesellschafters<br />
I Das Ausgangsproblem<br />
Georg Kofler<br />
In den von <strong>Ruppe</strong> bereits vor mehr als 20 Jahren wissenschaftlich durchdrungenen<br />
1 steuerlichen Fragestellungen der Unternehmenssanierung nimmt die<br />
Entschuldung von Gesellschaften eine zentrale Position ein. Vor allem das<br />
Ringen um eine sanierungsfreundliche Behandlung eines unbedingten Forderungsverzichts<br />
der Gläubiger kann auf eine jahrzehntelange Rechtsentwicklung<br />
zurückblicken. 2 Wenn nunmehr § 36 EStG und § 23a KStG steuerliche<br />
Begünstigungen in Form von Steuerermäßigungen auf Gewinne aus Schuldnachlässen<br />
in gewissen Insolvenzverfahren vorsehen, knüpfen beide Vorschriften<br />
in ihrer begünstigenden Stossrichtung an die prinzipielle steuerliche<br />
Konsequenz an, dass der betrieblich bedingte Wegfall von betrieblichen Verbindlichkeiten<br />
aufgrund eines Schulderlasses beim Schuldner regelmäßig<br />
steuerlich in vollem Umfang gewinnwirksam ist, 3 und zwar ohne Bedacht-<br />
1 <strong>Ruppe</strong>, Die Unternehmenssanierung aus der Sicht der Ertrags- und Umsatzbesteuerung,<br />
in <strong>Ruppe</strong> (Hrsg), Rechtsprobleme der Unternehmenssanierung (1983) 257 (257 ff).<br />
2 Für historische Übersichten zur – auf den Reichsfinanzhof zurückgehenden – Begünstigung<br />
von Gewinnen aus gewissen Schuldnachlässen siehe zB Kristen, Steuerliche Behandlung<br />
des Sanierungsgewinnes – (Neue) Entwicklung in Deutschland und in<br />
Österreich, ÖStZ 2003/1072, 513 (513 ff); Doralt/Heinrich, EStG 8 (2004) § 36 Tz 2<br />
ff; Rieder, Der Sanierungsgewinn im Steuer- und Sozialversicherungsrecht, SWK 2006,<br />
S 589 (S 589 ff); Atzmüller, Die Insolvenz aus ertragsteuerlicher Sicht, in Kanduth-<br />
Kristen/Treer (Hrsg), Insolvenz und Steuern (2006) 61 (63 f); Kanduth-Kristen, Steuerliche<br />
Neuerungen <strong>für</strong> das Insolvenzverfahren, ZIK 2006/43, 44 (45).<br />
3 Siehe zB VwGH 19.10.1983, 82/13/0190, ÖStZB 1984, 259; aus der deutschen<br />
Rechtsprechung zB BFH 16.1.1975, IV R 180/71, BFHE 115, 202, BStBl 1975 II<br />
526; BFH 19.7.1997, VIII R 57/94, BFHE 184, 63, BStBl 1998 II 652; vgl weiters<br />
auch Wiesner, Körperschaftsteuerrechtliche Einlagen und Entnahmen, in Doralt/Hassler/Kranich/Nolz/Quantschnigg<br />
(Hrsg), Die Besteuerung der Kapitalgesellschaft, FS<br />
Bauer (1986) 349 (365); Rz 654 KStR 2001.
Der unbedingte Forderungsverzicht des Gesellschafters<br />
273<br />
nahme auf die Frage, ob und in welcher Höhe aus der Sicht des Gläubigers<br />
die erlassene Schuld überhaupt noch einbringlich war. 4 Diese Konsequenz ergibt<br />
sich im Rahmen des Betriebsvermögensvergleiches schon aus der Betriebsvermögensmehrung<br />
aufgrund des Verbindlichkeitswegfalls 5 und folgt<br />
dementsprechend <strong>für</strong> die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung aus dem Grundsatz<br />
der Totalgewinngleichheit. 6<br />
Die Gewinnwirksamkeit des Schulderlasses – und damit auch die Frage<br />
nach einer allfälligen Begünstigung dieses Gewinnes gem § 36 EStG bzw<br />
§ 23a KStG – ist freilich auf die betriebliche Sphäre beschränkt: Solcherart<br />
stellt zunächst der Nachlass privater Verbindlichkeiten des Steuerpflichtigen<br />
eine nicht steuerbare, außerbetriebliche Vermögensmehrung dar. 7 Überdies<br />
ist im Einkommensteuerrecht der aus privaten Gründen erfolgte Verzicht auf<br />
betriebliche Schulden schon deshalb nicht steuerwirksam, weil ein solcher<br />
nur im Wege der Einlage gem § 6 Z 5 EStG Auswirkungen auf das Betriebsvermögen<br />
haben kann. 8 Das Parallelproblem im Körperschaftsteuerrecht betrifft<br />
die Frage der Abgrenzung zwischen einer betrieblichen und einer gesellschaftsrechtlichen<br />
Maßnahme: Ist nämlich der erlassende Gläubiger zugleich<br />
Gesellschafter, bedarf es einer Prüfung, ob der Schulderlass betrieblich bedingt<br />
ist, also zB im Zusammenhang mit einer allgemeinen Sanierungsmaßnahme<br />
steht, oder vielmehr seine Grundlage im Gesellschaftsverhältnis hat<br />
und daher societatis causa erfolgt ist. 9 Ist dies der Fall, 10 so stellt der Verzicht<br />
14 VwGH 3.6.1992, 87/13/0118, ÖStZB 1992, 869; siehe auch BFH 24.4.1986, IV R<br />
282/84, BFHE 146, 549, BStBl 1986 II 672.<br />
15 Siehe zB Wiesner in Doralt/Hassler/Kranich/Nolz/Quantschnigg (Hrsg), Die Besteuerung<br />
der Kapitalgesellschaft, FS Bauer (1986) 349 (367); Quantschnigg/Schuch, ESt-<br />
HB (1993) § 36 Tz 1; Zorn in Hofstätter/Reichel, EStG (2003) § 36 Tz 3; Doralt/Heinrich,<br />
EStG 8 (2004) § 36 Tz 1; weiters Rz 2431 EStR 2000; VwGH 19.10.1983,<br />
82/13/0190, RdW 1984, 30; UFS Graz 13.7.2005, RV/0467-G/02.<br />
16 Siehe VwGH 15.2.1984, 83/13/0150, ÖStZB 1984, 451; UFS Wien 13.1.2006,<br />
RV/2042-W/05; Quantschnigg/Schuch, ESt-HB (1993) § 36 Tz 5; Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly,<br />
KStG, § 23 Tz 13; Doralt/Heinrich, EStG 8 (2004) § 36<br />
Tz 59; Zorn in Hofstätter/Reichel, EStG (2003) § 36 Tz 3; siehe auch bereits<br />
Mirre/Dreuter, Körperschaftsteuergesetz (1939) § 11 Anm IV.10.<br />
17 Kanduth-Kristen, Steuerliche Behandlung von Schulderlässen und Sanierungsgewinnen,<br />
taxlex 2006, 436 (437).<br />
18 Rz 444 EStR 2000; so auch VwGH 3.11.1970, 122/69, ÖStZB 1971, 96, sowie oV,<br />
ÖStZ 1988, 274 (274).<br />
19 Vgl zB <strong>Ruppe</strong> in <strong>Ruppe</strong> (Hrsg), Unternehmenssanierung (1983) 257 (271); Bruse/v.<br />
Braunschweig, Zur steuerlichen Behandlung des Verzichts auf nicht werthaltige Gesellschafterdarlehen,<br />
DB 1993, 2302 (2302 ff); Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG<br />
(1996) § 23 Anm 4; Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG, § 23 Tz 18.<br />
10 Siehe zu den Kriterien mwN Achatz/G. Kofler, Ertragsteuern in Sanierung und Insolvenz<br />
von Körperschaften, in Feldbauer-Durstmüller/Schlager (Hrsg), Krisenmanagement<br />
– Sanierung – Insolvenz (2002) 823 (827 ff).
274 Georg Kofler<br />
auf eine steuerlich anerkannte Forderung eine körperschaftsteuerneutrale<br />
Einlage iSd § 8 Abs 1 KStG dar. 11<br />
Im Rahmen dieser Analyse sieht man sich freilich relativ schnell mit dem<br />
Problem konfrontiert, dass die Bewertung einer Forderung beim Gesellschafter<br />
aufgrund des imparitätischen Realisationsprinzips nicht der Bewertung<br />
der Verbindlichkeit bei der Gesellschaft entsprechen muss: Während beim<br />
Gläubiger die Bewertung durch das Niederstwertprinzip geprägt ist und gem<br />
§ 6 Z 2 lit a EStG zum <strong>Teil</strong>wertausweis der Forderung führt, 12 ist beim<br />
Schuldner die Verbindlichkeit nach § 6 Z 3 EStG nach dem Höchstwertprinzip<br />
mit dem Rückzahlungsbetrag (Nennbetrag) anzusetzen, solange die<br />
Schuld nicht ganz oder teilweise erloschen ist. 13 Verzichtet daher der Gesellschafter<br />
auf eine nicht mehr voll werthaltige Forderung gegenüber der Gesellschaft,<br />
fällt die Verbindlichkeit auf Seiten der Gesellschaft ebenso weg wie die<br />
Forderung auf Seiten des Gesellschafter. 14 Hinsichtlich der daraus resultierenden<br />
bilanziellen Betriebsvermögensmehrung auf Ebene der Gesellschaft in<br />
Höhe des Nennbetrages der Verbindlichkeit 15 ist somit an das Steuerrecht die<br />
Frage zu stellen, inwieweit ein solcher Vorgang auf Basis der Einlagevorschrift<br />
des § 8 Abs 1 KStG zu neutralisieren ist, wenn er seine Wurzel im Gesellschaftsverhältnis<br />
hat.<br />
11 Wiesner in Doralt/Hassler/Kranich/Nolz/Quantschnigg (Hrsg), Die Besteuerung der Kapitalgesellschaft,<br />
FS Bauer (1986) 349 (367); Nolz, Probleme der Sanierungsgewinne<br />
im Ertragsteuerrecht, in Doralt/Hassler/Kranich/Nolz/Quantschnigg (Hrsg), Die Besteuerung<br />
der Kapitalgesellschaft, FS Bauer (1986) 191 (199); aus dem deutschen<br />
Schrifttum etwa Thiel, Im Grenzbereich zwischen Eigen- und Fremdkapital – Ein<br />
Streifzug durch die ertragsteuerlichen Probleme der Gesellschafter-Fremdfinanzierung,<br />
GmbHR 1992, 20 (23); Rautenberg/Schaufenberg, Die steuerliche Behandlung<br />
des Darlehenserlasses mit Besserungsvereinbarung, DB 1995, 1345 (1347 ff); vgl aus<br />
der deutschen Rechtsprechung etwa BFH 7.7.1992, VIII R 24/90, BFHE 168, 551,<br />
BStBl 1993 II 333; BFH 29.7.1997, VIII R 57/94, BFHE 184, 63, BStBl 1998 II<br />
652; BFH 9.6.1997, GrS 1/94, BFHE 183, 187, BStBl 1998 II 307.<br />
12 Steuerlich bilanziert der Gläubiger den <strong>Teil</strong>wert iSd § 6 Z 2 lit a EStG, der nach hA<br />
dem beizulegenden Wert iSd § 207 Abs 1 HGB entspricht; vgl Doralt, Der <strong>Teil</strong>wert<br />
als Anwendungsfall des Going-Concern-Prinzips, in Raupach (Hrsg), Werte und<br />
Wertermittlung im Steuerrecht (1984) 141 (152); Gassner/Lahodny-Karner/Urtz<br />
in Straube, HGB II 2 /RLG, § 207 Rz 25 mwN; Doralt/Mayr, EStG 6 (2001) § 6<br />
Tz 132.<br />
13 Siehe etwa Rz 2438 EStR 2000 mwN.<br />
14 Zu den gesellschaftssteuerlichen Folgen eines gesellschaftsrechtlich veranlassten Verzichts<br />
auf eine nicht mehr voll werthaltige Forderungen siehe zuletzt Puchinger/Grau,<br />
Erlasse einer nicht mehr voll werthaltigen Forderung – VwGH widerspricht BFH, FJ<br />
2006, 175 (175 ff).<br />
15 Siehe <strong>für</strong> die hA nur <strong>Ruppe</strong> in <strong>Ruppe</strong> (Hrsg), Rechtsprobleme der Unternehmenssanierung<br />
(1983) 257 (269 mwN).
Der unbedingte Forderungsverzicht des Gesellschafters<br />
II Die Behandlung auf Ebene der Gesellschaft<br />
II.1 Problemstellung<br />
275<br />
Für das österreichischen Steuerrecht war es bis zum im Jahr 2005 ergangenen<br />
Erkenntnis des VwGH 16 umstritten, ob beim Verzicht eines Gesellschafters<br />
auf seine nicht mehr voll werthaltige Forderung gegen die Gesellschaft auf<br />
deren Ebene die Einlage lediglich im werthaltigen <strong>Teil</strong> der Forderung besteht<br />
oder der gesamte Verbindlichkeitswegfall gesellschaftlich veranlasst und damit<br />
steuerneutral ist. In einem 1998 ergangenen Erkenntnis 17 befasste sich der<br />
VwGH lediglich mit die Ebene des Gesellschafters und beurteilte dort nur<br />
den werthaltigen <strong>Teil</strong> als Einlage; allerdings ließen sich daraus keine zwingenden<br />
Folgerungen <strong>für</strong> die Ebene der Gesellschaft ableiten. 18 In Deutschland<br />
war diese höchst umstrittene Frage allerdings bereits 1997 durch einen Beschluss<br />
des Großen Senates des BFH 19 geklärt worden: Dort kam der BFH zu<br />
dem Ergebnis, dass die Kapitalgesellschaft als Wert der Einlage den <strong>Teil</strong>wert<br />
der Forderung, nicht ihren Nennbetrag und auch nicht den als Verbindlichkeit<br />
passivierten Betrag anzusetzen habe. 20 Begründet wurde dies damit, dass<br />
nach § 4 Abs 1 iVm § 6 Abs 1 Nr 5 dEStG 21 Einlagen bei der Kapitalgesell-<br />
16 VwGH 23.9.2005, 2003/15/0078, ÖStZB 2006/130, 164.<br />
17 VwGH 26.5.1998, 94/14/0042, ÖStZB 1998, 701.<br />
18 Ebenso Bachl, ecolex 1998, 876 (876); Heinrich, Forderungsverzicht des Gesellschafters:<br />
Bestätigt der VwGH tatsächlich den BFH? RdW 1999, 50 (50 f); aA Schuchter,<br />
Forderungsverzicht des Gesellschafters und verdeckte Gewinnausschüttung: VwGH<br />
bestätigt BFH, RdW 1998, 488 (488), und wohl auch Doralt/Mayr, EStG 6 (2001) § 6<br />
Tz 269, sowie Staringer in Lang/Schuch/Staringer (Hrsg), Handbuch des Bilanzsteuerrechts,<br />
GedS Gassner (2005) 429 (440).<br />
19 BFH 9.6.1997, GrS 1/94, BFHE 183, 187, BStBl 1998 II 307; siehe nachfolgend etwa<br />
BFH 29.7.1997, VIII R 57/94, BFHE 184, 63, BStBl 1998 II 652; BFH 15.10.1997, I<br />
R 58/93, BFHE 184, 432, BStBl 1998 II 305; BFH 15.10.1997, I R 23/93, BFH/NV<br />
1998, 826; BFH 22.6.1998, VIII B 26/98, BFH/NV 1999, 33; unlängst ebenso zB<br />
BFH 31.5.2005, I R 35/04, BFHE 210, 487, BStBl 2006 II 132 mwN. Siehe aus dem<br />
umfangreichen deutschen Schrifttum etwa Hoffmann, Fragen und Gestaltungshinweise<br />
zur BFH-Entscheidung über den Forderungsverzicht des Gesellschafters – Vom Steuersparmodell<br />
zum BFH-Unikat –, DStR 1997, 1625 (1625 ff); Gebhardt, Besteuerungsfolgen<br />
<strong>für</strong> den GmbH-Gesellschafter nach dem Beschluß des Großen Senats des BFH<br />
zum Forderungsverzicht, DStR 1998, 225 (225 ff).<br />
20 Ebenso schon vorgehend das Schreiben des Finanzministeriums Nordhein-Westfalen<br />
„Steuerliche Behandlung eines Forderungsverzichts eines Gesellschafters zugunsten seiner<br />
Gesellschaft“, DStR 1995, 885. Siehe zu dieser Sichtweise und <strong>für</strong> umfassende<br />
Nachweise aus dem deutschen Schrifttum vor allem Achatz/G. Kofler in Feldbauer-Durstmüller/Schlager<br />
(Hrsg), Krisenmanagement – Sanierung – Insolvenz (2002) 823 (827 ff).<br />
21 Diese Vorschriften entsprechen im Wesentlichen §§ 4 Abs 1, 6 Z 5 EStG.
276 Georg Kofler<br />
schaft mit dem <strong>Teil</strong>wert der zugeführten Wirtschaftsgüter anzusetzen seien,<br />
was auch dann gelte, wenn der Gesellschafter eine gegen die Gesellschaft gerichtete<br />
Forderung an die Gesellschaft abtritt oder ihr die entsprechende<br />
Schuld erlässt. 22 Von einer Einlage könne daher nur in Höhe des werthaltigen<br />
<strong>Teil</strong>s der Forderung gesprochen werden, darüber hinaus ist sie nicht durch<br />
das Gesellschaftsverhältnis verursacht und führt entsprechend bei der Gesellschaft<br />
zu einem Ertrag. 23<br />
Obwohl im österreichischen Steuerrecht die allgemeinen Einlagevorschriften<br />
der §§ 4 Abs 1 und 6 Z 5 EStG durch die expliziten Vorschriften<br />
der §§ 8 Abs 1 KStG und 6 Z 14 lit b EStG verdrängt wird, 24 wurde das Ergebnis<br />
des BFH sowohl von der Verwaltungspraxis 25 als auch vom Schrifttum 26<br />
in das österreichische Steuerrecht transponiert und auf Basis des § 6 Z 14 lit b<br />
EStG eine Gewinnrealisierung auf Gesellschaftsebene in Höhe der Differenz<br />
zwischen dem gemeinen Wert der Forderung und dem Buchwert der Verbindlichkeit<br />
angenommen. Im Sinne einer Zwei-Stufen-Theorie sei eine nach<br />
§ 6 Z 14 lit b EStG zu bewertende Forderungseinlage anzunehmen, die in<br />
Höhe des gemeinen Wertes der Forderung nach § 8 Abs 1 KStG zu neutrali-<br />
22 Siehe auch Groh, Einlage wertgeminderter Gesellschafterforderungen in Kapitalgesellschaften,<br />
BB 1997, 2523 (2523); kritisch zB Bachl, Die finanzielle Sanierung in<br />
Handels- und Steuerrecht, in Bertl/Mandl/Mandl/<strong>Ruppe</strong>, Insolvenz – Sanierung – Liquidation<br />
(1998) 87 (101); Hoffmann, Kritische Anmerkungen zum sog Einlagebeschluß<br />
des Großen BFH-Senats, DB 1998, 1983 (1984); Hoffmann, Ermittlung des<br />
Einlagewerts beim Verzicht eines GmbH-Gesellschafters auf Pensionsanspruch, DStR<br />
1998, 237 (237 f).<br />
23 BFH 29.7.1997, VIII R 57/94, BFHE 184, 63, BStBl 1998 II 652.<br />
24 Siehe nur ErlRV 622 BlgNR XVII. GP, 17.<br />
25 Siehe Rz 2599 EStR 2000 idF vor dem Wartungserlass 2005 (AÖF 2006/114).<br />
26 Siehe R & R, Verzicht auf wertlose Gesellschafterforderung, FJ 1997, 247 (247);<br />
Bertl/Hirschler, Die handels- und steuerrechtliche Behandlung von Rangrücktritt und<br />
Forderungsverzicht, RWZ 1998, 11 (11); Schuchter, Forderungsverzicht des Gesellschafters<br />
und verdeckte Gewinnausschüttung: VwGH bestätigt BFH, RdW 1998,<br />
488 (488); Kirchmayr/Zöchling, Forderungsverzicht eines Gesellschafters, ÖStZ 1998,<br />
3 (3 ff); Doralt/Mayr, EStG 6 (2001) § 6 Tz 269; Dolezel-Huber/Rödler, Endgültiges<br />
Aus <strong>für</strong> die Sanierung von Unternehmen aufgrund der ertragsteuerlichen Konsequenzen?<br />
ecolex 2004, 634 (635); kritisch etwa Heinrich, Der Verzicht des Gesellschafters<br />
auf eine nicht mehr voll werthaltige Forderung, FJ 1997, 312 (312 ff); Bachl in<br />
Bertl/Mandl/Mandl/<strong>Ruppe</strong> (Hrsg), Insolvenz – Sanierung – Liquidation (1998) 87<br />
(99 ff); Heinrich, Forderungsverzicht des Gesellschafters: Bestätigt der VwGH<br />
tatsächlich den BFH? RdW 1999, 50 (50 ff); zusammenfassend zum Meinungsstand<br />
Achatz/G. Kofler in Feldbauer-Durstmüller/Schlager (Hrsg), Krisenmanagement – Sanierung<br />
– Insolvenz (2002) 823 (827 ff); Kauba, Gesellschaftlich veranlasste Forderungsverzichte<br />
und Schuldübernahmen, RdW 2004/400, 443 (443 f).
Der unbedingte Forderungsverzicht des Gesellschafters<br />
277<br />
sieren sei; die anschließende Konfusion der Forderung mit der im vollen<br />
Nennbetrag ausgewiesenen Verbindlichkeit auf Gesellschaftsebene sei daher<br />
in Höhe des Differenzbetrages gewinnerhöhend. Basierend auf kritischen<br />
Überlegungen im Schrifttum 27 hat der VwGH dieser Ansicht allerdings in einem<br />
2005 ergangenen Erkenntnis 28 eine Absage erteilt. Im Sinne einer Vollneutralisierungstheorie<br />
sei die auf Gesellschaftsebene eintretende Betriebsvermögensmehrung<br />
unabhängig vom Wert der Forderung zur Gänze auf Basis<br />
des § 8 Abs 1 KStG zu neutralisieren, sofern der Verzicht selbst seine Wurzel<br />
im Gesellschaftsverhältnis habe. Das Erkenntnis des VwGH erwähnt allerdings<br />
weder das gesetzlich angelegte Zusammenspiel zwischen § 6 Z 14 lit b<br />
EStG und § 8 Abs 1 KStG, noch berücksichtigt es die Querwirkungen dieser<br />
Sichtweise mit anderen Bereichen des Steuerrechts. Nach einer Analyse der<br />
beiden denkbaren Lösungsansätze – Zwei-Stufen-Theorie einerseits und Vollneutralisierungstheorie<br />
andererseits – soll daher im Folgenden begründet<br />
werden, warum der Zwei-Stufen-Theorie im System des österreichischen<br />
Steuerrechts entgegen der Sichtweise des VwGH der Vorzug zu geben ist.<br />
Diese Analyse basiert auf der Rechtslage vor dem BudgetbegleitG 2007, in<br />
dem der Gesetzgeber die Rechtsprechung des VwGH – mE systemkonform –<br />
korrigiert hat (dazu Kapitel IV).<br />
II.2 Lösungsansätze<br />
II.2.1 Die Zwei-Stufen-Theorie<br />
Die steuerliche Behandlung von Einlagen in Körperschaften ist durch das Zusammenspiel<br />
von § 6 Z 14 lit b EStG und § 8 Abs 1 KStG geprägt: Entsprechend<br />
der schon vor Schaffung des § 6 Z 14 EStG vorherrschenden Ansicht 29<br />
27 Heinrich, Der Verzicht des Gesellschafters auf eine nicht mehr voll werthaltige Forderung,<br />
FJ 1997, 312 (312 ff).<br />
28 VwGH 23.9.2005, 2003/15/0078, ÖStZB 2006/130; dem folgend UFS Wien<br />
15.2.2006, RV/1885-W/04, sowie nunmehr auch Rz 2599 EStR 2000 idF Wartungserlass<br />
2005 (AÖF 2006/114); siehe zu diesem Erkenntnis aus dem Schrifttum beispielsweise<br />
Zorn, Verzicht des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft auf nicht voll<br />
werthaltige Forderungen, SWK 2005, S 913 (S 913 ff); Petritz, Steuersparmodell Forderungsverzicht<br />
im Konzern, GeS 2006, 125 (125 ff); Sauer, Kehrtwende in der steuerlichen<br />
Behandlung von Forderungsverzichten bei Kapitalgesellschaften! taxlex 2006,<br />
56 (56 ff); Puchinger/Grau, Erlass einer nicht mehr voll werthaltigen Forderung –<br />
VwGH widerspricht BFH, FJ 2006, 175 (175 ff); weiters Kanduth-Kristen, Steuerliche<br />
Behandlung von Schulderlässen und Sanierungsgewinnen, taxlex 2006, 436<br />
(440).
278 Georg Kofler<br />
ist sowohl auf Seiten des Gesellschafters als auch auf Seiten der Gesellschaft<br />
von einem Austausch von Vermögen gegen eine Gewährung oder Werterhöhung<br />
von Gesellschaftsrechten auszugehen, 30 deren Bewertung nicht nach<br />
§ 6 Z 5 EStG mit dem <strong>Teil</strong>wert, 31 sondern auf Basis des § 6 Z 14 lit b EStG<br />
mit dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsgutes erfolgt; diese societatis<br />
causa erfolgte Mehrung des Gesellschaftsvermögens ist sodann im Wege<br />
des § 8 Abs 1 KStG zu neutralisieren. 32 Die im überwiegenden Schrifttum 33<br />
und auch der bisherigen Verwaltungspraxis 34 vertretene Zwei-Stufen-Theorie<br />
sieht auch den Forderungsverzicht des Gesellschafters sowohl von § 6 Z 14<br />
lit b EStG als auch von § 8 Abs 1 KStG erfasst an und behilft sich zur Determinierung<br />
der Rechtsfolgen der Fiktion einer Einlage der Forderung mit<br />
nachfolgender Confusio iSd § 1445 ABGB auf Ebene der Gesellschaft: Es<br />
werde in einem ersten Schritt die Forderung in die Gesellschaft eingelegt, die<br />
auf Gesellschaftsebene nach § 6 Z 14 lit b EStG zu bewerten und nach § 8<br />
Abs 1 KStG zu neutralisieren sei; der Confusiogewinn ergebe sich demnach in<br />
einem zweiten Schritt aus der Differenz zwischen dem nach § 6 Z 14 lit b<br />
EStG ermittelten Wert der Forderung und dem Buchwert der Verbindlichkeit.<br />
Die Zwei-Stufen-Theorie basiert zunächst auf der gesicherten Prämisse,<br />
dass § 6 Z 14 lit b EStG sowohl <strong>für</strong> den Einlegenden als auch <strong>für</strong> die Gesellschaft<br />
maßgeblich ist. Dieses von der hA 35 vertretene Verständnis ergibt sich<br />
nicht nur aus dem Wortlaut der Bestimmung 36 und der erklärten Intention des<br />
29 Dazu jüngst Staringer, Einlagen in Körperschaften und Umgründungen, in:<br />
Lang/Schuch/Staringer (Hrsg) Handbuch des Bilanzsteuerrechts, GedS Gassner (2005)<br />
429 (432 f mwN); weiters etwa Gassner, Die Bewertung von Entnahmen und Einlagen,<br />
verdeckten Gewinnausschüttungen und verdeckten Einlagen, in Raupach (Hrsg),<br />
Werte und Wertermittlung im Steuerrecht (1984), 245 (249 f); Bauer/ Quantschnigg/Schellmann/Werilly,<br />
KStG, § 8 Tz 13 mwN; <strong>für</strong> wN auch zur Gegenansicht in der<br />
Handelsbilanz siehe Doralt/Mayr, EStG 6 (2001) § 6 Tz 52.<br />
30 Siehe zur Anwendung des § 6 Z 14 lit b EStG auch auf Seiten der Gesellschaft zB<br />
ErlRV 622 BlgNR XVII. GP, 17; Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG, § 8<br />
Tz 13; Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG, § 8 Anm 6; Doralt/Mayr, EStG 6<br />
(2001) § 6 Tz 61.<br />
31 Dies ist unstrittig; siehe nur ErlRV 622 BlgNR XVII. GP, 17, und nunmehr auch<br />
VwGH 23.9.2005, 2003/15/0078, ÖStZB 2006/130, 164.<br />
32 In Wiederholung des Selbstverständlichen ist zu bemerken, dass § 4 Abs 1 EStG auf<br />
die Einlage eines Gesellschafters in eine Körperschaft keine Anwendung findet; siehe<br />
nur Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG (1996) § 8 Anm 3.<br />
33 Doralt/Mayr, EStG 6 (2001) § 6 Tz 269 mwN.<br />
34 Rz 2599 EStR 2000 idF vor dem Wartungserlass 2005 (AÖF 2006/114).<br />
35 Siehe nur Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG, § 8 Tz 13; Doralt/Mayr,<br />
EStG 6 (2001) § 6 Tz 61; Staringer in Lang/Schuch/Staringer (Hrsg) Handbuch des Bilanzsteuerrechts,<br />
GedS Gassner (2005) 429 (433).<br />
36 Arg „jeweils“ in § 6 Z 14 lit a erster Satz EStG.
Der unbedingte Forderungsverzicht des Gesellschafters<br />
279<br />
Gesetzgebers, 37 sondern auch aus der unbestrittenen und zutreffenden Lösung<br />
diverser Kollateralfragestellungen, wie beispielsweise der Möglichkeit der Gesellschaft,<br />
Investitionsbegünstigungen <strong>für</strong> eingelegte Wirtschaftsgüter in Anspruch<br />
zu nehmen. 38 Der Zwei-Stufen-Theorie liegt weiters die nicht von der<br />
Hand zu weisende Überlegung zu Grunde, dass der Schulderlass nicht anders<br />
beurteilt werden könne, als die Einlage einer Forderung mit anschließender<br />
Konfusion auf Gesellschaftsebene 39 und letztgenannter Vorgang sowohl von § 6<br />
Z 14 lit b EStG als auch von § 8 Abs 2 KStG erfasst sei. Auf Basis dieser zutreffenden<br />
Prämisse scheint der Zugang zum gesetzlichen Korsett klar eröffnet: § 6<br />
Z 14 EStG spricht der Einlage „von Wirtschaftsgütern und sonstigem Vermögen“,<br />
§ 8 Abs 1 KStG spricht von Einlagen „jeder Art“, und die gesellschaftsrechtlich<br />
veranlasste Einlage einer Forderung erfüllt die Tatbestandsmerkmale beider<br />
Normen. 40 Hier könnte man allerdings auf eine – leicht zu nehmende – konzeptionelle<br />
Hürde stoßen: Im Rahmen der Zwei-Stufen-Theorie bedarf es nämlich<br />
– zumindest <strong>für</strong> die berühmte juristische Sekunde – eines Ansatzes und einer<br />
Bewertung der eingelegten Forderung auf Gesellschaftsebene. Allerdings<br />
führt § 1445 ABGB beim Zusammenfallen einer nicht verbrieften Forderung<br />
und der korrespondierenden Verbindlichkeit bei einer Person zu einem unmittelbaren<br />
Erlöschen der Forderung. 41 Kann aber die Gesellschaft – nicht einmal<br />
<strong>für</strong> die juristische Sekunde – ihr eigener Schuldner sein, könnte der Ansatz der<br />
Forderung und auch die Anwendbarkeit des § 6 Z 14 lit b EStG bezweifelt werden.<br />
42 Den Ausweg aus diesem Dilemma scheint aber der Wortlaut des § 6<br />
Z 14 lit b EStG selbst anzubieten: Demnach „gilt“ die Einlage von Wirtschaftsgütern<br />
und sonstigem Vermögen in eine Körperschaft als Tausch iSd § 6 Z 14<br />
lit a EStG; diese gesetzliche Fiktion scheint stark genug, auch im Confusiofall<br />
die Bewertungsfähigkeit der Forderung <strong>für</strong> steuerliche Zwecke zu begründen. 43<br />
37 ErlRV 622 BlgNR XVII. GP, 17.<br />
38 Rz 2597 EStR 2000; Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG, § 8 Tz 13.<br />
39 Siehe auch BFH 9.6.1997, GrS 1/94, BFHE 183, 187, BStBl 1998 II 307.<br />
40 Zur Wirtschaftsguteigenschaft von Forderungen siehe nur Doralt, EStG 7 (2002) § 4<br />
Tz 52.<br />
41 Heidinger in Schwimann, ABGB VI 3 (2006) § 1445 Rz 1; siehe aus steuerlicher Sicht<br />
auch Rz 2426 EStR 2000; Doralt/Mayr, EStG 6 (2001) § 6 Tz 272.<br />
42 Siehe auch Roser, Gedanken zum Gesellschafterverzicht, DB 1996, 1303 (1304);<br />
Roser, Gesellschaftereinlagen im Lichte des Beschlusses des Großen Senats des BFH v<br />
9.6.1997 – 1 GrS 1/94, GmbHR 1998, 301 (302); weiters Hoffmann, Verzicht und<br />
Einlage, BB 1995, 614 (614 mwN).<br />
43 So auch bei vergleichbarer Zivilrechtslage, aber ohne eine dem § 6 Z 14 lit b EStG vergleichbare<br />
Vorschrift im deutschen Recht das Ergebnis des BFH 9.6.1997, GrS 1/94,<br />
BFHE 183, 187, BStBl 1998 II 307. Im Übrigen wird auch im Gesellschaftsrecht die<br />
Einbringung von Forderungen gegen die Gesellschaft als Sacheinlage betrachtet; siehe<br />
nur Koppensteiner, GmbHG 2 (1998) § 6 Rz 16 und § 63 Rz 15 mwN.
280 Georg Kofler<br />
Im Rahmen des Zwei-Stufen-Konzeptes besteht somit die problematische<br />
Frage zunächst darin, wie die eingelegte Forderung zu bewerten ist. Die<br />
Tauschfiktion des § 6 Z 14 lit b EStG lässt sich nämlich nur auf Seiten des<br />
Gesellschafters relativ problemlos anwenden: Die Anschaffungskosten der<br />
Werterhöhung seiner Anteilsrechte entsprechen dem gemeinen Wert der von<br />
ihm nachgelassenen Forderung; im Falle der nicht vollen Werthaltigkeit wird<br />
der gemeine Wert entsprechend unter dem Nennwert der Forderung liegen<br />
und auch deren <strong>Teil</strong>wert entsprechen. 44 Problematisch ist jedoch die Bewertung<br />
auf Gesellschaftsseite. Sofern nicht neue Anteile ausgegeben werden,<br />
gibt sie im Austausch <strong>für</strong> die eingelegte Forderung eine Wertsteigerung der<br />
Anteilsrechte hin, deren gemeiner Wert nach § 6 Z 14 lit b EStG als Anschaffungskosten<br />
der Gesellschaft <strong>für</strong> die eingelegte Forderung im Rahmen des<br />
Tausches maßgeblich ist. 45 Der Wert der hingegebenen Gesellschaftsrechte<br />
lässt sich freilich idR nicht bestimmen, da sie bei genauerer Betrachtung aus<br />
in Zukunft zu erwartenden Gewinnanteilen oder einer Beteiligung am Liquidationserlös<br />
bzw – bei namhaften Leistungen – in einer Steigerung des<br />
Marktwerts bestehen. 46 Daher scheiden sich auch die Geister: Während die<br />
hA im Schrifttum 47 und die Finanzverwaltung 48 auf eine aus dem unterstellten<br />
Austausch gleichwertiger Leistungen abgeleitete Wertverknüpfung<br />
44 Dazu auch unten FN 52.<br />
45 Siehe etwa Heinrich, Der Verzicht des Gesellschafters auf eine nicht mehr voll werthaltige<br />
Forderung, FJ 1997, 312 (314).<br />
46 Hueber/H. Kofler in H. Kofler/Nadvornik/Pernsteiner/Vodrazka (Hrsg), Handbuch Bilanz<br />
und Abschlußprüfung 3 (2001) § 203 Abs 2 Rz 24.<br />
47 R & R, Verzicht auf wertlose Gesellschafterforderung, FJ 1997, 247 (247); Bertl/Hirschler,<br />
Die handels- und steuerrechtliche Behandlung von Rangrücktritt und Forderungsverzicht,<br />
RWZ 1998, 11 (11); Kirchmayr/Zöchling, Forderungsverzicht eines Gesellschafters,<br />
ÖStZ 1998, 3 (3 ff); Doralt/Mayr, EStG 6 (2001) § 6 Tz 269; Dolezel-<br />
Huber/Rödler, Endgültiges Aus <strong>für</strong> die Sanierung von Unternehmen aufgrund der ertragsteuerlichen<br />
Konsequenzen? ecolex 2004, 634 (634 f); siehe auch Wiesner in<br />
Doralt/Hassler/Kranich/Nolz/Quantschnigg (Hrsg), Die Besteuerung der Kapitalgesellschaft,<br />
FS Bauer (1986) 349 (360); Paukowitsch/Achatz, Verdeckte Ausschüttungen –<br />
verdeckte Einlagen, in Bertl/Mandl/Mandl/<strong>Ruppe</strong>, Die Kapitalgesellschaft nach der<br />
Steuerreform 1988 (1989) 125 (147); kritisch Heinrich, Forderungsverzicht des Gesellschafters:<br />
Bestätigt der VwGH tatsächlich den BFH? RdW 1999, 50 (51); Gassner,<br />
Die Bilanzierung von offenen und verdeckten Einlagen und Entnahmen, in Bertl/<br />
Mandl/Mandl/<strong>Ruppe</strong> (Hrsg), Praxisfragen der Bilanzierung (1991) 33 (71).<br />
48 Rz 2597 EStR 2000 und Rz 676 KStR 2001; siehe auch Rz 2599 EStR 2000 idF vor<br />
dem Wartungserlass 2005 (AÖF 2006/114); siehe zur Wertverknüpfung auch Bauer/<br />
Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG, § 8 Tz 13 f mwN; Wiesner, Einlagen und<br />
Entnahmen, RWZ 2005/99, 332 (332 ff).
Der unbedingte Forderungsverzicht des Gesellschafters<br />
281<br />
zurückgreifen und deshalb – hilfsweise 49 – auf den gemeinen Wert der eingelegten<br />
Forderung zurückgreifen, wird im Schrifttum auch die nicht näher begründete<br />
Ansicht vertreten, dass der gemeine Wert der Wertsteigerung der<br />
Anteilsrechte dem Buchwert der Verbindlichkeit auf Gesellschaftsebene entspreche.<br />
50 Diese unterstellte Korrespondenz der Wertsteigerung mit dem<br />
Buchwert der Verbindlichkeit erscheint freilich nicht nur kontraintuitiv, sondern<br />
hält wohl auch einer Analyse im breiteren Kontext nicht stand. 51 Es<br />
49 Siehe nur Rz 2593 EStR 2000 („ist […] zulässig“); einer verpflichtenden korrespondierenden<br />
Bewertung bei Gesellschaft und Gesellschafter steht bereits der insofern<br />
klare Wortlaut des § 6 Z 14 lit a EStG entgegen, eine solche wird daher im Schrifttum<br />
zu Recht abgelehnt; vgl nur Gassner, Die Bilanzierung von offenen und verdeckten<br />
Einlagen und Entnahmen, in Bertl/Mandl/Mandl/<strong>Ruppe</strong> (Hrsg), Praxisfragen der Bilanzierung<br />
(1991) 33 (71); Doralt, EStG 7 (2001) § 4 Tz 110; Doralt/Mayr, EStG 6<br />
(2001) § 6 Tz 52.<br />
50 Heinrich, Der Verzicht des Gesellschafters auf eine nicht mehr voll werthaltige Forderung,<br />
FJ 1997, 312 (312 ff); Heinrich, Forderungsverzicht des Gesellschafters: Bestätigt<br />
der VwGH tatsächlich den BFH? RdW 1999, 50 (51 mit FN 16); Staringer in<br />
Lang/Schuch/Staringer (Hrsg), Handbuch des Bilanzsteuerrechts, GedS Gassner<br />
(2005) 429 (440); Beiser, Steuern 5 (2007) 179 f.<br />
51 Überzeugend Wiesner, Einlagen und Entnahmen, RWZ 2005/99, 332 (332 ff); ausführlich<br />
bereits Achatz/G. Kofler in Feldbauer-Durstmüller/Schlager (Hrsg), Krisenmanagement<br />
– Sanierung – Insolvenz (2002) 823 (827 ff). Blendet man überdies § 6<br />
Z 14 lit b EStG aus, so würde die Bewertungsvorschrift des § 6 Z 5 EStG die Bewertung<br />
verdeckter Einlagen in Kapitalgesellschaften tragen (siehe Gassner in Raupach<br />
[Hrsg], Werte und Wertermittlung im Steuerrecht (1984), 245 [249 f]). Die danach<br />
erforderliche Bewertung mit dem <strong>Teil</strong>wert der Verbindlichkeit lässt sich allerdings im<br />
Lichte des § 6 Z 1 EStG nur dadurch konkretisieren, unter dem <strong>Teil</strong>wert jene hypothetische<br />
Gesamtkaufpreiserhöhung zu verstehen, die im Falle des Verbindlichkeitswegfalls<br />
entstünde. Diese entspricht dem Wert der Forderung auf Gläubigerseite (aA<br />
zB Marx, Verdeckte Einlagen als Problemfälle der Rechnungslegung und Besteuerung,<br />
FR 1995, 453 [453 mwN]; Heinrich, Der Verzicht des Gesellschafters auf eine<br />
nicht mehr voll werthaltige Forderung, FJ 1997, 312 [314]; Beiser, Steuern 5 [2007]<br />
179 f; siehe auch Bachl in Bertl/Mandl/Mandl/<strong>Ruppe</strong>, Insolvenz – Sanierung – Liquidation<br />
[1998] 87 [103]). Gegen diese Überlegungen könnte eingewendet werden,<br />
dass die Einlage dann im Grunde mit den ersparten Aufwendungen zur Forderungsbeseitigung<br />
bewertet wird und in Wahrheit geprüft werden müsse, welchen Wert die<br />
Entlastung der Gesellschaft von der Verbindlichkeit hat. Formalrechtlich betrachtet<br />
„lastet“ vor dem Verzicht nach wie vor der Nominalwert der Verbindlichkeit auf der<br />
Gesellschaft. Wirtschaftlich betrachtet wird man aber über die Bilanz der Gesellschaft<br />
hinauszublicken haben: Es kann nämlich bilanzsteuerrechtlich keinen Unterschied<br />
machen kann, ob der unterstellte Unternehmenserwerber dem Gläubiger die Forderung<br />
zuvor ablöst und dann die Gesellschaft erwirbt, oder die Gesellschaft zuerst erwirbt<br />
und dann die Forderung ablöst (siehe auch BFH 9.6.1997, GrS 1/94, BFHE<br />
183, 187, BStBl 1998 II 307); so und so hat er <strong>für</strong> die Beseitigung der Verbindlichkeit
282 Georg Kofler<br />
spricht daher im Rahmen der Zwei-Stufen-Theorie Vieles da<strong>für</strong>, eine Bewertung<br />
der Einlage iSd § 6 Z 14 lit b EStG mit dem werthaltigen <strong>Teil</strong> der Forderung<br />
vorzunehmen und diesen Betrag nach § 8 Abs 1 KStG zu neutralisieren,<br />
während darüber hinaus die Confusion mit der Verbindlichkeit in Höhe<br />
der Differenz zwischen deren Nennwert und dem Wert der Forderung 52 gewinnerhöhend<br />
ist. 53<br />
Für dieses Ergebnis lässt sich auch der Telos des § 8 Abs 1 KStG heranziehen.<br />
Diese Bestimmung dient einer Neutralisierung jener Vermehrungen<br />
des Gesellschaftsvermögens, die sich außerhalb der steuerlich relevanten Einkunftsarten<br />
abspielt und sich vielmehr aus einer im Gesellschaftsverhältnis<br />
wurzelnden Vermögenszufuhr ergeben. 54 Nun bleiben Einlagen iSd § 8 Abs 1<br />
KStG aber lediglich „insoweit“ außer Ansatz, als sie von Personen in ihrer Eigenschaft<br />
als Gesellschafter geleistet werden. Aufgrund dieser Einschränkung<br />
ist auch unbestritten, dass die gesellschaftsrechtliche Wurzel auch die Höhe<br />
der Einlage determiniert. So ist etwa bei allgemeinen Sanierungsmaßnahmen<br />
eine verdeckte Einlage durch den Forderungsverzicht eines Gesellschafters<br />
nur „insoweit“ anzunehmen, als er – prozentuell – über den Verzicht Dritter<br />
hinausgeht. 55 Denkbar wäre es nun, umgekehrt auch bei einer unzweifelhaft<br />
gesellschaftsrechtlicher Wurzel des Verzichts auf eine nicht mehr voll werthaltige<br />
Forderung dem Begriff „insoweit“ einen Fremdvergleichsmaßstab beizumessen.<br />
Demnach könnte der Gesellschafter überhaupt nur in Höhe der<br />
Werthaltigkeit der Forderung eine – nach § 8 Abs 1 KStG zu neutralisierende<br />
– Einlage leisten. Dies ließe sich einerseits damit begründen, dass der Gesellschafter<br />
nur real existierende Vermögenswerte einlegen kann, 56 und anderer-<br />
den Wert der Forderung auf Gläubigerseite aufzuwenden; dieser wiederum entspricht<br />
dem Betrag, den der Gläubiger bei einer Veräußerung der Forderung von einem Dritten<br />
erhalten hätte (vgl zB BFH 31.10.2000, VIII R 47/98, BFH/NV 2001, 589). Für<br />
eine ausführliche und kritische Analyse auch aus gesellschaftsrechtlicher Sicht siehe<br />
Hoffmann, Sind wertlose Forderungen gegen Kapitalgesellschaften zum Nennwert<br />
einlagefähig? BB 1992, 575 (575 ff).<br />
52 Wobei davon ausgegangen werden kann, dass Differenzen zwischen <strong>Teil</strong>wert und gemeinem<br />
Wert von Forderungen eher von theoretischem Interesse sind; siehe auch<br />
Nolz in Doralt/Hassler/Kranich/Nolz/Quantschnigg (Hrsg), Die Besteuerung der Kapitalgesellschaft,<br />
FS Bauer (1986) 191 (200); BFH 26.8.1955, III 133, 134/55 S,<br />
BFHE 61, 207, BStBl 1955 III 278; BFH 29.7.1997, VIII R 57/94, BFHE 184, 63,<br />
BStBl 1998 II 652; BFH 31.10.2000, VIII R 47/98, BFH/NV 2001, 589.<br />
53 Siehe dazu unten Kapitel II.3.; ebenso Achatz/G. Kofler in Feldbauer-Durstmüller/<br />
Schlager (Hrsg), Krisenmanagement – Sanierung – Insolvenz (2002) 823 (827 ff).<br />
54 Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG, § 8 Tz 5.<br />
55 Siehe auch Nolz in Doralt/Hassler/Kranich/Nolz/Quantschnigg (Hrsg), Die Besteuerung<br />
der Kapitalgesellschaft, FS Bauer (1986) 191 (199).<br />
56 In diesem Sinne auch UFS 14.4.2004, RV/2107-L/02.
Der unbedingte Forderungsverzicht des Gesellschafters<br />
283<br />
seits, dass der höhere Vermögenszuwachs bei der Gesellschaft in Höhe der<br />
Differenz zum Verbindlichkeitsbuchwert auch dann eingetreten wäre, wenn<br />
ein Nichtgesellschafter den Forderungsverzicht erklärt hätte. 57 Diese Ansicht<br />
wurde letztlich auch implizit vom Großen Senat des BFH vertreten, zumal<br />
nach dessen Ansicht von einer Einlage nur in Höhe des werthaltigen <strong>Teil</strong>s der<br />
Forderung gesprochen werden könne, sie darüber hinaus sie jedoch nicht<br />
durch das Gesellschaftsverhältnis verursacht sei und entsprechend bei der Gesellschaft<br />
zu einem Ertrag führe. 58 Dies ist wiederum konsistent mit der gesellschaftsrechtlichen<br />
Rechtsprechung des BGH, wonach die Einlage einer<br />
Gesellschafterforderung gegen die Gesellschaft nur in Höhe des effektiven<br />
Wertes zur Tilgung einer Einlageverpflichtung dienen kann. 59 Auf dieser Linie<br />
liegt dann auch die österreichische Rechtsprechung, die den Verzicht auf<br />
oder die Verrechnung mit einer Gesellschafterforderung als Sach- bzw Bareinlage<br />
betrachtet, hier<strong>für</strong> aber ebenfalls die Unbestrittenheit, Fälligkeit und<br />
Vollwertigkeit der Gesellschafterforderung vorausgesetzt; 60 daraus folgert die<br />
hA, dass gesellschaftsrechtlich eine Forderung insofern (nur) im Ausmaß ihrer<br />
Werthaltigkeit auf die Erfüllung der Einlageverpflichtung angerechnet<br />
werden kann. 61<br />
II.2.2 Die Vollneutralisierungstheorie<br />
Dem bewertungsorientierten Ansatz der Zwei-Stufen-Theorie auf Basis des<br />
§ 6 Z 14 lit b EStG lässt sich eine sphärenabgrenzungsorientierte Neutralisierungstheorie<br />
auf isolierter Basis des § 8 Abs 1 KStG gegenüberstellen. Letztgenannte<br />
These wurde in Österreich nicht nur von Heinrich62 angedacht und<br />
unlängst auch vom VwGH63 präferiert, sondern war – bis zum gegenteiligen<br />
Beschluss des Grossen Senates des BFH vor mittlerweile einem Jahrzehnt –<br />
57 Wassermeyer, Zur Einlage nicht mehr werthaltiger Gesellschafter-Forderungen in das<br />
Vermögen einer Kapitalgesellschaft, DB 1990, 2288 (2288).<br />
58 BFH 29.7.1997, VIII R 57/94, BFHE 184, 63, BStBl 1998 II 652.<br />
59 BGH 26.3.1984, II ZR 14/84, BGHZ 90, 370; BGH 15.1.1990, II ZR 164/88,<br />
BGHZ 110, 47; BGH 21.2.1994, II ZR 60/93, BGHZ 125, 141; <strong>für</strong> eine ausführliche<br />
und kritische Analyse siehe Hoffmann, Sind wertlose Forderungen gegen Kapitalgesellschaften<br />
zum Nennwert einlagefähig? BB 1992, 575 (575 ff).<br />
60 Siehe zB OGH 24.8.1998, 8 Ob 64/98i, wbl 1999/23, 39; zur Einlage einer Forderung<br />
auch OGH 25.9.1997, 6 Ob 264/97k, ecolex 1998, 485 m Anm Konwitschka;<br />
siehe auch die umfangreichen Nachweise bei Koppensteiner, GmbHG 2 (1998) § 63<br />
Rz 15 und Rz 19.<br />
61 Konwitschka, ecolex 1998, 485; Koppensteiner, GmbHG 2 (1998) § 63 Rz 19 mwN.<br />
62 Heinrich, Der Verzicht des Gesellschafters auf eine nicht mehr voll werthaltige Forderung,<br />
FJ 1997, 312 (312 ff).<br />
63 VwGH 23.9.2005, 2003/15/0078, ÖStZB 2006/130, 164.
284 Georg Kofler<br />
auch die vorherrschende Sichtweise im deutschem Schrifttum: 64 Demnach sei<br />
die Ursache <strong>für</strong> den Forderungsverzicht und nicht der Wert der Forderung<br />
da<strong>für</strong> maßgebend, ob eine erfolgsneutrale Einlage vorliegt oder ob die Gesellschaft<br />
einen Gewinn erzielt. 65 Habe eine – wenn auch bloß bilanzielle –<br />
Vermögensmehrung ihre Wurzel im Gesellschaftsverhältnis, sei diese Vermögensmehrung<br />
unabhängig von der Bewertungsfrage 66 als Einlage zu neutrali-<br />
64 Siehe zB Hoffmann, Die Sanierung einer Kapitalgesellschaft durch Forderungsverzicht<br />
des Gesellschafters, BB 1991, 773 (773 ff); Knobbe-Keuk, Rangrücktrittsvereinbarung<br />
oder Forderungserlaß mit oder ohne Besserungsschein, StuW 1991, 306 (306 ff);<br />
Thiel, Einlagen in Kapitalgesellschaften – Aktuelle Steuerfragen bei der Gesellschaft<br />
und beim Gesellschafter, DStR 1992, 1 (1 ff); Thiel, Im Grenzbereich zwischen Eigen-<br />
und Fremdkapital – Ein Streifzug durch die ertragsteuerlichen Probleme der Gesellschafter-Fremdfinanzierung,<br />
GmbHR 1992, 20 (23); Bullinger, Steuerliche Fragen<br />
von Gesellschafterdarlehen an die GmbH, DStR 1993, 225 (225 ff); Häuselmann,<br />
Rangrücktritt versus Forderungsverzicht mit Besserungsabrede, BB 1993, 1552<br />
(1555); Groh, Eigenkapital in der Bilanz, BB 1993, 1882 (1882); Bruse/v. Braunschweig,<br />
Zur steuerlichen Behandlung des Verzichts auf nicht werthaltige Gesellschafterdarlehen,<br />
DB 1993, 2302 (2303); Orth, Bewertung verdeckter Einlagen durch Verzicht<br />
auf nicht vollwertige Forderungen, FR 1994, 251 (251 ff); Hoffmann, Verzicht<br />
und Einlage, BB 1995, 614 (614 ff); Hoffmann, Der Verzicht des Gesellschafters auf<br />
Forderungen gegen die Kapitalgesellschaft, DStR 1995, 77 (77 ff); Rautenberg/Schaufenberg,<br />
Die steuerliche Behandlung des Darlehenserlasses mit Besserungsvereinbarung,<br />
DB 1995, 1345 (1345 ff); Marx, Verdeckte Einlagen als Problemfälle der Rechnungslegung<br />
und Besteuerung, FR 1995, 453 (453 ff); Meilicke/ Pohl, Die<br />
Forderungseinlage bei sanierungsbedürftigen Kapitalgesellschaften, FR 1995, 877<br />
(877 ff); Beiser, Gesellschaftereinlage oder Leistungsaustausch, StuW 1996, 62<br />
(62 ff); Roser, Gedanken zum Gesellschafterverzicht, DB 1996, 1303 (1303 ff); aA<br />
waren zB Wassermeyer, Zur Einlage nicht mehr werthaltiger Gesellschafter-Forderungen<br />
in das Vermögen einer Kapitalgesellschaft, DB 1990, 2288 (2288 f); Eppler, Das<br />
Quasi-Eigenkapital bei der GmbH als steuerrechtliches Problem, DB 1991, 195<br />
(196); Elberg, Nochmals: Bewertung verdeckter Einlagen durch Verzicht auf nicht<br />
vollwertige Forderungen, FR 1994, 391 (391 ff); Weber-Grellet, Verzicht und Einlage,<br />
BB 1995, 243 (243 ff).<br />
65 Vgl etwa Thiel, Im Grenzbereich zwischen Eigen- und Fremdkapital – Ein Streifzug<br />
durch die ertragsteuerlichen Probleme der Gesellschafter-Fremdfinanzierung,<br />
GmbHR 1992, 20 (23); Knobbe-Keuk, Rangrücktrittsvereinbarung oder Forderungserlaß<br />
mit oder ohne Besserungsschein, StuW 1991, 306 (308); ähnlich Bruse/v.<br />
Braunschweig, Zur steuerlichen Behandlung des Verzichts auf nicht werthaltige Gesellschafterdarlehen,<br />
DB 1993, 2302 (2303); Hoffmann, Verzicht und Einlage, BB<br />
1995, 614 (615).<br />
66 Siehe auch Roser, Gedanken zum Gesellschafterverzicht, DB 1996, 1303 (1303); Rautenberg/Schaufenberg,<br />
Die steuerliche Behandlung des Darlehenserlasses mit Besserungsvereinbarung,<br />
DB 1995, 1345 (1348).
Der unbedingte Forderungsverzicht des Gesellschafters<br />
285<br />
sierten. 67 Eine kongruente Erfassung bei der empfangenden Kapitalgesellschaft<br />
auf der einen Seite und dem verzichtenden Gesellschafter auf der anderen<br />
Seite sei aufgrund des Imparitätsprinzips gerade nicht gefordert. 68 Verzichtet<br />
der Gesellschafter daher ausschließlich aus gesellschaftlichen Gründen<br />
auf eine nicht voll werthaltige Forderung, so wäre aufgrund der durch § 8<br />
Abs 1 KStG bezweckten Sphärentrennung die bilanziell erfolgte Vermögensmehrung<br />
durch Wegfall der Verbindlichkeit auf Gesellschaftsebene zu neutralisieren,<br />
zumal dieser Wegfall nicht aus ihrer betrieblicher Tätigkeit resultiert,<br />
sondern seine Wurzel ausschließlich im Gesellschaftsverhältnis hat. Unabhängig<br />
vom Wert der Forderung auf Gesellschafterseite wäre demnach die Vermögensmehrung<br />
auf Gesellschaftsseite vollständig zu neutralisieren.<br />
Die Übernahme der Überlegungen des deutschen Schrifttums in das<br />
österreichische Recht stösst freilich unmittelbar auf Grenzen, zumal es im<br />
deutschen Recht an einer dem § 6 Z 14 lit b EStG entsprechenden Vorschrift<br />
mangelt. Demgegenüber unterliegen nach dem gesetzlichen Konzept in<br />
Österreich offene und verdeckte Einlagen „von Wirtschaftsgütern und sonstigem<br />
Vermögen“ umfassend und abschließend der Tauschfiktion. Die Neutralitätstheorie<br />
setzt damit wohl voraus, dass die fragliche Einlage nicht unter<br />
die Bewertungsregel des § 6 Z 14 lit b EStG fällt, jedoch von § 8 Abs 1 KStG<br />
erfasst ist. Gerade der Schulderlass iSd § 1444 ABGB könnte sich auf diesem<br />
schmalen Grat bewegen. Der VwGH scheint – ohne nähere Begründung –<br />
offenbar diesen Weg zu beschreiten: 69 Habe der Wegfall der Schuld seine Veranlassung<br />
nämlich im Gesellschaftsverhältnis, sei die gesamte Vermögensmehrung<br />
eine steuerlich neutrale Einlage iSd § 8 Abs 1 KStG. Anders als der<br />
BFH vertritt der VwGH daher unter Hinweis auf die Überlegungen von<br />
Heinrich 70 „die Ansicht, dass der Schulderlass als ein gesellschaftsrechtlich veranlasster<br />
(einheitlicher) Vorgang auf Seiten der Schuldnergesellschaft nicht in zwei<br />
Vorgänge aufgeteilt werden kann. Für die Betriebsvermögensmehrung, welche<br />
durch den auf die Gesellschafterstellung zurückzuführenden Schulderlass (Forde-<br />
67 Dazu Bachl in Bertl/Mandl/Mandl/<strong>Ruppe</strong> (Hrsg), Insolvenz – Sanierung – Liquidation<br />
(1998) 87 (100); Orth, Bewertung verdeckter Einlagen durch Verzicht auf nicht vollwertige<br />
Forderungen, FR 1994, 251 (252).<br />
68 Vgl etwa Thiel, Im Grenzbereich zwischen Eigen- und Fremdkapital – Ein Streifzug<br />
durch die ertragsteuerlichen Probleme der Gesellschafter-Fremdfinanzierung,<br />
GmbHR 1992, 20 (23); Häuselmann, Rangrücktritt versus Forderungsverzicht mit<br />
Besserungsabrede, BB 1993, 1552 (1555).<br />
69 VwGH 23.9.2005, 2003/15/0078, ÖStZB 2006/130, 164; zustimmend Heinrich in<br />
Beiser/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, FS<br />
Doralt (2007) 91 (100).<br />
70 Heinrich, Der Verzicht des Gesellschafters auf die nicht mehr voll werthaltige Forderung,<br />
FJ 1997, 312 (312 ff).
286 Georg Kofler<br />
rungsverzicht) bewirkt wird, findet sich in keiner Weise, also auch nicht insoweit<br />
eine betriebliche Veranlassung, als die Forderung auf Seiten des Gläubigers als<br />
nicht mehr werthaltig angesehen wird“.<br />
Die nähere Begründung <strong>für</strong> diese Ansicht bleibt der VwGH allerdings<br />
schuldig. Offenbar liegen der Entscheidung des VwGH hier aber im Wesentlichen<br />
drei Überlegungen zu Grunde: 71 Erstens sei die Zwei-Stufen-Theorie<br />
schon deswegen abzulehnen, weil die Forderungseinlage eine vollkommen<br />
unübliche Vorgehensweise und daher nicht die Übertragung des Wirtschaftsgutes<br />
„Forderung“, sondern der Schulderlass per se zu beurteilen sei; 72 ist aber<br />
Gegenstand der Einlage der weggefallene Passivposten, so sollte auch die<br />
Betriebsvermögensmehrung ebenfalls zur Gänze als durch das Gesellschaftsverhältnis<br />
veranlasst zu behandeln sein. Zweitens sei zwischen Neutralstellungsnomen<br />
wie § 4 Abs 1 EStG und § 8 Abs 1 KStG einerseits und Abgrenzungsnormen<br />
wie § 6 Z 4 und 5 bzw 6 Z 14 EStG andererseits zu<br />
unterscheiden: Während die einen aufzeigen, dass nicht betrieblich veranlasste<br />
Vermögensmehrungen oder Vermögensminderungen den steuerlichen<br />
Gewinn nicht beeinflussen können, dienen die anderen über die bloße Neutralstellung<br />
von Entnahmen und Einlagen hinaus dazu, dass der Betriebsgewinn<br />
(nur) durch jene Wertänderungen eines Wirtschaftsgutes beeinflusst<br />
wird, die das Wirtschaftsgut während der Zeit seiner Zugehörigkeit zum Betrieb<br />
erfahren hat. Allerdings, und drittens, leite sich zwar die Bewertung<br />
einer Einlage nach § 8 Abs 1 KStG grundsätzlich aus § 6 Z 14 lit b EStG ab.<br />
Dieser finde aber lediglich bei <strong>für</strong> die Bewertung der Einlage „von Wirtschaftsgütern“<br />
73 Anwendung; da aber der Schulderlass kein Wirtschaftsgut darstelle,<br />
müsse sich die Rechtsfolge ausschließlich aus § 8 Abs 1 KStG ergeben, zumal<br />
– anders als im deutschen Recht – auch nicht auf § 6 Z 5 EStG zurückgegriffen<br />
werden könne.<br />
71 Siehe den „Begründungsnachschub“ von Zorn, Verzicht des Gesellschafters einer<br />
Kapitalgesellschaft auf nicht voll werthaltige Forderungen, SWK 2005, S 913<br />
(S 913 ff).<br />
72 So bereits Heinrich, Forderungsverzicht des Gesellschafters: Bestätigt der VwGH<br />
tatsächlich den BFH? RdW 1999, 50 (50 f); zustimmend auch Petritz, Steuersparmodell<br />
Forderungsverzicht im Konzern, GeS 2006, 125 (125 ff).<br />
73 Der VwGH reduziert damit also den Anwendungsbereich des in § 6 Z 14 lit b EStG<br />
erwähnten „sonstigen Vermögens“ auf Betriebseinbringungen; siehe Zorn, Verzicht<br />
des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft auf nicht voll werthaltige Forderungen,<br />
SWK 2005, S 913 (S 913 ff).
Der unbedingte Forderungsverzicht des Gesellschafters<br />
II.3 Würdigung und Kritik<br />
287<br />
Sowohl die Zwei-Stufen-Theorie als auch die Neutralisierungstheorie haben<br />
schlagkräftige Argumente <strong>für</strong> sich. Sie führen aber nur dann zu gleichen Ergebnissen,<br />
wenn man entgegen der hier vertretenen Ansicht mit <strong>Teil</strong>en des<br />
Schrifttums im Rahmen der Zwei-Stufen-Theorie eine Bewertung der Einlage<br />
auf Gesellschaftsseite mit dem Buchwert der Verbindlichkeit annehmen<br />
möchte. 74 Die nunmehr vom VwGH präferierte Neutralisierungstheorie vermeidet<br />
demgegenüber die bei der – bisher von Lehre und Verwaltungspraxis<br />
vertretene – Zwei-Stufen-Theorie auftretenden Bewertungsprobleme und gelangt<br />
im Falle des Schulderlasses jedenfalls zu einer Vollneutralisierung des<br />
betriebsvermögenserhöhenden Verbindlichkeitswegfalles auf Gesellschaftsebene.<br />
Die Verwaltungspraxis hat dieses Ergebnis umgehend, wenn auch nicht<br />
ohne Bedenken 75 in die EStR 2000 aufgenommen 76 und zugleich darauf hingewiesen,<br />
dass in Zukunft der Frage des verdeckten Eigenkapitals sowie der<br />
betrieblichen Veranlassung eines Verzichts im Prüfungsalltag mehr Gewicht<br />
beizumessen sein werde. 77 Zweifelsfrei ist das Ergebnis des VwGH aus rechtspolitischer<br />
Sicht im Sinne einer – auch vom Gesetzgeber oftmals demonstrierten<br />
78 – Sanierungsfreundlichkeit des Steuerrechts durchaus zu begrüßen,<br />
zumal ein forderungsverzichtbedingter Gewinn oftmals aufgrund des § 2<br />
Abs 2b EStG nicht vollständig mit Verlusten verrechnet werden könnte und<br />
daher auf alternative Lösungsansätze wie zB Rangrücktritte zurückgegriffen<br />
werden müsste. 79 Darin liegt es dann wohl auch begründet, dass sich kritische<br />
Stimmen aus der Beratungspraxis noch nicht zu Wort gemeldet<br />
74 Dazu oben Kapitel II.2.1.<br />
75 Kolienz/Wiesner/Zöchling, Aktuelle Entwicklungen um Unternehmens- und Konzernsteuerrecht,<br />
RdW 2006/617, 658 (659).<br />
76 Siehe Rz 2599 EStR 2000 idF des Wartungserlasses 2005 (AÖF 2006/114).<br />
77 Kolienz/Wiesner/Zöchling, Aktuelle Entwicklungen um Unternehmens- und Konzernsteuerrecht,<br />
RdW 2006/617, 658 (659); zu praktischen „Gegenmaßnahmen“ durch<br />
eine „plakative“ Dokumentation der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung siehe bereits<br />
Sauer, Kehrtwende in der steuerlichen Behandlung von Forderungsverzichten bei<br />
Kapitalgesellschaften! taxlex 2006, 56 (56 ff).<br />
78 Dazu rechnen nicht nur die Begünstigungen von gewissen Schuldnachlässen gem<br />
§ 36 EStG bzw § 23a KStG, sondern etwa auch die Ausnahmen von der Verlustvortragsbegrenzung<br />
in § 2 Abs 2b Z 3 EStG und die durch das AbgÄG 2005 (BGBl I<br />
161/2005) erfolgte Ausdehnung des Liquidationszeitraumes in § 19 Abs 3 KStG auf<br />
5 Jahre; siehe dazu ausführlich Achatz/G. Kofler, Insolvenz und Steuern, in Bartsch/<br />
Pollak/Buchegger (Hrsg), Österreichisches Insolvenzrecht – Kommentar [in Druck].<br />
79 Dazu nur Sauer, Kehrtwende in der steuerlichen Behandlung von Forderungsverzichten<br />
bei Kapitalgesellschaften! taxlex 2006, 56 (56 ff).
288 Georg Kofler<br />
haben. 80 Nichtsdestoweniger ist das Erkenntnis des VwGH einer Vielzahl von<br />
Kritikpunkten ausgesetzt. 81 Es vermag im Lichte der gesetzlichen Systematik,<br />
die sich insbesondere auch aus Rückschlüssen zum UmgrStG offenbart, letztlich<br />
auch nicht zu überzeugen. Der Gesetzgeber des BudgetbegleitG 2007 hat<br />
mittlerweile entsprechend reagiert (dazu unten Kapitel IV).<br />
Schulderlass und Forderungsabtretung an den Schuldner sind wirtschaftlich<br />
durchaus gleichwertige Möglichkeiten zur Entschuldung einer Gesellschaft;<br />
in beiden Fällen geht auf Ebene der Gesellschaft die Verbindlichkeit<br />
unter. In dieser wirtschaftlichen Gleichwertigkeit erblickte die deutsche<br />
Rechtsprechung dann auch – zu Recht – ein Gebot der Gleichbehandlung:<br />
Die Abtretung der Forderung als Zuführung von Aktivvermögen könne nicht<br />
anderes beurteilt werden, als der Erlass einer Verbindlichkeit als Wegfall eines<br />
Passivpostens. 82 Auf Basis des Sachlichkeitsgebots des Art 7 B-VG bzw Art 2<br />
StGG scheint dieses Gleichbehandlungsgebot sogar in die Verfassungssphäre<br />
zu reichen, zumal der Unterschied im Faktischen die Reichweite der Unterschiede<br />
im Rechtlichen nicht zu tragen vermag. Wenn also die Einlage einer<br />
Forderung im Sinne der Zwei-Stufen-Theorie unter Gewinnrealisierung auf<br />
Ebene der Gesellschaft zu lösen ist, kann <strong>für</strong> den Schulderlass nichts Anderes<br />
gelten. 83 Dies ist im Schrifttum auch im Wesentlichen unstrittig. 84 Die Positi-<br />
80 Siehe zB die tendenziell zustimmenden Besprechungen von Petritz, Steuersparmodell<br />
Forderungsverzicht im Konzern, GeS 2006, 125 (125 ff); Sauer, Kehrtwende in der<br />
steuerlichen Behandlung von Forderungsverzichten bei Kapitalgesellschaften! taxlex<br />
2006, 56 (56 ff).<br />
81 Siehe auch Wiesner, Einlagen und Entnahmen, RWZ 2005/99, 332 (332 ff); Kolienz/<br />
Wiesner/Zöchling, Aktuelle Entwicklungen um Unternehmens- und Konzernsteuerrecht,<br />
RdW 2006/617, 658 (659).<br />
82 BFH 9.6.1997, GrS 1/94, BFHE 183, 187, BStBl 1998 II 307; siehe auch Roser, Gesellschaftereinlagen<br />
im Lichte des Beschlusses des Großen Senats des BFH v 9.6.1997 – 1<br />
GrS 1/94, GmbHR 1998, 301 (302); siehe auch Groh, Einlage wertgeminderter Gesellschafterforderungen<br />
in Kapitalgesellschaften, BB 1997, 2523 (2523); kritisch zB Bachl in<br />
Bertl/Mandl/Mandl/<strong>Ruppe</strong> (Hrsg), Insolvenz – Sanierung – Liquidation (1998) 87 (101);<br />
Hoffmann, Fragen und Gestaltungshinweise zur BFH-Entscheidung über den Forderungsverzicht<br />
des Gesellschafters, DStR 1997, 1625 (1626); Hoffmann, Kritische Anmerkungen<br />
zum sog Einlagebeschluß des Großen BFH-Senats, DB 1998, 1983 (1984).<br />
83 Ein Besteuerungsunterschied ergibt sich freilich dann nicht, wenn man die eingelegte<br />
Forderung mit dem Buchwert der Verbindlichkeit bewertet; dem stehen mE aber<br />
nicht nur die bereits oben vorgebrachten Argumente (Kapitel II.2.1.), sondern auch<br />
die gesetzliche Wertung im UmgrStG entgegen (dazu sogleich unten).<br />
84 Siehe auch Heinrich, Der Verzicht des Gesellschafters auf eine nicht mehr voll werthaltige<br />
Forderung, FJ 1997, 312 (313 f) (wonach dem „BFH darin zuzustimmen [ist],<br />
daß der Verzicht auf eine Schuld und die Einlage einer Forderung gleich behandelt werden<br />
sollten“), sowie Staringer in Lang/Schuch/Staringer (Hrsg), Handbuch des Bilanzsteuerrechts,<br />
GedS Gassner (2005) 429 (439 f).
Der unbedingte Forderungsverzicht des Gesellschafters<br />
289<br />
on des VwGH ist hingegen nicht eindeutig: Wenn er nämlich ausführt, „dass<br />
der Schulderlass als ein gesellschaftsrechtlich veranlasster (einheitlicher) Vorgang<br />
auf Seiten der Schuldnergesellschaft nicht in zwei Vorgänge aufgeteilt werden“<br />
könne, so könnte dies einerseits dahin verstanden werden, dass er auch bei<br />
der Forderungseinlage den Wegfall der Verbindlichkeit als einheitlichen Vorgang<br />
betrachtet wissen will, andererseits dahin gehend, dass er einen anerkennenswerten<br />
Unterschied zwischen Schulderlass und Forderungsabtretung an<br />
den Schuldner sieht. In diese letztgenannte Richtung deutet auch die offenbar<br />
hinter der Aussage des VwGH stehende Überlegung, dass die Forderungsabtretung<br />
an den Schuldner eine vollkommen unübliche Vorgangsweise<br />
und daher <strong>für</strong> die Beurteilung eines Schulderlasses nicht von einer atypischen<br />
Gestaltung auszugehen sei. 85 Diese Überlegung vermag das Ergebnis wohl<br />
nicht zu tragen: Es kann gerade nicht darum gehen, ob die eine oder die andere<br />
Gestaltung in der Praxis öfter vorkommt, sondern einzig und allein darum,<br />
ob Gleichwertiges auch gleich behandelt wird.<br />
Selbst wenn man den VwGH aber dahin gehend verstehen sollte, dass<br />
nicht nur der Forderungsverzicht sondern auch eine Forderungsabtretung<br />
mit anschließender Konfusion auf Gesellschaftsseite als einheitlicher Vorgang<br />
zu betrachten sei, geht dies mE am Regelungssystem des § 6 Z 14 lit b EStG<br />
iVm § 8 Abs 1 KStG vorbei. Für die Richtigkeit der Zwei-Stufen-Theorie<br />
spricht nämlich gerade auch die implizite Verknüpfung zwischen § 6 Z 14<br />
lit b EStG und § 8 Abs 1 KStG, die zwar die hA im Schrifttum penetriert,<br />
aber – wie die Entscheidung des VwGH belegt – in ihren Randbereichen<br />
noch nicht voll ausgelotet ist. Am Ausgangspunkt muss hier die Feststellung<br />
stehen, dass § 6 Z 14 lit b EStG sowohl verdeckte wie auch offene Einlagen<br />
erfasst 86 und auch dann zur Anwendung kommt, wenn der Tausch ohne Anteilsgewährung<br />
erfolgt. 87 Während aber die Erfassung des Schulderlasses<br />
durch § 8 Abs 1 KStG, der von Einlagen „jeder Art“ spricht, nicht bezweifelt<br />
werden kann, ist dies <strong>für</strong> § 6 Z 14 lit b EStG zumindest insoweit fraglich, als<br />
85 So Zorn, Verzicht des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft auf nicht voll werthaltige<br />
Forderungen, SWK 2005, S 913 (S 913 ff).<br />
86 ErlRV 621 BlgNR XVII. GP, 70; siehe auch VwGH 25.6.1998, 94/15/0129, ÖStZB<br />
1999, 117; VwGH 16.9.2003, 99/14/0324, ÖStZB 2004/237; VwGH 23.9.2005,<br />
2002/15/0010, ÖStZB 2006/291, 370; aus dem Schrifttum ebenso zB Bauer/<br />
Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG, § 8 Tz 14; Doralt/Mayr, EStG 6 (2001) § 6<br />
Tz 61; Paukowitsch/Achatz in Bertl/Mandl/Mandl/<strong>Ruppe</strong> (Hrsg), Die Kapitalgesellschaft<br />
nach der Steuerreform 1988 (1989) 125 (147 f); Achatz in Achatz/Jabornegg/<br />
Karollus (Hrsg), Eigenkapitalersatz im Gesellschafts-, Steuer- und Arbeitsrecht (1999)<br />
91 (108).<br />
87 Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG, § 8 Tz 13; Staringer in Lang/Schuch/<br />
Staringer (Hrsg), Handbuch des Bilanzsteuerrechts, GedS Gassner (2005) 429 (435 f).
290 Georg Kofler<br />
dieser die Einlage „von Wirtschaftsgütern und sonstigem Vermögen“ voraussetzt.<br />
Die Subsumtion eines Schulderlasses unter den Wortlaut des § 6 Z 14 lit b<br />
EStG bereitet damit zugegebenermaßen erhebliche Schwierigkeiten. 88 Darin<br />
ist letztlich auch der Grund da<strong>für</strong> zu sehen, diesen iSd Zwei-Stufen-Theorie<br />
gedanklich in eine Forderungsabtretung und eine anschließende Konfusion<br />
aufzuspalten. Dies bedeutet allerdings entgegen der Ansicht des VwGH noch<br />
nicht, dass der Schulderlass per se nicht eine Einlage iSd § 6 Z 14 lit b EStG<br />
sein kann. Zu Recht wird daher auch im jüngeren österreichischen Schrifttum<br />
89 und der Rechtsprechung des UFS 90 die Bestimmung des § 6 Z 14 lit b<br />
EStG dahin gehend verstanden, dass auch der Forderungsverzicht als solcher<br />
als Einlage im Sinne dieser Bestimmung zu verstehen ist. Für eine deckungsgleiche<br />
Interpretation des Einlagenbegriffs in § 8 Abs 1 KStG und § 6 Z 14<br />
lit b EStG spricht insbesondere der erklärte Zweck dieses Normengefüges,<br />
wie er in den Materialen zum KStG 1988 91 durch den ausdrücklichen Verweis<br />
hinsichtlich des körperschaftsteuerlichen Einlagentatbestandes auf § 6<br />
Z 14 EStG zum Ausdruck kommt. 92 Durch diese Reflektion von § 8 Abs 1<br />
KStG auf § 6 Z 14 EStG verfolgt das Gesetz den Zweck, Einlagen iSd § 8<br />
Abs 1 KStG stets der Bewertung nach § 6 Z 14 EStG zu unterziehen und in<br />
dieser Höhe auf Gesellschaftsebene zu neutralisieren; 93 der Begriff des „sonstigen<br />
Vermögens“ in § 6 Z 14 lit b EStG scheint jedenfalls weit genug, auch den<br />
Schulderlass zu erfassen, selbst wenn darin keine Übertragung eines „Wirt-<br />
88 Siehe auch Bachl in Bertl/Mandl/Mandl/<strong>Ruppe</strong> (Hrsg), Insolvenz – Sanierung – Liquidation<br />
(1998) 87 (101).<br />
89 Vgl Rz 444 EStR 2000; ebenso Heinrich, Forderungsverzicht des Gesellschafters: Bestätigt<br />
der VwGH tatsächlich den BFH? RdW 1999, 50 (51); Heinrich, Der Verzicht<br />
des Gesellschafters auf eine nicht mehr voll werthaltige Forderung, FJ 1997, 312<br />
(314); Achatz in Achatz/Jabornegg/Karollus (Hrsg), Eigenkapitalersatz im Gesellschafts-,<br />
Steuer- und Arbeitsrecht (1999) 91 (108); Staringer in Lang/Schuch/Staringer<br />
(Hrsg) Handbuch des Bilanzsteuerrechts, GedS Gassner (2005) 429 (439 f); <strong>für</strong> eine<br />
zumindest analoge Anwendung Bachl in Bertl/Mandl/Mandl/<strong>Ruppe</strong> (Hrsg), Insolvenz<br />
– Sanierung – Liquidation (1998) 87 (102).<br />
90 UFS 28.4.2004, RV/4641-W/2002.<br />
91 ErlRV 622 BlgNR XVII. GP, 17.<br />
92 Siehe auch Wiesner, Einlagen und Entnahmen, RWZ 2005/99, 332 (332 ff).<br />
93 Ähnlich zum Zusammenhang von § 6 Z 14 EStG und § 8 Abs 1 KStG die Ausführungen<br />
in Rz 2597 EStR 2000; siehe auch Kolienz/Wiesner/Zöchling, Aktuelle Entwicklungen<br />
um Unternehmens- und Konzernsteuerrecht, RdW 2006/617, 658<br />
(659); ebenso im Grundsatz auch Staringer in Lang/Schuch/Staringer (Hrsg) Handbuch<br />
des Bilanzsteuerrechts, GedS Gassner (2005) 429 (440), der allerdings von einer<br />
Bewertung der Einlage auf Gesellschaftsseite mit dem Buchwert der Verbindlichkeit<br />
ausgeht. Anders Heinrich in Beiser/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Ertragsteuern in<br />
Wissenschaft und Praxis, FS Doralt (2007) 91 (100).
Der unbedingte Forderungsverzicht des Gesellschafters<br />
291<br />
schaftsgutes“ zu erblicken wäre. Die Überlegung, dass § 6 Z 14 EStG der Abgrenzung<br />
betrieblicher von außerbetrieblichen Wertänderungen eines Wirtschaftsgutes<br />
diene, während § 8 Abs 1 KStG eine umfassende Neutralstellungsnorm<br />
sei, erscheint demnach jedenfalls <strong>für</strong> § 6 Z 14 lit b EStG nicht<br />
indiziert: Es ist gerade diese Vorschrift, die durch die Festlegung des zu neutralisierenden<br />
Betrages diese gesellschaftsrechtlich veranlasste Vermögensmehrung<br />
in den Bereich des § 8 Abs 1 KStG verweist. Folgt man dieser Sichtweise,<br />
gibt also das Gesetz selbst die Abgrenzung zwischen betrieblicher und<br />
gesellschaftsrechtlicher Veranlassung vor: Für den Ansatz des VwGH, dass<br />
sich im Falle eines auf die Gesellschafterstellung zurückzuführenden Schulderlass<br />
„in keiner Weise, also auch nicht insoweit eine betriebliche Veranlassung<br />
[finde], als die Forderung auf Seiten des Gläubigers als nicht mehr werthaltig angesehen<br />
wird“, 94 bleibt insofern kein Raum. Das Zusammenspiel der § 6 Z 14<br />
lit b EStG und § 8 Abs 1 KStG führt dennoch zu einem einleuchtenden Ergebnis:<br />
Verzichtet nämlich ein Nichtgesellschafter auf eine nicht voll werthaltige<br />
Forderung, so führt dies aufgrund des Verbindlichkeitswegfalles jedenfalls<br />
zu einer Gewinnerhöhung bei der Gesellschaft; eine konsequente<br />
Anwendung der § 6 Z 14 lit b EStG und § 8 Abs 1 KStG führt nun – entgegen<br />
dem VwGH – dazu, dass nur der werthaltige <strong>Teil</strong> der Forderung als Vermögenszugang<br />
„insoweit“ neutralisiert wird, als ein real existierender Vermögenswert<br />
eingelegt wird, 95 der darüber hinausgehende Vermögenszuwachs bei<br />
der Gesellschaft aber ebenso erfasst wird, als hätte ein Nichtgesellschafter den<br />
Forderungsverzicht erklärt. 96 Die gegenteilige Rechtsprechung des VwGH<br />
beschwört damit auch einen Dissens zur gesellschaftsrechtlichen Sichtweise<br />
der Behandlung des Forderungsverzichts bzw der Aufrechnung als Sach- bzw<br />
Bareinlage herauf, zumal auch dort nur der werthaltige <strong>Teil</strong> der Forderung <strong>für</strong><br />
die Erfüllung der Einlageverpflichtung berücksichtigt wird. 97<br />
Sowohl gegen die Vollneutralisierungsthese des VwGH als auch gegen<br />
die Bewertung der Einlage nach § 6 Z 14 lit b EStG mit dem Buchwert der<br />
Verbindlichkeit im Rahmen der Zwei-Stufen-Theorie 98 spricht auch eine<br />
Betrachtung des § 6 Z 14 lit b EStG iVm § 8 Abs 1 KStG im Lichte des<br />
94 VwGH 23.9.2005, 2003/15/0078, ÖStZB 2006/130, 164.<br />
95 Ebenso UFS 14.4.2004, RV/2107-L/02.<br />
96 Wassermeyer, Zur Einlage nicht mehr werthaltiger Gesellschafter-Forderungen in das<br />
Vermögen einer Kapitalgesellschaft, DB 1990, 2288 (2288 f).<br />
97 Dazu bereits oben Kapitel II.2.1. sowie im Hinblick auf § 4 Abs 12 EStG unten Kapitel<br />
III. Siehe aus dem Schrifttum insb Konwitschka, ecolex 1998, 485; Koppensteiner,<br />
GmbHG 2 (1998) § 63 Rz 19 mwN; vgl auch OGH 25.9.1997, 6 Ob 264/97k, ecolex<br />
1998, 485 m Anm Konwitschka; OGH 24.8.1998, 8 Ob 64/98i, wbl 1999/23, 39;<br />
vgl weiters die umfangreichen Nachweise bei Koppensteiner, GmbHG 2 (1998) § 63<br />
Rz 15 und Rz 19.<br />
98 Dazu oben Kapitel II.2.1.
292 Georg Kofler<br />
UmgrStG. Sind auf Basis des Wortlautes der fraglichen Bestimmungen zwei Interpretationsergebnisse<br />
möglich, so ist letztlich auch auf die Stellung des<br />
§ 8 Abs 1 KStG im Gesamtsystem des Steuerrechts Rücksicht zu nehmen, um<br />
eine widerspruchsfreie Auslegung zu ermöglichen. Als Leitlinie darf hier vor allem<br />
die steuerliche Behandlung der Confusiogewinne im UmgrStG nicht aus<br />
den Augen verloren werden. Wenn etwa § 3 Abs 3 UmgrStG Gewinne aus der<br />
verschmelzungsbedingten Vereinigung von Aktiven und Passiven <strong>für</strong> steuerpflichtig<br />
erklärt, soll damit geradezu als Paradefall das Zusammenfallen einer<br />
teilwertberichtigten Forderung mit der korrespondierenden, voll ausgewiesenen<br />
Verbindlichkeit erfasst werden. 99 Nichts deutet darauf hin, dass dies bei einer<br />
Verschmelzung von Mutter- und Tochtergesellschaft nicht gelten soll. Ganz im<br />
Gegenteil: Der Zusammenfall von Gläubiger- und Schuldnerposition ist vielmehr<br />
eine häufig anzutreffende Konstellation gerade bei Mutter-Tochter-Verschmelzungen.<br />
100 Wenn der Gesetzgeber also das Zusammenfallen von teilwertabgeschriebenem<br />
Recht und zum Nennwert ausgewiesener Pflicht auch bei<br />
verbundenen Gesellschaften zur steuerlichen Erfassung der Differenz heranzieht,<br />
so steht diese Wertung dem Interpretationsergebnis des VwGH zum Forderungsverzicht<br />
des Gesellschafters diametral entgegen. 101 Das Ergebnis des<br />
VwGH führt nämlich – ebenso wie eine Bewertung der Einlage mit dem Buchwert<br />
der Verbindlichkeit – zB dazu, dass durch rechtzeitigen Forderungsverzicht<br />
der Muttergesellschaft vor eine Up-Stream-Verschmelzung die ausdrückliche<br />
Anordnung des § 3 Abs 3 UmgrStG unterlaufen und eine steuerliche Erfassung<br />
des Differenzbetrages nicht nur als Confusiogewinn, sondern – selbst bei unterstellter<br />
Anwendbarkeit des § 4 Abs 12 EStG auf den vollen Nennbetrag der Verbindlichkeit<br />
102 – aufgrund des Unterganges der Beteiligung und des Evidenzkontos<br />
der Tochtergesellschaft überhaupt vermieden werden könnte. 103 Auch aus<br />
diesem Blickwinkel vermag das Ergebnis des VwGH somit nicht zu überzeugen.<br />
199 Hügel in Hügel/Mühlehner/Hirschler, UmgrStG (2000) § 3 Rz 86; Bruckner in Helbich/Wiesner/Bruckner,<br />
Umgründungen I § 3 Rz 38 f; grundlegend und mit Vergleichen<br />
zum StruktVG bereits Hügel, Buchgewinne und -verluste, Firmenwertabschreibung,<br />
Internationale Schachtelbeteiligung, ecolex 1991, 875 (875 f); Wiesner,<br />
Buchgewinne und Buchverluste sowie Rechtsbeziehungen zwischen den Umgründern,<br />
SWK 1992, A I 121 (A I 121 ff). Für eine einschränkende Interpretation im<br />
Lichte der Vollneutralisierungstheorie des VwGH siehe nunmehr Kohlbacher/Walter<br />
in Beiser/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, FS<br />
Doralt (2007) 219 (219 ff).<br />
100 Bruckner in Helbich/Wiesner/Bruckner, Umgründungen I § 3 Rz 39 m FN 377; siehe<br />
auch Rz 163 UmgrStR 2001.<br />
101 In diese Richtung auch Wiesner, Einlagen und Entnahmen, RWZ 2005/99, 332<br />
(332 ff).<br />
102 Dazu unten Kapitel III.<br />
103 Siehe dazu gleich die Beispiele unten in Kapitel III.
Der unbedingte Forderungsverzicht des Gesellschafters<br />
III Die Behandlung des verzichtenden Gesellschafters<br />
293<br />
Über die Behandlung des Verzichtes einer nicht mehr voll werthaltigen Forderung<br />
auf Ebene des Gesellschafters besteht Einigkeit: Unabhängig davon,<br />
ob die Forderung zum Betriebs- oder Privatvermögen des Gesellschafters<br />
gehört, führt der gesellschaftlich veranlasste Verzicht des Anteilsinhabers auf<br />
seine Forderung gegen die Körperschaft in Höhe jenes Betrages zu eine Einlage,<br />
der dem Tageswert 104 der Forderung im Zeitpunkt des Verzichts<br />
entspricht. 105 Nur insoweit – und nicht etwa in Höhe des Nennbetrages –<br />
kommt es zu einer steuerneutralen Erhöhung der Anschaffungskosten der<br />
Beteiligung im außerbetrieblichen Bereich bzw des Buchwertes im betrieblichen<br />
Bereich des erlassenden Gesellschafters. 106 Dieses Ergebnis besticht in<br />
seiner Logik auch vor dem Hintergrund, dass eine Einlage nur aus bereits<br />
versteuertem Einkommen 107 erfolgen kann: Im betrieblichen Bereich zeigt<br />
sich die Richtigkeit dieses Ergebnisses daher schon darin, dass die Forderung<br />
nach § 6 Abs 2 lit a EStG bereits mit dem niedrigeren <strong>Teil</strong>wert zu Buche<br />
steht und nur insofern ein auf die Beteiligung aktivierbarer Aufwand getätigt<br />
104 Dies ist im Lichte des § 6 Z 14 lit b EStG im Grunde der gemeine Wert, der allerdings<br />
bei Forderungen ohnehin dem <strong>Teil</strong>wert entsprechen wird; siehe dazu die Nachweise<br />
in FN 52.<br />
105 Darin stimmen im Grunde auch BFH 9.6.1997, GrS 1/94, BFHE 183, 187, BStBl<br />
1998 II 307, und VwGH 26.5.1998, 94/14/0042, ÖStZB 1998, 701, überein. Siehe<br />
weiters Kirchmayr/Zöchling, Forderungsverzicht eines Gesellschafters, ÖStZ 1998, 3<br />
(3 ff); Zorn, Verzicht des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft auf nicht voll werthaltige<br />
Forderungen, SWK 2005, S 913 (S 913 ff).<br />
106 Hinsichtlich des nicht werthaltigen <strong>Teil</strong>es der Forderung kommt es daher auch nicht<br />
zu einer steuerwirksamen Rückgängigmachung von bereits vorgenommenen <strong>Teil</strong>wertabschreibungen.<br />
Anders als bei einem Gesellschafterzuschuss stellen sich allfällige Folgefragen<br />
im Hinblick auf eine <strong>Teil</strong>wertabschreibung oder deren Siebentelung nach<br />
§ 12 Abs 3 KStG hinsichtlich des nicht werthaltigen <strong>Teil</strong>es der Forderung damit von<br />
vornherein nicht; siehe dazu auch R & R, Verzicht auf wertlose Gesellschafterforderung,<br />
FJ 1997, 247 (247); Kirchmayr/Zöchling, Forderungsverzicht eines Gesellschafters,<br />
ÖStZ 1998, 3 (3 ff). Zur nachfolgenden <strong>Teil</strong>wertabschreibung des „hinzuaktivierten“<br />
<strong>Teil</strong>es siehe mwN UFS 14.4.2004, RV/2107-L/02. Zum Ansatz des<br />
Nennbetrages <strong>für</strong> den Fall, dass das Darlehen eigenkapitalersetzenden Charakter hatte<br />
siehe aus der deutschen Rsp BFH 10.11.1998, VIII R 6/96, BFHE 187, 480, BStBl<br />
1999 II 348; BFH 16.5.2001, I B 143/00, BFHE 195, 351, BStBl 2002 II 436; dazu<br />
etwa Ostermayer, Kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen: BFH harmonisiert Darlehensausfall<br />
und Darlehensverzicht, BB 2003, 1 (1 ff); vgl auch Heinrich, Eigenkapitalersetzende<br />
Gesellschafterdarlehen im Steuerrecht, ÖStZ 1995, 417 (417 ff).<br />
107 Im Fall einer fremdfinanzierten Einlage steht dem die Erwartung des Steuerrechts gegenüber,<br />
dass die eingegangene Verbindlichkeit letztlich mit versteuertem Einkommen<br />
getilgt wird.
294 Georg Kofler<br />
wird. 108 Aber auch bei einem Eintreten des Wertverfalls nach dem Bilanzstichtag<br />
kann nichts Anderes gelten: „[D]er Verzicht eines Gesellschafters auf<br />
seine Forderung stellte bei ihm nur mit dem Betrag eine gesellschaftlich veranlaßte<br />
Maßnahme dar, der dem Tageswert der Forderung im Zeitpunkt des Verzichts<br />
entspricht“. 109 Eine ähnliche Symmetrie zeigt sich auch im außerbetrieblichen<br />
Bereich, wo in Höhe des gemeinen Wertes der verzichteten Forderung die<br />
Anschaffungskosten der Beteiligung iSd §§ 30, 31 EStG auf Gesellschafterebene<br />
zu erhöhen sind. 110 Der Forderungsverzicht hat damit im Ergebnis einen<br />
– allenfalls steuerauslösenden 111 – Zufluss der Wertsteigerung der Anteile<br />
in Höhe des Tageswerts der Forderung zur Folge, 112 während der Restbetrag<br />
der Forderung entsprechend der Quellentheorie steuerneutral aus dem Vermögen<br />
des Gesellschafters ausscheidet. 113 Die positiven Wirkungen dieser<br />
Einlage von versteuertem Einkommen treten beim Gesellschafter zumindest<br />
im Veräußerungsfall aufgrund des erhöhten Beteiligungsansatz steuerlich in<br />
Form eines niedrigeren Gewinnes bzw eines höheren Verlustes ein. 114<br />
108 Nolz in Doralt/Hassler/Kranich/Nolz/Quantschnigg (Hrsg), Die Besteuerung der Kapitalgesellschaft,<br />
FS Bauer (1986) 191 (200).<br />
109 VwGH 26.5.1998, 94/14/0042, ÖStZB 1998, 701. Damit wird richtigerweise auch<br />
eine Abgrenzung zwischen dem Wertverfall im betrieblichen Bereich und der Höhe<br />
der Einlage hergestellt: Der Wert der Forderung im Zeitpunkt des Verzichtes ist eine<br />
Einlage iSd § 6 Z 14 lit b EStG, die Differenz zwischen dem letzten Buchwert und<br />
dem <strong>Teil</strong>wert ist hingegen aufwandswirksam; vgl auch Kolienz/Wiesner/Zöchling, Aktuelle<br />
Entwicklungen um Unternehmens- und Konzernsteuerrecht, RdW 2006/617,<br />
658 (659); siehe insofern auch zum betrieblich veranlassten Forderungsverzicht<br />
Rz 7254 EStR 2000; Quantschnigg/Schuch, ESt-HB (1993) § 36 Tz 6; Doralt/Heinrich,<br />
EStG 8 (2004) § 36 Tz 14.<br />
110 Der gemeine Wert ist schon deshalb maßgeblich, weil § 30 Abs 5 und § 31 Abs 7<br />
EStG ausdrücklich auf den gesamten § 6 Z 14 EStG verweisen; aA offenbar Heinrich,<br />
Der Verzicht des Gesellschafters auf eine nicht mehr voll werthaltige Forderung,<br />
FJ 1997, 312 (312 ff).<br />
111 ZB bei Mietzinsforderungen, Darlehenszinsforderungen etc; siehe auch Kirchmayr/<br />
Zöchling, Forderungsverzicht eines Gesellschafters, ÖStZ 1998, 3 (3 ff). Siehe zum<br />
außerbetrieblichen Bereich ausführlich und kritisch Heinrich in Beiser/Kirchmayr/Mayr/<br />
Zorn (Hrsg), Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, FS Doralt (2007) 91 (101 ff).<br />
112 Siehe dazu auch Heinrich, Der Verzicht des Gesellschafters auf eine nicht mehr voll<br />
werthaltige Forderung, FJ 1997, 312 (312 ff mwN).<br />
113 VwGH 5.7.1988, 85/14/0111, ÖStZB 1989, 36; VwGH 20.6.1990, 90/13/0064,<br />
0065, ÖStZB 1991, 35; VwGH 6.11.1991, 89/13/0093, ÖStZB 1992, 477; VwGH<br />
24.10.2005, 2002/13/0031, ÖStZB 2006/193 = ecolex 2006/102 m Anm Petritz.<br />
114 Siehe allerdings auch die Überlegungen zu den (systemimmanenten) Verschiebeeffekten<br />
zu Gunsten der Mitgesellschafter im Falle des Forderungsverzichts eines<br />
Gesellschafters, der zu weniger als 100 % an der Gesellschaft beteiligt ist, Gebhardt,<br />
Besteuerungsfolgen <strong>für</strong> den GmbH-Gesellschafter nach dem Beschluß des Großen<br />
Senats des BFH zum Forderungsverzicht, DStR 1998, 225 (226).
Der unbedingte Forderungsverzicht des Gesellschafters<br />
295<br />
Die steuerliche Behandlung auf Gesellschafterebene kann allerdings im<br />
Zusammenwirken mit der Neutralisierungstheorie des VwGH auf Gesellschaftsebene<br />
zu Verwerfungen führen, zumal die Vollneutralisierung eine –<br />
zumindest temporäre – Asymmetrie der Steuerwirkungen beim Gesellschafter<br />
einerseits und der Gesellschaft andererseits bewirkt: Sofern es sich nicht um<br />
eine Darlehensgewährung im außerbetrieblichen Bereich handelte, wird beim<br />
verzichtenden Gesellschafter nämlich letztlich nur ein Gewinn bzw Überschuss<br />
in Höhe des werthaltigen <strong>Teil</strong>s der Forderung erfasst, während bei der<br />
Gesellschaft im Ergebnis der gesamte Nennbetrag der Verbindlichkeit gewinnmindernd<br />
wirkt und in den Verlustvortrag eingeht. Diese Effekte treten<br />
sowohl dann ein, wenn der Forderung ein gewinnwirksamer Leistungsvorgang<br />
zwischen Gesellschafter und Gesellschafter zu Grunde liegt, 115 als auch,<br />
wenn es sich um eine Darlehensgewährung aus dem Betriebsvermögen des<br />
Gesellschafters handelt. 116, 117 Besonders augenscheinlich kann sich diese<br />
115 Der einfachste Fall ist, dass der Gesellschafter als Überschussrechner zB der Gesellschaft<br />
eine Liegenschaft vermietet, jedoch noch keinen Zufluss des Mietzinses hatte;<br />
bei der Gesellschaft war die auflaufende Mietzinsenverbindlichkeit hingegen bereits<br />
gewinnmindernd und wird nach dem Vollneutralisierungstheorie des VwGH im Falle<br />
des Verzichts auch nicht nachversteuert, während der Gesellschafter im Verzichtsfall<br />
nur in Höhe des werthaltigen <strong>Teil</strong>s einen steuerpflichtigen Zufluss erfährt. Im betrieblichen<br />
Bereich wird dieser asymmetrische Effekt durch die steuerwirksame<br />
<strong>Teil</strong>wertabschreibung der bereits gewinnerhöhend erfassten Forderung auf Gesellschafterebene<br />
bewirkt, während auf Gesellschaftsebene der gewinnmindernden Verbindlichkeitsbildung<br />
im Verzichtsfalle keine korrespondierende Gewinnerhöhung<br />
gegenübersteht.<br />
116 Im Fall einer Darlehensgewährung im betrieblichen Bereich gewährte der Gesellschafter<br />
das Darlehen aus bereits versteuertem Einkommen, neutralisiert diese Steuerpflicht<br />
aber nachträglich – je nach Wertminderung der Forderung zumindest teilweise<br />
– durch die <strong>Teil</strong>wertabschreibung der Forderung. Auf Seiten der Gesellschaft ist die<br />
Darlehensaufnahme zwar steuerneutral, mit den Darlehensmitteln konnten aber zB<br />
betriebsausgabenwirksame Aufwendungen bestritten wurde. Wenn nun nach Ansicht<br />
des VwGH der gesamte Betrag der Darlehensverbindlichkeit erfolgsneutral ausgebucht<br />
werden kann, bleibt es auf Gesellschaftsebene bei der Ausgabenwirksamkeit.<br />
117 Bei einer privaten Darlehensgewährung kommt es zwar nicht zu einer derartigen<br />
Asymmetrie, es kommt aber durch die Vollneutralisierungsthese zu einem Aufweichen<br />
der Quellentheorie im außerbetrieblichen Bereich: Erfolgte die Darlehensgewährung<br />
aus dem Privatvermögen des Gesellschafters, so wirkte die Wertminderung<br />
nicht gewinnmindernd (siehe zB VwGH 5.7.1988, 85/14/0111, ÖStZB 1989, 36;<br />
VwGH 20.6.1990, 90/13/0064, 0065, ÖStZB 1991, 35; VwGH 6.11.1991,<br />
89/13/0093, ÖStZB 1992, 477). Dies ist freilich eine Konsequenz der grundsätzlichen<br />
Irrelevanz des Vermögensstammes im Privatbereich, deren Kompensation auf<br />
Gesellschaftsebene durch die Vollneutralisierungstheorie des VwGH ebenfalls nicht<br />
angezeigt ist. Allenfalls wäre an eine Berücksichtigung des Wertverlustes bei der Veräußerung<br />
zu denken.
296 Georg Kofler<br />
Asymmetrie im Rahmen der Gruppenbesteuerung auswirken: 118 Wird beispielsweise<br />
eine risikoreiche Tochtergesellschaft mit steuerlich anerkanntem<br />
konzerninternem Fremdkapital ausgestattet, so könnte bei Eintreten des Risikos<br />
und entsprechender Verluste der Tochtergesellschaft schlicht auf die Forderung<br />
verzichtet werden; bei der Muttergesellschaft ist dieser Verzicht – sofern<br />
nicht ohnehin bereits steuerwirksame <strong>Teil</strong>wertabschreibungen auf die<br />
Forderung vorgenommen wurden – in Höhe des nicht werthaltigen <strong>Teil</strong>es betriebsausgabenwirksam,<br />
während es bei der Tochtergesellschaft insgesamt zu<br />
einer steuerneutralen Vermögensmehrung kommt. Innerhalb der Gruppe<br />
kommt es damit zu einer doppelten Verlustverwertung: Einerseits werden die<br />
Verluste der Tochtergesellschaft verwertet, andererseits war die daraus resultierende<br />
Wertminderung der Forderung ausgabenwirksam, ohne dass dem eine<br />
korrespondierende Gewinnerhöhung auf Ebene der Tochtergesellschaft<br />
anlässlich des Verbindlichkeitswegfalles gegenüberstünde. 119<br />
Der steuerliche „Preis“ <strong>für</strong> die Steuervorteile dieser Asymmetrie besteht<br />
<strong>für</strong> den Gesellschafter grundsätzlich in der Eigenkapitalwirkung auf Gesellschaftsebene.<br />
120 Die Ausschüttung der durch die Verbindlichkeitsneutralisierung<br />
geschaffenen Eigenkapitals führt beim Gesellschafter entweder zur Erfassung<br />
als Ausschüttung oder – sofern und insoweit der Forderungsverzicht<br />
handelsrechtliche Einlagewirkung iSd § 229 Abs 2 Z 5 UGB hat – über § 4<br />
Abs 12 EStG zur Reduktion des Beteiligungsansatzes und damit zur Schaffung<br />
stiller Reserven in der Beteiligung. 121 Bereits vor mehr als eineinhalb<br />
118 Dazu Kolienz/Wiesner/Zöchling, Aktuelle Entwicklungen um Unternehmens- und<br />
Konzernsteuerrecht, RdW 2006/617, 658 (659).<br />
119 Eine Verdoppelung von Gewinnen und Verlusten – auf Ebene der Tochtergesellschaft<br />
einerseits, in der Beteiligung andererseits – ist im Falle der Eigenkapitalfinanzierung<br />
im Körperschaftsteuerrecht zwar durchaus systematische Konsequenz des<br />
Trennungsprinzips, wird aber aufgrund der Zusammenfassung der Ergebnisse im Fall<br />
der Gruppenbesteuerung durch § 9 Abs 7 KStG ebenso systemkonform unterbunden;<br />
auch dies spricht dagegen, in der Gruppe eine doppelte Verlustverwertung im<br />
Fremdfinanzierungsfalle durch den Verzicht auf eine nicht mehr voll werthaltige Forderung<br />
zu gestatten. Siehe zur Frage der „Kompensation“ durch die Schaffung stiller<br />
Reserven in der Beteiligung sogleich unten.<br />
120 Siehe auch die Überlegungen bei Heinrich, Der Verzicht des Gesellschafters auf eine<br />
nicht mehr voll werthaltige Forderung, FJ 1997, 312 (312 ff); Petritz, Steuersparmodell<br />
Forderungsverzicht im Konzern, GeS 2006, 125 (125 ff).<br />
121 Für die Sichtweise des VwGH könnte daher allenfalls der Vergleich mit einer Darlehensrückzahlung<br />
nach Wiedererstarken der Gesellschaft oder einem direkten Gesellschafterzuschuss<br />
herangezogen werden, die jeweils im Wesentlichen zu vergleichbaren<br />
Ergebnissen führen wurden (dazu vor allem Heinrich, Der Verzicht des<br />
Gesellschafters auf eine nicht mehr voll werthaltige Forderung, FJ 1997, 312 [312 ff];<br />
siehe zum Vergleich mit der anfänglichen Bareinlage auch Hoffmann, Fragen und
Der unbedingte Forderungsverzicht des Gesellschafters<br />
297<br />
Jahrzehnten wurde daher im deutschen Schrifttum unter dem Schlagwort eines<br />
– vermeintlichen 122 – „Steuersparmodells“ 123 darauf hingewiesen, dass im<br />
Falle einer Vollneutralisierung auf Gesellschaftsebene der Nennwert der Verbindlichkeit<br />
steuerneutral zu Eigenkapital der Gesellschaft werde und nach<br />
Wiedererstarken der Gesellschaft steuerneutral an den Gesellschafter ausgeschüttet<br />
werden könne. Für das österreichische Steuerrecht wird dieser Überlegung<br />
von der hA 124 aufgegriffen und insofern auf einen nicht unerheblichen<br />
Stundungseffekt einer Vollneutralisierung auf Gesellschaftsebene hingewiesen:<br />
Der Gesetzgeber sieht nämlich die Einlagenrückzahlung als contrarius<br />
actus zum als Tausch normierten Einlagevorgang nach § 6 Z 14 lit b;<br />
Einlagenrückzahlungen werden daher als Rücktausch angesehen und in<br />
§ 4 Abs 12 iVm § 15 Abs 4 EStG als Veräußerungstatbestände bezeichnet. 125<br />
Sie mindern den Beteiligungsansatz beim Gesellschafter und führen letztlich<br />
– bei Überschreiten des Beteiligungsansatzes – zu einem Veräußerungsgewinn.<br />
Die hA 126 erblickt nun im Forderungsverzicht in Höhe des Buchwertes<br />
der Verbindlichkeit eine Einlage iSd § 4 Abs 12 EStG, deren Rückzahlung<br />
steuerneutral sei und lediglich den – allenfalls wertaufgeholten – Beteili-<br />
Gestaltungshinweise zur BFH-Entscheidung über den Forderungsverzicht des Gesellschafters<br />
– Vom Steuersparmodell zum BFH-Unikat –, DStR 1997, 1625<br />
[1630]). Im Unterschied zu diesen beiden Gestaltungen beendet aber der Forderungsverzicht<br />
gerade das ursprüngliche Schuldverhältnis und führt es in den Bereich<br />
der Eigenkapitalfinanzierung über, was ausreichender Anlass zu sein scheint, auch die<br />
steuerlichen Folgen unter Anwendung des § 6 Z 14 EStG daraus zu ziehen, selbst<br />
wenn dies zu einem anderen steuerlichen Ergebnis als die Beibehaltung des ursprünglichen<br />
Investments führt.<br />
122 Siehe dazu auch die ausführliche Analyse von Hoffmann, Der Verzicht des Gesellschafters<br />
auf Forderungen gegen die Kapitalgesellschaft, DStR 1995, 77 (80 f); Hoffmann,<br />
Fragen und Gestaltungshinweise zur BFH-Entscheidung über den Forderungsverzicht<br />
des Gesellschafters – Vom Steuersparmodell zum BFH-Unikat –,<br />
DStR 1997, 1625 (1625 ff, 1628).<br />
123 Wassermeyer, Zur Einlage nicht mehr werthaltiger Gesellschafter-Forderungen in das<br />
Vermögen einer Kapitalgesellschaft, DB 1990, 2288 (2288 f).<br />
124 Siehe Heinrich, Der Verzicht des Gesellschafters auf eine nicht mehr voll werthaltige<br />
Forderung, FJ 1997, 312 (312 ff); Petritz, Steuersparmodell Forderungsverzicht im<br />
Konzern, GeS 2006, 125 (125 f).<br />
125 Siehe nur BMF, Steuerliche Behandlung von Einlagenrückzahlungen iSd § 4 Abs 12<br />
und § 15 Abs 4 EStG, AÖF 88/1998 = ÖStZ-BMF 1998/14; siehe auch Rz 691<br />
KStR 2001.<br />
126 Siehe wiederum Heinrich, Der Verzicht des Gesellschafters auf eine nicht mehr voll<br />
werthaltige Forderung, FJ 1997, 312 (312 ff); Beiser, Steuern 5 (2007), 179; Petritz,<br />
Steuersparmodell Forderungsverzicht im Konzern, GeS 2006, 125 (125 f); ebenso<br />
wohl auch Schwarzinger, Besserungsvereinbarungen im Bilanzrecht, ecolex 1997, 529<br />
(529 ff).
298 Georg Kofler<br />
gungsansatz beim Gesellschafter mindere. Im Ausmaß dieser Minderung werden<br />
zwar idealtypisch stille Reserven in der Beteiligung geschaffen, diese wird<br />
der Gesellschafter aber regelmäßig erst im Falle der Beteiligungsveräußerung<br />
realisieren. Im Ergebnis würde damit dem Gesellschafter die sofortige <strong>Teil</strong>wertabschreibung<br />
der Forderung bzw der nur in Höhe des werthaltigen <strong>Teil</strong>es<br />
angenommene Zufluss im „Austausch“ <strong>für</strong> die Schaffung stiller Reserven in<br />
der Beteiligung gewährt. 127<br />
Ob sich ein solch langfristiger Stundungseffekt aber tatsächlich aus der<br />
steuerlichen Rechtsprechung des VwGH ergibt, hängt letztlich einzig davon<br />
ab, ob der Forderungsverzicht eine Einlage iSd § 4 Abs 12 EStG darstellt.<br />
Dies wiederum richtet sich danach, ob und in welcher Höhe die Einlage nach<br />
§ 229 Abs 2 Z 5 UGB in die Kapitalrücklage einzustellen ist. Die deutsche<br />
Rechtsprechung zum vergleichbaren § 272 Abs 2 Nr 4 dHGB geht diesbezüglich<br />
davon aus, dass der Verzicht des Gesellschafters auf Ansprüche der<br />
Gesellschaft nur insoweit eine Einlage gem § 272 Abs 2 Nr 4 dHGB sein<br />
kann, als der gemeine Wert der Forderung reicht; 128 diese Auslegung würde<br />
auch der österreichischen Rechtsprechung zur Anrechnung des Forderungsverzichts<br />
bzw der gesellschaftsseitigen Aufrechnung als Sach- bzw Bareinlage<br />
gegen die Stammeinlageforderung der Gesellschaft nur mit dem werthaltigen<br />
<strong>Teil</strong> der Forderung entsprechen. 129 Folgt man dieser Ansicht <strong>für</strong> Zwecke des<br />
§ 4 Abs 12 EStG iVm § 229 Abs 2 Z 5 UGB, so wäre nur der werthaltige <strong>Teil</strong><br />
der Forderung evidenzkontenerhöhend; im Übrigen wäre die Auskehrung des<br />
Eigenkapitals an eine natürliche Person als Gesellschafter als steuerpflichtige<br />
Ausschüttung nach §§ 93 ff EStG zu erfassen, während bei Körperschaften<br />
als Gesellschafter das Schachtelprivileg des § 10 KStG greifen würde. 130 Dies<br />
hätte freilich <strong>für</strong> das oben erwähnte Beispiel der doppelten Verlustberücksich-<br />
127 Hinzu kommt, dass diesfalls die <strong>Teil</strong>wertabschreibung der Forderung eine Steuerminderung<br />
zum Tarif bewirkte, während die Aufdeckung der stillen Reserven in der<br />
Beteiligung bei natürlichen Personen lediglich mit dem Halbsatz nach § 37 EStG erfasst<br />
wird.<br />
128 FG Hamburg 30.8.2001, VII 105/01, EFG 2002, 94 mwN; anders Baldamus, Forderungsverzicht<br />
als Kapitalrücklage gemäß § 272 Abs 2 Nr. 4 HGB, DStR 2003,<br />
852 (853 f mwN).<br />
129 Dazu bereits oben Kapitel II.2.1.<br />
130 Der aus einer von der hA angenommenen vollen Einlagebehandlung iSd § 4 Abs 12<br />
EStG iVm § 229 Abs 2 Z 5 UGB erfließende „Stundungseffekt“ ist <strong>für</strong> Körperschaften<br />
daher schon deshalb kein Vorteil, weil bei einer Ausschüttungsbehandlung<br />
ohnehin das Schachtelprivileg des § 10 KStG greifen würde; vielmehr wäre <strong>für</strong> Gesellschaften<br />
die beteiligungsansatzmindernde Einlagenrückzahlung nach § 4 Abs 12<br />
EStG insofern die unvorteilhaftere Variante, als die Schaffung stiller Reserven bzw<br />
die Minderung des Beteiligungsansatzes unter Null zu steuerpflichtigen Veräußerungsgewinnen<br />
führen würde (siehe Rz 511 KStR 2001).
Der unbedingte Forderungsverzicht des Gesellschafters<br />
299<br />
tigung im Rahmen der Gruppenbesteuerung zur Folge, dass diese permanent<br />
bliebe und nicht durch eine Schaffung stiller Reserven in der Beteiligung<br />
kompensiert würde.<br />
IV Ergebnis<br />
Der societatis causa erfolgte Verzicht eines Gesellschafters auf eine nicht voll<br />
werthaltige Forderung gegen die Gesellschaft führt auf deren Ebene zu einer<br />
Betriebsvermögensmehrung in Höhe des vollen Nennwertes der weggefallenen<br />
Verbindlichkeit. Die Rechtsprechung des VwGH betrachtet diese Vermögensmehrung<br />
zur Gänze und nicht nur in Höhe des werthaltigen <strong>Teil</strong>es<br />
der Forderung als steuerneutrale Einlage iSd § 8 Abs 1 KStG und kann somit<br />
rechtspolitisch als wünschenswerter Schritt zu einer sanierungsfreundlichen<br />
Besteuerung der Gesellschaftsentschuldung betrachtet werden. Allerdings<br />
steht diesem Ergebnis de lege lata das gesetzliche Korsett des § 6 Z 14<br />
lit b EStG iVm § 8 Abs 1 KStG ebenso entgegen wie die Wertungen des<br />
UmgrStG im Bereich der Confusiogewinne; überdies steht es in offenem<br />
Dissens zur Behandlung des Forderungsverzichts im Gesellschaftsrecht und<br />
dessen Anrechnung lediglich mit dem werthaltigen <strong>Teil</strong> auf die Einlageverpflichtung.<br />
Im Zusammenwirken mit der steuerlichen Behandlung auf<br />
Gesellschafterebene bewirkt die Vollneutralisierung auf Gesellschaftsebene<br />
zudem eine steuergünstige Asymmetrie, die vor allem im Rahmen der Gruppenbesteuerung,<br />
aber auch bei Up-Stream-Verschmelzungen zu einer permanenten<br />
doppelten Verlustverwertung führen kann.<br />
Der Gesetzgeber des BudgetbegleitG 2007 hat die Rechtsprechung des<br />
VwGH durch Verdeutlichungen in § 8 Abs 1 KStG im Sinne der Zwei-Stufen-Theorie<br />
korrigiert. Danach ist § 6 Z 14 lit b EStG auch auf Seiten der<br />
Gesellschaft „sinngemäß anzuwenden“. Ausdrücklich wurde weiters normiert,<br />
dass bei einem Forderungsverzicht des Gesellschafters „der nicht mehr werthaltige<br />
<strong>Teil</strong> der Forderung steuerwirksam“ ist.
Außerbetriebliche Sphäre<br />
von Kapitalgesellschaften
Gericht<br />
Verwaltungsgerichtshof<br />
Entscheidungsdatum<br />
23.02.2010<br />
Geschäftszahl<br />
2007/15/0003<br />
Betreff<br />
23.02.2010<br />
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte<br />
Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer,<br />
über die Beschwerde der P Gesellschaft m.b.H. in U, vertreten durch Mag. Ludwig Redtensteiner, Rechtsanwalt<br />
in 3340 Waidhofen/Ybbs, Unterer Stadtplatz 27, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenats,<br />
Außenstelle Wien, vom 20. November 2006, Zl. RV/0456- W/03, und RV/0745-W/04, betreffend Umsatz- und<br />
Körperschaftsteuer 1996 bis 2001 sowie Kapitalertragsteuer u.a. 1998 bis 2001, zu Recht erkannt:<br />
Spruch<br />
Soweit der angefochtene Bescheid Umsatz- und Körperschaftsteuer 1996 bis 2001 sowie<br />
Kapitalertragsteuer 1998 bis 2001 betrifft, wird er wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.<br />
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen<br />
bei sonstiger Exekution zu ersetzen.<br />
Begründung<br />
Die beschwerdeführende GmbH ist im Bereich der "Halbstoff-Erzeugung" <strong>für</strong> die Papier- und Kosmetikindustrie<br />
tätig. An der Beschwerdeführerin sind Frau IP - sie ist zugleich auch Geschäftsführerin - zu 25% und ihr<br />
Lebensgefährte WH zu 75% beteiligt.<br />
Anlässlich einer den Zeitraum 1996 bis 2000 umfassenden Buch- und Betriebsprüfung traf der Prüfer<br />
u.a. die Feststellung, die - 1989 gegründete - Beschwerdeführerin habe 1992 in N., H-Straße, ein Baugrundstück<br />
(3.455 m2) gekauft und darauf ein Einfamilienhaus errichtet. Das Haus sei mit Mietvertrag vom 2. Jänner 1998<br />
an die Gesellschafter-Geschäftsführerin IP vermietet worden, die es gemeinsam mit WH bewohne. Das Haus sei<br />
nach den Bedürfnissen der Gesellschafter gebaut worden, wobei der Bauplan ursprünglich auf die<br />
Familiennamen der beiden Gesellschafter gelautet habe. Auch Größe und Ausstattung (235 m2 Wohnfläche im<br />
Erdgeschoss, 107 m2 Wohnfläche im Obergeschoss, 235 m2 Kellerfläche, Doppelgarage, 3.455 m2 Garten mit<br />
Schwimmbecken) ließen daran zweifeln, ob das Gebäude auch <strong>für</strong> die Nutzungsüberlassung an einen fremden<br />
Arbeitnehmer hergestellt worden wäre. Es könne daher nicht von einer ausschließlichen oder überwiegenden<br />
betrieblichen Nutzung gesprochen werden. Es sei im gegenständlichen Fall nicht behauptet worden, dass das<br />
Haus als Dienstwohnung überlassen worden sei. Es sei allerdings behauptet worden, dass ca 30% des Gebäudes<br />
<strong>für</strong> den Gewerbebetrieb der Beschwerdeführerin genutzt würden (Besprechungszimmer von 35 m2 und<br />
Gästezimmer von 18 m2 sowie gemeinsam benutzter Vorraum von 28 m2 im Erdgeschoss und als Büro<br />
bezeichneter Raum von 21 m2 im Obergeschoss). Eine Auskunft, wann und von wem diese Räume genutzt<br />
worden seien, habe die Beschwerdeführerin nicht erteilt. Die behauptete Nutzung <strong>für</strong> Besprechungen und<br />
Nächtigungen führe im Übrigen zu Repräsentationsaufwendungen. Die Herstellung des Gebäudes sei sohin nicht<br />
durch den Betrieb veranlasst, das Gebäude zähle daher nicht zum betrieblichen Vermögen. Das Argument, die<br />
Liegenschaft diene neben der Einnahmenerzielung im Wege der Vermietung der Stärkung der Eigenkapitalbasis<br />
und sei daher als gewillkürtes Betriebsvermögen zu betrachten, sei unzutreffend. Da die Errichtung des<br />
Gebäudes durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei, liege außerbetriebliches Vermögen vor. Die<br />
Vermietung führe im Übrigen derzeit zu einem jährlichen Verlust von 7.980,96 ATS. Nach Ansicht des Prüfers<br />
seien bei der Gewinnermittlung die auf das Gebäude entfallenden Kosten dem Gewinn der Beschwerdeführerin<br />
wiederum hinzuzurechnen, die als Ertrag erfassten Mieten seien hingegen auszuscheiden (Tz 38a des BP-<br />
Berichts).<br />
Das Mietentgelt <strong>für</strong> das gehoben ausgestattete Haus in ruhigem Wohngebiet sei mit 8.500 ATS zuzüglich<br />
Umsatzsteuer zu niedrig. Entgegen der Vereinbarung im Mietvertrag habe die Beschwerdeführerin auch <strong>Teil</strong>e<br />
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 5
Verwaltungsgerichtshof 23.02.2010<br />
der Betriebskosten getragen und die vereinbarte Indexanpassung noch nicht vorgenommen. Auch wenn das<br />
Gebäude nicht zum Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin zähle, sei die fremdunübliche<br />
Nutzungsüberlassung kapitalertragsteuerlich als verdeckte Ausschüttung zu erfassen (Tz 44b des BP-Berichts).<br />
Da das Gebäude sohin nicht zum Unternehmen der Beschwerdeführerin gehöre, sei gemäß § 12 Abs. 2 Z. 2<br />
lit. a UStG 1994 der Vorsteuerabzug aus den Errichtungs- und Betriebskosten nicht möglich (Tz 19c des BP-<br />
Berichts).<br />
Den dargestellten und weiteren Prüfungsfeststellungen folgend erließ das Finanzamt Abgabenbescheide<br />
betreffend Körperschaft- und Umsatzsteuer 1996 bis 2001 sowie Haftungsbescheide <strong>für</strong> Kapitalertragsteuer 1997<br />
bis 2001.<br />
In der Berufung gegen diese Bescheide brachte die Beschwerdeführerin - soweit <strong>für</strong> das<br />
verwaltungsgerichtliche Verfahren noch von Bedeutung - vor, ein <strong>Teil</strong> des Gebäudes (ca. 30%) diene ihr <strong>für</strong><br />
Bürozwecke. Bei der Berechnung der Einkünfte aus der Vermietung <strong>für</strong> Wohnzwecke sei daher in diesem<br />
Ausmaß die AfA auszuscheiden, sodass die Vermietung zu einem jährlichen Einnahmenüberschuss führe. Damit<br />
zähle die Liegenschaft nicht zum außerbetrieblichen Vermögen der Beschwerdeführerin. Die mit der Errichtung<br />
des Gebäudes zusammenhängenden Vorsteuern seien <strong>für</strong> Leistungen angefallen, die das Unternehmen beträfen,<br />
und daher abzugsfähig. Dem Mietvertrag zufolge handle es sich bei dem Gebäude um eine Arbeiterwohnstätte,<br />
die der Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt worden sei.<br />
Zur Frage der verdeckten Ausschüttung infolge eines zu geringen Mietentgeltes wurde eingewendet, dass<br />
der vereinbarte Mietzins fremdüblich sei und zu positiven Ergebnissen der Beschwerdeführerin führe. Bei der<br />
Beurteilung der Höhe des Mietzinses müsse beachtet werden, dass <strong>für</strong> Wohngebäude, die zum <strong>Teil</strong> betrieblich<br />
verwendet würden, nur ein geringerer Mietzins erzielbar sei.<br />
In einer Beilage zur Berufung berechnete die Beschwerdeführerin eine "angemessene Miete" unter<br />
Anwendung der Sachbezugsverordnung BGBl II Nr. 416/2001 - unter Abzug eines Abschlages von 20% wegen<br />
der Berücksichtigung des Umstandes, dass die Betriebskosten vom Mieter bezahlt werden - mit 7.991,32 ATS<br />
und stellt diese der tatsächlich festgelegten Miete von 8.500 ATS gegenüber. Die Beschwerdeführerin ging dabei<br />
von einer vermieteten Fläche von 222 m2 aus. Laut Punkt 2 des Mietvertrages seien nämlich das<br />
Besprechungszimmer, das Gästezimmer, der Vorraum (gemeinsame Nutzung) und das im Dachgeschoss<br />
gelegene Büro (also insgesamt 102 m2) nicht Gegenstand der Vermietung.<br />
In seiner Stellungnahme zur Berufung brachte der Betriebsprüfer vor, die behauptete betriebliche Nutzung<br />
der Räume im Erdgeschoss sei weder glaubhaft gemacht noch nachgewiesen worden. Angesichts der weiteren<br />
Büroräume der Beschwerdeführerin in der G-Straße sei es unwahrscheinlich, dass auch im Gebäude in der H-<br />
Straße betriebliche Besprechungen stattgefunden hätten. Das im Obergeschoss des Hauses in der H-Straße<br />
gelegene Büro sei als ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer zu werten. Eine betriebliche Nutzung<br />
des Büros im Obergeschoss (neben den Schlafräumen) und der Räume im Erdgeschoss sowie die gemeinsame<br />
Nutzung des Bades/WC sowie des Vorraumes im Erdgeschoss würden bei einer Vermietung an Fremde nicht<br />
vereinbart werden. Zudem seien von der Beschwerdeführerin auch Betriebskosten getragen worden.<br />
In der mündlichen Berufungsverhandlung brachte die Beschwerdeführerin vor, im Jahr 1992 sei ihr der<br />
erste Stock des Betriebsgebäudes in der G-Straße nicht zur Verfügung gestanden, weil er im Wohnungseigentum<br />
der Eltern von Frau IP gestanden sei. Somit habe die Beschwerdeführerin keinen Besprechungsraum gehabt. Es<br />
sei daher der Entschluss gefasst worden, die Liegenschaft in der H-Straße entsprechend "herzurichten". Es<br />
würden dort etwa fünf bis sechs Kunden betreut, insbesondere Kunden aus der Banknotenpapierindustrie, die<br />
eine persönliche und diskrete Betreuung erwarteten.<br />
Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über die Berufung. Sie setzte die Haftung<br />
<strong>für</strong> Kapitalertragsteuer betragsmäßig herab, im Übrigen gab sie der Berufung in den noch vom<br />
verwaltungsgerichtlichen Verfahren betroffenen Punkten keine Folge.<br />
Zur Begründung führt die belangte Behörde aus, unter dem Terminus einer Arbeiterwohnstätte sei eine<br />
Wohnung verstanden worden, die geeignet sei, das Wohnbedürfnis eines Durchschnittsarbeiters zu befriedigen.<br />
Ihr Erwerb müsse erschwinglich sein. Als angemessene Wohnungsgröße sei eine Nutzfläche von 130 m2 und<br />
eine Grundstücksgröße von 1000 m2 anzunehmen. Eine derartige Arbeiterwohnstätte habe die<br />
Beschwerdeführerin zweifelsfrei nicht errichtet, da sowohl die Wohnnutzfläche als auch die erworbene<br />
Grundstücksfläche bei Weitem überschritten worden seien und eine eher luxuriöse Ausstattung (wie<br />
Doppelgarage, Schwimmbad) vorliege. Die Gebäudeerrichtung sei auch auf die Bedürfnisse der Gesellschafter<br />
bzw der Geschäftsführerin zugeschnitten.<br />
Die in Rede stehende Liegenschaft stelle auch nicht gewillkürtes Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin<br />
dar. Im gegenständlichen Fall würden unbestritten 70% des Hauses durch die Gesellschafter privat genutzt; <strong>für</strong><br />
diese scheide die Zuordnung zum (gewillkürten) Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin aus.<br />
Für die weiteren 30% des Gebäudes gelte Folgendes:<br />
Die allenfalls erfolgte gelegentliche Einräumung der Nächtigungsmöglichkeit im Gästezimmer im<br />
Erdgeschoss an Geschäftsfreunde, deren Zahl sehr gering sei, bewirke eine betriebliche Nutzung und somit eine<br />
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Verwaltungsgerichtshof 23.02.2010<br />
Zuordnung dieses Raumes zum Betriebsvermögen nicht. Die Bewirtung von Geschäftsfreunden gelte nach § 20<br />
Abs. 1 Z. 3 EStG als Repräsentation.<br />
Das Besprechungszimmer im Erdgeschoss stelle im Hinblick auf seine Wohn- und Esszimmereinrichtung<br />
und den geringen Umfang von Geschäftsfreunden ebenfalls notwendiges Privatvermögen dar. Eine betriebliche<br />
Nutzung sei nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht worden. Im Falle einer geringfügigen Nutzung <strong>für</strong><br />
Besprechungen mit Geschäftsfreunden dominiere ebenfalls der Repräsentationscharakter.<br />
Das als Büroraum bezeichnete Arbeitszimmer im Obergeschoss stelle nach Ansicht der belangten Behörde<br />
ebenfalls Privatvermögen dar. Der Raum sei in den Wohnungsverband integriert. Er sei mit alten Büromöbeln<br />
und mit einer Anrichte und einem Fernsehgerät ausgestattet. Er stelle nicht den Mittelpunkt der beruflichen<br />
Tätigkeit der Geschäftsführerin dar, wenn sie dort auch abends und an Wochenenden Arbeiten verrichte. Gemäß<br />
§ 20 Abs. 1 Z. 2 lit. d EStG seien aber Aufwendungen <strong>für</strong> ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer<br />
nur dann abzugsfähig, wenn es den Mittelpunkt der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit der<br />
Beschwerdeführerin (hier repräsentiert durch IP als die Geschäftsführerin) darstelle.<br />
Umsatzsteuerlich sei zwar (hinsichtlich des Arbeitszimmers) auf die Rechtslage im Zeitpunkt des Beitritts<br />
Österreichs zur EU abzustellen; bereits nach jener Rechtslage sei aber ein Arbeitszimmer nur dann steuerlich zu<br />
berücksichtigen gewesen, wenn es notwendigerweise ausschließlich oder nahezu ausschließlich betrieblich<br />
genutzt worden sei. Genauso wie Tätigkeiten eines Notars außerhalb seiner Kanzlei in seinem Einfamilienhaus<br />
an Abenden und an Wochenenden erfülle auch die Tätigkeit der Beschwerdeführerin in ihrem Arbeitszimmer<br />
diese Voraussetzungen nicht.<br />
Sohin stelle das gesamte Gebäude Privatvermögen der Beschwerdeführerin dar.<br />
Der Betriebsprüfer habe im Übrigen zutreffend festgestellt, dass es nach der Nutzung der "Dienstwohnung"<br />
der Geschäftsführerin unabhängig hievon zu Gehaltserhöhungen gekommen sei, sodass ein Konnex zwischen<br />
Geschäftsführertätigkeit und Wohnungsüberlassung nach Ansicht der belangten Behörde nicht ableitbar sei.<br />
Der Mietzins sei nicht in fremdüblicher Höhe festgesetzt worden, zumal eine Zuordnung des vereinbarten<br />
Mietzinses zu einem etwa 70%igen Gebäudeanteil nicht durchführbar sei (und daher ein fremdüblicher Mietzins<br />
nach der Größe des Gesamtgebäudes zu bemessen sei). Weil im konkreten Fall kein fremdüblicher Mietzins<br />
vereinbart worden sei, sei das Mietverhältnis steuerlich nicht anzuerkennen.<br />
Der Vorsteuerabzug stehe gemäß § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 nicht zu, da die Entgelte zur Gänze nicht als<br />
Betriebsausgaben anzuerkennen seien. Dabei lägen auch keine steuerlich zu erfassenden Vermietungsumsätze<br />
vor.<br />
In Zusammenhang mit der Angemessenheit der Höhe des Mietzinses habe der Prüfer Erhebungen über<br />
Vergleichsmieten angestellt, aus denen zu erschließen sei, dass bei vergleichbaren Objekten zum <strong>Teil</strong> weit mehr<br />
als 50 ATS pro m2 erzielbar seien. Somit sei - bezogen auf das gesamte Gebäude - die vom Finanzamt<br />
festgestellte Miethöhe von 17.100 ATS durchaus erzielbar. Durch die zu niedrige Miete sei eine Zuwendung der<br />
Beschwerdeführerin an die Gesellschafter in Form einer verdeckten Ausschüttung erfolgt. Aber nicht nur die<br />
Miete sei zu niedrig gewesen, es seien auch noch - vertragswidrig - die Betriebskosten nur zum <strong>Teil</strong> von der<br />
Mieterin getragen worden und es sei auf die Durchsetzung der Wertsicherung verzichtet worden. Es sei als<br />
erwiesen anzusehen, dass entsprechende Vorteilszuwendungen an die Gesellschafter geplant gewesen seien.<br />
Mangels Fremdüblichkeit sei das Mietverhältnis nicht anzuerkennen, da die durch Lehre und Rechtsprechung<br />
erarbeiteten Grundsätze <strong>für</strong> die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen (und<br />
zwischen Gesellschaft und Gesellschafter) damit nicht erfüllt seien. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin<br />
hinsichtlich einer Alternativrendite folgend sei allerdings der fremdübliche Mietzins mit 314.708 ATS<br />
anzunehmen. Durch Gegenüberstellung mit der tatsächlich gezahlten Miete von 112.200 ATS errechne sich eine<br />
verdeckte Ausschüttung von nur mehr jährlich 202.508 ATS (<strong>für</strong> die Jahre 1997 bis 2001). Die<br />
Kapitalertragsteuer betrage jährlich<br />
50.627 ATS. Insoweit werde der Berufung hinsichtlich Kapitalertragsteuer teilweise Folge gegeben.<br />
Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.<br />
Sie erachtet sich als verletzt im Recht auf Zuordnung des in Rede stehenden Gebäudes zu ihrem (allenfalls<br />
gewillkürten) Betriebsvermögen sowie auf Anerkennung der damit zusammenhängenden Betriebsausgaben und<br />
Vorsteuern.<br />
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:<br />
Für ca 30% des Gebäudes hat die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren behauptet, sie seien nicht<br />
vermietet worden, sondern hätten unmittelbar betrieblichen Zwecken gedient. Zu diesen Gebäudeteilen gehört<br />
das Büro im Obergeschoss und das Gästezimmer im Erdgeschoss des Gebäudes.<br />
Auf den Büroraum im Obergeschoss des Hauses hat die belangte Behörde das Abzugsverbot des § 20<br />
Abs. 1 Z. 2 lit. d EStG 1988 zur Anwendung gebracht. Sie hat ausgeführt, nach dieser Bestimmung wären die<br />
Aufwendungen <strong>für</strong> ein Arbeitszimmer nur abziehbar, wenn es den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder<br />
beruflichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin, hier repräsentiert durch IP als die Geschäftsführerin, darstellte.<br />
Der Raum bilde aber im gegenständlichen Fall nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit der<br />
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Verwaltungsgerichtshof 23.02.2010<br />
Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin. Es treffe auch nicht zu, dass die Geschäftsführerin dieses im<br />
Wohnungsverband befindliche Arbeitszimmer "notwendigerweise" ausschließlich oder nahezu ausschließlich<br />
betrieblich nutze.<br />
Mit dieser rechtlichen Beurteilung hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt. Die Norm des § 20<br />
Abs. 1 Z. 2 lit. d EStG 1988 ist auf Körperschaftsteuersubjekte nicht anwendbar, zumal § 12 KStG 1988 keinen<br />
Verweis auf diese Norm enthält. Aber auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die auf die<br />
Erforderlichkeit eines häuslichen Arbeitszimmers abstellt (vgl. die bei Doralt/Kofler, EStG11, § 20 Tz 104/9<br />
zitierte hg Rechtsprechung), betrifft lediglich die Frage der steuerlichen Berücksichtigung des Arbeitszimmers<br />
bei demjenigen, in dessen Haushalt das Arbeitszimmer gelegen ist, nicht hingegen die steuerliche<br />
Berücksichtigung beim Arbeitgeber. Als Folge der Verkennung der Rechtslage hat die belangte Behörde<br />
konkrete Feststellungen darüber, dass der Büroraum von den Gesellschaftern privat genutzt worden sei,<br />
unterlassen.<br />
Bereits damit erweist sich der angefochtene Bescheid, soweit er Körperschaftsteuer betrifft, als mit<br />
Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Soweit der angefochtene Bescheid Umsatzsteuer betrifft, gilt Gleiches,<br />
weil die belangte Behörde den Vorsteuerausschluss darauf stützt, dass das Gebäude zur Gänze nicht zu<br />
Betriebsausgaben führt.<br />
Zum - dem Vorbringen der Beschwerdeführerin zufolge <strong>für</strong> ihren Gewerbebetrieb genutzten - Gästezimmer<br />
wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, die allenfalls erfolgte gelegentliche Einräumung der<br />
Nächtigungsmöglichkeit <strong>für</strong> Geschäftsfreunde bewirke nicht eine Zuordnung zum Betriebsvermögen. Ein<br />
dadurch veranlasster Aufwand sei als Repräsentationsaufwand in Form der Geschäftsfreundebewirtung gemäß<br />
§ 20 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988 nicht abziehbar. Diese rechtliche Beurteilung ist zutreffend. In der Tat erfasst das<br />
Abzugsverbot des § 12 Abs. 1 Z. 3 KStG 1988 mit seinem Verweis auf die Repräsentationsaufwendungen nach<br />
§ 20 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988 die Bewirtung von Geschäftsfreunden und damit auch die Aufwendungen <strong>für</strong> die<br />
Nächtigung der Geschäftsfreunde (vgl. das hg Erkenntnis vom 24. Juni 2004, 2001/15/0002). Die Ausführungen<br />
des angefochtenen Bescheides enthalten allerdings nicht die Feststellung, dass dieser im Mietvertrag vom<br />
2. Jänner 1998 nicht an IP vermietete Raum von den Gesellschaftern benutzt worden wäre.<br />
Aus ihren Ausführungen zur körperschaftsteuerlichen Behandlung des Gebäudes schließt die belangte<br />
Behörde im angefochtenen Bescheid, dass das gesamte Gebäude an IP zur privaten Nutzung überlassen worden<br />
sei. Gehe man als Folge dessen von einer Überlassung der Nutzung am gesamten Gebäude aus, liege der<br />
vereinbarte Mietzins deutlich unter dem angemessenen Mietzins. Wie oben ausgeführt, enthält der angefochtene<br />
Bescheid allerdings hinsichtlich des Büroraumes und des Gästezimmers bloß Verweise auf Abzugsverbote nach<br />
§ 20 EStG, nicht aber Feststellungen über die tatsächliche Nutzung dieser Räume. Die Ermittlung eines<br />
fremdüblichen Mietentgeltes unter Zugrundelegung der Annahme, dass das gesamte Gebäude an IP zur Nutzung<br />
überlassen worden ist, erweist sich daher als nicht hinreichend begründet. Gleiches gilt <strong>für</strong> die Ausführungen des<br />
angefochtenen Bescheides, wonach das Mietverhältnis generell nicht anzuerkennen sei, weil es mangels eines<br />
fremdüblichen Mietzinses nicht die Voraussetzungen erfülle, die <strong>für</strong> die Anerkennung von Verträgen zwischen<br />
nahen Angehörigen, aber auch zwischen Gesellschaft und Gesellschafter bestünden, zumal im angefochtenen<br />
Bescheid auch die Gravität einer noch nicht geltend gemachten Wertsicherung und zum <strong>Teil</strong> von der<br />
Beschwerdeführerin getragener Betriebskosten nicht dargetan wird.<br />
Da sich die der Kapitalertragsteuer zu unterziehende laufende verdeckte Ausschüttung auf der Basis der<br />
Gegenüberstellung einer fremdüblichen Miete mit der tatsächlich festgelegten Miete errechnet, erweist sich<br />
somit der angefochtene Bescheid, soweit er Kapitalertragsteuer 1998 bis 2001 betrifft, mit Rechtswidrigkeit<br />
belastet, wobei der Verfahrensfehler seiner Ursache nach auch in der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der<br />
Aufwendungen <strong>für</strong> den im Obergeschoss des Gebäudes befindlichen Büroraum gelegen ist. Die Haftung<br />
betreffend Kapitalertragsteuer <strong>für</strong> 1997 resultiert nicht aus der Überlassung der Nutzung des Gebäudes, sondern<br />
aus einem anderen Vorgang (Übernahme von Telefonkosten), gegen den sich die Beschwerde nicht wendet.<br />
Den Beschwerdeausführungen zur Bemessung der Höhe des angemessenen Mietzinses nach der jeweils zur<br />
Anwendung kommenden Sachbezugsverordnung ist im Übrigen entgegen zu halten, dass sich die angemessene<br />
Höhe daraus ableitet, was unter einander fremd gegenüberstehenden Personen vereinbart worden wäre, und<br />
damit insbesondere auch daraus, was ein Investor als Rendite aus der Investition der konkret aufgewendeten<br />
Geldsumme erwartet. Die Werte der Sachbezugsverordnung entsprechen in den Streitjahren im Regelfall nicht<br />
jenen, die unter einander fremd gegenüberstehenden Personen vereinbart worden wären.<br />
In Bezug auf die IP zur Nutzung überlassenen Gebäudeteile ist zu beachten:<br />
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. Mai 2007, 2005/14/0083, ausgeführt hat, ist bei<br />
den (nicht fremdüblich) den Gesellschaftern zur Nutzung überlassenen Gebäuden einer Kapitalgesellschaft zu<br />
unterscheiden zwischen jederzeit im betrieblichen Geschehen (zB durch Vermietung) einsetzbaren Gebäuden<br />
einerseits und andererseits solchen Gebäuden, die schon ihrer Erscheinung nach (etwa besonders repräsentative<br />
Gebäude oder speziell auf die Wohnbedürfnisse des Gesellschafters abgestellte Gebäude) <strong>für</strong> die private<br />
Nutzung durch den Gesellschafter bestimmt sind, sodass sie als "verdeckte Ausschüttung an der Wurzel" von<br />
vorneherein nicht zum Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft zählen (siehe hiezu auch RdW 2007, 620). In<br />
Bezug auf die erstgenannten Gebäude spricht der Umstand, dass sie den Gesellschaftern zu einem unangemessen<br />
niedrigen Mietzins vermietet werden, nicht gegen deren Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen, sondern führt im<br />
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Verwaltungsgerichtshof 23.02.2010<br />
Wege einer laufenden verdeckten Ausschüttung zum Ansatz fremdüblicher Betriebseinnahmen (Mieterträge) der<br />
Kapitalgesellschaft.<br />
Voraussetzung da<strong>für</strong>, in Zusammenhang mit der Nutzungsüberlassung eine verdeckte Ausschüttung (auch<br />
eine solche an der Wurzel) anzunehmen, ist dabei stets, dass die Vereinbarung über die Nutzungsüberlassung<br />
einem Fremdvergleich nicht standhält (vgl. RdW 2007, 620).<br />
Die Sachverhaltsgrundlage <strong>für</strong> eine rechtliche Einstufung eines Gebäudes oder bestimmter Räume eines<br />
Gebäudes als außerbetriebliches Vermögen bedarf einer die konkreten Umstände des Einzelfalles würdigenden<br />
Begründung im Tatsachenbereich, die der angefochtene Bescheid noch nicht in der zu fordernden Weise<br />
aufweist. Der bloße Vergleich mit einer "Arbeiterwohnstätte" leistet in diesem Zusammenhang keinen<br />
hilfreichen Beitrag. Auch hinreichende Sachverhaltsfeststellungen zur Beurteilung der Fremdüblichkeit der Höhe<br />
des Mietzinses fehlen im angefochtenen Bescheid.<br />
Bestimmte bei der Beschwerdeführerin angefallene und von dieser an IP weiterverrechnete Kosten hat die<br />
belangte Behörde im angefochtenen Bescheid bei der Beschwerdeführerin nicht als Betriebseinnahmen<br />
angesetzt. In der Begründung der Beschwerde finden sich Ausführungen, die sich auch dagegen wenden. Das<br />
Ausscheiden von Betriebseinnahmen ist aber nicht von dem in der Beschwerde formulierten Beschwerdepunkt<br />
umfasst. Zudem zeigt die Beschwerde nicht auf, in welcher Weise die Beschwerdeführerin dadurch in<br />
subjektiven Rechten verletzten sein kann. Auf dieses Beschwerdevorbringen war daher nicht einzugehen.<br />
Soweit der angefochtene Bescheid Kapitalertragsteuer 1998 bis 2001 sowie Körperschaftsteuer und<br />
Umsatzsteuer betrifft, war er sohin - wegen des Prävalierens der Rechtswidrigkeit des Inhaltes - gemäß § 42<br />
Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.<br />
Von der Durchführung einer Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen<br />
werden.<br />
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr. 455/2008.<br />
Wien, am 23. Februar 2010<br />
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Steuerrecht-<strong>Finanzrecht</strong>_Kofler.fm Seite 1 Donnerstag, 2. April 2009 2:28 14<br />
Inhaltsübersicht<br />
Die „außerbetriebliche Vermögenssphäre“<br />
der Kapitalgesellschaft<br />
Georg Kofler<br />
I. Ausgangsproblem<br />
II. Fallgruppen<br />
A. Überblick<br />
B. Wirtschaftsgüter im Rahmen der Liebhaberei<br />
C. Zuordnung aufgrund gesetzlicher Vorschriften<br />
D. Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis<br />
III. Resümee<br />
1
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I. Ausgangsproblem<br />
Die „außerbetriebliche Vermögenssphäre“ der Kapitalgesellschaft<br />
Nach § 7 Abs 3 KStG sind bei Kapitalgesellschaften „alle Einkünfte (§ 2 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes<br />
1988) den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 23 Z 1 des Einkommensteuergesetzes<br />
1988) zuzurechnen“. Im Sinne einer Zurechnungsvorschrift wird somit<br />
angeordnet, dass alle steuerbaren Einkünfte den Einkünften aus Gewerbebetrieb zugerechnet<br />
und der Gewinnermittlung nach § 5 EStG unterworfen werden. 1 § 7 Abs 3 KStG<br />
wirft damit umgekehrt die grundsätzliche Frage auf, ob Kapitalgesellschaften auch eine<br />
„außerbetriebliche Vermögenssphäre“ haben können. 2 Wenngleich die grundsätzliche<br />
Denkbarkeit einer solchen Vermögenssphäre vor dem Hintergrund einer kausalgenetischen<br />
Betrachtung des Betriebsausgabenbegriffes bereits früh bejaht wurde 3 und letztlich<br />
auch der Annahme einer Liebhabereifähigkeit von Kapitalgesellschaften zu Grunde<br />
liegt, hat gerade die jüngere Rechtsprechung zur außerbetrieblichen Sphäre im Hinblick<br />
auf Dienstwohnungen und Wohngebäude von Gesellschafter-Geschäftsführern die Diskussion<br />
weiter zugespitzt. 4 Obwohl solcherart kaum Zweifel bestehen dürften, dass Kapitalgesellschaften<br />
prinzipiell neben der betrieblichen Sphäre auch einen „außerbetrieblichen“<br />
Bereich haben können, 5 besteht angesichts der heterogenen Fallgruppen erhebliche<br />
dogmatische Unsicherheit hinsichtlich dessen exakter Ausprägung. Sieht man hier<br />
von außerbetrieblichen Vermögenszugängen ab, 6 kann der außerbetriebliche Vermögens-<br />
1 ErlRV 622 BlgNR XVII. GP, 16; siehe auch Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG 5<br />
(1997) § 7 Tz 70 und Tz 79; ausführlich zu den verschiedenen Theorien Stangl, Die außerbetriebliche<br />
Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 18 ff; siehe auch unten Kapitel II.A.<br />
2 Trotz der erheblichen terminologischen Unsicherheit soll – der Konvention entsprechend – der Begriff<br />
der „außerbetrieblichen Sphäre“ der Kapitalgesellschaft beibehalten werden (siehe zB Stoll,<br />
Verluste und Verlustquellen im Steuerrecht [1989] 231 ff; Pernegger, ÖStZ 2002/168, 87 [87 ff];<br />
Stangl, ÖStZ 2005/71, 39 [40 ff]). Dieser Oberbegriff soll im gegebenen Zusammenhang die Termini<br />
des „Privatvermögens“ (zB VwGH 28. 4. 2004, 2001/14/0166, ÖStZB 2004/516, 564; VwGH 26.<br />
3. 2007, 2005/14/0091, ÖStZB 2007/481, 640), des „Nicht-Betriebsvermögens“ (zB Stangl, ÖStZ<br />
2005/71, 39 [41]), des „steuerneutralen Vermögens“ (zB VwGH 19. 4. 2007, 2005/15/0020, ÖStZB<br />
2007/475, 635; VwGH 16. 5. 2007, 2005/14/0083, ÖStZB 2008/73, 76) bzw der „einkünfteirrelevanten<br />
Sphäre“ (zB Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften [2004] 4 f) einschließen,<br />
ohne damit implizieren zu wollen, dass es sich um Vermögen handelt, das der außerbetrieblichen<br />
Einkünfteerzielung iSd § 2 Abs 3 Z 5 bis 7 EStG dient.<br />
3 Siehe zB Stoll in FS Stadler (1981) 255 (272 f); vgl auch Wiesner in FS Bauer 349 (352 ff); Wiesner/<br />
Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG (1996) § 7 Anm 32 und § 8 Anm 18; Bauer/Quantschnigg/<br />
Schellmann/Werilly, KStG 5 (1997) § 8 Tz 66, Stichwort „Dienstwohnung“.<br />
4 Siehe VwGH 20. 6. 2000, 98/15/0169, ÖStZB 2000/534, 653; VwGH 24. 6. 2004, 2001/15/0002,<br />
ÖStZB 2005/32, 57; VwGH 30. 6. 2005, 2001/15/0081, ÖStZB 2006/5, 8; VwGH 26. 3. 2007, 2005/<br />
14/0091, ÖStZB 2007/481, 640; VwGH 19. 4. 2007, 2005/15/0020, ÖStZB 2007/475, 635; vgl auch<br />
VwGH 16. 5. 2007, 2005/14/0083, ÖStZB 2008/73, 76.<br />
5 Vgl zB Rz 612 ff KStR 2001; siehe aus dem jüngeren Schrifttum zB Wiesner, RWZ 2000/74, 229<br />
(230); Wiesner, RWZ 2004/56, 225 (226 f); Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften<br />
(2004) 18 ff; Hofstätter/Zorn in Hofstätter/Reichel, EStG 36 (2006) § 4 Abs 1 Tz 78; Urtz,<br />
GeS 2007, 390 (397 f); G. Kofler in FS Doralt (2007) 197 (210 ff); Wiesner, RWZ 2007/37, 129<br />
(129 f); Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG 11 (2008) § 8 Tz 57 ff und Tz 253<br />
sowie Anh zu § 8, Stichworte „Außerbetrieblicher Bereich“ und „Dienstwohnung“.<br />
6 So sind beispielsweise Vermögenszugänge aus nicht betrieblich veranlassten Erbschaften, Schenkungen,<br />
Spenden etc sowie beispielsweise Lotteriegewinne nicht steuerbar, wobei sich die Zuordnung<br />
zur „außerbetrieblichen“ Sphäre nach ihrem Einsatz richten soll; siehe dazu Wiesner in FS Bau-<br />
3
Steuerrecht-<strong>Finanzrecht</strong>_Kofler.fm Seite 4 Donnerstag, 2. April 2009 2:28 14<br />
Georg Kofler<br />
bereich nach hA nämlich sowohl Wirtschaftsgüter umfassen, die nicht der Einkunftserzielung<br />
dienen (zB Wirtschaftsgüter, die bei einer Liebhabereitätigkeit verwendet werden),<br />
als auch Wirtschaftsgüter, die auf Grund gesetzlicher Bestimmungen als „privat“<br />
anzusehen sind; darüber hinaus ist fraglich, welche Auswirkungen die Abgrenzung zwischen<br />
Gesellschafts- und Gesellschaftersphäre auf den Vermögensbereich der Kapitalgesellschaft<br />
und damit auf das Instrument der verdeckten Ausschüttung hat. Diesen Fragen<br />
und den steuerlichen Konsequenzen einer „außerbetrieblichen“ Sphäre geht der folgende<br />
Beitrag nach.<br />
Bereits am Ausgangspunkt ist freilich eine Abkoppelung der österreichischen Rechtsentwicklung<br />
von der Sichtweise im deutschen Steuerrecht zu konstatieren. Anders als der<br />
VwGH geht der BFH nämlich in seiner jüngeren Rechtsprechung – in Abkehr von der<br />
früheren Judikatur 7 – davon aus, dass bei einer Kapitalgesellschaft schon aufgrund des<br />
§ 8 Abs 2 dKStG sämtliche Aufwendungen als betrieblich veranlasst zu behandeln seien,<br />
weil eine Kapitalgesellschaft keine außerbetriebliche Sphäre, sondern ausschließlich Betriebsvermögen<br />
haben könne. 8 Daraus folgerte der BFH nicht nur, dass Liebhaberei bei<br />
Kapitalgesellschaften prinzipiell ausgeschlossen sei, 9 sondern generell auch, dass sich betriebliche<br />
und gesellschaftliche Veranlassung nicht wechselseitig ausschlössen, sondern<br />
selbst gesellschaftlich veranlasste Aufwendungen als Betriebsausgaben den Gewinn minderten<br />
und eine Gewinnkorrektur nur unter dem Gesichtspunkt einer verdeckten Gewinnausschüttung<br />
in Betracht komme. 10 Diese Divergenz zwischen dem österreichischen und<br />
dem deutschen Steuerrecht schärft freilich den dogmatischen Blick <strong>für</strong> jene Probleme, die<br />
aus der Annahme einer außerbetrieblichen Vermögenssphäre bei Kapitalgesellschaften<br />
resultieren.<br />
7 er (1986) 349 (352); Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG (1996) § 7 Rz 11, 12 und 32; Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly,<br />
KStG 5 (1997) § 7 Tz 22; Bruckner, ÖStZ 2003/233, 110<br />
(112); Urtz, GeS 2007, 390 (397 f); Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG 11<br />
(2008) § 8 Tz 60; ausführlich zur diesbezüglichen Relevanz des Veranlassungsprinzips Stangl, Die<br />
außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 90 ff.<br />
7 RFH 23. 3 1927, I A 298/26, RFHE 21, 53, RStBl 1930, 353; RFH 26. 4 1930, I A 45/30, RFHE 26,<br />
309, RStBl 1930, 352; BFH 17. 5. 1952, I D 1/52 S, BFHE 56, 591, BStBl 1952 III 228; BFH 2. 11.<br />
1965, I 221/62 S, BFHE 85, 121, BStBl 1966 III 255; BFH 4. 3. 1970, I R 123/68, BFHE 98, 259,<br />
BStBl 1970 II 470; BFH 7. 7. 1976, I R 180/74, BFHE 119, 494, BStBl 1976 II 753; BFH 24. 9.<br />
1980, I R 88/77, BFHE 131, 434, BStBl 1981 II 108.<br />
8 BFH 4. 12. 1996, I R 54/95, BFHE 182, 123; BFH 22. 1. 1997, I R 64/96, BFHE 182, 530, BStBl<br />
1997 II 548; BFH 13. 8. 1997, I R 85/96, BFHE 184, 311, BStBl 1998 II 161; BFH 8. 7. 1998,<br />
I R 123/97, BFHE 186, 540; BFH 8. 8. 2001, I R 106/99, BFHE 196, 173, BStBl 2003 II 487; BFH<br />
7. 11. 2001, I R 14/01, BFHE 197, 287, BStBl 2002 II 861; BFH 31. 3. 2004, I R 83/03, BFHE 206,<br />
58; ebenso nach dem Systemwechsel auf das Halbeinkünfteverfahren BFH 22. 8. 2007, I R 32/06,<br />
BStBl 2007 II 961; siehe aus dem deutschen Schrifttum zB Wassermeyer, DB 1987, 1113 (1113 ff);<br />
Schuck, FR 1992, 537 (537 ff); Thiel, DStR 1993, 1881 (1881 ff); Weber-Grellet, DStR 1994, 12<br />
(12 ff); Wassermeyer, StuW 1998, 76 (77); Prinz, StbJb 1997/98, 97 (97 ff); kritisch zB Pezzer, StuW<br />
1998, 76 (76 ff); dazu ausführlich Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften<br />
(2004) 101 ff mwN, und Wiesner, RWZ 2007/103, 359 (359 ff).<br />
9 Siehe zB BFH 4. 12. 1996, I R 54/95, BFHE 182, 123; dazu insbesondere Prinz, StbJb 1997/98, 97<br />
(99 ff); Schön in FS Flume (1998) 265 (270 ff).<br />
10 BFH 22. 1. 1997, I R 64/96, BFHE 182, 530, BStBl 1997 II 548; dazu Wassermeyer, GmbHR 1998,<br />
157 (158); Wassermeyer, DB 2002, 2668 (2668 f); Prinz, StbJb 1997/98, 97 (101 f).<br />
4
Steuerrecht-<strong>Finanzrecht</strong>_Kofler.fm Seite 5 Donnerstag, 2. April 2009 2:28 14<br />
II. Fallgruppen<br />
A. Überblick<br />
Die „außerbetriebliche Vermögenssphäre“ der Kapitalgesellschaft<br />
Die Annahme einer „außerbetrieblichen“ Sphäre der Kapitalgesellschaft mutet auf den<br />
ersten Blick ungewöhnlich an, fehlt es dieser doch an der den natürlichen Personen eigenen<br />
„privaten“ Sphäre. 11 Auch das Gesetz äußert sich nicht ausdrücklich zu dieser Frage. Der<br />
BFH leitet dementsprechend aus § 8 Abs 2 dKStG, wonach – entsprechend § 8 Abs 2<br />
KStG 1966 – „alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln sind“, dem<br />
Fehlen einer außerbetrieblichen Sphäre in der Handelsbilanz, das sich über die Maßgeblichkeit<br />
in der Steuerbilanz niederschlage, und dem Fehlen einer dem § 12 Nr 1 dEStG<br />
entsprechenden, auf die persönliche Sphäre des Steuerpflichtigen abstellenden Vorschrift<br />
ab, dass eine Kapitalgesellschaft keine „außerbetriebliche“ Sphäre haben könne und solcherart<br />
auch der Einkünftebegriff des § 8 Abs 2 dKStG über jenen des EStG hinausgehe. 12<br />
Daher sei bei gesellschaftlicher Veranlassung lediglich eine Ergebniskorrektur mittels der<br />
Grundsätze der verdeckten Ausschüttung vorzunehmen, die sich zB bei fehlender Gewinnerzielungsabsicht<br />
letztlich anhand der Abgrenzungsmerkmale zwischen Einkunftserzielung<br />
und der Liebhaberei orientiert. 13 Tatsächlich scheint auch das österreichische<br />
Steuerrecht auf den ersten Blick davon auszugehen, dass es lediglich einer Abgrenzung<br />
zwischen der Ebene der Gesellschaft und der Ebene der Gesellschafter bedürfe, zumal es<br />
einerseits an einer dem § 20 Abs 1 Z 1 und Z 2 lit a EStG vergleichbaren Vorschrift mangelt<br />
14 und andererseits die Abgrenzung zur Einkommensverwendungssphäre durch § 8<br />
Abs 2 KStG erfolgt, der die betrieblich veranlassten Vorgänge von den in der Anteilsinhaberschaft<br />
begründeten Vorgängen trennt und solcherart als das Gegenstück zur Betriebsausgabenvorschrift<br />
des § 4 Abs 4 EStG angesehen werden kann. 15<br />
Diese Folgerung ist freilich nicht zwingend, zumal nach österreichischem Recht der<br />
Vorschrift des § 7 Abs 3 KStG lediglich ein Zurechnungscharakter unterstellt wird, der<br />
das Vorliegen steuerbarer Einkünfte voraussetzt 16 und sodann sämtliche dem Grunde<br />
nach steuerlich zu erfassenden Einkünfte den Einkünften aus Gewerbebetrieb „zurechnet“.<br />
§ 7 Abs 3 KStG schafft somit – anders als § 8 Abs 2 dKStG – nach hA kein eigen-<br />
11 ZB BFH 22. 8. 2007, I R 32/06, BStBl 2007 II 961.<br />
12 Siehe die Nachweise in FN 8.<br />
13 Siehe BFH 17. 11. 2004, I R 56/03, BFHE 208, 519; ausführlich Haas, DStR 2008, 1997 (1997 ff).<br />
14 § 20 EStG – und damit auch dessen Abs 1 Z 1 bzw Z 2 lit a – ist auf Körperschaften nicht anwendbar<br />
(siehe VwGH 28.6.1977, 1198/76, ÖStZB 1978, 23; VwGH 20.4.1982, 81/14/0120, ÖStZB 1983,<br />
31). Selbst wenn man davon ausgeht, dass die in § 12 Abs 1 Z 1 KStG angesprochene Einkommensverwendungssphäre<br />
im Hinblick auf die Erfüllung satzungsmäßiger Zwecke im Wesentlichen jene<br />
Aufwendungen erfassen soll, die durch § 20 Abs 1 Z 1 und Z 2 lit a EStG bei natürlichen Personen<br />
der privaten Lebensführung zugeordnet werden, zeigt sich doch, dass § 12 Abs 1 Z 1 KStG dem Regelungsgedanken<br />
des § 8 Abs 2 KStG zuzuordnen ist (Wiesner, SWK 1991, A I 139 [A I 157]).<br />
Nimmt man daher die prinzipielle Anwendbarkeit des § 12 Abs 1 Z 1 KStG auf Kapitalgesellschaften<br />
an, kann diese Bestimmung dennoch nur dann zur Anwendung kommen, wenn die Aufwendungen<br />
satzungsgemäß einer der Kapitalgesellschaft völlig fremd gegenüberstehenden Person<br />
zugute kämen (siehe RFH 11. 4. 1933, I A 73/32, RStBl 1933, 970).<br />
15 Vgl Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG 11 (2008) § 8 Tz 117 f mwN.<br />
16 ErlRV 622 BlgNR XVII. GP, 16.<br />
5
Steuerrecht-<strong>Finanzrecht</strong>_Kofler.fm Seite 6 Donnerstag, 2. April 2009 2:28 14<br />
Georg Kofler<br />
ständiges Einkünfteprinzip <strong>für</strong> Kapitalgesellschaften. Es sind daher nicht sämtliche Vermögensmehrungen<br />
und -minderungen steuerlich zu berücksichtigen, 17 sondern – wie der<br />
Verweis auf § 2 Abs 3 EStG impliziert 18 – nur jene, die grundsätzlich unter die einkommensteuerlichen<br />
Einkunftstatbestände fallen. 19 Die Zurechnung nach § 7 Abs 3 KStG erfolgt<br />
jedoch nicht in der Weise, dass Einkünfte nach den <strong>für</strong> diese maßgeblichen Regeln<br />
zu ermitteln und erst dieses Ergebnis nach erfolgter Einkünfteermittlung in gewerbliche<br />
Einkünfte „transformiert“ wird, sondern sie setzt bereits bei der Ermittlung der Einkünfte<br />
an. 20 Vor diesem Hintergrund ist auch die – von der deutschen Judikatur divergierende –<br />
österreichische Rechtsprechung zu sehen, die – ohne Bezugnahme auf § 7 Abs 3 KStG –<br />
davon ausgeht, dass nach § 7 Abs 2 KStG die einkommensteuerlichen Vorschriften über<br />
die Gewinnermittlung in den Bereich der Körperschaftsteuer übernommen werden, daher<br />
die Betriebsvermögenseigenschaft von Wirtschaftsgütern in beiden Bereichen nach den<br />
gleichen Grundsätzen beurteilt werden müsse 21 und diese Beurteilung dem Maßgeblichkeitsprinzip<br />
vorgehe. 22<br />
§ 7 Abs 3 KStG schließt daher die Annahme einer „außerbetrieblichen“ Sphäre bei<br />
Kapitalgesellschaften nicht von vornherein aus. 23 Wenn nämlich § 7 Abs 3 KStG ausdrücklich<br />
auf § 2 Abs 3 EStG verweist, kommt damit zum Ausdruck, dass vor allem der<br />
aus § 2 Abs 3 EStG abgeleitete Liebhabereibegriff auch bei Kapitalgesellschaften Bedeutung<br />
haben soll und die damit verbundenen Wirtschaftsgüter dementsprechend aus der<br />
betrieblichen Sphäre auszuscheiden sind. 24 Eine ähnliche Schlussfolgerung drängt sich<br />
aber auch im Hinblick auf das Veranlassungsprinzip und speziell die Abzugsverbote des<br />
§ 12 KStG auf, denn der kausalgenetische Konnex zwischen Aufwands- und Vermögenssphäre<br />
impliziert, dass die Abzugsverbote auch eine „Verschiebung“ der entsprechenden<br />
Wirtschaftsgüter aus der betrieblichen Sphäre in einen „außerbetrieblichen“ Bereich nach<br />
sich ziehen müssen. 25 Vor dem Hintergrund des steuerlichen Veranlassungsprinzips und<br />
der darauf basierenden Vermögenszuordnung wirft sich schließlich die Frage auf, ob eine<br />
gesellschaftsrechtliche Veranlassung dazu führen kann, dass – auf einer dem <strong>Institut</strong> der<br />
17 Siehe zu den möglichen Sichtweisen Wiesner in FS Bauer 349 (351); Stangl, Die außerbetriebliche<br />
Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 24 ff.<br />
18 ErlRV 622 BlgNR XVII. GP, 16; ebenso Stoll, Verluste und Verlustquellen im Steuerrecht (1989)<br />
233 ff.<br />
19 Vgl etwa Rz 333 und Rz 343 KStR 2001; Stoll, Verluste und Verlustquellen im Steuerrecht (1989)<br />
233 ff; Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG (1996) § 7 Anm 11 und 32; Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly,<br />
KStG5 (1997) § 7 Tz 80; dazu ausführlich und kritisch Stangl, Die außerbetriebliche<br />
Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 30 ff.<br />
20 Siehe zB Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG (1996) § 7 Anm 32; Bauer/Quantschnigg/<br />
Schellmann/Werilly, KStG5 (1997) § 7 Tz 80; ausführlich Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von<br />
Kapitalgesellschaften (2004) 18 ff mwN.<br />
21 Siehe zB VwGH 20. 6. 2000, 98/15/0169, ÖStZB 2000/534, 653; VwGH 30. 6. 2005, 2001/15/0081,<br />
ÖStZB 2006/5, 8; ebenso zB UFS Linz 11. 7. 2003, RV/0603-L/02; UFS Klagenfurt 30. 5. 2005,<br />
RV/0404-K/02; UFS Graz 31. 1. 2006, RV/0408-G/04.<br />
22 Siehe nur Rz 613 KStR 2001; Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG11 (2008)<br />
§ 8 Tz 57.<br />
23 Rz 613 KStR 2001; ebenso Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004)<br />
118 ff.<br />
24 Kapitel II.B.<br />
25 Kapitel II.C.<br />
6
Steuerrecht-<strong>Finanzrecht</strong>_Kofler.fm Seite 7 Donnerstag, 2. April 2009 2:28 14<br />
Die „außerbetriebliche Vermögenssphäre“ der Kapitalgesellschaft<br />
verdeckten Ausschüttung nach § 8 KStG vorgelagerten Ebene – Wirtschaftsgüter einer<br />
„gesellschaftsrechtlichen“ Sphäre zuzuordnen sind. 26<br />
B. Wirtschaftsgüter im Rahmen der Liebhaberei<br />
Die Frage nach einer „außerbetrieblichen“ Sphäre der Kapitalgesellschaft wird im Hinblick<br />
auf Tätigkeiten, die auf Dauer nicht geeignet sind, einen Gesamtgewinn abzuwerfen,<br />
besonders deutlich. Während derartige Tätigkeiten nach § 2 Abs 2 iVm Abs 4 EStG einkommensteuerrechtlich<br />
typischerweise als steuerlich unbeachtliche Liebhaberei qualifiziert<br />
werden, 27 war zum KStG 1966 28 umstritten, ob sich eine derartige Sichtweise auf<br />
Kapitalgesellschaften übertragen lässt. Denn § 8 Abs 2 KStG 1966 sah <strong>für</strong> Kapitalgesellschaften<br />
vor, dass „alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln sind“,<br />
und gab solcherart Anlass zur Frage, ob ein außerbetrieblicher Bereich überhaupt denkbar<br />
ist. 29 Auch im Lichte eines subjektiven Liebhabereiverständnisses war von der hA im<br />
Schrifttum zum KStG 1966 die Liebhabereifähigkeit von Kapitalgesellschaften deutlich<br />
abgelehnt und eine allfällige Gewinnkorrektur ausschließlich über das Instrument der verdeckten<br />
Ausschüttung vertreten worden. 30 Während diese Position auch in der älteren<br />
Rechtsprechung des VwGH anklang, 31 ist der Gerichtshof nachfolgend im Sinne einer objektivierten<br />
Betrachtung von diesem Verständnis abgewichen und hat sich bereits zum<br />
KStG 1966 ausdrücklich zur Liebhabereifähigkeit bei Kapitalgesellschaften bekannt. 32<br />
Die exakt gegenläufige Entwicklung hat jedoch im deutschen Steuerrecht Platz gegriffen:<br />
War vom BFH zunächst die Liebhabereifähigkeit von Kapitalgesellschaften bejaht worden,<br />
33 wurde diese Sichtweise <strong>für</strong> das dKStG 1977 nicht mehr aufrechterhalten und die<br />
26 Kapitel II.D.<br />
27 Für eine Begriffsbestimmung siehe insbesondere das Erkenntnis des verstärkten Senats VwGH 3. 7.<br />
1996, 93/13/0171, ÖStZB 1996, 397, sowie zusammenfassend Renner in Doralt, EStG 8 (2004) § 2<br />
Tz 301 ff.<br />
28 BGBl 1966/156.<br />
29 Siehe zu den denkbaren Auslegungsvarianten insbesondere BFH 4. 2. 1987, I R 58/86, BFHE 149,<br />
109, BStBl 1988 II 215, und die Diskussion bei Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften<br />
(2004) 108 ff.<br />
30 Vgl etwa <strong>Ruppe</strong> in FS Wenger (1983) 459 (474 f); Stoll in FS Wenger (1983) 479 (495 ff); Gassner,<br />
ÖStZ 1984, 138 ff mwN; aA zB Wiesner, RdW 1984, 152 (152); siehe zu dieser Diskussion auch<br />
Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 70 ff.<br />
31 Siehe zB VwGH 15. 12. 1976, 596/76, wonach bei einer Kapitalgesellschaft „die Frage nach der<br />
Gewinnerzielungsabsicht“ nicht untersucht werden brauche, zumal nach § 1 Abs 2 Z 2 GewStG<br />
1953 „die Tätigkeiten der Aktiengesellschaften stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb“ gelten<br />
und dasselbe auch aus den Bestimmungen des KStG 1966 folge.<br />
32 Grundlegend VwGH 22. 9. 1987, 86/14/0196 ÖStZB 1988, 152 (zur Liebhaberei bei einer GmbH);<br />
siehe nachfolgend auch VwGH 26. 4. 1989, 89/14/0001, ÖStZB 1989, 468 (zur fehlenden Gewinnabsicht<br />
bei einer GmbH); VwGH 19. 2. 1992, 92/14/0016, ÖStZB 1992, 690 (zur Liebhaberei bei<br />
einer Fremdenverkehrsförderungs-GmbH); VwGH 20. 11. 1996, 94/13/0226, ÖStZB 1997, 526 (zur<br />
Aussichtslosigkeit der Gewinnerzielung bei einer GmbH mit zum Scheitern verurteilten Projekten);<br />
VwGH 26. 3. 2007, 2006/14/0017, ÖStZB 2007/480, 638 (zur Liebhaberei bei einer Stadtwerke-<br />
GmbH). Die wohl gegenteilige Vorjudikatur (VwGH 15. 12. 1976, 596/76) wurde vom VwGH im<br />
Erk 22. 9. 1987, 86/14/0196 ÖStZB 1988, 152 (Pkt 3.8 und 3.9), wenig überzeugend damit abgetan,<br />
dass sie „zum Tiroler FremdenverkehrsG 1969 ohne Auseinandersetzung mit der Bestimmung des<br />
§ 8 Abs 1 KStG ergangen“ sei und daher keine Verstärkung des erkennenden Senats gebiete.<br />
33 ZB BFH 2. 11. 1965, I 221/62 S, BFHE 85, 121, BStBl 1966 III 255; BFH 4. 3. 1970, I R 123/68,<br />
BFHE 98, 259, BStBl 1970 II 470.<br />
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Georg Kofler<br />
Möglichkeit einer „außerbetriebliche“ Sphäre von Kapitalgesellschaften a limine abgelehnt.<br />
34 Dieses Verständnis konterkariert freilich nicht nur die gegenteilige Ansicht in den<br />
Gesetzesmaterialien, 35 sondern bahnt letztlich auch einer Soll-Ertragsbesteuerung der Kapitalgesellschaften<br />
den Weg. 36<br />
Im österreichischen Steuerrecht fand die Annahme der Liebhabereifähigkeit bei Kapitalgesellschaften<br />
im Rahmen des KStG 1988 hingegen eine deutliche Bestätigung durch<br />
den Gesetzgeber, indem der Charakter des § 7 Abs 3 KStG als Zurechnungsvorschrift<br />
„klarer hervorgehoben“ wurde und daher „eindeutig“ feststehe, „daß nur ‚steuerbare‘<br />
Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 und 3 sowie 5 bis 7 EStG 1988 der Einkunftsart des<br />
§ 2 Abs. 3 Z 3 zugerechnet und der Gewinnermittlung unterworfen werden können“. 37<br />
Solcherart kann daher ein keine Einkunftsquelle darstellender Voluptar- bzw Liebhabereibetrieb<br />
auch nicht kraft der Transformationsregel des § 7 Abs 3 KStG dem gewerblichen<br />
Bereich zugeordnet werden. 38 Die Bejahung der Liebhabereifähigkeit von Kapitalgesellschaften<br />
entspricht mittlerweile der hA 39 und findet auch Bestätigung in der LiebhabereiVO;<br />
40 denn wenn deren § 5 bestimmte Körperschaften vom Anwendungsbereich<br />
der LiebhabereiVO ausschließt, 41 ergibt sich im Umkehrschluss, dass bei Kapitalgesellschaften<br />
eine Liebhaberei nicht von vornherein verneint werden kann. 42 Umgekehrt folgert<br />
daraus nach hA, dass auch bei Kapitalgesellschaften die Annahme von Liebhaberei<br />
logisch vorranging sei und daher auf Gesellschaftsebene – nicht aber zwingend auch beim<br />
34 ZB BFH 4. 12. 1996, I R 54/95, BFHE 182, 123; BFH 22. 1. 1997, I R 64/96, BFHE 182, 530, BStBl<br />
1997 II 548; offen noch BFH 4. 2. 1987, I R 58/86, BFHE 149, 109, BStBl 1988 II 215; siehe zur<br />
Entwicklung der deutschen Rechtsprechung ausführlich Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von<br />
Kapitalgesellschaften (2004) 101 ff; dazu auch Schuch, SWK 1998, S 768 (S 768 f).<br />
35 Siehe BT-Drs 7/1470, 341, wonach „Einnahmen und Ausgaben, die im Rahmen einer als Liebhaberei<br />
ausgeübten Tätigkeit anfallen“, unberücksichtigt bleiben, „weil sie keiner der im Einkommensteuergesetz<br />
bezeichneten Einkunftsarten zuzuordnen sind“.<br />
36 Dazu kritisch Schön in FS Flume (1998) 265 (270 f).<br />
37 ErlRV 622 BlgNR XVII. GP, 16.<br />
38 Stoll, Verluste und Verlustquellen im Steuerrecht (1989) 231 ff; Bauer/Quantschnigg/Schellmann/<br />
Werilly, KStG 5 (1997) § 7 Tz 31<br />
39 Siehe nur Rz 333 KStR 2001; weiters Stoll, Verluste und Verlustquellen im Steuerrecht (1989)<br />
231 ff; Wiesner, SWK 1991, A I 139 (A I 148); Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG (1996)<br />
§ 7 Anm 32; Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG 5 (1997) § 7 Tz 27 ff; Stangl, Die außerbetriebliche<br />
Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 70 ff; Hofstätter/Zorn in Hofstätter/Reichel,<br />
EStG 36 (2006) § 4 Abs 1 Tz 78; Wiesner, RWZ 2007/103, 359 (360); Urtz, GeS 2007, 390<br />
(397 f); Laudacher in Jakom, § 2 Rz 285; Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger,<br />
KStG 11 (2008) § 8 Tz 59/1 und Tz 253; ausführlich Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften<br />
(2004) 72 f mwN; kritisch im Hinblick auf die gegenteilige Rechtsprechung des<br />
BFH Schuch, SWK 1998, S 768 (S 768 f).<br />
40 Verordnung des Bundesministers <strong>für</strong> Finanzen über das Vorliegen von Einkünften, über die Annahme<br />
einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit und über die Erlassung vorläufiger Bescheide<br />
(Liebhabereiverordnung), BGBl 1993/33 idF BGBl II 1999/15, BGBl II 1997/358 und BGBl II 1999/<br />
15. Zur Anwendung nur der § 1 Abs 1 und Abs 2 Z 1 und 3, nicht hingegen des § 1 Abs 2 Z 2 der<br />
LiebhabereiVO bei Körperschaften siehe Rz 332 KStR 2001.<br />
41 Etwa Betriebe gewerblicher Art der Körperschaften öffentlichen Rechts; siehe zB VwGH 29. 5.<br />
2001, 2000/14/0195, ÖStZB 2002/232, 277.<br />
42 Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 72; siehe auch Bauer/<br />
Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG 5 (1997) § 7 Tz 32 ff; Renner in Doralt, EStG 8 (2004) § 2<br />
Tz 352; weiters UFS Wien 29. 6. 2006, RV/1367-W/02.<br />
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Die „außerbetriebliche Vermögenssphäre“ der Kapitalgesellschaft<br />
Gesellschafter 43 – die Annahme einer verdeckten Ausschüttung ausschließe; lediglich<br />
wenn die Verlustträchtigkeit auf unangemessene Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschafter<br />
und Gesellschaft zurückzuführen ist, sei im Rahmen des <strong>Institut</strong>s der verdeckten<br />
Ausschüttung eine angemessene Gegenleistung anzusetzen und der Tätigkeitsbereich als<br />
Einkunftsquelle zu behandeln. 44<br />
Ist aber mit der Annahme von Liebhaberei das Ausscheiden aus der betrieblichen<br />
Sphäre zwingend verbunden, so muss es auch eine – wenngleich praktisch bloß in seltenen<br />
Fällen denkbare 45 – „außerbetriebliche“ Sphäre der Kapitalgesellschaft geben. 46 Daher<br />
rechnen auch Wirtschaftsgüter, die im Bereich einer Liebhabereitätigkeit eingesetzt werden,<br />
nicht zum betrieblichen, sondern zum „außerbetrieblichen“ Bereich der Kapitalgesellschaft.<br />
47 Aufwendungen <strong>für</strong> derartige Wirtschaftsgüter sind steuerlich somit grundsätzlich<br />
ebenso unbeachtlich wie damit in Zusammenhang stehende Einnahmen. 48 Gleichermaßen<br />
muss aber bei Verlust der Liebhabereieigenschaft die Überführung in den betrieblichen<br />
Bereich in Form der Einlage iSd § 4 Abs 1 iVm § 6 Z 5 EStG sowie bei Eintreten<br />
einer Liebhaberei umgekehrt die Überführung in den „außerbetrieblichen“ Bereich<br />
in Form der Entnahme iSd § 4 Abs 1 iVm § 6 Z 4 EStG 49 denkbar sein. 50 Fraglich ist jedoch,<br />
ob allfällige Veräußerungsüberschüsse von Wirtschaftsgütern einer Liebhabereitätigkeit<br />
steuerliche Beachtung im Rahmen der §§ 29, 30 und 31 EStG finden. Möchte man<br />
dies mit der hA 51 bejahen, so scheint freilich ein Widerspruch zur ausdrücklichen Anordnung<br />
der Zurechnungsvorschrift des § 7 Abs 3 KStG aufgetan, schließt es diese doch aus,<br />
43 Dazu Rz 1030 KStR 2001.<br />
44 Siehe zu diesen Konsequenzen Rz 335, Rz 763 und Rz 1030 KStR 2001; ebenso Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly,<br />
KStG 5 (1997) § 7 Tz 41; Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften<br />
(2004) 74 ff; Wiesner, RWZ 2007/37, 129 (131); Laudacher in Jakom, § 2 Rz 286;<br />
Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG 11 (2008) § 8 Tz 253; siehe auch Stangl,<br />
ÖStZ 2005/71, 39 (42 m FN 10); kritisch Urtz in Gassner/Göth/Gröhs/Lang, Privatstiftungen (2000)<br />
297 (301).<br />
45 Siehe zu den entsprechenden Einschränkungskriterien im Hinblick auf eine betriebliche oder gesellschaftsrechtliche<br />
Veranlassung ausführlich Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften<br />
(2004) 74 ff und 90.<br />
46 Stoll, Verluste und Verlustquellen im Steuerrecht (1989) 234 f; Urtz in Gassner/Göth/Gröhs/Lang,<br />
Privatstiftungen (2000) 297 (301); Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften<br />
(2004) 70 ff; Wiesner, RWZ 2007/37, 130 (131); Wiesner, RWZ 2007/103, 359 (360).<br />
47 Rz 613 KStR 2001.<br />
48 Rz 285, Rz 613 und Rz 1242 KStR 2001; siehe auch Stoll, Verluste und Verlustquellen im Steuerrecht<br />
(1989) 246 f; Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 81.<br />
49 Die KStR 2001 (Rz 613) nennen das Beispiel einer Wohnung, die „zunächst einem betriebszugehörigen<br />
Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt und erst später fremdvermietet [wird] und diese Vermietung<br />
[…] auf Dauer gesehen keine Einnahmenüberschüsse erwarten [lässt] (Liebhaberei).“<br />
50 Siehe nur Rz 613 und Rz 877 KStR 2001; Wiesner in FS Bauer (1986) 349 (352); Wiesner, SWK<br />
1991, A I 139 (A I 148); Bruckner, ÖStZ 2003/233, 110 (112); Renner in Quantschnigg/Renner/<br />
Schellmann/Stöger, KStG 11 (2008) § 8 Tz 60 ff; ausführlich Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre<br />
von Kapitalgesellschaften (2004) 86 ff.<br />
51 Rz 611 und Rz 613 KStR 2001; Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG 11 (2008)<br />
§ 8 Tz 61; siehe auch Rz 877 KStR 2001 (zum Spekulationstatbestand); unklar hingegen Rz 284<br />
KStR 2001, wonach „Vermögensveränderungen, die mit Wirtschaftsgütern im Zusammenhang stehen,<br />
die nicht zum steuerlichen Betriebsvermögen der Körperschaft gehören“, nicht „als <strong>Teil</strong> des<br />
Einkommens einer Körperschaft zu erfassen sind“.<br />
9
Steuerrecht-<strong>Finanzrecht</strong>_Kofler.fm Seite 10 Donnerstag, 2. April 2009 2:28 14<br />
Georg Kofler<br />
dass eine Kapitalgesellschaft andere Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb haben<br />
kann. 52 Richtigerweise wird man jedoch – im Unterschied zur Liebhaberei im außerbetrieblichen<br />
Bereich natürlicher Personen 53 – bei der Liebhabereibeurteilung von Kapitalgesellschaften<br />
aufgrund des § 7 Abs 3 KStG ohnehin davon ausgehen können, dass auch<br />
allfällige Veräußerungs-, Aufgabe- und Liquidationsgewinne der Einkunftsquelle zu berücksichtigen<br />
sind. 54 Umgekehrt folgt daraus, dass bei festgestellter Liebhaberei auch die<br />
Veräußerung von Liebhabereiwirtschaftsgütern steuerlich unbeachtlich sein muss. 55<br />
C. Zuordnung aufgrund gesetzlicher Vorschriften<br />
Der Konnex zwischen dem Begriff der Betriebsausgabe und dem Rechtsphänomen des Betriebsvermögens<br />
56 richtet den Fokus über das allgemeine Veranlassungsprinzip 57 hinaus<br />
auch auf jene gesetzlichen Bestimmungen, die prinzipiell betrieblich veranlassten Ausgaben<br />
und Aufwendungen die steuerliche Relevanz versagen. So ist es beispielsweise im Einkommensteuerrecht<br />
allgemein anerkannt, dass das Abzugsverbot <strong>für</strong> Aufwendungen, die etwa<br />
auf die Luxustangente bei Kraftfahrzeugen nach § 20 Abs 1 Z 2 lit b EStG entfallen, auch<br />
dazu führt, dass die Luxustangente im Wege der Substanzteilung dem Privatvermögen zugeteilt<br />
wird. 58 Im Hinblick auf die Parallelvorschrift des § 12 Abs 1 Z 2 KStG kann dies bei<br />
Kapitalgesellschaften nur bedeuten, dass der „Luxusanteil“ im Sinne einer Doppelvermögenstheorie<br />
einem zweiten, „außerbetrieblichen“, Vermögensbereich zuzuordnen ist. 59<br />
Denn § 7 Abs 2 KStG übernimmt nach der Rechtsprechung die einkommensteuerlichen<br />
Vorschriften über die Gewinnermittlung und damit – unabhängig von der Maßgeblichkeit 60<br />
– auch über den Umfang des Betriebsvermögens in den Bereich des Körperschaftsteuerrechts,<br />
61 weshalb diese Abgrenzung letztlich nicht bei Aufwand und Ertrag Halt machen<br />
kann, sondern auch die Substanz erfassen muss. 62 Zu Recht ordnen daher das österreichische<br />
52 Dazu Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 148 ff.<br />
53 Siehe VwGH 3. 7. 1996, 93/13/0171, ÖStZB 1996, 397; UFS Wien 29. 6. 2006, RV/1367-W/02;<br />
Pkt 8.1 LRL 1997, AÖF 1998/48, und zB Renner in Doralt, EStG 8 (2004) § 2 Tz 397; Laudacher<br />
in Jakom, § 2 Rz 237.<br />
54 Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 85; ebenso UFS Wien 29. 6.<br />
2006, RV/1376-W/02, allerdings im Ergebnis einschränkend auf den Fall, dass konkrete Maßnahmen<br />
zur Veräußerung ergriffen wurden.<br />
55 Ebenso Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG (1996) § 7 Anm 32; Stangl, Die außerbetriebliche<br />
Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 85; unklar jedoch Wiesner, RWZ 2007/37, 130 (131).<br />
56 Dazu ausführlich Stoll in FS Stadler (1981) 255 (264 ff); Stoll, Verluste und Verlustquellen im Steuerrecht<br />
(1989) 239 f.<br />
57 Dazu unten Kapitel II.D. sowie ausführlich Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften<br />
(2004) 49 ff.<br />
58 Wiesner, SWK 1991, A I 139 (A I 142 ff); G. Kofler in Doralt, EStG 11 (2007) § 20 Tz 3.<br />
59 Deutlich Wiesner, SWK 1991, A I 139 (A I 148).<br />
60 VwGH 27. 1. 1998, 93/14/0166, ÖStZB 1998, 469.<br />
61 Siehe zB VwGH 20. 6. 2000, 98/15/0169, ÖStZB 2000/534; VwGH 24. 6. 2004, 2001/15/0002,<br />
ÖStZB 2005/32; VwGH 19. 12. 2006, 2004/15/0122.<br />
62 So deutlich bereits Stoll in FS Stadler (1981) 255 (272 f); ebenso zB Rz 613 KStR 2001 und Renner<br />
in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG 11 (2008) § 8 Tz 59/1; ausführlich dazu G. Kofler<br />
in FS Doralt (2007) 197 (201 ff). Eine Differenzierung zwischen Vermögens- und Einkommensebene<br />
wäre bei dieser Ausgangslage schon deshalb artifiziell, weil der Gewinn einer Kapitalgesellschaft<br />
durch Vermögensvergleich zu ermitteln ist und sich schon deshalb diese beiden Sphären nicht<br />
10
Steuerrecht-<strong>Finanzrecht</strong>_Kofler.fm Seite 11 Donnerstag, 2. April 2009 2:28 14<br />
Die „außerbetriebliche Vermögenssphäre“ der Kapitalgesellschaft<br />
Schrifttum 63 und die Rechtsprechung 64 im Sinne einer Doppelvermögenstheorie jene Wirtschaftsgüter,<br />
denen der Gesetzgeber selbst durch § 12 KStG „Privatcharakter“ verliehen hat,<br />
dem „außerbetrieblichen“ Vermögensbereich der Kapitalgesellschaft zu. Dies betrifft beispielsweise<br />
die Luxuskomponente bei Kraftfahrzeugen, Tapisserien sowie Antiquitäten, 65<br />
aber auch <strong>für</strong> gemeinnützige Zwecke und Spenden reservierte Wirtschaftsgüter. 66 Vor allem<br />
im Hinblick auf Repräsentativvermögen lassen sich unter diesem Gesichtspunkt aber auch<br />
verlustbringende Gestüte etc von Kapitalgesellschaften beurteilen, 67 sofern nicht auf der vorgelagerten<br />
Stufe des Einkunftsquellencharakters überhaupt Liebhaberei vorliegt. 68<br />
Diese Beurteilung wird vor allem im Bereich der Verbindlichkeiten augenscheinlich,<br />
zumal konsequenterweise auch jene Verbindlichkeiten (anteilig) dem „außerbetrieblichen“<br />
Vermögensbereich der Kapitalgesellschaft zugeordnet werden müssen, die mit<br />
dem „außerbetrieblichen“ Vermögensbereich (anteilig) zugeordneten Wirtschaftsgütern<br />
in Zusammenhang stehen. 69 Denn auch im Körperschaftsteuerrecht kann der „Ansicht,<br />
Zinsen <strong>für</strong> was immer <strong>für</strong> Schuldverpflichtungen der Körperschaft seien ohne Rücksicht<br />
auf deren Rechtsgrund jedenfalls Betriebsausgaben und als solche abzugsfähig, [...] nicht<br />
beigepflichtet werden“. 70 Daher sind beispielsweise Verbindlichkeiten zur Anschaffung<br />
oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes, dessen (teilweise) mangelnde Betriebsvermögenseigenschaft<br />
sich aus § 12 KStG begründen lässt, entsprechend aufzuteilen. 71 Die Abgrenzungsfrage<br />
dehnt sich freilich im Bereich der Verbindlichkeiten auch auf jene Fälle<br />
63 überzeugend trennen lassen; in diese Richtung auch Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften<br />
(2004) 49 ff; Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG 11 (2008) § 8<br />
Tz 57; siehe aber die Diskussion zur Trennung von Vermögenssphäre einerseits und der steuerlichen<br />
Beurteilung von Einnahmen und Aufwendungen andererseits bei Pezzer, StuW 1998, 76 (78 f).<br />
63 In diesem Sinne Wiesner in FS Bauer (1986) 349 (350 ff); Wiesner, SWK 1991, A I 139 (A I 160);<br />
Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG 5 (1997) § 7 Rz 102/1 und § 8 Tz 17.1 sowie Tz 66<br />
unter „Außerbetrieblicher Bereich“ und „Dienstwohnung“; Wiesner, RWZ 2007/37, 130 (131); Renner<br />
in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG 11 (2008) § 8 Tz 59/1.<br />
64 Siehe VwGH 24. 6. 2004, 2001/15/0002, ÖStZB 2005/32, wo ein der Unterkunftsgewährung an Geschäftsfreunde<br />
und damit Repräsentationszwecken iSd § 12 Abs 1 Z 3 KStG dienendes Gebäudes<br />
unter Rückgriff auf die einkommensteuerliche Judikatur (VwGH 5. 7. 1994, 91/14/0110, ÖStZB<br />
1995, 172) der „außerbetrieblichen“ Sphäre der Kapitalgesellschaft zugeordnet wurde.<br />
65 G. Kofler in FS Doralt (2007) 197 (201 ff); Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger,<br />
KStG 11 (2008) § 8 Tz 59/1.<br />
66 Bruckner, ÖStZ 2003/233, 110 (112); Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG 11<br />
(2008) § 8 Tz 59/1.<br />
67 Siehe Gassner, ÖStZ 1984, 138 (145 f); Bruckner, ÖStZ 2003/233, 110 (112); Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger,<br />
KStG 11 (2008) § 8 Tz 59/1; weiters zB Rz 336 KStR 2001.<br />
68 Vgl Rz 333 und Rz 336 KStR 2001; zur „Vorrangigkeit“ der Liebhabereibeurteilung siehe auch<br />
Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG 5 (1997) § 7 Tz 39.<br />
69 Siehe zum doppelt derivativen Konzept der Zuordnung von Verbindlichkeiten G. Kofler in FS Doralt<br />
(2007) 197 (201 ff mwN).<br />
70 VwGH 19. 9. 1958, 2365/55, VwSlg 1875 F/1958.<br />
71 Konkret spiegelt sich dies im Einkommensteuerrecht beispielsweise bei der Luxustangente nach § 20<br />
Abs 1 Z 2 lit b EStG wider, die eine Substanzteilung des betreffenden Wirtschaftsgutes in einen Betriebsvermögens-<br />
und einen Privatvermögensteil erfordert (siehe nur Wiesner, SWK 1991, A I 139<br />
[A I 142 ff]; G. Kofler in Doralt, EStG 11 (2007) § 20 Tz 3). Gleiches gilt aber zB auch <strong>für</strong> die Betriebsvermögenseigenschaft<br />
von Wirtschaftsgütern, die nach § 20 Abs 1 Z 3 EStG der Repräsentation<br />
dienen; auch diese sind dem Privatvermögen zuzuordnen (VwGH 5. 7. 1994, 91/14/0110,<br />
ÖStZB 1995, 172).<br />
11
Steuerrecht-<strong>Finanzrecht</strong>_Kofler.fm Seite 12 Donnerstag, 2. April 2009 2:28 14<br />
Georg Kofler<br />
aus, in denen ohne Bezug zu aktiven Wirtschaftsgütern Aufwand fremdfinanziert wird.<br />
Obwohl eine Kapitalgesellschaft keinen der natürlichen Person nachgebildeten Privatbereich<br />
hat, folgt daraus nämlich noch nicht zwingend, dass die Schuldaufnahme zur Finanzierung<br />
nichtabzugsfähiger Aufwendungen dennoch stets zu abzugsfähigen Zinsen<br />
führen müsse. 72 Ist nämlich ein Aufwand – beispielsweise eine Körperschaftsteuerzahlung<br />
– grundsätzlich Betriebsausgabe, 73 wird ihm aber durch § 12 KStG die Abzugsfähigkeit<br />
konstitutiv genommen, bleibt die Frage aufrecht, welcher Vermögenssphäre die<br />
zur Finanzierung des nichtabzugsfähigen Aufwandes aufgenommene Verbindlichkeit zuzuordnen<br />
ist. Die deutsche Rechtsprechung geht diesbezüglich davon aus, dass die Fremdfinanzierungskosten<br />
<strong>für</strong> die Körperschaftsteuerzahlung als Betriebsausgaben abzugsfähig<br />
sind. 74 Diese Überlegung würde demnach auf sämtliche Aufwendungen Anwendung<br />
finden, die dem Grunde nach Betriebsausgaben, aber konstitutiv vom Abzug ausgeschlossen<br />
sind (zB Repräsentationsaufwendungen, verbotene „Schmiergelder“). Für das österreichische<br />
Steuerrecht legt hingegen die Rechtsprechung nahe, dass – analog zur einkommensteuerrechtlichen<br />
Sichtweise, 75 die über § 7 Abs 2 KStG in das Körperschaftsteuerrecht<br />
übernommen wird 76 – Verbindlichkeiten, die nicht der Bestreitung von nach § 4<br />
Abs 4 EStG iVm § 12 KStG betrieblich veranlassten Aufwendungen und Ausgaben dienen,<br />
ebenfalls dem „außerbetrieblichen“ Bereich der Kapitalgesellschaft zuzuordnen wären.<br />
77 Eine Verbindlichkeit ist demnach auch insoweit nicht als Betriebsschuld zu betrachten,<br />
als sie sich auf die vom Gesetzgeber durch § 12 KStG konstitutiv der außerbetrieblichen<br />
Sphäre zugeordneten, nicht abzugsfähigen Aufwendungen bezieht. Diese<br />
Sichtweise wird implizit dadurch bestätigt, dass sich nach hA beispielsweise auch der<br />
durch einen Schulderlass begründete Wegfall einer Verbindlichkeit, die <strong>für</strong> den betrieblichen<br />
Bereich nicht steuerwirksam war (zB hinsichtlich nicht abzugsfähiger Repräsentationsausgaben),<br />
nicht gewinnerhöhend auswirkt, 78 zumal es sich insoweit nicht um den<br />
Wegfall einer betrieblichen Verbindlichkeit handelt.<br />
72 So aber Benn-Ibler/Riedl, SWK 1997, S 39 (S 39 ff); siehe in diese Richtung womöglich noch<br />
VwGH 4. 11. 1955, 2779/53, ÖStZB 1956, 28.<br />
73 Deutlich BFH 23. 11. 1988, I R 180/85, BFHE 154, 552, BStBl 1989 II 116 mwN, wonach die Steuern<br />
einer Kapitalgesellschaft vom Einkommen und Ertrag grundsätzlich als betrieblich veranlasste Aufwendungen<br />
anzusehen sind; siehe auch BFH 4. 12. 1991, I R 26/91, BFHE 167, 32, BStBl 1992 II<br />
686.<br />
74 BFH 23. 11. 1988, I R 180/85, BFHE 154, 552, BStBl 1989 II 116. Die Begründung dieser Sichtweise<br />
liegt implizit darin, dass die fragliche Ausgabe oder Aufwendung – etwa die Körperschaftsteuer –<br />
zwar Betriebsausgabe ist, ihr aber durch eine konstitutive Bestimmung der Abzug versagt wird (BFH<br />
3. 4. 1962, I 196/59 U, BFHE 74, 685, BStBl 1962 III 254); stehe aber die Betriebsausgabeneigenschaft<br />
fest, werde insofern die Verbindlichkeit dennoch zur Betriebsschuld und die entsprechenden<br />
Fremdfinanzierungskosten wären dementsprechend nicht vom Abzugsverbot <strong>für</strong> den ursprünglichen<br />
Aufwand erfasst.<br />
75 VwGH 24. 1. 1990, 88/13/0233, ÖStZB 1990, 309, und VwGH 17. 9. 1997, 93/13/0027, ÖStZB<br />
1998, 396, jeweils zur Fremdfinanzierung von nach § 20 Abs 1 Z 6 EStG nicht abzugsfähigen Steuerzahlungen.<br />
76 Ausdrücklich VwGH 20. 6. 2000, 98/15/0169, ÖStZB 2000/534; VwGH 24. 6. 2004, 2001/15/0002,<br />
ÖStZB 2005/32; siehe auch VwGH 19. 9. 1958, 2365/55, VwSlg 1875 F/1958 (zum mangelnden<br />
Betriebsausgabencharakter von Stundungszinsen <strong>für</strong> die Körperschaftsteuer).<br />
77 G. Kofler in FS Doralt (2007) 197 (201 ff).<br />
78 Dazu zB Nolz in FS Bauer (1986) 191 (195); Quantschnigg/Schuch, ESt-HB (1993) § 36 Tz 2.<br />
12
Steuerrecht-<strong>Finanzrecht</strong>_Kofler.fm Seite 13 Donnerstag, 2. April 2009 2:28 14<br />
Die „außerbetriebliche Vermögenssphäre“ der Kapitalgesellschaft<br />
Steht solcherart die grundsätzliche Unbeachtlichkeit von Aufwendungen auf das außerbetriebliche<br />
Vermögen einer Kapitalgesellschaft fest, 79 verbleibt die – weitgehend theoretische<br />
– Folgefrage, inwieweit Änderungen in der Vermögenssubstanz steuerlich relevant<br />
sein können. Im Einkommensteuerrecht wird hier davon ausgegangen, dass §§ 29,<br />
30 und 31 EStG Anwendung finden können; die Veräußerung eines (anteilig) dem Privatvermögen<br />
zugeordneten Wirtschaftsgutes ist (insofern) kein betrieblicher Vorgang, allerdings<br />
kann zB eine Veräußerung innerhalb der Spekulationsfrist (insoweit) eine Besteuerung<br />
nach § 30 EStG auslösen. 80 Aber auch im Körperschaftsteuerrecht geht die Verwaltungspraxis<br />
offenbar davon aus, dass §§ 29, 30 und 31 EStG auf die Veräußerung „außerbetrieblichen“<br />
Vermögens einer Kapitalgesellschaft anzuwenden sind. 81 Tatsächlich<br />
wäre es nicht einzusehen, derartige Veräußerungsvorgänge bei Kapitalgesellschaften nur<br />
deshalb steuerneutral zu belassen, weil das Vermögen (anteilig) nicht dem Betriebsvermögen<br />
zuzurechnen ist. Unklar ist allerdings das Verhältnis dieser Schlussfolgerung zur<br />
Zurechnungsvorschrift des § 7 Abs 3 KStG. 82 Angesichts des Ansetzens des § 7 Abs 3<br />
KStG bei der Einkünfteermittlung 83 wäre es ein mögliches Denkmodell, in der juristischen<br />
Sekunde vor der Veräußerung eine Einlage iSd § 4 Abs 1 iVm § 6 Z 5 EStG in die<br />
betriebliche Sphäre anzunehmen. 84 Zumal nach § 6 Z 5 EStG spekulationsverfangene<br />
Wirtschaftsgüter iSd § 30 EStG und wesentliche Beteiligungen iSd § 31 EStG zwingend<br />
mit den Anschaffungs- bzw Herstellungskosten zu bewerten sind, wäre solcherart auch<br />
eine Erfassung der im außerbetrieblichen Bereich entstandenen stillen Reserven als gewerbliche<br />
Einkünfte iSd § 7 Abs 3 KStG sichergestellt. 85 Erfolgt hingegen eine Veräußerung<br />
nach Ablauf der Spekulationsfrist, käme es zu einer <strong>Teil</strong>werteinlage nach § 6<br />
Z 5 EStG und damit – aufgrund dessen diesfalls typischer Übereinstimmung mit dem<br />
gemeinen Wert 86 – zur systemkonformen Nichterfassung der außerbetrieblichen stillen<br />
Reserven.<br />
79 11 ZB <strong>für</strong> Aufwendungen auf die Pkw-Luxustangente (dazu G. Kofler in Doralt, EStG [2007] § 20<br />
Tz 73 ff mwN) oder <strong>für</strong> Zinszahlungen auf Verbindlichkeiten, die dem „außerbetrieblichen“ Bereich<br />
zugeordnet werden, wie etwa Schulden zur Begleichung von Personensteuern (dazu G. Kofler in Doralt,<br />
EStG11 [2007] § 20 Tz 142 mwN). Zu beachten bleibt allerdings, dass auch aus dem „Privatvermögen“<br />
einer Kapitalgesellschaft getätigte Zuwendungen als Sonderausgaben nach § 8 Abs 4<br />
KStG iVm § 18 Abs 1 Z 7 EStG abzugsfähig sein können; siehe VwGH 28. 4. 2004, 2001/14/0166,<br />
ÖStZB 2004/516, 564.<br />
80 11 G. Kofler in Doralt, EStG (2007) § 20 Tz 3.<br />
81 Rz 613 KStR 2001. Diese Sichtweise findet sich auch im Zusammenhang mit der Veräußerung von<br />
Vermögen, das aufgrund der gesellschaftlichen Veranlassung nicht dem betrieblichen Bereich der<br />
Kapitalgesellschaft zugeordnet wird; siehe dazu Kapitel II.D.<br />
82 Siehe auch die Diskussion bei Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004)<br />
148 ff.<br />
83 Vgl oben Kapitel II.A. mwN.<br />
84 Dazu Bruckner, ÖStZ 2003/233, 110 (114 m FN 40); Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von<br />
Kapitalgesellschaften (2004) 150.<br />
85 Kritisch zur Anwendung dieser Bewertungsregel aber Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von<br />
Kapitalgesellschaften (2004) 147 und 151.<br />
86 Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 150 f; ebenso UFS Wien 5. 6.<br />
2008, RV/0719-W/05.<br />
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Georg Kofler<br />
D. Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis<br />
Nach der jüngeren Judikatur des VwGH rechnen auch einzelne Wirtschaftsgüter, deren<br />
Anschaffung oder Herstellung rein gesellschaftsrechtlich veranlasst ist 87 und die nicht der<br />
Einkommenserzielung der Kapitalgesellschaft dienen, nicht zu deren Betriebsvermögen.<br />
88 Die Rechtsprechung leitet diese Folgerung – ohne Bezugnahme auf § 7 Abs 3 KStG<br />
– daraus ab, dass nach § 7 Abs 2 KStG die einkommensteuerlichen Vorschriften über die<br />
Gewinnermittlung in den Bereich der Körperschaftsteuer übernommen werden und daher<br />
die Betriebsvermögenseigenschaft von Wirtschaftsgütern in beiden Bereichen nach den<br />
gleichen Grundsätzen beurteilt werden müsse. 89 Ein Wirtschaftsgut, dessen Anschaffung<br />
rein gesellschaftsrechtlich veranlasst ist und das objektiv erkennbar gesellschaftsrechtlichen<br />
Zwecken dient, rechnet solcherart nicht zum (gewillkürten) Betriebsvermögen,<br />
sondern als notwendiges Privatvermögen zum „steuerneutralen Vermögen“ der Kapitalgesellschaft;<br />
90 eine solche Trennung von betrieblicher und betriebsfremder Sphäre geht<br />
auch dem Maßgeblichkeitsprinzip vor. 91 Diese „Verschiebung“ in die „außerbetriebliche“<br />
Sphäre aufgrund der Annahme von notwendigem Privatvermögen der Kapitalgesellschaft<br />
betraf bisher die – entgeltliche und unentgeltliche – Überlassung einer luxuriösen Penthousewohnung,<br />
92 eines im attraktiven Erholungsgebiet gelegenen Einfamilienhauses, 93<br />
einer mit persönlichen Gebrauchsgegenständen ausgestatteten Villa 94 sowie einer Seeliegenschaft<br />
mit Bungalow, Pförtner- und Bootshaus 95 an Gesellschafter; 96 ähnliche Erwä-<br />
87 Zur Betonung des Veranlassungszusammenhanges siehe insbesondere Stangl, Die außerbetriebliche<br />
Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 131 f und 137 ff.<br />
88 Siehe zu dieser Rechtsprechungslinie insbesondere Bruckner, ÖStZ 2003/233, 110 (110 ff); Stangl,<br />
ÖStZ 2005/71, 39 (39 ff); Wiesner, RWZ 2007/37, 129 (129 ff); Wiesner, RWZ 2007/103, 359<br />
(359 ff); Urtz, GeS 2007, 390 (390 ff); ausführlich Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften<br />
(2004) 123 ff. Zur Aufteilung bei teilweiser betrieblicher Nutzung und zur 20%-<br />
Grenze siehe zB Pröll, UFS 2007, 336 (337), und zur diesbezüglichen Unbeachtlichkeit von Repräsentationsanteilen<br />
iSd § 12 Abs 1 Z 3 KStG vgl VwGH 24. 6. 2004, 2001/15/0002, ÖStZB 2005/<br />
32, 57, und VwGH 26. 3. 2007, 2005/14/0091, ÖStZB 2007/481, 640.<br />
89 Siehe zB VwGH 20. 6. 2000, 98/15/0169, ÖStZB 2000/534, 653; ebenso zB UFS Linz 11. 7. 2003,<br />
RV/0603-L/02; UFS Klagenfurt 30. 5. 2005, RV/0404-K/02; UFS Graz 31. 1. 2006, RV/0408-G/04.<br />
90 So etwa VwGH 24. 6. 2004, 2001/15/0002, ÖStZB 2005/32, 57.<br />
91 Siehe nur Rz 613 KStR 2001; Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG 11 (2008)<br />
§ 8 Tz 57.<br />
92 VwGH 20. 6. 2000, 98/15/0169, ÖStZB 2000/534, 653; dazu oV, RdW 2000/481, 503 (503 f); Wiesner,<br />
RWZ 2000/74, 229 (229 f); Pernegger, ÖStZ 2002/168, 87 (87 ff); Bruckner, ÖStZ 2003/233,<br />
110 (110 ff); Lang/Riedl in Gröhs et al, Ausgliederungen (2003) 283 (293 f); Stangl, Die außerbetriebliche<br />
Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 123 ff.<br />
93 VwGH 24. 6. 2004, 2001/15/0002, ÖStZB 2005/32, 57; dazu Wiesner, RWZ 2004/56, 225 (225 ff);<br />
Stangl, ÖStZ 2005/71, 39 (39 ff).<br />
94 VwGH 30. 6. 2005, 2001/15/0081, ÖStZB 2006/5, 8.<br />
95 VwGH 26. 3. 2007, 2005/14/0091, ÖStZB 2007/481, 640; dazu Wiesner, RWZ 2007/37, 129<br />
(129 ff); Pröll, UFS 2007, 336 (336 ff).<br />
96 Vgl weiters UFS Linz 11. 7. 2003, RV/0603-L/02; UFS Wien 22. 7. 2003, RV/402-W/02, RV/403-<br />
W/02; UFS Klagenfurt 30. 5. 2005, RV/0404-K/02. Siehe zur Anmietung einer Liegenschaft durch<br />
die Gesellschaft auch UFS Graz 31. 1. 2006, RV/0408-G/04, und VwGH 19. 4. 2007, 2005/15/0020,<br />
ÖStZB 2007/475, 635. Zu Mietverhältnissen zwischen Privatstiftung und Stiftern siehe UFS Linz<br />
24. 8. 2007, RV/0540-L/04, und UFS Wien 18. 1. 2008, RV/0743-W/07.<br />
14
Steuerrecht-<strong>Finanzrecht</strong>_Kofler.fm Seite 15 Donnerstag, 2. April 2009 2:28 14<br />
Die „außerbetriebliche Vermögenssphäre“ der Kapitalgesellschaft<br />
gungen sollen aber offenbar auch <strong>für</strong> die Überlassung von „Luxuswirtschaftsgütern“ wie<br />
zB Yachten, 97 Sportwagen, 98 Schwimmbädern, Pferden 99 gelten. 100<br />
Diese Sichtweise ist nicht grundsätzlich neu. 101 Dennoch steht sie zunächst in einem<br />
unklaren Verhältnis zum Konzept des gewillkürten Betriebsvermögens, 102 zur Anwendung<br />
des Missbrauchstatbestands 103 sowie zur gefestigten Rechtsprechung, dass bei der<br />
Überlassung von Wirtschaftsgütern an den Gesellschafter im Normalfall lediglich das<br />
Nutzungsentgelt über das Instrument der verdeckten Ausschüttung auf ein fremdübliches<br />
Maß anzuheben ist, das Wirtschaftsgut aber prinzipiell dem Betriebsvermögen der Gesellschaft<br />
zugeordnet bleibt. 104 Denn das Instrument der verdeckten Gewinnausschüttung<br />
dient gerade dazu, die Einkommenserzielung von der Einkommensverwendung zu trennen<br />
und solcherart die gesellschaftsrechtlich veranlassten Vermögensminderungen bzw<br />
verhinderten Vermögensmehrungen steuerlich nachzuvollziehen. Hier ist es aber auch<br />
unbestritten, dass eine (verdeckte) Ausschüttung nicht auf Basis einer vorgelagerten<br />
Überführung der auszuschüttenden Wirtschaftsgüter im Entnahme- und Einlagewege<br />
nach § 4 Abs 1 EStG in die „außerbetriebliche“ Sphäre der Gesellschaft erfolgt, sondern<br />
vielmehr eine Ausschüttung nach der gesetzlichen Systematik direkt aus dem Betrieb der<br />
Gesellschaft, da es andernfalls – bei einer Zwischenschaltung einer „außerbetrieblichen“<br />
Sphäre – der Anordnung des § 8 Abs 2 TS 1 KStG gar nicht bedürfte. 105<br />
97 Dazu das Beispiel bei Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG (1996) § 8 Anm 18; siehe auch<br />
VwGH 9. 7. 2008, 2005/13/0020, ÖStZB ___ (betreffend eine im zivilrechtlichen Eigentum des Gesellschafters<br />
stehende Yacht), und dazu Wiesner, RWZ 2008/69, 255 (255 f), sowie oV, RdW 2008/<br />
564, 608 (608 f).<br />
98 UFS Graz 11. 3. 2008, RV/0137-G/07; dies ablehnend Mayr in Mayr/Treer, Der Salzburger Steuerdialog<br />
2008, ÖStZ Spezial (2008) ___.<br />
99 Rz 819 KStR 2001 nennt neben der „Luxuswohnung <strong>für</strong> den Gesellschafter-Geschäftsführer“ auch<br />
die Anschaffung oder Herstellung von „Schwimmbädern, Sauna, Sportanlagen, Pferden“.<br />
100 Kritisch zu einer schrankenlosen Verallgemeinerung Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften<br />
(2004) 155 ff.<br />
101 Siehe bereits Wiesner in FS Bauer (1986) 349 (352 f), und das Yachtbeispiel bei Wiesner/Schneider/<br />
Spanbauer/Kohler, KStG (1996) § 8 Anm 18; ebenso Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly,<br />
KStG 5 (1997) § 8 Tz 66, Stichwort „Dienstwohnung“.<br />
102 Dazu ausführlich Urtz, GeS 2007, 390 (401 f); siehe auch Wiesner, RWZ 2007/37, 129 (131).<br />
103 Siehe zur Anwendung des § 22 BAO im Hinblick auf die Überlassung eines von den Gesellschaftern<br />
gemieteten Einfamilienhauses als Dienstwohnung zB VwGH 29. 11. 1988, 87/14/0200, ÖStZB 1989,<br />
174; vgl auch VwGH v 18.1.1983, 82/14/0092, 0097, ÖStZB 1983, 307. Auch im Erk vom 30. 6.<br />
2005, 2001/15/0081, ÖStZB 2006/5, 8 (zu einer mit persönlichen Gebrauchsgegenständen ausgestatteten<br />
Villa), wies der VwGH zusätzlich darauf hin, dass sich der angefochtene Bescheid „jedenfalls<br />
schon im Grunde der Missbrauchsbestimmung des § 22 BAO als tragfähig begründet erweist“.<br />
104 Siehe zB VwGH 20. 1. 1981, 2230, 2380/79, ÖStZB 1982, 44 (zur Überlassung eines Firmen-Pkw<br />
zur Privatnutzung);VwGH 20. 4. 1982, 81/14/0120, ÖStZB 1983, 31 (zur Überlassung einer luxuriösen<br />
Villa an den Gesellschafter-Geschäftsführer); VwGH 17. 2. 1993, 89/14/0248, ÖStZB 1993, 470<br />
(zur Überlassung einer Wohnung im Betriebsgebäude); VwGH 10. 5. 1994, 90/14/0050, ÖStZB 1995,<br />
19 (zur Überlassung eines Einfamilienhauses der „Luxus-Kategorie“); vgl auch VwGH 16. 5. 2007,<br />
2005/14/0083, ÖStZB 2008/73, 76, und Rz 819 KStR 2001; generell <strong>für</strong> diese Lösung Stangl, Die<br />
außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 138 f, sowie in ÖStZ 2005/71, 39 (41 f).<br />
105 Siehe auch VwGH 19. 12. 2006, 2004/15/0122, ÖStZB 2007/224, 291, wonach sich das Abzugsverbot<br />
<strong>für</strong> die Gewinnausschüttung schon aus „dem System der Einkommensbesteuerung von Körperschaften<br />
[ergibt], würde doch im Falle eines Abzuges des Gewinnes grundsätzlich keine Besteuerungsgrundlage<br />
verbleiben“.<br />
15
Steuerrecht-<strong>Finanzrecht</strong>_Kofler.fm Seite 16 Donnerstag, 2. April 2009 2:28 14<br />
Georg Kofler<br />
Unklar ist jedoch, in welchen Fällen von dieser „traditionellen“ Sichtweise abgewichen<br />
werden soll und bereits an der Wurzel „außerbetriebliches“ Vermögen anzunehmen<br />
ist. 106 In der jüngeren Rechtsprechung scheint diese Frage eine vorläufige Konkretisierung<br />
dahingehend gefunden zu haben, dass das betreffende Wirtschaftsgut schon seiner<br />
Erscheinung nach <strong>für</strong> die private Nutzung des Gesellschafters bestimmt sein muss; 107 dies<br />
soll bei Wohnobjekten insbesondere dann der Fall sein, wenn das Wohnobjekt „besonders<br />
repräsentativ“ oder „speziell auf die Wohnbedürfnisse des Gesellschafters abgestellt“<br />
ist, 108 wobei zusätzlich auf die sonstige Tätigkeit der Kapitalgesellschaft Bedacht<br />
zu nehmen sei. 109 Das Verneinen der Betriebsvermögenseigenschaft könne jedoch „nur<br />
in besonders gelagerten Fällen“ greifen, 110 vor allem, „wenn es sich um Objekte handelt,<br />
die realistischerweise nicht fremdüblich vermietbar sind”. 111 Insofern wurde auch vorgeschlagen,<br />
die Grenze danach zu ziehen, dass die Gesellschaft entweder „praktisch zur<br />
Gänze ihren Zweck in der Befriedigung der Gesellschafterinteressen“ hat oder „im Vergleich<br />
zu ihrer operativen Funktion und Größe ungewöhnliche Investitionen im Gesellschafterinteresse“<br />
tätigt, „die ohne Gesellschafterinteresse nicht getätigt worden wären“.<br />
112<br />
Zweifelsohne ist diese Grenzziehung mit erheblichen Problemen belastet. 113 Sollte<br />
aber im Einzelfall ein Wirtschaftsgut „nur eine gesellschaftliche und keine betriebliche<br />
Veranlassung“ haben, 114 wird von Rechtsprechung und Verwaltungspraxis offenbar da-<br />
106 Für einen Abgrenzungsversuch siehe zB Urtz, GeS 2007, 390 (400 f).<br />
107 Siehe auch Rz 819 KStR 2001.<br />
108 VwGH 16. 5. 2007, 2005/14/0083, ÖStZB 2008/73, 76; UFS Wien 5. 6. 2008, RV/0719-W/05; ebenso<br />
Rz 819 KStR 2001; dazu zB Wiesner, RWZ 2007/103, 359 (359 ff); Urtz, GeS 2007, 390 (395 ff).<br />
Vgl demgegenüber noch VwGH 20. 6. 2000, 98/15/0169, ÖStZB 2000/534, 653, UFS Linz 11. 7.<br />
2003, RV/0603-L/02, und UFS Graz 31.1.2006, RV/0408-G/04, wo darauf abgestellt wurde, ob eine<br />
vergleichbare Dienstwohnung auch <strong>für</strong> einen fremden Arbeitnehmer angeschafft würde.<br />
109 Siehe Zorn, RdW 2007/647, 620 (621), und andeutungsweise VwGH 26. 3. 2007, 2005/14/0091,<br />
ÖStZB 2007/481, 640; in diese Richtung auch Wiesner, RWZ 2007/37, 129 (132); dazu weiters Urtz,<br />
GeS 2007, 390 (397); wohl anders Pkt 2.4 des Salzburger Steuerdialogs 2008 (BMF-010216/0155-<br />
VI/6/2008), abgedruckt in Mayr/Treer, Der Salzburger Steuerdialog 2008, ÖStZ Spezial (2008) ___,<br />
wonach es „<strong>für</strong> die Zuordnung eines Wirtschaftsgutes zum betrieblichen bzw. außerbetrieblichen<br />
Bereich […] nicht von Bedeutung sein [kann], welchen Betriebsgegenstand die Kapitalgesellschaft<br />
hat“.<br />
110 Zorn, RdW 2007/647, 620 (621); ebenso Wiesner, RWZ 2007/37, 129 (132) („Extremfälle“); Pkt 7<br />
des KSt-Protokolls 2005 (BMF-010216/0086-IV/6/2005), AÖF 2005/272 („nur in besonders gelagerten<br />
Ausnahmefällen“); siehe auch Pkt 2.4 des Salzburger Steuerdialogs 2008 (BMF-010216/<br />
0155-VI/6/2008), abgedruckt in Mayr/Treer, Der Salzburger Steuerdialog 2008, ÖStZ Spezial<br />
(2008) ___ („nur in Ausnahmefällen“).<br />
111 Pkt 2.4 des Salzburger Steuerdialogs 2008 (BMF-010216/0155-VI/6/2008), abgedruckt in Mayr/<br />
Treer, Der Salzburger Steuerdialog 2008, ÖStZ Spezial (2008) ___; ebenso Rz 819 KStR 2001, wonach<br />
zu fragen sei, ob das Wirtschaftsgut „jederzeit im betrieblichen Geschehen der Kapitalgesellschaft<br />
(zB durch Vermietung) eingesetzt werden” könne. Überschießend daher wohl UFS Graz 11.<br />
3. 2008, RV/0137-G/07 (zu einem Sportwagen), und dies dementsprechend ablehnend Mayr in<br />
Mayr/Treer, Der Salzburger Steuerdialog 2008, ÖStZ Spezial (2008) ___.<br />
112 Wiesner, RWZ 2007/37, 129 (132).<br />
113 Siehe nur Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 137 ff; Urtz, GeS<br />
2007, 390 (400 ff); <strong>für</strong> einen Operationalisierungsversuch siehe Rauscher, UFS Journal 2008, 76<br />
(76 ff).<br />
114 Rz 819 KStR 2001.<br />
16
Steuerrecht-<strong>Finanzrecht</strong>_Kofler.fm Seite 17 Donnerstag, 2. April 2009 2:28 14<br />
Die „außerbetriebliche Vermögenssphäre“ der Kapitalgesellschaft<br />
von ausgegangen, dass es sich um „notwendiges Privatvermögen“ handelt; 115 das Wirtschaftsgut<br />
scheide „unabhängig von der Frage, ob das Nutzungsentgelt fremdüblich ist<br />
oder nicht“, 116 aus der „einkünfterelevanten Sphäre“ aus, 117 gehöre damit zum „steuerneutralen<br />
Vermögen“ 118 und werde solcherart in den „außerbetrieblichen Bereich“ „verschoben“.<br />
119 Ist diesfalls ein Wirtschaftsgut dieser „außerbetrieblichen“ Sphäre zuzuordnen,<br />
kann es auf Ebene der Gesellschaft aber denklogisch zu keiner verdeckten Ausschüttung<br />
kommen. 120 Insofern ergeben sich auch asymmetrische steuerliche Konsequenzen:<br />
121 Auf Ebene der Kapitalgesellschaft soll es zunächst ausgabenseitig zu einer<br />
Versagung von AfA, Investitionsbegünstigungen, Zinsaufwand etc kommen; 122 einnahmenseitig<br />
unterbleibt hingegen sowohl der Ansatz des tatsächlichen Mietzinses als Betriebseinnahme<br />
123 als auch eine Erfassung der Differenz zwischen fremdüblichem und<br />
tatsächlichem Nutzungsentgelt als fiktive Einnahme; 124 solcherart bleiben auch entgangene<br />
Erträge aus Alternativveranlagungen unberücksichtigt. 125 Nach hA soll aber überdies<br />
das Wirtschaftsgut in einer „außerbetrieblichen“ Sphäre der Gesellschaft verbleiben<br />
und zB im Falle einer Veräußerung innerhalb der Spekulationsfrist zu Einkünften iSd<br />
§ 30 EStG führen. 126 Auf der Ebene des Gesellschafters gehen die bisherige Verwal-<br />
115 VwGH 24. 6. 2004, 2001/15/0002, ÖStZB 2005/32, 57.<br />
116 Pkt 2.4 des Salzburger Steuerdialogs 2008 (BMF-010216/0155-VI/6/2008), abgedruckt in Mayr/<br />
Treer, Der Salzburger Steuerdialog 2008, ÖStZ Spezial (2008) ___; siehe auch Rz 819 KStR 2001.<br />
117 Siehe zB Rz 919 KStR 2001; Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG 11 (2008)<br />
Anh zu § 8, Stichwort „Dienstwohnung“.<br />
118 Rz 819 KStR 2001.<br />
119 Pkt 2.4 des Salzburger Steuerdialogs 2008 (BMF-010216/0155-VI/6/2008), abgedruckt in Mayr/<br />
Treer, Der Salzburger Steuerdialog 2008, ÖStZ Spezial (2008) ___.<br />
120 Siehe zB Bruckner, ÖStZ 2003/233, 110 (112 f); Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften<br />
(2004) 153; Urtz, GeS 2007, 390 (400).<br />
121 Kritisch dazu Bruckner, ÖStZ 2003/233, 110 (113); Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften<br />
(2004) 132 ff; Stangl, ÖStZ 2007/71, 39 (41 ff); Urtz, GeS 2007, 390 (400 f).<br />
122 UFS Linz 11. 7. 2003, RV/0603-L/02; ebenso Pernegger, ÖStZ 2002/168, 87 (89 ff); Bruckner,<br />
ÖStZ 2003/233, 110 (114); Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG 11 (2008) Anh<br />
zu § 8, Stichwort „Dienstwohnung“; siehe auch das Yachtbeispiel bei Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler,<br />
KStG (1996) § 8 Anm 18. Siehe zum Ausschluss des Vorsteuerabzuges im Geltungsbereich<br />
des UStG 1994 insbesondere VwGH 26. 3. 2007, 2005/14/0091, ÖStZB 2007/481, 640; weiters<br />
zB Pernegger, ÖStZ 2002/168, 87 (89); kritisch Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften<br />
(2004) 178 ff, und in ÖStZ 2005/71, 39 (43 f).<br />
123 UFS Linz 11. 7. 2003, RV/0603-L/02; UFS Graz 31. 1. 2006, RV/0408-G/04. Umgekehrt scheidet<br />
auch die Annahme einer verdeckten Einlage in Höhe des tatsächlich bezahlten Nutzungsentgeltes<br />
aus; siehe Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 144 f.<br />
124 VwGH 20. 6. 2000, 98/15/0169, ÖStZB 2000/534, 653; UFS Linz 11. 7. 2003, RV/0603-L/02; dazu<br />
Pernegger, ÖStZ 2002/168, 87 (87 ff); Bruckner, ÖStZ 2003/233, 110 (114); Urtz, GeS 2007, 390<br />
(391 und 400).<br />
125 Dazu Bruckner, ÖStZ 2003/233, 110 (114); Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften<br />
(2004) 162 f.<br />
126 Rz 611 und Rz 613 KStR 2001; Pkt 2.4 des Salzburger Steuerdialogs 2008 (BMF-010216/0155-VI/<br />
6/2008), abgedruckt in Mayr/Treer, Der Salzburger Steuerdialog 2008, ÖStZ Spezial (2008) ___;<br />
ebenso Arnold, wobl 2001/19, 30 (30); Pernegger, ÖStZ 2002/168, 87 (89); Bruckner, ÖStZ 2003/<br />
233, 110 (114); Wiesner, RWZ 2004/56, 225 (226); Wiesner, RWZ 2007/37, 129 (131); Doralt/<strong>Ruppe</strong>,<br />
Steuerrecht I 9 (2007) Tz 960; Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG 11<br />
(2008) § 8 Tz 61; oV, RdW 2008/564, 608 (609); aA Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von<br />
Kapitalgesellschaften (2004) 142 f und 148 ff. Konsequenterweise müssten dann im Falle der Ver-<br />
17
Steuerrecht-<strong>Finanzrecht</strong>_Kofler.fm Seite 18 Donnerstag, 2. April 2009 2:28 14<br />
Georg Kofler<br />
tungspraxis, 127 <strong>Teil</strong>e des Schrifttums 128 und auch die Rechtsprechung 129 hingegen von<br />
einer verdeckten Ausschüttung „an der Wurzel“ 130 aus, wobei auf Seiten des Vorteilsempfängers<br />
eine Ausschüttung nur in Höhe der Differenz zwischen dem fremdüblichen<br />
und dem tatsächlich gezahlten Nutzungsentgelt anzunehmen sei. 131 Diese Vorgehensweise<br />
wurde gleichsam kritisiert und eine Gleichschaltung der steuerlichen Konsequenzen<br />
auf Gesellschafts- und Gesellschafterebene gefordert. 132 Diesen Weg scheint<br />
letztlich auch die jüngere Verwaltungspraxis beschreiten zu wollen, wenn die Konsequenz<br />
einer Zuordnung „zum außerbetrieblichen Bereich“ der Gesellschaft darin gesehen<br />
wird, dass es zur vollen verdeckten Ausschüttung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten<br />
an den Gesellschafter kommt. 133<br />
Selbst wenn man aus dogmatischer Sicht von den grundsätzlichen Bedenken gegen<br />
die veranlassungstheoretische Zuordnung von einzelnen Wirtschaftsgütern zum „außer-<br />
127 mietung an den Gesellschafter aber auch die Grundsätze der Einkünfte aus Vermietung nach § 28<br />
EStG schlagend werden (dh zB Vermietungseinkünfte der Gesellschaft im Ausmaß der tatsächlichen<br />
Nutzungsentgelte und AfA im außerbetrieblichen Bereich; in diese Richtung Wiesner, RWZ 2007/<br />
37, 129 [130]; dies ablehnend wohl Bruckner, ÖStZ 2003/233, 110 [114], und Pkt 2.4 des Salzburger<br />
Steuerdialogs 2008 (BMF-010216/0155-VI/6/2008), abgedruckt in Mayr/Treer, Der Salzburger<br />
Steuerdialog 2008, ÖStZ Spezial (2008) ___; aus grundsätzlichen Erwägungen dagegen Stangl, Die<br />
außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften [2004] 143 f; Urtz, GeS 2007, 390 [398 f]). Sowohl<br />
im Hinblick auf Spekulations- als auch auf Vermietungseinkünfte würde sich dann jedoch die<br />
Frage aufwerfen, welche Auswirkung die Transformationsvorschrift des § 7 Abs 3 KStG hat (siehe<br />
dazu oben Kapitel II.C.; weiters Bruckner, ÖStZ 2003/233, 110 [114 m FN 40]; dazu ausführlich<br />
Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 150 f; Urtz, GeS 2007, 390<br />
[398 f]). Freilich stößt schon die grundsätzliche Folgerung außerbetrieblicher Einkünfte im Lichte<br />
der Rechtsprechung auf Zweifel, zumal der VwGH offenbar davon ausgeht, dass die Zuordnung zur<br />
„außerbetrieblichen“ Sphäre im Wesentlichen dieselben Rechtsfolgen wie Liebhaberei zeitigen soll,<br />
lehnt er doch in diesen Fällen eines gesonderte Liebhabereiprüfung ausdrücklich ab; siehe VwGH<br />
24. 6. 2004, 2001/15/0002, ÖStZB 2005/32, 57; in diese Richtung auch die Argumentation bei Stangl,<br />
Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 144; Urtz, GeS 2007, 390 (398 f).<br />
127 Rz 919 und Rz 1042 KStR 2001.<br />
128 Pernegger, ÖStZ 2002/168, 87 (90); Bruckner, ÖStZ 2003/233, 110 (114); Renner in Quantschnigg/<br />
Renner/Schellmann/Stöger, KStG 11 (2008) Anh zu § 8, Stichwort „Dienstwohnung“; siehe auch die<br />
Diskussion bei Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 154 f.<br />
129 VwGH 20. 6. 2000, 98/15/0169, ÖStZB 2000/534, 653; UFS Linz 11. 7. 2003, RV/0603-L/02; siehe<br />
auch UFS Graz 31. 1. 2006, RV/0408-G/04.<br />
130 Siehe oV, RdW 2000/481, 503; Zorn, RdW 2007/647, 620 (621); Renner in Quantschnigg/Renner/<br />
Schellmann/Stöger, KStG 11 (2008) Anh zu § 8, Stichwort „Dienstwohnung“<br />
131 Zur Bewertung siehe Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 154 f;<br />
Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG 11 (2008) Anh zu § 8, Stichwort „Dienstwohnung“<br />
mwN.<br />
132 Siehe Wiesner, RWZ 2007/37, 129 (130); Wiesner, RWZ 2007/103, 359 (361); Pröll, UFS 2007,<br />
336 (338 f); Wiesner, RWZ 2008/69, 255 (255 f); kritisch bereits Wiesner, RWZ 2000/74, 229 (230);<br />
in diese Richtung womöglich nunmehr VwGH 9. 7. 2008, 2005/13/0020, ÖStZB ___ (betreffend<br />
eine im zivilrechtlichen Eigentum des Gesellschafters stehende Yacht); dazu Wiesner, RWZ 2008/<br />
69, 255 (255 f); oV, RdW 2008/564, 608 (608 f).<br />
133 Siehe Pkt 2.4 des Salzburger Steuerdialogs 2008 (BMF-010216/0155-VI/6/2008), abgedruckt in<br />
Mayr/Treer, Der Salzburger Steuerdialog 2008, ÖStZ Spezial (2008) ___: „Wenn die Errichtung<br />
fremdfinanziert ist (zB Kredit 2 Mio Euro und 1 Mio Euro Eigenmittel), führt dies zur sofortigen<br />
verdeckten Ausschüttung der Eigenmittel (= 1 Mio Euro). Die Kreditrückzahlungen (Tilgungen und<br />
Zinsen) führen in der Folge zu verdeckten Ausschüttungen.“<br />
18
Steuerrecht-<strong>Finanzrecht</strong>_Kofler.fm Seite 19 Donnerstag, 2. April 2009 2:28 14<br />
Die „außerbetriebliche Vermögenssphäre“ der Kapitalgesellschaft<br />
betrieblichen“ Bereich und der dadurch heraufbeschworenen komplexen Abgrenzungsproblematik<br />
zur „traditionellen“ Lösung über das <strong>Institut</strong> der verdeckten Ausschüttung<br />
absieht, 134 kann die von der jüngeren Verwaltungspraxis angedachte „Mischlösung“ aber<br />
letztlich nicht überzeugen. Denn diese geht davon aus, dass es einerseits zu einer vollen<br />
(wertmäßigen) Ausschüttung des Wirtschaftsgutes an den Gesellschafter kommt, dieses<br />
andererseits aber im „außerbetrieblichen“ Bereich der Gesellschaft verbleibt. Will man<br />
aber wegen des speziellen Zuschnittes des Wirtschaftsgutes auf den Gesellschafter von<br />
einer „Vollausschüttung“ ausgehen, würde dies schlichtweg implizieren, dass auch das<br />
wirtschaftliche Eigentum – wie im Falle eines Spezialleasings 135 – auf den Gesellschafter<br />
übergeht. 136 Wird aber das Wirtschaftsgut steuerlich dem Gesellschafter zugerechnet, so<br />
kann es sich steuerlich nicht mehr in einer wie auch immer gearteten „außerbetrieblichen“<br />
Sphäre der Gesellschaft befinden; entweder das Gebäude verbleibt in der betrieblichen<br />
Sphäre der Kapitalgesellschaft und die fremdunüblichen Mietentgelte werden im Sinne<br />
der traditionellen Rechtsprechung im Wege einer verdeckten Ausschüttung angepasst<br />
oder es wird dem Gesellschafter zugerechnet und führt bei der Gesellschaft aufgrund des<br />
Ausscheidens aus ihrer steuerlichen Sphäre zu keinen nachgelagerten Steuerfolgen im<br />
Veräußerungsfall; 137 lediglich tatsächlich geleistete Nutzungsentgelte wären sodann als<br />
verdeckte Einlagen zu beurteilen. 138 Eine von der „Mischlösung“ unterstellte Verschiebung<br />
in den „außerbetrieblichen“ Bereich würde überdies das in § 9 Abs 3 UmgrStG zum<br />
Ausdruck kommende gesetzliche Konzept aushöhlen, wonach ein Wirtschaftsgut offenbar<br />
entweder dem Betriebsvermögen der Gesellschaft oder dem notwendigen Privatvermögen<br />
des Gesellschafters zuzuordnen sein soll. 139 Es spricht daher vieles da<strong>für</strong>, die vom<br />
134 Dazu Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 132 ff; Stangl, ÖStZ<br />
2007/71, 39 (41 ff); Urtz, GeS 2007, 390 (400 f).<br />
135 Siehe Rz 137 und 141 EStR 2000 und <strong>für</strong> die konkrete Situation diese Analogie bejahend Pröll, UFS<br />
2007, 336 (338 ff).<br />
136 Ebenso Bruckner, ÖStZ 2003/233, 110 (114), und die Anmerkung von Mayr zu Pkt 2.4 des Salzburger<br />
Steuerdialogs 2008 (BMF-010216/0155-VI/6/2008), abgedruckt in Mayr/Treer, Der Salzburger<br />
Steuerdialog 2008, ÖStZ Spezial (2008) ___; siehe auch Pröll, UFS 2007, 336 (338 f). Diese<br />
Frage wurde bisher umgekehrt dahin gehend gestellt, ob das Rechtsverhältnis zwischen Gesellschaft<br />
und Gesellschafter derart ausgestaltet ist, dass das wirtschaftliche Eigentum auf den Gesellschafter<br />
übergeht und es deshalb zu einer verdeckten Ausschüttung in voller Höhe der Anschaffungs- oder<br />
Herstellungskosten kommt; siehe Bruckner, ÖStZ 2003/233, 110 (114); Stangl, Die außerbetriebliche<br />
Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 140 f; Stangl, ÖStZ 2005/71, 39 (42); Urtz, GeS 2007,<br />
390 (399 f); ähnlich auch Rz 819 und Rz 1042 KStR 2001.<br />
137 Siehe auch die Anmerkung von Mayr in Mayr/Treer, Der Salzburger Steuerdialog 2008, ÖStZ Spezial<br />
(2008) ___.<br />
138 Rz 1042 KStR 2001.<br />
139 Nach § 9 Abs 3 UmgrStG sind die Grundsätze über den Wechsel der Gewinnermittlung nach § 4<br />
Abs 10 EStG auch auf „den Fall des durch die Umwandlung bewirkten Ausscheidens von Wirtschaftsgütern<br />
aus dem Betriebsvermögen“ anzuwenden. Dabei handelt es sich insbesondere um jene<br />
Wirtschaftsgüter, die zwar auf Seiten der umgewandelten Kapitalgesellschaft auf Grund der Bestimmung<br />
des § 7 Abs 3 KStG Betriebsvermögen, nach der Umgründung jedoch (nunmehr) notwendiges<br />
Privatvermögen darstellen (ErlRV 266 BlgNR XVIII. GP, 20; siehe auch Hirschler in Hügel/Mühlehner/Hirschler,<br />
UmgrStG, § 9 Rz 16; Keppert in Helbich/Wiesner/Bruckner, Umgründungen<br />
II § 9 Tz 35). Hauptanwendungsfall dieser Bestimmung ist gerade die Wohnung des Gesellschafter-<br />
Geschäftsführers (Rz 519 UmgrStR 2002). Scheidet diese umwandlungsbedingt aus dem Betriebsvermögen<br />
aus, so wird vom Gesetz konstitutiv eine Entnahme in das Privatvermögen mit entspre-<br />
19
Steuerrecht-<strong>Finanzrecht</strong>_Kofler.fm Seite 20 Donnerstag, 2. April 2009 2:28 14<br />
Georg Kofler<br />
VwGH aufgeworfenen Fragen rund um die verdeckte Ausschüttung „an der Wurzel“ nach<br />
dem „Entweder-oder-Prinzip“ zu lösen. Diesfalls würden sich auch Folgefragen etwa im<br />
Hinblick auf die Überführung zwischen den verschiedenen Sphären der Gesellschaft im<br />
Entnahme- und Einlagewege nach § 4 Abs 1 EStG erübrigen. 140 Denn gerade auch dieser<br />
Punkt spricht gegen eine „Mischlösung“, zumal der historische Gesetzgeber zwar eine<br />
außerbetriebliche Sphäre bei Kapitalgesellschaften <strong>für</strong> grundsätzlich möglich gehalten<br />
hat, 141 die Anwendbarkeit des Entnahmetatbestandes bei Kapitalgesellschaften im Hinblick<br />
auf deren Verhältnis zu den Gesellschaftern aber offensichtlich ausschließen und<br />
lediglich das Instrument der verdeckten Ausschüttung und die entsprechenden Bewertungsgrundsätze<br />
angewandt wissen wollte. 142<br />
Wenngleich sich die Fragestellung somit im Bereich der Wirtschaftsgüter auf eine<br />
„Entweder-oder-Lösung“ zuspitzen dürfte, bleibt dennoch unklar, ob eine „gesellschaftsrechtliche<br />
Sphäre“ der Kapitalgesellschaft generell ausgeschlossen werden kann. Dieses<br />
Problem wurde im Hinblick auf fremdfinanzierte Ausschüttungen heftig diskutiert. 143<br />
Würde man hier nämlich zu dem Ergebnis kommen, dass die Verbindlichkeit zur Ausschüttungsfinanzierung<br />
veranlassungstheoretisch in einem steuerlich relevanten Konnex<br />
zur Einkommensverwendung nach § 8 Abs 2 KStG steht, wäre wohl die Verbindlichkeit<br />
einer nichtbetrieblichen, gesellschaftsrechtlichen Sphäre der Gesellschaft zuzuordnen<br />
und solcherart dem Zinsaufwand die Abzugsfähigkeit versagt. 144 Diesen Weg hat der<br />
VwGH freilich <strong>für</strong> den Fall der offenen Ausschüttung nicht beschritten, sodass der Finanzierungsaufwand<br />
<strong>für</strong> offene Ausschüttungen nicht den betrieblichen Konnex verliert<br />
139 chender Gewinnrealisierung in Höhe der Differenz zwischen gemeinem Wert und Buchwert unter-<br />
140 stellt (dazu Hirschler in Hügel/Mühlehner/Hirschler, UmgrStG, § 9 Rz 16). § 9 Abs 3 UmgrStG<br />
spricht somit zwar nicht zwingend gegen das Vorliegen einer „außerbetrieblichen“ Sphäre im Hinblick<br />
auf Dienstwohnungen von Gesellschafter-Geschäftsführern (dazu Urtz in Gassner/Göth/<br />
Gröhs/Lang, Privatstiftungen [2000] 297 [303 f]); die Bestimmung demonstriert aber dennoch, wie<br />
selbstverständlich die Betriebsvermögenseigenschaft derartiger Wirtschaftsgüter steuersystematisch<br />
bejaht wurde (siehe auch Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften<br />
[2004] 127 f).<br />
140 Siehe zu dieser Problematik Wiesner, RWZ 2000/74, 229 (230); Pernegger, ÖStZ 2002/168, 87 (89);<br />
Bruckner, ÖStZ 2003/233, 110 (113 f); Lang/Riedl in Gröhs et al, Ausgliederungen (2003) 283<br />
(293); Wiesner, RWZ 2007/37, 129 (130); Doralt/<strong>Ruppe</strong>, Steuerrecht I 9 (2007) Tz 960; ausführlich<br />
Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 146 ff.<br />
141 Siehe hinsichtlich der Liebhaberei zB ErlRV 622 BlgNR XVII. GP, 16.<br />
142 Nach ErlRV 622 BlgNR XVII. GP, 17, kann der „Entnahme-Einlagentatbestand des § 4 Abs. 1 EStG<br />
[…] im Körperschaftsteuerrecht nur dort Bedeutung haben, wo eine außerbetriebliche Ebene der<br />
Körperschaft denkbar ist“, wobei beispielhaft lediglich der – im Vergleich zur Kapitalgesellschaft<br />
wirtschaftlich weniger bedeutende – Verein, der „ein Wirtschaftsgut aus dem Vereinsvermögen in<br />
seinen Betrieb einbringt oder aus dem Betriebsvermögen entnimmt“, Erwähnung findet. Daraus ließe<br />
sich umgekehrt folgern, dass bei Kapitalgesellschaften der Entnahmetatbestand nicht zur Anwendung<br />
kommen soll (siehe dazu auch Urtz in Gassner/Göth/Gröhs/Lang, Privatstiftungen [2000] 297<br />
[302]; Urtz, GeS 2007, 390 [402]). Hingewiesen sei auch darauf, dass sich der BFH im Hinblick auf<br />
das Verneinen einer außerbetrieblichen Sphäre auch auf das Mangeln von körperschaftsteuerlichen<br />
Vorschriften zur Überführung von Wirtschaftsgütern zwischen dem betrieblichen und dem außerbetrieblichen<br />
Bereich einer Kapitalgesellschaft stützt; siehe BFH 4. 12. 1996, I R 54/95, BFHE 182,<br />
123; BFH 22. 8. 2007, I R 32/06, BStBl 2007 II 961.<br />
143 Dazu G. Kofler in FS Doralt (2007) 197 (197 ff).<br />
144 G. Kofler in FS Doralt (2007) 197 (201 ff).<br />
20
Steuerrecht-<strong>Finanzrecht</strong>_Kofler.fm Seite 21 Donnerstag, 2. April 2009 2:28 14<br />
Die „außerbetriebliche Vermögenssphäre“ der Kapitalgesellschaft<br />
und somit als betrieblicher Aufwand abzugsfähig bleibt. 145 Abgelehnt wurde diese Zuordnung<br />
zur betrieblichen Sphäre allerdings – gegen die hA im Schrifttum 146 – <strong>für</strong> fremdfinanzierte<br />
verdeckte Ausschüttungen 147 und Einlagenrückzahlungen. 148 Aus der Nichtabzugsfähigkeit<br />
des Zinsaufwandes in diesen Fällen folgt aber auch, dass die entsprechenden<br />
Verbindlichkeiten nicht der betrieblichen Sphäre zugeordnet werden können,<br />
sondern einer „gesellschaftsrechtlichen“, steuerlich unbeachtlichen Sphäre der Kapitalgesellschaft<br />
zugeordnet werden müssen. Diesbezüglich folgert aus § 8 KStG mE aber<br />
auch, dass positive oder negative Wertänderungen dieser Verbindlichkeiten (zB im Falle<br />
der Konvertierung von Fremdwährungsverbindlichkeiten) steuerlich unbeachtlich sein<br />
müssen.<br />
III. Resümee<br />
Die vorstehenden Überlegungen haben gezeigt, dass auch Kapitalgesellschaften eine „außerbetriebliche“<br />
Vermögenssphäre haben können. Diese Sphäre hat jedoch keinen einheitlichen<br />
Charakter. Während die „Liebhabereisphäre“ schon beim Einkünftebegriff des<br />
§ 7 Abs 3 KStG iVm § 2 Abs 3 EStG ansetzt und solcherart einen echten „einkünfteirrelevanten“<br />
Bereich betrifft, 149 setzen die Abzugsverbote des § 12 KStG eine einkünfterelevante<br />
Tätigkeit voraus und verschieben Wirtschaftsgüter in einen „außerbetrieblichen“<br />
Bereich, in dem die Grundsätze der außerbetrieblichen Einkunftsarten – wenn auch mittelbar<br />
über die Einlagenbewertung nach § 6 Z 5 EStG – Bedeutung haben können. Daneben<br />
ist prinzipiell auch eine „gesellschaftsrechtliche“ Sphäre denkbar, die sich aus der<br />
veranlassungstheoretischen Abgrenzung zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterebene<br />
ergibt; in den praktisch relevanten Fällen der Überlassung von ausschließlich auf den<br />
Gesellschafter „zugeschnittenen“ Wirtschaftsgütern zeigt sich freilich, dass es in derartigen<br />
Sonderkonstellationen im Sinne einer „Entweder-oder-Lösung“ allenfalls zu einem<br />
Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Gesellschafter kommen kann und solcherart<br />
keines Rückgriffs auf eine „außerbetriebliche“ Sphäre bedarf.<br />
145 VwGH 19. 12. 2006, 2004/15/0122, ÖStZB 2007/224, 291 = RdW 2007/121, 120 m Anm Zorn;<br />
ebenso nunmehr Rz 1217 KStR 2001; dazu ausführlich G. Kofler in FS Doralt (2007) 197 (197 ff).<br />
146 Siehe auch G. Kofler, GesRZ 2002, 10 (16 ff); Achatz in Bertl et al, Beteiligungen in Rechnungswesen<br />
und Besteuerung (2004) 131 (145); G. Kofler in FS Doralt (2007) 197 (215).<br />
147 VwGH 17. 10. 2007, 2006/13/0069, ÖStZB 2008/313, 401 = ecolex 2008/62 m krit Anm Bauer;<br />
dazu oV, RdW 2007/768, 752.<br />
148 VwGH 19. 12. 2006, 2004/15/0122, ÖStZB 2007/224, 291; Rz 1217 KStR 2001; kritisch G. Kofler<br />
in FS Doralt (2007) 197 (215 f mwN); anders vorgehend auch Achatz in Bertl et al, Beteiligungen<br />
in Rechnungswesen und Besteuerung (2004) 131 (144 f).<br />
149 Siehe zur möglichen veranlassungstheoretischen Qualifikation als Einkommensverwendung insbesondere<br />
Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 73.<br />
21
Steuerrecht-<strong>Finanzrecht</strong>_Kofler.fm Seite 22 Donnerstag, 2. April 2009 2:28 14<br />
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24
Fremdfinanzierte<br />
Gewinnausschüttungen
Gericht<br />
Verwaltungsgerichtshof<br />
Entscheidungsdatum<br />
19.12.2006<br />
Geschäftszahl<br />
2004/15/0122<br />
Betreff<br />
19.12.2006<br />
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte<br />
Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan,<br />
über die Beschwerde der F GmbH & Co KG in F, vertreten durch die Bertl - Fattinger & Partner<br />
Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH in 8010 Graz, Schubertstraße 62, gegen den Bescheid des<br />
unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 8. Juli 2004, GZ. RV/0010- G/04, betreffend<br />
Körperschaftsteuer <strong>für</strong> das Jahr 2001, zu Recht erkannt:<br />
Spruch<br />
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.<br />
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen<br />
bei sonstiger Exekution zu ersetzen.<br />
Begründung<br />
Die F GmbH wurde mit Stichtag 31. Dezember 2002 gemäß Art. II UmgrStG in die beschwerdeführende<br />
GmbH & Co KG (in der Folge: Beschwerdeführerin) umgewandelt.<br />
Bei der Verteilung des Bilanzgewinnes des Jahres 1998 wurde beschlossen, eine Ausschüttung<br />
vorzunehmen, mit der sämtliche in der Bilanz per 31. Dezember 1998 ausgewiesenen "Gewinnvorträge und<br />
unversteuerte Rücklagen" abgedeckt werden sollten. Mit Umlaufbeschluss vom 24. Februar 2000 wurde <strong>für</strong><br />
diese Gewinnausschüttung an die Gesellschafter eine Darlehensaufnahme in Höhe von S 14 Mio. einstimmig<br />
beschlossen. Die damit zusammenhängenden Zinsaufwendungen wurden im Rechenwerk als Aufwand in der<br />
Gewinn- und Verlustrechnung gebucht und bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinnes berücksichtigt.<br />
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurden die Zinsaufwendungen im<br />
Zusammenhang mit dieser Kreditaufnahme nicht als Betriebsausgaben anerkannt. Die belangte Behörde führte<br />
dazu im Erwägungsteil aus, nach § 8 Abs. 2 KStG 1988 sei es <strong>für</strong> die Ermittlung des Einkommens ohne<br />
Bedeutung, ob das Einkommen im Wege offener oder verdeckter Ausschüttungen verteilt oder entnommen oder<br />
in anderer Weise verwendet werde. Dies bedeute, dass Maßnahmen der Einkommensverwendung, wie die<br />
Gewinnverteilung, das Einkommen von Körperschaften nicht mindern dürften. Ebenso wie im<br />
Einkommensteuerrecht gelte also auch im Körperschaftsteuerrecht das Prinzip der Unbeachtlichkeit der<br />
Einkommensverwendung. § 8 KStG 1988 diene der allgemeinen Abgrenzung zwischen der steuerrelevanten<br />
Sphäre einer Körperschaft von der steuerlich nicht relevanten Sphäre. Wie das Einkommen der Körperschaft zu<br />
ermitteln sei, bestimme sich nach dem Einkommensteuergesetz 1988 und dem Körperschaftsteuergesetz 1988.<br />
Nach § 4 Abs. 4 EStG 1988 seien Betriebsausgaben Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb<br />
veranlasst seien. Schuldzinsen im Zusammenhang mit der Finanzierung von Gewinnausschüttungen stünden<br />
nicht mit Betriebsausgaben im Zusammenhang und seien daher nicht abzugsfähig. Sie seien als Kosten zu<br />
werten, die mit der Einkommensverwendung und damit der steuerlich nicht relevanten Sphäre der Gesellschaft<br />
im Zusammenhang stehen und als solche durch die Bestimmung des § 8 Abs. 2 KStG 1988 ausdrücklich von der<br />
Ermittlung des Einkommens ausgenommen worden seien.<br />
Den Hinweis der Beschwerdeführerin, dass § 11 Abs. 1 Z. 1 KStG 1988 <strong>für</strong> Fälle der Kapitalbeschaffung<br />
ausdrücklich den Betriebsausgabencharakter von damit zusammenhängenden Ausgaben normiere und es nicht<br />
einzusehen sei, dass bei der offenen Gewinnausschüttung die Abzugsfähigkeit von Fremdfinanzierungskosten<br />
verneint werde, sei entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber durch die Nichteinbeziehung dieser Kosten in eine<br />
gesetzliche Ausnahmeregelung die Abzugsfähigkeit derselben nicht beabsichtigte.<br />
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Verwaltungsgerichtshof 19.12.2006<br />
Mit dem Hinweis der Beschwerdeführerin, dass sie die freie Wahl habe, den Betrieb mit Eigen- oder<br />
Fremdmitteln zu finanzieren, übersehe die Beschwerdeführerin, dass die Rechtsprechung die<br />
Zuordnungsindifferenz von Verbindlichkeiten ausdrücklich ablehne. Im Beschwerdefall sei mit dem Darlehen<br />
erst die Gewinnausschüttung möglich geworden. Das Darlehen habe sich zum Zeitpunkt der Aufnahme also<br />
nicht als Ersatz von abgegangenem Eigenkapital dargestellt. Das Darlehen sei auch in wirtschaftlicher<br />
Betrachtungsweise <strong>für</strong> nichts anderes als <strong>für</strong> die Finanzierung der Gewinnausschüttung aufgenommen worden<br />
und stehe somit mit der Einkommensverwendung in ursächlichem Zusammenhang.<br />
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der<br />
Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:<br />
Nach § 7 Abs. 2 KStG 1988 (in der im Streitjahr geltenden Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2001,<br />
BGBl. I Nr. 142/2000) ist das Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im § 2 Abs. 3 EStG 1988<br />
aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben,<br />
und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 8 Abs. 4) und des Freibetrages <strong>für</strong> begünstigte Zwecke (§ 23). Wie das<br />
Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich nach dem Einkommensteuergesetz 1988 und diesem Bundesgesetz.<br />
Durch § 7 Abs. 2 KStG 1988 werden u.a. die einkommensteuerlichen Vorschriften über die<br />
Gewinnermittlung in den Bereich der Körperschaftsteuer übernommen.<br />
§ 8 KStG 1988 ordnet im Abs. 2 an, dass es <strong>für</strong> die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung ist, ob das<br />
Einkommen im Wege offener oder verdeckter Ausschüttungen verteilt, entnommen oder in anderer Weise<br />
verwendet wird. Der mit "Abzugsfähige Aufwendungen und Ausgaben" übertitelte § 11 KStG 1988 sieht im<br />
Abs. 1 Z. 1 vor, dass bei der Gewinnermittlung auch Aufwendungen als Betriebsausgaben im Sinne des<br />
Einkommensteuergesetzes 1988 gelten, und zwar bei unter § 7 Abs. 3 fallenden Steuerpflichtigen die von ihnen<br />
zu tragenden Aufwendungen, soweit sie mit Einlagen und Beiträgen (§ 8 Abs. 1) in unmittelbarem<br />
wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Dem gegenüber sieht der mit "Nicht abzugsfähige Aufwendungen und<br />
Ausgaben" überschriebene § 12 leg. cit. vor, dass bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden dürfen<br />
die Aufwendungen <strong>für</strong> die Erfüllung von Zwecken des Steuerpflichtigen, die durch Stiftung, Satzung oder<br />
sonstige Verfassung vorgeschrieben sind (Z. 1).<br />
Eine Fremdmittelaufnahme ist dann i.S.d. § 4 Abs. 1 und 4 EStG 1988 betrieblich veranlasst - und führt<br />
damit zu abzugsfähigen Fremdmittelkosten - wenn die aufgenommenen Mittel <strong>für</strong> betriebliche Zwecke<br />
Verwendung finden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. September 1999, 99/15/0106, 0107, und vom<br />
23. April 2001, 2001/14/0044). Fremdmittel, die der Finanzierung einkommensteuerlicher Entnahmen i.S.d. § 4<br />
Abs. 1 EStG 1988 dienen, sind nicht betrieblich veranlasst. Eine Fremdmittelschuld gehört dann zum<br />
Betriebsvermögen, wenn Fremdmittel betrieblichen Einsatz gefunden haben.<br />
Dem Beschwerdefall liegt die im Jahr 2000 getätigte Ausschüttung des Bilanzgewinnes 1998 einer GmbH<br />
zu Grunde. Diese Gewinnausschüttung ist mit einem Darlehen in Höhe von S 14 Mio. finanziert worden. Strittig<br />
ist, ob (bzw. in welchem Ausmaß) die Darlehenszinsen zu Betriebsausgaben führen.<br />
Nach § 82 Abs. 1 GmbHG können die Gesellschafter ihre Stammeinlagen nicht zurückfordern; sie haben,<br />
solange die Gesellschaft besteht, nur Anspruch auf den nach dem Jahresabschluss als Überschuss der Aktiven<br />
über die Passiven sich ergebenden Bilanzgewinn, soweit dieser nicht aus dem Gesellschaftsvertrag oder durch<br />
einen Beschluss der Gesellschafter von der Verteilung ausgeschlossen ist.<br />
Jeder Gesellschafter hat sohin grundsätzlich das Recht auf Ausschüttung des Gewinnes<br />
(vgl. Kastner/Doralt/Nowotny, Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechts5, 433).<br />
Gewinnausschüttungen von Körperschaften beeinflussen gemäß § 8 Abs. 2 KStG 1988 das Einkommen der<br />
Körperschaft nicht. Dies ergibt sich schon aus dem System der Einkommensbesteuerung von Körperschaften,<br />
würde doch im Falle eines Abzuges des Gewinnes grundsätzlich keine Besteuerungsgrundlage verbleiben. Für<br />
offene Ausschüttungen folgt aus § 82 Abs. 1 GmbHG der Anspruch der Gesellschafter auf den Bilanzgewinn.<br />
Die Gewinnausschüttung stellt zwar eine gesellschaftsrechtliche Maßnahme dar; ihr kommt allerdings eine<br />
Sonderstellung zu: ohne den Anspruch auf Gewinnausschüttung würde auch die Kapitalzufuhr <strong>für</strong> den<br />
betrieblichen Bereich der Körperschaft unterbleiben. Sie steht damit in Zusammenhang mit der<br />
Kapitalüberlassung durch die von der den Betrieb führenden Körperschaft zu unterscheidenden Gesellschafter.<br />
Die Gewinnausschüttung steht im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb, gilt sie doch die durch<br />
die Gesellschafter erbrachte Kapitalüberlassung ab. Zwar bedingt es das System einer Körperschaftsbesteuerung,<br />
die Ausschüttung des Gewinnes an sich von jeder Auswirkung auf das Einkommen der Körperschaft<br />
auszuschließen, solches gilt aber nur <strong>für</strong> den Gewinn bzw. die Gewinnausschüttung an sich, nicht aber <strong>für</strong> die<br />
Aufwendungen der Fremdfinanzierung der Gewinnausschüttung. Die Fremdfinanzierung steht in<br />
Zusammenhang mit dem Anspruch der das Kapital überlassenden Gesellschafter auf Auszahlung des Gewinnes.<br />
Es spricht daher nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nichts dagegen, die Finanzierungsentscheidung zur<br />
Befriedigung des Anspruches auf Gewinnausschüttung (Finanzierung der Zahlung durch Eigen- oder<br />
Fremdmittel) im betrieblichen Bereich zu belassen. Im Falle einer Fremdfinanzierung stellen die Zinsen<br />
Betriebsausgaben dar.<br />
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Verwaltungsgerichtshof 19.12.2006<br />
Zu einem anderen Ergebnis führt die Fremdfinanzierung der Zurücknahme der überlassenen Mittel, nämlich<br />
die fremdfinanzierte Einlagenrückzahlung i.S.d. § 4 Abs. 12 EStG 1988 an den Gesellschafter als contrarius<br />
actus zur Einlagengewährung:<br />
Wird Stammkapital einer Kapitalgesellschaft herabgesetzt und zurückgewährt, liegt der Fall einer<br />
Einlagenrückzahlung vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1984, 83/14/0130). Im Erkenntnis vom<br />
19. Februar 1991, 87/14/0136, hat der Verwaltungsgerichtshof trotz des Fehlens eines<br />
Kapitalherabsetzungsbeschlusses eine handelsrechtliche Gewinnausschüttung als Einlagenrückzahlung gewertet,<br />
weil die Gesellschaft Gewinne noch niemals erwirtschaftet hatte. Im Erkenntnis vom 11. August 1993,<br />
91/13/0005, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, einer Kapitalherabsetzung komme nur im Rahmen der<br />
Beweiswürdigung Bedeutung zu, weil sie in qualifizierte Weise die Vermutung rechtfertige, dass im Einzelfall<br />
tatsächlich Einlagen und nicht erwirtschaftete Gewinne ausgeschüttet werden (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom<br />
22. Dezember 1993, 91/13/0011).<br />
Den eben zitierten Erkenntnissen liegt die Auffassung zu Grunde, dass auch unabhängig von einer<br />
gesellschaftsrechtlichen Kapitalherabsetzung eine Rückzahlung von eingelegtem Kapital erfolgen könne, dass<br />
aber im Einzelfall entsprechende Sachverhaltsfeststellungen zu treffen seien. Die <strong>für</strong> die Sachverhaltsfeststellung<br />
maßgebliche Beweislage hat sich seit dem Inkrafttreten des Rechnungslegungsgesetzes geändert, weil dieses in<br />
der Handelsbilanz den Ausweis der Einlagen als Kapitalrücklagen vorsieht (§ 229 Abs. 2 HGB). Seither kann im<br />
Einzelfall der Nachweis geführt werden, ob erwirtschaftete Gewinne oder eingezahltes Kapital zur Ausschüttung<br />
gelangt (vgl. Hofstätter/Reichel, Tz. 1 zu § 4 Abs. 12 EStG 1988). Mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 hat<br />
der Gesetzgeber in § 4 Abs. 12 EStG 1988 Regelungen über die Einlagenrückzahlung getroffen.<br />
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes führt die Fremdfinanzierung einer Einlagenrückzahlung nicht<br />
zu Betriebsausgaben. Während mit der Ausschüttung des erwirtschafteten Gewinnes die Überlassung von<br />
Kapital durch einen Gesellschafter abgegolten wird und insofern ein betrieblicher Zusammenhang angenommen<br />
werden kann, stellt die Rückgewährung des überlassenen Kapital eine reine gesellschaftsrechtliche Maßnahme<br />
dar, deren Fremdfinanzierung, wie die Fremdfinanzierung einer Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 1 EStG 1988, nicht zu<br />
Betriebsausgaben führt.<br />
Die belangte Behörde hat in Verkennung der Rechtslage den Betriebsausgabenabzug <strong>für</strong> die<br />
Fremdfinanzierung der Ausschüttung von vornherein abgelehnt. Auf der Grundlage ihrer unrichtigen<br />
Rechtsauffassung hat sie nicht geprüft, ob allenfalls ein <strong>Teil</strong> der Gewinnausschüttung auf<br />
Einlagenrückzahlungen zurückzuführen ist und in welchem Ausmaß Fremdkapitalzinsen eben diesem <strong>Teil</strong><br />
zuzuordnen sind.<br />
Die belangte Behörde hat damit ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet; er war daher<br />
gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.<br />
Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m.<br />
der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.<br />
Wien, am 19. Dezember 2006<br />
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Gericht<br />
Verwaltungsgerichtshof<br />
Entscheidungsdatum<br />
17.10.2007<br />
Geschäftszahl<br />
2006/13/0069<br />
Betreff<br />
17.10.2007<br />
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Fuchs,<br />
Dr. Pelant, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die<br />
Beschwerde der B Wirtschaftstreuhand GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Johannes Patzak und<br />
Dr. Johannes Krauss, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Johannesgasse 16, gegen den Bescheid des unabhängigen<br />
Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 16. Februar 2006, Zlen. RV/1658-W/02 und RV/1657-W/02, betreffend<br />
Körperschaftsteuer <strong>für</strong> die Jahre 1991 bis 1995, Gewerbesteuer <strong>für</strong> die Jahre 1991 bis 1993 und Haftung <strong>für</strong><br />
Kapitalertragsteuer <strong>für</strong> die Jahre 1991 bis 1996, zu Recht erkannt:<br />
Spruch<br />
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als er über Körperschaftsteuer 1995 sowie Haftung <strong>für</strong><br />
Kapitalertragsteuer abspricht, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften<br />
aufgehoben. Im Übrigen (Körperschaftsteuer 1991 bis 1994 und Gewerbesteuer 1991 bis 1993) wird die<br />
Beschwerde als unbegründet abgewiesen.<br />
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen<br />
bei sonstiger Exekution zu ersetzen.<br />
Begründung<br />
Die beschwerdeführende Wirtschaftstreuhandgesellschaft mbH führte jedenfalls seit 1991 <strong>für</strong> ihren alleinigen<br />
Geschäftsführer und zugleich 100 %igen Gesellschafter Mag. B. ein Verrechnungskonto. In einem Bericht<br />
gemäß § 150 BAO vom 10. Februar 1998 wurde die Entwicklung dieses Kontos im Zeitraum 1991 bis 1996 (<strong>für</strong><br />
1996 zum Stichtag 11. Oktober 1996) wie folgt dargestellt:<br />
Verrechnungskonto Mag. B. (gerundet)<br />
1991 1992 1993 1994 1995 1996<br />
EB 1.1. 271.000,00 1,475.000,00 2,465.000,00 5,757.000,00 7,065.000,00 8,299.000,00<br />
+KA/BA 2,183.000,00 1,778.000,00 3,667.000,00 2,177.000,00 1,622.000,00 1,645.000,00<br />
+Verzins. 79.000,00 117.000,00 0,00 0,00 0,00 0,00<br />
- verr.Aufw -250.000,00 -290.000,00 -335.000,00 -305.000,00 -291.000,00 -218.000,00<br />
GF-Bezug -120.000,00 -600.000,00 -100.000,00 0,00 0,00 0,00<br />
- RZ -600.000,00 0,00 0,00 -500.000,00 -122.000,00 0,00<br />
s.Ggverr. -88.000,00 -15.000,00 -60.000,00 -64.000,00 -25.000,00 -99.000,00<br />
Saldo 1,475.000,00 2,465.000,00 5,757.000,00 7,065.000,00 8,299.000,00 9,627.000,00<br />
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Verwaltungsgerichtshof 17.10.2007<br />
Erläuternd führte der Prüfer unter Tz 20 seines Berichts aus, dass die "KA/BA-Entnahmen" durch Mag. B. im<br />
Wesentlichen auf Barabhebungen und Bankkartenabrechnungen <strong>für</strong> private Ausgaben beruhten. Diesbezüglich<br />
sei das Bestehen einer Kreditvereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und Mag. B. behauptet worden.<br />
Die besagte Kreditvereinbarung - über Vorhalt des Finanzamtes noch vor Beginn der Betriebsprüfung im<br />
Juli 1995 vorgelegt - ist undatiert und von Mag. B. im eigenen Namen sowie namens der Beschwerdeführerin<br />
unterfertigt. Sie hat folgenden Wortlaut:<br />
"RAHMENKREDITVEREINBARUNG<br />
abgeschlossen zwischen<br />
1. (Beschwerdeführerin) mit Sitz in ..., vertreten durch den Geschäftsführer, Herrn Stb. Mag. B., und<br />
2. Herrn Stb. Mag. B., Gesellschafter, wohnhaft in ... .<br />
Die Vertragsparteien kommen am heutigen Tag dahingehend überein, dass zwischen der<br />
(Beschwerdeführerin) und Herrn Stb. Mag. B., ein Rahmenkreditvertrag abgeschlossen wird.<br />
Gegenstand dieser Vereinbarung ist, dass die (Beschwerdeführerin) Herrn Stb. Mag. B. einen Rahmenkredit<br />
bis zu einer Höhe von öS 4,000.000,-- (in Worten: vier Millionen) bis auf weiteres einräumt.<br />
Diese Einräumung gilt aber, sofern sie nicht vorher gekündigt wird, solange Herr Stb. Mag. B.<br />
Mehrheitsgesellschafter der (Beschwerdeführerin) ist.<br />
Verringert sich sein Gesellschaftsanteil auf unter 50 % (in Worten: fünfzig Prozent), so hat Herr Stb. Mag. B.<br />
den zu diesem Zeitpunkt aushaftenden Rahmen innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten in dem selben<br />
prozentuellen Ausmaß zu reduzieren, als sich sein Anteil an der (Beschwerdeführerin) gesamtprozentuell<br />
reduziert hat.<br />
In diesen 18 Monaten, in denen Herr Stb. Mag. B. seine allfälligen Verbindlichkeiten gegenüber der GmbH<br />
zu reduzieren hat, wobei es ihm freisteht, diesen Betrag in Einem oder in <strong>Teil</strong>beträgen zu entrichten, wird eine<br />
kontokorrentmäßige Verzinsung des zu reduzierenden Betrages in der Gestalt vorgenommen, dass ein Zinssatz<br />
zur Anwendung kommt, der der Verzinsung von Bundesanleihen in dem Jahr, in dem die Anteile von Herrn Stb.<br />
Mag. B. unter 50 % fallen, entspricht. Zu diesem Zinssatz wird ein weiteres Prozent an Zinsen hinzugerechnet,<br />
sodass sich der Gesamtprozentsatz <strong>für</strong> die kontokorrentmäßige Verzinsung des genannten Betrages ergibt.<br />
Gleichzeitig verpflichtet sich Herr Stb. Mag. B. zur Besicherung dieses Rahmens, den ihm die<br />
(Beschwerdeführerin) einräumt, ein Blankoakzept zu unterfertigen.<br />
Neben diesem, zur Besicherung des Rahmens ausgestellten und von Herrn Stb. Mag. B. akzeptierten<br />
Blankoakzeptes, verpflichtet sich Herr Stb. Mag. B. <strong>für</strong> die (Beschwerdeführerin) all jene Leistungen in<br />
uneingeschränktem Umfang zu erbringen, die zu einer ordnungsgemäßen steuerlichen Vertretung einer<br />
Kapitalgesellschaft vor den Abgabenbehörden der Republik Österreich gehören.<br />
Unter uneingeschränkter Tätigkeit verstehen die Vertragsparteien, dass sowohl die Erstellung des<br />
Rechnungswesens, die allfällige Erstellung einer Lohnverrechnung, die Erstellung des Jahresabschlusses, sowie<br />
der Steuererklärungen, sowie die Vertretung vor Abgabenbehörden jeder Art zu erfolgen habe.<br />
Für diese Tätigkeit hat Herr Stb. Mag. B. solange keinen Anspruch auf Vergütung, als eine offene<br />
Verbindlichkeit gegenüber der (Beschwerdeführerin) besteht.<br />
Bei Wegfallen dieser offenen Verbindlichkeit richtet sich die Vergütung von Herrn Stb. Mag. B. hinsichtlich<br />
der steuerlichen Vertretung der (Beschwerdeführerin) nach den jeweils gültigen Autonomen Honorarrichtlinien<br />
sowie Allgemeinen Auftragsbedingungen der Kammer <strong>für</strong> Wirtschaftstreuhänder in der jeweils gültigen<br />
Fassung.<br />
Sollte Herr Stb. Mag. B., aus welchen Gründen auch immer, seien sie berufsbedingt, oder krankheitsbedingt,<br />
nicht in der Lage sein, dieser Verpflichtung nachzukommen, so steht es ihm frei, entweder auf eigene Kosten<br />
eine Steuerberatungskanzlei mit der steuerlichen Vertretung der (Beschwerdeführerin) zu beauftragen, oder<br />
rückwirkend, ab dem 1. Jänner jenes Jahres, in dem Herr Stb. Mag. B. verhindert ist, <strong>für</strong> die<br />
(Beschwerdeführerin) die steuerliche Vertretung zu erbringen, einen Zinsendienst <strong>für</strong> die aushaftende<br />
Verbindlichkeit gegenüber der (Beschwerdeführerin) zu leisten.<br />
Dieser Zinsendienst hat kontokorrentmäßig, gemäß der jeweiligen Ausnützung des Rahmens zu erfolgen und<br />
werden die Zinsen in jener Höhe zuzüglich einem weiteren Prozent verrechnet, die einer Höhe der zuletzt<br />
begebenen Bundesanleihe in diesem Jahr, respektive der zuletzt begebenen Bundesanleihe des vorangegangenen<br />
Jahres, oder wenn in diesem vorangegangenen Jahr ebenfalls keine Bundesanleihe emittiert wurde, dem Zinssatz<br />
der zuletzt emittierten Bundesanleihe zu entsprechen hat.<br />
Herr Stb. Mag. B. nimmt als Gesellschafter der (Beschwerdeführerin) zur Kenntnis, dass allfällige<br />
Gewinnansprüche aus seiner Stellung als Gesellschafter vorrangig zur Abdeckung des aushaftenden Rahmens<br />
den ihm die Gesellschaft eingeräumt hat, verwendet werden.<br />
Unter vorrangig verstehen die Vertragsparteien, dass allfällige zur Ausschüttung gelangende Gewinne um<br />
einen Betrag von 50 % (in Worten: fünfzig Prozent) zu kürzen sind und dieser Kürzungsbetrag auf die allenfalls<br />
offenen Verbindlichkeiten angerechnet wird.<br />
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Verwaltungsgerichtshof 17.10.2007<br />
Dieser Kürzungsbetrag von 50 % verringert sich jedoch in jenem Ausmaß, als sie die offenen<br />
Verbindlichkeiten von Herrn Stb. Mag. B. gegenüber der Gesellschaft übersteigen.<br />
Die genannten Vertragsparteien kommen dahingehend überein, dass Leistung und Gegenleistung der jeweils<br />
anderen Partei als angemessen betrachtet werden. Bei allfälligen Streitigkeiten aus dieser Vertragsvereinbarung<br />
ist als Gerichtsstand Wien vereinbart."<br />
Der Prüfer merkte zu dieser Vereinbarung an, dass ungeachtet des mit 4 Mio. S festgelegten Kreditrahmens<br />
der Saldo des Verrechnungskontos auf ca. 9,6 Mio. S angewachsen sei; die Besicherung beruhe auf einem bisher<br />
nicht vorgelegten Blankoakzept und der unentgeltlichen steuerrechtlichen Vertretungsleistung; eine schriftliche<br />
Vereinbarung, die die Geschäftsführertätigkeit des Mag. B. in Bezug auf Leistungsumfang und diesbezügliches<br />
Entgelt darlege, habe nicht vorgelegt werden können; die Einräumungsdauer, Verzinsung sowie die<br />
Rückzahlungsraten, wie sie in der vorgelegten Vereinbarung geregelt seien, seien vom Willen des mit sich selbst<br />
kontrahierenden Alleingesellschafters/Geschäftsführers abhängig; ein lebenslanger Zins- und<br />
Rückzahlungsverzicht liege im Bereich des Möglichen. Die - so der Prüfer weiter - in der behaupteten Form<br />
zwischen Fremden nicht abgeschlossene Vereinbarung lasse keinen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel<br />
ausschließenden Inhalt erkennen; (schon) der Zeitpunkt der Kreditgewährung sei nicht ersichtlich. Es<br />
widerspreche einem Kreditgeschäft zwischen Fremden, eine nicht begründete Rahmenüberziehung zuzulassen.<br />
Ein von der Willensentscheidung des Kreditnehmers abhängiger Verzinsungs- und Rückzahlungszeitpunkt sowie<br />
die nicht bestimmbare Rückzahlungsrate seien bei einem Kreditgeschäft unter Fremden unüblich, sodass in<br />
wirtschaftlicher Betrachtungsweise die ernstliche Rückzahlungsabsicht nicht angenommen werden könne, zumal<br />
es überdies ungewöhnlich sei, dass eine Gesellschaft, die selbst Kredite aufnehmen müsse, Kredite gewähre.<br />
Dazu verwies der Prüfer auf die Bankverbindlichkeiten der Beschwerdeführerin, die sich sukzessive von<br />
2,845.250,83 S im Jahr 1991 auf 8,343.663,50 S im Jahr 1996 erhöht hätten und die somit überwiegend zur<br />
Bedeckung des Verrechnungskontos benötigt worden seien. Im Ergebnis sei davon auszugehen, dass ein<br />
Kreditgeschäft nicht vorliege, weshalb die Zuwächse am Verrechnungskonto Entnahmen darstellten, die - unter<br />
Auflösung des Verrechnungskontos - als verdeckte Ausschüttung zu behandeln seien. Insoweit die als<br />
gewinnmindernd geltend gemachten Bankspesen (insbesondere Zinsen) dem Verrechnungskonto zuzuordnen<br />
seien, stellten sie ebenfalls eine verdeckte Ausschüttung dar.<br />
Mit Bescheiden vom 27. Februar 1998 setzte das Finanzamt die Körperschaftsteuer <strong>für</strong> die Jahre 1991<br />
bis 1994 sowie die Gewerbesteuer <strong>für</strong> die Jahre 1991 bis 1993 - <strong>für</strong> 1991 und 1992 jeweils nach<br />
Wiederaufnahme der Verfahren - auf Basis der Feststellungen im erwähnten Prüfungsbericht fest; außerdem<br />
erließ es, ebenfalls dem Prüfbericht folgend, einen einheitlichen - nicht jahresmäßig untergliederten - Haftungs-<br />
und Abgabenbescheid <strong>für</strong> Kapitalertragsteuer <strong>für</strong> den Zeitraum 1991 bis 1996. Auch die<br />
Körperschaftsteuer 1995 wurde - mit Bescheid vom 13. Mai 1998 und abweichend von der am 17. April 1998<br />
eingelangten Erklärung der Beschwerdeführerin, die u.a. darauf beruhte, dass das Verrechnungskonto des<br />
Mag. B. zum 31.12.1995 einen Stand von 5,696.974,91 S (gegenüber 8,299.000 S lt. Betriebsprüfungsbericht)<br />
aufweise - gemäß den Prüfungsfeststellungen festgesetzt.<br />
Die Beschwerdeführerin erhob gegen die Bescheide vom 27. Februar 1998 und gegen den Bescheid vom<br />
13. Mai 1998 Berufung. Darin brachte sie u.a. vor, dass seitens der Betriebsprüfung <strong>für</strong> 1995 und 1996<br />
vorläufige Salden des Verrechnungskontos <strong>für</strong> Mag. B. zur Ermittlung der verdeckten Ausschüttung<br />
herangezogen worden seien. Wie aus den zwischenzeitlich eingereichten Abgabenerklärungen und<br />
Jahresabschlüssen 1995 und 1996 ersichtlich sei, betrage der Saldo des Verrechnungskontos <strong>für</strong> Mag. B. per<br />
Stichtag 31. Dezember 1995 5,697.000 S und zum Stichtag 31. Dezember 1996 5,853.000 S.<br />
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. Sie hielt<br />
fest, dass der Rahmenkreditvertrag (zwischen der Beschwerdeführerin und Mag. B.) nicht von vornherein nach<br />
außen erkennbar abgeschlossen worden sei. Zwar treffe es zu, dass die Beschwerdeführerin regelmäßig die<br />
gegenüber ihrem Alleingesellschafter/Geschäftsführer Mag. B. aushaftenden Forderungen, in Form eines<br />
Verrechnungskontostandes zum jeweiligen 31.12. eines Jahres, in ihren Bilanzen ausgewiesen habe. Sie habe<br />
aber erst im Juli 1995 durch Vorlage des Rahmenkreditvertrages diesen und die darin angeblich getroffenen<br />
Vereinbarungen erstmals <strong>für</strong> Außenstehende erkennbar gemacht; der Vertrag sei undatiert und beim Finanzamt<br />
<strong>für</strong> Gebühren nicht angezeigt worden. Es bleibe damit völlig unklar, ob er bereits bei Inanspruchnahme der<br />
ersten Kreditbeträge errichtet worden sei. In der Schlussbesprechung aus Anlass der Betriebsprüfung sei seitens<br />
der Beschwerdeführerin ausgeführt worden, dass durch die Verbuchung auf dem Verrechnungskonto<br />
"sozialversicherungsrechtliche Leistungen vermieden bzw. reduziert worden seien", was nur dergestalt<br />
interpretiert werden könne, dass eine Kreditvereinbarung nicht ernsthaft beabsichtigt gewesen und nur<br />
vorgeschoben worden sei. Überdies entspreche der "Vertrag" in allen <strong>für</strong> eine Kreditvereinbarung wesentlichen<br />
Punkten - Sicherheiten, Verzinsung, Rückzahlung, Vertragsdauer, Kündigung und Rahmenüberschreitung - nicht<br />
den im Wirtschaftsleben üblichen Konditionen. Der Rahmenkreditvereinbarung sei somit zusammenfassend die<br />
steuerliche Anerkennung zu versagen und es seien die Buchungen auf dem Verrechnungskonto als Entnahmen<br />
bzw. verdeckte Ausschüttungen zu qualifizieren. Diese Entnahmen hätten nur über ständig steigende Kredite<br />
finanziert werden können, sodass die Zinsenbelastung stark angewachsen sei. Diese Zinsenbelastung sei nicht<br />
betrieblich veranlasst, woran auch die Ausführungen der Beschwerdeführerin über getätigte Investitionen und<br />
Forderungsausfälle nichts änderten; aus den vorgelegten Jahresabschlüssen sei klar abzuleiten, dass die von der<br />
Beschwerdeführerin erzielten Einnahmen hingereicht hätten, die laufenden Aufwendungen und<br />
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Verwaltungsgerichtshof 17.10.2007<br />
Forderungsausfälle zu bedecken. Zwar könne der Anteil des Zinsen- und Bankspesenaufwandes, der nicht<br />
betrieblich veranlasst sei, nur schätzungsweise ermittelt werden, die vorgenommene Schätzung auf Basis der von<br />
der Beschwerdeführerin erklärten Daten durch Gegenüberstellung der Jahresendstände des Verrechnungskontos<br />
einerseits und der Gesamtjahreszinsenbelastung andererseits (und entsprechender Aliquotierung der Zinsen bzw.<br />
Spesen) erscheine jedoch den tatsächlichen Verhältnissen am Nächsten zu kommen. Der betrieblich veranlasste<br />
Zinsaufwand sei - so die belangte Behörde resümierend -<br />
daher zu Recht um jene im Schätzungsweg ermittelten Beträge gekürzt worden, die <strong>für</strong> die Finanzierung der<br />
nicht betrieblich veranlassten Entnahmen des Mag. B. notwendig gewesen seien.<br />
Im Zusammenhang mit der Darstellung ihrer Berechnung des nicht betrieblich veranlassten Zinsaufwandes<br />
führte die belangte Behörde ergänzend aus, es sei im Sinn des Berufungsvorbringens der Beschwerdeführerin<br />
zutreffend, dass die Saldostände des Verrechnungskontos <strong>für</strong> Mag. B. <strong>für</strong> 1995 und 1996 lt. nachträglich<br />
vorgelegtem berichtigten Verrechnungskonto deutlich geringer seien als jene Werte, die von der Betriebsprüfung<br />
den ursprünglich vorgelegten Kontoblättern entnommen worden seien. Allerdings sei auch der tatsächliche<br />
Zinsaufwand lt. Bilanzen der Beschwerdeführerin <strong>für</strong> 1995 und 1996 beträchtlich höher als jener, von dem die<br />
Betriebsprüfung ausgegangen sei. Die vom Finanzamt vorgenommene "Auflösung" des Verrechnungskontos <strong>für</strong><br />
Mag. B. 1995 sei (aber) ohnedies auf Basis der berichtigten Beträge erfolgt. Insoweit könne die<br />
Beschwerdeführerin "durch vordem unrichtige Kontostände" nicht beschwert sein. 1996 sei bezüglich<br />
Körperschaftsteuer nicht streitanhängig, eine "Auflösung" des Verrechnungskontos sei bis dato nicht<br />
vorgenommen worden. Auch insoweit könne die Beschwerdeführerin durch unrichtige Kontostände des<br />
Verrechnungskontos nicht beschwert sein.<br />
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage<br />
und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:<br />
Im vorliegenden Beschwerdefall geht es zunächst darum, ob die auf dem von der Beschwerdeführerin <strong>für</strong><br />
Mag. B. geführten Verrechnungskonto verbuchten Entnahmen (bzw. die sich zu Gunsten der<br />
Beschwerdeführerin jährlich ergebenden Salden) verdeckte Ausschüttungen sind. Des Weiteren ist strittig, ob<br />
Aufwendungen der Beschwerdeführerin <strong>für</strong> Zinsen und sonstige Bankspesen gewinnmindernd als<br />
Betriebsausgaben geltend gemacht oder ob sie als den Entnahmen des Mag. B. zuordenbar in diesem Umfang<br />
nicht abgezogen werden können.<br />
Verdeckte (Gewinn)Ausschüttungen sind Vorteile, die eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern aus ihrem<br />
Vermögen in einer nicht als Gewinnausschüttung erkennbaren Form außer der Dividende oder sonstigen offenen<br />
Gewinnverteilung, gleichviel unter welcher Bezeichnung gewährt, die sie anderen Personen, die nicht ihre<br />
Gesellschafter sind, nicht oder nicht unter den gleichen günstigen Bedingungen zugestehen würde (vgl. <strong>für</strong> viele<br />
etwa das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1991, 90/14/0221, Slg. Nr. 6617/F).<br />
Dass Gesellschafter einer Gesellschaft mbH aus dem Gesellschaftsvermögen "Entnahmen" tätigen, die auf<br />
einen einwandfrei nachgewiesenen zivilrechtlich tragenden Rechtsgrund nicht zurückgeführt werden können, ist<br />
eine Fallkonstellation, mit welcher sich der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt zu befassen hatte. Er hat in<br />
seiner Judikatur hiezu mehrfach klargestellt, dass an die Anerkennung von Vereinbarungen zwischen der<br />
Gesellschaft und ihren Gesellschaftern zumal im Falle eines die Gesellschaft beherrschenden Gesellschafter-<br />
Geschäftsführers ebenso strenge Maßstäbe wie an die Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen<br />
Angehörigen anzulegen sind. Solche Abmachungen müssen von vornherein ausreichend klar sein und einem<br />
Fremdvergleich standhalten, widrigenfalls die Rückzahlbarkeit der von den Gesellschaftern von der Gesellschaft<br />
empfangenen Geldbeträge oder Sachwerte nicht als erwiesen angenommen werden kann, sodass von einer<br />
verdeckten Ausschüttung ausgegangen werden muss. Der Gerichtshof hat im gegebenen Zusammenhang auch<br />
schon ausgesprochen, dass die bloße Verbuchung von Zuwendungen an den Gesellschafter eine Urkunde über<br />
den Rechtsgrund der Zuwendung nicht ersetzen kann, weil ein solcher Buchungsvorgang weder nach außen zum<br />
Ausdruck kommt, noch daraus der Rechtsgrund <strong>für</strong> die tatsächliche Zahlung hervorgeht. Schließlich hat der<br />
Gerichtshof ebenso auch schon klargestellt, dass sich die aus der Fremdunüblichkeit einer den Gesellschaftern<br />
von der Gesellschaft gewährten Zuwendung ergebenden Bedenken gegen die Ernstlichkeit einer<br />
Rückzahlungsabsicht durch die Tatsache einiger Zahlungen des Gesellschafters an die Gesellschaft noch nicht<br />
entkräften lassen (vgl. <strong>für</strong> viele etwa das hg. Erkenntnis vom 31. März 1998, 96/13/0121, 0122, mit den dort<br />
angeführten weiteren Nachweisen).<br />
Die Frage, ob eine Rechtsbeziehung auch unter Fremden in gleicher Weise zustande gekommen und<br />
abgewickelt worden wäre, ist eine Tatfrage und daher auf Grund entsprechender Erhebungen in freier<br />
Beweiswürdigung zu beantworten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die<br />
Beweiswürdigung der belangten Behörde, die gemäß § 167 Abs. 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der<br />
Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, welche Tatsachen als erwiesen<br />
anzunehmen sind, vom Verwaltungsgerichtshof insoweit zu überprüfen, als es sich um die Feststellung handelt,<br />
ob der Denkvorgang bei der belangten Behörde zu einem den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung<br />
entsprechenden Ergebnis geführt hat und ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt worden ist, in<br />
einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 8. Februar 2007,<br />
2004/15/0149).<br />
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Verwaltungsgerichtshof 17.10.2007<br />
Gegenständlich hat die belangte Behörde im Rahmen ihrer Beurteilung, die von der Beschwerdeführerin 1995<br />
vorgelegte Rahmenkreditvereinbarung halte einem Fremdvergleich nicht stand, auf das Fehlen einer zeitlichen<br />
Befristung, das Fehlen von Kündigungsbestimmungen und das Fehlen einer allgemeinen Zinsvereinbarung<br />
hingewiesen. Richtig hat sie zum letztgenannten Gesichtspunkt dargelegt, dass eine "echte" Verzinsung zunächst<br />
nur vorgesehen sei, wenn sich der Geschäftsanteil des Mag. B. - was allein in seiner Disposition liege - auf unter<br />
50 % reduziere, und dass die weiter als "Gegenleistung" <strong>für</strong> die Kreditgewährung bedungene unentgeltliche<br />
Erbringung von Steuerberatungstätigkeiten schon mangels jeglicher Relation zwischen aushaftendem Saldo<br />
einerseits und Umfang der zu erbringenden Steuerberatungsleistungen andererseits als ungewöhnlich beurteilt<br />
werden müsse. Die belangte Behörde hat weiter ins Treffen geführt, dass der vereinbarte Kreditrahmen - ohne<br />
dass dies Konsequenzen nach sich gezogen hätte - ab 1994 massiv überschritten worden sei, dass die Abdeckung<br />
des aushaftenden Rahmens allein aus - bloß spekulativen - Gewinnansprüchen erfolgen solle und dass man als<br />
Besicherung nur die Begebung eines Blankoakzepts, das freilich trotz wiederholter Aufforderung nicht vorgelegt<br />
worden sei, vereinbart habe.<br />
Wenn die belangte Behörde aus all diesen Gesichtspunkten in Verbindung mit dem Umstand, dass die in<br />
Rede stehende, in Form eines Insichgeschäftes abgeschlossene Rahmenkreditvereinbarung mangels einer<br />
Datierung keinen Rückschluss auf den Zeitpunkt ihres Zustandekommens zulässt, zu dem Ergebnis gelangte,<br />
dem Vertrag sei mangels Fremdüblichkeit die steuerliche Anerkennung zu versagen, so kann ihr - ohne dass auf<br />
die zivilrechtliche Gültigkeit des Vorgangs eingegangen werden müsste - nicht widersprochen werden. Als<br />
verfehlt erweist sich nach dem Vorgesagten jedenfalls das Beschwerdevorbringen, es sei - was ein Indiz <strong>für</strong> das<br />
Vorliegen eines Darlehens darstelle - ohnehin eine Verzinsung vorgesehen und lediglich irrtümlich in einigen<br />
Jahren des Prüfungszeitraumes in der Buchhaltung nicht erfasst worden; das Gegenteil ist der Fall, ist doch auf<br />
Basis der vorgelegten Rahmenkreditvereinbarung (und angesichts der behaupteten Erbringung der<br />
Steuerberatungsleistungen durch Mag. B.) nicht zu sehen, was Grundlage <strong>für</strong> die 1991 und 1992 vorgenommene<br />
Verzinsung sein könnte. Auch dem Standpunkt, das fragliche Darlehen sei "unzweifelhaft in die Bücher der<br />
Gesellschaft aufgenommen (worden) und aus der Bilanz - auch <strong>für</strong> die Abgabenbehörde - erkennbar" gewesen,<br />
kann nicht beigepflichtet werden. Die Beschwerdeführerin verwechselt in diesem Zusammenhang offenkundig<br />
das behauptete "Darlehen" mit dem <strong>für</strong> Mag. B. geführten Verrechnungskonto; letzteres war in der Tat<br />
ausreichend publik, die Rechtsgrundlage der dort verbuchten Entnahmen des Mag. B. hingegen keineswegs.<br />
Begegnet es keinen Bedenken, der behaupteten Darlehens- bzw. Kreditvereinbarung die Anerkennung zu<br />
versagen, so fehlt es an einem ersichtlichen Rechtsgrund <strong>für</strong> die Entnahmen des Mag. B., sodass deren<br />
Bewertung als verdeckte Ausschüttung an ihn nicht zu beanstanden ist. Dass die jährlichen Salden bei der<br />
Beschwerdeführerin als Forderung verbucht wurden und eine Abschreibung der Forderung(en) als<br />
uneinbringlich nicht erfolgte, ist ohne Belang (vgl. abermals das schon zitierte hg. Erkenntnis vom<br />
31. März 1998; vgl. im Ergebnis auch das gleichfalls schon erwähnte hg. Erkenntnis vom 8. Februar 2007 und<br />
das hg. Erkenntnis vom 31. Juli 2002, 98/13/0011, 0040). Auch die behauptete "sukzessive Rückführung" des<br />
ausstehenden Betrages "in den letzten Jahren des von den Bescheiden betroffenen Zeitraums" steht der<br />
Beurteilung, es liege eine verdeckte Ausschüttung vor, nicht entgegen (vgl. erneut die Erkenntnisse vom<br />
31. März 1998 und vom 8. Februar 2007), zumal diese Rückführung erst nach Vorlage des Prüfungsberichts im<br />
Rechenwerk der Beschwerdeführerin ausgewiesen wurde.<br />
Richtig ist, dass ein steuerlich anzuerkennender Vorteilsausgleich die Annahme einer verdeckten<br />
Ausschüttung ausschließt. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf die Steuerberatungs- und<br />
Geschäftsführerleistungen des Mag. B. hinweist, ist ihr aber zu entgegnen, dass daraus allenfalls resultierende<br />
Ansprüche des Mag. B. (im Hinblick auf seine Qualifikation und den Unternehmensgegenstand der<br />
Beschwerdeführerin gehen Steuerberatungsleistungen offenkundig in der Geschäftsführertätigkeit auf) ohnehin<br />
auf dem Verrechnungskonto Berücksichtigung gefunden haben (<strong>für</strong> 1992 etwa mit 600.000 S). Wenn dies nicht<br />
<strong>für</strong> alle Jahre des Streitzeitraumes zutrifft, so kann das in Anbetracht der Umstände, etwa in Anbetracht der<br />
"Schwankungsbreite" der ausgewiesenen Bezüge, nicht als Indiz da<strong>für</strong> gewertet werden, Mag. B. seien offene -<br />
nicht verbuchte - Forderungen zugestanden, die einem Vorteilsausgleich zugänglich sein könnten.<br />
Ist nach dem Gesagten mit der belangten Behörde vom Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung auszugehen,<br />
so ist damit auch die Beantwortung der zweiten im vorliegenden Fall strittigen Frage (Behandlung der<br />
Aufwendungen <strong>für</strong> Fremdkapital) vorgezeichnet. In dem Ausmaß, in dem diese Aufwendungen den<br />
Ausschüttungen an Mag. B. zuzuordnen sind, sind sie nämlich auch unter Zugrundelegung des hg. Erkenntnisses<br />
vom 19. Dezember 2006, 2004/15/0122, nicht als betrieblich veranlasst anzusehen. Die Beschwerdeführerin hält<br />
dem - abgesehen von der wie gezeigt verfehlten Ansicht, es liege gar keine verdeckte Ausschüttung vor -<br />
nur entgegen, zwischen ihrer Fremdkapitalentwicklung und "den Auslagungen" des Mag. B. bestehe kein<br />
Zusammenhang. Dem ist freilich in Anbetracht des schon im Prüfungsbericht aufgezeigten kontinuierlichen<br />
Ansteigens der Bankverbindlichkeiten einerseits und der Entwicklung des Verrechnungskontos des Mag. B.<br />
andererseits nicht zuzustimmen. Die Beschwerde bestreitet auch nicht konkret die Feststellung des<br />
angefochtenen Bescheides, wonach bei Unterbleiben der "Entnahmen" die erzielten Einnahmen der<br />
Beschwerdeführerin hingereicht hätten, ihre laufenden Aufwendungen und Forderungsausfälle abzudecken. Dass<br />
die belangte Behörde bei der von ihr vorgenommenen schätzungsweisen Ermittlung des der verdeckten<br />
Ausschüttung zuzuordnenden Anteils an Zinsen und sonstigen Bankspesen im Detail falsch vorgegangen sei,<br />
wird in der Beschwerde - mit der im Folgenden dargestellten Ausnahme - gar nicht behauptet.<br />
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Verwaltungsgerichtshof 17.10.2007<br />
Die eben erwähnte Ausnahme ist in dem Vorbringen zu erblicken, der angefochtene Bescheid habe auf<br />
vorläufige Werte zurückgegriffen, obwohl die endgültigen Werte bei der Berufungsentscheidung bereits<br />
vorgelegen wären. Damit wird ausreichend erkennbar auf die Jahre 1995 und 1996 Bezug genommen, bezüglich<br />
derer bei Erstattung des Prüfberichts noch keine Steuererklärungen bzw. Jahresabschlüsse vorlagen. Die belangte<br />
Behörde hat dazu ausgeführt, es sei zutreffend, dass die Saldostände des Verrechnungskontos <strong>für</strong> Mag. B.<br />
<strong>für</strong> 1995 und 1996 lt. nachträglich vorgelegtem berichtigtem Verrechnungskonto deutlich geringer seien als jene<br />
Werte, die von der Betriebsprüfung den ursprünglich vorgelegten Kontoblättern entnommen worden seien. Sie<br />
merkte in diesem Zusammenhang allerdings weiter an (siehe schon eingangs bei Darstellung des bekämpften<br />
Bescheides), die vom Finanzamt vorgenommene "Auflösung" des Verrechnungskontos <strong>für</strong> Mag. B. im Jahr 1995<br />
sei ohnehin auf Basis der berichtigten Beträge erfolgt, sodass die Beschwerdeführerin "durch vordem unrichtige<br />
Kontostände" nicht beschwert sein könne. Dass das Finanzamt bei Erlassung seiner Bescheide <strong>für</strong> 1995 und<br />
1996 von den berichtigten Beträgen ausgegangen sei, trifft freilich nicht zu. Vielmehr hat es seinem, von der<br />
belangten Behörde uneingeschränkt bestätigten Körperschaftsteuerbescheid 1995 abweichend von dem im<br />
April 1998 mit der Steuererklärung eingereichten Jahresabschluss der Beschwerdeführerin <strong>für</strong> 1995 einen Stand<br />
des Verrechnungskontos <strong>für</strong> Mag. B. lt. Betriebsprüfung (knapp 8,3 Mio. S statt knapp 5,7 Mio. S wie<br />
lt. Jahresabschluss) zugrunde gelegt, ebenso wie schon zuvor seinem Haftungs- und Abgabenbescheid <strong>für</strong><br />
Kapitalertragsteuer. Soweit der angefochtene Bescheid das Jahr 1995 betrifft, ist er daher mit Aktenwidrigkeit<br />
belastet. Bezüglich des Jahres 1996 hat die belangte Behörde zwar richtig darauf verwiesen, dass<br />
Körperschaftsteuer nicht streitverfangen sei, sie hat jedoch übersehen, dass das <strong>für</strong> die Kapitalertragsteuer nicht<br />
zutrifft. Die Beschwerdeführerin ist demnach durch die Heranziehung (allenfalls) unrichtiger vorläufiger Stände<br />
des Verrechnungskontos sehr wohl beschwert, weshalb der angefochtene Bescheid im Ergebnis insoweit, als er<br />
über Körperschaftsteuer 1995 sowie über Haftung <strong>für</strong> Kapitalertragsteuer abspricht - wegen Festsetzung eines<br />
einheitlichen Betrages <strong>für</strong> den gesamten Zeitraum 1991 bis 1996 liegt Unteilbarkeit des Spruches vor -, gemäß<br />
§ 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.<br />
Soweit sich die Beschwerde jedoch im Übrigen gegen die Absprüche betreffend die Jahre 1991 bis 1994<br />
wendet, kann ihr nach den obigen Ausführungen kein Erfolg beschieden sein. Daran vermag auch der<br />
abschließend in der Beschwerde erhobene Vorwurf, die belangte Behörde habe trotz Antrags keine mündliche<br />
Verhandlung über die Berufung durchgeführt, nichts zu ändern, weil - wie schon die belangte Behörde<br />
zutreffend aufgezeigt hat - der Antrag nicht bereits in der Berufung, sondern erst in einer Ergänzung vom<br />
7. Juli 2000 und damit nicht rechtzeitig im Sinne des § 284 Abs. 1 BAO (idF vor Inkrafttreten des AbgRmRefG<br />
BGBl. I Nr. 97/2002; vgl. § 323 Abs. 12 letzter Satz BAO) gestellt wurde. Die Beschwerde war daher, soweit sie<br />
Körperschaftsteuer 1991 bis 1994 und Gewerbesteuer 1991 bis 1993 betrifft, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als<br />
unbegründet abzuweisen.<br />
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II<br />
Nr. 333/2003.<br />
Wien, am 17. Oktober 2007<br />
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Die fremdfi nanzierte Gewinnausschüttung<br />
von<br />
Georg Kofl er*<br />
Gliederung<br />
I. Ausgangsproblem<br />
II. Die gesellschaftsrechtliche oder betriebliche Veranlassung der Fremdfi nanzierung von<br />
Ausschüttungen<br />
III. Ein kurzer Blick nach Deutschland zur Frage der (weiteren) verdeckten Ausschüttung von<br />
Fremdkapitalzinsen bei fremdfi nanzierten Gewinnausschüttungen<br />
I. Ausgangsproblem<br />
„Schuldzinsen in Zusammenhang mit der Finanzierung von Gewinnausschüttungen<br />
stehen nicht mit Betriebsausgaben in Zusammenhang und sind daher nicht<br />
abzugsfähig“. 1 Mit dieser kurzen Bemerkung im Jahr 1992 hat Doralt die wissenschaftliche<br />
Diskussion um die steuerliche Beachtlichkeit der Ausschüttungsfi nanzierung<br />
eröffnet und zugleich zum fachlichen Widerspruch angeregt. Während nämlich<br />
an der Abzugsfähigkeit der Zinsen im Zusammenhang mit fremdfi nanzierten Ausschüttungen<br />
in Besteuerungspraxis 2 und Fachschrifttum 3 in der Vergangenheit bisher<br />
offenbar nicht gezweifelt wurde, ist das BMF zunächst in einem Erlass 4 sowie<br />
nachfolgend in den Körperschaftsteuerrichtlinien 5 auf die Linie Doralts geschwenkt,<br />
die schließlich auch vom UFS ausdrücklich übernommen wurde. 6 Weil freilich nicht<br />
sein kann, was nicht sein darf, überraschen auch die im Schrifttum gegen dieses Ergebnis<br />
laut gewordenen Stimmen aus Wissenschaft 7 und Praxis 8 nicht. Der VwGH<br />
* Priv.-Doz. DDr. Georg Kofl er, LL.M. (NYU).<br />
1 Erstmals Doralt, EStG 2 (1992), § 4 Tz 330 und aktuell EStG 7 (2002), § 4 Tz 330, jeweils unter<br />
„Finanzierungskosten“.<br />
2 Siehe bereits die Entscheidung des RFH 11.12.1934, I A 55/34, RStBl 1935, 119.<br />
3 Ebenso, wenngleich kritisch, Margreiter, Zur betrieblichen Abzugsfähigkeit von Kreditzinsen,<br />
SWK 1996, A 459 (A 469); siehe aus dem deutschen Schrifttum auch Lempenau, Betriebsausgaben<br />
und Gewinnermittlung, StbJb 1986/87, 327 (336); Meilicke/Sangen-Emden, Steuerliche<br />
Behandlung von durch verdeckte Gewinnausschüttungen veranlaßten Schulden und Schuldzinsen,<br />
FR 1998, 938 (938); Prinz, Steuerlicher Schuldzinsenabzug – Labyrinth oder Steuerfalle,<br />
StbJb 1999/2000, 293 (312 f); Wacker, Zur Neuregelung des Schuldzinsenabzugs in der<br />
„Mehr-Konten-Situation“ – oder: was können wir von Österreich lernen?, DStR 1999, 1001<br />
(1007).<br />
4 BMF, Behandlung der Aufwandszinsen bei einer fremdfi nanzierten offenen Ausschüttung,<br />
ÖStZ 2000/497 = ecolex 2000, 452 = RdW 2000/549.<br />
5 Rz 1217 KStR 2001; in diese Richtung bereits Wiesner, Die schwierige Abgrenzung betrieblicher<br />
und außerbetrieblicher Zahlungen, SWK 1991, A I 139 (A I 160), und Margreiter, Zur<br />
betrieblichen Abzugsfähigkeit von Kreditzinsen, SWK 1996, A 459 (A 468).<br />
6 UFS Graz 8. 4. 2004, RV/0010-G/04.<br />
7 Damböck, Anmerkungen zu jüngsten BMF-Erledigungen, ecolex 2000, 446 (446); Buschmann/Mayerhofer,<br />
Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen – derzeitige Rechtsprechung und Kritik,<br />
ÖStZ 2000/1173, 675 (677); Beiser, Fremdfi nanzierung von Gewinnausschüttungen? ÖStZ<br />
2002/171, 96 (96 ff); Achatz, Fremdfi nanzierte Gewinnausschüttungen, in Bertl et al (Hrsg),<br />
Beteiligungen in Rechnungswesen und Besteuerung (2004) 131 (131 ff); Stangl, Die außerbetriebliche<br />
Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 156 f; siehe auch G. Kofl er, Fremdfi nanzierte<br />
offene Gewinnausschüttungen im Steuerrecht, GesRZ 2002, 10 (10 ff).<br />
8 Widinski, Stellungnahmen des Fachsenats <strong>für</strong> Steuerrecht zum Entwurf der Körperschaftsteuerrichtlinien<br />
2001, ÖStZ 2001/1014, 535 (538).<br />
Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007 197
Georg Kofl er<br />
hat sich in seinem Ende 2006 ergangenen Erkenntnis9 letztlich <strong>für</strong> die Frage der<br />
fremdfi nanzierten Gewinnausschüttung im Ergebnis den Überlegungen im Schrifttum<br />
zu Gunsten einer Abzugsfähigkeit der Fremdfi nanzierungskosten angeschlossen,<br />
hierbei jedoch eine dogmatische Einordnung seiner Analyse weitgehend vermieden.<br />
Die Problematik der fremdfi nanzierten Gewinnausschüttung führt in steuerrechtliche<br />
Grenzbereiche, die eine nähere Untersuchung rechtfertigen. Der Ausgangspunkt<br />
ist rasch geschildert: Sowohl einnahmen- als auch ausgabenseitig ist es ein<br />
eherner Grundsatz des Ertragsteuerrechts, dass Ausgaben im unmittelbaren Zusammenhang<br />
mit nicht steuerpfl ichtigen Einnahmen10 oder nichtabzugsfähigen Aufwendungen<br />
und Ausgaben der Privatsphäre11 ebenfalls keine Steuerwirkung zu entfalten<br />
vermögen. § 20 EStG und § 12 KStG bestätigen diesen Grundsatz deklarativ. 12 Es<br />
ist ebenfalls unstrittig, dass <strong>für</strong> Kosten der Fremdfi nanzierung nichts anderes gilt. 13<br />
Während das einnahmenseitige Abzugsverbot gem § 20 Abs 2 EStG und § 12 KStG<br />
Abs 2 KStG auf die Vermeidung eines doppelten Vorteils abzielt, 14 fi ndet das ausgabenseitige<br />
Abzugsverbot seine Begründung in der Grenzziehung zwischen Betriebs-<br />
und Privatsphäre und erstreckt sich solcherart auch auf Zinsen, die ihrerseits<br />
mit nichtabzugsfähigen Aufwendungen im Zusammenhang stehen. 15 Ob ein solcher<br />
Zusammenhang besteht, beurteilt der VwGH in seiner jüngeren Rechtsprechung zum<br />
Einkommensteuerrecht nicht nach dem von der hA im Schrifttum16 fokussierten Prinzip<br />
der Finanzierungsfreiheit, sondern vielmehr durch ein Verständnis der Veranlassung<br />
iSd § 4 Abs 4 EStG nach der konkreten Mittelverwendung. 17 Der Gerichtshof<br />
lehnt damit ausdrücklich die im Schrifttum geforderte Zurechnungsindifferenz ab18 und versagt den Betriebsausgabenabzug, wenn private oder betriebliche Eigenmittel<br />
<strong>für</strong> betriebliche Zwecke und deshalb Darlehensmittel <strong>für</strong> private Zwecke verwendet<br />
werden, da diesfalls die Geldmittel der Entnahmefi nanzierung dienen.<br />
9 VwGH 19. 12. 2006, 2004/15/0122.<br />
10 Siehe zB VwGH 10.10.1996, 94/15/0187, ÖStZB 1997, 404; VwGH 20.11.1996, 96/15/0188,<br />
ÖStZB 1997, 623.<br />
11 Siehe zB VwGH 21.10.1986, 86/14/0124, ÖStZB 1987, 302 (zur Fremdfi nanzierung von<br />
Pfl ichtteilszahlungen); weiters VwGH 24.1.1990, 88/13/0233, ÖStZB 1990, 309, und VwGH<br />
17.9.1997, 93/13/0027, ÖStZB 1998, 396 (jeweils zur Fremdfi nanzierung von nach § 20 Abs 1<br />
Z 6 EStG nicht abzugsfähigen Steuerzahlungen).<br />
12 Siehe zur „Einnahmenseite“ Lechner, Die Abzugsfähigkeit der Gesellschaftsteuer bei gesellschaftsrechtlichen<br />
Einlagen, ÖStZ 1984, 246 (246 ff mwN); Doralt, Das Abzugsverbot nach<br />
§ 17 KStG und Aufwendungen <strong>für</strong> Schachtelbeteiligungen, in Doralt/Hassler/Kranich/Nolz/<br />
Quantschnigg (Hrsg), Die Besteuerung der Kapitalgesellschaft, FS Bauer (1986) 1 (2 f).<br />
13 Ausführlich Doralt, EStG 7 (2002), § 4 Tz 330 unter „Finanzierungskosten“.<br />
14 Dazu nur Doralt, Das Abzugsverbot nach § 17 KStG und Aufwendungen <strong>für</strong> Schachtelbeteiligungen,<br />
in Doralt/Hassler/Kranich/Nolz/Quantschnigg (Hrsg), Die Besteuerung der Kapitalgesellschaft,<br />
FS Bauer (1986) 1 (4 f); Doralt, EStG 4 (1999), § 20 Tz 149.<br />
15 Dazu sogleich unten Kapitel II.2.<br />
16 Grundlegend Beiser, Der Abzug von Schuldzinsen in der Einkommensteuer (1990).<br />
17 VwGH 16.11.1993, 89/14/0158, ÖStZB 1994, 299; VwGH 20.11.1996, 89/13/0259, ÖStZB<br />
1997, 529; VwGH 10.9.1998, 93/15/0051, ÖStZB 1999, 365; VwGH 29.6.1999, 95/14/0150,<br />
ÖStZB 1999, 601; VwGH 22.2.2000, 94/14/0129, ÖStZB 2001/101. Hierbei ist allenfalls –<br />
etwa beim Zwei-Konten-Modell – der mittelbaren Verwendung über die Saldierung von Geldmittelkonten<br />
Rechnung zu tragen; siehe VwGH 27.1.1998, 94/14/0017, ÖStZB 1998, 561;<br />
VwGH 29.6.1999, 95/14/0150, ÖStZB 1999, 601; kritisch etwa Pircher/Pülzl, Zweikontenmodell:<br />
Zuordnung nach der Mittelverwendung und saldierte Betrachtungsweise, ÖStZ 1998,<br />
570 (570 ff); Buschmann/Mayerhofer, Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen, ÖStZ 2000, 675<br />
(675 ff).<br />
18 Ausdrücklich VwGH 30.9.1999, 99/15/0106, 0107, ÖStZB 2000/82; VwGH 23.4.2001,<br />
2001/14/0044, ÖStZB 2002/314.<br />
198 Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007
Die fremdfi nanzierte Gewinnausschüttung<br />
Basierend auf dieser Rechtsprechung liegt daher die Überlegung nahe, die zur<br />
einkommensteuerlichen Entnahme nach § 4 Abs 1 EStG entwickelten Mittelverwendungsgrundsätze<br />
auf steuerneutrale Akte der Einkommensverwendung nach § 8<br />
KStG zu übertragen und solcherart die Abzugsfähigkeit von Kosten der Fremdfi nanzierung<br />
steuerneutraler Ausschüttungen zu verneinen. 19 Unterstellt man den – wohl<br />
nur schwer zu erbringenden 20 – Nachweis des unmittelbaren Zusammenhanges der<br />
Fremdfi nanzierung mit der Einkommensverwendung iSd § 8 Abs 2 KStG, ist die<br />
Schlüssigkeit dieser Argumentation auch nicht von der Hand zu weisen. Sie liegt<br />
wohl auch implizit der Ansicht der deutschen Finanzverwaltung zugrunde 21 und wird<br />
ebenfalls von <strong>Teil</strong>en des deutschen Schrifttums 22 vertreten. 23 Dennoch steht und fällt<br />
sie mit ihrer Prämisse, dass steuerrechtlich ein Veranlassungszusammenhang zwischen<br />
den Finanzierungsaufwendungen und der Auskehrung von Eigenkapital an die<br />
Anteilseigner hergestellt werden kann. Es soll daher – der Aufforderung Doralts zum<br />
wissenschaftlichen Diskus nachkommend – im Folgenden der Versuch unternommen<br />
werden, dieser Prämisse entgegenzutreten und die Argumentation des VwGH einer<br />
kritischen Prüfung zu unterziehen.<br />
II. Die gesellschaftsrechtliche oder betriebliche Veranlassung der<br />
Fremdfi nanzierung von offenen Gewinnausschüttungen<br />
1. Einleitung: Veranlassungszusammenhang und Sphärentrennung<br />
Sowohl nach § 52 AktG als auch nach § 82 Abs 1 GmbHG haben die Gesellschafter<br />
Anspruch auf den Bilanzgewinn, soweit dieser nicht nach Gesetz, Satzung,<br />
Gesellschaftsvertrag oder durch Gesellschafterbeschluss von der Verteilung ausgeschlossen<br />
ist. 24 Steuerrechtlich werden derartige offene Ausschüttungen 25 durch § 8<br />
Abs 2 KStG der unbeachtlichen Sphäre der Einkommensverwendung zugerechnet<br />
und führen aufgrund der strengen Trennung zwischen der Gesellschaft und ihren<br />
Gesellschaftern auf beiden Ebenen zu gesonderten Rechtsfolgen. Hinsichtlich derer<br />
19 In diesem Sinne Rz 1217 KStR 2001; UFS Graz 8.4.2004, RV/0010-G/04.<br />
20 Siehe VwGH 20.10.1999, 94/13/0027, ÖStZB 2000/311 = ecolex 2000/68 m Anm Bachl, und<br />
VwGH 31.5.2000, 95/13/0138, ÖStZB 2000/500, 607, wonach der Zusammenhang zwischen<br />
der Fremdfi nanzierung und steuerfreien Einnahmen (hier: nach einem DBA) von der Behörde<br />
zu beweisen ist und hier<strong>für</strong> der Rückgriff auf statistische Bilanzrelationen nicht genügt; es könne<br />
nämlich einem Kaufmann, der sich der Nichtabzugsfähigkeit von Zinsen bewusst ist, nicht<br />
unterstellt werden, dass er bei ausreichenden Eigenmittel auf eine nichtabzugsfähige Fremdfi<br />
nanzierung zurückgreift. Siehe zu dieser Rechtsprechung etwa Kotschnigg, Grundsatzentscheidung<br />
zum Schuldzinsenabzug bei steuerfreien Einnahmen, SWK 1999, S 803 (S 803 ff);<br />
Wiesner, Dazu auch Abzugsfähigkeit von Aufwandszinsen, RWZ 1999, 358 (358 f); Zöchling,<br />
Zinsenabzugsverbot und bilanzielle Kapitalstruktur, ÖStZ 2000/7, 4 (4).<br />
21 Verfügung der OFD Kiel betreffend „Zinsen auf verdeckte Gewinnausschüttung als weitere<br />
Gewinnausschüttung im Sinne von § 8 Abs 3 Satz 2 KStG und andere Ausschüttung im Sinne<br />
des § 27 Abs 3 Satz 2 KStG“ (S 2742 A-St 261), DB 2000, 2095.<br />
22 Wassermeyer, Neues zur Defi nition der verdeckten Gewinnausschüttung, DB 2002, 2668<br />
(2669); aA Lempenau, Betriebsausgaben und Gewinnermittlung, StbJb 1986/87, 327 (336 f);<br />
Meilicke/Sangen-Emden, Steuerliche Behandlung von durch verdeckte Gewinnausschüttungen<br />
veranlaßten Schulden und Schuldzinsen, FR 1998, 938 (938 ff); Prinz, Steuerlicher Schuldzinsenabzug<br />
– Labyrinth oder Steuerfalle, StbJb 1999/2000, 293 (312 f).<br />
23 Zur deutschen Rechtslage und der im Ergebnis unstrittigen Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen<br />
siehe unten Kapitel III.<br />
24 Siehe zu diesem Anspruch und den allfälligen Einschränkungen nur Koppensteiner, GmbHG 2<br />
(1998), § 35 Rz 12 ff und § 82 Rz 10 f.<br />
25 Insb der Gewinnverteilung gem § 126 AktG und der Verteilung des Reingewinnes gem § 35<br />
GmbHG; vgl etwa Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG 1988, § 8 Anm 1, 11.<br />
Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007 199
Georg Kofl er<br />
unterstellt das Steuerrecht über § 8 Abs 1 TS 1 KStG freilich nicht nur eine vollständige<br />
Eigenfi nanzierung auf Gesellschaftsebene, 26 sondern sieht auch entsprechende<br />
Rechtsfolgen auf Seiten der Gesellschafter vor. 27 Daraus lässt sich allerdings noch<br />
nicht mit Sicherheit erschließen, ob das Gesetz steuerlich generell die Annahme einer<br />
Fremdfi nanzierung der ausgeschütteten Mittel, also die Zuordnung von Fremdfi<br />
nanzierungsaufwand zur bilanziell eigenfi nanzierten Ausschüttungen, ausschließen<br />
möchte. 28 Zweifel daran könnten etwa deshalb entstehen, weil das Körperschaftsteuerrecht<br />
in § 8 Abs 2 TS 3 KStG mit der Einkommensverwendung in „anderer Weise“<br />
auch die nach § 12 KStG nicht abzugsfähigen Aufwendungen erfasst, 29 deren Fremdfi<br />
nanzierung die steuerliche Beachtung aber womöglich verwehrt wird. 30<br />
Zur Begründung der Steuerwirksamkeit einer Fremdfi nanzierung der Gewinnausschüttung<br />
wird im Schrifttum zu Recht die Verbindung der Fremdfi nanzierung zur<br />
gesellschaftsrechtlichen Sphäre der Gesellschaft in Zweifel gezogen. Da nämlich<br />
eine Gesellschaft letztlich immer im Interesse der Gesellschafter tätig werde, verbiete<br />
im Grunde bereits das Trennungsprinzip eine zügellose Zurechnung von Aufwendungen<br />
zur gesellschaftsrechtlichen Sphäre. Eine Zuordnung von Vorgängen zur<br />
„außerbetrieblichen“ Sphäre setze jedenfalls eine Mittelverwendung zu Gunsten der<br />
Gesellschafter voraus. 31 Dementsprechend sei eine Zurechnung von Vorgängen zur<br />
„außerbetrieblichen“ Sphäre im Lichte der Rechtsprechung des VwGH 32 auch nur<br />
dann zulässig, wenn dem Gesellschafter Vermögensvorteile gewährt werden, die<br />
ihre Wurzel im Gesellschaftsverhältnis haben. 33 Einen greifbaren, zusätzlich zur Gewinnausschüttung<br />
eintretenden Vorteil erlange der Gesellschafter freilich durch die<br />
Fremdfi nanzierung der Ausschüttung nicht, weshalb die Fremdfi nanzierungskosten<br />
aufgrund der Sphärentrennung des § 8 KStG zwangsläufi g in den Residualbereich<br />
der Einkommenserzielungssphäre der Gesellschaft fallen müsste. 34 Folgt man diesem<br />
Standpunkt, erweist sich eine einfache Kausalitätsüberlegung, dass der Fremdfi<br />
nanzierungsaufwand im Fall der Nichtausschüttung nicht angefallen wäre, als zu<br />
kurz gegriffen. Auch der im Bereich der verdeckten Ausschüttung von der österreichischen<br />
Rechtsprechung geforderte Fremdvergleich 35 oder die von der deutschen<br />
Rechtsprechung präferierte Überlegung, ob die Fremdfi nanzierung dem Sorgfaltsmaßstab<br />
eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers entspricht, 36 können<br />
letztlich die gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Fremdfi nanzierung nicht<br />
begründen: Denn einerseits muss der Fremdvergleich schon denklogisch deshalb ins<br />
26 Die Verminderung des Eigenkapitalstandes wird dementsprechend nicht nur in §§ 224 Abs 3<br />
lit a und 229 UGB, sondern auch im steuerlichen Gewinnkapitalstand oder über das Evidenzkonto<br />
nach § 4 Abs 12 EStG refl ektiert.<br />
27 §§ 27 Abs 1 Z 1 lit a und 93 ff EStG.<br />
28 So aber Beiser, Fremdfi nanzierung von Gewinnausschüttungen?, ÖStZ 2002/171, 96 (96 ff);<br />
siehe aber auch unten Kapitel II.4.<br />
29 Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG, § 8 Tz 25.<br />
30 Siehe sogleich unten Kapitel II.2.<br />
31 Siehe auch Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 156 f.<br />
32 Dazu sogleich unten Kapitel II.2.<br />
33 Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 156 f; Achatz, Fremdfi<br />
nanzierte Gewinnausschüttungen, in Bertl et al (Hrsg), Beteiligungen in Rechnungswesen<br />
und Besteuerung (2004) 131 (138).<br />
34 Siehe zu diesen Überlegungen Achatz, Fremdfi nanzierte Gewinnausschüttungen, in Bertl et al<br />
(Hrsg), Beteiligungen in Rechnungswesen und Besteuerung (2004) 131 (138).<br />
35 ZB VwGH 26.9.2000, 98/13/0216, ÖStZB 2001/145; VwGH 30.5.2001, 99/13/0024, ÖStZB<br />
2002/334; VwGH 19.2.2002, 2001/14/0161, ecolex 2002/209, 536 m Anm G. Kofl er; VwGH<br />
29.1.2003, 98/13/0055, ÖStZB 2003/300.<br />
36 Siehe zB BFH 9.11.2005, I R 89/04, BFHE 211, 287 mwN.<br />
200 Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007
Die fremdfi nanzierte Gewinnausschüttung<br />
Leere laufen, weil Nichtgesellschafter von vornherein keine Ausschüttung erhalten,<br />
andererseits schränkt der Maßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers<br />
– sofern man ihn <strong>für</strong> anwendbar hält37 – die freie Wahl der Finanzierung nur<br />
in ganz besonderen Fällen ein. 38<br />
Dieser Ansatz führt somit jedenfalls auf einer nachgelagerten Ebene dazu, dass<br />
allfällige Fremdfi nanzierungskosten nicht als weitere verdeckte Ausschüttung angesehen<br />
werden können. 39 Allerdings ist zunächst auf einer vorgelagerten Ebene zu<br />
ermitteln, ob die aufgenommene Verbindlichkeit überhaupt dem Betriebsvermögen<br />
zuzuordnen ist. Auf dieser vorgelagerten Ebene wäre nämlich dem möglichen – und<br />
wohl implizit der Ansicht Doralts, der Finanzverwaltung und des UFS zugrunde<br />
liegenden – Argument entgegenzutreten, dass die <strong>für</strong> eine Ausschüttung aufgenommene<br />
Verbindlichkeit im Sinne der Mittelverwendungstheorie unabhängig von einer<br />
weiteren Vorteilszuwendung an die Gesellschafter dem Schicksal der Ausschüttung<br />
folgt, zumal sie in Zusammenhang mit einer nicht abzugsfähigen Vermögensauskehrung<br />
steht, daher gesellschaftsrechtlich veranlasst und somit der „außerbetrieblichen“<br />
Sphäre zuzuordnen ist.<br />
2. Systematische Einordnung der Fragestellung<br />
Die Beurteilung der Abzugsfähigkeit von Zinsen folgt im Einkommensteuerrecht<br />
einem doppelt derivativen Konzept: „Im Bereich der Einkommensbesteuerung sind<br />
Fremdmittel zwingend nach der Veranlassung (§ 4 Abs 4 EStG) in der Ausprägung,<br />
dass es auf die Mittelverwendung ankommt, den aktiven Wirtschaftsgütern bzw den<br />
Aufwendungen zuzuordnen“. 40 Schuldzinsen sind also abzugsfähig, wenn die Schuld<br />
betrieblich veranlasst ist; 41 dies ist der Fall, wenn die dadurch einsetzbaren Mittel<br />
der Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern oder der Finanzierung eines<br />
betrieblich veranlassten Aufwandes dienen. 42 Die Zuordnung von Verbindlichkeiten<br />
zum Betriebsvermögen ist also an den betrieblichen Einsatz der Fremdmittel geknüpft.<br />
Daran ändert im Grunde auch die Rechtsform der Körperschaft nichts, zumal<br />
der VwGH bereits früh ausgesprochen hat, dass der „Ansicht, Zinsen <strong>für</strong> was<br />
immer <strong>für</strong> Schuldverpfl ichtungen der Körperschaft seien ohne Rücksicht auf deren<br />
Rechtsgrund jedenfalls Betriebsausgaben und als solche abzugsfähig, [...] nicht beigepfl<br />
ichtet werden“ könne. 43<br />
Dieser Grundsatz ist bei der Fremdfi nanzierung von Wirtschaftsgütern relativ<br />
leicht auf den Punkt zu bringen: Schulden zur Anschaffung von Privatvermögen sind<br />
grundsätzlich keine Betriebsschulden, wie umgekehrt zur Beschaffung von (gewillkürtem)<br />
Betriebsvermögen aufgenommenes Fremdkapital eine Betriebsschuld darstellt.<br />
44 Daher sind beispielsweise Verbindlichkeiten zur Anschaffung oder Herstel-<br />
37 Siehe etwa BFH 14.8.1985, I R 149/71, BFHE 144, 548, BStBl 1986 II 86, zur Untauglichkeit<br />
dieser Denkfi gur <strong>für</strong> Rechtsverhältnisse im Zusammenhang mit der Gründung und der Kapitalausstattung<br />
der Kapitalgesellschaft.<br />
38 Dazu Achatz, Fremdfi nanzierte Gewinnausschüttungen, in Bertl et al (Hrsg), Beteiligungen in<br />
Rechnungswesen und Besteuerung (2004) 131 (140 ff).<br />
39 Dazu unten Kapitel III.<br />
40 VwGH 30.9.1999, 99/15/0106, 0107, ÖStZB 2000/82.<br />
41 Siehe nur Doralt, EStG 7 (2002), § 4 Tz 330 unter „Finanzierungskosten“.<br />
42 Vgl zB VwGH 18. 1. 1989, 88/13/0081, ÖStZB 1989, 244; dazu statt aller Doralt, EStG 7<br />
(2002), § 4 Tz 68.<br />
43 VwGH 19.9.1958, 2365/55, VwSlg 1875 F/1958.<br />
44 VwGH 12.5.1981, 81/14/0008, 0014, ÖStZB 1982, 52.<br />
Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007 201
Georg Kofl er<br />
lung eines teils privat, teils betrieblich genutzten unbeweglichen Wirtschaftsgutes<br />
ebenso aufzuteilen, 45 wie wenn sich die (teilweise) mangelnde Betriebsvermögenseigenschaft<br />
des fi nanzierten Wirtschaftsgutes aus § 20 EStG begründen lässt. 46 Die<br />
Übertragbarkeit dieser Prinzipien auf die Körperschaftsbesteuerung wird implizit<br />
allgemein akzeptiert. Wenn nämlich im Einkommensteuerrecht etwa die Luxustangente<br />
nach § 20 Abs 1 Z 2 lit b EStG im Wege der Substanzteilung dem Privatvermögen<br />
zugeteilt wird, kann dies – entsprechend § 12 Abs 1 Z 2 EStG – bei Kapitalgesellschaften<br />
nur bedeuten, dass dieser <strong>Teil</strong> im Sinne einer Doppelvermögenstheorie<br />
einem zweiten, „außerbetrieblichen“ Vermögensbereich zugeordnet wird, oder dass<br />
eine solche „außerbetriebliche“ Sphäre zwar nicht auf der Vermögensebene, wohl<br />
aber auf der Einkommensebene anerkannt werden muss. Da § 7 Abs 2 KStG nach<br />
der Rechtsprechung des VwGH aber die einkommensteuerlichen Vorschriften über<br />
die Gewinnermittlung und damit – unabhängig von der Maßgeblichkeit 47 – auch über<br />
den Umfang des Betriebsvermögens in den Bereich des Körperschaftsteuerrechts<br />
übernimmt, 48 kann diese Abgrenzung letztlich nicht bei Aufwand und Ertrag haltmachen,<br />
sondern muss auch die Substanz erfassen. Eine Differenzierung zwischen<br />
Vermögens- und Einkommensebene wäre bei dieser Ausgangslage schon deshalb<br />
artifi ziell, weil der Gewinn einer Kapitalgesellschaft durch Vermögensvergleich zu<br />
ermitteln ist und sich schon deshalb diese beiden Sphären nicht überzeugend trennen<br />
lassen. Zu Recht ordnen daher das österreichische Schrifttum 49 und die Recht-<br />
45 Siehe zu Gebäuden VwGH 21.5.1985, 85/14/0004, ÖStZB 1986, 38; VwGH 2.8.2000,<br />
97/13/0019, ÖStZB 2001/100, 136; Rz 1429 ff EStR 2000. Eine Ausnahme besteht <strong>für</strong> den<br />
Fall, dass unbewegliches Vermögen zur Gänze dem Betrieb zugeordnet wird; diesfalls stellen<br />
die auf den Privatanteil entfallenden Schuldzinsen Entnahmen dar; siehe VwGH 18. 1. 1983,<br />
82/14/0100, ÖStZB 1983, 242. Siehe hingegen zum Überwiegensprinzip („Aufteilungsverbot“)<br />
bei beweglichem Vermögen etwa Djanani/Kapferer, Probleme der Zuordnung von Verbindlichkeiten,<br />
ÖStZ 1987, 166 (168), sowie Doralt, EStG 7 (2002), § 4 Tz 81 ff.<br />
46 Konkret spiegelt sich dies beispielsweise bei der Luxustangente nach § 20 Abs 1 Z 2 lit b EStG<br />
wider, die eine Substanzteilung des betreffenden Wirtschaftsgutes in einen Betriebsvermögens-<br />
und einen Privatvermögensteil erfordert (siehe nur Wiesner, Die schwierige Abgrenzung betrieblicher<br />
und außerbetrieblicher Zahlungen, SWK 1991, A I 139 [A I 142 ff]; deutlich auch<br />
Doralt, EStG 7 (2002) § 4 Tz 330 unter „Finanzierungskosten“ zur Aliquotierung der Verbindlichkeit<br />
bei Finanzierung eines Wirtschaftsguts mit Luxustangente). Gleiches gilt aber zB auch<br />
<strong>für</strong> die Betriebsvermögenseigenschaft von Wirtschaftsgütern, die nach § 20 Abs 1 Z 3 EStG<br />
der Repräsentation dienen; auch diese sind dem Privatvermögen zuzuordnen (VwGH 5.7.1994,<br />
91/14/0110, ÖStZB 1995, 172). Der Klarheit halber ist zu betonen, dass sich diese Frage etwa<br />
bei der fremdfi nanzierten Schachtelbeteiligung nicht stellt: Da die Beteiligung zum Betriebsvermögen<br />
gehört, gilt dies auch <strong>für</strong> die Verbindlichkeit, obwohl – zumindest bis zur Veräußerung<br />
(siehe VfGH 25.6.1998, B 125/97, ÖStZB 1998, 862) – der Schuldzinsenabzug ausgeschlossen<br />
wäre (zB VwGH 10.10.1996, 94/15/0187, ÖStZB 1997, 404; VwGH 20.11.1996,<br />
96/15/0188, ÖStZB 1997, 623), würde nicht § 11 Abs 1 Z 4 KStG den Abzug ausdrücklich<br />
gestatten; ebenso Damböck, Anmerkungen zu jüngsten BMF-Erledigungen, ecolex 2000, 446<br />
(446).<br />
47 VwGH 27.1.1998, 93/14/0166, ÖStZB 1998, 469.<br />
48 Siehe zB VwGH 20.6.2000, 98/15/0169, ÖStZB 2000/534; VwGH 24.6.2004, 2001/15/0002,<br />
ÖStZB 2005/32; VwGH 19.12.2006, 2004/15/0122.<br />
49 In diesem Sinne Wiesner, Körperschaftsteuerrechtliche Einlagen und Entnahmen, in Doralt/Hassler/Kranich/Nolz/Quantschnigg<br />
(Hrsg), Die Besteuerung der Kapitalgesellschaft,<br />
FS Bauer (1986) 349 (350 ff); Wiesner, Die schwierige Abgrenzung betrieblicher und außerbetrieblicher<br />
Zahlungen, SWK 1991, A I 139 (A I 160); Bauer/Quantschnigg/Schellmann/<br />
Werilly, KStG, § 7 Rz 102/1 und § 8 Tz 17.1 sowie Tz 66 unter „Außerbetrieblicher Bereich“<br />
und „Dienstwohnung“.<br />
202 Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007
Die fremdfi nanzierte Gewinnausschüttung<br />
sprechung50 im Sinne einer Doppelvermögenstheorie jene Wirtschaftgüter, denen der<br />
Gesetzgeber selbst durch § 12 KStG „Privatcharakter“ verliehen hat, dem „außerbetrieblichen“<br />
Vermögensbereich der Kapitalgesellschaft zu. Die jüngere Judikatur<br />
geht sogar noch darüber hinaus und hat auch die Zuordnung einzelner Wirtschaftsgüter<br />
zum notwendigen „außerbetrieblichen“ Vermögensbereich vorgenommen,<br />
wenn diese objektiv erkennbar gesellschaftsrechtlichen Zwecken dienten oder objektiv<br />
erkennbar <strong>für</strong> solche Zwecke bestimmt waren. 51 Diese Judikaturlinie ist zwar<br />
aufgrund des schwierigen Verhältnisses zur verdeckten Ausschüttung zu Recht auf<br />
breite Kritik gestoßen, 52 bestätigt aber doch den schon aus § 12 KStG ableitbaren<br />
Grundsatz, dass auch Kapitalgesellschaften einen „außerbetrieblichen“ Vermögensbereich<br />
haben, dem (positive und negative) Wirtschaftsgüter auch dann zugeordnet<br />
werden können, wenn den Gesellschaftern kein Vorteil zugewendet wird und damit<br />
die Ergebniskorrektur im Wege einer verdeckten Ausschüttung nicht in Frage<br />
kommt. 53 In der Konsequenz dieser Sichtweise liegt es dann auch, dass sämtliche<br />
Aufwendungen auf ein dem „außerbetrieblichen“ Bereich zugeordnetes Wirtschaftsgut<br />
steuerlich ebenso unbeachtlich sind wie die damit im Zusammenhang stehenden<br />
Erträge. 54 Demnach müssten konsequenterweise auch jene Verbindlichkeiten (anteilig)<br />
dem „außerbetrieblichen“ Vermögensbereich der Kapitalgesellschaft zugeordnet<br />
werden, die mit den dem „außerbetrieblichen“ Vermögensbereich (anteilig) zugeordneten<br />
Wirtschaftsgütern in Zusammenhang stehen.<br />
Vor diesem Hintergrund lässt sich der Fokus von fremdfi nanzierten Wirtschaftsgütern<br />
auf fremdfi nanzierte Aufwendungen und Ausgaben wechseln und <strong>für</strong> das Einkommensteuerrecht<br />
folgern, dass Schulden, die der Finanzierung von Aufwendungen<br />
50 Siehe VwGH 24.6.2004, 2001/15/0002, ÖStZB 2005/32, wo der VwGH ein der Unterkunftsgewährung<br />
an Geschäftsfreunde und damit Repräsentationszwecken iSd § 12 Abs 1 Z 3<br />
KStG dienendes Gebäudes unter Rückgriff auf die einkommensteuerliche Judikatur (VwGH<br />
5.7.1994, 91/14/0110, ÖStZB 1995, 172) der „außerbetrieblichen“ Sphäre der Kapitalgesellschaft<br />
zugeordnet hat.<br />
51 VwGH 20.6.2000, 98/15/0169, ÖStZB 2000/534 (betreffend die Dienstwohnung des Gesellschafter-Geschäftsführers);<br />
VwGH 24.6.2004, 2001/15/0002, ÖStZB 2005/32 (betreffend ein<br />
privates Wohnhaus). Siehe zu dieser Rechtsprechung Wiesner, Betriebliche oder außerbetriebliche<br />
Veranlassung bei einer Kapitalgesellschaft, RWZ 2000/74, 229 (229 ff); Pernegger,<br />
„Dienstwohnung“ und außerbetriebliche Sphäre, ÖStZ 2002/168; Bruckner, „Privatvermögen“<br />
einer Kapitalgesellschaft – Analyse und kritische Anmerkungen, ÖStZ 2003/233, 110<br />
(110 ff); Wiesner, „Privatvermögen“ einer GmbH – VwGH setzt die Judikatur zur Trennung<br />
von betrieblichem und gesellschaftsrechtlichem Vermögen fort, RWZ 2004/56, 225 (225 ff);<br />
Stangl, Der VwGH zur außerbetrieblichen Sphäre von Kapitalgesellschaften, ÖStZ 2005/71,<br />
39 (39 ff). Zur Möglichkeit der Liebhaberei bei Kapitalgesellschaften siehe bereits VwGH<br />
22.9.1987, 86/14/0196 ÖStZB 1988, 152; VwGH 26.4.1989, 89/14/0001, ÖStZB 1989, 468;<br />
VwGH 19.2.1992, 92/14/0016, ÖStZB 1992, 690. Ausführlich zum Ganzen Stangl, Die außerbetriebliche<br />
Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 70 ff und 123 ff.<br />
52 Siehe nur Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 132 ff;<br />
Stangl , Der VwGH zur außerbetrieblichen Sphäre von Kapitalgesellschaften, ÖStZ 2005/71,<br />
39 (39 ff).<br />
53 Zum Erfordernis eines vermögenswerten Vorteils siehe nur Wiesner, Körperschaftsteuerrechtliche<br />
Einlagen und Entnahmen, in Doralt/Hassler/Kranich/Nolz/Quantschnigg (Hrsg),<br />
Die Besteuerung der Kapitalgesellschaft, FS Bauer (1986) 349 (375); weiters auch Rz 758<br />
KStR 2001; Bauer/Quantschnigg/Schell mann/Werilly, KStG, § 8 Tz 39.<br />
54 Bruckner, „Privatvermögen“ einer Kapitalgesellschaft – Analyse und kritische Anmerkungen,<br />
ÖStZ 2003/233, 110 (110 ff); siehe auch bereits Wiesner, Körperschaftsteuerrechtliche Einlagen<br />
und Entnahmen, in Doralt/Hassler/Kranich/Nolz/Quantschnigg (Hrsg), Die Besteuerung<br />
der Kapitalgesellschaft, FS Bauer (1986) 349 (354); Margreiter, Zur betrieblichen Abzugsfähigkeit<br />
von Kreditzinsen, SWK 1996, A 459 (A 468 f).<br />
Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007 203
Georg Kofl er<br />
der privaten Lebensführung dienen, eine Privatverbindlichkeit begründen; dienen sie<br />
hingegen betrieblichen Zwecken, ist die Verbindlichkeit als Betriebsschuld anzusehen.<br />
55 Dementsprechend hat der VwGH wiederholt festgestellt, dass Schulden zur<br />
Finanzierung privater Ausgaben keine Betriebsschulden sind. 56 Wenn etwa Kosten<br />
der Finanzierung von nach § 20 Abs 1 Z 6 EStG nichtabzugsfähigen Personensteuerzahlungen<br />
ebenfalls dem Abzugsverbot unterliegen, 57 so wird damit implizit zum<br />
Ausdruck gebracht, dass die entsprechende Verbindlichkeit nicht dem betrieblichen<br />
Bereich zuzuordnen ist. Sieht man das Abzugsverbot <strong>für</strong> die Zahlung von direkten<br />
Steuern gem § 20 Abs 1 Z 6 EStG als deklarative Bestimmung an, 58 zumal sie zwar<br />
iSd § 4 Abs 4 EStG nur bei Entfaltung einer betrieblichen oder berufl ichen Tätigkeit<br />
anfällt, sie aber nichtsdestoweniger sowohl bei der Einkommensberechnung als<br />
auch bei der Tarifermittlung von persönlichen Gesichtspunkten beeinfl usst wird, erklärt<br />
sich dies schon aus dem privaten Charakter der Schuld. Diese Zuordnung einer<br />
Schuld zum Privatbereich kann aber auch aus einem konstitutiv wirkenden Abzugsverbot<br />
des § 20 Abs 1 EStG folgen; eine Verbindlichkeit ist demnach auch insoweit<br />
nicht als Betriebsschuld zu betrachten, als sie sich auf die vom Gesetzgeber durch<br />
§ 20 Abs 1 EStG konstitutiv der Privatsphäre zugeordneten nichtabzugsfähigen<br />
Aufwendungen bezieht. In diesem Sinne wirkt sich beispielsweise der durch einen<br />
Schulderlass begründete Wegfall einer Verbindlichkeit, die <strong>für</strong> den betrieblichen Bereich<br />
nicht steuerwirksam war (zB hinsichtlich nichtabzugsfähiger Repräsentationsausgaben),<br />
auch nicht gewinnerhöhend aus, 59 zumal es sich insoweit nicht um den<br />
Wegfall einer betrieblichen Verbindlichkeit handelt.<br />
Aus dieser Perspektive kann man sich nunmehr auch der Problematik der fremdfi<br />
nanzierten Gewinnausschüttung dogmatisch nähern. Akzeptiert man nämlich diese<br />
Grundsätze <strong>für</strong> die Zuordnung von Verbindlichkeiten zur Privatsphäre im Einkommensteuerrecht,<br />
so stellt sich aus dem Blickwinkel des Körperschaftsteuerrechts<br />
– unabhängig von Problemen der verdeckten Ausschüttung – die Frage der Übertragbarkeit<br />
auf Kapitalgesellschaften. Gegen eine Übertragbarkeit spricht zunächst<br />
der Umstand, dass die Kapitalgesellschaft keinen der natürlichen Person nachgebildeten<br />
Privatbereich hat. Allerdings scheint das auf die ältere Judikatur60 gestützte<br />
Argument, dass die Schuld aufnahme zur Finanzierung nichtabzugsfähiger Aufwendungen<br />
dennoch zu abzugsfähigen Zinsen führen müsse, weil einer Kapitalgesellschaft<br />
ein privater Bereich abgesprochen und das Gesamtvermögen als Betriebs-<br />
55 Vgl zB VwGH 23.4.2002, 97/14/0127, ÖStZB 2003/53.<br />
56 Siehe zB VwGH 21.10.1986, 86/14/0124, ÖStZB 1987, 302 (zur Fremdfi nanzierung von<br />
Pfl ichtteilszahlungen).<br />
57 VwGH 24.1.1990, 88/13/0233, ÖStZB 1990, 309, und VwGH 17.9.1997, 93/13/0027, ÖStZB<br />
1998, 396, jeweils zur Fremdfi nanzierung von nach § 20 Abs 1 Z 6 EStG nicht abzugsfähigen<br />
Steuerzahlungen.<br />
58 Siehe zB Quantschnigg/Schuch, ESt-HB (1993), § 20 Tz 2; Doralt, EStG 4 (1999), § 20 Tz 139;<br />
Schmidt, VwGH gegen BFH: Schadenersatz wegen Einkommensteuer – Betriebseinnahme?<br />
RdW 1999, 104 (104 ff); siehe auch BFH 18.6.1998, IV R 1/97, BFHE 186, 363, BStBl 1998<br />
II 621.<br />
59 Dazu zB Nolz, Probleme der Sanierungsgewinne im Ertragsteuerrecht, in Doralt/Hassler/Kranich<br />
/Nolz/Quantschnigg (Hrsg), Die Besteuerung der Kapitalgesellschaft, FS Bauer<br />
(1986) 191 (195); Quantschnigg/Schuch, ESt-HB (1993), § 36 Tz 2; Kristen, Erlass des BMF<br />
zur Nichtfestsetzung der Steuer auf den Sanierungsgewinn: Anwendungsbereich, Anwendungsvoraussetzungen<br />
und Wirkung, ZIK 2000/11, 15 (15); Kanduth-Kristen, Steuerliche Behandlung<br />
von Schulderlässen und Sanierungsgewinnen, taxlex 2006, 436 (437).<br />
60 VwGH 4.11.1955, 2779/53, ÖStZB 1956, 28.<br />
204 Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007
Die fremdfi nanzierte Gewinnausschüttung<br />
vermögen behandelt werde, 61 angesichts der jüngeren Rechtsprechung nicht mehr<br />
zwingend durchzugreifen. Selbst wenn also ein Aufwand – beispielsweise eine Körperschaftsteuerzahlung<br />
– grundsätzlich Betriebsausgabe wäre, 62 ihm aber durch § 12<br />
KStG die Abzugsfähigkeit konstitutiv genommen wird, bleibt die Frage aufrecht,<br />
was mit der zur Finanzierung des nichtabzugsfähigen Aufwandes aufgenommenen<br />
Verbindlichkeit zu geschehen hat. Die deutsche Rechtsprechung geht diesbezüglich<br />
– und schon bereits vor der in der späteren Rechtsprechung vorgenommenen expliziten<br />
Verneinung einer Privatsphäre der Kapitalgesellschaft63 – davon aus, dass die<br />
Fremdfi nanzierungskosten <strong>für</strong> die Körperschaftsteuerzahlung als Betriebsausgaben<br />
abzugsfähig sind. 64 Die Begründung dieser Sichtweise liegt implizit darin, dass die<br />
fragliche Ausgabe oder Aufwendung – etwa die Körperschaftsteuer – zwar Betriebsausgabe<br />
ist, ihr aber durch eine konstitutive Bestimmung der Abzug versagt werde; 65<br />
stehe aber die Betriebsausgabeneigenschaft fest, werde insofern die Verbindlichkeit<br />
dennoch zur Betriebsschuld und die entsprechenden Fremdfi nanzierungskosten wären<br />
dementsprechend nicht vom Abzugsverbot <strong>für</strong> den ursprünglichen – nichtabzugsfähigen<br />
– Aufwand erfasst. Diese Überlegung würde demnach auf sämtliche<br />
Aufwendungen Anwendung fi nden, die dem Grunde nach Betriebsausgaben, aber<br />
konstitutiv vom Abzug ausgeschlossen sind (zB Repräsentationskosten, verbotene<br />
„Schmiergelder“, Körperschaftsteuerzahlungen). Die bisherige Rechtsprechung des<br />
VwGH könnte aufgrund der Übertragung der einkommensteuerlichen Prinzipien in<br />
das Körperschaftsteuerrecht demgegenüber dahingehend verstanden werden, dass<br />
auch im Körperschaftsteuerrecht den mit diesen durch das Gesetz der Privatsphäre<br />
zugeordneten Aufwendungen zusammenhängenden Aufwendungen (zB Fremdfi -<br />
nanzierungskosten) die Abzugsfähigkeit zu versagen ist. Daraus würde – analog zur<br />
einkommensteuerrechtlichen Sichtweise, die von der Rechtsprechung über § 7 Abs 2<br />
KStG in das Körperschaftsteuerrecht übernommen wird66 – folgen, dass Verbindlichkeiten,<br />
die nicht der Bestreitung von nach § 4 Abs 4 iVm § 12 KStG betrieblich veranlassten<br />
Aufwendungen und Ausgaben dienen, ebenfalls dem „außerbetrieblichen“<br />
Bereich der Kapitalgesellschaft zuzuordnen wären. Subsumiert man darunter zB<br />
auch den eine verdeckte Ausschüttung an die Gesellschafter darstellenden, von der<br />
Gesellschaft getragenen Aufwand, wäre die zur Finanzierung dieser verdeckten Ausschüttung<br />
aufgenommenen Verbindlichkeit dem „außerbetrieblichen“ Bereich der<br />
Gesellschaft zuzuordnen.<br />
Damit eröffnet sich freilich schon die Fragstellung dieses Beitrages: Ist die Verbindlichkeit<br />
zur Finanzierung einer – offenen oder verdeckten – Ausschüttung wegen<br />
des Zusammenhanges mit der Gesellschaftersphäre als „rein gesellschaftsrechtlich<br />
veranlasst“ anzusehen, gehört sie auch „nicht zum Betriebsvermögen der Körper-<br />
61 So Benn-Ibler/Riedl, Sind Zinsenaufwendungen im Zusammenhang mit einer Körperschaftsteuerschuld<br />
betrieblich abzugsfähig? SWK 1997, S 39 (S 39 ff).<br />
62 Deutlich BFH 23.11.1988, I R 180/85, BFHE 154, 552, BStBl 1989 II 116 mwN, wonach die<br />
Steuern einer Kapitalgesellschaft vom Einkommen und Ertrag grundsätzlich als betrieblich<br />
veranlasste Aufwendungen anzusehen sind; siehe auch BFH 4.12. 991, I R 26/91, BFHE 167,<br />
32, BStBl 1992 II 686.<br />
63 Dazu unten Kapitel III.<br />
64 BFH 23.11.1988, I R 180/85, BFHE 154, 552, BStBl 1989 II 116.<br />
65 BFH 3.4.1962, I 196/59 U, BFHE 74, 685, BStBl 1962 III 254; siehe auch Prinz, Steuerlicher<br />
Schuldzinsenabzug – Labyrinth oder Steuerfalle, StbJb 1999/2000, 293 (312).<br />
66 Ausdrücklich VwGH 20.6.2000, 98/15/0169, ÖStZB 2000/534; VwGH 24.6.2004,<br />
2001/15/0002, ÖStZB 2005/32; siehe auch VwGH 19.9.1958, 2365/55, VwSlg 1875 F/1958<br />
(zum mangelnden Betriebsausgabencharakter von Stundungszinsen <strong>für</strong> die Körperschaftsteuer).<br />
Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007 205
Georg Kofl er<br />
schaft, sondern zu ihrem steuerneutralen Vermögen“. 67 Aus einer solchen Zuordnung<br />
zur „außerbetrieblichen“ Sphäre würde sodann das Abzugsverbot der anfallenden<br />
Zinsen folgern. 68 Akzeptiert man diese systematische Einordnung, kann dem von<br />
Doralt angedachten Abzugsverbot <strong>für</strong> die Fremdfi nanzierungskosten einer Gewinnausschüttung<br />
im Wesentlichen unter zwei Gesichtspunkten entgegengetreten werden:<br />
Der erste Gesichtspunkt fokussiert den Zusammenhang zwischen der Fremdmittelaufnahme<br />
und der damit fi nanzierten Vermögensauskehrung und rekurriert auf die<br />
Frage, inwieweit das Abzugsverbot <strong>für</strong> die Gewinnausschüttung selbst auf den Charakter<br />
der da<strong>für</strong> aufgenommenen Verbindlichkeit „durchschlägt“. 69 Anders gewendet<br />
wäre zu begründen, dass die Verbindlichkeit unabhängig von der Verwendung der<br />
Geldmittel <strong>für</strong> eine steuerneutrale Einkommensverwendung zu einer Betriebsschuld<br />
wird. 70 Unter einem zweiten Gesichtspunkt wäre der Zusammenhang zwischen der<br />
Fremdmittelaufnahme und der damit erfolgten Refi nanzierung des Betriebsvermögens<br />
zu fokussieren. Dieser muss dementsprechend auf die Frage abzielen, ob die<br />
Sphärentrennung zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern nach § 8 KStG eine<br />
Durchbrechung des betrieblichen Veranlassungszusammenhanges ausschließt, wenn<br />
lediglich das bisher im Betriebsvermögen refl ektierte Eigenkapital in Erfüllung des<br />
gesellschaftsrechtlichen Ausschüttungsanspruches der Gesellschafter passivseitig<br />
durch Fremdkapital substituiert wird. 71<br />
3. Die gesellschaftsrechtliche Dispositionsbeschränkung und die<br />
daraus folgende steuerliche Dispositionsfreiheit der Kapitalgesellschaft<br />
Der erste Gesichtspunkt einer Argumentation <strong>für</strong> die Abzugsfähigkeit des Fremdfi<br />
nanzierungsaufwandes <strong>für</strong> eine Gewinnausschüttung liegt darin, der Verbindlichkeit<br />
unabhängig von der Verwendung der Geldmittel <strong>für</strong> eine steuerneutrale Einkommensverwendung<br />
den Charakter einer Betriebsschuld zukommen zu lassen. Dies<br />
ließe sich allenfalls damit begründen, dass der Legalanspruch der Gesellschafter<br />
auf die Ausschüttung des Bilanzgewinnes zu einer veranlassungstheoretischen Abkoppelung<br />
des Ausschüttungsvorganges von der Finanzierungsentscheidung der Gesellschaft<br />
führt. Einen Anhaltspunkt da<strong>für</strong> könnte die Überlegung bieten, dass die<br />
durch die Mittelverwendungsrechtsprechung des VwGH bewirkte Einschränkung<br />
der Finanzierungsfreiheit des Steuerpfl ichtigen erkennbar auf die Unterbindung von<br />
steuerlichen Wirkungen der Entnahme von Fremdmitteln aus der betrieblichen in die<br />
außerbetriebliche Sphäre des Einzelunternehmers ausgerichtet ist. So dürfen grundsätzlich<br />
vorhandene Eigenmittel dem Betrieb entzogen werden; das daraus resultie-<br />
67 VwGH 24.6.2004, 2001/15/0002, ÖStZB 2005/32; aA noch Damböck, Anmerkungen zu<br />
jüngsten BMF-Erledigungen, ecolex 2000, 446 (446), der wegen des Mittelzufl usses durch die<br />
Fremdfi nanzierung auch eine Zuordnung der Verbindlichkeit zum gewillkürten Betriebsvermögen<br />
<strong>für</strong> möglich hält.<br />
68 Zum Verhältnis zur verdeckten Gewinnausschüttung siehe unten Kapitel III.<br />
69 Dabei ist es mE aber irrelevant, ob man die Annahme einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung<br />
auf § 8 Abs 2 KStG oder auf § 12 Abs 1 Z 1 KStG stützen möchte, zumal beide Vorschriften im<br />
Verhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft letztlich nur deklarativen Charakter haben<br />
können; siehe dazu und zur Frage, ob § 12 Abs 1 Z 1 KStG auf Gewinnausschüttungen überhaupt<br />
anwendbar ist, G. Kofl er, Fremdfi nanzierte offene Gewinnausschüttungen im Steuerrecht,<br />
GesRZ 2002, 10 (10 ff); Achatz, Fremdfi nanzierte Gewinnausschüttungen, in Bertl et al (Hrsg),<br />
Beteiligungen in Rechnungswesen und Besteuerung (2004) 131 (143 f).<br />
70 Kapitel II.3.<br />
71 Kapitel II.4.<br />
206 Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007
Die fremdfi nanzierte Gewinnausschüttung<br />
rende höhere betriebliche Erfordernis zur Fremdfi nanzierung führt nicht dazu, dass<br />
die entsprechenden Schuldzinsen ihre Eigenschaft als Betriebsausgaben verlieren. 72<br />
Auch in einem solchen Fall dienen nämlich die Fremdmittel der Finanzierung des<br />
Betriebsaufwandes. Führt aber nicht das durch allfällige Entnahmen verursachte<br />
Fehlen von Eigenmitteln zu einem dadurch ausgelösten vermehrter Fremdkapitalbedarf<br />
zur Bestreitung von Betriebsaufwand und sohin zu höheren Schuldzinsen,<br />
sondern die Bestreitung von Ausgaben der privaten Lebensführung, ist die Abzugsfähigkeit<br />
zu verneinen. Zur Herstellung dieses Konnexes betont der VwGH die Maßgeblichkeit<br />
der Verwendung der Geldmittel; 73 es sei nur relevant, wozu die durch<br />
einen Kredit verfügbar gewordenen fi nanziellen Mittel dienen. 74 Dieser Judikatur<br />
ist allerdings zu unterstellen, dass sie in hohem Maße von der Dispositionsfreiheit<br />
des Steuerpfl ichtigen geprägt ist, die wiederum nur durch seine private Lebensführung<br />
eingeschränkt ist. Er hat einerseits die freie Wahl, wie er den Betrieb fi nanziert,<br />
andererseits die freie Wahl, wie er seine private Lebensführung gestaltet und welchen<br />
Mittelbedarf er da<strong>für</strong> in Kauf nimmt; selbst wenn sich der private Mittelbedarf<br />
zwangsweise ergibt – wie beispielsweise im Falle der Ausgaben des Haushaltes und<br />
Unterhaltes iSd § 20 Abs 1 Z 1 EStG – folgt dieser Zwang aus der privaten Lebensgestaltung.<br />
Vor diesem Hintergrund kann in der Mittelverwendungsrechtsprechung<br />
durchaus eine praktikable, wenngleich dogmatisch nicht befriedigende Verkürzung<br />
der Frage nach dem Veranlassungszusammenhang gesehen werden, um die steuerlichen<br />
Wirkungen einer Verschiebung der Kosten der privaten Lebensführung in den<br />
betrieblichen Bereich zu verhindern.<br />
Exakt diese Dispositionsfreiheit besteht freilich im Fall der Gewinnausschüttung<br />
nicht. Für offene Ausschüttungen folgert sowohl nach § 52 AktG als auch nach § 82<br />
Abs 1 GmbHG der Anspruch der Gesellschafter auf den Bilanzgewinn. Entsteht daher<br />
aufgrund dieser Bestimmungen ein Anspruch der Gesellschafter auf Ausschüttung,<br />
so liegt es nahe, die nachfolgende Finanzierungsentscheidung zur Befriedigung<br />
dieses Anspruches – ähnlich wie beim Zinsendienst im Rahmen der Fremdfi nanzierung<br />
– im betrieblichen Bereich zu belassen. 75 Es handelt sich gerade nicht um die<br />
Ausschüttung von Eigenkapital und nicht um die – bei § 4 Abs 1 EStG umstrittene<br />
– Entnahme von Fremdkapital; bilanziell ist diese Ausschüttung auch vollständig<br />
eigen- und nicht fremdfi nanziert. 76 Für diese Sichtweise spricht auch der Vergleichsfall<br />
der aus Eigenmitteln fi nanzierten Ausschüttung: Es kann nämlich im Grunde<br />
kein Zweifel daran bestehen, dass die Herstellung von Liquidität zur Bedienung der<br />
Ausschüttungsverpfl ichtung durch die Veräußerung von Betriebsvermögen der betrieblichen<br />
und nicht der gesellschaftsrechtlichen Sphäre zuzuordnen ist. Zu Recht<br />
wurde noch nie behauptet, dass beispielsweise die Liquidierung von Wertpapieren<br />
zur Freimachung liquider Mittel eine vorherige Überführung dieser Wertpapiere im<br />
Entnahme- und Einlagewege nach § 4 Abs 1 EStG unter entnahmebedingter Gewinnaufdeckung<br />
nach § 6 Z 4 EStG und <strong>Teil</strong>werteinlage nach § 6 Z 5 EStG in die<br />
„Privatsphäre“ bedeuten würde. Im Gegenteil: Die Ausschüttung erfolgt nach der<br />
gesetzlichen Systematik direkt aus dem Betrieb der Gesellschaft, da es andernfalls<br />
– bei einer Zwischenschaltung der „Privatsphäre“ – der Anordnung des § 8 Abs 2<br />
72 VwGH 16.11.1993, 89/14/0158, ÖStZB 1994, 299.<br />
73 Ausführlich Margreiter, Zur betrieblichen Abzugsfähigkeit von Kreditzinsen, SWK 1996,<br />
A 459.<br />
74 Siehe zB VwGH 29.6.1999, 95/14/0150, ÖStZB 1999, 601; VwGH 22.2.2000, 94/14/0129,<br />
ÖStZB 2001/101.<br />
75 Ebenso nunmehr VwGH 19.12.2006, 2004/15/0122.<br />
76 Siehe auch Beiser, Fremdfi nanzierung von Gewinnausschüttungen?, ÖStZ 2002/171, 96 (97).<br />
Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007 207
Georg Kofl er<br />
TS 1 KStG gar nicht bedürfte. Zu Recht betont daher der VwGH in seinen Überlegungen<br />
zur Abzugsfähigkeit von Kosten der Fremdfi nanzierung einer Gewinnausschüttung<br />
die Sonderstellung der Gewinnausschüttung nach § 8 KStG im Vergleich<br />
zur Entnahme von Fremdmitteln nach § 4 Abs 1 EStG. Das Abzugsverbot <strong>für</strong> die<br />
Gewinnausschüttung ergibt sich insofern schon aus „dem System der Einkommensbesteuerung<br />
von Körperschaften, würde doch im Falle eines Abzuges des Gewinnes<br />
grundsätzlich keine Besteuerungsgrundlage verbleiben“. 77 Basierend auf der Überlegung,<br />
dass <strong>für</strong> offene Ausschüttungen aus § 82 Abs 1 GmbHG „der Anspruch der<br />
Gesellschafter auf den Bilanzgewinn“ folgt, stelle die Gewinnausschüttung „zwar<br />
eine gesellschaftsrechtliche Maßnahme dar; ihr kommt allerdings eine Sonderstellung<br />
zu: ohne den Anspruch auf Gewinnausschüttung würde auch die Kapitalzufuhr<br />
<strong>für</strong> den betrieblichen Bereich der Körperschaft unterbleiben. Sie steht damit in Zusammenhang<br />
mit der Kapitalüberlassung durch die von der den Betrieb führenden<br />
Körperschaft zu unterscheidenden Gesellschafter.“ 78<br />
Eine solche Analyse könnte freilich dem – oben dargelegten – Einwand begegnen,<br />
dass die Fragestellung nicht beim einkommensteuerlichen Problem der Entnahme<br />
von Fremdmitteln stehen bleiben darf, sondern es vielmehr auf die Determinierung<br />
der Betriebsvermögenseigenschaft der Verbindlichkeit selbst ankommt, wenn<br />
sie nicht der Bestreitung abzugsfähiger Aufwendungen oder Ausgaben dient. Diese<br />
Frage wirft sich nämlich unabhängig davon auf, ob ein Vermögenstransfer zwangsweise<br />
erfolgt ist, solange nur steuerlich die Abzugsfähigkeit <strong>für</strong> diesen Vermögenstransfer<br />
versagt wird; daran knüpft sich die Folgefrage der steuerlichen Behandlung<br />
der damit zusammenhängenden weiteren Aufwendungen. Beispielsweise sei hier<br />
wieder auf die Begleichung der Körperschaftsteuerschuld zurückgegriffen: Diese<br />
entsteht zwangsläufi g aufgrund des Legalanspruches des Fiskus; nichtsdestoweniger<br />
versagt § 12 Abs 1 Z 6 KStG die Abzugsfähigkeit. Die Problemlage liegt damit insofern<br />
parallel zur Ausschüttung, auf die die Gesellschafter ebenfalls einen Legalanspruch<br />
haben, deren Abzugsfähigkeit aber durch § 8 Abs 2 KStG versagt wird. In<br />
beiden Fällen geht es somit gleichermaßen um die Frage, ob die zur Bestreitung des<br />
nichtabzugsfähigen Vermögenstransfers an den Fiskus bzw die Gesellschafter aufgenommene<br />
Verbindlichkeit dem Betriebsvermögen zuzuordnen ist oder vielmehr dem<br />
Charakter des nichtabzugsfähigen Vermögenstransfers in die „außerbetriebliche“<br />
Sphäre folgt.<br />
Einer solchen Annahme lässt sich freilich die – letztlich auch vom VwGH aufgegriffene79<br />
– einfache Überlegung entgegenhalten, dass eine gesellschaftsrechtlich beschlossene<br />
Dividende jedenfalls eine Betriebsschuld begründet, 80 deren Finanzierung<br />
– gleichgültig in welcher Form – steuerrechtlich dem Betrieb zuzurechnen ist. 81 Eine<br />
77 VwGH 19.12.2006, 2004/15/0122.<br />
78 Siehe abermals VwGH 19.12.2006, 2004/15/0122.<br />
79 VwGH 19.12.2006, 2004/15/0122.<br />
80 So deutlich BFH 29.6.1994, I R 137/92, BFHE 175, 347, BStBl 2002 II 366.<br />
81 Lempenau, Betriebsausgaben und Gewinnermittlung, StbJb 1986/87, 327 (336 f); Meilicke/<br />
Sangen-Emden, Steuerliche Behandlung von durch verdeckte Gewinnausschüttungen veranlaßten<br />
Schulden und Schuldzinsen, FR 1998, 938 (939); siehe auch Buschmann/Mayerhofer,<br />
Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen, ÖStZ 2000/1173, 675 (679 f). In eine ähnliche Richtung<br />
geht auch die Überlegung, dass es durch den Zugang des aktiven Wirtschaftsgutes Kassa und<br />
eines passiven Wirtschaftsgutes Verbindlichkeit zu gewillkürtem Betriebsvermögen komme<br />
und daran auch die nachfolgende Verwendung der Aktiva zur Bestreitung der Ausschüttung<br />
nichts am einmal erworbenen Charakter des Betriebsvermögens ändern könne; dazu Damböck,<br />
Anmerkungen zu jüngsten BMF-Erledigungen, ecolex 2000, 446 (446).<br />
208 Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007
Die fremdfi nanzierte Gewinnausschüttung<br />
solche Argumentation nähert sich damit der wirtschaftlichen Wirklichkeit insofern,<br />
als die Ausschüttung das Entgelt <strong>für</strong> die Kapitalüberlassung durch einen Dritten darstellt<br />
und damit einen Vorgang im Rahmen der Betriebsfi nanzierung darstellt. Auf<br />
dieser Linie liegt denn auch die Rückübertragung dieses Arguments auf das Steuerrecht<br />
insofern, als die Gewinnausschüttung einer Kapitalgesellschaft in unmittelbarem<br />
Zusammenhang mit der Gewährung von Kapital an die Gesellschaft zu sehen<br />
sei: Ohne entsprechende Verzinsung des Kapitals (Gewinnausschüttung) wäre niemand<br />
bereit, der Gesellschaft Kapital zur Verfügung zu stellen. Die Gewinnausschüttung<br />
diene daher unmittelbar betrieblichen Zwecken und stehe in wirtschaftlichem<br />
Zusammenhang mit dem Betrieb; die Verbindlichkeit sei somit betrieblich veranlasst<br />
und die Schuldzinsen bei fremdfi nanzierten Ausschüttungen müssten daher abzugsfähig<br />
sein. 82 Der VwGH hat sich diese Überlegung zu eigen gemacht und solcherart<br />
die Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen bejaht:<br />
„Die Gewinnausschüttung steht im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb,<br />
gilt sie doch die durch die Gesellschafter erbrachte Kapitalüberlassung ab.<br />
Zwar bedingt es das System einer Körperschaftsbesteuerung, die Ausschüttung<br />
des Gewinnes an sich von jeder Auswirkung auf das Einkommen der Körperschaft<br />
auszuschließen, solches gilt aber nur <strong>für</strong> den Gewinn bzw. die Gewinnausschüttung<br />
an sich, nicht aber <strong>für</strong> die Aufwendungen der Fremdfi nanzierung der Gewinnausschüttung.<br />
Die Fremdfi nanzierung steht in Zusammenhang mit dem Anspruch<br />
der das Kapital überlassenden Gesellschafter auf Auszahlung des Gewinnes. Es<br />
spricht daher nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nichts dagegen, die Finanzierungsentscheidung<br />
zur Befriedigung des Anspruches auf Gewinnausschüttung<br />
(Finanzierung der Zahlung durch Eigen- oder Fremdmittel) im betrieblichen<br />
Bereich zu belassen. Im Falle einer Fremdfi nanzierung stellen die Zinsen Betriebsausgaben<br />
dar.“ 83<br />
4. Die körperschaftsteuerliche Sphärentrennung als Schranke <strong>für</strong> die<br />
Maßgeblichkeit der Mittelverwendung<br />
Die Argumentation <strong>für</strong> die Abzugsfähigkeit des Fremdfi nanzierungsaufwandes unter<br />
dem ersten Gesichtspunkt der mangelnden Dispositionsfreiheit der Gesellschaft<br />
und der darauf basierenden Überlegung, dass die Ausschüttung „die durch die Gesellschafter<br />
erbrachte Kapitalüberlassung ab[gilt]“, lässt sich durch einen zweiten<br />
Gesichtspunkt ergänzen. Dieser komplementäre Argumentationsansatz fokussiert<br />
ebenfalls die Sphärentrennung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft, die der Anwendung<br />
der Mittelverwendungstheorie insofern eine Schranke ziehen könnte, als<br />
steuerrechtlich der betriebliche Veranlassungszusammenhang des <strong>für</strong> die Ausschüttungsfi<br />
nanzierung aufgenommenen Fremdkapitals mit dem vormals durch Eigenkapital<br />
fi nanzierten Betriebsvermögen nicht durchbrochen wird. Es besteht im Grunde<br />
Einigkeit, dass die veranlassungstheoretischen Überlegungen des Einkommensteuerrechts,<br />
wie sie bei der Fremdfi nanzierung von Entnahmen nach § 4 Abs 1 EStG angestellt<br />
werden, aufgrund der Besonderheiten des Körperschaftsteuerrechts und des gesellschaftsrechtlichen<br />
Kontextes nicht unbesehen auf die Frage der fremdfi nanzierten<br />
Ausschüttung übertragen werden können. Zur Begründung dieser Sichtweise werden<br />
82 So zB Buschmann/Mayerhofer, Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen, ÖStZ 2000/1173, 675<br />
(679 f).<br />
83 VwGH 19.12.2006, 2004/15/0122.<br />
Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007 209
Georg Kofl er<br />
die Finanzierungsfreiheit, 84 die Anwendung der Grundsätze der verdeckten Gewinnausschüttung85<br />
sowie die mangelnde Nutzungsziehung der Gesellschafter86 herangezogen.<br />
Der VwGH macht die Bedeutung der Sphärentrennung insofern deutlich, als<br />
er letztlich auf die – mittelbare – betriebliche Veranlassung87 der Fremdfi nanzierung<br />
insofern rekurriert, als die Gewinnausschüttung eine gesellschaftsrechtliche Maßnahme<br />
darstelle, ohne deren Einhaltung auch eine Kapitalzufuhr <strong>für</strong> unternehmerische<br />
Zwecke nicht erfolgen würde; sie stehe damit in betrieblichem Zusammenhang mit<br />
der Kapitalzuführung, auch wenn sie mit Fremdkapital fi nanziert wird. 88 Über diesen<br />
Zusammenhang mit der Kapitalzuführung und Kapitalüberlassung hinaus ist allerdings<br />
im Lichte des zweiten Gesichtspunkts im Folgenden die Frage zu stellen,<br />
ob aufgrund Sphärentrennung im Körperschaftsteuerrecht – aus einer betrieblichen<br />
Perspektive – der Fokus auf das fi nanzierte Vermögen und weniger auf die Mittelauskehrung<br />
an Gesellschafter zu legen ist.<br />
Einen Ansatzpunkt <strong>für</strong> eine körperschaftsteuerspezifi sche Veranlassungsbetrachtung<br />
der Fremdfi nanzierung der Gewinnausschüttung bietet der durch die Rechtsprechung<br />
bereits ausgelotete umgekehrte Fall der Kosten der Eigenkapitalbeschaffung.<br />
Die dortige Fragestellung sei daher kurz umrissen: § 11 Abs 1 Z 1 KStG normiert<br />
<strong>für</strong> unter § 7 Abs 3 KStG fallende Körperschaften den Betriebsausgabencharakter<br />
der von diesen zu tragenden89 Aufwendungen im Zusammenhang mit gesellschaftsrechtlichen<br />
Vorgängen, also etwa Gründung, Kapitalerhöhung, Zuführung von offenen<br />
oder verdeckten Einlagen etc. 90 Dies führt sogleich zur hier interessierenden<br />
Folgefrage, ob § 11 Abs 1 Z 1 KStG bloß deklarative Bedeutung zukommt und damit<br />
<strong>für</strong> derartige Aufwendungen und Ausgaben ohnehin bereits nach allgemeinem<br />
Steuerrecht der Betriebsausgabenabzug zustünde. Diese Streifrage ist vor allem<br />
zum engeren § 12 Abs 1 Z 1 KStG 1966 entbrannt, wonach Kosten <strong>für</strong> die steuerneutrale<br />
Kapitalbeschaffung durch Kapitalgesellschaften in Form der Ausgabe von<br />
Gesellschaftsanteilen „soweit“ als abzugsfähig erklärt wurden, als diese „nicht aus<br />
dem Aufgabegeld gedeckt werden können“. Während die hA im Schrifttum91 davon<br />
84 Beiser, Fremdfi nanzierung von Gewinnausschüttungen?, ÖStZ 2002/171, 96 (96 ff).<br />
85 In diese Richtung Achatz, Fremdfi nanzierte Gewinnausschüttungen, in Bertl et al (Hrsg), Beteiligungen<br />
in Rechnungswesen und Besteuerung (2004) 131 (136 ff).<br />
86 In diese Richtung Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004)<br />
156 f.<br />
87 Buschmann/Mayerhofer, Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen, ÖStZ 2000/1173, 675 (677).<br />
88 VwGH 19.12.2006, 2004/15/0122. Zu diesem Ergebnis gelangen – wenngleich ohne nähere<br />
Begründung – auch die vereinzelten Stellungnahmen in Deutschland; siehe Lempenau, Betriebsausgaben<br />
und Gewinnermittlung, StbJb 1986/87, 336; Meilicke/Sangen-Emden, Steuerliche<br />
Behandlung von durch verdeckte Gewinnausschüttungen veranlaßten Schulden und<br />
Schuldzinsen, FR 1998, 938 (938); Prinz, Steuerlicher Schuldzinsenabzug – Labyrinth oder<br />
Steuerfalle, StbJb 1999/2000, 293 (312 f).<br />
89 Ex lege Gesellschaftssteuer und Eintragungsgebühr; siehe dazu und zur Übernahme der<br />
Gründungskosten aus gesellschaftsrechtlicher Sicht etwa Koppensteiner, GmbHG 2 (1998), § 7<br />
Rz 10 ff.<br />
90 Dazu Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG 1988, § 11 Anm 7.<br />
91 Siehe zB Lechner, Zur Abzugsfähigkeit der Gesellschaftsteuer bei gesellschaftsrechtlichen<br />
Einlagen, ÖStZ 1984, 246 (246 ff); Arnold, Verfassungs- und gesellschaftsteuerrechtliche<br />
Überlegungen zur Frage der Abzugsfähigkeit der Gesellschaftsteuer bei Gesellschafterzuschüssen,<br />
ÖStZ 1987, 45 (45 ff). Hingewiesen sei darauf, dass diese Sichtweise auch Rückhalt<br />
in der deutschen Rechtsentwicklung fi ndet: Während die Rechtsprechung anfänglich noch<br />
vom begünstigenden Charakter der – dem § 12 Abs 1 Z 1 KStG 1966 entsprechenden – Vorschrift<br />
des § 11 Nr 1a dKStG 1965 ausgegangen war (zB BFH 6.10.1959, I 136/79 U, BFHE<br />
70, 24, BStBl 1960 III 10; BFH 17.10.1961. I 66/60 U, BFHE 73, 784, BStBl 1961 III 551;<br />
210 Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007
Die fremdfi nanzierte Gewinnausschüttung<br />
ausging, dass derartige Ausgaben ohnehin nicht vom Abzugsverbot des § 17 Abs 1<br />
KStG 1966 (§ 12 Abs 2 KStG 1988) erfasst seien und daher lediglich eine konstitutiv<br />
wirkende Einschränkung der Abzugsfähigkeit bei einem Ausgabeaufgeld getroffen<br />
sei, sprachen sich Finanzverwaltung 92 und Rechtsprechung 93 zum KStG 1966 <strong>für</strong> der<br />
konstitutiven Charakter der gesamten Vorschrift aus. Dementsprechend seien Aufwendungen<br />
zur nicht steuerbaren Eigenkapitalbeschaffung im Hinblick auf den gesellschaftsrechtlichen<br />
Zusammenhang nach § 17 Abs 1 KStG 1966 (§ 12 Abs 2 KStG<br />
1988) nicht abzugsfähig, sodass der Gesetzgeber in § 12 Z 1 KStG 1966 eine positive<br />
Ausnahmeregelung <strong>für</strong> jene Kosten, die „nicht aus dem Aufgabegeld gedeckt werden<br />
können“, treffen musste; diese Gegenausnahme <strong>für</strong> die Aufgeldsituation sei daher<br />
eng auszulegen. 94 Daraus folgerte <strong>für</strong> das KStG 1966 weiters, dass nur die Emissionskosten<br />
von Kapitalgesellschaften, „soweit“ diese „nicht aus dem Aufgabegeld<br />
gedeckt werden können“, als abzugsfähig angesehen wurden, während Emissionskosten<br />
anderer Körperschaften zur Gänze vom Abzugsverbot betroffen waren. 95 Es<br />
BFH 27.2.1963, I 204/60 U, BFHE 76, 621, BStBl 1963 III 225), hat die nachfolgende Judikatur<br />
den grundsätzlichen Betriebsausgabencharakter von Kosten der Anteilsausgabe oder<br />
Kapitalerhöhung anerkannt, wobei dem Abzug auch das – dem § 12 Abs 2 KStG 1988 vergleichbare<br />
– Abzugsverbot des § 3c dEStG iVm § 8 dKStG nicht entgegenstehe (grundlegend<br />
BFH 21.12.1977, I R 20/76, BFHE 124, 317, BStBl 1978 II 346; nachfolgend BFH 8.6.1988,<br />
I R 132/84, BFH/NV 1989, 48; BFH 26.7.1989, I R 56/84, BFHE 158, 236, BStBl 1989 II<br />
1027; noch offen gelassen in BFH 18.7.1973, I R 88/71, BFHE 110, 129, BStBl 1973 II 790).<br />
Den Vorschriften des § 11 Nr 1a dKStG 1965 bzw nachfolgend § 9 Nr 1 lit a dKStG 1977<br />
wurde daher nur insoweit konstitutiver Charakter beigemessen, als sie eine Abzugsbeschränkung<br />
an die Deckung im Aufgeld knüpften. Seit dem Entfall dieser Bestimmung durch das<br />
StEntlG 1984 (dBGBl I 1983, 1583 = BStBl 1984 I 14) wird dementsprechend von einer vollen<br />
Abzugsfähigkeit der Kapitalbeschaffungskosten ausgegangen; siehe nur Tz 1 des Schreibens<br />
des dBMF zu „Änderungen des Körperschaftsteuergesetzes durch das Steuerentlastungsgesetz<br />
1984“, BStBl 1984 I 369; weiters zB BFH 19.1.2000, I R 24/99, BFHE 191, 107, BStBl 2000<br />
II 545.<br />
92 ZB Wiesner, Körperschaftsteuerrechtliche Einlagen und Entnahmen, in Doralt/Hassler/<br />
Kranich /Nolz/Quantschnigg (Hrsg), Die Besteuerung der Kapitalgesellschaft, FS Bauer (1986)<br />
349 (354 f); Wiesner, Die schwierige Abgrenzung betrieblicher und außerbetrieblicher Zahlungen,<br />
SWK 1991, A I 139 (A I 160). So wohl auch die Regierungsvorlage zum KStG 1988<br />
(ErlRV 622 BlgNR XVII. GP, 19), wo ausdrücklich von einer Erweiterung gegenüber § 12<br />
Z 1 KStG 1966 dahingehend gesprochen wird, dass § 11 Abs 1 Z 1 KStG 1988 einen uneingeschränkten<br />
Abzug der Aufwendungen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit<br />
Einlagen und Beiträgen iSd § 8 Abs 1 KStG gewährt und sohin den Ausnahmecharakter gegenüber<br />
der in § 12 Abs 2 KStG 1988 verankerten Grundregel des Abzugsverbots bestärkt.<br />
93 Siehe jeweils hinsichtlich der von der Gesellschaft getragenen Gesellschaftsteuer <strong>für</strong> nicht<br />
steuer bare Gesellschafterzuschüsse VwGH 3.6.1987, 86/13/0201, 0202, ÖStZB 1988, 124;<br />
VwGH 14.10.1987, 87/13/0130, ÖStZB 1988, 243; VwGH 17.2.1988, 87/13/0240, 0241,<br />
ÖStZB 1988, 490; VwGH 16.3.1988, 87/13/0213, ÖStZB 1988, 490; VwGH 25.5.1988,<br />
87/13/0236, ÖStZB 1989, 15; VwGH 10.12.1992, 89/14/0062, ÖStZB 1992, 666; VwGH<br />
29.4.1992, 87/13/0214, ÖStZB 1992, 839.<br />
94 Ausdrücklich VwGH 29.4.1992, 87/13/0214, ÖStZB 1992, 839.<br />
95 So VwGH 24.2.1967, 1827/66, ÖStZB 1967, 108 = VwSlg 3579 f/1967 (betreffend Rechtsgeschäftsgebühren<br />
<strong>für</strong> die Erhöhung der Geschäftsanteile von Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften);<br />
VwGH 29.4.1992, 87/13/0214, ÖStZB 1992, 839. Für diese Lesart könnte auch<br />
die ausdrückliche Einbeziehung des im Rahmen der KWG-Novelle 1986 (BGBl 325/1986)<br />
geschaffenen Partizipationskapitals als neues Bankenfi nanzierungsinstrument in die Bestimmung<br />
des § 12 Z 1 KStG 1966 durch das 2. AbgÄG 1987 (BGBl 312/1987) sprechen. Denn<br />
ohne diese Bestimmung wären nach Ansicht der Finanzverwaltung sämtliche Emissionskosten<br />
bei körperschaftsteuerpfl ichtigen Banken, die nicht zugleich Kapitalgesellschaften sind, zur<br />
Gänze vom Abzugsverbot betroffen gewesen; dazu Wiesner, Die abgabenrechtlichen Begleitmaßnahmen<br />
zur KWG-Novelle, ÖStZ 1986, 222 (222 ff).<br />
Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007 211
Georg Kofl er<br />
mag hier dahingestellt bleiben, ob eine Subsumtion der nicht steuerbaren Eigenkapitalbeschaffung<br />
unter § 12 Abs 2 KStG überhaupt widerspruchsfrei erfolgen kann 96<br />
oder ob nicht letztlich sogar das Verfassungsrecht einen anderen Ansatz gebietet.<br />
Wenngleich diese Frage im geltenden Recht wegen § 11 Abs 1 Z 1 KStG kaum noch<br />
Bedeutung haben wird, 99 spricht die von der Rechtsprechung gefundene Lösung eher<br />
gegen das im Schrifttum100 vorgebrachte und eingangs dargestellte Argument des mittelbaren<br />
betrieblichen Zusammenhanges der fremdfi nanzierten Gewinnausschüttung<br />
mit der betrieblichen Notwendigkeit der Kapitalbeschaffung. Allerdings schafft diese<br />
Judikatur im Umkehrschluss auch einen klaren und zutreffenden Anhaltspunkt <strong>für</strong><br />
den Charakter der Trennung der Sphären von Gesellschafter und Gesellschaft. Der<br />
VwGH musste nämlich in Rahmen seiner Judikatur zur Vorgängerbestimmung des<br />
§ 12 Abs 2 KStG auch dem Einwand entgegentreten, dass mit der Einlage eines Einzelunternehmers<br />
zusammenhängende Spesen Betriebsausgaben seien und Gleiches<br />
<strong>für</strong> Gesellschaftereinlagen und die darauf anfallende Gesellschaftsteuer gelten müsse.<br />
Zutreffend hielt der Gerichtshof dieser Überlegung aber die Sphärentrennung entgegen:<br />
101 Bei diesem Vergleich werde nämlich übersehen, „daß bei der Einlage eines<br />
Einzelkaufmannes der Einlegende selbst Steuersubjekt ist. Ihm erwächst im Zusammenhang<br />
mit seiner Erwerbstätigkeit ein abzugsfähiger Aufwand, der in keinem Zusammenhang<br />
mit nicht steuerbaren Einkünften steht. Anders verhält es sich bei einer<br />
Kapitalgesellschaft, die einen Gesellschafterzuschuß erhält. Hier tritt beim Steuersubjekt,<br />
nämlich bei der Kapitalgesellschaft, eine Vermögensvermehrung durch Leistung<br />
von dritter Seite, nämlich seitens der Gesellschafter, ein. Diese Vermögensvermehrung<br />
ist ein nicht steuerbarer <strong>Teil</strong> des handelsrechtlichen Gewinnes [...] und mit<br />
einer Einlage im einkommensteuerrechtlichen Sinn nicht vergleichbar“.<br />
Konsequenterweise muss auch die Trennung der Steuersubjekte im umgekehrten<br />
Fall der Einkommensverwendung nach § 8 Abs 2 TS 1 KStG ebenso streng gesehen<br />
werden. 102 Die Überführung von Fremdmitteln in das Privatvermögen im Wege der<br />
Entnahme iSd § 4 Abs 1 EStG ist damit insofern nicht mit einer fremdfi nanzierten<br />
Ausschüttung iSd § 8 Abs 2 KStG vergleichbar. Im erstgenannten Fall wird der<br />
Sphärenwechsel innerhalb desselben Steuersubjektes vollzogen, während es sich im<br />
96 Sie erscheint jedenfalls insofern inkonsequent, als umgekehrt die betriebliche Veranlassung<br />
der ebenfalls steuerneutralen Fremdmittelbeschaffung nicht bezweifelt und solcherart der sofortige<br />
Betriebsausgabenabzug von – nicht aktivierungspfl ichtigen – Geldbeschaffungskosten<br />
zugelassen wird; siehe VwGH 7.7.1971, 734/69, ÖStZB 1972, 32 = VwSlg 4264 F/1971; die<br />
Abzugsfähigkeit bejahend zB auch BFH 21.2.1973, I R 106/71, BFHE 109, 22, BStBl 1973 II<br />
460 (zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen), und dieser Entscheidung folgend BFH<br />
21.12.1977, I R 20/76, BFHE 124, 317, BStBl 1978 II 346, sowie BFH 26.7.1989, I R 56/84,<br />
BFHE 158, 236, BStBl 1989 II 1027. Insofern läge eine Gleichbehandlung von Kosten der<br />
Eigenmittelbeschaffung nahe; in diese Richtung auch BFH 26.7.1989, I R 56/84, BFHE 158,<br />
236, BStBl 1989 II 1027.<br />
97 Arnold, Verfassungs- und gesellschaftsteuerrechtliche Überlegungen zur Frage der Abzugsfähigkeit<br />
der Gesellschaftsteuer bei Gesellschafterzuschüssen, ÖStZ 1987, 45 (45 ff).<br />
98 Zu möglichen Folgerungen <strong>für</strong> die Frage der fremdfi nanzierten Ausschüttungen, sofern man<br />
die Anwendbarkeit des § 12 Abs 2 KStG auf die Kapitalbeschaffung verneint, siehe bereits<br />
G. Kofl er, Fremdfi nanzierte offene Gewinnausschüttungen im Steuerrecht, GesRZ 2002, 10<br />
(16 f).<br />
99 Siehe aber die Überlegungen zur Gesellschaftsteuer bei der GmbH & Co bei Hörtnagl, Gesellschaftsteuer<br />
bei GmbH & Co K(E)G als Betriebsausgabe?, ÖStZ 2004/5, 15 (15 ff)<br />
100 Buschmann/Mayerhofer, Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen, ÖStZ 2000/1173, 675 (677).<br />
101 VwGH 29.4.1992, 87/13/0214, ÖStZB 1992, 839.<br />
102 Siehe auch Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG 1988, § 8 Anm 1, 10 ff; Bauer/Quantschnigg/Schell<br />
mann/Werilly, KStG, § 8 Tz 1 ff; siehe auch ErlRV 622 BlgNR XVII. GP, 17.<br />
212 Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007<br />
97, 98
Die fremdfi nanzierte Gewinnausschüttung<br />
zweitgenannten Fall um eine Vermögensübertragung auf ein anderes Steuersubjekt<br />
handelt. Ebenso wie daher die Einlage iSd § 8 Abs 1 KStG durch ein anderes Steuersubjekt<br />
in das Betriebsvermögen der Gesellschaft erfolgt, stammt auch die Ausschüttung<br />
an die Gesellschafter aus dem Betriebsvermögen der Gesellschaft, ohne dass<br />
ein Umweg über die „Privatsphäre“ der Gesellschaft unterstellt werden dürfte. 103 Der<br />
im Rahmen des ersten Argumentationsgesichtspunktes104 fokussierte Zusammenhang<br />
der Fremdfi nanzierungskosten mit der steuerneutralen Ausschüttung könnte<br />
sich daher aus steuerrechtlicher Sicht auch deshalb als ein scheinbarer erweisen,<br />
weil es sich bei wirtschaftlicher Wertung aus der Sicht der Gesellschaft lediglich um<br />
einen „Gläubigerwechsel“ handelt: Die durch den Ausschüttungsbeschluss entstandene<br />
Verbindlichkeit gegenüber den Gesellschaftern wird durch eine Verbindlichkeit<br />
gegenüber einem dritten Gläubiger ersetzt. Dieser Fall unterscheidet sich von<br />
den sonstigen Fällen nichtabzugsfähiger Aufwendungen überdies dadurch, dass es<br />
nicht um die Abgrenzung zwischen betrieblichem und außerbetrieblichem Aufwand<br />
der Gesellschaft geht, sondern um die Abgrenzung zwischen Gesellschafts- und Gesellschaftersphäre.<br />
Nur im letztgenannten Fall wird der Gesellschaft – auch durch<br />
Gewinne entstehendendes – Eigenkapital zur Nutzung überlassen, dessen Bindung<br />
im Betriebsvermögen aufgrund des Ausschüttungsanspruches aber idealtypisch temporär<br />
ist. Wäre also der Anspruch der Gesellschafter auf die Ausschüttung instantane<br />
erfüllt worden, hätte dies eine entsprechende Fremdmittelaufnahme zur Aufrechterhaltung<br />
oder Expansion des Betriebes bedurft. 105<br />
Hier darf nämlich auch nicht übersehen werden, dass zu Recht eine parallele<br />
Sphärentrennung im Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner völlig unbestritten<br />
ist: So ist zweifelsfrei zwar die Schuldentilgung selbst nicht abzugsfähig, wohl<br />
aber Aufwendungen, die durch die steuerneutrale Schuldentilgung veranlasst sind. 106<br />
Außer Zweifel steht auch die Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen <strong>für</strong> ein Darlehen,<br />
wenn die durch dieses Darlehen beschafften Valuta zur – steuerneutralen – Rückzahlung<br />
einer Betriebsschuld verwendet werden. 107 Dass hier das vom VwGH in den<br />
Vordergrund gerückte – und auch gegen die Abzugsfähigkeit der Fremdfi nanzierungszinsen<br />
im Ausschüttungsfalle aktivierte – Konzept der unmittelbaren Mittelverwendung<br />
und der geforderte Zusammenhang mit Betriebsausgaben nicht hinreicht,<br />
ist offensichtlich, wird doch die Abzugsfähigkeit bejaht, obwohl die aufgebrachten<br />
Mittel zur steuerneutralen Fremdmittelrückzahlung verwendet werden. Die betriebliche<br />
Veranlassung lässt sich schon daraus begründen, dass der wirtschaftliche Zusammenhang<br />
der Verschuldung als solcher mit dem betrieblichen Bereich bestehen<br />
bleibt, dient doch das neue Darlehen dem Zweck der Ablösung betrieblich veranlasster<br />
Verbindlichkeiten. 108 Damit wird aber lediglich zum Ausdruck gebracht, dass<br />
103 Ebenso Achatz, Fremdfi nanzierte Gewinnausschüttungen, in Bertl et al (Hrsg), Beteiligungen<br />
in Rechnungswesen und Besteuerung (2004) 131 (137).<br />
104 Oben Kapitel II.3.<br />
105 Siehe auch die Argumentation von Buschmann/Mayerhofer, Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen,<br />
ÖStZ 2000/1173, 675 (681).<br />
106 BFH 21.12.1977, I R 20/76, BFHE 124, 317, BStBl 1978 II 346.<br />
107 Siehe nur BFH 4.7.1990, GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl 1990 II 817 mwN; siehe auch<br />
Niedersächsisches FG 25. 7. 1978, VI E 234/77, EFG 1979, 13; BFH 11.12.1980, I R 198/78,<br />
BFHE 133, 27, BStBl 1981 II 462; weiters zB Heinicke in Schmidt, EStG 24 (2005), § 4 Rz 226.<br />
In diese Richtung deuten auch die österreichische Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zur<br />
Sonderausgabenbegünstigung in Umschuldungssituationen; siehe VwGH 10.6.1964, 1323/63,<br />
VwSlg 3097 F/1964 = ÖStZB 1964, 185, sowie BMF, SWK 1993, A 37.<br />
108 BFH 11.12.1980, I R 198/78, BFHE 133, 27, BStBl 1981 II 462.<br />
Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007 213
Georg Kofl er<br />
es letztlich auf die Verbindung zwischen der Verbindlichkeit und dem fi nanzierten<br />
Betriebsvermögen ankommt.<br />
Anders als im Falle der Entnahme nach § 4 Abs 1 EStG liegt daher die Argumentation<br />
nahe, eine ähnliche Überlegung auch beim Ersatz von Eigen- durch Fremdkapital<br />
Platz greifen zu lassen, zumal die Sphäre des Gesellschafters von jener<br />
der Gesellschaft getrennt ist. Insofern wäre die durch die Finanzierungsänderung<br />
liquiditätsmäßig ermöglichte steuerneutrale Erfüllung des Ausschüttungsanspruches<br />
nicht geeignet, den tiefer gehenden betrieblichen Zusammenhang mit der Bindung<br />
des Kapitals im Betriebsvermögen aufzuheben. 109 Die auf der betrieblichen Veranlassung<br />
basierende Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen im Fall der Umschuldung<br />
könnte sich also schon daraus ergeben, dass es sich lediglich um den Ersatz von im<br />
Betrieb genutzten Eigenkapital durch Fremdkapital handelt, zumal Ersteres an einen<br />
weiteren Steuerpfl ichtigen überführt werden muss und daher den erneuten Finanzierungsbedarf<br />
schafft. Dies ist aber im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter<br />
besonders deutlich, zumal § 52 AktG und § 82 Abs 1 GmbHG einen gesetzlichen<br />
Anspruch der Gesellschafter auf den Bilanzgewinn der Gesellschaft schaffen.<br />
Damit scheidet aber die Übertragung der zu § 4 Abs 1 EStG entwickelten Mittelverwendungsrechtsprechung<br />
und des darauf basierenden Abzugsverbots <strong>für</strong> die Kosten<br />
entnommenen Fremdkapitals auf eine fremdfi nanzierte Ausschüttung schon an der<br />
Wurzel aus, ist es doch aufgrund der Sphärentrennung nach dem gesetzlichen Konzept<br />
gerade die Eigenkapitalausschüttung, die eine betriebliche Fremdfi nanzierung<br />
notwendig macht. 110<br />
5. Ergebnis und Folgerungen<br />
„Schuldzinsen in Zusammenhang mit der Finanzierung von Gewinnausschüttungen<br />
stehen nicht mit Betriebsausgaben in Zusammenhang und sind daher nicht<br />
abzugsfähig.“ 111 Diese kurze Begründung Doralts ist auch bei näherer Analyse bestechend.<br />
Sie führt über das doppelt derivative Konzept der Zuordnung von Verbindlichkeiten<br />
zum Betriebsvermögen in erster Linie in den Bereich der „außerbetrieblichen“<br />
Sphäre der Kapitalgesellschaft, fokussiert aber weniger die typischerweise im Rahmen<br />
der Analyse verdeckter Ausschüttungen oder der Analyse der gesellschaftsrechtlichen<br />
Veranlassung der Anschaffung oder Herstellung aktiver Wirtschaftsgüter<br />
aufgeworfene Frage, ob dem Gesellschafter ein Vorteil zugewendet worden ist. Allerdings<br />
lässt sich durch eine Fokussierung der Sphärentrennung zwischen Gesellschaft<br />
und Gesellschafter und des Legalanspruches der Gesellschafter auf die Ausschüttung<br />
erwirtschafteter Gewinne durchaus die betriebliche Veranlassung der Fremdfi nanzierung<br />
einer solchen Ausschüttung begründen. Dieser Sichtweise ist letztlich auch der<br />
VwGH gefolgt: Die Gewinnausschüttung stehe deswegen im wirtschaftlichen Zusammenhang<br />
mit dem Betrieb, weil sie die durch die Gesellschafter erbrachte Kapitalüberlassung<br />
abgilt; das – systemimmanente – Abzugsverbot nach § 8 Abs 2 KStG<br />
gilt „nur <strong>für</strong> den Gewinn bzw. die Gewinnausschüttung an sich [...], nicht aber <strong>für</strong><br />
109 In diese Richtung womöglich auch Djanani/Kapferer, Probleme der Zuordnung von Verbindlichkeiten,<br />
ÖStZ 1987, 166 (166) (Schuldaufnahme zum „Ersatz von abfl ießendem Fremd- und<br />
Eigenkapital“).<br />
110 So im Ergebnis auch Beiser, Fremdfi nanzierung von Gewinnausschüttungen?, ÖStZ 2002/171,<br />
96 (97).<br />
111 Doralt, EStG 2 (1992), § 4 Tz 330 und aktuell EStG 7 (2002), § 4 Tz 330, jeweils unter „Finanzierungskosten“.<br />
214 Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007
Die fremdfi nanzierte Gewinnausschüttung<br />
die Aufwendungen der Fremdfi nanzierung der Gewinnausschüttung“, weshalb „die<br />
Finanzierungsentscheidung zur Befriedigung des Anspruches auf Gewinnausschüttung<br />
(Finanzierung der Zahlung durch Eigen- oder Fremdmittel) im betrieblichen<br />
Bereich zu belassen“ ist und die Zinsen im Falle einer Fremdfi nanzierung daher<br />
Betriebsausgaben darstellen. 112 Über diese Argumentation hinaus ist mE der Anwendung<br />
der Mittelverwendungstheorie auf die Änderung der Finanzierungsform durch<br />
die Sphärentrennung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft – ebenso wie bei jener<br />
zwischen Gläubiger und Schuldner – auch insofern eine Schranke gezogen, als<br />
der betriebliche Veranlassungszusammenhang mit dem vormals durch Eigenkapital<br />
fi nanzierten Betriebsvermögen nicht durchbrochen wird. 113<br />
Bejaht man in diesem Sinne die Abzugsfähigkeit der Fremdfi nanzierungskosten<br />
<strong>für</strong> offene Ausschüttungen, so muss diese Konsequenz mE auch <strong>für</strong> verdeckte Ausschüttungen<br />
gezogen werden. 114 Denn § 8 Abs 2 KStG wohnt der Gedanke inne,<br />
die Kapitalgesellschaft und ihren Anteilseigner so zu stellen, als hätten sie sich<br />
fremdüblich verhalten und die Zuwendung in Form einer offenen Gewinnausschüttung<br />
vorgenommen, anstatt sie in einen Leistungsaustausch zu kleiden. Wenn aber<br />
die Fremdfi nanzierung einer offenen Ausschüttung steuerliche Wirkung hat, kann <strong>für</strong><br />
die verdeckte Ausschüttung nichts Anderes gelten. Auch der mögliche Einwand, die<br />
verdeckte Ausschüttung führe zu einem gesellschaftsrechtlichen oder gesellschaftsvertraglichen<br />
Rückforderungsanspruch der Gesellschaft und dessen Nichtgeltendmachung<br />
lasse die Fremdfi nanzierung societatis causa erscheinen, verfängt nicht. 115 Die<br />
steuerliche Erfassung der verdeckten Ausschüttung erfolgt vielmehr unter Ausblendung<br />
eines – noch nicht geltend gemachten – Rückforderungsanspruches, weshalb<br />
der Vorgang auf Gesellschaftsebene auch nicht als bloße Vermögensumschichtung,<br />
sondern als Vorteilszuwendung der Körperschaft an den Anteilsinhaber anzusehen<br />
ist, die die entsprechenden steuerlichen Konsequenzen auf Gesellschafts- und Gesellschafterebene<br />
auslöst. 116 Erst wenn der gesellschaftsrechtliche Rückgriffsanspruch in<br />
weiterer Folge tatsächlich durchgesetzt wird, handelt es sich um eine Einlage. 117 Dies<br />
führt freilich zu der viel allgemeineren Fragestellung, ob die Nichtgeltendmachung<br />
eines Rückforderungsanspruches und damit aus Gesellschaftssicht einer Einlageforderung<br />
eine verdeckte Ausschüttung in Höhe der entgehenden Zinseinnahmen sein<br />
kann. 118<br />
Schließlich kann noch die Frage der fremdfi nanzierten Einlagenrückzahlung aufgeworfen<br />
werden. Diesbezüglich wird im Schrifttum mit der Eigenschaft der Einlagenrückzahlung<br />
als contrarius actus zum als Tausch normierten Einlagevorgang nach<br />
§ 6 Z 14 lit b EStG argumentiert; es sei somit die Einlagenrückzahlung als Veräuße-<br />
112 VwGH 19.12.2006, 2004/15/0122; siehe dazu oben Kapitel II.3.<br />
113 Siehe dazu oben Kapitel II.4.<br />
114 Siehe auch G. Kofl er, Fremdfi nanzierte offene Gewinnausschüttungen im Steuerrecht, GesRZ<br />
2002, 10 (16 ff); Achatz, Fremdfi nanzierte Gewinnausschüttungen, in Bertl et al (Hrsg), Beteiligungen<br />
in Rechnungswesen und Besteuerung (2004) 131 (145).<br />
115 Vgl Achatz, Fremdfi nanzierte Gewinnausschüttungen, in Bertl et al (Hrsg), Beteiligungen in<br />
Rechnungswesen und Besteuerung (2004) 131 (145 f).<br />
116 Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG, § 8 Rz 36.<br />
117 Vgl etwa VwGH 24.3.1998, 97/14/0118, ÖStZB 1998, 737; Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly,<br />
KStG, § 8 Rz 36; siehe aus der deutschen Rechtsprechung zB BFH 29.5.1996,<br />
I R 118/93, BFHE 180, 405, BStBl 1997 II 92; BFH 25.5.1999, VIII R 59/97, BFHE 188, 569,<br />
BStBl 2001 II 226.<br />
118 Dazu Rz 1081 KStR 2001; siehe zu dieser Frage aus der deutschen Rechtsprechung zB BFH<br />
13.11.1996, I R 126/95, BFHE 182, 358 mwN.<br />
Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007 215
Georg Kofl er<br />
rung von betrieblichem Vermögen anzusehen, die damit im Zusammenhang stehenden<br />
Kosten seien daher als Betriebsausgaben abzugsfähig. 119 Der VwGH ist dieser<br />
Ansicht allerdings mit knapper Begründung entgegengetreten: Die Fremdfi nanzierung<br />
einer Einlagenrückzahlung führt deshalb nicht zu Betriebsausgaben; während<br />
„mit der Ausschüttung des erwirtschafteten Gewinnes die Überlassung von Kapital<br />
durch einen Gesellschafter abgegolten wird und insofern ein betrieblicher Zusammenhang<br />
angenommen werden kann, stellt die Rückgewährung des überlassenen<br />
Kapitals eine rein gesellschaftsrechtliche Maßnahme dar, deren Fremdfi nanzierung,<br />
wie die Fremdfi nanzierung einer Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 1 EStG 1988, nicht zu Betriebsausgaben<br />
führt.“ Obwohl diese Folgerung im Hinblick auf die Rechtsprechung<br />
des VwGH zur prinzipiellen Anwendbarkeit des umgekehrt gelagerten Abzugsverbots<br />
des § 12 Abs 2 KStG auf Aufwendungen im Zusammenhang mit der nicht<br />
steuer baren Kapitalbeschaffung 120 auf den ersten Blick konsequent erscheint, vermag<br />
sie mE letztlich nicht zu überzeugen. Abgesehen davon, dass der VwGH implizit<br />
eine per Analogieschluss umgekehrte Anwendung der ausdrücklichen Abzugserlaubnis<br />
des § 11 Abs 1 KStG <strong>für</strong> Kosten der Kapitalbeschaffung nicht <strong>für</strong> möglich erachtet,<br />
verbleibt gerade bei der Einlagenrückzahlung letztlich noch deutlicher das oben<br />
vorgebrachte Argument, dass es bei der Einlagenrückzahlung zu einer Eigenkapitalausschüttung<br />
kommt, die – ähnlich einer Umschuldung – eine betriebliche Fremdfi<br />
nanzierung notwendig macht und damit letztlich deren betriebliche Veranlassung<br />
nicht beeinfl usst. 121<br />
III. Ein kurzer Blick nach Deutschland zur Frage der (weiteren )<br />
verdeckten Ausschüttung von Fremdkapitalzinsen bei<br />
fremdfi nanzierten Gewinnausschüttungen<br />
Obwohl die Erfassung verdeckter Ausschüttungen auf Gesellschafterebene <strong>für</strong><br />
Vorteilszuwendungen aus dem „außerbetrieblichen“ Bereich einer Kapitalgesellschaft<br />
nicht ausgeschlossen ist, folgt aus der Zuordnung eines Wirtschaftsgutes zur<br />
außerbetrieblichen Sphäre der Gesellschaft, dass auf ihrer Ebene die Annahme einer<br />
verdeckten Ausschüttung jedenfalls ausscheidet. 122 Damit wird aber deutlich, dass<br />
es sich bei der Frage der Abzugsfähigkeit der Fremdfi nanzierungskosten <strong>für</strong> die Gewinnausschüttung<br />
auf Gesellschaftsebene nicht um eine Frage der Vorteilszuwendung<br />
an die Gesellschafter, sondern um eine Frage der Verbindlichkeitszuordnung<br />
handelt. 123 Geht man aber von einer betrieblichen Veranlassung der Verbindlichkeit<br />
und deren Zuordnung zum Betriebsvermögen aus, so folgt schon daraus die Abzugsfähigkeit<br />
der Fremdkapitalzinsen; überdies würde eine (weitere) verdeckte Ausschüttung<br />
der Zinsen schon mangels Vorteilszuwendung an die Gesellschafter ausscheiden.<br />
124 Geht man hingegen von einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung und damit<br />
119 Siehe Achatz, Fremdfi nanzierte Gewinnausschüttungen, in Bertl et al (Hrsg), Beteiligungen in<br />
Rechnungswesen und Besteuerung (2004) 131 (144 f).<br />
120 Siehe dazu und zur gesetzlichen Abzugserlaubnis in § 11 Abs 1 Z 1 KStG oben Kapitel II.4.<br />
121 Dazu oben Kapitel II.4 und wiederum auch Beiser, Fremdfi nanzierung von Gewinnausschüttungen?,<br />
ÖStZ 2002/171, 96 (97).<br />
122 Dazu ausführlich und grundlegend Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften<br />
(2004) 153 ff; siehe auch Bruckner, „Privatvermögen“ einer Kapitalgesellschaft<br />
– Analyse und kritische Anmerkungen, ÖStZ 2003/233, 110 (110 ff).<br />
123 Siehe bereits oben Kapitel II.2.<br />
124 Dazu auch G. Kofl er, Fremdfi nanzierte offene Gewinnausschüttungen im Steuerrecht, GesRZ<br />
2002, 10 (17 f).<br />
216 Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007
Die fremdfi nanzierte Gewinnausschüttung<br />
der Nichtabzugsfähigkeit der Zinsen auf Gesellschaftsebene aus, so wäre zwar eine<br />
verdeckte Ausschüttung der Zinsen auf Gesellschafterebene theoretisch möglich, 125<br />
kommt aber konkret mangels Vorteilszuwendung ebenfalls nicht in Betracht. 126<br />
Auch im deutschen Recht stellt sich dennoch die Frage nach der verdeckten Ausschüttung<br />
der Fremdkapitalzinsen <strong>für</strong> eine fremdfi nanzierte Ausschüttung, wenngleich<br />
vor einem anderen Hintergrund. 127 Anders als der VwGH geht der BFH nämlich<br />
in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei einer Kapitalgesellschaft schon<br />
aufgrund des § 8 Abs 2 dKStG sämtliche Aufwendungen als betrieblich veranlasst zu<br />
behandeln sind, weil eine Kapitalgesellschaft keine außerbetriebliche Sphäre, sondern<br />
ausschließlich Betriebsvermögen haben kann. 128 Daraus folgerte der BFH wiederum,<br />
dass auf einer ersten Stufe selbst gesellschaftlich veranlasste Aufwendungen<br />
als Betriebsausgaben den Gewinn mindern und eine Gewinnkorrektur nur auf einer<br />
zweiten Stufe unter dem Gesichtspunkt einer verdeckten Gewinnausschüttung in<br />
Betracht komme. 129 Daraus würde <strong>für</strong> das Problem der fremdfi nanzierten Gewinnausschüttung<br />
folgern, dass im Fall der gesellschaftlichen Veranlassung der Fremdkapitalaufnahme<br />
und der daraus resultierenden Schuldzinsen eine Korrektur nur über<br />
das Instrument der verdeckten Gewinnausschüttung erfolgen könnte. 130 Entgegen der<br />
hier vorgeschlagenen Verneinung des steuerlichen Veranlassungszusammenhanges<br />
zwischen Fremdfi nanzierung und Ausschüttung geht die deutsche Finanzverwaltung<br />
allerdings implizit von einer gesellschaftsrechtlichen Mitveranlassung der Fremdfi -<br />
nanzierung aus. 131 Denn nur beim Unterstellen einer solchen gesellschaftsrechtlichen<br />
Mitveranlassung im Sinne einer Mittelverwendungstheorie kann sich nach deutschem<br />
Steuerrecht überhaupt die Folgefrage nach der Korrektur des Zinsaufwandes<br />
im Wege einer verdeckten Ausschüttung stellen. Das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung<br />
wird sodann aber vollkommen zu Recht mangels eines – zumindest potentiellen<br />
– Vorteils auf Gesellschafterebene verneint. 132 Finanzierungsaufwendungen<br />
125 Vgl VwGH 20.6.2000, 98/15/0169, ÖStZB 2000/534 (betreffend die Dienstwohnung des Gesellschafter-Geschäftsführers).<br />
126 Siehe bereits RFH 11.12.1934, I A 55/34, RStBl 1935, 119.<br />
127 Siehe auch G. Kofl er, Fremdfi nanzierte offene Gewinnausschüttungen im Steuerrecht, GesRZ<br />
2002, 10 (17 f).<br />
128 So – in Abkehr von der früheren Rechtsprechung – BFH 4.12.1996, I R 54/95, BFHE 182, 123;<br />
BFH 22.1.1997, I R 64/96, BFHE 182, 530, BStBl 1997 II 548; BFH 31.3.2004, I R 83/03,<br />
BFHE 206, 58; siehe aus dem deutschen Schrifttum zB Wassermeyer, Einige Grundsatzüberlegungen<br />
zur verdeckten Gewinnausschüttung, GmbHR 1998, 157 (158); Pezzer, Körperschaftsteuerpfl<br />
ichtige Einkünfte jenseits der sieben Einkunftsarten? StuW 1998, 76 (77);<br />
Weber-Grellet, Liebhaberei im Ertragsteuerrecht, DStR 1998, 873 (876); Hollatz in Herrmann/<br />
Heuer/Raupach, KStG, § 10 Anm 37; dazu ausführlich Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre<br />
von Kapitalgesellschaften (2004) 101 ff mwN.<br />
129 BFH 22.1.1997, I R 64/96, BFHE 182, 530, BStBl 1997 II 548; dazu Wassermeyer, Einige<br />
Grundsatzüberlegungen zur verdeckten Gewinnausschüttung, GmbHR 1998, 157 (158);<br />
Wassermeyer, Neues zur Defi nition der verdeckten Gewinnausschüttung, DB 2002, 2668<br />
(2668 f).<br />
130 G. Kofl er, Fremdfi nanzierte offene Gewinnausschüttungen im Steuerrecht, GesRZ 2002, 10<br />
(17). Siehe auch die Überlegungen bei Meilicke/Sangen-Emden, Steuerliche Behandlung von<br />
durch verdeckte Gewinnausschüttungen veranlaßten Schulden und Schuldzinsen, FR 1998,<br />
938 (938), zur sonst bestehenden Gefahr der Besteuerung von „Luftgewinnen“.<br />
131 Für mögliche Gegenargumente siehe oben Kapitel II.<br />
132 Verfügung der OFD Kiel betreffend „Zinsen auf verdeckte Gewinnausschüttung als weitere<br />
Gewinnausschüttung im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und andere Ausschüttung im Sinne<br />
des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG“ (S 2742 A-St 261), DB 2000, 2095. Siehe zu diesem – bisher<br />
in der deutschen Rechtsprechung nicht deutlich zum Ausdruck gekommenen – „Korrespondenzprinzip“<br />
vor allem BFH 7.8.2002, I R 2/02, BFHE 200, 197, BStBl 2004 II 131 (betref-<br />
Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007 217
Georg Kofl er<br />
<strong>für</strong> offene oder verdeckte Ausschüttungen können daher im deutschen Steuerrecht<br />
nicht als (weitere) verdeckte Ausschüttungen angesehen werden; es bleibt vielmehr<br />
bei der Abzugsfähigkeit. 133 Dies ist im System der verdeckten Gewinnausschüttung<br />
nur folgerichtig: Die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe der<br />
auf die ursprüngliche Ausschüttung entfallenden Zinsleistungen würde nämlich letztlich<br />
insofern zu dem unerträglichen Endloszirkel führen, als dann konsequenterweise<br />
auch die mit vorhandener Liquidität vorgenommene Ausschüttung stets zu weiteren<br />
Vermögensminderungen in Form von nicht gezogenen Erträgen führt, die ihrerseits<br />
verdeckte Gewinnausschüttungen darstellen würden. 134 Damit bleibt zumindest im<br />
Ergebnis festzuhalten, dass nach deutschem Recht die Fremdfi nanzierung von offenen<br />
und verdeckten Ausschüttungen einerseits zur Gänze zu abzugsfähigen Zinsen<br />
führt und andererseits dieser Zinsaufwand auch zu keiner (weiteren) verdeckten<br />
Ausschüttung an die Gesellschafter führt. 135<br />
Am 5.2.2007 wurde der Entwurf des BudgetbegleitG 2007 zur Begutachtung<br />
versandt. Darin ist in Reaktion auf das Erkenntis des VwGH die Einfügung eines<br />
§ 12 Abs 1 Z 8 KStG vorgesehen, wonach „Fremdfi nanzierungskosten im Zusammenhang<br />
mit Einkommensverwendungen im Sinne des § 8 Abs. 2“ <strong>für</strong> nichtabzugsfähig<br />
erklärt werden. Zumal aber aufgrund des Erkenntnisses vom 19.12.2006,<br />
2004/15/0122, der grundsätzliche Betriebsausgabencharakter nach § 4 Abs 4 iVm<br />
§ 7 Abs 2 KStG feststeht, bedürfte der Ausschluss der Steuerwirksamkeit und damit<br />
ein Abweichen vom Ordnungssystems des objektiven Nettoprinzips im Lichte des<br />
verfassungsrechtlichen Sachlichkeitsgebotes einer sachlichen Rechtfertigung (siehe<br />
zB VfSlg 8457/1978; VfSlg 9138/1981; VfSlg 11368/1987). Eine solche ist nicht<br />
ersichtlich: Der in den Erläuterungen herangezogene Vergleich mit der fremdfi nanzierten<br />
Entnahme im Einkommensteuerrecht und der Hinweis auf eine Rechtsformneutralität<br />
vermag aufgrund der vom VwGH betonten Systemunterschiede zwischen<br />
der fremdfi nanzierten Entnahme und der fremdfi nanzierten Ausschüttung das Abzugsverbot<br />
gerade nicht zu tragen.<br />
fend Versicherungsbeiträge zur Finanzierung gesellschaftsrechtlich veranlasster Pensionsansprüche);<br />
dazu auch Wassermeyer, Neues zur Defi nition der verdeckten Gewinnausschüttung,<br />
DB 2002, 2668 (2669), sowie bereits RFH 11.12.1934, I A 55/34, RStBl 1935, 119.<br />
133 Ebenso Wassermeyer, Neues zur Defi nition der verdeckten Gewinnausschüttung, DB 2002,<br />
2668 (2669); zustimmend Achatz, Fremdfi nanzierte Gewinnausschüttungen, in Bertl et al<br />
(Hrsg), Beteiligungen in Rechnungswesen und Besteuerung (2004) 131 (145).<br />
134 Siehe auch die Verfügung der OFD Kiel betreffend „Zinsen auf verdeckte Gewinnausschüttung<br />
als weitere Gewinnausschüttung im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und andere Ausschüttung<br />
im Sinne des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG“ (S 2742 A-St 261), DB 2000, 2095.<br />
135 So im Ergebnis bereits RFH 11.12.1934, I A 55/34, RStBl 1935, 119; ebenso Lempenau, Betriebsausgaben<br />
und Gewinnermittlung, StbJb 1986/87, 327 (336); Meilicke/Sangen-Emden,<br />
Steuerliche Behandlung von durch verdeckte Gewinnausschüttungen veranlaßten Schulden<br />
und Schuldzinsen, FR 1998, 938 (938); Prinz, Steuerlicher Schuldzinsenabzug – Labyrinth<br />
oder Steuerfalle, StbJb 1999/2000, 293 (312 f); Wacker, Zur Neuregelung des Schuldzinsenabzugs<br />
in der „Mehr-Konten-Situation“ – oder: was können wir von Österreich lernen?, DStR<br />
1999, 1001 (1007).<br />
218 Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, <strong>Festschrift</strong> <strong>für</strong> Werner Doralt, Wien 2007
„Zwischenschaltung“ von<br />
Kapitalgesellschaften
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2.3 Persönliche Zurechnung von Einkünften<br />
2.3.1 Allgemeines<br />
104<br />
Einkünfte iSd § 2 Abs. 3 EStG 1988 sind demjenigen zuzurechnen, dem die Einkunftsquelle<br />
zuzurechnen ist. Die Zurechnung von Einkünften muss sich nicht mit dem wirtschaftlichen<br />
Eigentum an der Einkunftsquelle decken (VwGH 25.02.1997, 92/14/0039; VwGH 09.07.1997,<br />
95/13/0025; VwGH 21.07.1998, 93/14/0149). Die Einkunftsquelle kann sich auf das<br />
wirtschaftliche Eigentum, auf ein Mietrecht, auf ein Recht zur Weiter- oder Untervermietung,<br />
auf ein Nutzungsrecht oder eine bloße Tätigkeit gründen. Zurechnungssubjekt ist derjenige,<br />
der aus der Tätigkeit das Unternehmerrisiko trägt, der also die Möglichkeit besitzt, die sich<br />
ihm bietenden Marktchancen auszunützen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern. Die<br />
rechtliche Gestaltung ist dabei nur maßgebend, wenn sich in wirtschaftlicher<br />
Betrachtungsweise nichts anderes ergibt.<br />
Für Zeiträume ab dem 1.1.2010 gelten <strong>für</strong> "zwischengeschaltete", unter dem Einfluss des<br />
Steuerpflichtigen oder seiner nahen Angehörigen (Rz 1129) stehende Kapitalgesellschaften<br />
folgende Grundsätze <strong>für</strong> die Einkünftezurechnung:<br />
Eine Zurechnung der Einkünfte unmittelbar an die natürliche Person erfolgt insbesondere<br />
dann, wenn die Kapitalgesellschaft<br />
1. in Hinblick auf die betreffende Tätigkeit selbst Marktchancen nicht nutzen kann und<br />
2. über keinen eigenständigen, sich von der natürlichen Person abhebenden geschäftlichen<br />
Betrieb verfügt.<br />
Zu 1.: Marktchancen kann eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft nicht nutzen, wenn<br />
die betreffende Tätigkeit entweder aufgrund eines gesetzlichen oder statutarischen Verbots<br />
nur von natürlichen Personen erbracht werden kann (zB "Drittanstellung" von Vorständen,<br />
Stiftungsvorständen und Aufsichtsräten, siehe dazu insbesondere Rz 5266g) oder in<br />
typisierender Betrachtungsweise nach der Verkehrsauffassung eine höchstpersönliche<br />
Tätigkeit darstellt (zB Schriftsteller, Vortragende, Sportler, Künstler).<br />
Zu 2.: Für das Vorliegen eines eigenständigen, sich von der natürlichen Person abhebenden<br />
geschäftlichen Betriebes spricht insbesondere die Beschäftigung von Mitarbeitern, wobei es<br />
auf die rechtliche Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses nicht ankommt. Bloße<br />
Hilfstätigkeiten in der Kapitalgesellschaft (zB Sekretariat) führen jedoch zu keinem<br />
eigenständigen, sich abhebenden geschäftlichen Betrieb. Ist die Tätigkeit der natürlichen<br />
Person bloßer Ausfluss der eigenbetrieblichen Tätigkeit der Kapitalgesellschaft, erfolgt keine<br />
Zurechnung zur natürlichen Person.<br />
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Beispiele:<br />
1. Ein Vorstand gründet eine GmbH und wickelt sein Anstellungsverhältnis über seine<br />
GmbH ab.<br />
Die Vergütungen <strong>für</strong> die Vorstandstätigkeit sind unmittelbar der natürlichen Person<br />
zuzurechnen, da die GmbH die Marktchancen selbst nicht nutzen kann und auch kein<br />
eigenständiger, sich von der Vorstandstätigkeit abhebender Betrieb der GmbH vorliegt.<br />
2. Ein Rechtsanwalt, der Gesellschafter-Geschäftsführer einer Rechtsanwalts-GmbH ist,<br />
wird als Stiftungsvorstand in der von einem seiner Klienten errichteten Privatstiftung<br />
tätig. Sein Dienstvertrag mit der Rechtsanwalts-GmbH sieht vor, dass er die<br />
Vergütungen <strong>für</strong> seine Tätigkeit als Stiftungsvorstand an die Rechtsanwalts-GmbH<br />
abführen muss.<br />
Als Stiftungsvorstand kommt nur eine natürliche Person in Betracht, die Rechtsanwalts-<br />
GmbH kann daher die Marktchancen nicht nutzen. Da die Rechtsanwalts-GmbH jedoch<br />
über einen eigenständigen, sich abhebenden geschäftlichen Betrieb verfügt und die<br />
Tätigkeit als Stiftungsvorstand Ausfluss dieser eigenbetrieblichen Tätigkeit der GmbH<br />
ist, kommt es zu keiner abweichenden Zurechnung.<br />
3. Ein Vorstand eines technischen Unternehmens wickelt sein Anstellungsverhältnis<br />
über seine operativ tätige Wertpapierhandels-GmbH ab.<br />
Zwar verfügt die Wertpapierhandels-GmbH über einen eigenständigen, sich von der<br />
Tätigkeit des Vorstands abhebenden Betrieb; da die Vorstandstätigkeit nicht Ausfluss<br />
dieses Betriebs ist, kommt es zu einer Zurechnung der Vergütungen an die natürliche<br />
Person.<br />
4. Ein Universitätsprofessor rechnet Honorare <strong>für</strong> seine Gutachtenstätigkeit über eine<br />
ihm und seiner Ehefrau gehörende GmbH ab. Einzige Arbeitnehmerin in der GmbH ist<br />
seine Ehefrau, die als Sekretärin beschäftigt wird.<br />
Es liegt in typisierender Betrachtungsweise eine Tätigkeit vor, die höchstpersönlich zu<br />
erbringen ist; die GmbH kann daher nicht die Marktchancen nutzen. Da die GmbH auch<br />
nicht über einen eigenständigen, sich abhebenden Betrieb verfügt, werden die<br />
Honorare der natürlichen Person zugerechnet.<br />
5. Ein Gärtner entschließt sich, sein Einzelunternehmen künftig in der Rechtsform einer<br />
GmbH fortzuführen. Mitarbeiter beschäftigt er nicht.<br />
Da es sich in typisierender Betrachtungsweise um keine höchstpersönliche Tätigkeit<br />
handelt, kann die GmbH die Marktchancen nutzen. Es kommt daher zu keiner<br />
abweichenden Zurechnung.<br />
6. Ein Mitarbeiter der Konzernmutter wird als Aufsichtsrat in die Tochtergesellschaft<br />
entsandt. Die Vergütung <strong>für</strong> diese Tätigkeit ist in seiner Gesamtvergütung, die er von<br />
der Konzernmutter erhält, enthalten. Die Konzernmutter verrechnet der<br />
Tochtergesellschaft eine Umlage <strong>für</strong> diese Konzerngestellung.<br />
Da es sich bei der Konzernmutter nicht um eine unter dem Einfluss des<br />
Steuerpflichtigen oder seiner nahen Angehörigen (Rz 1129) stehende<br />
Kapitalgesellschaft handelt und die Konzernmutter überdies idR über einen<br />
eigenständigen, sich abhebenden Betrieb verfügen wird, kommt es zu keiner<br />
abweichenden Zurechnung. Die von der Tochtergesellschaft geleistete Umlage <strong>für</strong> die<br />
Konzerngestellung unterliegt, ungeachtet der Zurechnung zur Konzernmutter, bei der<br />
Tochtergesellschaft § 12 Abs. 1 Z 7 KStG 1988.<br />
7. Eine Steuerberaterin wird als Vortragende an einer Fachhochschule tätig. Sie<br />
rechnet ihre Honorare aus der Vortragstätigkeit über ihre Steuerberatungs-GmbH ab.<br />
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Als Vortragende an Fachhochschulen kommen nur natürliche Personen in Betracht, die<br />
Steuerberatungs-GmbH kann daher die Marktchancen nicht nutzen. Die<br />
Steuerberatungs-GmbH verfügt zwar über einen eigenständigen, sich abhebenden<br />
geschäftlichen Betrieb. Da die Tätigkeit als Vortragende jedoch nicht Ausfluss dieser<br />
eigenbetrieblichen Tätigkeit der GmbH ist, sind die Vergütungen aus der<br />
Vortragstätigkeit unmittelbar der Steuerberaterin als nichtselbständige Einkünfte (§ 25<br />
Abs. 1 Z 5 EStG 1988) zuzurechnen (vgl. LStR 2002 Rz 992c).<br />
Um eine von der zivilrechtlichen Gestaltung abweichende Einkünftezurechnung ab dem<br />
1.1.2010 zu vermeiden, können bis zum Stichtag 31.12.2009 Umwandlungen gemäß Art. II<br />
UmgrStG vorgenommen werden. Dabei ist davon auszugehen, dass am Tag des<br />
Umwandlungsbeschlusses das Betriebserfordernis erfüllt ist.<br />
105<br />
So etwa werden die von einem Handelsvertreter erbrachten Leistungen diesem und nicht auf<br />
Grund eines internen Rechtsverhältnisses seiner Ehegattin zugerechnet (VwGH 18.10.1995,<br />
95/13/0176). Die Zurechnung der Einkünfte aus einem Bordell etwa erfolgt an denjenigen,<br />
der dort als Geschäftsführer auftritt und Verträge über Getränkelieferungen abschließt<br />
(VwGH 15.12.1998, 98/14/0192). Für sich allein nicht entscheidend ist, auf wessen Konto die<br />
Zahlungen überwiesen wurden (VwGH 15.12.1994, 93/15/0097). Auch wenn während der<br />
Strafhaft eines Steuerpflichtigen sämtliche Geschäfte von seiner Ehefrau geführt werden,<br />
hindert dies die Zurechnung der Einkünfte an ihn nicht (VwGH 3.8.2004, 2001/13/0128).<br />
106<br />
Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung sind demjenigen<br />
zuzurechnen, der zur Nutzung der Vermögenswerte berechtigt ist. Die Durchführung oder<br />
Verhinderung von Reparaturarbeiten an einem Gebäude kennzeichnet typischerweise auch<br />
die vorzunehmende Zurechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung<br />
(VwGH 5.8.1993, 93/14/0031). Für die Zurechnung von Einkünften (aus der Vermietung<br />
einer Liegenschaft) ist es entscheidend, ob das Zurechnungssubjekt über die Einkunftsquelle<br />
verfügt, also wirtschaftlich über diese disponieren und so die Art ihrer Nutzung bestimmen<br />
kann. In Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, wer über die dem Tatbestand entsprechende<br />
Leistung verfügen kann, daher vor allem die Möglichkeit besitzt, Marktchancen zu nutzen<br />
oder die Leistung zu verweigern (vgl. VwGH 29.11.1994, 93/14/0150). Bei der Zurechnung<br />
von Einkünften kommt es dabei auf die wirtschaftliche Dispositionsbefugnis über die<br />
Einkünfte und nicht auf eine allenfalls nach § 24 BAO zu lösende Zurechnung von<br />
Wirtschaftsgütern an (VwGH 26.9.2000, 98/13/0070, VwGH 19.11.1998, 97/15/0001).<br />
107<br />
Bei Verpachtung eines Betriebes sind die Einkünfte dem Pächter zuzurechnen. Bei freiwilliger<br />
wie auch zwangsweiser Abtretung der Einkünfte an einen Dritten bleibt der ursprüngliche<br />
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Bezieher einkommensteuerpflichtig (VwGH 20.7.1999, 93/13/0178, betreffend Einkünfte aus<br />
der Duldung der Automatenaufstellung, die der Ehefrau zugute kamen). So etwa bleibt bei<br />
Lohnpfändung der Arbeitnehmer steuerpflichtig oder sind die Einkünfte eines insolventen<br />
Unternehmens dem Gemeinschuldner (VwGH 29.9.1976, 1387/76) zuzurechnen. Überträgt<br />
der Sportler nicht die Verwertungsrechte an seinem Namen, sondern tritt er gegen Entgelt<br />
die Einnahmen aus den Werbeverträgen ab, dann sind diese Einnahmen (zunächst) weiterhin<br />
ihm zuzurechnen (VwGH 23.1.1996, 95/14/0139).<br />
108<br />
Einkünfte aus einem Nachlassvermögen sind ab dem Todestag dem oder den Erben<br />
(allenfalls im Verhältnis der Erbquoten) zuzurechnen, wobei anderweitige Vereinbarungen<br />
steuerrechtlich anerkannt werden können (VwGH 11. 12. 1990, 90/14/0079;<br />
VwGH 20.4.2004, 2003/13/0160).<br />
Da der ruhende Nachlass einkommensteuerrechtlich nicht als Empfänger von Einkünften in<br />
Frage kommt, sondern die Einkünfte unmittelbar dem Erben zugerechnet werden, bedeutet<br />
dies, dass die zeitliche Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben gemäß § 19 EStG 1988<br />
beim Erben als dem Abgabepflichtigen so erfolgt, als ob die <strong>für</strong> die zeitliche Zuordnung<br />
maßgeblichen Sachverhaltselemente bei ihm selbst und nicht beim ruhenden Nachlass<br />
verwirklicht worden wären. Die vom ruhenden Nachlass erwirtschafteten Überschüsse<br />
werden auch in zeitlicher Hinsicht unmittelbar beim Erben erfasst und bei diesem der<br />
Einkommensteuer unterworfen (VwGH 29.6.2005, 2002/14/0146).<br />
109<br />
In den Fällen der unentgeltlichen Übertragung der Einkunftsquelle gilt Folgendes:<br />
� Im Rahmen einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelte Einkünfte bzw.<br />
außerbetriebliche Einkünfte, die noch vom Erblasser (Rechtsvorgänger) erwirtschaftet<br />
worden sind, aber erst nach seinem Tod (der Übertragung der Einkunftsquelle) zufließen,<br />
sind nach dem Zuflussprinzip dem/den Erben (dem/den Rechtsnachfolger/n)<br />
zuzurechnen. Es bestehen aber keine Bedenken, die Einkünfte zeitanteilig zuzuordnen.<br />
� Bei Gewinnermittlung nach §§ 4 Abs. 1 und 5 EStG 1988 ist grundsätzlich zum Ablauf des<br />
Todestages (Übergabetages) eine Schlussbilanz aufzustellen. Erfolgt dies nicht, bestehen<br />
keine Bedenken, anstelle der Aufstellung einer Bilanz zum Todeszeitpunkt<br />
(Übergabezeitpunkt) die Einkünfte auf den Erblasser (Rechtsvorgänger) und die Erben<br />
(Rechtsnachfolger) zeitanteilig zuzuordnen.<br />
© Bundesministerium <strong>für</strong> Finanzen 20 - 6
EStR 2000 GZ 06 0104/9-IV/6/00 idF GZ BMF-010203/0704-VI/6/2009 vom 11. Dezember 2009<br />
� In den Fällen der Voll- oder <strong>Teil</strong>pauschalierung bestehen keine Bedenken, die Einkünfte<br />
110<br />
zwischen Übergeber und Übernehmer zeitanteilig zuzuordnen; zur Land- und<br />
Forstwirtschaft siehe Rz 5154.<br />
Der ruhende Nachlass wird nur dann als Körperschaftsteuersubjekt angesehen, wenn keine<br />
Erben vorhanden sind oder diese die Erbschaft ausschlagen (vgl. VwGH 13.3.1997,<br />
96/15/0102; VwGH 26.5.1998, 93/14/0191).<br />
Zur Aufteilung der Einkünfte bei ehelicher Gütergemeinschaft siehe Rz 1224.<br />
2.3.2 Fruchtgenuss<br />
2.3.2.1 Allgemeines<br />
111<br />
Einkünfte aus einem Fruchtgenuss iSd ABGB sind dem Fruchtgenussberechtigten als eigene<br />
Einkünfte zuzurechnen (VwGH 25.6.1969, 1430/68), wenn er auf die Einkünfteerzielung<br />
Einfluss nimmt, indem er am Wirtschaftsleben teilnimmt und die Nutzungsmöglichkeiten nach<br />
eigenen Intentionen gestaltet (VwGH 4.3.1986, 85/14/0133). Dazu gehört, dass der<br />
Fruchtgenussberechtigte die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand des<br />
Fruchtgenusses trägt (insbesondere Erhaltungsaufwand, Abgaben und Zinsen). Dem<br />
Fruchtgenussberechtigten bleibt daher nur der Nettoertrag (Einnahmen abzüglich<br />
Aufwendungen). Außerdem muss der Fruchtgenuss <strong>für</strong> eine gewisse Dauer bei rechtlich<br />
abgesicherter Position bestellt sein. Ein Zeitraum von 10 Jahren kann üblicherweise als<br />
ausreichend angesehen werden.<br />
Die Zurechnung der Einkünfte muss nicht mit der Zurechnung der zur Einkunftserzielung<br />
eingesetzten Wirtschaftsgüter zusammenfallen. Die Eigentumsverhältnisse an einem<br />
Wirtschaftsgut allein sagen noch nichts darüber aus, wem die Einkünfte zuzurechnen sind<br />
(VwGH 14.6.1972, 0770/70, betreffend Zimmervermietung durch einen Ehegatten im<br />
Gebäude, das im Eigentum des anderen Ehegatten steht). AfA kann aber im Allgemeinen nur<br />
der wirtschaftliche Eigentümer, somit im Falle eines Fruchtgenusses regelmäßig nur der<br />
Fruchtgenussbesteller, geltend machen, sofern bei ihm überhaupt eine Einkunftsquelle<br />
anzunehmen ist (VwGH 6.11.1991, 91/13/0074).<br />
112<br />
Leistet im Falle des Vorbehaltsfruchtgenusses (siehe Rz 114 f) der Fruchtnießer dem<br />
Fruchtgenussbesteller eine Zahlung <strong>für</strong> Substanzabgeltung in Höhe der bisher geltend<br />
gemachten AfA, dann ist diese Zahlung beim Fruchtnießer abzugsfähig. Der<br />
© Bundesministerium <strong>für</strong> Finanzen 20 - 7
Steuerumgehung und<br />
Missbrauch
Gericht<br />
Verwaltungsgerichtshof<br />
Entscheidungsdatum<br />
09.12.2004<br />
Geschäftszahl<br />
2002/14/0074<br />
Betreff<br />
09.12.2004<br />
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte<br />
Mag. Heinzl, Dr. Sulyok, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die<br />
Beschwerde der L AG in L, vertreten durch die Exinger GmbH Wirtschaftsprüfungs- und<br />
Steuerberatungsgesellschaft in 1010 Wien, Friedrichstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion <strong>für</strong><br />
Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 13. Mai 2002, RV 1092/1-6/2001, betreffend Körperschaftsteuer und<br />
Gewerbesteuermessbeträge <strong>für</strong> 1991 und 1992, zu Recht erkannt:<br />
Spruch<br />
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.<br />
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen<br />
bei sonstiger Exekution zu ersetzen.<br />
Begründung<br />
Mit Gesellschaftsvertrag vom 8. November 1990 gründete die Beschwerdeführerin, eine in Österreich<br />
ansässige AG, mit Gründungshelfern die in Irland ansässige T, eine "Limited Company" mit einem Kapital von<br />
5.000 irischen Pfund und ATS 10.000,-. 1991 erwarb die T 100 % der Anteile der E, einer ebenfalls in Irland<br />
ansässigen "Unlimited Company" mit einem Kapital von 5.000 irischen Pfund und ATS 9.000.000,-. Im<br />
Mai 1999 erhöhte die Beschwerdeführerin das Kapital der T auf ATS 10.000.000,- und leistete im Juni 1991<br />
einen Zuschuss von ATS 390.000.000,- an die E. Dieses Geld wurde in der Folge <strong>für</strong> Finanzgeschäfte<br />
verwendet, die von der in Irland ansässigen B Bank auf Grund eines gesonderten "Managementvertrages"<br />
durchgeführt wurden. In den Jahren 1991 und 1992 erhielt die Beschwerdeführerin von der T eine Dividende<br />
iHv ATS 13.000.000,- bzw ATS 34.000.000,- ausbezahlt. Diese Zahlungen wies die Beschwerdeführerin in<br />
ihren Körperschaftsteuererklärungen <strong>für</strong> die Jahre 1991 und 1992 als steuerfreie Beteiligungserträge gem § 10<br />
KStG aus. Die Körperschaftsteuerbescheide des Finanzamtes <strong>für</strong> die Jahre 1991 und 1992 ergingen<br />
erklärungsgemäß.<br />
Im Jahr 1995 wurde bei der Beschwerdeführerin eine abgabenbehördliche Prüfung betreffend die Jahre 1991<br />
und 1992 durchgeführt. In der Niederschrift über die Schlussbesprechung führte der Prüfer aus, Geschäftszweck<br />
der beiden irischen Gesellschaften seien Transaktionen, die im Zusammenhang mit finanziellen Aktivitäten ( wie<br />
zB Veranlagungen, Ausleihungen, Leasinggesellschaften, Trading von Futures und Commodities,<br />
Finanzierungen, Sicherungen im Währungs- und Zinsbereich etc ( stünden. Die Geschäftsführung der T und der<br />
E werde in Personalunion von drei Iren sowie von zwei Österreichern wahrgenommen. Außer diesen Personen<br />
hätten die Gesellschaften keine weiteren Beschäftigten. Eigene Büroräumlichkeiten stünden nicht zur<br />
Verfügung, stattdessen dürften die Gesellschaften, welche weder im irischen Telefonbuch noch im<br />
Welttelexverzeichnis aufschienen, lediglich die Büroräume der B Bank mitbenützen.<br />
Seit einigen Jahren gewähre Irland ausländischen Gesellschaften, insbesondere Finanzgesellschaften, unter<br />
gewissen Bedingungen eine privilegierte steuerliche Behandlung, welche eine reduzierte Gewinnsteuer von 10 %<br />
vorsehe. Für die Ausübung von Finanzgeschäften einerseits sowie <strong>für</strong> die privilegierte steuerliche Behandlung<br />
andererseits bedürfe es einer Lizenz der irischen Wirtschaftsförderungsbehörde. Die irische Praxis erlaube es,<br />
dass Gesellschaften, welche bereits eine Lizenz <strong>für</strong> die privilegierte steuerliche Behandlung besäßen, diese<br />
Lizenz als Unterlizenz gegen ein Gebühr weitergeben könnten. Möglich sei dies, indem etwa ein bestehender<br />
Lizenzträger mit einer neugegründeten irischen Gesellschaft einen Managementvertrag eingehe, in welchem<br />
festgelegt werde, welche Tätigkeiten der Lizenzträger <strong>für</strong> die Gesellschaft übernehme (zB Führung der<br />
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 11
Verwaltungsgerichtshof 09.12.2004<br />
Buchhaltung, Abschluss von Verträgen). Selbstverständlich werde dies der Lizenzträger nur gegen eine<br />
angemessene Gebühr tun. Infolge einer solchen Konstruktion würden Gewinne des Lizenznehmers mit lediglich<br />
10 % besteuert.<br />
Mit 21. Mai 1991 hätten die Beschwerdeführerin, die T, die E sowie die B Bank einen Managementvertrag<br />
abgeschlossen, demzufolge die B Bank als Manager unter anderem zur Finanzberatung der E, zu<br />
Verwaltungsdienstleistungen <strong>für</strong> diese sowie zur Führung ihrer Geschäftsbücher verpflichtet worden sei.<br />
Ausgehend von diesen Feststellungen sah der Prüfer im Beschwerdefall eine rechtsmissbräuchliche<br />
Konstruktion als gegeben. Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten gem § 22 BAO sei dann gegeben,<br />
wenn der Steuerpflichtige eine rechtliche Gestaltung wähle, die im Hinblick auf den angestrebten Erfolg<br />
ungewöhnlich und unangemessen sei, und ihre Erklärung nur in der Absicht finde, Steuern zu vermeiden. Aus<br />
dem festgestellten Sachverhalt sei abzuleiten, dass es sich bei den irischen Gesellschaften um reine<br />
Briefkastenfirmen handle, Gebilde also, derer man sich gerne <strong>für</strong> internationale Steuerumgehungsstrategien<br />
bediene. Für die Gründung derartiger Briefkastenfirmen seien keine wirtschaftlich beachtlichen Gründe<br />
vorzubringen und sie würden keine wirtschaftlich beachtlichen Tätigkeiten entfalten. Es sei der<br />
Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall nicht gelungen, einen beachtlichen außersteuerlichen Grund <strong>für</strong> die<br />
gewählte Gestaltung zu liefern.<br />
Das Finanzamt erließ - nach Wiederaufnahme des Verfahrens - den Prüfungsfeststellungen entsprechende<br />
Bescheide betreffend die Körperschaftsteuer und den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag <strong>für</strong> 1990 und 1991,<br />
mit welchen es die Zinserträge aus den Kapitalveranlagungen als Betriebseinnahmen der Beschwerdeführerin<br />
(und die in Irland angefallenen Steuern als Betriebsausgaben) erfasste.<br />
Gegen die Sachbescheide richtete sich die Berufung der Beschwerdeführerin. Die Tätigkeit der ausländischen<br />
Finanzierungsgesellschaft habe im gegenständlichen Fall durchaus beachtlichen außersteuerlichen Gründen<br />
gedient. Als solche wurden von der Beschwerdeführerin verminderte Haftungsgründe, vereinfachte<br />
Gründungsvorschriften in Irland, die Möglichkeit regionaler Risikostreuung sowie der Heranziehung irischer<br />
Finanzierungsexperten, die Internationalisierung der Aktivitäten der Unternehmensgruppe, bankrechtliche<br />
Gründe sowie zuletzt die Erhöhung des ausschüttungspolitischen Spielraumes angeführt. Sohin könne in der<br />
Gestaltung kein Missbrauch erblickt werden.<br />
In der Berufung wurde weiters eingewendet, dass die Beschwerdeführerin durch Gründung der T den in<br />
§§ 7 Abs 4 iVm 10 Z 5 KStG vorgezeichneten Weg beschritten habe. Wolle der Steuerpflichtige eine<br />
abgabenrechtliche Begünstigung auf dem Wege erreichen, den das Gesetz ausdrücklich vorsehe, liege nach der<br />
Rechtsprechung des Gerichtshofs jedoch kein Missbrauch vor. Die Beschwerdeführerin führte sodann aus, dass<br />
das DBA Irland (BGBl 1970/390) die Steuerfreiheit der Dividenden ohne Missbrauchsvorbehalt gewähre. Da<br />
jedoch die Eigenständigkeit der DBA-Auslegung die Anwendung innerstaatlicher Missbrauchsvorschriften<br />
zwingend ausschließe und es auf keinen Fall dazu kommen dürfe, dass die durch Artikel 8 Abs 4 DBA Irland<br />
garantierte Steuerfreiheit der Dividenden in Österreich in irgend einer Form - so etwa § 22 BAO - eingeschränkt<br />
werde, bestehe im Ergebnis in Österreich keine Steuerpflicht.<br />
Der Betriebsprüfer führt in seiner der Beschwerdeführerin zugestellten Stellungnahme zur Berufung<br />
Folgendes aus: Faktum sei, dass seit der Einführung der begünstigten Besteuerung <strong>für</strong><br />
Finanzierungsgesellschaften in Irland (10-%ige Besteuerung) ein massiver Kapitalzufluss (nicht nur aus<br />
Österreich) dorthin stattgefunden habe. Da nur irische Firmen (Banken) über die notwendigen Lizenzen<br />
verfügten, die Voraussetzung <strong>für</strong> die begünstigte Besteuerung seien, würden diese Besteuerungsvorteile in Form<br />
von Unterlizenzen an "in Irland errichtete ausländische Gesellschaften" weiter gegeben. Diese neu gegründeten<br />
Gesellschaften würden selbst keine Tätigkeit in Irland entfalten, sondern seien als funktionslose Gebilde<br />
lediglich in Form eines Türschildes bei dem jeweiligen Unterlizenzgeber, als so genannte Briefkastenfirma,<br />
etabliert. Sämtliche begünstigte Finanzierungsgeschäfte würden auf Grund eines Managementvertrages von der<br />
irischen Bank <strong>für</strong> die Unterlizenznehmerin getätigt. Wenn nicht alleiniger Zweck dieser Gestaltungsform die<br />
Steuervermeidung sein sollte, sondern, wie immer behauptet würde, der wichtige und durch äußerst kompetente<br />
Finanzfachleute repräsentierte Finanzplatz Irland im Vordergrund stehe, so dränge sich die Frage auf, wieso über<br />
funktionslose Briefkastenfirmen riesige Summen an Banken weiter geleitet würden, wenn auch ohne diesen<br />
Umweg die Ausnützung eines wichtigen Finanzplatzes möglich wäre, indem ein durch klare Vorgaben<br />
umrissener Bankauftrag direkt (oder über die Hausbank) gegeben werde.<br />
Auch die als außersteuerliche Gründe angeführten Argumente <strong>für</strong> die gewählte Gestaltungsform könnten<br />
nicht überzeugen, denn sowohl die Haftungsfrage als auch bilanzpolitische Maßnahmen seien unabhängig von<br />
der Einschaltung einer irischen Gesellschaft, da die gleichen "Vorteile" auch eine inländische Kapitalgesellschaft<br />
bieten würde. Weiters gehe das Argument der banktechnischen Gründe völlig ins Leere, da ja gerade diese<br />
Geschäfte auf Grund der fehlenden Lizenz nicht von einer der Beschwerdeführerin angehörenden Gesellschaft<br />
hätten getätigt werden können. Da vielmehr auf Grund des Managementvertrages eine irische Bank damit habe<br />
betraut werden müssen, hätten die Geschäfte jederzeit von einer österreichischen Bank durchgeführt werden<br />
können. Diesfalls hätte es einer Bankkonzession gar nicht bedurft. Der weiters angeführte Grund der<br />
vereinfachten Unternehmensgründung in Irland sei nach Ansicht der Prüfers deshalb nicht als beachtlicher<br />
außersteuerlicher Grund geeignet, da ja gerade die Gründung der zwischengeschalteten Gesellschaften nur mit<br />
der Steuervermeidung (Umqualifizierung in Dividendenflüsse) erklärbar sei. Die beiden anderen vorgebrachten<br />
www.ris.bka.gv.at Seite 2 von 11
Verwaltungsgerichtshof 09.12.2004<br />
Gründe (regionale Risikostreuung, Bindung an Finanzplatz England) seien überhaupt nur sehr allgemein und<br />
sagten wenig Konkretes aus.<br />
Der Prüfer gehe daher von Missbrauch iSd § 22 BAO aus, da einerseits die von der Beschwerdeführerin<br />
gewählte Gestaltungsvariante bedingt gewesen sei durch die Erlangung der begünstigten irischen Besteuerung,<br />
aber andererseits <strong>für</strong> funktionslose Gebilde (sprich Briefkastenfirmen) ohne eigenes Personal, Betriebsvermögen<br />
und Büroräumlichkeiten keine außersteuerlichen Gründe vorgelegen seien.<br />
Mit Vorhalt vom 6. März 1998 forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin zur Vorlage ihrer<br />
Aufsichtsratprotokolle betreffend Zustimmung zur Gründung, Erwerb, Kapitalerhöhung und<br />
Gesellschafterzuschuss hinsichtlich der beiden irischen Gesellschaften auf und hielt ihr vor, der von ihr<br />
vorgelegten Aufstellung "Profit and Loss Account" der E <strong>für</strong> 1991 und 1992 seien keine Daten betreffend die<br />
Veranlagungsformen zu entnehmen, die Beschwerdeführerin habe jedoch mitgeteilt, dass die Veranlagung in<br />
Anleihen und Festgeld erfolgt sei. Es werde daher ersucht, die Zusammensetzung des Portefeuilles iSd Vorhaltes<br />
vom 7. Juli 1997 bekannt zu geben und durch Vorlage geeigneter Unterlagen nachzuweisen, da ansonsten<br />
angenommen werden müsse, dass der Unternehmensgegenstand der E, deren Anteile die Tochtergesellschaft T<br />
halte, zu mehr als 25 % im Verwalten von eigenen Forderungswertpapieren bestehe.<br />
Mit Schriftsatz vom 17. März 1998 legte die Beschwerdeführerin einen Auszug aus dem<br />
Aufsichtsratprotokoll vom 8. Mai 1991 und eine englischsprachige Aufstellung über die Veranlagung bei der<br />
Creditanstalt (London Branch), Z-Länderbank Austria AG (London Branch), Mercurbank AG und<br />
CA Leasing GmbH über ein Gesamtvolumen von ATS 380.000.000,- und einem Zinssatz von ca 8,5 % <strong>für</strong> den<br />
Zeitraum 11. Dezember 1992 bis 11. März 1993 vor und führte aus, aus der zur Verfügung gestellten Liste<br />
ergebe sich eindeutig, dass die von der irischen Tochtergesellschaft vorgenommene Veranlagung keinesfalls zu<br />
mehr als 25 % im Verwalten eigener Forderungswertpapiere bestehe. Erst über wiederholte Bitte habe der<br />
Vorstand der irischen Tochtergesellschaft diese Unterlagen zur Verfügung gestellt. Da die irische<br />
Tochtergesellschaft zunächst überhaupt keinen Anlass gesehen habe, derartige Unterlagen an die<br />
Beschwerdeführerin weiter zu leiten, sei dadurch die besondere Mitwirkung der Beschwerdeführerin im<br />
gegenständlichen Verfahren hervorzuheben.<br />
Im genannten Aufsichtsratprotokoll vom 8. Mai 1991 wird im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:<br />
W habe den Antrag gem Anlage 4 gestellt und erläutert, dass die anlässlich der 160. Aufsichtsratssitzung<br />
geforderte Überprüfung der Sicherheiten gezeigt habe, dass das Risiko <strong>für</strong> Veranlagungen über die Irlandtochter<br />
jenem <strong>für</strong> Veranlagungen in Österreich gleichzusetzen sei. Die Haftung durch die B Bank sei im Hinblick auf<br />
Verluste durch Managementvergehen durch ein entsprechendes Managementagreement gedeckt. Im Zuge der<br />
nochmaligen Überprüfung der Gesellschaftskonstruktion habe sich die Notwendigkeit der weiteren Tochter E<br />
herausgestellt, sodass mit der Kapitalerhöhung von ATS 10.500.000,- bei T die Möglichkeit gegeben sei, das<br />
Schachtelprivileg auszunützen und mit dem Zuschuss von ATS 390.000.000,- an E die Gesellschaftssteuer zu<br />
vermeiden. Im Vordergrund dieser Aktivitäten stehe eine Verbesserung des Finanzmanagements, wobei auch<br />
spezielle Leasingfinanzierungen ins Auge gefasst würden.<br />
In der mündlichen Verhandlung vom 26. März 1998 wurde von der Beschwerdeführerin ergänzend<br />
vorgebracht, dass immer gleichmäßig veranlagt und die 25 % Grenze durch Anleihen nicht überschritten worden<br />
sei. Zur Frage, weshalb als Hintergrund <strong>für</strong> die Gründung der Gesellschaft in Irland unter anderem die<br />
Haftungsbeschränkung genannt worden sei, obwohl bei Festgeld und Anleihen gar kein derartiges Risiko<br />
bestehe, wurde von der Beschwerdeführerin vorgebracht, man müsse zwischen Motiv und späterem<br />
tatsächlichen Geschehen unterscheiden. Die Ausgliederung sei zur Beschränkung der Haftung vorgenommen<br />
und damit Vorsorge <strong>für</strong> alle Eventualitäten getroffen worden. Der Vorstand der irischen Gesellschaft habe frei<br />
entscheiden und hätte auch ganz anders veranlagen können.<br />
Dem Hinweis der belangten Behörde, die irischen Gesellschaften hätten gar kein eigenes Personal, wurde von<br />
der Beschwerdeführerin entgegen gehalten, dass in Irland ( im Gegensatz zu Österreich ( der Vorteil bestehe,<br />
<strong>Teil</strong>zeitpersonal zu beschäftigen. Finanzierungsgesellschaften müssten ja nur den Markt beobachten und die<br />
Veranlagung vornehmen. Da<strong>für</strong> seien nicht drei Sekretärinnen, sondern nur Experten, die kaufen und ein Auge<br />
darauf haben, wie sich die Investitionen entwickeln, nötig.<br />
Über Vorhalt, dass nur einer der irischen Geschäftsführer und auch dieser nur mit ATS 17.795,- pro Jahr<br />
bezahlt worden sei, führte die Beschwerdeführerin aus, Irland sei eben sehr vorteilhaft und die Profis in Dublin<br />
im Financial Center sehr günstig.<br />
Mit Schriftsatz vom 26. März 1998 legt die Beschwerdeführerin Unterlagen betreffend die Veranlagungen der<br />
E in Festgeld vor.<br />
Daraus ist Folgendes ersichtlich:<br />
1) Veranlagung von ATS 277.168.113,37 in Festgeld bei der Oberbank in Linz zu 9,3 % vom<br />
11. November 1991 bis 11. Dezember 1991 - Zinsen ATS 3.148.052,88.<br />
2) Veranlagung von ATS 47.446.504,16 in Festgeld bei der CA,<br />
Landesdirektion OÖ, zu 9 % vom 9. Dezember 1991 bis 19. Dezember 1991 - Zinsen<br />
ATS 1.106.023,49.<br />
www.ris.bka.gv.at Seite 3 von 11
Verwaltungsgerichtshof 09.12.2004<br />
Ergänzend wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass hieraus hervorginge, dass ihre Enkelgesellschaft E<br />
im gesamten Berufungszeitraum zu nicht mehr als 25 % in eigenen Forderungswertpapieren veranlagt habe.<br />
Mit Berufungsentscheidung vom 22. April 1998 wurde die Berufung von der belangten Behörde abgewiesen.<br />
Hiergegen erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof, der deren<br />
Behandlung mit Beschluss vom 29. Februar 2000, B 1036/98 ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur<br />
Entscheidung abtrat.<br />
Mit Erkenntnis vom 23. April 2001, 2000/14/0053, hob der Verwaltungsgerichtshof die<br />
Berufungsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde auf.<br />
Im fortgesetzten Verfahren übermittelte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom<br />
10. August 2001 Kopien von Auszügen der Protokolle der Aufsichtsratssitzungen 161 vom 8. Mai 1991, 174<br />
vom 15. Dezember 1993 und 179 vom 21. Oktober 1994 sowie Unterlagen betreffend die Rückführung des<br />
Gesellschafterzuschusses Ende 1994.<br />
Den Auszügen der Protokolle der Aufsichtsratssitzungen ist Folgendes zu entnehmen:<br />
Aufsichtsratssitzung 174 vom 15. Dezember 1993:<br />
"Auf die Frage von (K) nach dem Grund der geringeren Dividenden ex T bemerkt (W), dass hie<strong>für</strong><br />
vorwiegend der sinkende Zinssatz ursächlich ist; es ist ohnehin zu überlegen, ob nicht eine Rückführung des<br />
Kapitals zweckmäßig wäre, da auf Grund steuerlicher Verluste (der Beschwerdeführerin in Österreich) sowie des<br />
Wegfalls der Vermögensteuer kein wesentlicher Grund mehr <strong>für</strong> die Veranlagungsform besteht".<br />
Anlage 14 zum Aufsichtsratsprotokoll 79 vom 21. Oktober 1994:<br />
"Wir ersuchen um Zustimmung, der (C) eine Anzahlung auf künftige Kapitalzufuhr in Höhe von<br />
ATS 400.000.000,- übertragen zu können.<br />
Begründung:<br />
Ansammlung von Finanzmittel <strong>für</strong> mögliche Jointventures in Indien und China im Zusammenhang mit<br />
Aktivitäten des Bereiches Technik (der Beschwerdeführerin) und <strong>für</strong> zukünftige Beteiligung an der (C),<br />
Brasilien.<br />
Folgende Schritte sind da<strong>für</strong> notwendig.<br />
1. (T) und (E), unsere beiden Tochtergesellschaften in Irland, beschließen eine Dividendenausschüttung in<br />
Höhe von ATS 400.000.000,-. Dies bedeutet eine Rückführung der in der E zur Verfügung stehenden Mittel an<br />
die (Beschwerdeführerin).<br />
2. (Die Beschwerdeführerin) beschließt, der (C) eine Anzahlung in der oben angeführten Höhe zu leisten.<br />
Bilanzielle Auswirkungen:<br />
zu 1. Vereinnahmung einer steuerfreien Dividende bei (der Beschwerdeführerin).<br />
zu 2. Einbuchung einer Forderung an die (C).<br />
Unser Steuerberater hat bestätigt, dass oben beschriebene Transaktionen keine Gebühren bzw<br />
Kapitalverkehrsteuern auslösen."<br />
Aufsichtsratssitzung 179 vom 21. Oktober 1994:<br />
"Zu Punkt 8 der Tagesordnung - Antrag auf Genehmigung von Anzahlungen der (Beschwerdeführerin) auf<br />
künftige Kapitalmaßnahmen der (C) - ersucht (R) um Berichterstattung.<br />
(S) berichtet anhand Anlage 14, dass eine Umschichtung der in den beiden irischen Tochtergesellschaften T<br />
und E angesammelten Liquidität auf die (C) in Höhe von ATS 400.000.000,- geplant ist, wobei hier eine<br />
Forderung in der Form einer Anzahlung an die (C) in der Bilanz (der Beschwerdeführerin) eingebucht wird.<br />
Der Aufsichtsrat genehmigt einstimmig die Transaktion."<br />
In der zweiten mündlichen Verhandlung am 18. April 2002 brachte die Beschwerdeführerin unter anderem<br />
vor, dass die Dividenden sowohl nach dem DBA Irland als auch nach innerstaatlichem Recht steuerfrei seien.<br />
Nach der Ausnahmebestimmung des § 7 Abs 4 letzter Satz KStG 1988 dürfe der Unternehmensgegenstand zu<br />
nicht mehr als 25 % im Verwalten eigener Forderungswertpapiere bestehen, es sei denn die ausländische<br />
Gesellschaft unterhalte einen Bankbetrieb. Das Schachtelprivileg sei wegen Vorliegens eines Bankbetriebs<br />
unbestreitbar. Es sei <strong>für</strong> einen <strong>Teil</strong>zeitraum nachgewiesen worden, dass die Beschwerdeführerin nur unter 25 %<br />
in Forderungswertpapieren veranlagt habe. Für den restlichen Zeitraum sei die Beischaffung der geforderten<br />
Unterlagen nicht möglich gewesen.<br />
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung neuerlich als unbegründet ab.<br />
Strittig sei, ob von in Österreich der Körperschaftsteuer unterliegenden Zinserträgen der Beschwerdeführerin<br />
auszugehen sei. Der Grundgedanke, der in § 22 BAO übernommen worden sei, besage, dass bei<br />
Rechtsmissbrauch die Abgaben so zu erheben seien, wie sie bei einer angemessenen rechtlichen Gestaltung<br />
angefallen wären. Hätten die Schöpfer dieses Rechtsgedankens damit einen Interpretationsgrundsatz <strong>für</strong> die<br />
einzelnen abgabenrechtlichen Vorschriften aufstellen wollen, so hätten sie dies doch klargestellt und es nicht auf<br />
www.ris.bka.gv.at Seite 4 von 11
Verwaltungsgerichtshof 09.12.2004<br />
einen Interpretationsstreit ankommen lassen. Loukota (SWI 1991, S 166), dem sich die belangte Behörde<br />
anschließe, meine daher, dass den Schöpfern der Bestimmung des § 22 BAO nicht die Ideen einer "Innentheorie"<br />
vorgeschwebt wären, sondern dass diese erst nachträglich entstanden wäre.<br />
Missbrauch sei eine Gestaltung, die im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich<br />
und unangemessen sei und ihre Erklärung nur in der Absicht der Steuervermeidung finde. Es sei dann zu prüfen,<br />
ob der gewählte Weg noch sinnvoll erscheine. wenn man den abgabenersparenden Effekt wegdenke, oder ob er<br />
ohne das Resultat der Steuerminderung einfach unverständlich wäre. Eine ungewöhnliche Gestaltung sei kein<br />
Missbrauch iSd § 22 BAO, wenn <strong>für</strong> sie außersteuerliche Gründe vorlägen, wobei es Sache des<br />
Abgabepflichtigen sei, die außersteuerlichen Gründe darzutun.<br />
Die Beschwerdeführerin vermeine offensichtlich, bei ihrem planmäßigen Vorgehen wäre jeder Schritt <strong>für</strong> sich<br />
zu betrachten und zu beurteilen. Die belangte Behörde verkenne nicht, dass die Gründung einer<br />
Finanzierungsgesellschaft an sich nicht Ungewöhnliches sei. Ungewöhnlich und unangemessen sei es nach<br />
Ansicht der belangten Behörde jedoch, <strong>für</strong> die geplante Veranlagung von Liquiditätsüberschüssen in Festgeld<br />
und Anleihen in Schilling eine Briefkastengesellschaft in einer Steueroase zu gründen, mit dieser Gesellschaft<br />
die Anteile einer zweiten irischen Gesellschaft zu erwerben, diese einen Managementvertrag mit einer irischen<br />
Gesellschaft abschließen zu lassen, welche die Gelder letztlich über Banken in Österreich in Festgeld und<br />
Anleihen in Schilling veranlage, und die daraus resultierenden Zinsen über die beiden irischen Gesellschaften als<br />
steuerfreie Schachteldividenden fließen zu lassen. Im gegenständlichen Fall sei unbestritten eine Veranlagung<br />
ausschließlich in Schilling getätigt worden. Die Mittel seien zunächst den irischen Gesellschaften in Schilling<br />
zugeführt worden. Diese Gesellschaften hätten ihre Jahresabschlüsse nicht in irischen Pfund, sondern in<br />
Schilling erstellt. Eine Veranlagung durch die zwischengeschaltete irische Gesellschaft sei sodann ebenfalls<br />
ausschließlich in Schilling erfolgt. Die belangte Behörde behaupte nun keineswegs, die Veranlagung in<br />
Festgeldern oder Anleihen sei unangemessen. Als unangemessen erachte sie im gegenständlichen Fall lediglich<br />
die Zwischenschaltung der Briefkastengesellschaften in Irland.<br />
Die Notwendigkeit bzw Sinnhaftigkeit der Einrichtung einer eigenen Finanzierungsgesellschaft, insbesondere<br />
einer solchen in Irland, vermöge die belangte Behörde im gegenständlichen Fall nicht zu erblicken.<br />
Gem § 95 Abs 5 Z 1 AktG sollten der Erwerb und die Veräußerung von Beteiligungen nur mit Zustimmung<br />
des Aufsichtsrates vorgenommen werden. Nach § 92 Abs 2 leg cit seien über die Verhandlungen und Beschlüsse<br />
des Aufsichtsrates Niederschriften zu erstellen. Es wäre völlig ungewöhnlich, wenn ein finanzielles Engagement<br />
im vorliegenden Umfang von ca ATS 400.000.000,- nicht dem Aufsichtsrat zur Genehmigung vorgelegt worden<br />
bzw von diesem nicht zumindest nachträglich erörtert worden wäre, wobei zweifelsohne auch die Motive aufs<br />
Tapet hätten kommen müssen. Tatsächlich finde sich im Prüfungsbericht betreffend den Jahresabschluss 1991<br />
der Beschwerdeführerin der Hinweis, dass der Aufsichtsrat am 7. März 1991 der Finanztransaktion mit einer<br />
irischen Tochtergesellschaft und am 8. Mai 1991 der Kapitalerhöhung bei der T und der Gewährung eines<br />
Zuschusses an eine Enkelgesellschaft zugestimmt habe. Erst über Urgenz der belangten Behörde vom<br />
6. März 1998 habe die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 17. März 1998 eine <strong>Teil</strong>ablichtung des<br />
Aufsichtsratprotokolls vom 8. Mai 1991 vorgelegt. Abgesehen davon, dass sie die dort genannte Anlage 4 nicht<br />
angeschlossen habe, sei festzustellen, dass sie das Aufsichtsratsprotokoll vom 7. März 1991 nicht vorgelegt<br />
habe. Am 7. März 1991 sei es jedoch offensichtlich um die Hintergründe, warum überhaupt Transaktionen über<br />
irische Tochtergesellschaften abgewickelt würden, gegangen. Die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin trotz<br />
ausdrücklicher, wiederholter Aufforderung weder das diesbezügliche Aufsichtsratsprotokoll, noch andere<br />
Planungsunterlagen bereffend Gründung und Erwerb der irischen Gesellschaften vorgelegt habe, lasse vermuten,<br />
dass diese Unterlagen nicht ihre behaupteten Motive stützen, sondern als bloß vorgeschobene Gründe entlarven<br />
würden.<br />
Dies sei durch die im Zuge der Anschlussprüfung beigeschafften Auszüge der Protokolle der<br />
Aufsichtsratssitzungen, die der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 10. August 2001 vorgehalten worden<br />
seien, bestätigt worden. Hier sei insbesondere auf jene Stelle des Protokolls hinzuweisen, aus der hervorgehe,<br />
dass Grund der streitgegenständlichen Gestaltung im Wesentlichen nur die Vermeidung der österreichischen<br />
Steuerbelastung, insbesondere der Vermögensteuer gewesen sei, weshalb nach deren Wegfall und auf Grund der<br />
Verluste der Beschwerdeführerin Überlegungen angestellt worden seien, ob eine Rückführung des Kapitals<br />
zweckmäßig wäre.<br />
Aus den <strong>Teil</strong>ablichtungen der Aufsichtsratssitzung 179 vom 21. Oktober 1994 sei zu entnehmen, dass von<br />
den irischen Gesellschaften im Wege einer ihnen auferlegten Dividendenausschüttung ATS 400.000.000,-<br />
abgezogen worden seien, was die steuerfreie Rückführung der Mittel an die Beschwerdeführerin verbunden mit<br />
einer <strong>Teil</strong>wertabschreibung der Beteiligung an der T ohne Belastung mit Gebühren oder Kapitalverkehrsteuern<br />
hätte bewirken sollen.<br />
Offenbar habe die Beschwerdeführerin sofort auf die Novelle des § 10 Abs 3 KStG 1988 per 1. Januar 1995,<br />
BGBl 1994/681, reagiert und wegen der gesunkenen steuerlichen Attraktivität (drohender Methodenwechsel von<br />
der Befreiung zur Steueranrechnung) die Mittel abgezogen.<br />
Missbrauch nach § 22 BAO könne auch bei Auslandsbeziehungen vorliegen. Bei einem Vertragsgeflecht wie<br />
im gegenständlichen Fall sei das Vorliegen von Missbrauch iSd § 22 BAO durchaus denkbar.<br />
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Verwaltungsgerichtshof 09.12.2004<br />
Entgegen den Behauptungen der Beschwerdeführerin könne die belangte Behörde keine beachtlichen<br />
außersteuerlichen Gründe <strong>für</strong> die vorgenommene Gestaltung erkennen. Die von der Beschwerdeführerin<br />
vorgetragenen, nachstehend angeführten außersteuerlichen Gründe seien nicht stichhaltig.<br />
( Haftungsgründe und regionale Risikostreuung:<br />
Bei der Veranlagung von Liquiditätsüberschüssen des Konzerns erscheine die Haftung keineswegs als<br />
plausibler Grund <strong>für</strong> die Zwischenschaltung einer Finanzierungsgesellschaft. Bei Insolvenz eines Schuldners<br />
wären lediglich die hingegebenen Geldmittel verloren. Worin im gegenständlichen Fall die regionale<br />
Risikostreuung liegen solle, wenn ohnehin - offensichtlich um Spesen <strong>für</strong> das Umwechseln zu vermeiden - eine<br />
Veranlagung nur in Schilling erfolgt sei, bleibe nicht nachvollziehbar. Dass geplant gewesen sei, auch ganz<br />
andere Veranlagungen vorzunehmen, erscheine der belangten Behörde unglaubwürdig.<br />
( Vereinfachung der Gesellschaftsgründung:<br />
Da die belangte Behörde - wie der Betriebsprüfer - davon ausgehe, dass die angemessene Gestaltung die<br />
direkte Beauftragung einer Bank mit der Veranlagung gewesen wäre, erwiesen sich sogar die zwar geringfügigen<br />
Kosten und Bemühungen <strong>für</strong> die Gründung bzw den Erwerb der beiden irischen Gesellschaften als unnötig. Die<br />
Argumentation der Beschwerdeführerin gehe daher ins Leere.<br />
( Unterstützung besonders anerkannter Finanzierungsexperten:<br />
Die Veranlagung von Liquiditätsüberschüssen in Festgeld und Anleihen in Schilling - sei es nun bei der<br />
Commerzbank, der Ungarischen Nationalbank oder der Republik Österreich - bedürfe keiner irischen<br />
Finanzierungsexperten. Im Schriftsatz vom 17. November 1997 habe die Beschwerdeführerin überdies die<br />
teilweise Veranlagung in Österreich bei der Bank Austria AG und CA in Wien, der Oberbank, der<br />
Mercur Bank AG und der Raiffeisenlandesbank in Linz eingestanden. So verwundere es nicht weiter, dass die<br />
Direktoren der E überhaupt nichts und von den Direktoren der T auch nur einer eine Entlohnung erhalten habe.<br />
Doch auch diese habe nur ca ATS 18.000,- pro Jahr betragen. Trotz der Behauptung der Beschwerdeführerin,<br />
Irland sei eben sehr günstig und die Profis im Financial Center in Dublin billig, vertrete die belangte Behörde die<br />
Ansicht, dass dieser Betrag derart gering sei, dass insbesondere in Anbetracht der Höhe der letztlich veranlagten<br />
Mittel von ca ATS 400.000.000,- gefolgert werden müsse, dass von den beiden irischen Gesellschaften gar keine<br />
nennenswerte Tätigkeit erbracht worden sei. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse gehe die belangte Behörde<br />
daher in freier Beweiswürdigung davon aus, dass das Argument mit den Finanzierungsexperten jedenfalls nicht<br />
den Grund <strong>für</strong> die vorgenommene Gestaltung darstelle.<br />
Hinsichtlich der Überwachung der irischen Manager (B Bank) vertrete die belangte Behörde die Ansicht, dass<br />
diese durch die beiden aus der Führungsetage der Beschwerdeführerin entsandten Mitglieder des Vorstandes der<br />
T und E wahrgenommen worden sei.<br />
( Anbindung an den Finanzplatz England:<br />
Dieses Argument erscheine der belangten Behörde, insbesondere auf Grund der oben dargestellten<br />
Veranlagung ausschließlich in Schilling und in Mitteleuropa, zudem teilweise überhaupt bei österreichischen<br />
Banken, ebenfalls unglaubwürdig. Die Zahlungen zwischen der Beschwerdeführerin und den beiden irischen<br />
Gesellschaften seien in Schilling erfolgt. Auch die vorliegenden Jahresabschlüsse der irischen Gesellschaften<br />
seien in Schilling erstellt.<br />
( Bankrechtliche Gründe:<br />
Das Bankwesengesetz, BGBl 532/1993, stamme erst aus dem Jahr 1993 und scheide deshalb schon aus<br />
logischen Gründen als Argument und ernsthaftes Motiv <strong>für</strong> die Gründung der T im Jahr 1990 aus.<br />
( Erhöhung des ausschüttungspolitischen Spielraumes:<br />
Der Prüfer habe dem zutreffend entgegen gehalten, dass dieser Zweck auch durch eine österreichische<br />
Kapitalgesellschaft hätte erfüllt werden können. Außerdem habe die Beschwerdeführerin bereits 1990<br />
Beteiligungen an Kapitalgesellschaften im In- und Ausland besessen. Die Verfolgung einer Ausschüttungspolitik<br />
sei daher ohnehin schon vor Gründung bzw Erwerb der irischen Gesellschaften möglich gewesen. So seien etwa<br />
<strong>für</strong> 1989 bereits ATS 85.312.500,- an Dividenden ausgeschüttet worden. All dies spreche da<strong>für</strong>, dass es sich<br />
hierbei um ein bloß vor- bzw nachgeschobenes Argument handle und um kein Motiv <strong>für</strong> die Gründung der<br />
irischen Gesellschaften.<br />
Dem Einwand, die Möglichkeit der Einschaltung ausländischer Finanzierungsgesellschaften sei vom<br />
Gesetzgeber vorgezeichnet, entgegnete die belangte Behörde, die Beschwerdeführerin verkenne, dass Gründung<br />
bzw Erwerb der beiden irischen Gesellschaften nicht isoliert, sondern im Konnex mit der faktischen<br />
Veranlagung der Liquiditätsüberschüsse der Beschwerdeführerin, deren Erträge ihr letztlich wieder zugeflossen<br />
sind, zu betrachten und zu beurteilen seien. § 22 BAO sei nicht nur bei wirtschaftlicher, sondern auch bei<br />
rechtlicher Anknüpfung anwendbar. Außerdem habe § 7 Abs 4 KStG 1988 idF BGBl 1989/660 durch die<br />
Verwendung des Begriffes "Gewinnanteile jeder Art" ohnehin auch einen wirtschaftlichen Anknüpfungspunkt.<br />
Aus der Novelle des § 10 Abs 3 KStG 1988 per 1. Januar 1995, BGBl 1994/681, lasse sich nach Ansicht der<br />
belangten Behörde entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin nicht ableiten, dass die dort<br />
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Verwaltungsgerichtshof 09.12.2004<br />
angesprochenen Einkünfte vor diesem Zeitpunkt in jedem Fall der Steuerbefreiung <strong>für</strong> internationale<br />
Schachtelerträge unterlägen.<br />
Die von der Beschwerdeführerin gewählte Gestaltung führe zu einer Steuerersparnis. 1987 habe Irland im<br />
ehemaligen Hafengebiet von Dublin ein Zentrum <strong>für</strong> Internationale Finanzdienstleistungen (IFSC) geschaffen.<br />
Unternehmen, die sich im IFSC niederließen, erhielten unter bestimmten Voraussetzungen u.a. eine<br />
zeitbegrenzte Steuervergünstigung in Form einer Ermäßigung des Körperschaftsteuersatzes auf effektiv 10 %.<br />
Nach dem irischen Steuerrecht werde auf Dividendenzahlungen einer Körperschaft an den Anteilseigner eine<br />
Advance Corporation Tax (ACT) erhoben. Diese betrage 1/18 der Dividende, wenn die Gewinne der<br />
Körperschaft der ermäßigten Körperschaftsteuer von 10 % unterlägen. ACT falle jedoch nicht an, wenn die<br />
Dividenden an eine Muttergesellschaft gezahlt würden, die mindestens 75 % der Anteile an der irischen<br />
Gesellschaft halte und in einem Land ansässig sei, mit dem ein DBA bestehe. Irland erhebe im gegenständlichen<br />
Fall keine Quellensteuer.<br />
Es sei unbestritten, dass im gegenständlichen Fall die Gewinne aus der Veranlagung in Anleihen und<br />
Festgelder lediglich der irischen ermäßigten Körperschaftsteuer von 10 % unterworfen seien und damit eine<br />
Ersparnis von 2/3 gegenüber dem in Österreich <strong>für</strong> diesen Zeitraum geltenden Körperschaftsteuersatz von 30 %<br />
(zuzüglich Gewerbesteuer) bewirkt worden sei. Das wahre Motiv der Beschwerdeführerin <strong>für</strong> die<br />
vorgenommene ungewöhnliche und unangemessene Gestaltung liege damit nach Ansicht der belangten Behörde<br />
mit der Steuerersparnis von mehreren Millionen Schilling auf der Hand.<br />
Die angemessene Gestaltung wäre im gegenständlichen Fall die Veranlagung durch die direkte Beauftragung<br />
österreichischer Banken gewesen, die letztlich großteils ohnedies erfolgt sei. Dem von der Beschwerdeführerin<br />
erhobenen Einwand, der Effekt der steuerfreien Thesaurierung hätte auch durch Einschaltung einer Privatstiftung<br />
im Inland erzielt werden können, sei entgegen zu halten, dass dies <strong>für</strong> den Berufungszeitraum nicht zutreffe, weil<br />
das Privatstiftungsgesetz, BGBl 694/1993, zufolge dessen Art XI erst mit 1. September 1993 in Kraft getreten<br />
sei.<br />
Wenn man den abgabensparenden Effekt wegdächte, erscheine der hier eingeschlagene Weg nicht nur nicht<br />
sinnvoll, er wäre nach Ansicht der belangten Behörde vielmehr einfach unverständlich. Damit seien alle nach der<br />
Rechtsprechung erforderlichen Voraussetzungen <strong>für</strong> das Vorliegen eines Missbrauches iSd § 22 BAO erfüllt.<br />
Gem Artikel 8 Abs 4 DBA Irland seien Dividenden, die von einer in Irland ansässigen Gesellschaft an eine in<br />
Österreich ansässige Gesellschaft gezahlt würden, von der österreichischen Steuer befreit. Es könne nicht<br />
ernsthaft behauptet werden, dass Bestimmungen eines DBA in ihrem Zusammenhang so interpretiert werden<br />
müssten, dass das Abkommen ein missbräuchliches internationales Steuerumgehungskonzept schützen und<br />
damit fördern wolle. Ziel und Zweck eines solchen Abkommens sei die Vermeidung der Doppelbesteuerung,<br />
nicht aber die Schaffung von Steuerumgehungsmöglichkeiten.<br />
Es könne den Unterhändlern eines DBA nicht die Absicht unterstellt werden, dass sie durch dessen Abschluss<br />
die Steuerumgehung fördern wollten. Dies wäre jedoch der Fall, wenn sie sich durch dessen Abschluss der<br />
Möglichkeit berauben würden, ihre innerstaatlichen Regelungen zur Bekämpfung der internationalen<br />
Steuerumgehung einzusetzen. Denn dadurch wäre im Verhältnis zum Vertragspartner (hier Irland) im Ergebnis<br />
jeglicher Missbrauch legalisiert. Die Legalisierung von Missbrauch könne aber nicht Abkommenszweck sein.<br />
Die im bekämpften Bescheid vorgenommene Besteuerung stehe auch im Einklang mit dem DBA Irland und<br />
dem Völkerrecht. Schon deshalb könne der Berufung kein Erfolg beschieden sein.<br />
Zum selben Ergebnis komme man jedoch auch, wenn man den Weg der richtigen Zurechnung der Einkünfte<br />
beschreite:<br />
Für die Lösung der Frage, ob einer Person mit steuerlicher Wirkung Einkünfte zuzurechnen seien, komme es<br />
entscheidend darauf an, ob diese Person auch über die Einkünftequelle verfügt; dies wiederum setze voraus, dass<br />
diese Person auf die Einkünfteerzielung Einfluss nehmen könne, indem sie am Wirtschaftsleben teilnehme und<br />
die bloße Nutzungsmöglichkeit nach eigenen Intentionen gestalte; Zurechnungssubjekt sei nur derjenige, der die<br />
sich ihm bietenden Marktchancen ausnütze, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern.<br />
Die streitgegenständlichen Gelder seien letztlich an Schuldner in Österreich und Ungarn vergeben worden.<br />
Die Mittel stammten aus Liquiditätsüberschüssen der Beschwerdeführerin. Die Abschlüsse der irischen<br />
Gesellschaften seien offensichtlich deshalb in Schilling erstellt worden. Die ausgewiesenen Geschäftsführer der<br />
beiden irischen Gesellschaften seien einerseits offensichtlich drei Angehörige von Treuhandunternehmen vor Ort<br />
und andererseits zwei Mitglieder aus der Führungsetage der Beschwerdeführerin gewesen. Der auf die irischen<br />
Geschäftsführer entfallende Aufwand lasse nur auf eine geringfügige Tätigkeit dieser Personen schließen.<br />
Die beiden irischen Gesellschaften hätten weder eigenes Personal noch ein eigenes Büro, sie hätten nicht<br />
einmal eine eigene Fax- oder Telefonnummer. Nach dem Gesamtbild handle es sich bei diesen beiden<br />
Gesellschaften nach Ansicht der belangten Behörde daher um Unternehmen, die gar keinen eigenen<br />
geschäftlichen Betrieb hätten und deswegen keine Leistung erbringen könnten. Diese Einkünfte sind daher direkt<br />
der Beschwerdeführerin zuzurechnen, weil diese ihre Liquiditätsüberschüsse selbst in Österreich und Ungarn in<br />
Schilling in Anleihen und Festgeld veranlagt habe. Da<strong>für</strong> spreche auch, dass in der Geschäftsführung der<br />
irischen Gesellschaften die beiden leitenden Herren der Beschwerdeführerin installiert worden seien.<br />
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Verwaltungsgerichtshof 09.12.2004<br />
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich dadurch in ihren<br />
Rechten verletzt, dass ihr mit dem angefochtenen Bescheid Einkünfte zugerechnet worden seien, die nicht ihr,<br />
sondern ihren Tochtergesellschaften zuzurechnen seien.<br />
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:<br />
Gem § 10 KStG idF BGBl 660/1989 sind unter anderem folgende<br />
Beteiligungserträge von der Körperschaftsteuer befreit:<br />
"5. Bei internationalen Schachtelbeteiligungen (§ 7 Abs. 4):<br />
( Gewinnanteile jeder Art aus der Beteiligung. Voraussetzung ist, dass die Beteiligung seit mindestens zwölf<br />
Monaten vor dem <strong>für</strong> die Ermittlung des Einkommens maßgeblichen Bilanzstichtag ununterbrochen bestanden<br />
hat; die Frist von zwölf Monaten gilt nicht <strong>für</strong> Anteile, die auf Grund einer Kapitalerhöhung erworben wurden,<br />
soweit sich das Beteiligungsausmaß dadurch nicht erhöht hat,..."<br />
§ 7 Abs 3 u 4 KStG idF BGBl 660/1989 lautet:<br />
"(3) Bei Steuerpflichtigen, die auf Grund der Rechtsform nach handelsrechtlichen Vorschriften zur<br />
Buchführung verpflichtet sind, sind alle Einkünfte (§ 2 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988) den<br />
Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 23 Z 1 des Einkommensteuergesetzes 1988) zuzurechnen. Bei Betrieben<br />
gewerblicher Art (§ 2), die nach handelsrechtlichen Vorschriften zur Buchführung verpflichtet sind, und bei<br />
Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften ist der Gewinn nach § 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 zu<br />
ermitteln.<br />
(4) Bei unter Abs. 3 fallenden Steuerpflichtigen bleiben nach Maßgabe des § 10 Z 5 Gewinnanteile jeder<br />
Art aus einer internationalen Schachtelbeteiligung sowie Gewinne aus der Veräußerung der Beteiligung außer<br />
Ansatz. Eine internationale Schachtelbeteiligung liegt vor, wenn der Steuerpflichtige an ausländischen<br />
Gesellschaften, die einer inländischen Kapitalgesellschaft vergleichbar sind, nachweislich in Form von<br />
Gesellschaftsrechten unmittelbar mindestens zu einem Viertel beteiligt ist. Der Unternehmensgegenstand der<br />
ausländischen Gesellschaft darf zu nicht mehr als 25% im Verwalten von eigenen Forderungswertpapieren<br />
(<strong>Teil</strong>schuldverschreibungen, Pfandbriefe, Kommunalschuldverschreibungen und ähnliche Wertpapiere) und<br />
Beteiligungen an anderen Unternehmen mit einem derartigen Unternehmensgegenstand liegen, es sei denn, die<br />
Gesellschaft unterhält einen Bankbetrieb."<br />
§ 22 BAO lautet:<br />
"(1) Durch Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes kann die<br />
Abgabepflicht nicht umgangen oder gemindert werden.<br />
(2) Liegt ein Missbrauch (Abs. 1) vor, so sind die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den<br />
wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben<br />
wären."<br />
Nach ständiger hg Rechtsprechung wird als Missbrauch im Sinn dieser Gesetzesstelle eine rechtliche<br />
Gestaltung angesehen, die im Hinblick auf die wirtschaftliche Zielsetzung ungewöhnlich und unangemessen ist<br />
und nur aufgrund der damit verbundenen Steuerersparnis verständlich wird. Dabei bildet im Allgemeinen nicht<br />
ein einziger Rechtsschritt, sondern eine Kette von Rechtshandlungen den Sachverhalt, mit dem die Folge des<br />
§ 22 Abs 2 BAO (bzw § 44 UmgrStG) verbunden ist. Ein Missbrauch kann also in der dem tatsächlichen<br />
Geschehen nicht angemessenen Hintereinanderschaltung mehrerer rechtlicher Schritte bestehen (vgl. Stoll,<br />
BAO-Kommentar, 248).<br />
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es <strong>für</strong> die Beurteilung einer Gestaltung als<br />
Missbrauch iSd § 22 BAO nicht darauf an, ob der Tatbestand der anzuwendenden Rechtsnormen stärker oder<br />
weniger stark an das Zivilrecht anknüpft (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 24. Juni 2003, 97/14/0060,<br />
14. Jänner 2003, 97/14/0042, 97/14/0051; 2. August 2000, 98/13/0152).<br />
Nach § 22 BAO sind im Umgehungsfall die Steuern so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen<br />
Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären (vgl Kruse,<br />
Steuerrecht3, München 1991, 114, und etwa die hg Erkenntnisse vom 20. März 2002, 96/15/0258, und vom<br />
15. Juni 1993, 91/14/0253).<br />
Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Bestimmung<br />
des § 22 BAO in einer Weise ausgelegt, die mit der - oben wieder gegebenen - hg Rechtsprechung in Einklang<br />
steht. Unzutreffend sind auch die Beschwerdeausführungen, der Verwaltungsgerichtshof wäre von seiner - oben<br />
wieder gegebenen - Rechtsprechung mit den Erkenntnissen vom 24. Jänner 1984, 83/14/0130, vom<br />
13. September 1988, 87/14/0128, vom 23. Mai 1990, 89/13/0272, und vom 20. Juni 1995, 92/13/0268,<br />
abgegangen. Im letztgenannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht, dass<br />
Missbrauch nicht vorliege, wenn der Steuerpflichtige unmittelbar jenen Weg beschreite, den das Gesetz selbst<br />
vorzeichne; diese Ansicht, von der auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausgeht, hält der<br />
Verwaltungsgerichtshof aufrecht.<br />
www.ris.bka.gv.at Seite 8 von 11
Verwaltungsgerichtshof 09.12.2004<br />
Der Steuerpflichtige ist grundsätzlich nicht gehindert, Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des<br />
bürgerlichen Rechts so einzusetzen, dass die geringste Steuerbelastung erzielt wird. Im Falle einer rechtlichen<br />
Gestaltung, die im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen ist<br />
und ihre Erklärung nur in der Absicht der Steuervermeidung findet, ist zu prüfen, ob der gewählte Weg noch<br />
sinnvoll erscheint, wenn man den abgabenersparenden Effekt wegdenkt oder ob er ohne das Resultat der<br />
Steuerminderung einfach unverständlich ist (vgl das hg Erkenntnis vom 30.5.1990, 86/13/0046). Können daher<br />
beachtliche außersteuerliche Gründe <strong>für</strong> eine ( wenn auch ungewöhnliche ( Gestaltung angeführt werden, ist ein<br />
Missbrauch auszuschließen (vgl auch das hg Erkenntnis vom 24.11.1982, 81/13/0021).<br />
Wie der Gerichtshof bereits mit Erkenntnis vom 26. Juli 2000, 97/14/0070, ausgesprochen hat, lässt das<br />
Fehlen einschlägiger Bestimmungen in einem DBA nicht den Schluss zu, dass das Abkommen den Missbrauch<br />
von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts <strong>für</strong> zulässig erklärt. Derartiges wäre mit dem<br />
( <strong>für</strong> die Auslegung eines völkerrechtlichen Vertrages bedeutsamen (vgl Artikel 31 des Wiener Übereinkommens<br />
über das Recht der Verträge BGBl 40/1980) ( Ziel und Zweck des Abkommens, die Besteuerungsrechte auf die<br />
Staaten nach sachlichen Kriterien aufzuteilen, unvereinbar. Auch bei Fehlen ausdrücklicher<br />
Abkommensbestimmungen hat daher ein Staat das Recht, sich vor einer unberechtigten Ausnützung der im<br />
Abkommen vorgesehenen Steuervorteile zu schützen (vgl auch Loukota, Internationale Steuerplanung und<br />
"treaty-shopping", ÖStZ 1990, 2 ff, und die dort referierte Rechtsprechung des BFH). Diese Auffassung<br />
entspricht auch der überwiegenden Staatenpraxis (vgl dazu den bei Loukota, aaO, zitierten OECD-Bericht).<br />
Die Beschwerde zeigt zutreffend auf, dass § 22 BAO an eine ungewöhnliche und unangemessene Gestaltung,<br />
die in Steuerersparnisabsicht gesetzt wurde, anknüpft. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die belangte<br />
Behörde im angefochtenen Bescheid aber die hie<strong>für</strong> erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen getroffen.<br />
Die belangte Behörde hat die Feststellung getroffen, dass die Beschwerdeführerin <strong>für</strong> die geplante<br />
Veranlagung ihrer Liquiditätsüberschüsse eine Gesellschaft (mit einem im Wesentlichen in Schillingwährung<br />
bestehenden Stammkapital) in der irischen Wirtschaftszone <strong>für</strong> Finanzdienstleistungen ( IFSC (Steueroase) (<br />
gegründet und mit dieser Gesellschaft die Anteile einer zweiten irischen Gesellschaft (wiederum mit einem im<br />
Wesentlichen in Schillingwährung bestehenden Kapital) erworben habe. Im Beschwerdefall sind zur bloßen<br />
Tatsache der Gründung bzw des Kaufes von irischen Gesellschaften (die ihre Jahresabschlüsse in Schilling<br />
erstellten) noch eine Reihe von weiteren Umstände hinzugetreten: Die Gesellschaft E hat von der<br />
Beschwerdeführerin einen "Zuschuss" von ATS 390.000.000,- erhalten, der nicht auf einen Kapitalbedarf der E<br />
zurückzuführen war. Die E veranlagte das Kapital konservativ in Festgeld in Schillingwährung und Anleihen in<br />
Schillingwährung, noch dazu im Wesentlichen bei Banken in Österreich, um die daraus resultierenden Zinsen<br />
über die Gesellschaften T als steuerfreie Schachteldividenden an die Beschwerdeführerin fließen zu lassen. Die<br />
Aktivitäten der irischen Gesellschaften haben sich auf die Veranlagung der Liquiditätsüberschüsse der<br />
Beschwerdeführerin beschränkt; sie haben über keine eigenen Büroräume verfügt; ihr Personal bestand lediglich<br />
aus Direktoren, von denen jeweils zwei zugleich leitende Angestellte der Beschwerdeführerin waren und die<br />
anderen zwar in Irland ansässig waren, aber entweder gar nicht oder nur geringfügigst entlohnt werden mussten.<br />
In der Beschwerde wird eingewendet, die belangte Behörde habe zu Unrecht angenommen, dass die E von<br />
vornherein eine Veranlagung in Schilling geplant habe. Weiters habe sie ihre Feststellung nicht begründet,<br />
wonach die T als "Briefkastengesellschaft" und Irland als "Steueroase" anzusehen sei. Zudem habe die<br />
Beschwerdeführerin keineswegs Einfluss auf die Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft genommen, weshalb<br />
nicht zu vermuten sei, dass sie den Abschluss eines Vertrages zwischen der E und einer irischen Bank veranlasst<br />
habe.<br />
Im Beschwerdefall steht außer Zweifel, dass die Behörde mit dem Begriff der "Briefkastengesellschaft" auf<br />
die ( von der Beschwerdeführerin keineswegs bestrittene ( Tatsache Bezug genommen hat, dass weder die T<br />
noch die E über eigene Büroräumlichkeiten verfügten, sondern nur jene der B Bank in Dublin mitbenützen<br />
konnten. Die beiden irischen Gesellschaften schienen weder im irischen Telefonbuch noch im<br />
Welttelexverzeichnis auf. In der ( nicht konkret bestrittenen ( Stellungnahme des Prüfers zur Berufung der<br />
Beschwerdeführerin wird ausgeführt, die Gesellschaften "entfalten selbst keine Tätigkeit in Irland, sondern sind<br />
als funktionslose Gebilde lediglich in Form eines Türschildes bei dem jeweiligen Unterlizenzgeber" etabliert.<br />
Bei dieser Sachlage und unter Berücksichtigung der geringen Steuerbelastung, welcher die irischen<br />
Gesellschaften unterlagen, erscheint der Begriff der "Briefkastengesellschaft" als durchaus geeignet, die in Rede<br />
stehenden irischen Gesellschaften zu charakterisieren. Dies gilt auch <strong>für</strong> den Begriff der "Steueroase". Aus dem<br />
angefochtenen Bescheid ist nämlich ohne weiteres erkennbar, dass die belangte Behörde diese Formulierung<br />
gewählt hat, um die besonderen steuerlichen Begünstigungen, welche Irland ausländischen Gesellschaften unter<br />
bestimmten ( im Beschwerdefall gegebenen ( Voraussetzungen einräumte, zu beschreiben. Auf diese besondere<br />
steuerliche Situation hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausführlich hingewiesen.<br />
Gesellschafter der E war ausschließlich die T, deren einzige Gesellschafterin wiederum die<br />
Beschwerdeführerin war. Weiters wurde die Geschäftsführung beider irischer Gesellschaften<br />
unbestrittenermaßen von drei Iren, von denen lediglich einer ein Honorar (geringfügige Entlohnung von ca<br />
ATS 18.000,- pro Jahr) bezog, sowie von zwei von der Beschwerdeführerin aus dem Kreis ihrer Dienstnehmer<br />
entsandten Österreichern wahrgenommen. Solcherart handelt es sich im Verhältnis der T zur E und zur<br />
Beschwerdeführerin im Hinblick auf die finanzielle und organisatorische Eingliederung um organschaftsähnliche<br />
www.ris.bka.gv.at Seite 9 von 11
Verwaltungsgerichtshof 09.12.2004<br />
Gestaltungen. Bei dieser Sachlage hält die Beweiswürdigung der belangten Behörde, wonach die maßgeblichen<br />
Finanzierungsentscheidungen betreffend die Veranlagung der ca 400 Millionen Schilling nicht in Irland, sondern<br />
bei der Beschwerdeführerin getroffen wurden, der verwaltungsgerichtlichen Schlüssigkeitskontrolle stand. In<br />
diesem Zusammenhang konnte auch der Umstand mitberücksichtigt werden, dass eine konservative Veranlagung<br />
in Schillingwährung, im Wesentlichen bei österreichischen Banken gewählt worden ist, und dass die<br />
Beschwerdeführerin letztlich den Rückfluss der Mittel (und deren Verwendung <strong>für</strong> andere Zwecke) veranlasst<br />
hat. Die Frage, ob sich die Beschwerdeführerin bereits im vorhinein <strong>für</strong> diese konkrete Art der Veranlagung<br />
entschieden hatte, ist im gegebenen Zusammenhang nicht von entscheidender Bedeutung.<br />
Dass die belangte Behörde bei der gegebenen Sachlage von einer ungewöhnlichen und unangemessenen<br />
Gestaltung ausgegangen ist und die Ursache <strong>für</strong> die Wahl einer solchen Gestaltung im subjektiven Streben nach<br />
Steuervermeidung gesehen hat, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht als rechtswidrig zu erkennen.<br />
Dem steht auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht entgegen, wonach<br />
Finanzierungsentscheidungen niemals unangemessen sein könnten. Denn fraglich ist im streitgegenständlichen<br />
Fall nicht isoliert die Angemessenheit der Finanzierungsentscheidung der E. Zu beurteilen ist vielmehr die<br />
Gesamtgestaltung, welche ( wie oben ausgeführt ( als ungewöhnlich und unangemessen beurteilt werden durfte.<br />
Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auch mit<br />
allen von der Beschwerdeführerin behaupteten außersteuerlichen Gründe <strong>für</strong> die gewählte Vorgangsweise<br />
auseinander gesetzt und ist in unbedenklicher Weise zum Ergebnis gelangt, dass diese Gründe in Wahrheit nicht<br />
vorgelegen sind:<br />
Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Ausgliederung der Finanzierungsaktivitäten in eine eigene<br />
Gesellschaft hätte insbesondere der Haftungsverminderung gedient. Diesem Argument hat die belangte Behörde<br />
im angefochtenen Bescheid zutreffend entgegen gehalten, dass bei der Veranlagung in Festgeld und bei der<br />
Zeichnung von Anleihen im Falle der Insolvenz des Schuldners die hingegebenen Geldmittel verloren seien,<br />
dieses Risiko aber durch die Zwischenschaltung irischer Gesellschaften nicht gemindert werde. Den weiteren<br />
Ausführungen der Beschwerdeführerin, dass bei Finanzierungsaktivitäten durch Übernahme zusätzlicher<br />
Verpflichtungen mehr als das eingesetzte Kapital verloren gehen könnte, ist einerseits zu entgegnen, dass<br />
keinerlei Anzeichen da<strong>für</strong> sprechen, dass risikoreiche Veranlagungsformen dieser Art hinsichtlich der in Rede<br />
stehenden Liquiditätsüberschüsse der Beschwerdeführerin in Betracht gezogen worden wären, anderseits, dass<br />
die Haftungsbeschränkung <strong>für</strong> risikoreiche Geschäfte nicht erreicht werden kann, wenn die<br />
Liquiditätsüberschüsse (ca ATS 400.000.000,-) gerade jenen Gesellschaften überwiesen werden, auf welche die<br />
Haftung beschränkt werden soll, zumal dann die Gläubiger dieser Gesellschaften auf diese Geldmittel greifen<br />
können.<br />
Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, dass Gesellschaftsgründungen in Irland einfacher als in<br />
Österreich durchgeführt werden könnten. Diesem Einwand ist im angefochtenen Bescheid zutreffend entgegen<br />
gehalten worden, dass vergleichsweise nicht auf eine Gesellschaftsgründung in Österreich, sondern darauf<br />
abzustellen ist, welche Kosten und Mühen eine gewöhnliche und angemessene Gestaltung verursacht hätte. Eine<br />
solche hätte jedoch in der direkten Veranlagung (in Anleihen, etc) bestanden, ohne dass es der<br />
Zwischenschaltung einer irischen Gesellschaft bedurft hätte. Im Vergleich dazu hat die Gesellschaftsgründung in<br />
Irland jedenfalls höhere Kosten und Mühen verursacht.<br />
In der Beschwerde wird sodann darauf hingewiesen, dass in Irland besonders ausgebildete<br />
Finanzierungsexperten zur Verfügung gestanden seien. Dabei stünde es der Qualität der Experten nicht entgegen,<br />
dass sich diese <strong>für</strong> eine Veranlagung in österreichischen (aber auch deutschen und ungarischen) Wertpapieren<br />
entschieden hätten sowie aufgrund des geringen Zeitaufwandes nur geringfügig entlohnt worden seien.<br />
Wie bereits aufgeführt hält die Beweiswürdigung der belangten Behörde, wonach die maßgeblichen<br />
Finanzierungsentscheidungen nicht in Irland getroffen worden seien, der verwaltungsgerichtlichen<br />
Schlüssigkeitskontrolle stand. Darüber hinaus unterlässt es die Beschwerdeführerin darzulegen, warum die<br />
Beiziehung der irischen Anlageberater gerade der streitgegenständlichen Gestaltung bedurft habe, wäre es der<br />
Beschwerdeführerin doch unbenommen gewesen, sich unmittelbar ( etwa im Wege eines Werkvertrages ( der<br />
Beratungsleistungen dieser Personen zu bedienen. Solcherart ist nicht ersichtlich, warum die gleiche<br />
Beratungsleistung nicht auch von Österreich aus ( ohne Zwischenschaltung zweier irischer Gesellschaften ( zu<br />
erreichen gewesen wäre.<br />
Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, dass durch die Gründung der irischen Finanzierungsgesellschaft<br />
die Voraussetzungen <strong>für</strong> eine Internationalisierung geschaffen worden seien. Für diese Einsicht bedürfe es keiner<br />
umfangreichen schriftlichen Konzepte.<br />
Der Verwaltungsgerichtshof vermag diese Ausführungen in dieser Allgemeinheit nicht nachzuvollziehen.<br />
Worin jene Internationalisierung bestanden habe, welche die in Rede stehende Gestaltung erforderlich gemacht<br />
hätte, ist aus dem Vorbringen nicht zu erkennen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, worin sich die Anbindung an<br />
den Finanzplatz England und Irland manifestiert haben solle, erfolgte die Veranlagung der Gelder doch<br />
ausschließlich in Schillingwährung sowie in Österreich (und allenfalls anderen kontinentaleuropäischen<br />
Ländern). Der Einwand, die belangte Behörde habe in diesem Zusammenhang jegliche Ermittlungstätigkeit<br />
unterlassen, zeigt einen relevanten Verfahrensfehler nicht auf, weil es die Beschwerdeführerin unterlässt<br />
www.ris.bka.gv.at Seite 10 von 11
Verwaltungsgerichtshof 09.12.2004<br />
auszuführen, welche weiteren Sachverhaltsteile zu erheben gewesen und worin die Vorteile der von ihr<br />
behaupteten "Internationalisierung" im Einzelnen gelegen gewesen wären.<br />
In der Beschwerde wird schließlich eingewendet, dass bankrechtliche Vorschriften die Durchführung der<br />
Finanzierungstätigkeiten im Ausland veranlasst hätten.<br />
Dieses Argument erweist sich schon deshalb als nicht stichhaltig, weil die Befugnis zur Veranlagung eigener<br />
Gelder nicht von der - damals in Geltung gestandenen - Bestimmung des § 1 KWG, BGBl 63/1979, erfasst<br />
gewesen ist. Die Verwaltung eigenen Vermögens (durch Zeichnung von Anleihen, etc) stellt kein Bankgeschäft<br />
iSd KWG dar.<br />
Zuletzt wird in der Beschwerde auf die Erhöhung des bilanzpolitischen Spielraumes als außersteuerlichen<br />
Grund hingewiesen. Die Beschwerdeführerin unterlässt es jedoch, konkret darzulegen, worin diese Erhöhung der<br />
bilanzpolitischen Spielräume bestanden bzw weshalb dies gerade die streitgegenständliche Gestaltung erfordert<br />
habe. Im hg Erkenntnis vom 7. August 1992, 89/14/0160, auf welches sich die Beschwerde bezieht, werden im<br />
Zusammenhang mit der in jenem Beschwerdefall zu prüfenden "Schüttaus-Hol-zurück" Politik der durch jene<br />
Gestaltung bewirkte Ausweis von Erträgen und die Minderung der stillen Reserven im Beteiligungsansatz durch<br />
Erhöhung des Buchwertes der Beteiligung als bilanzpolitische Gründe und damit als außersteuerliche Motive<br />
anerkannt. Im Gegensatz dazu führt jedoch die im Beschwerdefall zu prüfende Gestaltung weder zu einer<br />
Erhöhung der im Jahresabschluss der Beschwerdeführerin auszuweisenden Erträge noch zu einer Minderung<br />
einer stillen Reserve im Bilanzansatz der Beteiligung (an der T). Solcherart zeigt auch dieses Vorbringen nicht<br />
auf, dass die von der Beschwerdeführerin gewählte Gestaltung auf einen außersteuerlichen Grund<br />
zurückzuführen wäre.<br />
Die Beschwerdeführerin wendet sodann ein, der Annahme eines Missbrauchs iSd § 22 BAO stehe entgegen,<br />
dass sie nur jenen Weg beschritten habe, den das Gesetz vorgezeichnet habe. Die in den<br />
Veranlagungszeiträumen 1991 und 1992 anwendbaren Regelungen des § 7 Abs 4 KStG hätten die Steuerfreiheit<br />
<strong>für</strong> Dividenden aus internationalen Schachtelbeteiligungen nur dann nicht vorgesehen, wenn der<br />
Unternehmensgegenstand der ausländischen Gesellschaft zu "mehr als 25% im Verwalten von eigenen<br />
Forderungswertpapieren (<strong>Teil</strong>schuldverschreibungen, Pfandbriefen, Kommunalschuldverschreibungen und<br />
ähnlichen Wertpapieren) und Beteiligungen an anderen Unternehmen mit einem derartigen<br />
Unternehmensgegenstand" liege, es sei denn die Gesellschaft unterhalte einen Bankbetrieb. Mit der<br />
"formalrechtlichen Anknüpfung" an den kapitalertragsteuerlichen Begriff der Forderungswertpapiere im EStG<br />
sei vom Gesetzgeber ganz ausdrücklich vorgezeichnet gewesen, dass jede andere Art der Veranlagung, die nicht<br />
in Form von Forderungswertpapieren erfolge, nicht zur Einschränkung der Steuerfreiheit <strong>für</strong> Dividenden aus<br />
internationalen Schachtelbeteiligungen führe.<br />
Dem Verwaltungsgerichthof ist nicht einsichtig, aus welchen Gründen das Tatbestandsmerkmal der<br />
"Forderungswertpapiere" in § 7 Abs 4 KStG im Sinne einer "formalrechtlichen Anknüpfung" zu interpretieren<br />
sei, bzw welche sachliche Rechtfertigung da<strong>für</strong> gefunden werden könnte - ein solches Interpretationsergebnis<br />
schwebt dem Beschwerdeführer offenkundig mit Appellieren an eine "formalrechtliche Anknüpfung" vor -, bei<br />
der Festlegung einer internationalen Schachtelbeteiligung iSd § 7 Abs 4 KStG Festgeldveranlagungen anders zu<br />
behandeln als etwa Anleihen. Der Zweck der Regelung des § 7 Abs 4 KStG, soweit sie die Begünstigung <strong>für</strong><br />
internationale Beteiligungen ausschließt, wenn der Unternehmensgegenstand der ausländischen<br />
Beteiligungsgesellschaft wesentlich die Verwaltung eigener Forderungswertpapiere umfasst, liegt offenkundig<br />
darin, Gewinnanteile, die wesentlich auf risikoarme "passive Veranlagungsformen" zurückgehen, von der<br />
Steuerbefreiung auszunehmen. Vor einem gänzlich anderen Hintergrund ist die kapitalertragsteuerliche<br />
Regelung des EStG zu sehen: "Kapitalerträge aus Forderungswertpapieren" iSd § 93 Abs 3 EStG erfassen<br />
Zinserträge aus Forderungen gegenüber Banken nicht, weil letztere bereits nach § 93 Abs 2 Z 3 iVm § 93 Abs 1<br />
EStG dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen.<br />
Solcherart wird mit dem Beschwerdevorbringen, der Gesetzgeber wolle mit der Regelung des § 7 Abs 4<br />
KStG gerade Ausschüttungen aus Gesellschaften von der Art der irischen Gesellschaft T (eine Bank ist diese<br />
offenkundig nicht) steuerfrei stellen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dargetan.<br />
Wie sich dies aus dem Vorstehenden ergibt, erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war daher<br />
gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.<br />
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs 2<br />
Z 6 VwGG abgesehen werden.<br />
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II 333/2003.<br />
Wien, am 9. Dezember 2004<br />
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Gericht<br />
Verwaltungsgerichtshof<br />
Entscheidungsdatum<br />
10.08.2005<br />
Geschäftszahl<br />
2001/13/0018<br />
Beachte<br />
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):<br />
2001/13/0019<br />
Betreff<br />
10.08.2005<br />
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte<br />
Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers<br />
Dr. Keidel LL.M., über die Beschwerden der L P AG in W, vertreten durch Dkfm. Herbert F. Maier,<br />
Wirtschaftsprüfer in 1015 Wien, Walfischgasse 5, gegen 1. den Bescheid der Finanzlandesdirektion <strong>für</strong> Wien,<br />
Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat XI, vom 6. Dezember 2000, Zl. RV/284- 11/02/99, betreffend<br />
Gewerbesteuermessbetrag 1993, Körperschaftsteuer 1993, 1994, 1995 und 1996 sowie Wiederaufnahme der<br />
Verfahren hinsichtlich Körperschaftsteuer 1993 und 1994 (hg. Zl. 2001/13/0018), und 2. den Bescheid der<br />
Finanzlandesdirektion <strong>für</strong> Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat XI, vom 6. Dezember 2000,<br />
Zl. RV/285-11/02/99, betreffend Körperschaftsteuer 1997 (hg. Zl. 2001/13/0019), zu Recht erkannt:<br />
Spruch<br />
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.<br />
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 763,80 EUR binnen<br />
zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.<br />
Begründung<br />
Die beschwerdeführende Kapitalgesellschaft ist Rechtsnachfolgerin der rückwirkend per 1. Jänner 1997 durch<br />
Übertragung des Unternehmens auf den Hauptgesellschafter gemäß § 2 Umwandlungsgesetz<br />
umgewandelten P. AG. Den Gegenstand des Unternehmens bildet (lt. den Angaben in den Abgabenerklärungen)<br />
die Erzeugung und der Vertrieb hydraulischer Bindemittel, insbesondere von Portlandzement.<br />
Im Bericht vom 15. Dezember 1998 über eine abgabenbehördliche Prüfung (Prüfungszeitraum 1993 bis 1996,<br />
Prüfungsbeginn 3. März 1997) wird unter Tz 2.7 Folgendes ausgeführt:<br />
"2.7. C. International Limited/S. International Unlimited International Financial Services Centre, Dublin 1<br />
2.7.1. Gründung<br />
Ende 1992 wurde die C. International Ltd. (im Folgenden auch nur: C.) als Finanzierungs- und<br />
Kapitalanlagegesellschaft mit Sitz in Dublin, Irland gegründet. Die Gesellschaft wurde mit einem Kapital iHv.<br />
S 80.000, -- ausgestattet, wobei ein Anteil von S 800 treuhändig durch eine irische Gesellschaft gehalten wird<br />
(vgl. Tz 59 des WP-Berichtes 1992).<br />
Für die Durchführung der Veranlagungen bediente man sich einer 100 %igen Tochter, der S. International<br />
Unlimited (im Folgenden auch: S.). 1993 wurden der S. im Wege von Gesellschafterzuschüssen S 980.863.025,-<br />
- zugeführt. In der Bilanz der P. AG wurde der Bilanzansatz der C. entsprechend erhöht. In den Bilanzen der C.<br />
scheinen diese Zuschüsse nicht auf, lediglich in der Bilanz der S. sind diese als 'capital contribution'<br />
ausgewiesen. Diese Vorgangsweise wählte man um irische Gesellschaftssteuer iHv.1 % <strong>für</strong> Stammkapital bei der<br />
C. zu vermeiden.<br />
1993 konnte eine Dividende in Höhe von S 10.100.000,-- realisiert werden (vgl. Tz 56 des WP-<br />
Berichtes 1993).<br />
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 15
Verwaltungsgerichtshof 10.08.2005<br />
1994 wurden der S. weitere Barmittel in Höhe von S 430.539.533,10 zugeführt, womit sich der<br />
Beteiligungsansatz an der C. auf S 1.411.482.918,10 erhöhte (vgl. Pkt. E 19 des WP-Berichtes 1994). Der<br />
Beteiligungsertrag betrug S 63.550.000,-- (vgl. Pkt. E 160 des WP-Berichtes 1994).<br />
1995 blieb der Beteiligungsansatz in unveränderter Höhe bestehen. Es wurde ein Beteiligungsertrag iHv.<br />
S 64.390.000,-- erwirtschaftet (vgl. Pkt E 169 des WP-Berichtes 1995).<br />
1996 blieb der Beteiligungsansatz in unveränderter Höhe bestehen. Es wurde ein Beteiligungsertrag iHv.<br />
S 46.430.000,-- erwirtschaftet (vgl. Pkt. E 155 des WP-Berichtes 1996).<br />
1997 blieb der Beteiligungsansatz in unveränderter Höhe bestehen. Es wurde ein Beteiligungsertrag iHv.<br />
S 40.080.000,-- erwirtschaftet (vgl. Pkt. E 166 des WP-Berichtes 1997).<br />
Sämtliche Beteiligungserträge wurden gemäß § 10 KStG 1988 steuerfrei gestellt (vgl. Beilage 3 zu den<br />
jeweiligen KÖSt-Jahreserklärungen).<br />
Buchwert Beteiligung<br />
C.<br />
Beteiligungserträge<br />
steuerfrei gem. § 10 KStG<br />
31.12.1992: S 80.360,-- 0<br />
31.12.1993: S 980,943.385,-- 10,100.000,--<br />
31.12.1994: S 1.411,482.918,-- 63,550.000,--<br />
31.12.1995: S 1.411,482.918,-- 64,390.000,--<br />
31.12.1996: S 1.411,482.918,-- 46,430.000,--<br />
31.12.1997: S 1.411,482.918,-- 40,080.000,--<br />
2.7.2. Folgendes wird in den jeweiligen Aufsichtssratsitzungen der P. AG berichtet:<br />
Aufsichtssratsitzung vom 25.4.1993, Anlage 5:<br />
'3 Kapitalausstattung/Finanzanlagen<br />
Gemäß Genehmigung wurde die C als 100 % ige Tochtergesellschaft mit einem Kapital von S 80.000,-- vor<br />
Jahresende 1992 in Irland gegründet. Dem Zweck als Finanzanlagegesellschaft entsprechend, soll nun eine<br />
irische unlimited Company (S. International Unltd.) unter Verwendung des eingezahlten Kapitals angegliedert<br />
werden. Nach Erlangung der Autorisierung als SPIC (Special Purpose Investment Company) kann sie <strong>für</strong> den<br />
beabsichtigten Zweck aktiviert werden. Dies bedingt die Kapitalzuführung und den Transfer von liquiden<br />
Mitteln in der Größenordnung von S 220 Mio, die im Einvernehmen mit der Bank Austria in Österreich wieder<br />
veranlagt werden. Soferne es erforderlich ist, diese Liquidität <strong>für</strong> Investitionen oder andere Finanzierung zu<br />
verwenden, besteht kurzfristig die Möglichkeit, diese Mittel durch Kapitalherabsetzung wieder rückzuführen.'<br />
'C. Int. Limited.<br />
Nebst einem ansässigen berufsmäßigen Parteienvertreter wird Herr Dr. K. die Mitgeschäftsführung<br />
wahrnehmen'. (Anm.: Dr. K. war Finanzvorstand der P. AG und ist nun Generaldirektor der<br />
(Beschwerdeführerin)).<br />
154. Aufsichtssratsitzung vom 22.12.1993, Anlage 5:<br />
'1. C. International Limited, S. International Unlimited.<br />
Gemäß Genehmigung in der 152. Aufsichtssratsitzung am 12.05.1993 wurde die C. International Limited<br />
als ein 100 % - Tochterunternehmen der P. AG mit einem Nominalkapital von 80.000 Schilling und dem<br />
Sitz in Dublin gegründet. Aus der C. International Limited wurde die S. International Unlimited mit einem<br />
Nominalkapital von 50.000 Schilling und dem Sitz in Dublin etabliert.<br />
Mit Stichtag 7.12.1993 sind über diese irischen Veranlagungskonstruktionen insgesamt liquide Mittel im<br />
Ausmaß von ca. 665 Mio Schilling veranlagt. Diese Veranlagungen der irischen Gesellschaften erfolgen über die<br />
Bank Austria in Wien bzw. die Londoner Filiale der Bank Austria auf 1 - 6 Monatsterminbasis.'<br />
Anlage 6 ds. AR-Sitzung:<br />
'4. S. International Unlimited<br />
Nebst einem - treuhandmäßig gebundenen - ansässigen berufsmäßigen Parteienvertreter sowie einem<br />
Mitarbeiter der AIB International wird MMag. Dr. K. , die Geschäftsführung wahrnehmen.'<br />
2.7.3. Gesellschafterzuschüsse<br />
www.ris.bka.gv.at Seite 2 von 15
Verwaltungsgerichtshof 10.08.2005<br />
Folgende Gesellschafterzuschüsse wurden von Seiten der P. AG geleistet (wobei diese Gelder direkt der S.<br />
zugeführt wurden - siehe Pkt. 2.7.1):<br />
S 220.821.035,-- 14.5.1993<br />
S 170.008.000,-- 8.11.1993<br />
S 130.006.570,-- 22.11.1993<br />
S 90.005.070,-- 29.11.1993<br />
S 50.005.070,-- 7.12.1993<br />
S 70.005.070,-- 16.12.1993<br />
S 130.004.070,-- 23.12.1993<br />
S 70.004.070,-- 28.12.1993<br />
S 50.004.070,-- 30.12.1993<br />
S 430.004.070,-- 1.1.1994<br />
S 535.463,-- 19.5.1994<br />
Diese Beträge enthalten Überweisungsspesen von insgesamt S 67.525,--. Die Gelder wurden vom Bankkonto<br />
der P. AG bei der Bank Austria auf ein Konto der S., ebenfalls bei der Bank Austria umgebucht. Es erfolgten<br />
somit keine Auslandsüberweisungen.<br />
2.7.4. Managementvertrag<br />
Am 10. Mai 1993 wurde zwischen der P. AG, der C. und der S. einerseits und der A. Irish Banks Plc. (AIB)<br />
andererseits ein Managementvertrag abgeschlossen.<br />
Die AIB wird der Gesellschaft bei der Registrierung in der Abteilung 39B der Finance Act, 1980 helfen.<br />
Punkt 4 des Vertrages regelt die Aufgabenbereiche der AIB:<br />
Zusätzlich zu den Investitionstätigkeiten, die mit den Investitionsrichtlinien übereinstimmen müssen,<br />
unterstützt die AIB die Gesellschaften (C. und S., in Folge C/S) bei der Errichtung, Registrierung und der<br />
Erlangung der 'Company's Tax Certificate'. Die AIB würde das Tagesgeschäft, das Rechnungswesen, die<br />
Berichterstattung und die Sekretariatsarbeiten wahrnehmen.<br />
Punkt 5 des Vertrages (Management Fees) regelt die zu bezahlenden Vergütungen <strong>für</strong> die Aktivitäten der<br />
AIB. Die Kündigungsvereinbarungen des Punktes 6 enthalten die Möglichkeit einer raschen und formlosen<br />
Kündigungsmöglichkeit, wenn die Dividenden oder Zinserträge der Besteuerung in Österreich unterworfen<br />
werden.<br />
Laut Investitionsrichtlinien sind folgende Veranlagungen erlaubt (Pkt. 2 der Investment Guidelines):<br />
Veranlagungen bei der Bank Austria, Creditanstalt Bankverein, GiroCredit, Constantia Privatbank; Raiffeisen<br />
Zentralbank Österreich AG; weiters Einlagen und Darlehen bei anderen Banken, soferne das Rating dieser Bank<br />
A1 (Standard & Poor's) bzw. P1 (Moody's) aufweist;<br />
Öffentliche Schuldverschreibungen (Government Securities, Bonds), wobei das Einkommen aus diesen<br />
Veranlagungen nicht 25 % des Gesamteinkommens übersteigen soll. Des Weiteren gibt es eine Regelung, die die<br />
Fälligkeit der Veranlagungen regelt:<br />
100 % der Anteile des Gesamtveranlagungsvolumens dürfen auf 3- Monatsbasis veranlagt werden, maximal<br />
25 % müssen innerhalb von 3 bis 6 Monaten fällig werden, maximal 15 % können <strong>für</strong> einen Zeitraum länger als<br />
6 Monate veranlagt werden. Alle Veranlagungen erfolgen in österreichischen Schillingen, Veranlagungen in<br />
anderen Währungen sind durch Swap-Geschäfte abzusichern, um ein eventuell eintretendes Währungsrisiko<br />
auszuschließen. Diese Richtlinien können bei Bedarf durch das Board-Meeting angepasst werden.<br />
2.7.5. Weitere Erhebungen durch die Bp<br />
Zu den Fragen der Betriebsprüfung (Frageliste vom 22. Mai 1997) nahm das geprüfte Unternehmen wie folgt<br />
Stellung:<br />
Das Auftreten der C. und S. als international agierender Finanzinvestor hätte <strong>für</strong> die Veranlagung der liquiden<br />
Mittel einen positiven Wettbewerb ermöglicht, der vorher P. AG als österreichischen Industrieunternehmen<br />
verschlossen gewesen wäre. Tatsächlich hätte sich die Performance der Veranlagungen positiv gegenüber vorher<br />
entwickelt. Die Veranlagungen wären stets nach einem internationalen Konditionenwettbewerb erfolgt, der die<br />
österreichischen Banken veranlasst hätte, die Quotierung zu verbessern. Darüberhinaus sei durch professionelles<br />
Management der Einsatz von abgeleiteten derivativen Finanzinstrumenten eingeführt worden.<br />
www.ris.bka.gv.at Seite 3 von 15
Verwaltungsgerichtshof 10.08.2005<br />
Durch das <strong>für</strong> die Gesellschaften verfügbare Know-how und die in Irland vorhandene Finanzinfrastruktur wäre<br />
der Zugang zu den Märkten leichter möglich, durch die Liquidität des Marktes sei eine bessere<br />
Kostenoptimierung im Vergleich zu einem rein österreichischen Auftreten möglich.<br />
Die Geschäftseinrichtung bestünde aus einem Büro im West Block, 2. Stock, International Financial Services<br />
Centre, Dublin<br />
1. Das Büro und die Einrichtung wären von der A. Irish Banks, p. l.c., gemietet. Es handle sich um eine übliche<br />
moderne Geschäftsausstattung. C. und S. hätten keine Arbeitnehmer. Die in Irland ausgeübte Geschäftsführung<br />
bestünde aus 3 nicht angestellten Direktoren, die sich bei der Erledigung ihrer Aufgaben im Rahmen ihres<br />
Geschäftsbereiches der Unterstützung qualifizierter Sachbearbeiter bedienen würden, die den Direktoren<br />
weisungsgebunden agierten. Die der S. und der C. zur Verfügung stehenden Fachkräfte würden in Irland im<br />
Rahmen der vom Board of directors genehmigten investment guidelines und der bestehenden<br />
Unterschriftenordnung die Veranlagungen <strong>für</strong> die S. durchführen. In den ausschließlich in Irland stattfindenden<br />
Geschäftsführersitzungen würden der Investitionsstatus hinsichtlich performance und counterparty risk analysiert<br />
und bestätigt.<br />
Den Rahmen <strong>für</strong> die Veranlagungsentscheidungen würden die investment guidelines vorgeben. Durch die<br />
Unterschriftenordnung sei sichergestellt, dass je nach Bedeutung des Rechtsgeschäftes die Unterschriften<br />
hierarchisch abzugeben wären. Nachträglich würde die P. AG über getätigte Großinvestitionen informell<br />
unterrichtet werden. Eine Art Genehmigung durch die irische Geschäftsführung erfolge durch den<br />
Veranlagungsreview. Da die Veranlagungsentscheidungen in Irland getroffen würden, erfolge auch die<br />
Disposition in Irland.<br />
Grundsätzlich gebe es keinen Schriftverkehr der C. oder S. mit der AIB (Auftragsschreiben, Anbote etc.),<br />
wird jedoch bei der AIB-plc veranlagt, gäbe es drittübliche Überweisungsaufträge.<br />
Die Veranlagungstätigkeit der S., die von Dienstnehmern der AIB-plc. abgewickelt werde, würde in<br />
mehrfacher Weise kontrolliert. Der Board of directors hat Veranlagungsrichtlinien erlassen, die von den<br />
Personen, die <strong>für</strong> die S. tätig sind, zu beachten wären. Anlässlich der viermal jährlich stattfindenden<br />
boardmeetings in Dublin würde über die Veranlagungstätigkeit berichtet und die Einhaltung der Richtlinien vom<br />
Board akzeptiert. In der monatlichen Berichterstattung sei jede Veranlagung dargestellt.<br />
2.7.6. Rechtliche Würdigung durch die Bp<br />
Für die Betriebsprüfung stellt sich die Frage, welchen wirtschaftlichen Sinn die Installierung zweier<br />
Gesellschaften (C. und S. - C/S), über die die P. AG steuerfreie Erträge gem. § 10 KStG 1988 bezieht, hat.<br />
Wie in Punkt 2.7.5. ausgeführt, ermöglicht das Auftreten der C/S als international agierender Finanzinvestor<br />
einen positiven Wettbewerb, der vorher P. AG als österreichischem Industrieunternehmen verschlossen gewesen<br />
wäre. Der internationale Konditionenwettbewerb hätte die österreichischen Banken veranlasst, die Quotierungen<br />
zu verbessern.<br />
Zu diesen Argumenten wäre anzumerken, dass <strong>für</strong> die Betriebsprüfung weder das Auftreten der C/S als<br />
international agierender Finanzinvestor erkennbar ist, noch dass ein internationaler Wettbewerb stattgefunden<br />
hat.<br />
a) C/S besitzen kein eigenes Büro und beschäftigen kein Personal. Die Büroräumlichkeiten sowie die<br />
Einrichtung wurden von der Allied Irish Bank p.l.c (AIB) angemietet (ein Mietvertrag - allerdings datiert mit<br />
6. Juni 1997 - wurde vorgelegt). C/S haben keine eigenen Arbeitnehmer. Mangels eigener Arbeitnehmer stellt<br />
sich nicht nur die Frage nach der Sinnhaftigkeit, über eigene Büroräumlichkeiten zu verfügen, es stellt sich auch<br />
die Frage nach der Sinnhaftigkeit, Büroräumlichkeiten anzumieten. Die Geschäftsführung besteht aus 3 nicht<br />
angestellten Direktoren, die sich bei der Erledigung ihrer Aufgaben qualifizierter Sachbearbeiter bedienen<br />
würden.<br />
In den jeweiligen Jahresberichten der C/S fanden sich in der Gewinn- und Verlustrechnung folgende<br />
Aufwendungen <strong>für</strong> 'directors fees':<br />
1993: S 0<br />
1994: S 76.307<br />
1995: S 63.587<br />
1996: S 47.637<br />
1997: S 57.249<br />
Summe: 244.780<br />
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Verwaltungsgerichtshof 10.08.2005<br />
Für die Tätigkeit der Veranlagung ist die AIB aufgrund eines Managementvertrages verantwortlich. Der<br />
wesentliche Inhalt des Vertrages findet sich in Punkt 4 wieder. Da das Tagesgeschäft der AIB überantwortet<br />
wurde, stellt sich auch nicht die Frage nach der Notwendigkeit nach eigenem Personal bei C/S.<br />
Zusammengefasst: Es wurden im International Financial Services Centre Büroräumlichkeiten angemietet, die<br />
im Eigentum jener Bank stehen (AIB), die aufgrund eines Managementvertrages die laufende Geschäftstätigkeit<br />
ausüben soll, man verfügt nicht über eigenes Personal, die Quantität und Qualität der Tätigkeit der Direktoren<br />
wird in 5 Jahren mit insgesamt ATS 244.780,-- vergütet. Nach Ansicht der Bp kann daher die C/S nicht selbst als<br />
international agierender Finanzinvestor auftreten, sondern musste sich jedenfalls in vollem Umfang der<br />
Geschäftstätigkeit eines Erfüllungsgehilfen bedienen.<br />
b) Weiters wurde seitens des gepr. Unternehmens argumentiert, dass das Auftreten der C/S einen positiven<br />
Wettbewerb ermöglichte, der der P. AG verschlossen war, und die Veranlagungen nach einem internationalen<br />
Konditionenwettbewerb erfolgten. Durch das <strong>für</strong> die Gesellschaften verfügbare Know-how und die in Irland<br />
vorhandene Finanzinfrastruktur wäre der Zugang zu den Märkten leichter möglich, durch die Liquidität des<br />
Marktes käme es zu einer besseren Kostenoptimierung im Vergleich zu einem rein österreichischen Auftreten.<br />
Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. In der 150. Aufsichtssratsitzung vom 26. Juni 1992 wurde<br />
Herr GD-Stv. (der Bank Austria) Dkfm R. als Vorsitzender des Aufsichtsrates gewählt. Der Vorsitz verblieb<br />
während des gesamten Prüfungszeitraumes bei Herrn Dkfm. R. Gemäß der Geschäftsordnung bedarf der Erwerb<br />
von Beteiligungen der Zustimmung des Aufsichtsrates.<br />
Wesentliche Geldgeschäfte werden mit der Bank Austria und der Bank Austria nahe stehenden Banken<br />
abgewickelt.<br />
Gemäß den Aufsichtsratsprotokollen (siehe Punkt 2.7.2) erfolgt die Veranlagung der Gelder im<br />
Einvernehmen mit der Bank Austria in Österreich auf 1- 6 Monats-Terminbasis. Weiters soll die Veranlagung<br />
bei der Bank Austria in Wien bzw. deren Filiale London erfolgen. In den Investment Guidelines des<br />
Managementvertrages (Pkt. 2.7.4) mit der AIB wurde von vornherein der Kreis der in Frage kommenden Banken<br />
und Veranlagungsmöglichkeiten eingeschränkt. Es ist klar ersichtlich, dass jedenfalls Risikominimierung<br />
vorrangig war, ebenso wurde die Fristigkeit der einzelnen Veranlagungen so fixiert, dass der größte <strong>Teil</strong> der<br />
Mittel auf lediglich 3-Monats Terminbasis angelegt werden kann.<br />
Der größte <strong>Teil</strong> der Geldmittel wurde bei österreichischen Kreditinstituten bzw in Österreich ansässigen<br />
Kreditinstituten veranlagt (insbes. 1993 und 1994). 1995 erfolgten Veranlagungen bei der Trans Banque Paris<br />
(diese wird in den Minutes of Board Meeting vom 30. Jän. 1995 als 'subsidiary', also Tochtergesellschaft von L.<br />
Copee bezeichnet) und bei L. Copee selbst. Es handelt sich also um Konzernveranlagungen. Des Weiteren<br />
wurden auch Erträge durch Veranlagungen bei AIB erwirtschaftet. Trotz teilweiser Einschaltung ausländischer<br />
Banken erfolgten die Veranlagungen trotzdem auf österreichischen Bankkonten in Österreich. Von einem<br />
Auftreten der C. und S. als international agierender Finanzinvestor, die Veranlagungen stets nach einem<br />
internationalen Konditionenwettbewerb durchführten, kann also keine Rede sein.<br />
Nach Ansicht der Bp wird in der oben dargestellten Konstruktion der Missbrauchstatbestand des § 22 BAO<br />
verwirklicht. Gem. § 22 BAO kann durch Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des<br />
bürgerlichen Rechtes die Abgabenpflicht nicht umgangen oder gemindert werden.<br />
Das geprüfte Unternehmen sieht in dieser Gestaltung keinen Missbrauch von Formen und<br />
Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts.<br />
Als Begründung wird dazu ausgeführt: Der L.-Konzern unterliegt in Frankreich der Konzernbesteuerung, d.h.<br />
alle weltweit erzielten Gewinne werden in Frankreich - unter Anrechnung der im Ausland bezahlten Steuer - der<br />
Körperschaftsteuer unterzogen. Es kommt somit zu einer Besteuerung des Welteinkommens des L.-Konzerns in<br />
Frankreich.<br />
Im konkreten Fall bedeutet das, dass die in Irland erwirtschafteten Gewinne in Frankreich mit französischer<br />
Körperschaftsteuer belastet werden, sodass aus Sicht des Konzerns der Steuervorteil wieder rückgängig gemacht<br />
wird. Wenn daher in Frankreich die volle Körperschaftsteuer zum Tragen käme, könne demnach nicht<br />
Missbrauch unterstellt werden.<br />
Als Nachweis <strong>für</strong> die Konzernbesteuerung wurde der Bp ein Schreiben der franz. Finanzverwaltung<br />
vorgelegt, welche bestätigt, dass ab dem Jahr 1994 die Ergebnisse der P. AG als auch die der irischen<br />
Tochtergesellschaften in den Konsolidierungskreis des L.- Konzerns aufgenommen werden. Ein Nachweis, dass<br />
die Ergebnisse der P. AG, die Gewinne der irischen Tochtergesellschaften tatsächlich mit franz.<br />
Körperschaftsteuer belastet wurden, konnte allerdings nicht beigebracht werden. Selbst wenn dies der Fall wäre,<br />
kann das nicht dazu führen, dass eine österreichische Rechtsvorschrift nur deshalb nicht zur Anwendung gelangt,<br />
weil sowieso in einem anderen europäischen Staat eine Besteuerung erfolgt.<br />
Die öster. Bp hat die Rechtmäßigkeit einer Konstruktion ausschließlich auf Grund der national gültigen<br />
Rechtsvorschriften zu prüfen. Eine allfällige Doppelbelastung (Besteuerung in Österreich, als auch in<br />
Frankreich) müsste im Wege einer Gegenberichtigung durch die französische Finanzverwaltung neutralisiert<br />
werden.<br />
www.ris.bka.gv.at Seite 5 von 15
Verwaltungsgerichtshof 10.08.2005<br />
Weiters wird seitens der P. AG eingewandt, dass im DBA Österreich-Irland der Missbrauchstatbestand nicht<br />
verankert ist. Auch im entsprechenden OECD-Kommentar zum DBA (im gegenständlichen Fall aus dem<br />
Jahr 1963) wird der Missbrauch nicht geregelt.<br />
Aus dem Umstand heraus, dass bei der Neuverhandlung von DBAs in der letzten Zeit<br />
Missbrauchsbestimmungen in das Vertragswerk aufgenommen wurden, wird abgeleitet, dass in all jenen Fällen<br />
in denen der Missbrauch nicht explizit geregelt ist, dieser auch nicht verwirklicht werden kann. Bei den<br />
Missbrauchsvorschriften handle es sich um nationale Bestimmungen, die unterschiedlich interpretierbar seien<br />
bzw. in jedem Land unter Umständen anders geregelt wären. Man könne daher nicht bilaterale Verträge durch<br />
einseitige nationale Auslegungen bzw. Vorschriften ändern oder beeinflussen, denn eine solche Vorgangsweise<br />
würde den Zweck eines solchen Abkommens unterlaufen.<br />
Dem ist folgendes entgegenzuhalten: Erklärtes Ziel und Zweck eines DBA ist die Vermeidung der<br />
Doppelbesteuerung; d.h. ein DBA enthält im Wesentlichen Kollisionsnormen, welche dazu dienen, eine<br />
Doppelbesteuerung zu vermeiden. Ziel und Zweck eines DBA ist niemals die Herbeiführung einer zur<br />
Umgehungszwecken nutzbaren Besteuerungsminimierung.<br />
Die Auslegungsrichtschnur <strong>für</strong> internationale Verträge ergibt sich aus Art. 31 der<br />
Wiener Vertragsrechtskonvention, wonach jeder internationale Vertrag '....im Lichte seines Ziels und Zweckes<br />
....' auszulegen ist.<br />
Würde man der Auffassung des geprüften Unternehmens folgen, bedeutete das im konkreten Fall, dass sich<br />
Österreich durch den Abschluss des DBA mit Irland der Möglichkeit beraubt hätte, seine innerstaatlichen<br />
Möglichkeiten zur Bekämpfung der internationalen Steuerumgehung einzusetzen.<br />
Setzt man diesen Gedanken konsequent fort, würde das bedeuten, dass der Missbrauch im Verhältnis zum DBA-<br />
Partnerstaat unantastbar und damit legalisiert wäre.<br />
Es ergibt sich somit klar und eindeutig, dass aus einem DBA nicht abgeleitet werden kann, dass es einem der<br />
Vertragspartner nicht ermöglicht sein soll, sich in seinem innerstaatlichen Recht gegen die internationale<br />
Steuerumgehung zur Wehr zu setzen.<br />
Für die Betriebsprüfung ergibt sich daraus, dass die seitens des geprüften Unternehmens gewählte<br />
Konstruktion den Tatbestand des § 22 BAO erfüllt. Die Gründung der irischen Tochtergesellschaften erfolgte<br />
ausschließlich zum Zweck der Minimierung der österreichischen Steuerbelastung, zumal die Veranlagung - unter<br />
Zuhilfenahme ausländischer Veranlagungsspezialisten - auch ohne die irischen Tochtergesellschaften hätte<br />
optimiert werden können.<br />
Die im Rahmen der irischen Tochtergesellschaften erwirtschafteten Erträge werden daher in Österreich der<br />
Besteuerung unterzogen. Die sich daraus ergebenden außerbilanzmäßig zuzurechnenden Beträge betragen <strong>für</strong><br />
1993: S 12.365.752,--<br />
1994: S 72.761.818,--<br />
1995: S 73.574.755,--<br />
1996: S 53.892.181,-- "<br />
In einem weiteren Bericht vom 15. Dezember 1998 über eine abgabenbehördliche Prüfung betreffend den<br />
Zeitraum 1997 wird unter Tz 4 gleich lautend wie in Tz 2.7 des Prüfungsberichtes über den<br />
Zeitraum 1993 bis 1996 ausgeführt. In diesem Bericht wird die Zurechnung <strong>für</strong> das Jahr 1997 mit einem Betrag<br />
von 47,013.958 S angegeben.<br />
Gegen die auf der Grundlage der Prüferberichte ergangenen Abgabenbescheide (hinsichtlich<br />
Körperschaftsteuer 1993 und 1994 jeweils nach amtswegiger Wiederaufnahme der Verfahren) erhob die<br />
Beschwerdeführerin Berufung, über die mit den zu den hg. Zlen. 2001/13/0018<br />
(Gewerbesteuermessbescheid 1993, Körperschaftsteuer 1993, 1994, 1995 und 1996 sowie Wiederaufnahme der<br />
Verfahren hinsichtlich Körperschaftsteuer 1993 und 1994) sowie 2001/13/0019 (Körperschaftsteuer 1997)<br />
angefochtenen Bescheiden abweisend entschieden wurde. Der zur hg. Zl. 2001/13/0019 angefochtene Bescheid<br />
verweist zur Begründung auf den zur hg. Zl. 2001/13/0018 angefochtenen Bescheid.<br />
Im Rahmen der Entscheidungsgründe referierte die belangte Behörde in dem zur hg. Zl. 2001/13/0018<br />
angefochtenen Bescheid (im Folgenden nur: angefochtener Bescheid) den Verlauf des Verwaltungsverfahrens.<br />
Sie hielt dabei fest, dass sie hinsichtlich des festgestellten Sachverhaltes den Prüferfeststellungen folge. Nach der<br />
Wiedergabe des Berufungsinhaltes berichtete die belangte Behörde über den Inhalt eines von ihr ergangenen<br />
Vorhaltes vom 7. November 2000, zu dessen Beantwortung eine Frist bis 22. November 2000 eingeräumt<br />
worden sei. Der ebenfalls im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Vorhaltsbeantwortung ist u. a. zu<br />
entnehmen, dass die beiden irischen Gesellschaften C. und S. mit Liquidationsbeschlüssen vom 15. Mai 1998<br />
aufgelöst wurden (auch der Managementvertrag vom 10. Mai 1993 wurde damit beendet). Die Liquidation der<br />
irischen Gesellschaften, die keine anderen als die im Betriebsprüfungs- und Berufungsverfahren dargestellten<br />
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Verwaltungsgerichtshof 10.08.2005<br />
Funktionen erfüllt hätten, sei deshalb erfolgt, weil die veranlagten Mittel inzwischen <strong>für</strong> die Anschaffung von<br />
Beteiligungen in Höhe von rd. 4,1 Mrd. S verwendet worden seien.<br />
Ungeachtet des - so die belangte Behörde im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides - zur Auslegung<br />
des § 22 BAO bestehenden Meinungsstreites hinsichtlich einer "Außentheorie" oder "Innentheorie" sei die<br />
Frage, ob Missbrauch vorliege, nach der dazu entwickelten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu<br />
beurteilen. Demnach sei eine missbräuchliche Gestaltung eine solche, die im Hinblick auf den angestrebten<br />
wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen sei und ihre Erklärung nur in der Absicht der<br />
Steuervermeidung finde; es sei dann zu prüfen, ob der gewählte Weg noch sinnvoll erscheine, wenn man den<br />
abgabensparenden Effekt wegdenke, oder ob er ohne das Resultat der Steuerminderung einfach unverständlich<br />
wäre (vgl. die Erkenntnisse vom 27. September 1995, 93/13/0095, und vom 10. Dezember 1997, 93/13/0185).<br />
Das Kriterium der Ungewöhnlichkeit und Unangemessenheit sei im Einzelfall in Hinblick auf eine<br />
wirtschaftliche Sinnhaftigkeit einer gewählten zivilrechtlichen Konstruktion zu untersuchen. Die<br />
Ungewöhnlichkeit und Unangemessenheit liege im Beschwerdefall im Wesentlichen in der Einschaltung zweier<br />
irischer Gesellschaften, wobei nahezu ausschließlich Festgeldveranlagungen in ATS durchgeführt worden seien,<br />
und dies außerdem in der Hauptsache über österreichische Banken bzw. über österreichische Filialen<br />
ausländischer Banken erfolgt sei. Dass das veranlagte Geld - zumindest hinsichtlich der lt. Betriebsprüfung<br />
festgestellten Gesellschafterzuschüsse - Österreich nicht verlassen habe, werde auch von der Beschwerdeführerin<br />
nicht bestritten. Bezüglich des in der Berufung angegebenen beabsichtigten Zuganges zu international<br />
angebotenen Finanzdienstleistungen wäre der Beschwerdeführerin zuzustimmen, wenn irgendwelche<br />
Veranlagungen in Irland, allenfalls in Großbritannien, durchgeführt oder auf diesen Märkten angebotene<br />
Finanzanlageprodukte in Anspruch genommen worden wären. Der von der Beschwerdeführerin angesprochene<br />
Finanzmarkt, zu dem ein Zugang gesucht worden sei, sei aber gerade nicht Irland oder ein anderer<br />
ausländischer Finanzmarkt, sondern Österreich gewesen. Dies ergebe sich bereits aus der lt. Berufung gegebenen<br />
Zielsetzung einer risikoarmen kurzfristigen Veranlagung in ATS, wobei von der Beschwerdeführerin behauptet<br />
worden sei, es sei "einmal (von der Bw. wurde nicht einmal präzisiert, wann dies der Fall war) erwogen worden,<br />
in DM zu veranlagen, und zwar im Zusammenhang mit einer Budgetkrise in Österreich, die aber dann noch<br />
rechtzeitig abgewendet worden sei, weswegen auch in diesem Fall in ATS veranlagt worden sei". Auch die S.<br />
habe tatsächlich im Wesentlichen in ATS veranlagt. Die DM-Veranlagungen innerhalb des Konzerns stellten<br />
gleichfalls keinen Irlandbezug her. Ein Anhaltspunkt <strong>für</strong> den geradezu ausschließlichen Österreichbezug der<br />
eingeschalteten irischen Gesellschaften liege weiters darin, dass diese in ATS bilanzierten. Außerdem sei das<br />
Vorstandsmitglied der österreichischen Mutter- bzw. Großmuttergesellschaft Dr. Martin K. einer der<br />
Geschäftsführer der beiden irischen Gesellschaften gewesen. Sei aber der österreichische Finanzmarkt bearbeitet<br />
worden, dann sei es ungewöhnlich, wenn hie<strong>für</strong> Leistungen von irischen Gesellschaften in Anspruch genommen<br />
würden. Wie schon im Vorhalt vom 7. November 2000 ausgedrückt worden sei, könne nämlich davon<br />
ausgegangen werden, dass irische Gesellschaften (zu denen auch die unterstützend tätige AIB zu zählen sei)<br />
grundsätzlich über gute Kenntnisse betreffend den irischen Kapitalmarkt, jedoch nur geringere betreffend den<br />
österreichischen Markt verfügten. Die in der Berufung als wesentliches Kriterium <strong>für</strong> die Einschaltung<br />
ausländischer Kapitalgesellschaften <strong>für</strong> die Bearbeitung ausländischer Finanzmärkte angeführte Verkürzung der<br />
Informationswege sei ebenfalls nicht gegeben, vielmehr habe die Einschaltung irischer Gesellschaften zu einer<br />
Verlängerung der Informationswege geführt, weil von Irland aus nicht in Irland, sondern nahezu ausschließlich<br />
in Österreich veranlagt worden sei. Diese u.a. durch ein Schreiben zwischen den österreichischen Banken und<br />
der S. dokumentierte Verlängerung der Informationswege unterstreiche ebenfalls die Ungewöhnlichkeit der<br />
gewählten Konstruktion. Wenn in der Berufung zur Veranlagung vor allem bei österreichischen Kreditinstituten<br />
ausgeführt werde, eine ausreichende Liquidität in Schillingwährung sei nur bei österreichischen Kreditinstituten<br />
vorhanden, sodass diese regelmäßig in der Lage seien, <strong>für</strong> eine Schilling-Veranlagung bessere Konditionen als<br />
ausländische Kreditinstitute zu bieten, spreche dies ebenfalls da<strong>für</strong>, dass primär österreichische Kreditinstitute<br />
potenzielle Partner der S. hätten werden sollen. Die Konzentration auf österreichische Kreditinstitute ergebe sich<br />
auch aus Pkt. 2 der Investment Guidelines (Annex zum Management Agreement vom 10. März 1993), wonach<br />
Veranlagungen bei namentlich genannten österreichischen Banken (oder bei sonstigen Banken, sofern sie ein<br />
bestimmtes Rating erfüllten) erlaubt seien. Festzuhalten sei auch, dass die Zwischenschaltung irischer<br />
Gesellschaften <strong>für</strong> die Festgeldveranlagungen in ATS zu zusätzlichen beträchtlichen Kosten geführt habe<br />
("administrative expenses, insbes. management fees (an die AIB)" lt. Bilanz der S. 1993 1,030.407 S,<br />
1994 2,114.468 S, 1995 2,077.736 S, 1996 2,172.822 S, 1997 2,391.560 S sowie "administrative expenses"<br />
lt. Bilanz der C. 1993 39.268 S, 1994 39.088 S, 1995 59.031 S, 1996 46.609 S und 1997 50.678 S). Auch hätten<br />
die beiden irischen Gesellschaften keine anderen Aktivitäten entfaltet als jene, die mit den Veranlagungen auf<br />
Grund der Zuschüsse durch die Beschwerdeführerin zusammenhingen. Die Kosten stünden ausschließlich mit<br />
dem "hier als missbräuchlich beurteilten Veranlagungsmodell im Zusammenhang, wobei der Großteil auf eine<br />
gemäß dem Management Agreement vom 10.3.1993 von der S. an die AIB zu entrichtende von der Anlagehöhe<br />
abhängige Management Fee zurückzuführen ist". Bei einer vergleichbaren Veranlagung in Österreich wären<br />
diese Kosten nicht angefallen. Zutreffend habe die Betriebsprüfung festgehalten, dass die S. erst durch die AIB<br />
als Erfüllungsgehilfin ihre Tätigkeit habe entfalten können (die rechtliche Existenz der S. werde damit von der<br />
belangten Behörde aber nicht in Frage gestellt). Bei Festgeldveranlagungen handle es sich um eine kurzfristige,<br />
besonders risikoarme Anlageform, die im Gegensatz zu einer Veranlagung insbesondere in Aktien oder Anleihen<br />
kein vergleichbares umfassendes Know how erfordere. Es gehe ausschließlich um die Auswahl jenes geeigneten<br />
www.ris.bka.gv.at Seite 7 von 15
Verwaltungsgerichtshof 10.08.2005<br />
Schuldners, der nach Ablauf der vereinbarten Zeit das zur Verfügung gestellte Kapital inklusive der vereinbarten<br />
Zinsen wieder zurückzustellen habe. Hinsichtlich des in diesem Zusammenhang zu vereinbarenden Zinssatzes<br />
sei außerdem davon auszugehen, dass "innerhalb einer Währung" <strong>für</strong> die gleiche Anlagedauer und Anlagehöhe<br />
bei gleicher Bonität des Schuldners keine gravierenden Unterschiede erzielbar seien, sondern eher von einer<br />
weitgehenden Koppelung an die Vienna Interbank Offered Rate (VIBOR) ausgegangen werden könne (die<br />
Koppelung an den VIBOR ergebe sich zudem aus zahlreichen von der Beschwerdeführerin hinsichtlich der<br />
Festgeldveranlagungen der S. vorgelegten Unterlagen). Die Veranlagungsmöglichkeiten seien im<br />
Beschwerdefall zusätzlich durch die Investment Guidelines eingeschränkt gewesen. Auch betreffend<br />
Anlagedauer habe eine Konzentration auf kurzfristige Anlagen bestanden (maximal 15 % des Anlagevolumens<br />
hätten <strong>für</strong> einen Zeitraum länger als sechs Monate veranlagt werden dürfen). Nach Ansicht der belangten<br />
Behörde erforderten gerade die von der S. getätigten Vermögensanlagen kein umfassendes unternehmerisches<br />
Know how und "schon gar nicht eine unternehmerische Infrastruktur gerade in Irland". Dass dennoch in Irland<br />
Personal von der AIB zur Verfügung gestellt und Räumlichkeiten angemietet worden seien, sei nach der<br />
vorgenommenen Beurteilung "nicht in einer unternehmerischen Notwendigkeit gegründet, sondern darin<br />
gegründet, dass zur Abwehr einer missbrauchsverdächtigten Konstruktion eben gewisse Anhaltspunkte <strong>für</strong> eine<br />
Sinnhaftigkeit der Verlagerung von Aktivitäten nach Irland geschaffen werden mussten". Zudem sei von der<br />
Betriebsprüfung in den Niederschriften festgehalten worden, dass Büroräumlichkeiten erst auf Grund eines<br />
Mietvertrages mit AIB vom 6. Juni 1997 (und damit gegen Ende der "Irlandgeschäfte") angemietet worden seien<br />
und die Sinnhaftigkeit des Mietvertrages überhaupt in Frage stehe, weil die S. über kein eigenes Personal verfügt<br />
habe, sondern dieses wiederum vom Mietvertragspartner AIB zur Verfügung gestellt worden sei.<br />
Zusammenfassend sei es daher ungewöhnlich und unangemessen, wenn eine österreichische Kapitalgesellschaft<br />
ihre Kapitalveranlagungen im Wesentlichen in ATS und überwiegend über österreichische Bankverbindungen<br />
insoweit nach Irland verlagere, als dort Kapitalgesellschaften zwischengeschaltet würden, die "keine<br />
wirtschaftlich sinnvollen Aktivitäten erbringen und damit außerdem zusätzliche beträchtliche Kosten anfallen,<br />
die bei einer Direktveranlagung in Österreich nicht angefallen wären".<br />
Zum "Vorliegen von steuerlichen Motiven <strong>für</strong> die ungewöhnliche und unangemessene Konstruktion" führte<br />
die belangte Behörde aus, hier sei zu untersuchen, ob die vorliegende, in wirtschaftlicher Hinsicht nicht<br />
verständliche Einschaltung irischer Gesellschaften <strong>für</strong> Veranlagungen in Österreich steuerlich motiviert gewesen<br />
sei. Dies sei zweifellos zu bejahen. Eine Veranlagung der von der Beschwerdeführerin an die irischen<br />
Gesellschaften übertragenen Gelder in Österreich durch die Beschwerdeführerin selbst hätte zu einer<br />
Besteuerung der Zinserträge im Rahmen ihrer gewerblichen Einkünfte geführt, wobei der maßgebliche<br />
Steuersatz bis 1993 30 % und ab dem Veranlagungsjahr 1994 34 % betragen hätte. Demgegenüber seien die aus<br />
Zinserträgen resultierenden Gewinne bei der S., einer Gesellschaft, die im Rahmen der irischen<br />
Wirtschaftssonderzone <strong>für</strong> Finanzdienstleistungen, dem sog. Dublin International Financial Services Centre<br />
(IFSC), situiert gewesen sei, auf Grund ihres Sonderstatus in Irland lediglich mit 10 % besteuert worden. In<br />
diesem Sinne habe die S. auch das im Managementvertrag vom 10. Mai 1993 angesprochene Steuerzertifikat<br />
vom irischen Finanzminister betreffend Steuererleichterungen <strong>für</strong> IFSC-Gesellschaften erhalten. Aus den<br />
vorgelegten Bilanzen gehe die herabgesetzte irische Besteuerung hervor. Anzumerken sei auch, dass das irische<br />
IFSC-Modell im internationalen Schrifttum als bedeutsame Attraktivität <strong>für</strong> ausländische Finanzgesellschaften<br />
und ausländisches Kapital beurteilt werde (diese Dienstleistungen müssten "in nichtirischer Währung ausgeführt<br />
und mit oder <strong>für</strong> nicht in Irland ansässige durchgeführt werden"). Diese Steueranreize seien auch <strong>für</strong> die<br />
Beschwerdeführerin "der einzige Grund der - letztlich nur beabsichtigten - Verlagerung ihrer<br />
Österreichveranlagungen in die irische Wirtschaftssonderzone" gewesen. Im Zusammenhang mit der<br />
vergleichsweise niedrigen irischen Besteuerung stehe auch die von der Beschwerdeführerin beabsichtigte<br />
Inanspruchnahme des internationalen Schachtelprivilegs nach § 10 Abs. 2 KStG 1988. Damit sollten im<br />
Zusammenhang mit der gewählten Konstruktion in Österreich letztlich keine Steuern bezahlt werden, sondern<br />
sich die "Steuerbelastung <strong>für</strong> in Österreich erzielte Zinserträge auf bloß 10 % irische Steuer erschöpfen". Nach<br />
Auffassung der belangten Behörde gewinne das im Vergleich mit einer üblichen Festgeldveranlagung in<br />
Österreich und einer Festgeldveranlagung unter Zwischenschaltung irischer Gesellschaften erläuterte<br />
Steuermotiv eine "schwerwiegendere Bedeutung, wenn die angestrebte Steuerersparnis besonders hoch ist".<br />
Davon sei im Beschwerdefall auszugehen, weil sich die Besteuerungsgrundlagen im Jahr 1993 um 12,365.752 S,<br />
1994 72,761.818 S, 1995 73,574.755 S, 1996 53,892.181 S und 1997 47,013.958 S erhöht hätten. Ein weiterer<br />
Anhaltspunkt <strong>für</strong> die ausschließlich verfolgten Interessen zur Steuervermeidung gehe aus Pkt. 6 des<br />
Managementvertrages vom 10. Mai 1993 hervor, in dem der Beschwerdeführerin, der S. und der C. eine<br />
Kündigungsmöglichkeit gegenüber der AIB <strong>für</strong> den Fall eingeräumt worden sei, dass eine der angeführten<br />
Gesellschaften nachvollziehbare Anhaltspunkte da<strong>für</strong> erlange, dass die von der S. empfangenen Dividenden-,<br />
Kapitalgewinn- oder Zinseinkünfte "einer Besteuerung in Österreich unterworfen würden oder werden könnten<br />
oder dass eine der angeführten Gesellschaften nachvollziehbare Anhaltspunkte da<strong>für</strong> erlangt, dass entweder auf<br />
die Bw., die S. oder die C. in Hinblick auf die ausgeübte Geschäftstätigkeit in Irland" ein höherer<br />
Körperschaftsteuersatz zur Anwendung gelangen würde. Eine solche weitgehende Kündigungsmöglichkeit aus<br />
steuerlichem Grund sei als unüblich anzusehen und bringe auch zum Ausdruck, dass bei der gewählten<br />
Konstruktion nicht die Verfolgung wirtschaftlicher Interessen im Vordergrund gestanden sei, sondern nur eine<br />
optimale Steuergestaltung bzw. Steuervermeidung. Eine steuerliche Motivation der gewählten zivilrechtlichen<br />
Gestaltung werde weiters damit in Abrede gestellt, dass die Beschwerdeführerin ab dem Jahr 1994 dem L.-<br />
www.ris.bka.gv.at Seite 8 von 15
Verwaltungsgerichtshof 10.08.2005<br />
Konzern angehöre, weshalb sämtliche weltweit erzielten Gewinne in Frankreich unter Anrechnung der im<br />
Ausland bezahlten Steuern der französischen Körperschaftsteuer unterlägen, wobei der französische<br />
Körperschaftsteuersatz den österreichischen Körperschaftsteuersatz lediglich um 0,67 % unterschreite. Auch<br />
diese Argumentation sei aus mehreren Gründen verfehlt. § 22 BAO verfolge das Ziel, die Umgehung<br />
österreichischer Steuern - sei es durch ungewöhnliche Konstruktionen mit ausschließlichem Inlandsbezug, aber<br />
auch mit Auslandsbezug - hintanzuhalten. Diese Zielsetzung würde weitgehend vereitelt, wenn eine (zudem nur<br />
mögliche; von der Beschwerdeführerin sei eine in diesem Zusammenhang stehende Entrichtung französischer<br />
Steuern nicht nachgewiesen worden) ausländische, außerdem allenfalls von einem anderen Steuerpflichtigen (der<br />
französischen Konzernmuttergesellschaft L.C.), zu entrichtende Steuer zu einem Verlust des österreichischen<br />
Besteuerungsanspruches führen würde. Eine potenzielle Besteuerung der französischen<br />
Konzernmuttergesellschaft in Frankreich sei auch "als irrelevant <strong>für</strong> einen Österreich hinsichtlich eines in<br />
Österreich unbeschränkt Steuerpflichtigen zustehenden Besteuerungsanspruches anzusehen, wenn es weder in<br />
Irland noch in Frankreich einen erkennbaren Steueranknüpfungspunkt <strong>für</strong> denselben Steuerpflichtigen gibt".<br />
Auch der von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Umstand, es gehe zumindest ab der Zugehörigkeit zum L.-<br />
Konzern hervor, dass es nicht (mehr) um die Umgehung von Steuern gehe, verkenne, dass die Beurteilung von<br />
Missbrauch nicht die Umgehung irgendwelcher nicht näher konkretisierter Steuern betreffe, sondern die<br />
Umgehung der österreichischen Körperschaftsteuer. Ein Wille auf Umgehung dieser Steuer sei jedenfalls<br />
während des gesamten Berufungszeitraumes aufrecht geblieben. Auch die wirtschaftlich unverständliche<br />
Zwischenschaltung irischer Kapitalgesellschaften zum Zweck der Umgehung der österreichischen<br />
Körperschaftsteuer habe unverändert bestanden. Außerdem lasse das Vorbringen der Beschwerdeführerin<br />
unberücksichtigt, dass aus der von ihr vorgelegten Bestätigung der französischen Finanzverwaltung vom<br />
9. Februar 1998 die Zugehörigkeit der S. und der C. zum Konsolidierungskreis der L.C. erst ab dem Jahr 1994<br />
hervorgehe. Die im Beschwerdefall zu beurteilende missbräuchliche Konstruktion habe jedoch bereits im<br />
Jahr 1992 ihren Ausgang gefunden (vgl. das Protokoll über die Aufsichtsratssitzung vom 25. April 1993, wonach<br />
die C. Ltd. vor Jahresende 1992 gegründet und die Zwecke einer Finanzanlagegesellschaft angesprochen worden<br />
seien). Von einer in Folgejahren möglichen Besteuerung in Frankreich habe damit zum Zeitpunkt der<br />
Begründung der ungewöhnlichen rechtlichen Konstruktion jedenfalls nicht mit Sicherheit ausgegangen werden<br />
können. Die Argumentation der Beschwerdeführerin sei daher auch in zeitlicher Hinsicht nicht geeignet, die<br />
"ausschließliche Zielsetzung der Steuerersparnis im zu beurteilenden maßgeblichen Zeitpunkt der Begründung<br />
der ungewöhnlichen zivilrechtlichen Gestaltung in Frage zu stellen".<br />
Zum Vorliegen außersteuerlicher Gründe, die einem Missbrauch entgegenstehen könnten, sei darauf<br />
hinzuweisen, dass es grundsätzlich Aufgabe der Beschwerdeführerin gewesen wäre, das Vorliegen<br />
wirtschaftlicher Gründe darzutun. Der Beschwerdeführerin sei dies jedoch nicht einmal ansatzweise gelungen.<br />
Vielmehr seien ihre Argumente als bloße Scheinargumente zur Abwendung der Missbrauchsbeurteilung<br />
anzusehen. Ein zentrales von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Argument bilde das Vorbringen, die<br />
S. hätte auf Grund ihres besonderen Know how eine bessere Anlagerendite erzielt als die Beschwerdeführerin<br />
selbst. Diese Behauptung habe die belangte Behörde im Vorhalt vom 7. November 2000 in Frage gestellt. Die<br />
durchgeführten Veranlagungen stellten eine Anlageform dar, die nicht eines besonderen Know how bedürfe, und<br />
im Vorhalt seien die Veranlagungen mit Sparbuchveranlagungen verglichen worden. Die Beschwerdeführerin<br />
habe diese Beurteilung durch die belangte Behörde in ihrer Vorhaltsbeantwortung nicht schlechthin in Abrede<br />
gestellt, sondern "sie als lediglich simplifizierende ex post-Betrachtung charakterisiert". Die wohl<br />
vereinfachende Vergleichbarkeit mit einer Sparbuchveranlagung werde von der belangten Behörde weiterhin <strong>für</strong><br />
richtig erachtet. Die belangte Behörde gehe allerdings davon aus, dass schon von Anfang an von den<br />
Vertragsparteien des Managementvertrages mit der AIB nicht beabsichtigt gewesen sei, "komplexere<br />
Anlageinstrumente" anzuwenden. Auch wenn solche nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in Pkt. 2<br />
Abs. 2 der Investment Guidelines vorgesehen gewesen seien, sei zunächst zu erwidern, dass die angesprochenen<br />
- entgegen dem Vorhalt nicht erläuterten Anlageinstrumente - nicht in den Investment Guidelines, die<br />
Bestandteil des Management Agreements vom 10. Mai 1993 geworden seien, enthalten seien, sondern lediglich<br />
in den Investment Guidelines der S. Zudem spreche die lange Dauer der Anlagetätigkeit der S., die dennoch<br />
keine anderen als besonders einfache Anlageformen erforderlich gemacht habe, dagegen, dass "je etwas in<br />
Richtung komplizierter know how-bedürftiger Anlageinstrumente beabsichtigt war". Zusätzlich sei auf die<br />
Beantwortung der Frage 6 des Ergänzungsvorhaltes hinzuweisen, wonach von den in den Investment Guidelines<br />
vorgesehenen Anlageabsicherungsgeschäften nie Gebrauch gemacht worden sei. Auch der in der<br />
Vorhaltsbeantwortung zu Frage 4 unter Hinweis auf eine Äußerung des Dr. K. enthaltene Passus: "Die in<br />
Österreich ansässigen international anerkannten Anlageberater bieten im Wesentlichen Fondsmanagement an,<br />
das aber <strong>für</strong> die Bw. keinesfalls in Betracht kommt, nach dem die liquiden Mittel kurzfristig und ohne großes<br />
Risiko veranlagt werden sollen, damit diese im Falle einer sich bietenden Akquisition oder einer zu tätigenden<br />
Investition prompt zur Verfügung stehen" spreche da<strong>für</strong>, dass von Anfang an keine komplizierteren<br />
Anlageformen "als Festgeldveranlagungen in ATS beabsichtigt waren". Insbesondere spreche die Art der<br />
Veranlagung in örtlicher Hinsicht - Veranlagungen nahezu ausschließlich in Österreich bei österreichischen<br />
Vertragsbanken bzw. bei Österreich-Filialen ausländischer Banken "sowie gleichfalls nicht eines besonderen<br />
Know Hows fordernder Konzernveranlagungen (direkt bei L.C. bzw. bei T. Bank)" - gegen ein gerade in Irland<br />
"zu suchendes und auffindbares Know How". Auszugehen sei eher davon, dass das "geringe erforderliche<br />
Know How <strong>für</strong> die vereinfachend:<br />
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Verwaltungsgerichtshof 10.08.2005<br />
ausschließlich Österreichveranlagungen kaum von den beiden irischen Geschäftsführern, sondern von Herrn<br />
Dr. K., Vorstandsmitglied bei der Bw., kam". Stelle sich damit die Sachlage aber insgesamt so dar, dass in Irland<br />
kein relevanter Faktor <strong>für</strong> eine Ergebnisverbesserung hinsichtlich der durchgeführten "Österreich-<br />
Veranlagungen" gegenüber einer Veranlagung durch die Beschwerdeführerin selbst erkennbar sei, dann seien<br />
allfällige bessere Zinserträge in anderen Faktoren zu suchen. "Nichtsdestotrotz" sei die Beschwerdeführerin im<br />
Vorhalt vom 7. November 2000 zu einer Erläuterung hinsichtlich der Ergebnisverbesserung aufgefordert<br />
worden. Die Beschwerdeführerin habe die "präzisen zu erfüllenden Erfordernisse jedoch nichteinmal<br />
ansatzweise erfüllt, sondern lediglich schon vorhandene <strong>für</strong> unzureichend befundene Unterlagen vorgelegt". In<br />
diesem Zusammenhang habe die Beschwerdeführerin auch gleichsam ihren bei Sachverhalten mit<br />
Auslandsbezug erhöhten Mitwirkungspflichten nicht entsprochen. Ein tauglicher Vergleich hätte sich nur aus<br />
Veranlagungen "<strong>für</strong> die gleiche Zeit, der gleichen Art und der gleichen Anlagehöhe" ergeben können. Die<br />
belangte Behörde würdige die vorgelegten Unterlagen dahingehend, dass die Einschaltung der S. keine<br />
Ergebnisverbesserung bewirkt habe, weil "von dieser Gesellschaft keine Vorteile <strong>für</strong> eine Veranlagung in<br />
Österreich nachvollziehbar sind, ausgenommen solche der hier <strong>für</strong> ausschließlich relevant erachteten<br />
steuerlichen Vorteile". Zur Begründung der von der Beschwerdeführerin gewählten Vorgangsweise mit einer<br />
Loslösung von der ehemaligen Mehrheitsgesellschafterin und Hausbank (Bank Austria) werde die Beurteilung<br />
lt. Vorhalt vom 7. November 2000 weiterhin <strong>für</strong> richtig befunden. Es stelle nämlich eine "geradezu<br />
unverständlich umständliche Methode" dar, um die behaupteten Zielsetzungen im Zusammenhang mit einer<br />
Herbeiführung eines höheren Wettbewerbsdrucks <strong>für</strong> die Hausbank zu verfolgen, wenn man sich hie<strong>für</strong> der mit<br />
beträchtlichen Kosten verbundenen Zwischenschaltung irischer Gesellschaften bediene. Der wirtschaftlich<br />
verständliche Weg hätte darin bestanden, wenn die Beschwerdeführerin selbst Kontakte mit österreichischen<br />
Banken hergestellt hätte. Zu betonen sei auch, dass die Beschwerdeführerin in der Zeit vor der Einschaltung der<br />
irischen Gesellschaften und auch neben der bestehenden Geschäftsbeziehung mit Irland in der Lage gewesen sei,<br />
Festgeldveranlagungen selbst durchzuführen, was "angesichts der Art dieser Veranlagungsform und der<br />
Unternehmensgröße" der Beschwerdeführerin keine Besonderheit darstelle. Außerdem sei die Argumentation<br />
der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang widersprüchlich und deshalb auch unglaubwürdig. Wäre<br />
nämlich die Zielsetzung tatsächlich in einer Loslösung von der Hausbank gelegen gewesen, hätte die<br />
Geschäftsbeziehung mit dieser Bank auch bei vergleichsweise guten offerierten Konditionen nicht<br />
aufrechterhalten werden dürfen. Demgegenüber habe die Beschwerdeführerin in der Berufung vorgebracht, dass<br />
eine Veranlagung bei der Hausbank nur dann vorgenommen worden sei, wenn diese vergleichsweise bessere<br />
Konditionen geboten hätte. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin sei weiters deshalb als Scheinargument zu<br />
beurteilen, weil der seinerzeitige Generaldirektor der Hausbank am 26. Juni 1992 zum Vorsitzenden des<br />
Aufsichtsrates bei der Beschwerdeführerin gewählt worden sei und diese Funktion bis zum Ende des<br />
Berufungszeitraumes ausgeübt habe. Eine tatsächlich verfolgte Strategie der Loslösung von der Hausbank hätte<br />
seine Enthebung aus dieser bedeutsamen Funktion als konsequent erachten lassen. Auch die Investment<br />
Guidelines führten die Hausbank als eine von fünf namentlich angeführten möglichen Vertragsbanken <strong>für</strong> die<br />
von der S. vorzunehmenden Veranlagungen an. Das Protokoll über die Aufsichtsratssitzung vom<br />
25. Februar 1993, in dem die Kapitalzuführung in Höhe von 220 Mio. S an die S. angesprochen worden sei,<br />
spreche ebenfalls gegen eine Abkoppelungsstrategie von der Hausbank. Diese Mittel hätten nämlich im<br />
Einvernehmen mit der Hausbank in Österreich wieder veranlagt werden sollen. Die entgegenstehende<br />
Argumentation der Beschwerdeführerin sei "nicht leicht verständlich und nicht nachvollziehbar". Auch im<br />
Aufsichtsratssitzungsprotokoll vom 22. Dezember 1993 (Anlage 5) fänden sich Anhaltspunkte, die gegen die<br />
behauptete Loslösungsstrategie von der Hausbank sprächen, wenn es darin laute: "Mit Stichtag 7.12.1993 sind<br />
über diese irischen Veranlagungskonstruktionen insgesamt liquide Mittel im Ausmaß von ca. 665 Mio S<br />
veranlagt. Diese Veranlagungen der irischen Gesellschaften erfolgen über die (Hausbank) in Wien bzw. die<br />
Londoner Filiale der (Hausbank) auf 1 - 6 Monatsterminbasis". Es stehe nach Auffassung der belangten Behörde<br />
geradezu in Widerspruch zu den Behauptungen der Beschwerdeführerin, wenn das gesamte Ausmaß von<br />
665 Mio Schilling durch jene irischen Gesellschaften, die zum Zweck der Loslösungsstrategie von der Hausbank<br />
(mit-)begründet bzw. eingeschaltet worden seien, "von den selben wiederum und ausschließlich" bei der<br />
Hausbank veranlagt werde. Wenn die gesamte Anlagesumme wiederum bei der (vormaligen) Hausbank<br />
veranlagt werde, könne nicht einmal von einem "Konditionenwettbewerb" ausgegangen werden. Bei der<br />
vorliegenden Fallkonstellation sei außerdem von der Beschwerdeführerin "nicht nur irgendein wirtschaftlicher<br />
Grund <strong>für</strong> die gewählte zivilrechtliche Gestaltung zu verlangen", sondern einer von einem wirtschaftlichen<br />
Gewicht, der "in einer gewissen Relation zum angestrebten bedeutsamen Steuervorteil steht". Ein derartiger<br />
wirtschaftlicher Grund <strong>für</strong> die gewählte Konstruktion sei "trotz Bemühens, den Argumenten der Bw. umfassend<br />
nachzugehen," nicht erkennbar. Es seien ausschließlich - gerade im vorliegenden Fall besonders stark<br />
ausgeprägte - steuerliche Motive verfolgt worden.<br />
Zu der von der Rechtsprechung im Zusammenhang mit § 22 BAO geforderten "Kette von Rechtshandlungen"<br />
lägen "zahlreiche Schritte vor, insbesondere:<br />
"1. Gründung der C., Ende 1992, 100 % Tochterunternehmen der Bw.<br />
2. Etablierung der (schon im Jahr 1990 gegründeten) S. als Finanzanlagengesellschaft, 100 %<br />
Tochtergesellschaft der C.<br />
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Verwaltungsgerichtshof 10.08.2005<br />
3. Abschluss eines Managementvertrages mit der AIB vom 10.5.1993, der hinsichtlich der Veranlagungen<br />
keinen Irlandbezug, sondern nahezu ausschließlich Österreichbezug aufweist, außerdem vorgesehene<br />
Unterstützung der S. bei der Erlangung der IFSC-Steuerbegünstigung, weiters Vereinbarung einer<br />
Kündigungsmöglichkeit 'aus steuerlichem Grund'.<br />
4. Erlangung der IFSC-Steuerbegünstigung durch die S., folglich herabgesetzte irische Körperschaftsteuer<br />
von 10 %.<br />
5. Fortlaufende Zuführung von Barmitteln in ATS durch die Bw. an die S.<br />
6. Veranlagung der Gelder durch die S. im wesentlichen in ATS und bei österr. Banken bzw. österr. Filialen<br />
ausländischer Banken bzw. Durchführung von Konzernveranlagungen.<br />
7. Ausschüttungen an die Bw., die durch Inanspruchnahme des internat. Schachtelprivilegs steuerfrei bleiben<br />
bzw. bleiben sollten."<br />
Die belangte Behörde halte insgesamt die Beurteilung durch die Betriebsprüfung aufrecht, sodass<br />
(entsprechend einer angemessenen rechtlichen Gestaltung im Sinne des § 22 Abs. 2 BAO) die über die irischen<br />
Gesellschaften erzielten Erträge unmittelbar als von der Beschwerdeführerin in Österreich erzielt anzusehen<br />
seien. Wegen dieser unmittelbaren Zurechnung an die Beschwerdeführerin scheide auch die Anwendung des<br />
internationalen Schachtelprivilegs aus. Soweit die Beschwerdeführerin hinsichtlich einer "zu besteuernden<br />
angemessenen Gestaltung" geltend mache, dass in diesem Fall "irgendwelche zusätzliche Aufwendungen primär<br />
in Österreich angefallen wären", sei festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin die Höhe solcher hypothetischen<br />
Aufwendungen nicht genannt habe. Außerdem sei davon auszugehen, dass diese Aufwendungen nur eine<br />
vernachlässigbare Größe darstellten (Festgeldveranlagungen seien von der Beschwerdeführerin ohnehin getätigt<br />
worden und es hätte - anders als bei der S. - nicht erst eine Infrastruktur eingerichtet und bezahlt werden<br />
müssen). Soweit die Berücksichtigung von in Irland aufgelaufenen Aufwendungen (insbesondere irischer<br />
Steuern) begehrt werde, sei zunächst darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde mit der vorliegenden<br />
Entscheidung nicht die Existenz der irischen Gesellschaften schlechthin verneine. Soweit bei den irischen<br />
Gesellschaften Aufwendungen angefallen seien, sei außerdem "vorauszuschicken, dass diese im Rahmen ihrer<br />
Besteuerung in Irland grundsätzlich geltend gemacht werden können". Der angemessene Weg bestehe "in einer<br />
gänzlichen Negierung des Irland-Bezugs der getätigten Veranlagungen". In diesem Sinne wären der<br />
Beschwerdeführerin bei dem zu besteuernden fiktiven angemessenen Sachverhalt keinerlei irische Steuern<br />
aufgelaufen. Bei Anrechnung einer irischen Steuer würde ein ausschließlich und zur Gänze Österreich<br />
zustehender Besteuerungsanspruch auf dem Umweg der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten<br />
"frustrierten Aufwendungen" zumindest zum <strong>Teil</strong> wieder verloren gehen.<br />
Nach Ansicht der belangten Behörde sei die Anwendung der Bestimmung des § 22 BAO auch nicht durch die<br />
Norm des § 10 Abs. 3 KStG 1988 bzw. die dazu ergangene Verordnung BGBl. Nr. 57/1995 zur steuerlichen<br />
Entlastung von Erträgen aus internationalen Schachtelbeteiligungen verdrängt. Auch das Vorbringen der<br />
Beschwerdeführerin zur Einschränkung des österreichischen Besteuerungsrechts durch das<br />
Doppelbesteuerungsabkommen mit Irland sei verfehlt. Nach dem zu besteuernden angemessenen Sachverhalt,<br />
bei dem die Zwischenschaltung irischer Gesellschaften als missbräuchlich beurteilt worden sei, weise der zu<br />
besteuernde angemessene Sachverhalt entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin keinen Irlandbezug (mehr)<br />
auf, zumal die von der S. erzielten Zinserträge unmittelbar als von der Beschwerdeführerin selbst in Österreich<br />
lukriert zu fingieren und zu besteuern seien.<br />
Die Wiederaufnahme des Verfahrens (hinsichtlich Körperschaftsteuer 1993 und 1994) sei zu Recht verfügt<br />
worden, weil erst im Zuge des Betriebsprüfungsverfahrens zahlreiche neue Beweismittel hervorgekommen seien,<br />
die die Geschäftsbeziehung der Beschwerdeführerin zur S. bzw. C. betroffen hätten. In einem<br />
Mängelbehebungsverfahren zur Berufung betreffend Wiederaufnahme der Verfahren habe die<br />
Beschwerdeführerin auch hinsichtlich der Wiederaufnahme die Abänderung beantragt, die steuerliche<br />
Ergebniszurechnung in Abzug zu bringen. Auch bezüglich der Begründung sei auf jene zur Berufung gegen die<br />
Sachbescheide verwiesen worden.<br />
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur<br />
gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden (im Folgenden nur: Beschwerde) erwogen:<br />
Der Körperschaftsteuer ist nach § 7 Abs. 1 KStG 1988 das Einkommen zu Grunde zu legen, dass der<br />
unbeschränkt Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat. Bei Steuerpflichtigen, die auf Grund<br />
der Rechtsform nach handelsrechtlichen Vorschriften zur Buchführung verpflichtet sind, sind nach § 7 Abs. 3<br />
leg. cit. alle Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG 1988) den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 23 Z 1 EStG 1988)<br />
zuzurechnen.<br />
§ 7 Abs. 4 KStG 1988 in seiner bis zum 31. August 1993 in Geltung gestandenen Fassung<br />
BGBl. Nr. 660/1989 hatte folgenden Wortlaut:<br />
"(4) Bei unter Absatz 3 fallenden Steuerpflichtigen bleiben nach Maßgabe des § 10 Z 5 Gewinnanteile jeder<br />
Art aus einer internationalen Schachtelbeteiligung sowie Gewinne aus der Veräußerung der Beteiligung außer<br />
Ansatz. Eine internationale Schachtelbeteiligung liegt vor, wenn der Steuerpflichtige an ausländischen<br />
Gesellschaften, die einer inländischen Kapitalgesellschaft vergleichbar sind, nachweislich in Form von<br />
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Gesellschaftsrechten unmittelbar mindestens zu einem Viertel beteiligt ist. Der Unternehmensgegenstand der<br />
ausländischen Gesellschaften darf zu nicht mehr als 25 % im Verwalten von eigenen Forderungswertpapieren<br />
(<strong>Teil</strong>schuldverschreibungen, Pfandbriefe, Kommunalschuldverschreibungen und ähnliche Wertpapiere) und<br />
Beteiligungen an anderen Unternehmen mit einem derartigen Unternehmensgegenstand liegen, es sei denn, die<br />
Gesellschaft unterhält einen Bankbetrieb."<br />
Nach § 10 Z 5 KStG 1988 in seiner bis zum 31. August 1993 in Kraft gestandenen Fassung der Novelle<br />
BGBl. Nr. 660/1989 waren von der Körperschaftsteuer Beteiligungserträge befreit, zu denen bei internationalen<br />
Schachtelbeteiligungen (§ 7 Abs. 4) auch Gewinnanteile jeder Art aus der Beteiligung gezählt wurden, wobei als<br />
Voraussetzung definiert war, dass die Beteiligung seit mindestens zwölf Monaten vor dem <strong>für</strong> die Ermittlung des<br />
Einkommens maßgeblichen Bilanzstichtag ununterbrochen bestanden hatte.<br />
Durch die Novelle BGBl. Nr. 694/1993 wurde die Regelung über die Erträge (Gewinnanteile jeder Art) aus<br />
internationalen Schachtelbeteiligungen aus der Bestimmung des § 7 KStG 1988 entfernt und zur Gänze in die<br />
Bestimmung des § 10 Abs. 2 KStG 1988 übernommen.<br />
Durch die mit 1. Jänner 1995 in Kraft getretene Novelle BGBl. Nr. 681/1994 erhielt die Bestimmung des § 10<br />
Abs 2 KStG 1988 eine neue Fassung. Demnach liegt eine internationale Schachtelbeteiligung vor, wenn unter<br />
§ 7 Abs. 3 fallende Steuerpflichtige nachweislich in Form von Gesellschaftsanteilen unmittelbar mindestens zu<br />
einem Viertel beteiligt sind a) an ausländischen Gesellschaften, die einer inländischen Kapitalgesellschaft<br />
vergleichbar sind, oder b) an anderen ausländischen Gesellschaften, die die in der Anlage 2 zum EStG 1988<br />
vorgesehenen Voraussetzungen des Art. 2 der Richtlinie Nr. 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 (ABl. EG<br />
Nr. L 225 S. 6) in der Fassung des Vertrages über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union erfüllen.<br />
Nach einem neu eingefügten dritten Absatz des § 10 KStG 1988 wird die Befreiung von Erträgen aus<br />
internationalen Schachtelbeteiligungen von der Körperschaftsteuer im Falle des Vorliegens von Gründen<br />
ausgeschlossen, wegen derer der Bundesminister <strong>für</strong> Finanzen dies zur Verhinderung von Steuerhinterziehungen<br />
und Missbräuchen (§ 22 BAO) durch Verordnung anordnet. Das Vorliegen derartiger Gründe kann insbesondere<br />
dann angenommen werden, wenn der Unternehmensschwerpunkt der ausländischen Gesellschaft unmittelbar<br />
oder mittelbar darin besteht, Einnahmen aus Zinsen, aus der Überlassung beweglicher, körperlicher oder<br />
unkörperlicher Wirtschaftsgüter und aus der Veräußerung von Beteiligungen zu erzielen, das Einkommen der<br />
ausländischen Gesellschaft hinsichtlich der Ermittlung der Bemessungsgrundlage bzw. hinsichtlich der<br />
Steuersätze keiner der österreichischen Körperschaftsteuer vergleichbaren ausländischen Steuer unterliegt, und<br />
nicht nachgewiesen wird, dass an der Körperschaft unmittelbar oder mittelbar überwiegend natürliche Personen<br />
beteiligt sind, bei denen das Besteuerungsrecht der Republik Österreich hinsichtlich der Einkommensteuer im<br />
Verhältnis zu anderen Staaten eingeschränkt ist. Auf Grund der Verordnungsermächtigung des § 10 Abs. 3<br />
KStG 1988 ist die Verordnung BGBl. Nr. 57/1995 ergangen.<br />
Nach § 22 Abs. 1 BAO kann durch Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen<br />
Rechtes die Abgabepflicht nicht umgangen oder gemindert werden. Liegt ein Missbrauch nach dieser<br />
Gesetzesstelle vor, sind nach § 22 Abs. 2 BAO die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen<br />
Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären.<br />
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird als Missbrauch im Sinne des § 22 BAO<br />
eine rechtliche Gestaltung angesehen, die im Hinblick auf die wirtschaftliche Zielsetzung ungewöhnlich und<br />
unangemessen ist und nur auf Grund der damit verbundenen Steuerersparnis verständlich wird. Dabei bildet im<br />
Allgemeinen nicht ein einziger Rechtsschritt, sondern eine Kette von Rechtshandlungen den Sachverhalt, mit<br />
dem die Folge des § 22 Abs. 2 BAO verbunden ist. Ein Missbrauch kann also in der dem tatsächlichen<br />
Geschehen nicht angemessenen Hintereinanderschaltung mehrerer rechtlicher Schritte bestehen. Für die<br />
Beurteilung einer Gestaltung als Missbrauch kommt es nicht darauf an, ob der Tatbestand der anzuwendenden<br />
Rechtsnormen stärker oder weniger stark an das Zivilrecht anknüpft (vgl. das hg. Erkenntnis vom<br />
9. Dezember 2004, Zl. 2002/14/0074, mwN).<br />
Wie auch in der Beschwerde ausgeführt wird, diente die Gründung der mit einem Stammkapital in<br />
Schillingwährung ausgestatteten (Tochter- und Enkel-) Gesellschaften der Beschwerdeführerin in der irischen<br />
Wirtschaftszone <strong>für</strong> Finanzdienstleistungen (IFSC) zur "Veranlagung" der aus Beteiligungsveräußerungen der<br />
Beschwerdeführerin resultierenden Liquiditätsüberschüsse. Die diesen Gesellschaften über so genannte<br />
Gesellschafterzuschüsse zugeführten, in der Beschwerde auch als '"Kriegskasse" bezeichneten Gelder sollten der<br />
Beschwerdeführerin <strong>für</strong> die Akquisition von Beteiligungen im Bedarfsfall (im Wege einer Kapitalherabsetzung)<br />
zur Verfügung bleiben. Nach der Verwendung der veranlagten Mittel zur Anschaffung von Beteiligungen<br />
wurden die beiden irischen Gesellschaften im Jahr 1998 auch liquidiert. Die irische Gesellschaft S. bzw. die auf<br />
Grund eines gesonderten "Managementvertrages" eingeschaltete irische Bank (AIB) veranlagte - so auch die<br />
Ausführungen in der Sachverhaltsschilderung lt. Beschwerde - die "ihr zugeführten liquiden Mittel vorrangig in<br />
ATS und bei österreichischen Kreditinstituten". Die aus diesen (Festgeld-)Veranlagungen resultierenden Zinsen<br />
sollten wiederum in Form steuerfreier Schachteldividenden an die Beschwerdeführerin fließen. Die Aktivitäten<br />
der irischen Gesellschaften, die über kein eigenes Personal und keine eigene Büroräumlichkeiten (solche wurden<br />
erst ab 6. Juni 1997 von der AIB angemietet, wobei die belangte Behörde die Sinnhaftigkeit dieser Anmietung lt.<br />
Beschwerde auch unwidersprochen in Zweifel zog) verfügten, beschränkten sich auf die Veranlagung der<br />
Liquiditätsüberschüsse der Beschwerdeführerin. Auf diese Veranlagung nahm die Beschwerdeführerin über die<br />
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Vorgaben in den so genannten "investment guidelines" Einfluss und die Feststellung im angefochtenen<br />
Bescheid, wonach das Know-how <strong>für</strong> die (vereinfachend gesagt) "Österreich-Veranlagungen" eher vom<br />
Vorstandmitglied der Beschwerdeführerin Dr. K. (der Geschäftsführungsfunktionen bei beiden irischen<br />
Gesellschaften wahrgenommen habe) als von den beiden irischen Geschäftsführern gestammt habe, bleibt in der<br />
Beschwerde auch unbekämpft. Insgesamt ging die belangte Behörde davon aus, die zwischengeschalteten<br />
irischen Gesellschaften hätten keine "wirtschaftlich sinnvollen Aktivitäten" erbracht, wobei außerdem<br />
beträchtliche Kosten (sowie u. a. längere Informationswege) angefallen seien, die bei einer Direktveranlagung in<br />
Österreich nicht zu tätigen gewesen wären. Warum der "Aufbau einer internen Veranlagungsabteilung unter<br />
Beiziehung von Finanzberatern" den Anforderungen "nicht hinreichend" entsprochen hätte, sodass die<br />
Beschwerdeführerin dem Aufbau eines ausgelagerten Risikomanagementsystems in Kooperation mit der AIB<br />
den Vorzug eingeräumt habe, erläutert die Beschwerde nicht nachvollziehbar. Den Ausführungen im<br />
angefochtenen Bescheid, wonach bei "einer angemessenen rechtlichen Gestaltung" (Erzielung der über die<br />
irischen Gesellschaften geflossenen Beträge unmittelbar durch die Beschwerdeführerin) keine nennenswerten<br />
Aufwendungen <strong>für</strong> die Beschwerdeführerin angefallen wären, tritt die Beschwerde nicht entgegen.<br />
Damit gleicht die vorliegende Sachverhaltskonstellation aber in wesentlichen Punkten derjenigen des dem<br />
oben zitierten hg. Erkenntnis vom 9. Dezember 2004, 2002/14/0074, zu Grunde liegenden Beschwerdefalles. Es<br />
lag somit eine Gesamtgestaltung (auch in Form einer Kette von Rechtshandlungen) vor, die seitens der belangten<br />
Behörde als ungewöhnlich und unangemessen mit dem Motiv der Steuervermeidung im Sinne des § 22 BAO<br />
beurteilt werden durfte.<br />
Auch die im vorliegenden Beschwerdefall vorgetragenen außersteuerlichen Gründe <strong>für</strong> die gewählte<br />
Gestaltung überzeugen nicht:<br />
In der Beschwerde wird vorgebracht, im Rahmen der Berufung seien die seinerzeitigen Rahmenbedingungen<br />
<strong>für</strong> die Schillingveranlagung "kurz" erläutert worden, wobei darauf hingewiesen worden sei, dass der<br />
Finanzmarkt damals be<strong>für</strong>chtet habe, die Kaufkraft des österreichischen Schilling könnte sich gegenüber der<br />
deutschen Mark zusehends verschlechtern, weshalb eine Konvertierung der aus Beteiligungsverkäufen<br />
stammenden und in österreichischen Schilling veranlagten Geldmittel in "vergleichsweise abwertungsfestere<br />
Währungen einen wesentlichen und nachhaltigen Aspekt der Veranlagungs- und Risikoüberlegungen des<br />
Vorstands der Beschwerdeführerin bildete, der <strong>für</strong> eine ausreichende Risikovorsorge und -absicherung zu sorgen<br />
hatte". Die belangte Behörde trat diesen "kurzen" Erläuterungen in der Berufung einerseits mit dem Hinweis auf<br />
die unpräzise gebliebenen Angaben hinsichtlich einer behaupteten Veranlagung in DM und andererseits mit den<br />
tatsächlich in Schillingwährung vorgenommenen Veranlagungen entgegen. Auch die in der Beschwerde erstmals<br />
- und insoweit auch unter Verstoß gegen das Neuerungsverbot nach § 41 Abs. 1 VwGG - weitwendig unter<br />
Zitaten aus Pressemeldungen und Auszügen aus dem Geschäftsbericht der Österreichischen Nationalbank <strong>für</strong> das<br />
Geschäftsjahr 1993 vorgetragene Begründung <strong>für</strong> einen "Schilling-Abwertungsdruck in 1992/1993" hilft der<br />
Beschwerdeführerin nicht darüber hinweg, dass sie mit diesem Vorbringen in Bezug auf die Motivation <strong>für</strong> die<br />
gegenständliche Gestaltung auf Behauptungsebene bleibt, wobei sie auch nicht einsichtig macht, in welcher<br />
Weise ein durch "Währungsturbulenzen" veranlasstes "präventives Risikomanagementsystem" konkret in der in<br />
Rede stehenden Veranlagung unter Einschaltung der irischen Gesellschaften ihren Niederschlag gefunden hätte.<br />
Mit der ins Treffen geführten "Abkoppelungsstrategie gegenüber dem vormaligen Mehrheitseigentümer" (der<br />
Hausbank) hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auseinander gesetzt und dabei u.a. auf die<br />
nach wie vor gegebene Einbindung der Hausbank in die Veranlagungen, die (damalige) Personalunion des<br />
Generaldirektors mit dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Beschwerdeführerin und den wirtschaftlich<br />
unverständlichen (mit beträchtlichen Kosten verbundenen) Weg durch Zwischenschaltung irischer<br />
Gesellschaften hingewiesen. Ohne diesen Ausführungen im angefochtenen Bescheid im Einzelnen zu<br />
widersprechen, wird in der Beschwerde als Begründung <strong>für</strong> die "Abkoppelungsstrategie" vor allem auf die<br />
"andauernden Währungsturbulenzen ab der zweiten Hälfte des Jahres 1992" hingewiesen. Mit diesem bereits<br />
oben zur "Schillingveranlagung" als nicht stichhältig erkannten Argument kann die Beschwerdeführerin die<br />
betreffend die "Abkoppelungsstrategie" im angefochtenen Bescheid dargelegte Beweiswürdigung aber nicht<br />
erschüttern.<br />
Zu einer Ergebnisverbesserung hinsichtlich der durchgeführten "Österreich-Veranlagungen" hat die belangte<br />
Behörde lt. angefochtenem Bescheid, "nichtsdestotrotz" eine solche durch Einschaltung der irischen<br />
Gesellschaften gegenüber einer Veranlagung durch die Beschwerdeführerin selbst nach der Sachlage (so habe<br />
das Know-How <strong>für</strong> die Veranlagungen vom Vorstandsmitglied der Beschwerdeführerin Dr. K. gestammt) nicht<br />
erkennbar gewesen sei, die Beschwerdeführerin im Vorhalt vom 7. November 2000 zu einer Erläuterung<br />
aufgefordert (die Beschwerdeführerin habe allerdings eine Verbesserung der Konditionen infolge Einschaltung<br />
der irischen Gesellschaften nicht einmal ansatzweise nachgewiesen und nur schon vorhandene Unterlagen<br />
vorgelegt). Wenn in der Beschwerde zu einer "erzielten Renditesteigerung" allgemein geltend gemacht wird, aus<br />
zwei sowohl im Rahmen der Betriebsprüfung als auch im Rahmen der Berufung beigebrachten Grafiken<br />
("Performance S. ATS" und "Performance S. DEM") gehe hervor, dass die "die irische Gesellschaft deutlich<br />
höhere Zinssätze im Bereich der Schilling-Veranlagung erzielte als die Beschwerdeführerin selbst erzielt hätte,<br />
nämlich 3-Monats-VIBOR abzüglich 15 Basispunkte" und "die irische Gesellschaft insbesondere ab September<br />
1996 wesentlich höhere Zinssätze im Bereich der DEM-Veranlagung erzielte als die Beschwerdeführerin selbst<br />
erzielt hätte, nämlich 3-Monats-VIBOR abzüglich 15 Basispunkte", wird damit ein beachtlicher<br />
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außersteuerlicher Grund <strong>für</strong> die gewählte Gestaltung noch nicht plausibel gemacht, zumal konkrete<br />
Vergleichsangaben fehlen und auch keine Relation zu den mit der Veranlagung über die irischen Gesellschaften<br />
entstandenen Kosten (und der mit der vorliegenden Gestaltung verbundenen Steuerersparnis) hergestellt wird.<br />
Inwieweit die belangte Behörde eine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften zu verantworten hätte<br />
(die Beschwerde moniert eine zu kurze Fristsetzung im Vorhalt vom 7. November 2000 und einen zu Unrecht<br />
von der belangten Behörde getätigten Hinweis auf eine erhöhte Mitwirkungspflicht), wird in der Beschwerde<br />
nicht deutlich gemacht.<br />
Zur "weltweiten Konzernbesteuerung der L.-Gruppe" (zu der die Beschwerdeführerin ab dem Jahr 1994<br />
gehöre) in Frankreich, die im Übrigen betreffend ihrer tatsächlichen Durchführung auch in der Beschwerde nicht<br />
näher erläutert wird, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid bereits zutreffend darauf hingewiesen,<br />
dass eine derartige Besteuerung (eines anderen Steuersubjektes) nichts am Besteuerungsanspruch Österreichs<br />
und der Anwendbarkeit des § 22 BAO ändern könnte (vgl. in diesem Zusammenhang auch - betreffend die<br />
Umgehung von Abgaben iSd § 3 BAO - das hg. Erkenntnis vom 25. November 1999, 97/15/0104). Ob die<br />
Beibehaltung der Veranlagungspolitik der Beschwerdeführerin aus der Sicht einer Konzernbesteuerung in<br />
Frankreich eine Abgabenersparnis bewirkt hätte, ist damit auch nicht von Relevanz. Dass der österreichische<br />
Besteuerungsanspruch etwa durch Normen des internationalen Steuerrechts konkret beschränkt wäre, behauptet<br />
auch die Beschwerde nicht.<br />
Soweit die Beschwerde das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Republik Österreich und Irland<br />
(BGBl Nr. 66/1968 und Nr. 12/1989) ins Spiel bringt, das keine Missbrauchsregelung enthalte (Art. 8 Abs. 4<br />
dieses Abkommens normiere vielmehr eine generelle Beteiligungsertragsbefreiung), kann auf die Ausführungen<br />
im bereits zitierten hg. Erkenntnis vom 9. Dezember 2004 verwiesen werden, wonach auch bei Fehlen<br />
ausdrücklicher Abkommensbestimmungen ein Staat das Recht hat, sich vor einer unberechtigten Ausnützung der<br />
im Abkommen vorgesehenen Steuervorteile zu schützen.<br />
§ 22 BAO sanktioniert im Einzelfall einen der wirtschaftlichen Realität nicht angemessenen Einsatz<br />
zivilrechtlicher Gestaltungsmittel allein zum Zweck der Abgabenvermeidung. Durch Missbrauchsbestimmungen<br />
auf dem Gebiet des österreichischen Außensteuerrechts wird die Anwendung dieser Bestimmung nicht verdrängt<br />
(vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 2005, 2000/13/0176). Auch die mit 1. Jänner 1995 in Kraft getretene<br />
Bestimmung des § 10 Abs. 3 KStG 1988, wonach bei Gründen <strong>für</strong> das Vorliegen von Missbrauch bei den<br />
Erträgen aus internationalen Schachtelbeteiligungen ein Methodenwechsel von der Steuerbefreiungs- zur<br />
Anrechnungsmethode eintritt, konnte daher an der - bereits an der Einkünftezurechnung selbst ansetzenden -<br />
Missbrauchsbeurteilung im Beschwerdefall nichts ändern, wie dies auch seitens der belangten Behörde im<br />
angefochtenen Bescheid zutreffend festgehalten wurde (vgl. z.B. Loukota/Quantschnigg, Neues österreichisches<br />
Missbrauchsabwehrrecht gegenüber ausländischen Basisgesellschaften, SWI 1995, S. 13, sowie Wiesner,<br />
Die österreichischen Missbrauchsbestimmungen auf dem Gebiet des Außensteuerrechts - § 10 Abs. 3 KStG<br />
1988, SWI 1995, S. 131).<br />
Zur "Gemeinschaftswidrigkeit des § 22 BAO" wird in der Beschwerde vorgetragen, § 22 BAO sei - in seiner<br />
"Unbeschränktheit" entweder gemeinschaftsrechtswidrig oder die belangte Behörde habe § 22 BAO iVm § 10<br />
Abs. 3 KStG 1988 einen Inhalt unterstellt, den "diese in gemeinschaftskonformer Weise nicht haben können".<br />
Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass nach Rechtsprechung des EuGH die nationalen Gerichte im<br />
Einzelfall dem missbräuchlichen oder betrügerischen Verhalten des Betroffenen auf der Grundlage objektiver<br />
Kriterien Rechnung tragen können, um ihm gegebenenfalls die Berufung auf das einschlägige<br />
Gemeinschaftsrecht zu verwehren, wobei aber bei der Beurteilung eines solchen Verhaltens die Ziele der<br />
fraglichen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen zu beachten sind (vgl. z.B. das Urteil des EuGH vom<br />
21. November 2002, C-436/00, X und Y, Rn 42). Der Anwendung des § 22 BAO ist damit im Einzelfall auch im<br />
Geltungsbereich gemeinschaftsrechtlicher Normen (der Beschwerdefall betrifft u.a. Streitzeiträume nach dem<br />
Beitritt Österreichs zum EWR bzw. zur EU) nicht der Boden entzogen (vgl. z.B. Tumpel, Steuerumgehung im<br />
DBA-Recht und EG-Grundfreiheiten, in Lang/Jirousek (Hrsg.), Praxis des Internatonalen Steuerrechts, FS<br />
Loukota, Wien 2005, S. 589). Eine in der Beschwerde angeregte Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH<br />
hatte angesichts dessen nicht zu erfolgen.<br />
Die Beschwerdeführerin bringt vor, es sei <strong>für</strong> sie unbestritten von Vorteil gewesen, dass seit 1987 <strong>für</strong> eine<br />
gewisse - auch den verfahrensgegenständlichen Zeitraum betreffende - Zeit im ehemaligen Hafengebiet<br />
("Custom House Dock Area") von Dublin ein Zentrum <strong>für</strong> internationale Finanzdienstleistungen ("International<br />
Financial Service Center" - IFSC) bestanden habe, wobei die dort niedergelassenen Gesellschaften unter<br />
bestimmten Voraussetzungen - die auch auf die Beschwerdeführerin zugetroffen seien - eine zeitlich begrenzte<br />
Ermäßigung der Körperschaftsteuer auf 10 % hätten in Anspruch nehmen können. Diese<br />
Körperschaftsteuerermäßigung stelle eine staatliche Förderungsmaßnahme und somit eine nationale<br />
Lenkungsmaßnahme der Republik Irland dar, die darauf abgezielt habe, die Gründung von IFSC-Gesellschaften<br />
in der Custom House Dock Area zu erleichtern. Diese staatliche Förderungsmaßnahme sei durch die<br />
Kommission der Europäischen Gemeinschaften "im Rahmen der Beihilfenaufsicht nach Art 87 ff EGV (alt)<br />
zeitlich befristet genehmigt (Schreiben der EU-Kommission, Amtsblatt EG/C 198/14/ vom 18. 12. 1989)". Selbst<br />
wenn die Behauptungen der belangten Behörde über das Fehlen von außersteuerlichen Motiven <strong>für</strong> die<br />
Ansiedlung der "Off-Shore-Gesellschaft" zuträfen, dürfe ein "Ausweichen" von Steuerpflichtigen in das "EU-<br />
www.ris.bka.gv.at Seite 14 von 15
Verwaltungsgerichtshof 10.08.2005<br />
Ausland und unter Inanspruchnahme von gemeinschaftsrechtlich zulässigen Förderungsmaßnahmen durch eine<br />
österreichische Missbrauchsregelung" nicht "korrigiert" werden. Der österreichische Gesetzgeber habe in § 10<br />
KStG 1988 die so genannte "Mutter-Tochter-Richtlinie" umgesetzt. Nach keiner Bestimmung dieser Richtlinie<br />
dürfe ein Mitgliedstaat die Steuerfreiheit von Auslandsdividenden dadurch "unterlaufen", dass er sie im Wege<br />
einer allgemeinen und überschießenden Missbrauchsregelung "korrigiert". Überdies sei auch im<br />
Anwendungsbereich der Grundfreiheiten jede Diskriminierung von grenzüberschreitenden Vorgängen gegenüber<br />
rein innerstaatlichen (z.B. rein irischen) Vorgängen verboten. Würde "nun - aus der Sicht des irischen Rechts -<br />
ausländischen (Mutter- bzw Großmutter-) Unternehmen wie etwa österreichischen Unternehmen eine<br />
'Partizipation' an diesen Förderungen verwehrt, so läge darin sowohl eine krasse Beschränkung der<br />
Niederlassungsfreiheit als auch eine Diskriminierung von ausländischen Unternehmen aus EU-Mitgliedstaaten".<br />
Eine im Rahmen der Niederlassungsfreiheit unzulässige Ausgangsbeschränkung stelle weiters das Ergebnis des<br />
angefochtenen Bescheides sowie des zu Grunde liegenden § 22 BAO dar, "weil die Beschwerdeführerin dadurch<br />
aufgrund einer ausschließlich innerstaatlichen Bestimmung um den Genuss einer gemeinschaftsrechtlichen<br />
zulässigen Förderungsmaßnahme im EU-Ausland gebracht werden würde". Dadurch, dass die<br />
Beschwerdeführerin in Form der mittels des angefochtenen Bescheides auferlegten Steuerbelastung einen<br />
Wettbewerbsnachteil gegenüber den in Irland (oder in anderen EU-Mitgliedstaaten, deren Rechtsordnungen<br />
keine mit § 22 BAO vergleichbare Bestimmung enthielten) ansässigen "und ebendort tätigen<br />
Kapitalgesellschaften" erfahre, sei sie auch in ihrer Freiheit über deren in Irland ansässige Tochtergesellschaften<br />
Finanzdienstleistungen zu erbringen, "durch die vertragswidrige Auslegung der Bestimmungen des § 22 BAO<br />
iVm § 10 Abs 3 KStG beschränkt."<br />
Zu diesem Vorbringen ist zunächst an den im Beschwerdefall zu beurteilenden Sachverhalt zu erinnern.<br />
Demnach lag nach dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren als unbedenklich erkannten Feststellungen der<br />
belangten Behörde eine ausschließlich zur Umgehung nationaler (österreichischer) Abgaben dienende<br />
ungewöhnliche und unangemessene Gesamtgestaltung (und nicht nur "die Ausnützung einer<br />
gemeinschaftsrechtlich zulässigen Förderung in einem anderen Mitgliedstaat") vor. Die rechtliche Existenz<br />
dieser irischen Gesellschaften wurde - worauf auch die belangte Behörde hinweist - nicht schlechthin verneint,<br />
sondern nur vor dem Hintergrund der Besonderheiten des Einzelfalles (Existenz der irischen Gesellschaften nur<br />
zur Veranlagung von in Form von Gesellschafterzuschüssen überlassenen Liquiditätsüberschüssen der<br />
Beschwerdeführerin, keine Sinnhaftigkeit der Einschaltung dieser Gesellschaften zur Erbringung von<br />
Finanzdienstleistungen betreffend die in Rede stehenden konservativen Festgeldveranlagungen in<br />
Schillingwährung) als zutreffend erachtet, dass der den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und<br />
Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung (in Form direkter Veranlagungen durch die<br />
Beschwerdeführerin) im Sinne des § 22 BAO zum Durchbruch zu verhelfen und solcherart die - unbestritten - in<br />
beträchtlicher Höhe erfolgte Umgehung der strittigen nationalen Abgaben zu verhindern sei. Der<br />
Verwaltungsgerichtshof vermag in dieser auf den Einzelfall bezogenen Beurteilung, die österreichischen<br />
Unternehmen eine "Partizipation" an gemeinschaftsrechtlich gebilligten Förderungsmaßnahmen <strong>für</strong> die so<br />
genannte "Custom House Dock Area" in Irland weder allgemein versagt noch eine den Zielrichtungen<br />
(Schaffung wettbewerbsneutraler steuerlicher Regelungen <strong>für</strong> Zusammenschlüsse von Gesellschaften<br />
verschiedener Mitgliedstaaten) der "Mutter-Tochter-Richtlinie" (Richtlinie Nr. 90/435/EWG des Rates vom<br />
23. Juli 1990, ABl. EG Nr. L 225 S 6) zuwiderlaufende "allgemeine und überschießende Missbrauchsregelung"<br />
beinhaltet, keinen Verstoß gegen gemeinschaftsrechtliche Vorgaben zu erblicken (vgl. in diesem Sinne auch<br />
Loukota, Einschaltung ausländischer Basisgesellschaften, SWI 2005, S. 205 ff).<br />
Die Beschwerden, die betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Körperschaftsteuer 1993<br />
und 1994 keine gesonderten Ausführungen enthalten, waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet<br />
abzuweisen.<br />
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II<br />
Nr. 333/2003.<br />
Wien, am 10. August 2005<br />
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Zweifelsfragen zur<br />
Beteiligungsertrags-<br />
befreiung und zur<br />
Rückerstattung von<br />
Quellensteuern
676 RdW 10/2009 Artikel-Nr. 692 Steuerrecht<br />
■ RdW 2009/692, 676<br />
Highlights aus dem Workshop „Internationales<br />
Steuerrecht“<br />
Auf der „RuSt 09“, dem 13. Jahresforum <strong>für</strong> Recht und Steuern, fi ndet wie jedes<br />
Jahr der Workshop „Update Internationales Steuerrecht“ statt. Im Rahmen dieses<br />
Workshops werden – unter anderem – folgende Themenschwerpunkte gesetzt:<br />
die Fortentwicklung und Modifi kation des Betriebsstättenbegriffs im Lichte der<br />
neuesten Überlegungen der OECD, die durch das KorrStrÄG 2009 angeheizte<br />
Diskussion um die Behandlung von Auslandsprovisionen in der Betriebsprüfung,<br />
die aktuellen Entwicklungen rund um das Bankgeheimnis, die durch Rz 104<br />
EStR 2000 erneut ins Blickfeld gerückte Frage der internationalen Einkünftezurechnung<br />
sowie die Änderungen bei der Besteuerung grenzüberschreitender<br />
Dividenden durch das BBG 2009.<br />
1. Überblick über aktuelle Entwicklungen in Legistik,<br />
Rechtsprechung und Verwaltungspraxis<br />
Die Entwicklungen des internationalen Steuerrechts im Jahr<br />
2009 waren durch den globalen Kampf gegen Steuerhinterziehung<br />
und den zunehmenden Druck auf das österreichische<br />
Bankgeheimnis geprägt. Die Implementierung des neuen<br />
OECD-Transparenzstandards im Hinblick auf den steuerlichen<br />
Informationsaustausch sowohl durch die Revision zahlreicher<br />
Abkommen als auch durch die Schaffung einer nationalen Ausführungsgesetzgebung<br />
war heuer ein massiver Schwerpunkt<br />
der ministeriellen Tätigkeit im internationalen Steuerrecht. 1)<br />
Die Außensteuerlegistik tat im BBG 2009 2) einen weiteren<br />
Schritt zur europarechtsfreundlichen Gestaltung des österreichischen<br />
Steuerrechts, wurde doch einerseits die Befreiung <strong>für</strong><br />
Beteiligungserträge in § 10 KStG auf „Portfoliobeteiligungen“<br />
an EU- und EWR-Gesellschaften ausgedehnt, andererseits<br />
in § 21 Abs 1 Z 1a KStG ein Rückzahlungsmechanismus zur<br />
Vermeidung einer Diskriminierung von Dividendenausschüttungen<br />
an ausländische Gesellschaften eingeführt. 3) Neben<br />
den nachfolgend ausführlich dargelegten Entwicklungen in<br />
Rechtsprechung und Verwaltungspraxis 4) erscheinen überdies<br />
zwei Entwicklungen rund um die Verlustverwertungsproblematik<br />
bemerkenswert.<br />
Gerade in Zeiten von Wirtschaftskrise und Gewinneinbrüchen<br />
erlebt das alte Thema des Anrechnungsvortrages eine Renaissance,<br />
führt doch eine Versagung eines Anrechnungsvortrages<br />
zu einer zeitverschobenen Doppelbesteuerung, wenn ausländische<br />
Gewinne einen inländischen Verlustvortrag kürzen, ohne<br />
dass da<strong>für</strong> in späteren Perioden ein Anrechnungsguthaben bestünde.<br />
Bisher haben sowohl die Rechtsprechung 5) als auch<br />
1) Siehe Kapitel 4.<br />
2) BGBl I 2009/52.<br />
3) Siehe Kapitel 6.<br />
4) Siehe die Kapitel 2. (Betriebsstättenbesteuerung), 3. (Provisionen)<br />
und 5. (Einkünftezurechnung).<br />
5) VwGH 20. 4. 1999, 99/14/0012 ÖStZB 1999, 696; VwGH 28. 9. 2004,<br />
2000/14/0172 ÖStZB 2005/219 = SWI 2005, 302 m Anm R. Weninger<br />
= GeS 2005, 167 m Anm Obermair/P. Weninger; UFS Klagenfurt<br />
5. 1. 2007, RV/0121-K/04.<br />
Dr. Stefan Bendlinger<br />
ICON Wirtschaftstreuhand GmbH, Linz<br />
Univ.-Prof. DDr. Georg Kofl er,<br />
LL.M. (NYU)<br />
Johannes Kepler Universität Linz<br />
die Verwaltungspraxis 6) gegen die Kritik im Schrifttum 7) einen<br />
Anrechnungsvortrag im Hinblick auf ausländische Quellensteuern<br />
stets versagt. 8) Zweifelhaft ist auch, ob sich ein solcher<br />
allenfalls aus den Grundfreiheiten begründen lässt. 9) Vor diesem<br />
Hintergrund ist daher die jüngste Entwicklung in der Verwaltungspraxis<br />
sehr zu begrüßen: Das BMF ist nunmehr „aus<br />
wirtschaftlichen und standortpolitischen Gründen“ und auch<br />
aus „gemeinschaftsrechtlicher Sicht“ bereit, einzelfallbezogen im<br />
Wege des § 48 BAO zur Vermeidung einer zeitverschobenen,<br />
wirtschaftlichen Doppelbesteuerung einen Anrechnungsvortrag<br />
zu gewähren. 10) Die allfällige Gewährung eines Anrechnungsvortrages<br />
betrifft nur tatsächlich entrichtete Steuern 11)<br />
und bedarf einer ausreichenden Dokumentation des Vorliegens<br />
einer ausgleichsbedürftigen wirtschaftlichen Doppelbesteue-<br />
6) ZB Rz 7587 EStR 2000; EAS 1150 = SWI 1997, 532; EAS 2021 = SWI 2002,<br />
206; EAS 2036 = SWI 2002, 320; EAS 2591 = SWI 2005, 253.<br />
7) Siehe etwa Schuch, Verluste im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen<br />
(1998) 163 ff; Schuch, Die Zeit im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen<br />
(2002) 255 ff; siehe auch Nowotny, Erkenntnis des<br />
VwGH zur Anrechnung ausländischer Quellensteuern bei Verlusten<br />
im Ansässigkeitsstaat, SWI 1999, 388 (390 ff); Schuch, VwGH verneint<br />
Anrechnungsvortrag, SWI 1999, 469 (469 ff); W. Loukota in Lang/<br />
Schuch/Staringer (Hrsg), Tax Treaty Law and EC Law (2007) 125 (135);<br />
weiters Gassner, Anrechnungsvortrag schon nach derzeit geltendem<br />
Recht möglich? SWI 1999, 59 (59 f).<br />
8) Offen in Art 23 Tz 65 f OECD-MK.<br />
9) Da<strong>für</strong> zB Petritz, Gebieten Abkommens- und/oder Gemeinschaftsrecht<br />
einen Anrechnungsvortrag? RdW 2007/331, 311 (315); Marschner, EuGH<br />
in Columbus und Sammelverfahren CFC and Dividend sowie VwGH zu<br />
§ 10 Abs 2 KStG: Der ungebremste Siegeszug der Anrechnungsmethode,<br />
FJ 2008, 260 (263); vgl in diese Richtung auch Loukota, Neuerungen<br />
bei der zwischenstaatlichen Verlustverwertung, SWI 2001, 163<br />
(169); Loukota, Gebietet EU-Recht einen DBA-Anrechnungsvortrag?<br />
SWI 2006, 250 (250 ff), und Loukota, Doppelbesteuerungsabkommen<br />
im Einfl ussbereich des Gemeinschaftsrechts, in Quantschnigg/Wiesner/<br />
Mayr (Hrsg), Steuern im Gemeinschaftsrecht, FS Nolz (2008) 131 (142);<br />
vgl weiters Haslinger in Lang/Schuch/Staringer (Hrsg), KStG (2009) § 10<br />
Rz 120, die unter Hinweis auf die KESt-Anrechnung im Inlandsfall<br />
bei nicht unter § 94 Z 2 EStG fallenden Dividenden eine diskriminierungsfreie<br />
Anrechnung fordert. Diese Frage offengelassen in VwGH<br />
28. 2. 2007, 2003/13/0064 ÖStZB 2007/410, 541; deutlich ablehnend<br />
UFS Klagenfurt 5. 1. 2007, RV/0121-K/04. Dagegen zB auch Kühbacher,<br />
Erfordert § 10 Abs. 2 KStG bei ausländischen Portfoliobeteiligungen<br />
einen Anrechnungsvortrag? SWI 2008, 387 (391 ff); Zorn, Ausländische<br />
Portfoliodividenden und § 10 KStG, RdW 2009/142, 171 (179 f).<br />
10) Siehe EAS 3065 (22. 5. 2009) (zu belgischen Zinseinkünften).<br />
11) Da § 48 BAO auf den „Ausgleich der in- und ausländischen Besteuerung“<br />
abzielt, können nur tatsächlich an der Quelle einbehaltene<br />
Steuern vom Einkommen in den Anrechnungsvortrag einbezogen<br />
werden, nicht jedoch zB Anrechnungsguthaben aufgrund einer<br />
Matching-Credit-Regelung.
Steuerrecht RdW 10/2009 Artikel-Nr. 692<br />
rung der anrechnungsbegünstigten Einkünfte (zB Ermittlung<br />
der Auslandseinkünfte) sowie der Sicherstellung, dass durch<br />
ein sachgerechtes Aufzeichnungssystem auch bei komplizierten<br />
Sachverhaltsentwicklungen eine verlässliche Prüfung der Umsetzung<br />
des Anrechnungsvortrages ermöglicht wird. 12)<br />
Die durch das Gemeinschaftsrecht 13) angeheizte Diskussion<br />
über die grenzüberschreitende Verlustverwertung hat in Österreich<br />
durch die Einführung des § 2 Abs 8 EStG 14) bzw des<br />
§ 9 Abs 6 KStG 15) (Verwertung von Auslandsverlusten durch<br />
unbeschränkt Steuerpfl ichtige) sowie durch eine einschränkende<br />
Auslegung des § 102 Abs 2 Z 2 letzter Satz EStG im Lichte<br />
von Diskriminierungsverboten (Verlustvortrag von Inlandsverlusten<br />
beschränkt Steuerpfl ichtiger) 16) zwar an Dynamik<br />
verloren. Dass aber viele Einzelfragen in diesem Themenbereich<br />
ungelöst sind, beweist ein interessanter Grenzfall, mit dem sich<br />
der VwGH unlängst zu befassen hatte. 17) Strittig war, ob ausländische<br />
(konkret: deutsche) Verluste, die vor Begründung der<br />
unbeschränkten Steuerpfl icht in Österreich entstanden sind,<br />
nach dem Wechsel in die unbeschränkte Steuerpfl icht durch<br />
Verrechnung mit hiesigen Einkünften verwertet werden können.<br />
Wenngleich dies aus der Sicht des nationalen Steuerrechts schon<br />
bisher allgemein verneint wurde, 18) war gerade im Lichte des<br />
Gemeinschaftsrechts fraglich, ob ein derartiger „Verlustimport“<br />
zur Vermeidung eines „Zuzugshemmnisses“ geboten sei. Der<br />
VwGH hat dies unter Hinweis auf das vom EuGH in Futura<br />
Participations 19) anerkannte Territorialitätsprinzip jedoch klar<br />
und uE zu Recht verneint. 20) Diese Entscheidung liegt im Ergebnis<br />
auf einer Linie mit der geänderten Verwaltungspraxis, auch<br />
in Umgründungsfällen die Möglichkeit der Verlusthereinnahme<br />
nicht mehr zu eröffnen. 21) War nämlich früher insb <strong>für</strong> Fälle der<br />
verschmelzenden Umwandlung die Ansicht vertreten worden,<br />
12) EAS 3065 (22. 5. 2009).<br />
13) Der EuGH war mittlerweile sowohl mit Verlusten von Tochtergesellschaften<br />
(EuGH 13. 12. 2005, C-446/03, Marks & Spencer, Slg 2005,<br />
I-10837; EuGH 18. 7. 2007, C-231/05, Oy AA, Slg 2007, I-6373; EuGH<br />
27. 11. 2008, C-481/07, Société Papillon) und mit „befreiten“ Betriebsstättenverlusten<br />
(EuGH 28. 2. 2008, C-293/06, Deutsche Shell<br />
GmbH, Slg 2008, I-1129; EuGH 15. 5. 2008, C-414/06, Lidl Belgium, Slg<br />
2008, I-3601; EuGH 23. 10. 2008, C-157/07, Krankenheim Ruhesitz am<br />
Wannsee) als auch mit negativen Vermietungseinkünften beschränkt<br />
Steuerpfl ichtiger befasst (EuGH 21. 2. 2006, C-152/03, Ritter Coulais,<br />
Slg 2006, I-1711; EuGH 18. 7. 2007, C-182/06, Lakebrink, Slg 2007,<br />
I-6705; EuGH 16. 10. 2008, C-527/06, Renneberg).<br />
14) Verwertung „befreiter“ Betriebsstättenverluste; eingefügt durch<br />
das StRefG 2005, BGBl I 2004/57, in Reaktion auf VwGH 25. 9. 2001,<br />
99/14/0217 ÖStZB 2002/365, 474.<br />
15) Verlusthereinnahme im Rahmen der Gruppenbesteuerung; eingefügt<br />
durch das StRefG 2005, BGBl I 2004/57, und das AbgÄG 2004, BGBl I<br />
2004/180.<br />
16) EAS 2345 = SWI 2003, 476; EAS 2595 = SWI 2005, 359 = ÖStZ 2006/255,<br />
128; siehe auch zB Rz 8059 EStR 2000 und Rz 324 KStR 2001; ebenso<br />
VwGH 16. 2. 2006, 2005/14/0036 ÖStZB 2006/402, 496; VwGH<br />
28. 11. 2007, 2007/14/0048 ÖStZB 2008/404, 502; ferner UFS Wien<br />
21. 3. 2005, RV/0495-W/04; UFS Wien 3. 8. 2005, RV/1266-W/04; UFS<br />
Wien 7. 4. 2006, RV/0439-W/05.<br />
17) VwGH 28. 5. 2009, 2008/15/0034, und vorgehend UFS Innsbruck<br />
24. 2. 2004, RV/0408-I/03.<br />
18) Siehe zB Rz 208 und Rz 8059 EStR 2000; EAS 1553 = SWI 2000, 285 = ÖStZ<br />
2000/868, 435; EAS 2097 = SWI 2002, 472; UFS Innsbruck 24. 2. 2004,<br />
RV/0408-I/03; so bereits auch VwGH 10. 2. 1950, 1864/48 VwSlg 192<br />
F/1950; vgl aus der Literatur auch Staringer, Besteuerung doppelt<br />
ansässiger Kapitalgesellschaften (1999) 338 f; Ludwig in Doralt, EStG 9<br />
§ 102 Tz 32 (anders womöglich Doralt, EStG 9 § 1 Tz 32/3, wohl im<br />
impliziter Abkehr von Doralt/<strong>Ruppe</strong>, Steuerrecht I 7 , 224); Fuchs in<br />
Hofstätter/Reichel, EStG 41 § 1 Tz 6; ebenso EAS 14 = SWI 1991, 260,<br />
im Hinblick auf den negativen Progressionsvorbehalt.<br />
19) EuGH 15. 5. 1997, C-250/95, Futura Participations, Slg 1997, I-2471.<br />
20) VwGH 28. 5. 2009, 2008/15/0034, und vorgehend ebenso UFS Innsbruck<br />
24. 2. 2004, RV/0408-I/03; wie hier auch Schön/Schindler in Lutter/<br />
Hommelhoff, SE Kommentar (2008) StR Rz 180 f.<br />
21) Siehe zB Rz 160a und Rz 194 UmgrStR 2002 idF UmgrStR-Wartungserlass<br />
2006/07; dazu Bruckner/Kolienz, UmgrStR-Wartungserlass 2006/07:<br />
Neuerungen beim Verlustabzug, ÖStZ 2007/997, 474 (478).<br />
eine Hereinnahme von Verlustvorträgen untergehender ausländischer<br />
Tochtergesellschaften sei unter gewissen Voraussetzungen<br />
möglich, 22) wurde diese Auffassung „ über die inländische<br />
Verwertbarkeit von Auslandsverlusten in Umgründungsfällen “ „ in<br />
dieser Form ab Einführung der Gruppenbesteuerung (2005) nicht<br />
mehr aufrechterhalten “. 23)<br />
2. Highlights aus der Betriebsstättenbesteuerung:<br />
Ein neuer Betriebsstättenbegriff im OECD-MK<br />
2008<br />
2.1. Die Dienstleistungsbetriebsstätte als alternativer<br />
Sondertatbestand<br />
Als Reaktion auf die sich verändernden Formen internationaler<br />
Geschäftstätigkeit, die es ermöglichen, auch ohne die Nutzung<br />
von Geschäftseinrichtungen Auslandseinkünfte zu erwirtschaften,<br />
wurde – ohne den seit 1977 nicht mehr angetasteten<br />
Wortlaut des Art 5 OECD-MA zu ändern 24) – im Zuge der<br />
in dreijährigen Rhythmen vorgenommenen Anpassungen des<br />
OECD-MK die Betriebsstättenschwelle ständig abgesenkt . 25) Der<br />
jüngste Vorstoß zur Aufweichung des Betriebsstättenbegriffes<br />
wurde – dem Druck von Entwicklungs- und Schwellenländern<br />
nachgebend – durch die am 17. 7. 2008 vom OECD-Fiskalausschuss<br />
26) veröffentlichte Neufassung des OECD-MK gesetzt. In<br />
den Rz 42.11 ff OECD-MK zu Art 5 OECD-MA wird unter<br />
dem Titel „The Taxation of Services“ den DBA-Vertragsstaaten<br />
in der Rz 42.23 OECD-MK zu Art 5 OECD-MA ein Abkommenstext<br />
<strong>für</strong> einen alternativen Betriebsstättentatbestand<br />
vorgeschlagen. 27)<br />
Dieser Sondertatbestand soll den Betriebsstättenbegriff insofern<br />
erweitern, 28) als allein eine bestimmte zeitliche Präsenz des<br />
Unternehmers im Quellenstaat den Bestand einer Betriebsstätte<br />
auslösen soll, selbst wenn nach den Tatbeständen des Art 5<br />
Abs 1 und 2 OECD-MA eine solche nicht anzunehmen wäre.<br />
Ist beispielsweise ein Berater über einen längeren Zeitraum an<br />
verschiedenen Orten im Quellenstaat tätig, ohne dort eine „feste<br />
Geschäftseinrichtung“ iSd Art 5 Abs 1 OECD-MA zu begründen,<br />
wäre nach der neuen „deeming provision“ aufgrund der<br />
mehr als 183-tägigen Präsenz eine solche anzunehmen. Wenn<br />
aber ein Sachverhalt bereits die Voraussetzungen einer „festen<br />
Geschäftseinrichtung“ erfüllt, ist der Sondertatbestand nicht<br />
weiter zu untersuchen. 29) Der Sondertatbestand kann auch unabhängig<br />
von Art 5 Abs 3 OECD-MA zur Anwendung kommen.<br />
Wenn zB ein selbstständig tätiger Unternehmer im Quellenstaat<br />
über einen Zeitraum von mehr als 183 Tagen innerhalb eines<br />
22) EAS 1992 = SWI 2002, 166 = ÖStZ 2002/474, 282; EAS 2110 = SWI<br />
2003, 199 = ÖStZ 2003/505, 269; EAS 2339 = SWI 2003, 442 = ÖStZ<br />
2004/86, 34; siehe auch EAS 2365 = SWI 2003, 535 (zur Einbringung<br />
verlustbringender Betriebe durch ausländische Kapitalgesellschaften)<br />
und EAS 2110 = SWI 2003, 199 (zu Hereinverschmelzungen).<br />
23) Vgl BMF-010221/0666-IV/4/2006 = ARD 5740/7/2007; krit dazu Grau/<br />
Stefaner, Nutzung ausländischer Verluste durch Umgründungen, SWI<br />
2007, 217 (217 ff), und Waitz-Ramsauer, Internationale Umgründungen<br />
und deren Steuerfallen, in Fraberger/Baumann/Plott/Waitz-Ramsauer<br />
(Hrsg), Handbuch Konzernsteuerrecht (2008) 565 (579 ff).<br />
24) Reimer, Die Zukunft der Dienstleistungsbetriebsstätte, IStR 2009, 378<br />
(379).<br />
25) Bendlinger, Paradigmenwechsel bei der Auslegung des Betriebsstättenbegriff<br />
im DBA-Recht durch die OECD, SWI 2006, 358 (358 ff).<br />
26) Zuletzt durch die Revision von OECD-MA und OECD-MK 2008: OECD,<br />
Model Tax Convention on Income and on Capital, Condensed Version<br />
(17. 7. 2008).<br />
27) Bendlinger, Die Betriebsstätte – ein alternativer Betriebsstättentatbestand,<br />
IStR 2009, 523 ff.<br />
28) Rz 42.24 OECD-MK zu Art 5 OECD-MA.<br />
29) Rz 42.24 OECD-MK zu Art 5 OECD-MA.<br />
677
678 RdW 10/2009 Artikel-Nr. 692 Steuerrecht<br />
12-Monats-Zeitraumes Leistungen an verschiedenen Baustellen<br />
erbringt, die isoliert betrachtet die 12-monatige Schonfrist in<br />
Art 5 Abs 3 OECD-MA nicht überschreiten würden, kann dennoch<br />
eine Betriebsstätte unterstellt werden. Abgrenzungsfragen<br />
werden sich in Fällen ergeben, in denen Dienstleistungen sowohl<br />
Art 5 Abs 3 OECD-MA als auch dem Alternativtatbestand<br />
zugeordnet werden könnten. Da Letzterer eine Betriebsstätte<br />
schon bei 6-monatiger Präsenz unterstellt, während Art 5 Abs 3<br />
OECD-MA einen 12-Monatszeitraum vorsieht, ist davon auszugehen,<br />
dass Quellenstaaten versuchen werden, Sachverhalte im<br />
Zweifel unter dem Sondertatbestand zu subsumieren. Deshalb<br />
wird im OECD-MK vorgeschlagen, die in den beiden Tatbeständen<br />
vorgesehenen Fristen aufeinander abzustimmen. 30) Das<br />
entspricht der bei DBA-Neuverhandlungen zu beobachtenden<br />
Tendenz, die <strong>für</strong> Bau- und Montageausführungen vorgesehene<br />
Schonfrist zu verkürzen. 31)<br />
Der Sondertatbestand soll nur auf Dienstleistungen („Services“)<br />
Anwendung fi nden, die im Quellenstaat vom Unternehmer<br />
oder von diesem abhängigen Personen erbracht werden, 32) unabhängig<br />
davon, wo der Leistungsempfänger ansässig ist. 33)<br />
Lit a des im OECD-MK vorgeschlagenen DBA-Textes stellt<br />
einerseits auf die physische Anwesenheitsdauer 34) der die Dienstleistung<br />
erbringenden natürlichen Person ab. Unabhängig davon,<br />
ob diese als Einzelunternehmer oder (zB als Arbeitnehmer)<br />
in einem Abhängigkeitsverhältnis („ under the supervision, direction<br />
or control “) im Auftrag eines Unternehmens tätig wird. 35)<br />
Zusätzlich wird vorausgesetzt, dass mehr als 50 % der vom<br />
Unternehmen aus „aktiver“ (jedoch nicht auf Dienstleistungen<br />
beschränkter) 36) Geschäftstätigkeit erwirtschafteten „gross<br />
revenues“ aus den von der natürlichen Person im Quellenstaat<br />
ausgeübten Tätigkeiten stammen. 37)<br />
In lit b wird auf eine projektbezogene Betrachtungsweise<br />
abgestellt und eine Betriebsstätte unterstellt, wenn eine oder<br />
mehrere Personen über einen Zeitraum von mehr als 183 Tagen<br />
im 12-Monatszeitraum <strong>für</strong> ein Projekt oder wirtschaftlich<br />
miteinander verbundene Projekte Leistungen im Quellenstaat<br />
erbringen. 38) Es wird in diesem Fall also nicht auf die Anwesenheitsdauer,<br />
sondern auf den Zeitraum der Leistungserbringung<br />
abgestellt. 39) Da auch die 183-Tage-Regelung missbräuchlich<br />
umgangen werden könnte, wird in Rz 42.45 OECD-MK zu<br />
Art 5 OECD-MA ein der Missbrauchsabwehr dienender Textvorschlag<br />
unterbreitet, der es zulassen soll, unter gewissen Voraussetzungen<br />
die Abschirmwirkung rechtlich selbstständiger<br />
Konzernunternehmen zu durchbrechen. 40)<br />
30) Rz 42.27 OECD-MK zu Art 5 OECD-MA.<br />
31) So ist zB selbst in den DBA mit den EU-Mitgliedstaaten Estland (BGBl<br />
III 2003/11), Lettland (BGBl III 2007/76) und Litauen (BGBl III 2005/209)<br />
<strong>für</strong> Bauausführungen und Montagen nur eine 9-monatige Schonfrist<br />
vorgesehen. Ebenso in dem ab 1. 1. 2010 wirksam werdenden DBA<br />
mit Griechenland (BGBl III 2009/16).<br />
32) Rz 42.32 OECD-MK zu Art 5 OECD-MA.<br />
33) Rz 42.31 OECD-MK zu Art 5 OECD-MA.<br />
34) Die 183-Tage-Frist ist nach den gleichen Grundsätzen zu berechnen,<br />
wie die im Bereich der Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit in<br />
Art 15 Abs 2 lit a OECD-MA vorgesehene Schonfrist; siehe Rz 42.36<br />
OECD-MK zu Art 5 OECD-MA.<br />
35) Rz 42.43 ff OECD-MK zu Art 5 OECD-MA.<br />
36) Rz 42.37 OECD-MK zu Art 5 OECD-MA.<br />
37) In Rz 42.37 OECD-MK zu Art 5 OECD-MA wird den DBA-Staaten freigestellt,<br />
nicht auf den Umsatz („gross revenue“), sondern auf den<br />
Gewinn abzustellen, oder darauf, dass die im Quellenstaat erbrachten<br />
Dienstleistungen den wichtigsten Bestandteil der Geschäftstätigkeiten<br />
des Unternehmens ausmachen.<br />
38) Rz 42.39 ff OECD-MK zu Art 5 OECD-MA.<br />
39) Rz 42.42 OECD-MK zu Art 5 OECD-MA.<br />
40) Rz 42.45 OECD-MK zu Art 5 OECD-MA.<br />
2.2. Territorialprinzip und „Nettobesteuerung“<br />
Die Praxis zeigt, dass viele Staaten zwecks Sicherung des Steueraufkommens<br />
den Schuldner einer Dienstleistungsvergütung<br />
dazu verpfl ichten, einen Quellensteuerabzug vom Bruttobetrag<br />
der Vergütungen einheben. Auch Österreich erfasst Einkünfte,<br />
die beschränkt Steuerpfl ichtige aus im Inland ausgeübter kaufmännischer<br />
oder technischer Beratung (§ 99 Abs 1 Z 5 EStG)<br />
erwirtschaften, im Wege einer 20%igen Quellensteuer, wobei<br />
es dem beschränkt Steuerpfl ichtigen jedoch überlassen bleibt,<br />
eine Veranlagung zu beantragen (§ 102 Abs 1 Z 3 EStG). Auch<br />
der OECD-MK bekennt sich ausdrücklich zum Gebot der Nettobesteuerung<br />
. 41) Auch der Besteuerung von „offshore-Gewinnen“,<br />
also solchen, die außerhalb des Quellenstaates erwirtschaftet<br />
worden sind, wird eine klare Absage erteilt. 42) Ebenso wenig<br />
soll allein der Umstand, dass der Schuldner der Vergütung eine<br />
im Quellenstaat ansässige Person ist bzw dass die Leistungen<br />
im Quellenstaat genutzt werden, nicht ausreichen, um ein<br />
Besteuerungsrecht des Quellenstaates zu rechtfertigen. Eine<br />
solche steuerliche Anknüpfung fi ndet sich noch in einigen von<br />
Österreich abgeschlossenen DBA. 43)<br />
3. Auslandsprovisionen in der Betriebsprüfung:<br />
KorrStrÄG 2009<br />
Internationale Geschäftstätigkeit bedarf der professionellen<br />
Unterstützung im Ausland erfahrener Personen, die Kontakte<br />
zu potentiellen Kunden und Auftraggebern pfl egen und so <strong>für</strong><br />
Auftragserfolge sorgen. Die Praxis zeigt, dass die Betriebsausgabeneigenschaft<br />
der da<strong>für</strong> von österreichischen Unternehmen zu<br />
leistenden Vergütungen (Provisionen) bei der Betriebsprüfung<br />
exportorientierter Unternehmen in jüngster Zeit zu einem der<br />
Prüfungsschwerpunkte zählt. Der Finanzverwaltung bieten sich<br />
eine Reihe gesetzlicher Angriffspunkte da<strong>für</strong>, ins Ausland fl ießenden<br />
Vergütungen <strong>für</strong> die Vermittlung von Exportgeschäften die steuerliche<br />
Anerkennung zu versagen bzw den Vergütungsschuldner<br />
zur Haftung <strong>für</strong> eine allenfalls quellensteuerpfl ichtige Zahlung<br />
in Anspruch zu nehmen. Die relevanten Normen sind in der<br />
folgenden Tabelle aufgelistet: siehe Seite 679<br />
Für österreichische Unternehmen bzw deren Organe hat § 20<br />
Abs 1 Z 5 EStG bzw die korrespondierende Bestimmung des § 12<br />
Abs 1 Z 4 KStG eine besondere Brisanz, zumal die Anwendbarkeit<br />
diese Bestimmungen im Verhältnis zu § 162 BAO vorrangig zu<br />
41) Rz 42.47 OECD-MK zu Art 5 OECD-MA.<br />
42) Rz 42.18 ff OECD-MK zu Art 5 OECD-MA.<br />
43) Art 12 des österreichisch-indischen DBA (BGBl III 2001/231) ermöglicht<br />
es zB dem Quellenstaat, Entgelte <strong>für</strong> technische Dienstleistungen<br />
einer auf 10 % des Bruttobetrages der Vergütung begrenzten Besteuerung<br />
zu unterziehen, wenn der Schuldner eine dort ansässige<br />
Person ist. Ebenso Art 13 des österreichisch-pakistanischen DBA (BGBl<br />
III 2007/49).<br />
44) Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar 2 § 115 Rz 10; Schröcker,<br />
Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Auslandsprovisionen aus dem<br />
Blickwinkel der Betriebsprüfung, SWK 2002, S 529 (S 533); VwGH 23.<br />
2. 1994, 92/15/0159 ÖStZB 1994, 590; VwGH 30. 5. 1995, 93/13/0076<br />
ÖStZB 1996, 29.<br />
45) VwGH 8. 4. 1970, 1415/68; VwGH 25. 11. 1999, 97/15/0104 ÖStZB<br />
2000/138.<br />
46) VwGH 25. 5. 1993, 93/14/0019 ÖStZB 1994, 53; VwGH 25. 1. 2001,<br />
95/15/0134 ÖStZB 2002/190.<br />
47) Bendlinger, Steueroasen und Offshore-Strukturen, in Hammerschmied<br />
(Hrsg), Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung in Europa, FS Brogyányi<br />
(2008) 525 (553).<br />
48) VwGH 25. 4. 1996, 95/16/0244 ÖStZB 1997, 38.<br />
49) Renner, Briefkastenfi rmen und internationaler Gestaltungsmissbrauch<br />
– Erscheinungsformen und ihre Bekämpfung, in Lang/Jirousek<br />
(Hrsg), Praxis des Internationalen Steuerrechts, FS Loukota (2005) 399<br />
(414).
Steuerrecht RdW 10/2009 Artikel-Nr. 692<br />
Norm Inhalt<br />
§ 4 Abs 4 EStG Veranlassungsprinzip bei Betriebsausgaben<br />
§ 20 Abs 1 Z 5 EStG und<br />
§ 12 Abs 1 Z 4 KStG<br />
§ 70 EStG, § 98 ff EStG und<br />
§ 21 Abs 1 KStG<br />
prüfen ist. § 20 Abs 1 Z 5 EStG, wonach Geld- und Sachzuwendungen<br />
, deren Gewährung oder Annahme mit gerichtlicher Strafe<br />
bedroht ist, sowie Verbandsgeldbußen nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz<br />
die Betriebsausgabeneigenschaft versagt<br />
wird, wurde im Zuge des AbgÄG 1998 50) mit Wirksamkeit ab<br />
13. 1. 1999 in das Einkommen- bzw Körperschaftsteuerrecht<br />
übernommen. 51) Mit diesen Bestimmungen wurde – zusammen<br />
mit der Verschärfung der strafrechtlichen Bestimmungen im StrafrechtsänderungsG<br />
1998 dem OECD-Übereinkommen über die<br />
Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger 52) Genüge<br />
getan. 53) § 20 Abs 1 Z 5 EStG und § 12 Abs 1 Z 4 KStG verweisen<br />
unmittelbar auf österreichisches Strafrecht . Ob die Gewährung oder<br />
Annahme von Geld- oder Sachzuwendungen Tatbestandsmerkmal<br />
eines in den Strafgesetzen umschriebenen Tatbildes ist, ist <strong>für</strong><br />
die Abgabenbehörde eine Vorfrage, die von der Finanzverwaltung<br />
nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen<br />
eigenen Anschauungen beurteilt werden kann (§ 116 BAO). 54)<br />
In Rz 4843 EStR 2000 sind die betroffenen Delikte aufgelistet.<br />
55) Die Beurteilung strafrechtlicher Normen durch Beamte der<br />
Finanzverwaltung ist zweifellos ein schwieriges Unterfangen. 56)<br />
Das BMF geht bei der Geschenkannahme bzw Bestechung eines<br />
50) BGBl I 1999/28.<br />
51) Für einen Überblick zu den ertragsteuerlichen Normen siehe Kofl er<br />
in Doralt, EStG 11 (2007) § 20 Tz 126 ff; Bieber/Kofl er, Korruptionstatbestände<br />
im Ertragsteuerrecht, Zak 2009, 187 (187 ff).<br />
52) OECD, Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer<br />
Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr (17. 12. 1997),<br />
abgedruckt in Dannecker/Leitner, Schmiergelder (2002) 153 ff.<br />
53) BGBl I 1998/153.<br />
54) Rz 4846 EStR 2000.<br />
55) Die bei Drucklegung dieses Beitrages vorliegende Richtlinienfassung<br />
verweist noch auf die Rechtslage nach dem Strafrechtsänderungsgesetz<br />
2008. Die sich aus dem Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz<br />
2009 (KorrStrÄG 2009, BGBl I 2009/98) ergebenden Anpassungen sind<br />
in den EStR bislang noch nicht berücksichtigt.<br />
56) Leitner, Die Bedeutung des Abzugsverbotes des § 20 Abs 1 Z 5 EStG<br />
im österreichischen Finanzstrafrecht, in Dannecker/Leitner (Hrsg),<br />
Schmiergelder (2002) 73 (77).<br />
Abzugsverbot <strong>für</strong> Geld- und Sachzuwendungen, deren Gewährung oder Annahme mit gerichtlicher<br />
Strafe bedroht ist und <strong>für</strong> Verbandsgeldbußen nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz<br />
Inanspruchnahme des inländischen Schuldners der Vergütung, wenn der Steuerausländer im<br />
Inland kaufmännische oder technische Beratungsleistungen ausübt oder als Arbeitnehmer zu<br />
qualifi zieren ist und seine Arbeit im Inland ausübt oder verwertet<br />
§ 119 BAO Offenlegungs- und Wahrheitspfl icht gegenüber den Abgabenbehörden<br />
§ 120 ff BAO Anzeige und Meldepfl ichten<br />
§ 138 BAO (Erhöhte) Mitwirkungspfl icht bei Auslandssachverhalten 44) . Aus dieser Bestimmung wird auch<br />
eine Beweisbeschaffungs- 45) und Beweisvorsorgepfl icht 46) des Abgabepfl ichtigen abgeleitet<br />
§ 162 BAO Gläubiger- und Empfängerbenennung<br />
§ 163 BAO Prüfungseinstieg, wenn begründeter Anlass <strong>für</strong> die Vermutung besteht, die sachliche Richtigkeit<br />
von Büchern und Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen 47)<br />
§ 167 Abs 2 BAO Sachverhaltsbeurteilung in freier Beweiswürdigung. Kann der Sachverhalt nicht mit völliger<br />
Sicherheit festgestellt werden, kann die Finanzverwaltung jene als erwiesen annehmen, der<br />
gegenüber anderen Möglichkeiten die überwiegende Wahrscheinlichkeit zukommt 48)<br />
§ 169 ff BAO Einvernahme von Zeugen<br />
§ 184 BAO Schätzungsbefugnis bei fehlender Möglichkeit, die Grundlagen <strong>für</strong> die Abgabenerhebung zu<br />
ermitteln 49)<br />
§ 143 BAO Auskunftspfl icht über alle <strong>für</strong> die Erhebung von Abgaben maßgeblichen Tagsachen, die jedermann<br />
trifft, auch wenn es sich nicht um seine persönlichen Angelegenheiten handelt<br />
§ 144 BAO Nachschau bei Personen, die nach abgabenrechtlichen Vorschriften Bücher oder Aufzeichnungen<br />
zu führen haben<br />
§ 158 BAO Beistandspfl icht aller Dienststellen von Körperschaften des öffentlichen Rechts<br />
ausländischen Beamten jedenfalls dann von einer Strafbarkeit aus,<br />
wenn der ausländische Beamte in hoheitlicher Funktion handelt.<br />
In Fällen, bei denen der deliktische Charakter einer Zahlung mit<br />
Auslandsbezug nicht offenkundig ist, sollen amtswegige Ermittlungen<br />
nur dann vorgenommen werden, wenn begründeter Verdacht<br />
auf Erfüllung eines Straftatbestandes vorliegt. Bei „anderen<br />
Delikten“ nur dann, wenn in Österreich bereits ein gerichtliches<br />
Strafverfahren eingeleitet worden ist. 57)<br />
Organe international tätiger Unternehmen, die im Zuge ihrer<br />
Auslandsaktivitäten „nützliche Abgaben“ leisten müssen, sollten<br />
sich jedenfalls mit den in der folgenden Tabelle aufgelisteten<br />
strafrechtlichen Bestimmungen auseinandersetzen:<br />
Norm des StGB 58) Inhalt der Norm<br />
§ 168c Geschenkannahme durch Bedienstete<br />
oder Beauftragte<br />
§ 168d Bestechung von Bediensteten oder<br />
Beauftragten<br />
§ 74 Abs 1 Z 4a Defi nition des Begriffs „Amtsträger“<br />
§ 302 Missbrauch der Amtsgewalt<br />
§ 304 Bestechlichkeit<br />
§ 305 Vorteilsannahme<br />
§ 306 Vorbereitung der Bestechlichkeit oder<br />
Vorteilsannahme<br />
§ 307 Bestechung<br />
§ 307a Vorteilszuwendung<br />
§ 307b Vorbereitung der Bestechung<br />
§ 307c Tätige Reue<br />
§ 308 Verbotene Intervention<br />
57) Rz 4844 EStR 2000; Haimerl, Steuerliches Abzugsverbot von Geld- und<br />
Sachzuwendungen, in Dannecker/Leitner (Hrsg), Schmiergelder (2002)<br />
57 (65).<br />
58) In der Fassung KorrStrÄG 2009, BGBl I 2009/98.<br />
679
680 RdW 10/2009 Artikel-Nr. 692 Steuerrecht<br />
Sofern sich dem Abgabenprüfer im Zuge einer steuerlichen<br />
Betriebsprüfung der augenscheinliche Verdacht auf Erfüllung<br />
eines der genannten Straftatbestände auftut, muss der Steuerpfl<br />
ichtige damit rechnen, dass die Finanzbehörde Anzeige bei<br />
der Staatsanwaltschaft erstattet. Denn Organe des Bundes, der<br />
Länder und der Gemeinden sind gem Art 22 B-VG im Rahmen<br />
ihres gesetzmäßigen Wirkungsbereichs zur wechselseitigen<br />
Hilfeleistung verpfl ichtet. Vorständen und Geschäftsführern ist<br />
im Umgang mit Vorteilszuwendungen also dringend anzuraten,<br />
präventive Maßnahme zu setzen, indem die innerbetriebliche<br />
Praxis einer „Gesundenuntersuchung“ unterzogen wird, allenfalls<br />
Strafrechtsexperten involviert werden, ein <strong>für</strong> alle Mitarbeiter<br />
verbindlicher Verhaltenskodex („Compliance“-Richtlinien) erarbeitet<br />
wird und alle Geschäftsfälle zeitnah und ausreichend<br />
dokumentiert werden. Denn die Zahlung von Schmier- und<br />
Bestechungsgeldern kann – auch wenn sie ins Ausland fl ießen,<br />
egal ob in EU-Staaten oder in Drittstaaten – in Österreich<br />
straf- und natürlich auch fi nanzstrafrechtliche Folgen <strong>für</strong> die als<br />
Vertreter der Gesellschaft handelnde natürliche Person mit sich<br />
bringen und zusätzlich nach dem seit 1. 1. 2006 wirksamen VerbandsverantwortlichkeitsG<br />
59) geahndet werden. Bei entdecktem<br />
Verstoß gegen strafrechtliche Bestimmungen wird die Versagung<br />
des Betriebsausgabenabzugs wohl das geringste Übel sein.<br />
4. Internationaler Informationsaustausch und<br />
Bankgeheimnis<br />
Auf internationaler Ebene hat sich in den vergangenen Jahren<br />
und Monaten ein enormer Druck auf die Einhaltung eines<br />
globalen Transparenzstandards aufgebaut, in dem nationale<br />
Bankgeheimnisse <strong>für</strong> den grenzüberschreitenden Informationsaustausch<br />
keinen Platz mehr haben sollten. Beginnend mit<br />
einem umfassenden OECD-Bericht 60) und der Schaffung eines<br />
standardsetzenden „Musterabkommens zum Informationsaustausch<br />
in Steuersachen“ 61) fand dieser Transparenzstandard<br />
im Jahr 2005 auch Eingang in Art 26 OECD-MA. Demnach<br />
kann der ersuchte Staat die Auskunftsleistung, die sich auf alle<br />
Informationen, die zur Erfüllung dieser Zwecke im um Amtshilfe<br />
ersuchenden Staat voraussichtlich erheblich („ foreseeably<br />
relevant “) sind, nicht ausschließlich mit der Begründung ablehnen,<br />
dass sich die erbetenen Informationen in den Händen<br />
eines Kreditinstituts befi nden und daher aufgrund bestehender<br />
Ermittlungsbeschränkungen (Bankgeheimnis) nicht beschafft<br />
werden können. Die Bemühungen der OECD fanden sowohl<br />
durch Staatengruppen (zB G20 und G8) 62) als auch durch die<br />
EU 63) massive Unterstützung. Zusätzlich zu diesem in den<br />
vergangenen Monaten dramatisch intensivierten internationalen<br />
Druck auf nationale Bankgeheimnisse haben einzelne<br />
Staaten begonnen, über „Defensivgesetzgebungsmaßnahmen“<br />
59) BGBl I 2005/151.<br />
60) „Improving Access to Bank Information for Tax Purposes“ (2000);<br />
„Improving Access to Bank Information for Tax Purposes – The 2003<br />
Progress Report“ (2003), und „Improving Access to Bank Information<br />
for Tax Purposes – The 2007 Progress Report“ (2007).<br />
61) Sog „Tax Information Exchange Agreement – TIEA“; siehe auch den<br />
Bericht „Tax Co-operation: Towards a Level Playing Field – 2008<br />
Assessment by the Global Forum on Taxation“ (2008).<br />
62) Siehe die Zusammenstellung in dem Bericht „Overview of the OECD’s<br />
Work on Countering International Tax Evasion“ (2009), sowie zB „Improving<br />
Access to Bank Information for Tax Purposes – The 2007<br />
Progress Report“ (2007) 8 und 11 f.<br />
63) Siehe den an den OECD-Standards orientierten Vorschlag <strong>für</strong> eine<br />
neue Richtlinie des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden<br />
im Bereich der Besteuerung, KOM(2009)29 endg.<br />
nachzudenken, 64) wobei Deutschland unlängst einen großen<br />
Schritt in diese Richtung durch die Erlassung eines Gesetzes<br />
zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung 65) getan hat; zuletzt<br />
hatte auch die Europäische Investitionsbank EIB Sanktionen<br />
angedroht. 66)<br />
Es kann daher nicht verwundern, dass das auch gegenüber<br />
den Abgabenbehörden geltende österreichische Bankgeheimnis<br />
des § 38 BWG unter Druck geraten ist, konnte doch Österreich<br />
den neuen globalen Transparenzstandard nicht erfüllen. Denn<br />
bisher war eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses nur „ im<br />
Zusammenhang […] mit eingeleiteten Strafverfahren wegen vorsätzlicher<br />
Finanzvergehen “ möglich. 67) Wenngleich damit auch<br />
vergleichbare ausländische verwaltungsbehördliche Verfahren<br />
gemeint sind, 68) bedurfte es nach der Rechtsprechung einer<br />
besonderen „Einleitung“ des behördlichen Strafverfahrens durch<br />
einen schriftlichen, gesondert anfechtbaren Verwaltungsakt, 69)<br />
weshalb zB der bloße Einleitungsvermerk nach § 397 der deutschen<br />
AO nicht genüge. 70) Diese Beschränkung der Durchbrechung<br />
des Bankgeheimnisses auf formal eingeleitete behördliche<br />
Finanzstrafverfahren entsprach freilich nicht den – von der<br />
OECD geforderten – Transparenzstandards, die eine Verpfl ichtung<br />
zur Auskunftsleistung <strong>für</strong> alle Auskünfte vorsehen, die im<br />
um Amtshilfe ersuchenden Staat zur Besteuerung voraussichtlich<br />
erheblich („ foreseeably relevant “) sind, ohne dass es auf einen<br />
Verdacht eines Finanzstrafdeliktes ankäme. Wenngleich das<br />
Bankgeheimnis vor dem Hintergrund des österreichischen Systems<br />
einer Kapitalertragsbesteuerung mit Abgeltungswirkung<br />
und mangels einer Vermögensbesteuerung <strong>für</strong> die innerstaatliche<br />
Steuersystematik derzeit nur bedingt als „Problemzone“<br />
anzusehen ist, war Österreich aus international-steuerrechtlicher<br />
Sicht im März 2009 letztlich zum Einlenken gezwungen. Der<br />
bisherige österreichische Vorbehalt zum 2005 eingefügten Art 26<br />
64) So wurden in der Staatengemeinschaft beispielsweise als legitime<br />
Abwehrmaßnahmen die Erhöhung der Quellensteuer in Bezug auf ein<br />
breites Spektrum von Zahlungen an nicht-kooperative Jurisdiktionen,<br />
die Versagung des Betriebsausgabenabzugs an in nicht-kooperativen<br />
Jurisdiktionen ansässige Empfänger, die Einführung verstärkter Offenlegungspfl<br />
ichten, die Versagung von Steuerbefreiungen <strong>für</strong> Beteiligungsgewinne<br />
und die Kündigung der Abkommen mit Ländern und<br />
Gebieten, die sich weigern, einen effektiven Auskunftsaustausch zu<br />
praktizieren, erwogen; siehe dazu die Zusammenfassung der Schlussfolgerungen<br />
der Zweiten Konferenz zum Kampf gegen internationalen<br />
Steuerbetrug und Steuerhinterziehung durch mehr Transparenz<br />
und effektiven Auskunftsaustausch <strong>für</strong> Steuerzwecke in Berlin<br />
(23. 6. 2009).<br />
65) dBGBl I 2009/48, 2302; siehe dazu zB Fellner, Aus <strong>für</strong> österreichisches<br />
Bankgeheimnis? SWK 2009, T 141 (T 141 f).<br />
66) Siehe dazu auch die Presseaussendung der KWT „Wirtschaftstreuhänder<br />
urgieren die geplante Anpassung des Bankgeheimnisses an<br />
OECD-Standards“ (24. 8. 2009).<br />
67) Siehe dazu etwa Loukota, Bankgeheimnis und internationale Amtshilfe,<br />
SWI 2002, 362 (362 ff); Klein, Das österreichische Bankgeheimnis,<br />
Anwalt aktuell Mai/Juni 2009, 34 (34 f).<br />
68) VwGH 21. 10. 1983, 82/17/0087; VfGH 20. 3. 1986, B 410/85; VwGH<br />
27. 2. 1992, 86/17/0169.<br />
69) VwGH 26. 7. 2006, 2004/14/0022 ÖStZB 2007/75, 92 = RdW 2006/593 m<br />
Anm Zorn; siehe zB auch VfGH 11. 12. 1986, G 119/86; VwGH 5. 4. 1989,<br />
88/13/0021; VwGH 23. 5. 1990, 89/13/0237; VwGH 14. 2. 1991,<br />
90/16/0210; VwGH 16. 2. 1994, 91/13/0203 ÖStZB 1994, 390; vgl<br />
diese Anforderungen implementierend auch §§ 83 Abs 2, 152 Abs 1<br />
FinStrG.<br />
70) VwGH 26. 7. 2006, 2004/14/0022 ÖStZB 2007/75, 92 = RdW 2006/593<br />
m Anm Zorn; siehe dazu auch Arnold, Bankgeheimnis: Ausländische<br />
verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren am (qualifi zierten)<br />
Prüfstand der Rechtsstaatlichkeit, ÖBA 2007, 722 (722 ff); Huber,<br />
Steuerstrafverfahren deutscher Finanzbehörden durchbricht österreichisches<br />
Bankgeheimnis nicht! SWK 2006, S 774 (S 774 f); siehe<br />
auch die Kritik bei Fellner, Neue Entwicklungen beim Bankgeheimnis<br />
– Fehlgriff statt Kunstgriff, RdW 2009/259, 315 (317).
Steuerrecht<br />
RdW RdW 10/2009 10/2009 Artikel-Nr. Artikel-Nr. 692<br />
Abs 5 OECD-MA 71) wurde zurückgezogen 72) und in einer entsprechenden<br />
Pressemitteilung des BMF vom 13. 3. 2009 darauf<br />
hingewiesen, dass keine formale Änderung des innerstaatlichen<br />
Bankgeheimnisses erfolgen, sondern in Doppelbesteuerungsabkommen<br />
„ ein formal anderer Weg des Informationsaustausches<br />
gewählt “ werden soll. 73) Solcherart hat sich Österreich zur Übernahme<br />
des OECD-Standards und damit zum Austausch von<br />
Informationen auf Ersuchen bereit erklärt. Die entsprechende<br />
Umsetzung dieser Verpfl ichtung erfolgt auf zwei Ebenen:<br />
Zunächst bemühte und bemüht sich Österreich derzeit, mit<br />
seinen Abkommenspartnern bestehende Abkommen an den<br />
neuen Standard des Art 26 OECD-MA anzupassen 74) bzw<br />
im Rahmen von Neuverhandlungen diesen Standard zu<br />
implementieren, 75) wobei mit einigen Staaten auch isolierte<br />
Abkommen zum Informationsaustausch in Steuersachen<br />
(TIEAs) abgeschlossen wurden. 76) Österreich ist es dadurch<br />
gelungen, bis September 2009 die – in einem ersten Schritt –<br />
erforderliche Anzahl von 12 Abkommen zu unterzeichnen,<br />
um von der „grauen Liste“ der OECD gestrichen zu<br />
werden. 77) Die Weiterentwicklung und Überprüfung der<br />
Einhaltung des Transparenzstandards war auch Gegenstand<br />
des Anfang September stattgefundenen Treffens des „Global<br />
Forum on Transparency and Exchange of Information“ in<br />
Mexiko.<br />
Diese Bemühungen auf internationaler Ebene müssen<br />
freilich durch eine innerstaatliche Rechtsgrundlage zur<br />
Durchbrechung des Bankgeheimnisses nach § 38 BWG<br />
begleitet sein. Im Juni 2009 wurde daher im Nationalrat<br />
ein Amtshilfe-Durchführungsgesetz (ADG) 78) eingebracht,<br />
dessen ausgewiesenes Ziel es ist, „ dem neuen Standard der<br />
Amtshilfeleistung ohne Beeinträchtigung der <strong>für</strong> den rein<br />
innerstaatlichen Rechtsbereich geltenden Rechtsgrundsätze<br />
hinsichtlich der Schutzwirkung des Bankgeheimnisses zum<br />
Durchbruch zu verhelfen “, und solcherart innerstaatliche<br />
Spezialnormen zu schaffen, um „ lediglich <strong>für</strong> Zwecke der<br />
internationalen Amtshilfe den allgemeinen Bestimmungen des<br />
§ 38 des Bankwesengesetzes (BWG) in dem von der OECD<br />
71) Wie auch die anderen „Bankgeheimnisstaaten“ Belgien, Luxemburg<br />
und Schweiz hatte Österreich einen Vorbehalt zu Art 26 Abs 5<br />
OECD-MA abgegeben. Dieser lautete: „Austria reserves the right<br />
not to include paragraph 5 in its conventions. However, Austria is<br />
authorised to exchange information held by a bank or other fi nancial<br />
institution where such information is requested within the framework<br />
of a criminal investigation which is carried on in the requesting State<br />
concerning the commitment of tax fraud.“<br />
72) Siehe zB den Bericht „Overview of the OECD’s Work on Countering<br />
International Tax Evasion“ (2009) 2.<br />
73) Dazu krit Perl, Bankgeheimnis <strong>für</strong> Ausländer vor dem Aus, SWK 2009,<br />
T 87 (T 87 f); Fellner, Neue Entwicklungen beim Bankgeheimnis –<br />
Fehlgriff statt Kunstgriff, RdW 2009/259, 315 (317).<br />
74) Entsprechende Protokolle wurden zum Zeitpunkt des Abschlusses<br />
dieses Manuskripts am 21. 9. 2009 bereits mit Luxemburg (7. 7. 2009),<br />
der Schweiz (3. 9. 2009), den Niederlanden (8. 9. 2009), Belgien<br />
(10. 9. 2009), Großbritannien (11. 9. 2009), Singapur (15. 9. 2009),<br />
Dänemark (16. 9. 2009), Norwegen (16. 9. 2009), Mexiko (18. 9. 2009)<br />
und San Marino (18. 9. 2009) unterzeichnet (Unterzeichnungsdatum<br />
in Klammer).<br />
75) Das neue Abkommen mit Bahrain (unterzeichnet am 2. 7. 2009) enthält<br />
bereits den neuen OECD-Transparenzstandard.<br />
76) TIEAs wurden zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Manuskripts am<br />
21. 9. 2009 mit St. Vincent & The Grenadines (14. 9. 2009). Monaco<br />
(15. 9. 2009), Andorra (17. 9. 2009) und Gibraltar (17. 9. 2009) abgeschlossen<br />
(Unterzeichnungsdatum in Klammer).<br />
77) Abrufbar unter http://www.oecd.org/dataoecd/50/0/43606256.pdf.<br />
78) Antrag der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kai Jan Krainer,<br />
Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die<br />
Umsetzung der OECD-Grundsätze der internationalen abgabenrechtlichen<br />
Amtshilfe (Amtshilfe-Durchführungsgesetz – ADG), 681/A (24.<br />
GP), abgeändert in 323 BlgNR 24. GP; siehe auch Gruber/Vondrak,<br />
Initiativantrag zum Amtshilfe-Durchführungsgesetz eingebracht, SWK<br />
2009, T 153 (T 153 ff).<br />
verlangten eingeschränkten Umfang [zu] derogieren “. Dieses<br />
– nach heftigen politischen Diskussionen – vom Nationalrat<br />
in einer Sondersitzung am 1. 9. 2009 79) mit dem in<br />
§ 38 Abs 5 BWG vorgesehenen Quorum 80) beschlossene<br />
Gesetz 81) schafft solcherart eine nationale Rechtsgrundlage<br />
<strong>für</strong> die Finanzverwaltung auf Basis jener Abkommen, die<br />
bereits den neuen Transparenzstandard enthalten, Bankinformationen<br />
<strong>für</strong> Zwecke der internationalen Amtshilfe<br />
zu erlangen. Der Rechtsschutz des Einzelnen wird durch<br />
die Eröffnung des Rechtsweges gewährleistet. Eine – verfassungsrechtlich<br />
womöglich bedenkliche – Rückwirkung<br />
wird durch entsprechende Inkrafttretensbestimmungen in<br />
den völkerrechtlichen Abkommen ausgeschlossen.<br />
5. Fragen der Einkünftezurechnung im Internationalen<br />
Steuerrecht<br />
5.1. Einkünftezurechnung im österreichischen<br />
Ertragsteuerrecht<br />
Die Einkünftezurechnung im österreichischen Ertragsteuerrecht<br />
ist nach wie vor durch die von <strong>Ruppe</strong> 82) vor Jahrzehnten<br />
entwickelte Zurechnungslehre geprägt, wonach derjenige<br />
als Zurechnungssubjekt der Einkunftsquelle gilt, der über die<br />
Leistungserstellung disponieren kann, der aus der Tätigkeit<br />
das Unternehmerrisiko trägt, die Möglichkeit hat, die sich ihm<br />
bietenden Marktchancen zu nutzen , Leistungen variieren und<br />
im Extremfall auch verweigern kann, indem er seine Tätigkeit<br />
einstellt, Kapital zurückzieht oder Mietverhältnisse kündigt. 83)<br />
Diesem Ansatz ist auch die herrschende Lehre, Verwaltungspraxis<br />
und Rechtsprechung gefolgt. 84) Die österreichische<br />
79) Am 8. 7. 2009 wurde im Plenum des Nationalrates der Antrag auf<br />
Rückverweisung des Initiativantrags betreffend das Amtshilfe-Durchführungsgesetz<br />
(ADG) an den Finanzausschuss einstimmig beschlossen;<br />
im Finanzausschuss am 27. 8. 2009 wurde das ADG unter Berücksichtigung<br />
eines Abänderungsantrages (siehe 323 BlgNR 24. GP) mit<br />
Stimmenmehrheit angenommen und im Plenum des Nationalrates<br />
am 1. 9. 2009 mit 136 Ja-Stimmen (gegenüber 34 Nein-Stimmen) mit<br />
der erforderlichen qualifi zierten Mehrheit beschlossen. Der Bundesrat<br />
hat am 3. 9. 2009 beschlossen, keinen Einspruch zu erheben.<br />
80) Das österreichische Bankgeheimnis ist aufgrund der Verfassungsbestimmung<br />
des § 38 Abs 5 BWG mit einer erhöhten Bestandskraft<br />
versehen, kann es doch „vom Nationalrat nur in Anwesenheit von<br />
mindestens der Hälfte der Abgeordneten und mit einer Mehrheit<br />
von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen abgeändert werden.“<br />
81) Kundgemacht in BGBl I 2009/102 vom 8. 9. 2009.<br />
82) <strong>Ruppe</strong>, Möglichkeiten und Grenzen der Übertragung von Einkunftsquellen<br />
als Problem der Zurechnung, in Tipke (Hrsg), Übertragung von<br />
Einkunftsquellen im Steuerrecht 2 (1979) 7 (7 ff); <strong>Ruppe</strong>, Die persönliche<br />
steuerliche Zurechnung von Einkünften und Abzugsposten innerhalb<br />
des Angehörigenverbandes, in <strong>Ruppe</strong> (Hrsg), Handbuch der Familienverträge<br />
2 (1985) 127 (127 ff); siehe auch Tanzer, Die Zurechnung von<br />
Einkünften bei der juristischen Person im Körperschaftsteuerrecht,<br />
GesRZ 1999, 213 (213 ff) und GesRZ 2000, 12 (12 ff); Kofl er, Der steuerliche<br />
Durchgriff bei der Privatstiftung (2001) 19 ff; Tanzer, Einkünftezurechnung<br />
im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht, 15 ÖJT<br />
III/1 (2003); Gassner, Grundsatzfragen der Einkünftezurechnung, ÖStZ<br />
2003/955, 438 (438 ff); Gassner, Grundsatzfragen der Einkünftezurechnung,<br />
15 ÖJT III/2 (2004) 67 (67 ff); Tanzer, Einkünftezurechnung an<br />
ausländische Basis- und Finanzierungsgesellschaften, GesRZ 2005, 59<br />
(59 ff) und 115 (115 ff).<br />
83) Siehe zB Rz 104 EStR 2000; VwGH 29. 11. 1994, 93/14/0150; Doralt/<br />
Renner, EStG 8 § 2 Tz 142; Quantschnigg/Schuch, ESt-HB § 2 Tz 46;<br />
Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG § 2 Anm 33.<br />
84) Vgl die Nachweise bei Bergmann, Die „Drittanstellung“ von Managern<br />
im Gesellschafts- und Steuerrecht (<strong>Teil</strong> 2), taxlex 2009, 184 (184 ff);<br />
siehe zB auch UFS 24. 11. 2008, RV/0215-F/07; UFS 16. 12. 2008, RV/0237-<br />
L/04; VwGH 28. 5. 2009, 2006/15/0360; VwGH 23. 4. 2008, 2005/13/0115<br />
ÖStZB 2008/493, 617; VwGH 25. 6. 2008, 2008/15/0014 ÖStZB 2009/98,<br />
115; VwGH 27. 8. 2008, 2006/15/0013 ÖStZB 2009/151, 137; VwGH<br />
18. 12. 2008, 2006/15/0199 ÖStZB 2009/187, 169.<br />
681
682 RdW 10/2009 Artikel-Nr. Artikel-Nr. 692 Steuerrecht<br />
„Steueroasen-Judikatur“ stellt diesbezüglich auf den „Träger der<br />
Erwerbstätigkeit“ ab. 85)<br />
Durch die Änderung der Rz 104 der EStR 2000 im Zuge<br />
des EStR-Wartungserlasses 2/2008 vom 12. 1. 2009 wurden<br />
die Ausführungen zur Zurechnung von Einkünften um den<br />
folgenden Zusatz ergänzt: „ Die Vergütungen <strong>für</strong> höchstpersönliche<br />
Tätigkeiten sind ab 1. 7. 2009 demjenigen zuzurechnen, der<br />
die Leistung persönlich erbringt (z.B. Schriftsteller, Vortragende,<br />
Wissenschaftler, „Drittanstellung“ von Vorständen) “ . Damit wollte<br />
das BMF Gestaltungen entgegentreten, die darauf abzielten,<br />
durch die Zwischenschaltung von Kapitalgesellschaften zwischen<br />
Leistungserbringer und Leistungsempfänger steuer- und<br />
beitragsrechtliche Vorteile zu erzielen (Thesaurierung, Lohnnebenkosten,<br />
Vorsteuerabzug etc). Insbesondere die „Drittanstellung“<br />
von Vorständen, Geschäftsführern und Aufsichtsräten<br />
über „Management-GmbHs“ wurde ins Visier genommen. 86)<br />
Zur Einkünftezurechnung bei einer zwischengeschalteten Aufsichtsrats-GmbH<br />
hat jüngst der VwGH – allerdings in einem<br />
nicht zu verallgemeinernden Fall – Stellung genommen. 87)<br />
Die Fachliteratur hat dem Ansatz der Finanzverwaltung,<br />
Einkünfte aus höchstpersönlichen Tätigkeiten generell der natürlichen<br />
Person zuzurechnen, entgegengehalten, dass es dem<br />
Grunde nach sowohl gesellschafts- als auch steuerrechtlich zulässig<br />
sein muss, auch „höchstpersönliche Leistungen“ über<br />
einen zwischengeschalteten Rechtsträger zu erbringen, wenn<br />
Letzterem nicht bloß die Funktion einer „Zahlstelle“ zukommt,<br />
sondern dieser auch die Verwertungsmacht über die Leistung<br />
hat. 88)<br />
Die Änderung der Rz 104 EStR 2000 hat die Frage aufgeworfen,<br />
ob damit auch die in der Praxis übliche Gestellung von<br />
Arbeitskräften im Konzern dazu führt, dass das zwischen den<br />
Konzerngesellschaften da<strong>für</strong> (fremdüblich) vereinbarte Entgelt<br />
dem Arbeitnehmer und nicht der überlassenden Gesellschaft<br />
zugerechnet werden muss. Nach Ansicht des BMF soll das nicht<br />
der Fall sein, weil sich die aktuelle Fassung der Rz 104 EStR 2000<br />
nur auf „zwischengeschaltete“ Kapitalgesellschaften beziehen<br />
soll. Eine Änderung der Einkünftezurechnung zur natürlichen<br />
Person soll also nur bei der Zwischenschaltung von Kapitalgesellschaften<br />
erfolgen, die über keinen eigenständigen , sich von der<br />
natürlichen Person abhebenden geschäftlichen Betrieb verfügen<br />
und die deshalb Marktchancen nicht nutzen können, so wie<br />
das bei Vergütungen <strong>für</strong> höchstpersönliche Tätigkeiten in der<br />
Regel der Fall ist. Wie man aus dem BMF hört, soll die Rz 104<br />
EStR 2000 entsprechend angepasst werden.<br />
85) VwGH 10. 12. 1997, 93/13/0185 ÖStZB 1998, 568; VwGH 22. 5. 1995,<br />
93/13/0076 ÖStZB 1996, 29.<br />
86) Mayr, Drittanstellung von Vorständen zulässig? RdW 2009/384, 420<br />
(420 ff).<br />
87) VwGH 28. 5. 2009, 2006/15/0360; dazu Doralt, VwGH: Einkünftezurechnung<br />
bei zwischengeschalteter Aufsichtsrats-GmbH, RdW 2009,<br />
545 (545).<br />
88) Siehe zu dieser Diskussion Arnold, Zur gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit<br />
der Drittanstellung von Geschäftsführern (Vorstandsmitgliedern),<br />
ÖStZ 2009/229, 120 (120 ff); Beiser, Jedem Arbeitnehmer seine<br />
GmbH? RdW 2009/322, 370 (370); Bergmann, Die „Drittanstellung“<br />
von Managern im Gesellschafts- und Steuerrecht (<strong>Teil</strong> 2), taxlex 2009,<br />
184 (184 ff); Huber, Einkünftezurechnung an Arbeitgeber und Einmanngesellschaften,<br />
taxlex 2009, 285 (289); Tanzer, Die Einkünftezurechnung<br />
bei Drittanstellung von Geschäftsführern (Vorständen)<br />
im Ertragsteuerrecht, ÖStZ 2009/230, 123 (127); Ehrke-Rabel/Zierler,<br />
Einkünftezurechnung bei „höchstpersönlichen Tätigkeiten, SWK 2009,<br />
S 423 (S 423 ff).<br />
5.2. Einkünftezurechnung im internationalen<br />
Steuerrecht<br />
Was im rein innerstaatlichen Verhältnis hinsichtlich der Zurechnung<br />
von Einkünften gilt, ist auch im zwischenstaatlichen<br />
Bereich von Relevanz. 89) Denn selbst im Verhältnis zu DBA-<br />
Staaten gilt, dass stets nach innerstaatlichem Steuerrecht zu prüfen<br />
ist, wem Einkünfte zuzurechnen sind. 90) DBA enthalten dazu<br />
keine Aussage. 91) Solange nationales Recht in wirtschaftlicher<br />
Betrachtungsweise festlegt, wem Einkünfte zuzurechnen sind<br />
und wer der Nutzungsberechtigte dieser Einkünfte ist, wird<br />
diese Zurechnung durch DBA-Recht nicht beeinträchtigt. 92) Auf<br />
Basis dieser Argumentation wurde vom BMF einer im Bereich<br />
des „Interim Management“ tätigen schweizerischen Aktiengesellschaft,<br />
die Vorstände und Geschäftsführer im Wege der<br />
Arbeitskräftegestellung an österreichische Kapitalgesellschaften<br />
überlassen hat, (vorbehaltslos) die Eigenschaft als Einkünfte-<br />
Zurechnungssubjekt aberkannt. 93) Dies, obwohl die Änderung<br />
der Einkünftezurechnung bis 1. 7. 2009 nur auf funktionslose<br />
Gebilde angewandt worden ist. 94) Angesichts der angekündigten<br />
Änderung der Rz 104 EStR 2000 wird die bisherige Verwaltungspraxis<br />
aber beibehalten werden müssen, wenn nachgewiesen<br />
werden kann, dass die ausländische Gesellschaft über<br />
einen eigenen, sich von der natürlichen Person abhebenden<br />
Betrieb verfügt.<br />
Die Zurechnung höchstpersönlich abzuleistender Leitungsfunktionen<br />
an die jeweiligen Funktionsträger sei – so das BMF –<br />
auch in § 99 Abs 1 Z 1 EStG vorgesehen, „international nicht<br />
unüblich“ 95) und könne daher auch nicht gegen den Abkommenszusammenhang<br />
iSd Art 3 Abs 2 OECD-MA verstoßen.<br />
5.3. Vermeidung doppelter Besteuerung bei bilateralen<br />
Zurechnungskonfl ikten<br />
Wenn nun ein Staat die vom Steuerpfl ichtigen gewählte Gestaltung<br />
anerkennt, während der andere Staat davon abweichend<br />
die Einkünftezurechnung ändert, sind Besteuerungskonfl ikte<br />
die zwangsläufi ge Folge. Im Verhältnis zu Staaten, mit denen ein<br />
DBA besteht, sollte die drohende Doppelbesteuerung aber durch<br />
Anwendung des Methodenartikels (Art 23 A/B OECD-MA) gelöst<br />
werden können.<br />
Wenn auf österreichischer Seite einer DBA-rechtlich in Österreich<br />
ansässigen Person in Anwendung wirtschaftlicher Betrachtungsweise<br />
Einkünfte zugerechnet werden, ist diese Person<br />
auch berechtigt, das österreichische DBA-Netz in Anspruch<br />
zu nehmen. 96) Der Umstand, dass in Ansässigkeits- und Quellenstaat<br />
die Einkünftezurechnung nicht deckungsgleich ist,<br />
ändert nichts an der von Österreich im DBA eingegangenen<br />
Verpfl ichtung , die Steuern des Quellenstaates anzurechnen oder<br />
89) Zorn, Die Zurechnung von Einkünften unter dem Aspekt der Zwischenschaltung<br />
von Auslandsgesellschaften, in Beiser/Kirchmayr/Mayr/Zorn<br />
(Hrsg), Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, FS Doralt (2007) 527<br />
(527 ff).<br />
90) Rz 33 EStR 2000; EAS 2947 = SWI 2008, 146.<br />
91) BFH 4. 4. 2007, I R 110/05 BStBl 2007 II 521; Kofl er in IFA (Hrsg), Confl icts<br />
in the Attribution of Income to a Person, CDFI 92b, 2007, 85 (90 ff);<br />
EAS 2944 = SWI 2008, 101.<br />
92) EAS 3059 = SWI 2009, 267, unter Verweis auf Rz 22 OECD-MK zu Art 1<br />
OECD-MA und BFH 4. 4. 2007, I R 110/05 BStBl 2007 II 521.<br />
93) EAS 3059 = SWI 2009, 267.<br />
94) EAS 2029 = SWI 2002, 258; EAS 2545 = SWI 2005, 107.<br />
95) EAS 2545 = SWI 2005, 107, unter Verweis auf die Vorgangsweise in<br />
Deutschland.<br />
96) EAS 3036 = SWI 2009, 65.
Steuerrecht RdW 10/2009 Artikel-Nr. 692<br />
Einkünfte steuerfrei zu stellen. 97) Dies selbst dann, wenn der<br />
Quellenstaat – weil er die zwischengeschaltete Gesellschaft als<br />
Steuersubjekt betrachtet – Körperschaftsteuer erhebt, Österreich<br />
die natürliche Person aber der Einkommensbesteuerung unterzieht.<br />
Denn die Vorgangsweise im Ausland ist <strong>für</strong> die Zurechnung<br />
von Einkünften nach österreichischem Steuerrecht bedeutungslos.<br />
98) Das gilt in gleicher Weise <strong>für</strong> die DBA-Verordnung (<strong>für</strong><br />
ausländische Ertragsteuern, die von lokalen Gebietskörperschaften<br />
erhoben werden), 99) deren Anwendung den Grundsätzen<br />
des DBA-Rechts folgt. Diese Entlastungsverpfl ichtung wirkt<br />
absolut und besteht unabhängig von der jeweils innerstaatlichen<br />
Einkünftequalifi kation. 100)<br />
6. Grenzüberschreitende Dividenden nach dem<br />
BBG 2009<br />
Mit dem BBG 2009 101) hat der Gesetzgeber auch auf den zunehmenden<br />
gemeinschaftsrechtlichen Druck auf eine europarechtskonforme<br />
Besteuerung grenzüberschreitender Dividendenausschüttungen<br />
reagiert: Einerseits wurde die Befreiung <strong>für</strong><br />
Beteiligungserträge in § 10 KStG auf „Portfoliobeteiligungen“ an<br />
EU- und EWR-Gesellschaften ausgedehnt, andererseits in § 21<br />
Abs 1 Z 1a KStG ein Rückzahlungsmechanismus zur Vermeidung<br />
einer Diskriminierung von Dividendenausschüttungen an ausländische<br />
Gesellschaften eingeführt.<br />
6.1. Beteiligungsertragsbefreiung nach § 10 KStG<br />
Das Problem einer Doppel- oder Mehrfachbelastung auf Gesellschaftsebene<br />
tritt auch im Verhältnis zum Ausland auf, sofern<br />
die ausschüttende Gesellschaft im Ausland der Körperschaftsbesteuerung<br />
unterliegt. Bislang hat der Gesetzgeber ein – letztlich<br />
auch durch die Mutter-Tochter-RL vorgesehenes – Privileg<br />
lediglich <strong>für</strong> die „Verschachtelung“ von Beteiligungen in Form<br />
des internationalen Schachtelprivilegs vorgesehen, das auf eine<br />
Mindestbeteiligungshöhe (10 %) und eine Mindestbehaltedauer<br />
rekurriert. 102) Aufgrund der Bedenken gegen die bisher<br />
bestehende Differenzierung zwischen nationalen und internationalen<br />
Beteiligungserträgen 103) hat das BBG 2009 104) zwar<br />
diese – nunmehr in § 10 Abs 1 Z 7 iVm Abs 2 KStG enthaltene<br />
– Schachtelbegünstigung inhaltlich unverändert beibehalten, 105)<br />
die Beteiligungsertragsbefreiung in § 10 Abs 1 Z 5 und 6 KStG<br />
97) EAS 3068 = SWI 2009, 320, mit Verweis auf EAS 1054 = SWI 1997,<br />
238.<br />
98) Loukota, Vermeidung von Irrwegen bei der DBA-Auslegung, SWI 1998,<br />
559 (561).<br />
99) BGBl II 2002/474.<br />
100) EAS 2965 = SWI 2008, 227.<br />
101) BGBl I 2009/52.<br />
102) Zur umfassenden Neuordnung des internationalen Schachtelprivilegs<br />
durch das BBG 2003 (BGBl I 2003/71) siehe zB Aigner/Kofl er, Internationale<br />
Schachtelbeteiligungen – Neuregelung durch das Budgetbegleitgesetz<br />
2003, ecolex 2003, 485 (485 ff).<br />
103) Siehe dazu bereits Kirchmayr/Kofl er, Highlights aus dem Workshop<br />
„Internationales Steuerrecht“ („RuSt 2008“), RdW 2008/628, 676<br />
(676 ff).<br />
104) BGBl I 2009/52.<br />
105) Im Hinblick auf Gewinnanteile aus internationalen Schachtelbeteiligungen<br />
wurde durch das BBG 2009 (BGBl I 2009/52) lediglich eine<br />
Zweiteilung vorgenommen: Fanden sich bisher Tatbestand und Rechtsfolge<br />
in § 10 Abs 2, so wurden durch das BBG 2009 in den Katalog des<br />
§ 10 Abs 1 mit der Z 7 „formell neu […] die Beteiligungserträge aus<br />
internationalen Schachtelbeteiligungen im Sinne des Abs. 2 aufgenommen“<br />
(ErlRV 113 BlgNR 24. GP 69). § 10 Abs 2 enthält in der Fassung<br />
des BBG 2009 „eine bloße Defi nition des Begriffes ‚internationale<br />
Schachtelbeteiligung‘. Diese Defi nition entspricht uneingeschränkt<br />
jener des bestehenden Abs. 2. Entfallen ist lediglich die Anordnung<br />
einer Rechtsfolge“ (ErlRV 113 BlgNR 24. GP 69).<br />
aber auf „Portfoliodividenden“ aus EU-Staaten und EWR-Staaten<br />
ausgedehnt. 106)<br />
Diese Ausdehnung des § 10 KStG soll vor allem die bisher<br />
nicht von der internationalen Schachtelbeteiligung erfassten<br />
„Portfoliodividenden“ (unter 10 %) aus EU-Staaten und EWR-<br />
Staaten mit umfassender Amts- und Vollstreckungshilfe 107) in<br />
die Befreiung einbeziehen, 108) während Portfoliodividenden<br />
aus Drittstaaten oder EWR-Staaten ohne umfassende Amts- und<br />
Vollstreckungshilfe (dh Liechtenstein und Island) „ weiterhin<br />
von der Steuerbefreiung ausgeschlossen bleiben “ sollen. 109) § 10<br />
Abs 1 Z 5 und Z 6 sind jedoch nach ihrem Wortlaut nicht<br />
auf Portfoliodividenden beschränkt, sondern vermögen immer<br />
dann einzugreifen, wenn eine Befreiung nach dem vorrangigen<br />
§ 10 Abs 1 Z 7 iVm Abs 2 KStG nicht möglich ist: Einerseits<br />
verweisen § 10 Abs 1 Z 5 und Z 6 zunächst ausdrücklich auf<br />
„ Gewinnanteile im Sinne der Z 1 bis 4 “ und stellen damit eine<br />
Gleichbehandlung mit der inländischen Beteiligungsertragsbefreiung<br />
her; sie können solcherart im Hinblick auf die befreiten<br />
Beteiligungserträge auch über das internationale Schachtelprivileg<br />
nach § 10 Abs 1 Z 7 iVm Abs 2 hinausgehen, zumal<br />
dort das Bestehen eines „Kapitalanteils“ gefordert ist. 110) Andererseits<br />
kann die Befreiung nach § 10 Abs 1 Z 5 bzw Z 6<br />
eingreifen, wenn wegen Nichterfüllens der Voraussetzungen <strong>für</strong><br />
das Vorliegen einer internationalen Schachtelbeteiligung etwa<br />
im Hinblick auf die Mindestbeteiligungshöhe (10 %) oder die<br />
Mindestbeteiligungsdauer (ein Jahr) Gewinnanteile nicht nach<br />
§ 10 Abs 1 Z 7 iVm Abs 2 befreit sind.<br />
Für Beteiligungen iSd § 10 Abs 1 Z 5 und Z 6 wurde durch<br />
das BBG 2009 in § 10 Abs 5 iVm Abs 6 in gewissen Fällen<br />
einer „unangemessen niedrigen Körperschaftsbesteuerung“ ein<br />
Wechsel von der Befreiungs- zur Anrechnungsmethode vorgesehen:<br />
§ 10 Abs 5 normiert im Falle einer näher umschriebenen Niedrigbesteuerung<br />
eine Versagung der Befreiungen nach § 10 Abs 1<br />
Z 5 und 6 <strong>für</strong> Gewinnanteile aus Beteiligungen an EU- und<br />
qualifi zierten EWR-Tochterkörperschaften; in diesem ordnet<br />
§ 10 Abs 6 einen Übergang zu Anrechnungsmethode an, sodass<br />
auf diesem Weg eine Entlastung von der wirtschaftlichen<br />
Doppelbesteuerung erfolgt („Methodenwechsel“). 111) Dieser<br />
106) Siehe dazu ErlRV 113 BlgNR 24. GP 69 f.<br />
107) Dh derzeit Norwegen nach dem DBA BGBl III 1997/1 idF BGBl III<br />
2006/181.<br />
108) Siehe auch Mayr, § 10 KStG: EU/EWR-Portfoliodividenden befreit,<br />
RdW 2009/321, 368 (368).<br />
109) ErlRV 113 BlgNR 24. GP 69. Zur Kritik am Ausschluss dieser Gesellschaften<br />
im Hinblick auf das EWR-Abkommen bzw die weltweit<br />
wirkende Kapitalverkehrsfreiheit nach Art 56 EG siehe zB Marschner,<br />
EuGH in Columbus und Sammelverfahren CFC and Dividend<br />
sowie VwGH zu § 10 Abs 2 KStG: Der ungebremste Siegeszug der<br />
Anrechnungsmethode, FJ 2008, 260 (265); Stefaner, Internationale<br />
Schachteldividenden – Beseitigung der Diskriminierung? GeS 2008,<br />
164 (166); Kühbacher, Erfordert § 10 Abs. 2 KStG bei ausländischen<br />
Portfoliobeteiligungen einen Anrechnungsvortrag? SWI 2008, 387<br />
(390 f); Massoner/Stürzlinger, Anrechnungsmethode als geringster<br />
und gemeinschaftsrechtskonformer Eingriff in die Besteuerung von<br />
Portfoliodividenden, SWI 2008, 400 (408 ff); Prechtl, Steuerpfl icht<br />
von Portfoliodividenden erneut auf dem Prüfstand, SWI 2008, 497<br />
(503); Haslinger in Lang/Schuch/Staringer (Hrsg), KStG (2009) § 10<br />
Rz 90; Marschner/Stefaner, Die Zulässigkeit von Einschränkungen der<br />
Kapitalverkehrsfreiheit gegenüber Drittstaaten aufgrund fehlender<br />
Amts- und Vollstreckungshilfe, SWI 2009, 372 (383 f); siehe auch die<br />
Überlegungen bei Zorn, Ausländische Portfoliodividenden und § 10<br />
KStG, RdW 2009/142, 171 (176 f).<br />
110) Siehe zB zur Frage des Fruchtgenusses Rz 560 KStR 2001 und Kofl er,<br />
Fruchtgenuss und internationales Schachtelprivileg, SWI 2008, 513<br />
(514 f).<br />
111) ErlRV 113 BlgNR 24. GP 70. Der Wortlaut des § 10 Abs 6 KStG spricht<br />
wohl aufgrund eines Redaktionsversehens im zweiten Satz lediglich<br />
von der Anrechnung jener Steuer, „die auf die aus der internationalen<br />
Schachtelbeteiligung bezogenen Gewinnanteile jeder Art entfällt“,<br />
und bezieht sich im letzten Satz wiederum auf die Hinzurechnung<br />
zu den „Gewinnanteilen jeder Art aus der internationalen Schach-<br />
683
684 RdW 10/2009 Artikel-Nr. 692 Steuerrecht<br />
Methodenwechsel ist strenger als jener des – <strong>für</strong> internationale<br />
Schachtelbeteiligungen iSd § 10 Abs 2 ausschließlich 112)<br />
anwendbare – § 10 Abs 4, zumal er nicht auf die Passivität<br />
der Auslandsgesellschaft abstellt, sondern lediglich das ausländische<br />
Besteuerungsniveau zum Anknüpfungspunkt nimmt.<br />
Die „Niedrigbesteuerung“ wird in drei alternativen, nur schwer<br />
voneinander abgrenzbaren Varianten defi niert:<br />
Nach § 10 Abs 5 Z 2 KStG kommt es zunächst dann zu<br />
einer Versagung der Befreiung, wenn der im Ausland anzuwendende<br />
(nominelle) Steuersatz einer der österreichischen<br />
Körperschaftsteuer vergleichbaren Steuer unter 15 %<br />
liegt. 113)<br />
Demgegenüber rekurriert § 10 Abs 5 Z 1 KStG darauf,<br />
dass das Ausland (generell) keine körperschaftsteuerähnliche<br />
Belastung der Gesellschaft vorsieht, weil etwa keine<br />
Gewinnbesteuerung besteht (zB Tonnagensteuersysteme <strong>für</strong><br />
Schiffsgesellschaften).<br />
§ 10 Abs 5 Z 3 setzt schließlich zwar eine grundsätzlich bestehende<br />
ausländische körperschaftsteuerähnliche Belastung<br />
voraus, versagt aber die Befreiung der Beteiligungserträge,<br />
wenn die Tochtergesellschaft Gegenstand einer umfassenden<br />
persönlichen oder sachlichen Befreiung ist, wobei Befreiungen<br />
<strong>für</strong> Gewinnanteile und Veräußerungsgewinne iSd § 10<br />
Abs 1 bzw Abs 3 unschädlich sind (zB bei Beteiligungsholdinggesellschaften).<br />
114)<br />
Dieser weite Methodenwechsel knüpft an die – von Rechtsprechung<br />
115) und Verwaltungspraxis 116) vertretene – Grundthese<br />
von der pauschalen Gleichwertigkeit von Befreiung und indirekter<br />
telbeteiligung“. Da sich der Einleitungssatz aber nicht nur auf internationale<br />
Schachtelbeteiligungen nach § 10 Abs 4, sondern auch<br />
auf die Fälle des § 10 Abs 5 bezieht, ist die Anrechnungsmethode<br />
trotz des zweifelhaften Wortlauts auch bei EU- und EWR-Portfoliobeteiligungen<br />
iSd § 10 Abs 1 Z 5 und 6 anwendbar; so deutlich ErlRV<br />
113 BlgNR 24. GP 70; Mayr, § 10 KStG: EU/EWR-Portfoliodividenden<br />
befreit, RdW 2009/321, 368 (369); Mayr et al, Körperschaftsteuer 2009<br />
(2009) 114.<br />
112) § 10 Abs 5 auf internationale Schachtelbeteiligungen nicht anwendbar<br />
(siehe auch Mayr, § 10 KStG: EU/EWR-Portfoliodividenden befreit,<br />
RdW 2009/321, 368 [368 f]); dies ergibt sich daraus, dass § 10 Abs 1<br />
Z 5 und 6 ausdrücklich den Vorrang des § 10 Abs 1 Z 7 normieren (arg<br />
„nicht unter Z 7 fällt“). Für internationale Schachtelbeteiligungen<br />
enthält § 10 Abs 4 iVm Abs 6 somit eine abschließende Regelung des<br />
Methodenwechsels im Sinne der bisherigen Rechtslage.<br />
113) Die Lösung der Frage nach der Vergleichbarkeit der ausländischen<br />
Steuer wird sich an den bereits bisher zu § 10 Abs 4 KStG entwickelten<br />
Leitlinien orientieren können; siehe zu diesen insb Hofbauer, Die<br />
Berechnung einer vergleichbaren Durchschnittssteuerbelastung im<br />
Rahmen von § 10 Abs. 4 KStG sowie VO zu § 48 BAO, SWI 2004, 179<br />
[184 f mwN]). Entscheidend ist, dass die ausländische Steuer von einer<br />
vergleichbaren Bemessungsgrundlage (Gesamtgewinn) erhoben wird,<br />
was zB bei der deutschen Gewerbesteuer der Fall ist (EAS 3035 = SWI<br />
2009, 55); einzubeziehen sind auch Körperschaftsteuern, die erst im<br />
Ausschüttungsfalle erhoben werden (EAS 2903 = SWI 2008, 8, zum<br />
estnischen System).<br />
114) § 10 Abs 5 Z 3 kann solcherart etwa im Hinblick auf Kapitalanlagegesellschaften<br />
relevant sein, die mit den zufl ießenden Einkünften<br />
nicht besteuert werden (s im Hinblick auf § 94a EStG zB Z 3 des<br />
österreichisch-deutschen Ergebnisprotokolls AÖF 1999/62; s a EAS<br />
1383 = SWI 1999, 52 = ÖStZ 1999, 131; EAS 2930 = SWI 2008, 50). Unschädlich<br />
muss es jedoch sein, wenn die Tochtergesellschaft zugleich<br />
Unterkörperschaft einer ausländischen Unternehmensgruppe ist und<br />
ihr Ergebnis dem Gruppenträger zugerechnet wird (s zu umgekehrten<br />
Situation EAS 869 = SWI 1996, 330; EAS 1756 = SWI 2001, 4 = ÖStZ<br />
2001/183, 84; EAS 2819 = SWI 2007, 103; ebenso UFS Wien 23. 8. 2006,<br />
RV/1915-W/04). Nach seinem Wortlaut kann § 10 Abs 5 Z 3 aber auch<br />
dann zur Anwendung kommen, wenn das Ausland steuerliche Investitionsanreize<br />
gewährt (zB „Tax Holidays“; s zu solchen Anreizen zB<br />
EAS 2308 = SWI 2003, 396; EAS 2618 = SWI 2005, 364).<br />
115) Siehe VwGH 17. 4. 2008, 2008/15/0064 ÖStZB 2009/5, 5; zuvor bereits<br />
Zorn, EG-Grundfreiheiten und dritte Länder, in Quantschnigg/Wiesner/<br />
Mayr (Hrsg), Steuern im Gemeinschaftsrecht, FS Nolz (2008) 211 (234 f),<br />
und nunmehr Zorn, Ausländische Portfoliodividenden und § 10 KStG,<br />
RdW 2009/142, 171 (172 ff).<br />
116) Siehe die BMF-Info zu § 10 Abs 2 KStG 1988, abgedruckt in ARD<br />
5875/7/2008 = FJ 2008, 274 = ÖStZ 2008/561, 270 = SWK 2008, S 528.<br />
Anrechnung an, 117) weshalb der „Methodenwechsel“ nach § 10<br />
Abs 5 iVm Abs 6 vom Gesetzgeber als gemeinschaftsrechtlich<br />
unproblematisch erachtet wird. 118) Im Schrifttum werden jedoch<br />
sowohl die Gleichwertigkeit der Methoden und damit<br />
die Beseitigung der Diskriminierung je nach Fallkonstellation<br />
bezweifelt, 119) als auch grundfreiheitsrechtliche Bedenken im<br />
Hinblick auf die Nachweisführung durch Minderheitsgesellschafter<br />
geäußert. 120) Eine Klärung dieser gemeinschaftsrechtlichen<br />
Fragestellungen wird hoffentlich durch den EuGH in<br />
den vom UFS vorgelegten Rs Haribo und Österreichische Salinen<br />
erfolgen. 121)<br />
Die Einbeziehung von EU- und EWR-„Portfoliodividenden“<br />
ist nach § 26c Z 16 lit b KStG auf alle offenen Veranlagungen<br />
anzuwenden. Aufgrund der Rückwirkung können sich allerdings<br />
auch Abgrenzungsfragen im Hinblick auf die solcherart<br />
anwendbar gewordenen Bestimmungen des § 11 Abs 1 Z 4 iVm<br />
§ 12 Abs 2 (Betriebsausgabenabzugsverbote) und des § 12 Abs 3<br />
(Einschränkungen der Steuerwirksamkeit von <strong>Teil</strong>wertabschreibungen)<br />
ergeben. Unklar ist daher etwa, ob rückwirkend der<br />
Abzug von sonstigen, nicht ohnehin von § 11 Abs 1 Z 4 erfassten<br />
Aufwendungen <strong>für</strong> die Beteiligungsanschaffung zu versagen ist,<br />
oder ob steuerwirksame <strong>Teil</strong>wertabschreibungen auf eine bisher<br />
steuerwirksame Portfoliobeteiligung aufgrund der Einbeziehung<br />
in § 12 Abs 3 rückwirkend zu „siebenteln“ sind.<br />
6.2. Rückzahlungsmechanismus nach § 21 Abs 1<br />
Z 1a KStG<br />
Bis zum BBG 2009 bestanden erhebliche gemeinschaftsrechtliche<br />
Bedenken gegen die defi nitive – allenfalls abkommensrechtlich<br />
reduzierte – KESt-Belastung von Dividenden einer<br />
österreichischen Tochtergesellschaft an ihre EU- oder EWR-<br />
Muttergesellschaft außerhalb der durch § 94a EStG erfassten<br />
Situationen, 122) zumal im Inlandsfall die KESt auf Ebene der<br />
Muttergesellschaft angerechnet oder erstattet wird. 123) Diese<br />
Rechtslage war nicht nur im Schrifttum auf – durch die EuGH-<br />
117) ErlRV 113 BlgNR 24. GP 69.<br />
118) Siehe wiederum ErlRV 113 BlgNR 24. GP 69.<br />
119) Siehe zu dieser Diskussion Massoner/Stürzlinger, Anrechnungsmethode<br />
als geringster und gemeinschaftsrechtskonformer Eingriff in<br />
die Besteuerung von Portfoliodividenden, SWI 2008, 400 (407); Bieber/Haslehner/Kofl<br />
er/Schindler, Taxation of Cross-Border Portfolio<br />
Dividends in Austria: The Austrian Supreme Administrative Court<br />
Interprets EC Law, ET 2008, 583 (586 ff); Kirchmayr/Kofl er, Highlights<br />
aus dem Workshop „Internationales Steuerrecht“ („RuSt 2008“), RdW<br />
2008/628, 676 (677); Aigner/Prechtl, Ermittlung der anrechenbaren<br />
ausländischen Körperschaftsteuer bei Portfoliodividenden! SWK 2008,<br />
S 761 (S 761 ff); Haslinger in Lang/Schuch/Staringer (Hrsg), KStG (2009)<br />
§ 10 Rz 118; Zorn, Ausländische Portfoliodividenden und § 10 KStG,<br />
RdW 2009/142, 171 (175 f) [zum Forschungsfreibetrag]; Massoner/<br />
Stürzlinger, Gleichartigkeit von Anrechnungs- und Befreiungsmethode<br />
aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht: (An-)Rechnung ohne Wirt?<br />
SWI 2009, 280 (280 ff, insb 285 ff); s a die Überlegungen des High<br />
Court 27. 11. 2008 in der nationalen Nachfolgeentscheidung zu FII<br />
Group Litigation [2008] EWHC 2893 (Ch).<br />
120) Siehe Aigner/Prechtl, Ermittlung der anrechenbaren ausländischen<br />
Körperschaftsteuer bei Portfoliodividenden! SWK 2008, S 761<br />
(S 761 ff); Prechtl, Steuerpfl icht von Portfoliodividenden erneut auf<br />
dem Prüfstand, SWI 2008, 497 (498 ff); Haslinger in Lang/Schuch/<br />
Staringer (Hrsg), KStG (2009) § 10 Rz 115; Zorn, Ausländische Portfoliodividenden<br />
und § 10 KStG, RdW 2009/142, 171 (177 f).<br />
121) C-436/08, Haribo (Vorlage des UFS Linz 29. 9. 2008, RV/0611-<br />
L/05), und C-437/08, Österreichische Salinen (Vorlage des UFS Linz<br />
29. 9. 2008, RV/0493-L/08), beim EuGH verbunden durch Beschluss<br />
vom 16. 1. 2009.<br />
122) § 93 iVm § 98 Abs 1 Z 5 lit a EStG iVm § 21 KStG idF vor dem BBG 2009,<br />
BGBl I 2009/52.<br />
123) § 94 Z 2 EStG iVm § 10 Abs 1 KStG.
Steuerrecht RdW 10/2009 Artikel-Nr. 692<br />
Rechtsprechung 124) bekräftigte – Kritik gestoßen, 125) sondern<br />
wurde auch von der Kommission beanstandet. 126) Angesichts des<br />
auch im Inlandsfall bei unter 25%igen Beteiligungen vorzunehmenden<br />
KESt-Abzuges (§ 94 Z 2 EStG) richten sich die Bedenken<br />
freilich weniger gegen das Erhebungsverfahren in Form des<br />
KESt-Abzuges, als gegen die nachfolgende Nichtentlastung. 127)<br />
Aus der Rechtsprechung des EuGH ergibt sich aber auch, dass<br />
eine Entlastung (Rückerstattung) nicht schrankenlos erfolgen<br />
muss: Entgegen der Fokus Bank -Entscheidung des EFTA-Gerichtshofs<br />
128) ist nämlich nach der jüngeren Rechtsprechung des<br />
EuGH in den Rs Denkavit Internationaal 129) und Amurta 130) eine<br />
Ungleichbehandlung dann zulässig, wenn im Ansässigkeitsstaat<br />
der Muttergesellschaft eine abkommensrechtliche Anrechnung<br />
der Quellensteuer und damit eine „Neutralisierung“ der Diskriminierung<br />
erfolgt. 131)<br />
Mit dem BBG 2009 hat der Gesetzgeber auf diese gemeinschaftsrechtlichen<br />
Rahmenbedingungen durch die Einfügung<br />
eines § 21 Abs 1 Z 1a KStG reagiert und <strong>für</strong> EU-Gesellschaften<br />
und EWR-Gesellschaften (bei umfassender Amts- und<br />
Vollstreckungshilfe) 132) , unabhängig von materiellen Voraussetzungen<br />
(Beteiligungshöhe, Beteiligungsdauer, Unmittelbarkeit),<br />
eine antragsgebundene Rückzahlungsmöglichkeit <strong>für</strong> die<br />
124) EFTA-Gerichtshof 23. 11. 2004, E-1/04, EFTA Court Report 2004, 11,<br />
Fokus Bank; EuGH 14. 12. 2006, C-170/05, Denkavit Internationaal,<br />
Slg 2006, I-11949; EuGH 8. 11. 2007, C-379/05, Amurta, Slg 2007,<br />
I-9569,.<br />
125) ZB Blasina, Internationales Schachtelprivileg und Gemeinschaftsrecht,<br />
SWI 2003, 14 (16); W. Loukota, Dividendenbesteuerung bei beschränkter<br />
Körperschaftsteuerpfl icht – verbleibende Diskriminierungen im<br />
Lichte der EG/EWR-Freiheiten, SWI 2004, 504 (504 ff); W. Loukota,<br />
EG-Grundfreiheiten und beschränkte Steuerpfl icht (2006) 273 ff;<br />
Biebl/Pfeiffer, Rechtswidrigkeit der Diskriminierung von Dividenden<br />
gemäß § 94a EStG in EWR-Staaten, SWI 2006, 307 (307 ff); Biebl,<br />
EuGH-Entscheidung Denkavit und ihre Folgen <strong>für</strong> die österreichische<br />
Quellenbesteuerung, SWI 2007, 65 (69 ff); Haslinger, Die Besteuerung<br />
von Dividenden – EuGH bestätigt Kritik an geltender Rechtslage, SWI<br />
2007, 175 (175 ff); Biebl, EuGH in der Rs. Amurta: Einschränkung der<br />
Kapitalverkehrsfreiheit durch Quellensteuer auf Outbound-Dividenden,<br />
SWI 2008, 29 (29 ff); Kofl er/Tumpel, Amurta: Diskriminierende<br />
Quellenbesteuerung und Anrechnungsmethode, ÖStZ 2008/149, 54<br />
(58 f).<br />
126) Siehe die Pressemitteilung IP/07/1152 und dazu die Mitteilung in ÖStZ<br />
2007/737, 369; vgl auch Pkt 5 des Protokolls Außensteuerrecht und<br />
Internationales Steuerrecht 2006 = ARD 5745/12/2007.<br />
127) Ausf Biebl, EuGH-Entscheidung Denkavit und ihre Folgen <strong>für</strong> die österreichische<br />
Quellenbesteuerung, SWI 2007, 65 (72); Kofl er/Tumpel,<br />
Amurta: Diskriminierende Quellenbesteuerung und Anrechnungsmethode,<br />
ÖStZ 2008/149, 54 (58 f). Ob sich Bedenken gegen den<br />
KESt-Abzug (bzw auch gegen das Abstellen auf die Anrechenbarkeit<br />
im Ausland in § 21 Abs 1 Z 1a KStG) im Vergleich zur Quellentlastung<br />
nach § 94a EStG womöglich aus dem Urteil in der Rs Kommission/<br />
Niederlande (EuGH 11. 6. 2009, C-521/07) ableiten lassen, bleibt abzuwarten<br />
(s dazu Haunold/Tumpel/Widhalm, SWI 2009, 409 ff), zumal<br />
eine solche Überlegung auf eine – vom EuGH bisher abgelehnte (zB<br />
EuGH 6. 12. 2007, C-298/05, Columbus Container Services, Slg 2007,<br />
I-10451) – horizontale Vergleichspaarbildung zweier grenzüberschreitender<br />
Situationen (Quellenentlastung nach § 94a EStG bei Ausschüttungen<br />
an qualifi zierte EU-Muttergesellschaften, Quellenabzug und<br />
durch § 21 Abs 1 Z 1a bedingte Rückzahlung bei Ausschüttungen an<br />
EWR-Muttergesellschaften) hinausliefe.<br />
128) EFTA-Gerichtshof 23. 11. 2004, E-1/04, EFTA Court Report 2004, 11,<br />
Fokus Bank; <strong>für</strong> eine krit Analyse aus österreichischer Sicht siehe Kofler,<br />
EFTA-Gerichtshof: Besteuerung von „Auswärtsausschüttungen“<br />
unter der EWR-Kapitalverkehrsfreiheit, ÖStZ 2005/279, 143 (143 ff),<br />
und Kofl er, Einige Überlegungen gegen die DBA-Irrelevanzthese im<br />
Fokus-Bank-Urteil, ÖStZ 2005/375, 169 (169 ff).<br />
129) EuGH 14. 12. 2006, C-170/05, Denkavit Internationaal, Slg 2006,<br />
I-11949, RN 45 ff.<br />
130) EuGH 8. 11. 2007, C-379/05, Amurta, Slg 2007, I-9569, RN 79 ff.<br />
131) Siehe dazu und zu EWR-Situationen Kofl er/Tumpel, Amurta: Diskriminierende<br />
Quellenbesteuerung und Anrechnungsmethode, ÖStZ<br />
2008/149, 54 (54 ff mwN); Marschner in Jakom 2 (2009) § 94a Rz 5 f.<br />
132) Dh derzeit Norwegen nach dem DBA BGBl III 1997/1 idF BGBl III<br />
2006/181. Solcherart läuft aber die Neureglung im Hinblick auf EWR-<br />
Staaten aber derzeit im Grunde ins Leere, zumal im Verhältnis zu<br />
Norwegen ohnehin eine Quellensteuerbefreiung <strong>für</strong> Ausschüttungen<br />
an eine nutzungsberechtigte Gesellschaft iSd Art 10 Abs 2 des DBA<br />
Norwegen besteht.<br />
Kapitalertragsteuer nach § 93 Abs 2 Z 1 lit a EStG (Dividenden<br />
etc) vorgesehen, „ soweit die Kapitalertragsteuer nicht auf<br />
Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens im Ansässigkeitsstaat<br />
angerechnet werden kann “; diese Nichtanrechenbarkeit ist vom<br />
Steuerpfl ichtigen nachzuweisen. Entsprechend den vom EuGH<br />
aufgestellten Grundsätzen sollte somit „ eine Rückzahlungsmöglichkeit<br />
<strong>für</strong> jene <strong>Teil</strong>e der Kapitalertragsteuer, die im Ausland nicht<br />
auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens angerechnet werden<br />
können, geschaffen werden “. 133) Die Rückzahlung hat nach<br />
dem Gesetzeswortlaut – wie bei § 94a EStG – durch das „ <strong>für</strong><br />
die Erhebung der Körperschaftsteuer des Schuldners der Kapitalerträge<br />
“ zuständige Finanzamt (Betriebsfi nanzamt iSd § 59 BAO)<br />
zu erfolgen, wobei die Quellensteuerrückzahlung nach § 21<br />
Abs 1 Z 1a KStG aufgrund ihrer weiteren Entlastungswirkung<br />
wohl einer gleichzeitigen Entlastung nach einem DBA, <strong>für</strong> die<br />
gem § 13a AVOG das Finanzamt Bruck-Eisenstadt-Oberwart<br />
zuständig wäre, vorgeht. 134)<br />
Der Wortlaut des § 21 Abs 1 Z 1a KStG wirft freilich zahlreiche<br />
Fragen auf. So wird normiert, dass der Nachweis der Nichtanrechenbarkeit<br />
im Ausland vom Steuerpfl ichtigen zu erbringen<br />
ist, wozu die Materialen auf den Nachweis „ z.B. durch einen ausländischen<br />
Besteuerungsbescheid “ verweisen. 135) Zwar wird dieser<br />
Nachweis im Falle einer Befreiung im Ausland relativ einfach<br />
erfolgen können, 136) doch kann die Nachweisführung insb dann<br />
problembehaftet sein, wenn das Ausland den Vor- oder Rücktrag<br />
einer DBA-Anrechnung gestattet. Neben der Nachweisführung<br />
ist auch der von § 21 Abs 1 Z 1a KStG verwendete Begriff der<br />
„Ansässigkeit“ der Muttergesellschaft im EU- oder EWR-Raum<br />
problembehaftet. So ist offen, ob die „Ansässigkeit“ iS einer<br />
einfachen Anknüpfung an die unbeschränkte Steuerpfl icht im<br />
Ausland auf Basis des (ausländischen) Sitzes oder Orts der Geschäftsleitung<br />
zu verstehen sein soll. Denkbar wäre auch ein<br />
Abstellen auf den abkommensrechtlichen Ansässigkeitsbegriff<br />
(Art 4 Abs 1 OECD-MA); <strong>für</strong> dieses Verständnis könnte insb<br />
sprechen, dass § 21 Abs 1 Z 1a KStG auf die Anrechnung der<br />
KESt „auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens im<br />
Ansässigkeitsstaat“ abstellt. Eine solche Auslegung führt freilich<br />
zu komplexen Folgefragen, etwa im Hinblick auf doppelt<br />
ansässige Gesellschaften. 137)<br />
Mangels besonderer Inkrafttretensbestimmung ist § 21 Abs 1<br />
Z 1a am 18. 6. 2009 in Kraft getreten. Für vor diesem Zeitpunkt<br />
einbehaltene Quellensteuern bei Ausschüttungen an EU-<br />
Gesellschaften steht diesen jedoch gemeinschaftsrechtlich und<br />
133) ErlRV 113 BlgNR 24. GP 71. Siehe umfassend zur Neuregelung bereits<br />
W. Loukota, Neue Steuerentlastung <strong>für</strong> Outbound-Dividenden an EU-/<br />
EWR-Körperschaften, SWI 2009, 432 (432 ff).<br />
134) So zu § 94a EStG auch UFS Salzburg 11. 4. 2007, RV/0323-S/06.<br />
135) ErlRV 113 BlgNR 24. GP 71.<br />
136) Marschner in Jakom 2 (2009) § 94a Rz 4.<br />
137) Es wäre sodann nämlich die Folgefrage zu stellen, ob auch die OECD-<br />
Auslegung in Art 4 Tz 8.2 OECD-MK 2008 anwendbar sein soll; danach<br />
wäre eine Gesellschaft, die aufgrund einer Tie-Breaker-Regel iSd Art 4<br />
Abs 3 im Fall einer in zwei ausländischen Staaten doppelt ansässigen<br />
Gesellschaft in nur einem der beiden ausländischen Staaten „ansässig“<br />
ist, auch aus der Sicht eines Quellenstaates nur in diesem Staat als<br />
ansässig anzusehen. Eine solche Auslegung wäre aber teleologisch<br />
angreifbar: Liegt nämlich der Sitz der Gesellschaft in einem Drittstaat,<br />
der Ort der Geschäftsleitung aber in der EU bzw in Norwegen, käme<br />
§ 21 Abs 1 Z 1a KStG zur Anwendung, obwohl die Gesellschaft mangels<br />
Gründung in der EU bzw im EWR keine „nach den Rechtsvorschriften“<br />
eines EG- oder EWR-Mitgliedstaats iSd Art 48 EG bzw Art 34<br />
EWR-Abkommen gegründete Gesellschaft ist. Bei einer intendierten<br />
Anknüpfung an den abkommensrechtlichen Ansässigkeitsbegriff wäre<br />
überdies fraglich, wie in jenen Fällen vorzugehen wäre, in denen die<br />
abkommensrechtliche Ansässigkeitsdeterminierung bei doppelt ansässigen<br />
Gesellschaften eines Verständigungsverfahrens bedürfte.<br />
685
686 RdW 10/2009 Artikel-Nr. 692 Steuerrecht<br />
unabhängig von der Geltung der BeitreibungsRL 138) dennoch<br />
die Möglichkeit offen, eine im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht<br />
erhobene Quellensteuer auf Grundlage des § 240 Abs 3 BAO<br />
zurückzufordern, sofern die Steuer im Ansässigkeitsstaat nicht<br />
auf Basis eines Doppelbesteuerungsabkommens angerechnet<br />
werden konnte oder kann. 139) Derartige Rückerstattungsanträge<br />
sind nach der Verwaltungspraxis beim FA Bruck-Eisenstadt-<br />
Oberwart zu stellen. 140)<br />
Unklar ist überdies, wie im Hinblick auf die von § 21 Abs 1<br />
Z 1a KStG nicht erfassten Gesellschaften in EWR-Staaten ohne<br />
umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe und generell Gesellschaften<br />
in Drittstaaten vorzugehen ist. So schließt die bisherige<br />
Verwaltungspraxis 141) die Rückerstattung etwa im Verhältnis zu<br />
den EWR-Staaten Liechtenstein und Island aus, zumal diese<br />
mangels Geltung der AmtshilfeRL und der BeitreibungsRL bzw<br />
vergleichbarer abkommensrechtlicher Instrumente gegenüber<br />
Österreich nicht zur Leistung von Amts- und Vollstreckungshilfe<br />
bereit sind. 142) Wenngleich unklar ist, inwieweit das Abstellen<br />
auf eine Vollstreckungs hilfe notwendig und solcherart gemein-<br />
138) Zumindest <strong>für</strong> EU-Situationen hat eine diskriminierungsfreie Besteuerung<br />
von Ausschüttungen wohl auch vor dem Inkrafttreten<br />
der BeitreibungsRL mit Wirkung ab Mitte 2002 (RL 76/308/EWG, ABl<br />
L 73/18 [19. 3. 1976], idF RL 2001/44/EG, ABl L 175/17 [28. 6. 2001]) zu<br />
gelten (siehe zu den Streitjahren 1987 bis 1989 zB EuGH 14. 12. 2006,<br />
C-170/05, Denkavit Internationaal, Slg 2006, I-11949).<br />
139) Vgl zB Haslinger, Die Besteuerung von Dividenden – EuGH bestätigt<br />
Kritik an geltender Rechtslage, SWI 2007, 175 (180); Kofl er/Tumpel,<br />
Amurta: Diskriminierende Quellenbesteuerung und Anrechnungsmethode,<br />
ÖStZ 2008/149, 54 (58 f).<br />
140) So EAS 3012 = SWI 2009, 8.<br />
141) ZB EAS 2956 = SWI 2008, 204; EAS 2976 = SWI 2008, 286.<br />
142) Loukota, Ist § 94a EStG wirklich europarechtswidrig? SWI 2006, 13<br />
(13); auch ein von der ausländischen Steuerverwaltung bestätigtes Formular<br />
ZS-QU 2 kann nicht als Ersatz <strong>für</strong> eine Amtshilfe herangezogen<br />
werden (EAS 2976 = SWI 2008, 286). Zur Kritik an diesem Ausschluss<br />
Biebl/Pfeiffer, Rechtswidrigkeit der Diskriminierung von Dividenden<br />
gemäß § 94a EStG in EWR-Staaten, SWI 2006, 307 (307 ff); Marschner<br />
in Jakom 2 (2009) § 94a Rz 6.<br />
1/2009<br />
Herausgeber:<br />
Peter Braumüller<br />
Daniel Ennöckl<br />
Nicolas Raschauer<br />
Pbb. Pbb. Erscheinungsort Erscheinungsort Wie Wien, Verlagspostamt 1030 Wien, GZ 06Z037013P, ISSN-Nr: 1996-2401<br />
Beiträge<br />
Zeitschrift <strong>für</strong><br />
Bernhard Raschauer:<br />
Finanzmarktrecht<br />
Anlegerentschädigung neu<br />
Christian Winternitz/Boris Steinmair:<br />
Finanzdienstleistungsassistent –<br />
deleted or reloaded<br />
Gemeinsame Publikation von FMA und OeNB:<br />
Aufsichtliche Vorgehensweise im<br />
Rahmen der Säule 2<br />
Judikatur<br />
BGH: Ad-hoc-Publizität beim vorzeitigen<br />
Ausscheiden eines Vorstandsmitglieds<br />
VwGH: Bestrafung eines Börsemitglieds wegen<br />
Schädigung des Ansehens der Börse<br />
UVS: Satzungsänderung; unverzügliche Anzeige<br />
an die FMA<br />
OGH: Aktuelle versicherungsrechtliche Entscheidungen<br />
Aktuelles<br />
Aktuelle Ministerialentwürfe und Regierungsvorlagen<br />
im Bereich Banken- und Wertpapieraufsichtsrecht<br />
1/2009, S. 1 – 40<br />
Art.-Nr. 1 – 28<br />
Der Autor:<br />
Dr. Stefan Bendlinger ist Steuerberater und<br />
Partner der ICON Wirtschaftstreuhand und<br />
beschäftigt sich seit mehr als 25 Jahren mit internationaler<br />
Steuerberatung. Er ist Fachautor<br />
und Vortragender, Lektor an der Johannes<br />
Kepler Universität Linz und an der FH<br />
Wels sowie Mitglied des Fachsenats <strong>für</strong> Steuerrecht<br />
der Kammer der Wirtschaftstreuhänder.<br />
ZFR Z Zeitschrift <strong>für</strong> Finanzmarktrecht<br />
schaftsrechtlich zulässig ist, 143) scheint der EuGH zuletzt zuzugestehen,<br />
dass eine Quellensteuerbefreiung vom Nachweis, dass<br />
die Auslandsgesellschaften die im nationalen „ Recht festgelegten<br />
Voraussetzungen tatsächlich erfüllen “, abhängig gemacht werden<br />
könne und die nationalen Steuerbehörden die Erfüllung dieser<br />
Voraussetzungen „ tatsächlich nachprüfen können müssen “, 144)<br />
was zumindest <strong>für</strong> die Zulässigkeit der Amtshilfe voraussetzung<br />
in § 21 Abs 1 Z 1a spricht. 145) Gleiche Überlegungen gelten<br />
vor dem Hintergrund der weltweit anwendbaren Kapitalverkehrsfreiheit<br />
wohl auch <strong>für</strong> Portfoliobeteiligungen durch<br />
Drittstaatsgesellschaften, 146) wenngleich hier wohl dennoch<br />
darauf abzustellen wäre, ob allenfalls mit dem Drittstaat zB<br />
eine abkommensrechtliche Amts- und (allenfalls auch) Vollstreckungshilfe<br />
vereinbart wurde. 147)<br />
143) Siehe auch Marschner/Stefaner, Die Zulässigkeit von Einschränkungen<br />
der Kapitalverkehrsfreiheit gegenüber Drittstaaten aufgrund fehlender<br />
Amts- und Vollstreckungshilfe, SWI 2009, 372 (383).<br />
144) EuGH 11. 6. 2009, C-521/07, Kommission/Niederlande, RN 47 f.<br />
145) So Haunold/Tumpel/Widhalm, EuGH: Erhebung niederländischer Quellensteuer<br />
auf Dividenden an irische und norwegische Gesellschaften<br />
verstößt gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, SWI 2009, 409 (409 ff).<br />
146) Ungeachtet der Streitfrage, ob und ab welcher Beteiligungshöhe<br />
die Kapitalverkehrsfreiheit durch die binnenmarktorientierte Niederlassungsfreiheit<br />
verdrängt wird, darf jedenfalls nach Art 57 EG<br />
eine beschränkende Regelung <strong>für</strong> Direktinvestitionen (ab ca 10 %;<br />
siehe UFS Wien 14. 12. 2007, RV/0303-W/03; EAS 2880 = SWI 2007,<br />
442) im Verhältnis zu Drittstaaten weiterhin angewendet werden,<br />
sofern sie bereits am 31. 12. 1993 bestanden hat; da zu diesem Stichtag<br />
Dividenden an Drittstaatsgesellschaften nach österreichischem<br />
Recht bereits der KESt ohne Rückerstattungsmöglichkeit unterlegen<br />
sind, dürfte daher die Stillstandsklausel des Art 57 EG eingreifen<br />
(siehe auch Marschner in Jakom 2 [2009] § 94a Rz 5). Greift aber bei<br />
unter 10%igen Beteiligungen Art 57 EG mangels Bestehens einer<br />
Direktinvestition nicht ein, so ist eine direkte Berufung auf Art 56 EG<br />
prinzipiell möglich (zur unmittelbaren Anwendbarkeit des Art 56 EG<br />
in Drittstaatssituationen s EuGH 18. 12. 2007, C-101/05, A, Slg 2007,<br />
I-11531, RN 21; EuGH 20. 5. 2008, C-194/06, Orange European Smallcap<br />
Fund, Slg 2008, I-3747, RN 87 f).<br />
147) Vgl zB EuGH 18. 12. 2007, C-101/05, A, Slg 2007, I-11531, RN 54 ff.<br />
Der Autor:<br />
Univ.-Prof. DDr. Georg Kofl er, LL.M. (NYU),<br />
lehrt und forscht an der Johannes Kepler Universität<br />
Linz und ist Mitarbeiter in der Abteilung<br />
<strong>für</strong> Internationales Steuerrecht im BMF.<br />
➡ Finanzmarktrechtliche Judikatur der österreichischen und europäischen Behörden<br />
➡ Fachartikel zu aktuellen nationalen und internationalen Fragestellungen<br />
➡ Beleuchtung der jeweiligen Themen aus praktischer und wissenschaftlicher Sicht<br />
➡ Analyse von Entwicklungen und Trends durch das ZFR-Experten-Team<br />
www.lexisnexis.at<br />
Jahresabonnement 2009<br />
6 Ausgaben um € 89,–<br />
Ihr kostenloses Probeheft unter:<br />
Tel.: (01) 534 52-5555<br />
Fax: (01) 534 52-141<br />
E-Mail: bestellung@lexisnexis.at
Internationale<br />
Steuerarbitrage
456 ÖStZ 1. Oktober/Nr. 19 Artikel-Nr. 916 Steuerrecht aktuell<br />
■ ÖStZ 2009/916, 456<br />
Gratwanderungen – Das Niemandsland<br />
zwischen aggressiver Steuerplanung,<br />
Missbrauch und Abgabenhinterziehung<br />
In einer vernetzten und globalisierten Welt versucht der besonnene und auf seinen<br />
Vorteil bedachte Wirtschaftsteilnehmer im Regelfall, sein Wirtschaftsleben planmäßig<br />
und frei von Zufällen aktiv zu gestalten. Im Regelfall wird also nicht mehr<br />
oder weniger spontan ein Sachverhalt verwirklicht, auf den schließlich die relevanten<br />
Gesetze der jeweils in Betracht kommenden Materien anzuwenden sind.<br />
Der besonnene Wirtschaftsteilnehmer bedient sich vielmehr bewusst der ihm zur<br />
Verfügung stehenden zivilrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten, um bestimmte<br />
Folgen in anderen Rechtsgebieten, so etwa im Steuerrecht, herbeizuführen. Das<br />
Ziel eines „rechtschaffenen“ Wirtschaftsteilnehmers liegt darin, seine tatsächlichen<br />
und rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten so auszuschöpfen, dass ein <strong>für</strong> ihn<br />
steueroptimales Ergebnis erreicht wird, ohne sich dadurch strafbar zu machen.<br />
Diese „Gratwanderung“ zwischen zulässiger Steuerplanung, Missbrauch und<br />
Abgabenhinterziehung haben wir zum Thema unserer gemeinsamen Antrittsvorlesung<br />
an der Johannes Kepler Universität Linz im März 2009 gemacht. Einige<br />
der dort andiskutierten Überlegungen wollen wir im Folgenden näher darlegen.<br />
1. Einleitung<br />
Versucht man zunächst das mögliche Verhalten eines Steuerpflichtigen<br />
und die möglichen Reaktionen eines Staats darauf<br />
auf einer Skala darzustellen, so steht an der untersten Stufe<br />
das „normale“ Steuerverhalten. Dieses besteht in seiner einfachsten<br />
Ausprägung in der Verwirklichung eines Sachverhalts<br />
ohne allzu bewusste Berücksichtigung der möglichen steuerlichen<br />
Beurteilung. Auf diesen Sachverhalt werden schließlich<br />
die entsprechenden Gesetzesbestimmungen angewandt. Dass<br />
auch auf dieser Stufe unterschiedliche Interpretationen der<br />
Gesetze und daher unterschiedliche Auffassungen zwischen<br />
der Finanzverwaltung und dem Steuerpflichtigen hinsichtlich<br />
des Subsumtionsprozesses auftreten können, ist unbestritten.<br />
Daher kann sich bereits in diesem Bereich ein Staat veranlasst<br />
fühlen, durch Lückenschließungslegistik allfällige unerwünschte<br />
Ergebnisse zu beseitigen. Auf einer nächsten Stufe<br />
möglichen Verhaltens auf Seiten des Steuerpflichtigen steht<br />
schließlich die aggressive Steuerplanung. Dieses ist dadurch<br />
gekennzeichnet, dass der Steuerpflichtige sein Wirtschaftsleben<br />
bewusst und unter Ausnutzung sämtlicher nationaler<br />
und internationaler Möglichkeiten in einer Form gestaltet,<br />
die ihm eine möglichst niedrige Steuerbelastung vermitteln<br />
soll. Die so verstandene aggressive Steuerplanung bewegt sich<br />
jedenfalls noch im Rahmen des rechtlich Zulässigen. Auf aggressive<br />
Steuerplanung kann ein Staat wiederum – wenn nicht<br />
allgemeine Grundprinzipien des Steuerrechts die vom Steuerpflichtigen<br />
vorgenommene Interpretation der geltenden<br />
Gesetze „auszuhebeln“ vermögen – mit einer Lückenschließungslegistik<br />
reagieren. Die aggressive Steuerplanung kann in<br />
ein Umgehungs- oder Missbrauchsverhalten ausarten, wobei<br />
die Übergänge zwischen aggressiver Steuerplanung, Umgehung<br />
und Missbrauch fließend sind. Umgehungen und missbräuchliche<br />
Verhaltensweisen sind nun im Unterschied zum<br />
normalen Steuerverhalten und auch zur aggressiven Steuerplanung<br />
sowohl international als auch in den unterschiedlichen<br />
nationalen Rechtsordnungen unzulässig. Sowohl das inter-<br />
Univ.-Prof. Dr. Tina Ehrke-Rabel<br />
Univ.-Prof. DDr. Georg Kofler,<br />
LL.M. (NYU)<br />
Johannes-Kepler-Universität Linz<br />
nationale Steuerrecht und das Gemeinschaftsrecht als auch<br />
die einzelnen Staaten bekämpfen diese Art von Gestaltungen<br />
des Wirtschaftslebens durch Antimissbrauchsbestimmungen.<br />
Antimissbrauchsbestimmungen können positivrechtlich verankert<br />
oder durch die Rechtsprechung entwickelt worden<br />
sein. Sie können genereller oder spezieller Natur sein. Als<br />
Beispiel <strong>für</strong> eine generelle Antimissbrauchsbestimmung sei<br />
§ 22 BAO genannt, Beispiel <strong>für</strong> spezielle Antimissbrauchsbestimmungen<br />
stellen § 10 Abs 4 und Abs 5 KStG und § 42<br />
InvFG dar. Antimissbrauchsbestimmungen ermöglichen es,<br />
einen Sachverhalt der in missbräuchlicher Weise unter Ausschöpfung<br />
von rechtlichen und tatsächlichen Gestaltungsmöglichkeiten<br />
verwirklicht worden ist, nach seinem „wahren“<br />
wirtschaftlichen Gehalt zu beurteilen. Dies hat zur Folge, dass<br />
die geplante Steuervermeidung sich nicht realisieren kann.<br />
Am anderen Ende der Skala möglichen Verhaltens stehen auf<br />
Seiten des Steuerpflichtigen schließlich Betrug und Hinterziehung,<br />
auf Seiten möglicher Reaktionen der öffentlichen Hand<br />
das Steuerstrafrecht. Auch der Übergang vom Missbrauch<br />
zum Betrug oder zur Hinterziehung ist ein fließender. Eine<br />
klare Grenzziehung ist auch hier auf verallgemeinernde Art<br />
und Weise nicht möglich.<br />
Grafik 1<br />
Steuerplanung und staatliche Reaktionen – Besonnene Wirtschaftsteilnehmer<br />
gestalten ihre wirtschaftlichen Aktivitäten auch mit dem<br />
Ziel, eine möglichst geringe Steuerbelastung tragen zu müssen. Je<br />
nach Intensität des planerischen Verhaltens stehen dem Gesetzgeber<br />
eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung, mit denen er Gegenmaßnahmen<br />
setzen kann.<br />
OeStZ_19_2009__CS3_v1.indd Abs2:456 9/29/2009 12:05:39 PM
Steuerrecht aktuell ÖStZ 1. Oktober/Nr. 19 Artikel-Nr. 916<br />
Wir unternehmen im Folgenden den Versuch, diese Gratwanderungen<br />
zwischen aggressiver Steuerplanung, Missbrauch und<br />
Steuerhinterziehung zunächst im nationalen und schließlich im<br />
internationalen Bereich an Hand von praxisrelevanten Gestaltungen<br />
darzustellen, um im Anschluss daran auf den internationalen<br />
Kampf gegen unfairen Steuerwettbewerb und Steuerhinterziehung<br />
näher einzugehen. Letztendlich soll ein Ausblick<br />
auf Herausforderungen an die Zukunft gegeben werden.<br />
2. Nationale Steuerplanung und die Grenze zum<br />
Missbrauch<br />
2.1. Anerkennung der Zwischenschaltung einer<br />
juristischen Person<br />
Juristische Personen und ihre Anteilseigner sind sowohl ertrag-<br />
als auch umsatzsteuerrechtlich eigenständige Steuersubjekte.<br />
Leistungsbeziehungen zwischen ihnen werden daher steuerrechtlich<br />
anerkannt, soweit sie unter fremdüblichen Bedingungen<br />
eingegangen wurden (Trennungsprinzip). 1) Diese Grundsätze<br />
gelten sowohl zwischen juristischen Personen und ihren<br />
Anteilseignern, die natürliche Personen sind, als auch gegenüber<br />
Anteilseignern, die selbst juristische Personen sind.<br />
Das Körperschaftsteuerrecht bietet die Möglichkeit, unter<br />
bestimmten Voraussetzungen miteinander verbundene Kapitalgesellschaften<br />
zu einer Gruppe zusammenzufassen und damit als<br />
ein Steuersubjekt zu behandeln (sog Gruppenbesteuerung gem<br />
§ 9 KStG). 2) Ähnliches gilt <strong>für</strong> bestimmte Betriebe gewerblicher<br />
Art von Körperschaften öffentlichen Rechts, die durch das Zusammenfassen<br />
in einem sog Versorgungsbetriebeverbund als ein<br />
Steuersubjekt behandelt werden können (§ 2 Abs 4 KStG). 3)<br />
Dabei handelt es sich um gesetzlich vorgesehene Gestaltungen,<br />
die es den Steuerpflichtigen ermöglichen, ihre Ergebnisse zu saldieren<br />
und damit eine im Verhältnis zur getrennten Betrachtung<br />
niedrigere Steuerbelastung zu erzielen.<br />
Im Bereich des Umsatzsteuerrechts werden Kapitalgesellschaften<br />
als mit einem anderen Unternehmer verbunden und damit<br />
als einheitliches Steuersubjekt behandelt, wenn sie nach dem<br />
Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich<br />
und organisatorisch in das andere Unternehmen eingegliedert<br />
sind (sog Organschaft, § 2 Abs 2 Z 2 UStG). Konsequenz<br />
der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft ist, dass die Umsätze<br />
zwischen den Organmitgliedern nicht umsatzsteuerbar sind. 4)<br />
Im Unterschied zum Ertragsteuerrecht bedarf die Annahme<br />
einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft keiner Willenserklärung.<br />
Sie ist bei Vorliegen der Voraussetzungen automatisch<br />
gegeben. In der Erfüllung der Tatbestandsmerkmale kann der<br />
Steuerpflichtige jedoch auch das Vorliegen einer umsatzsteuerrechtlichen<br />
Organschaft beeinflussen.<br />
2.2. Leistungserbringung über eine juristische<br />
Person<br />
Aus den zivil- und gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten ergeben<br />
sich in Kombination mit der Steuersubjektivität von juristischen<br />
Personen einerseits und der grundsätzlichen Anerkennung von<br />
Leistungsbeziehungen zwischen juristischen Personen und ihren<br />
Anteilseignern (Trennungsprinzip) anderseits Gestaltungen<br />
1) Vgl Doralt/<strong>Ruppe</strong>, Steuerrecht I 9 (2007) Rz 902.<br />
2) Doralt/<strong>Ruppe</strong>, Steuerrecht I 9 , Rz 938 f.<br />
3) Doralt/<strong>Ruppe</strong>, Steuerrecht I 9 , Rz 928.<br />
4) Doralt/<strong>Ruppe</strong>, Steuerrecht I 9 , Rz 1220.<br />
zur Optimierung des steuerlichen Ergebnisses. Hier stellt sich<br />
zunächst die Frage, ob eine zivil- oder gesellschaftsrechtliche Gestaltung<br />
in der im Steuerrecht maßgeblichen wirtschaftlichen<br />
Betrachtungsweise auch steuerrechtlich anzuerkennen ist. Ist dies<br />
der Fall, so bleibt zu prüfen, wann die Grenze zwischen zulässiger<br />
Steuerplanung und Umgehung oder Missbrauch überschritten<br />
wird.<br />
Ein in Wissenschaft und Praxis seit Ende des letzten Jahres<br />
viel diskutiertes Thema ist die Frage, inwieweit die Zwischenschaltung<br />
einer Kapitalgesellschaft zur Erbringung bestimmter<br />
freiberuflicher Leistungen oder zur Ausübung gesellschaftsrechtlicher<br />
Funktionen – etwa der Geschäftsführung, der Tätigkeit<br />
als Aufsichtsratsmitglied oder als Stiftungsvorstand – steuerrechtlich<br />
anzuerkennen ist. Zu den hier im Fokus stehenden<br />
freiberuflichen Leistungen zählen jene Tätigkeiten, die in der<br />
Literatur 5) als höchstpersönlich bezeichnet werden. Dies sind<br />
insbesondere die Tätigkeiten als Schriftsteller, Wissenschafter,<br />
Vortragender, Künstler oder Sportler.<br />
Wird eine solche Tätigkeit nicht direkt durch eine natürliche<br />
Person, sondern durch (eine unter ihrem Einfluss stehende)<br />
Kapitalgesellschaft ausgeübt, so ist dies nach hA sowohl aus<br />
gesellschafts- als auch aus zivilrechtlicher Sicht grundsätzlich<br />
zulässig. 6) Das allgemeine Zivilrecht und das Gesellschaftsrecht<br />
lassen zu, dass auch Leistungen von Künstlern, Wissenschaftern,<br />
Vortragenden oder Sportlern sowie Organfunktionen in Kapitalgesellschaften<br />
durch eine Kapitalgesellschaft selbst erbracht<br />
werden. Dass tatsächlich eine natürliche Person die entsprechende<br />
Leistung ausführen muss, liegt im Wesen der juristischen<br />
Person als einem „künstlichen“ Rechtsgebilde. 7)<br />
Ist die Vergütung aus dieser Tätigkeit auch steuerrechtlich<br />
der zivilrechtlich verpflichteten juristischen Person zuzurechnen,<br />
so kann dies im Verhältnis zur Erbringung der Leistung<br />
ohne Zwischenschaltung der Kapitalgesellschaft steuer- und<br />
sozialversicherungsrechtliche Vorteile mit sich bringen: Die<br />
Vergütung unterliegt auf Ebene der Kapitalgesellschaft der Körperschaftsteuer<br />
in Höhe von 25 %. Erst die Ausschüttung des<br />
Gewinns führt zu einer Ertragsteuerbelastung beim Anteilseigner,<br />
was kumuliert eine Belastung der Erträge mit rund 43,75 %<br />
ergibt. Hinzu kommt, dass bei entsprechender Ausgestaltung<br />
des Dienstverhältnisses zwischen der juristischen Person, die<br />
die Leistung zivilrechtlich zu erbringen verpflichtet ist, und der<br />
natürlichen Person, die die Leistung tatsächlich erbringt, die<br />
Lohnnebenkosten und Sozialversicherungsbeiträge gering gehalten<br />
werden können. Würde <strong>für</strong> die Ausübung dieser Tätigkeiten<br />
hingegen direkt die natürliche Person zivilrechtlich verpflichtet,<br />
so unterlägen die Vergütungen da<strong>für</strong> der Einkommensteuer<br />
zum progressiven Tarif 8) und wären allenfalls in vollem Umfang<br />
lohnnebenkosten- und sozialversicherungspflichtig.<br />
In Frage steht nun, ob die Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft,<br />
die im Verhältnis zu einer Leistungserbringung als<br />
natürliche Person zweifelsohne Steuervorteile mit sich bringt,<br />
ertragsteuerrechtlich in dem Sinn verwerflich ist, dass sie nicht<br />
anzuerkennen ist. Der Vergütung der hier in Frage stehenden<br />
5) Mayr, „Drittanstellung“ von Vorständen zulässig? RdW 2008/384,<br />
420.<br />
6) W. D. Arnold, Zur gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit der Drittanstellung<br />
von Geschäftsführern (Vorstandsmitgliedern), ÖStZ 2009/229,<br />
120; Ehrke-Rabel/Zierler, Einkünftezurechnung bei „höchstpersönlichen“<br />
Tätigkeiten, SWK 2009, S 423 (S 427 f); Bergmann, Die „Drittanstellung“<br />
von Managern im Gesellschafts- und Steuerrecht (I), taxlex<br />
2009, 131 f.<br />
7) Vgl dazu genauer Ehrke-Rabel/Zierler, SWK 2009, S 423 (S 430 f).<br />
8) Durch den neuen Grundfreibetrag relativiert sich der Steuervorteil<br />
einer Kapitalgesellschaft jedoch erheblich.<br />
OeStZ_19_2009__CS3_v1.indd Abs2:457 9/29/2009 12:05:39 PM<br />
457
458 ÖStZ 1. Oktober/Nr. 19 Artikel-Nr. 916 Steuerrecht aktuell<br />
Tätigkeiten an die Kapitalgesellschaft könnte die Anerkennung<br />
mit der Begründung versagt werden, dass sie im Sinne der<br />
Markteinkommenstheorie, 9) die auf die Möglichkeit, über eine<br />
Einnahmequelle zu verfügen, rekurriert, nicht der Kapitalgesellschaft,<br />
sondern der natürlichen Person direkt zuzurechnen seien.<br />
Diese Auffassung vertritt das BMF: Die Vergütungen aus den<br />
hier dargestellten Tätigkeiten sind als „ Vergütungen aus höchstpersönlichen<br />
Tätigkeiten ab 1. 7. 2009 demjenigen zuzurechnen,<br />
der die Leistung persönlich erbringt (zB Schriftsteller, Vortragender,<br />
Wissenschafter „Drittanstellung“ von Vorständen) “. 10) Im Schrifttum<br />
ist diese Aussage der EStR auf massive Kritik gestoßen, 11)<br />
was das BMF zu einer Revision im (noch nicht veröffentlichten)<br />
Protokoll zum Salzburger Steuerdialog 2009 bewegt hat.<br />
Danach sollen nur „künstlich anmutende“ Konstruktionen von<br />
der Rz 104 der EStR erfasst werden, die insbesondere dann<br />
vorliegen sollen, wenn die „zwischengeschaltete“ Kapitalgesellschaft<br />
unter dem beherrschenden Einfluss der höchstpersönlich<br />
tätigen Person steht. Im Fokus der Finanzverwaltung stehen<br />
damit offenbar in erster Linie „zwischengeschaltete“ Einmann-<br />
Kapitalgesellschaften. Die steuerliche Anerkennung zwischengeschalteter<br />
Kapitalgesellschaften sei jedenfalls im Einzelfall zu<br />
beurteilen: Verfügt die auftretende GmbH über eine eigenständige,<br />
sich von der natürlichen Person abhebende betriebliche<br />
Struktur, mit der sie am Marktgeschehen teilnimmt und auftritt,<br />
so sind die entsprechende Leistung und das da<strong>für</strong> entrichtete<br />
Entgelt der Kapitalgesellschaft zuzurechnen. Die Gestaltung<br />
ist damit steuerrechtlich unbedenklich. Die Formulierung des<br />
BMF im Salzburger Steuerdialog 2009 relativiert den Anwendungsbereich<br />
der Rz 104 der EStR zwar insoweit, als nunmehr<br />
feststeht, dass nicht jeglicher „Zwischenschaltung“ einer Kapitalgesellschaft<br />
zur Erbringung freiberuflicher Leistungen oder<br />
zur Ausübung bestimmter gesellschaftsrechtlicher Funktionen<br />
die steuerrechtliche Anerkennung zu versagen ist, wirft aber<br />
auch neue Fragen auf. So stellt sich etwa die Frage, wann von<br />
einer betrieblichen Struktur auszugehen ist.<br />
Der VwGH hatte noch nicht explizit die Gelegenheit, zur<br />
Auffassung des BMF Stellung zu nehmen. 12) Bei der jüngst<br />
entschiedenen Frage der steuerlichen Anerkennung einer zur<br />
Ausübung der Funktion als Mitglied des Aufsichtsrats zwischengeschalteten<br />
Kapitalgesellschaft stand die Einkünftezurechnung<br />
aufgrund der Sachverhaltslage nicht zur Debatte: Da<br />
zwischen der GmbH, deren Gesellschafter zum Aufsichtsrat<br />
einer anderen Kapitalgesellschaft bestellt worden war, und<br />
dieser anderen Kapitalgesellschaft keinerlei Vereinbarung über<br />
die Ausübung der Aufsichtsratstätigkeit getroffen worden war,<br />
war <strong>für</strong> den VwGH „ von vornherein ausgeschlossen, dass die in<br />
9) Vgl <strong>Ruppe</strong>, Möglichkeiten und Grenzen der Übertragung von Einkunftsquellen<br />
als Problem der Zurechnung von Einkünften, in Tipke<br />
(Hrsg), DStJG, Übertragung von Einkunftsquellen im Steuerrecht 2<br />
(1979) 7 (16 ff).<br />
10) Rz 104 EStR 2000. Nach EAS 3059 sind Managementvergütungen,<br />
die eine österreichische Gesellschaft aufgrund eines ausschließlich<br />
mit einer Schweizer Gesellschaft geschlossenen Interims-Managementvertrages<br />
leistet, entgegen der Auffassung in älteren EAS (EAS<br />
2029 und 2045) in Übereinstimmung mit Rz 104 EStR 2000 der zum<br />
Manager bestellten natürlichen Person zuzurechnen.<br />
11) Tanzer, Die Einkünftezurechnung bei Drittanstellung von Geschäftsführern<br />
(Vorständen) im Ertragsteuerrecht, ÖStZ 2009/230,<br />
123; Ehrke-Rabel/Zierler, SWK 2009, S 423 (S 430f); Bergmann, Die<br />
„Drittanstellung von Managern im Gesellschafts- und Steuerrecht<br />
(II), taxlex 2009, 184; Huber, Einkünftezurechnung an Arbeitgeber<br />
und Einmanngesellschaften, taxlex 2009, 285. – Zustimmend jedoch<br />
Beiser, Jedem Arbeitnehmer seine GmbH? Die Einkünftezurechnung<br />
bei einer Drittanstellung, RdW 2009/322, 370.<br />
12) Vgl aber eine Übersicht über die in jüngster Zeit durch den VwGH<br />
und den UFS entschiedenen Fälle zur Zwischenschaltung von Kapitalgesellschaften<br />
bei Huber, taxlex 2009, 285.<br />
Rede stehenden Vergütungen der Gesellschaften, deren Aufsichtsrat<br />
der Beschwerdeführer angehörte, zu Einkünften der GmbH (...)<br />
geführt haben .“ 13)<br />
In einem anderen Fall war der Sachverhalt so gelagert, dass der<br />
VwGH von einer missbräuchlichen Gestaltung ausgegangen ist:<br />
Die nachträgliche Zwischenschaltung einer unter dem beherrschenden<br />
Einfluss des Geschäftsführers stehenden Gesellschaft<br />
in das Geschäftsführungsverhältnis zu einer anderen GmbH war<br />
seines Erachtens ohne irgendeine Veränderung der Vergütungsbedingungen<br />
nur in der Absicht gewählt worden, Lohnnebenkosten<br />
zu umgehen. 14) Eine solche Gestaltung hielt der VwGH<br />
<strong>für</strong> missbräuchlich, mit der Konsequenz, dass die Geschäftsführungsvergütung<br />
unmittelbar dem gesellschaftsrechtlich bestellten<br />
Geschäftsführer zuzurechnen war und bei ihm als Vorteil aus dem<br />
Dienstverhältnis der Kommunalsteuer unterlag.<br />
Grafik 2<br />
Zwischenschaltung einer juristischen Person – In Wissenschaft und<br />
Praxis wird seit dem letzten Jahr intensiv diskutiert, inwieweit ein<br />
Auseinanderfallen zwischen gesellschaftsrechtlicher Bestellung zum<br />
Geschäftsführer einer GmbH und zivilrechtlicher Anstellung dieses<br />
Geschäftsführers über eine im eigene (Einmann-)GmbH bei der zu<br />
führenden GmbH steuerrechtlich anzuerkennen ist. Konkret stellt<br />
sich die Frage, ob die Vergütungen <strong>für</strong> diese Geschäftsführertätigkeit<br />
der den Anstellungsvertrag abschließenden (Einmann-)GmbH oder<br />
aber dem Geschäftsführer selbst zuzurechnen sind.<br />
Die Zwischenschaltung einer Einmann-Kapitalgesellschaft zur<br />
Ausübung sog höchstpersönlicher Tätigkeiten oder zur Ausübung<br />
unterschiedlicher gesellschaftsrechtlicher Funktionen ist<br />
aus steuerrechtlicher Sicht zusammengefasst folgendermaßen<br />
zu beurteilen:<br />
Allgemeiner Konsens dürfte dahin gehend bestehen, dass die<br />
Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft bei gesellschafts-<br />
und zivilrechtlicher Zulässigkeit 15) aufgrund des Trennungsprinzips<br />
grundsätzlich auch ertragsteuerrechtlich anzuerkennen<br />
ist. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass dies<br />
unabhängig von der Art der Tätigkeit, also auch <strong>für</strong> die hier<br />
in Frage stehenden sog höchstpersönlichen Tätigkeiten gilt.<br />
Ob sich die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung dieser<br />
13) VwGH 28. 5. 2009, 2006/15/0360. Dazu Doralt, VwGH: Einkünftezurechnung<br />
bei zwischengeschalteter Aufsichtsrats-GmbH, RdW 2009/536,<br />
545.<br />
14) VwGH 25. 6. 2008, 2008/15/0014, ÖStZB 2009/98, 115.<br />
15) Vgl viel weitergehend Huber, taxlex 2009, 285, wonach die zivil- oder<br />
gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit <strong>für</strong> die steuerliche Beurteilung<br />
keine Rolle spielen dürfe.<br />
OeStZ_19_2009__CS3_v1.indd Abs2:458 9/29/2009 12:05:39 PM
Steuerrecht aktuell ÖStZ 1. Oktober/Nr. 19 Artikel-Nr. 916<br />
Auffassung letztendlich anschließen werden, bleibt abzuwarten.<br />
Unter der Prämisse, dass auch sog höchstpersönliche Tätigkeiten<br />
über eine Kapitalgesellschaft ausgeübt werden können,<br />
dürfte auch Einigkeit dahin gehend bestehen, dass der „Zwischenschaltung“<br />
der Kapitalgesellschaft die Anerkennung zu<br />
versagen ist, wenn die Kapitalgesellschaft selbst keine Funktion<br />
innehat. 16) Diesfalls sind die aus der Tätigkeit entspringenden<br />
Einkünfte direkt der natürlichen Person zuzurechnen. Die Zurechnung<br />
von Leistungsvergütungen an die zwischengeschaltete<br />
Kapitalgesellschaft ist wohl dann nicht zu akzeptieren, wenn<br />
es sich um eine nachträgliche Zwischenschaltung handelt, die<br />
weder bezüglich des Umfangs noch bezüglich des Inhalts der<br />
erbrachten Leistungen eine Änderung herbeiführt. 17) Einigkeit<br />
dürfte letztendlich auch dahin gehend bestehen, dass die<br />
Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft auch dann nicht<br />
anzuerkennen ist, wenn von einem Missbrauch von Formen und<br />
Gestaltungsmöglichkeiten auszugehen ist. Das bloße Ausnützen<br />
von Steuervorteilen, die sich aus der fehlenden Rechtsformneutralität<br />
der Beteiligungen ergeben, ist uE jedoch keinesfalls als<br />
Missbrauch zu qualifizieren. 18)<br />
Gerade das Beispiel der zwischengeschalteten Kapitalgesellschaften<br />
zur Erbringung sog höchstpersönlicher Leistungen oder<br />
zur Ausübung von Leitungsagenden in Kapitalgesellschaften<br />
zeigt, dass der Übergang zwischen zulässiger Steuerplanung und<br />
unzulässigem Missbrauch von Rechts- und Gestaltungsformen<br />
ein fließender ist, der nur in der Einzelfallbetrachtung festgemacht<br />
werden kann. Insgesamt zeigt die Diskussion um die<br />
ertragsteuerrechtliche Anerkennung der „Zwischenschaltung“<br />
juristischer Personen zur Erbringung sog höchstpersönlicher<br />
Leistungen, dass der Ausschöpfung zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten<br />
im Einzelfall entweder schlicht durch die Anwendung<br />
steuerlicher Grundprinzipien wie etwa der wirtschaftlichen<br />
Betrachtungsweise, der Unterscheidung zwischen Zufluss und<br />
Einkommensverwendung oder der Markteinkommenstheorie<br />
oder aber durch die Feststellung eines missbräuchlichen Verhaltens<br />
steuerrechtliche Grenzen gesetzt sind.<br />
2.3. Befriedigung privater Bedürfnisse durch eine<br />
juristische Person<br />
Die Zwischenschaltung juristischer Personen erfolgt in der Praxis<br />
auch mit dem Ziel, die Befriedigung privater Bedürfnisse<br />
steuerlich optimal zu gestalten. Ebenso wie beim klassischen<br />
„Zwei-Konten-Modell“ 19) wurde auch hier versucht, dem Wesen<br />
nach private Aufwendungen durch die Zwischenschaltung einer<br />
Kapitalgesellschaft in eine steuerlich relevante Sphäre zu verlagern.<br />
So sollte beispielsweise die Schaffung privaten Wohnraums<br />
steuerlich derart strukturiert werden, dass Abschreibungen und<br />
Zinsaufwand abgezogen und Investitionsbegünstigungen und<br />
16) Ehrke-Rabel/Zierler, SWK 2009, S 423 (S 430); Huber, taxlex 2009, 285<br />
(290). – Für die Beantwortung der Frage, ob eine betriebliche Struktur<br />
gegeben ist, ist uE hilfsweise auf die Judikatur des VwGH zu den<br />
Briefkastenfirmen abzustellen (zB VwGH 22. 3. 1995, 93/13/0076; 11. 7.<br />
1995, 91/13/0154; 17. 11. 2005, 2001/13/0247; 31. 5. 2006, 2002/13/0145,<br />
0146; 20. 9. 2007, 2007/14/0007). – Das BMF stellt im Protokoll zum Salzburger<br />
Steuerdialog 2009 darauf ab, ob Mitarbeiter beschäftigt sind<br />
und innerhalb der Kapitalgesellschaft Tätigkeiten ausgeübt werden,<br />
die über bloße Vorbereitungs- und Hilfshandlungen hinausgehen.<br />
17) Vgl in diesem Zusammenhang die Judikatur des VwGH zur Zwischenschaltung<br />
einer im Eigentum der Mitunternehmer stehenden GmbH<br />
in die Leistungsbeziehungen zwischen einer Mitunternehmerschaft<br />
und deren Mitunternehmern: VwGH 30. 5. 1990, 86/13/0046; 5. 10.<br />
1994, 92/15/0003.<br />
18) Vgl dazu im Detail Ehrke-Rabel/Zierler, SWK 2009, S 432.<br />
19) Dazu zB VwGH 27. 1. 1998, 94/14/0017, ÖStZB 1998, 561; VwGH 29. 6.<br />
1999, 95/14/0150, ÖStZB 1999, 601.<br />
Vorsteuerabzug in Anspruch genommen werden können. Die<br />
durch solche Gestaltungen aufgeworfenen Fragen nach einer<br />
„außerbetrieblichen“ Sphäre von Kapitalgesellschaften werden<br />
im Schrifttum intensiv diskutiert, 20) wobei gerade die jüngere<br />
Rechtsprechung zur außerbetrieblichen Sphäre im Hinblick<br />
auf Dienstwohnungen und Wohngebäude von Gesellschafter-<br />
Geschäftsführern die Diskussion weiter zugespitzt hat.<br />
Nach der jüngeren Judikatur des VwGH zählen nämlich<br />
auch einzelne Wirtschaftsgüter, deren Anschaffung oder Herstellung<br />
rein gesellschaftsrechtlich veranlasst ist 21) und die nicht<br />
der Einkommenserzielung der Kapitalgesellschaft dienen, nicht<br />
zu deren Betriebsvermögen. 22) Die Rechtsprechung leitet diese<br />
Folgerung – ohne Bezugnahme auf § 7 Abs 3 KStG – daraus<br />
ab, dass ungeachtet des Maßgeblichkeitsprinzips 23) durch § 7<br />
Abs 2 KStG die einkommensteuerlichen Vorschriften über die<br />
Gewinnermittlung in den Bereich der Körperschaftsteuer übernommen<br />
werden und daher die Betriebsvermögenseigenschaft<br />
von Wirtschaftsgütern in beiden Bereichen nach den gleichen<br />
Grundsätzen beurteilt werden müsse. 24) Ein Wirtschaftsgut,<br />
dessen Anschaffung rein gesellschaftsrechtlich veranlasst ist und<br />
das objektiv erkennbar gesellschaftsrechtlichen Zwecken dient,<br />
gehört solcherart nicht zum (gewillkürten) Betriebsvermögen,<br />
sondern als notwendiges Privatvermögen zum „steuerneutralen<br />
Vermögen“ der Kapitalgesellschaft. 25) Diese „Verschiebung“ in<br />
die „außerbetriebliche“ Sphäre aufgrund der Annahme von<br />
notwendigem Privatvermögen der Kapitalgesellschaft betraf<br />
bisher die – entgeltliche und unentgeltliche – Überlassung<br />
einer luxuriösen Penthousewohnung, 26) eines im attraktiven<br />
Erholungsgebiet gelegenen Einfamilienhauses, 27) einer mit<br />
persönlichen Gebrauchsgegenständen ausgestatteten Villa 28)<br />
sowie einer Seeliegenschaft mit Bungalow, Pförtner- und<br />
Bootshaus 29) an Gesellschafter; 30) ähnliche Erwägungen sollen<br />
aber offenbar auch <strong>für</strong> die Überlassung von „Luxuswirtschafts-<br />
20) Für eine Zusammenfassung der Diskussion siehe zuletzt Kofler, Die<br />
„außerbetriebliche Vermögenssphäre“ der Kapitalgesellschaft, in<br />
Urnik/Fritz-Schmied/Kanduth-Kristen (Hrsg), Steuerwissenschaften<br />
und betriebliches Rechnungswesen — Strukturen – Prinzipien – Neuerungen,<br />
FS Kofler (2009) 103 (103 ff).<br />
21) Zur Betonung des Veranlassungszusammenhanges siehe insbesondere<br />
Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004)<br />
131 f und 137 ff.<br />
22) Siehe zu dieser Rechtsprechungslinie insbesondere Bruckner, „Privatvermögen“<br />
einer Kapitalgesellschaft – Analyse und kritische<br />
Anmerkungen, ÖStZ 2003/233, 110 (110 ff); Stangl, Der VwGH zur<br />
außerbetrieblichen Sphäre von Kapitalgesellschaften, ÖStZ 2005/71,<br />
39 (39 ff); Wiesner, Außerbetriebliches Vermögen einer Kapitalgesellschaft<br />
auf dem Prüfstand, RWZ 2007/37, 129 (129 ff); Wiesner, Der<br />
außersteuerliche Bereich einer Kapitalgesellschaft im österreichischen<br />
und deutschen Abgabenrecht, RWZ 2007/103, 359 (359 ff); Urtz, Neueste<br />
VwGH-Judikatur: Die Privatsphäre von Kapitalgesellschaften, GeS<br />
2007, 390 (390 ff); Pröll, Außerbetriebliches Vermögen der Kapitalgesellschaft<br />
– Ertragsteuerliche Konsequenzen auf Gesellschafterebene,<br />
ÖStZ 2009/583, 288 (288 ff); ausführlich Stangl, Außerbetriebliche<br />
Sphäre 123 ff.<br />
23) Siehe nur Rz 613 KStR 2001; Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger,<br />
KStG 11 (2008) § 8 Tz 57.<br />
24) Siehe zB VwGH 20. 6. 2000, 98/15/0169, ÖStZB 2000/534, 653; ebenso<br />
zB UFS Linz 11. 7. 2003, RV/0603-L/02; UFS Klagenfurt 30. 5. 2005,<br />
RV/0404-K/02; UFS Graz 31. 1. 2006, RV/0408-G/04.<br />
25) So etwa VwGH 24. 6. 2004, 2001/15/0002, ÖStZB 2005/32, 57.<br />
26) VwGH 20. 6. 2000, 98/15/0169, ÖStZB 2000/534, 653.<br />
27) VwGH 24. 6. 2004, 2001/15/0002, ÖStZB 2005/32, 57.<br />
28) VwGH 30. 6. 2005, 2001/15/0081, ÖStZB 2006/5, 8.<br />
29) VwGH 26. 3. 2007, 2005/14/0091, ÖStZB 2007/481, 640.<br />
30) Vgl weiters UFS Linz 11. 7. 2003, RV/0603-L/02; UFS Wien 22. 7. 2003,<br />
RV/402-W/02, RV/403-W/02; UFS Klagenfurt 30. 5. 2005, RV/0404-<br />
K/02. Siehe zur Anmietung einer Liegenschaft durch die Gesellschaft<br />
auch UFS Graz 31. 1. 2006, RV/0408-G/04, und VwGH 19. 4. 2007,<br />
2005/15/0020, ÖStZB 2007/475, 635. Zu Mietverhältnissen zwischen<br />
Privatstiftung und Stiftern siehe UFS Linz 24. 8. 2007, RV/0540-L/04,<br />
und UFS Wien 18. 1. 2008, RV/0743-W/07.<br />
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459
460 ÖStZ 1. Oktober/Nr. 19 Artikel-Nr. 916 Steuerrecht aktuell<br />
gütern“ wie zB Yachten, 31) Sportwagen, 32) Schwimmbädern,<br />
Pferden etc 33) gelten. 34)<br />
Grafik 3<br />
Befriedigung privater Bedürfnisse – Nach der jüngeren Judikatur des<br />
VwGH zählen Wirtschaftsgüter, deren Anschaffung oder Herstellung<br />
rein gesellschaftsrechtlich veranlasst ist, zur „außerbetrieblichen Sphäre“<br />
der Kapitalgesellschaft. Dies wirft eine Reihe von Zweifelsfragen und<br />
systematischen Bedenken auf.<br />
Diese Sichtweise ist nicht grundsätzlich neu 35) und womöglich<br />
auch ein origineller Versuch, der Zwischenschaltungsproblematik<br />
Herr zu werden. Dennoch steht sie zunächst in<br />
einem unklaren Verhältnis zum Konzept des gewillkürten<br />
Betriebsvermögens, 36) zur Anwendung des Missbrauchstatbestands<br />
37) sowie zur gefestigten Rechtsprechung, dass bei der<br />
Überlassung von Wirtschaftsgütern an den Gesellschafter im<br />
Normalfall lediglich das Nutzungsentgelt über das Instrument<br />
der verdeckten Ausschüttung auf ein fremdübliches Maß anzuheben<br />
ist, das Wirtschaftsgut aber prinzipiell dem Betriebsvermögen<br />
der Gesellschaft zugeordnet bleibt. 38) Unklar ist überdies,<br />
31) Dazu das Beispiel bei Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG<br />
(1996) § 8 Anm 18; siehe auch VwGH 9. 7. 2008, 2005/13/0020, ÖStZB<br />
2009/117, 106 (betreffend eine im zivilrechtlichen Eigentum des Gesellschafters<br />
stehende Yacht).<br />
32) UFS Graz 11. 3. 2008, RV/0137-G/07; dies ablehnend Mayr/Treer in<br />
Mayr/Treer, Der Salzburger Steuerdialog 2008, ÖStZ Spezial (2008)<br />
11 f.<br />
33) Rz 819 KStR 2001 nennt neben der „Luxuswohnung <strong>für</strong> den Gesellschafter-Geschäftsführer“<br />
auch die Anschaffung oder Herstellung von<br />
„Schwimmbädern, Sauna, Sportanlagen, Pferden“.<br />
34) Kritisch zu einer schrankenlosen Verallgemeinerung Stangl, Außerbetriebliche<br />
Sphäre 155 ff.<br />
35) Siehe Wiesner, Körperschaftsteuerrechtliche Einlagen und Entnahmen,<br />
in Doralt/Hassler/Kranich/Nolz/Quantschnigg (Hrsg), Die Besteuerung<br />
der Kapitalgesellschaft, FS Bauer (1986) 349 (352 f), und<br />
das Yachtbeispiel bei Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG § 8<br />
Anm 18; ebenso Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG 5 (1997)<br />
§ 8 Tz 66, Stichwort „Dienstwohnung“.<br />
36) Dazu ausführlich Urtz, GeS 2007, 390 (401 f).<br />
37) Siehe zur Anwendung des § 22 BAO im Hinblick auf die Überlassung<br />
eines von den Gesellschaftern gemieteten Einfamilienhauses<br />
als Dienstwohnung zB VwGH 29. 11. 1988, 87/14/0200, ÖStZB 1989,<br />
174; vgl auch VwGH 18. 1. 1983, 82/14/0092, 0097, ÖStZB 1983, 307.<br />
Auch im Erk vom 30. 6. 2005, 2001/15/0081, ÖStZB 2006/5, 8 (zu einer<br />
mit persönlichen Gebrauchsgegenständen ausgestatteten Villa), wies<br />
der VwGH zusätzlich darauf hin, dass sich der angefochtene Bescheid<br />
„jedenfalls schon im Grunde der Missbrauchsbestimmung des § 22<br />
BAO als tragfähig begründet erweist“.<br />
38) Siehe zB VwGH 20. 1. 1981, 2230, 2380/79, ÖStZB 1982, 44 (zur Überlassung<br />
eines Firmen-Pkw zur Privatnutzung); VwGH 20. 4. 1982,<br />
81/14/0120, ÖStZB 1983, 31 (zur Überlassung einer luxuriösen Villa an<br />
den Gesellschafter-Geschäftsführer); VwGH 17. 2. 1993, 89/14/0248,<br />
ÖStZB 1993, 470 (zur Überlassung einer Wohnung im Betriebsgebäude);<br />
VwGH 10. 5. 1994, 90/14/0050, ÖStZB 1995, 19 (zur Überlassung<br />
eines Einfamilienhauses „der ‚Luxus‘-Kategorie“); vgl auch VwGH<br />
in welchen Fällen von dieser „traditionellen“ Sichtweise abgewichen<br />
werden soll und bereits an der Wurzel „außerbetriebliches“<br />
Vermögen anzunehmen ist. In der jüngeren Rechtsprechung<br />
scheint diese Frage eine vorläufige Konkretisierung dahin gehend<br />
gefunden zu haben, dass das betreffende Wirtschaftsgut<br />
schon seiner Erscheinung nach <strong>für</strong> die private Nutzung des<br />
Gesellschafters bestimmt sein muss; 39) dies soll bei Wohnobjekten<br />
insbesondere dann der Fall sein, wenn das Wohnobjekt<br />
„ besonders repräsentativ “ oder „ speziell auf die Wohnbedürfnisse des<br />
Gesellschafters abgestellt “ ist, 40) wobei zusätzlich auf die sonstige<br />
Tätigkeit der Kapitalgesellschaft Bedacht zu nehmen sei. 41) Das<br />
Verneinen der Betriebsvermögenseigenschaft könne jedoch „ nur<br />
in besonders gelagerten Fällen “ greifen, 42) vor allem, „ wenn es<br />
sich um Objekte handelt, die realistischerweise nicht fremdüblich<br />
vermietbar sind ”. 43)<br />
Zweifelsohne ist diese Grenzziehung mit erheblichen Problemen<br />
belastet. 44) Sollte aber im Einzelfall ein Wirtschaftsgut<br />
„ nur eine gesellschaftliche und keine betriebliche Veranlassung “<br />
haben, 45) wird von Rechtsprechung und Verwaltungspraxis offenbar<br />
davon ausgegangen, dass das Wirtschaftsgut „ unabhängig<br />
von der Frage, ob das Nutzungsentgelt fremdüblich ist oder nicht “, 46)<br />
aus der „ einkünfterelevanten Sphäre “ ausscheide 47) und in den<br />
„ außerbetrieblichen Bereich “ „ verschoben “ werde. 48) Ist diesfalls<br />
ein Wirtschaftsgut dieser „außerbetrieblichen“ Sphäre zuzuordnen,<br />
kann es auf Ebene der Gesellschaft aber denklogisch zu<br />
keiner verdeckten Ausschüttung kommen. 49) Insofern ergeben<br />
sich auch asymmetrische steuerliche Konsequenzen: Auf Ebene<br />
16. 5. 2007, 2005/14/0083, ÖStZB 2008/73, 76, und Rz 819 KStR 2001;<br />
generell <strong>für</strong> diese Lösung Stangl, Außerbetriebliche Sphäre 138 f,<br />
sowie in ÖStZ 2005/71, 39 (41 f).<br />
39) Siehe auch Rz 819 KStR 2001.<br />
40) VwGH 16. 5. 2007, 2005/14/0083, ÖStZB 2008/73, 76; UFS Wien 5. 6.<br />
2008, RV/0719-W/05; ebenso Rz 819 KStR 2001. Vgl demgegenüber<br />
noch VwGH 20. 6. 2000, 98/15/0169, ÖStZB 2000/534, 653, UFS Linz<br />
11. 7. 2003, RV/0603-L/02, und UFS Graz 31. 1. 2006, RV/0408-G/04,<br />
wo darauf abgestellt wurde, ob eine vergleichbare Dienstwohnung<br />
auch <strong>für</strong> einen fremden Arbeitnehmer angeschafft würde.<br />
41) Siehe Zorn, VwGH neuerlich zu Privatvermögen einer GmbH, RdW<br />
2007/647, 620 (621), und andeutungsweise VwGH 26. 3. 2007,<br />
2005/14/0091, ÖStZB 2007/481, 640; wohl anders Pkt 2.4 des Salzburger<br />
Steuerdialogs 2008 – ESt/KSt/UmgrSt (BMF-010216/0155-VI/6/2008),<br />
wonach es „<strong>für</strong> die Zuordnung eines Wirtschaftsgutes zum betrieblichen<br />
bzw. außerbetrieblichen Bereich […] nicht von Bedeutung sein<br />
[kann], welchen Betriebsgegenstand die Kapitalgesellschaft hat“.<br />
42) Zorn, RdW 2007/647, 620 (621); ebenso Wiesner, RWZ 2007/37, 129<br />
(132) („Extremfälle“); Pkt 7 des KSt-Protokolls 2005 (BMF-010216<br />
/0086-IV/6/2005), AÖF 2005/272 („nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen“);<br />
siehe auch Pkt 2.4 des Salzburger Steuerdialogs 2008 –<br />
ESt/KSt/UmgrSt („nur in Ausnahmefällen“).<br />
43) Pkt 2.4 des Salzburger Steuerdialogs 2008 – ESt/KSt/UmgrSt, abgedruckt<br />
in Mayr/Treer, Steuerdialog, ÖStZ Spezial (2008) 9 ff; ebenso<br />
Rz 819 KStR 2001, wonach zu fragen sei, ob das Wirtschaftsgut „jederzeit<br />
im betrieblichen Geschehen der Kapitalgesellschaft (zB durch<br />
Vermietung) eingesetzt werden” könne. Überschießend daher wohl<br />
UFS Graz 11. 3. 2008, RV/0137-G/07 (zu einem Sportwagen), und dies<br />
dementsprechend ablehnend Mayr/Treer in Mayr/Treer, Steuerdialog,<br />
ÖStZ Spezial (2008) 11 f. Insofern wurde auch vorgeschlagen, die<br />
Grenze danach zu ziehen, dass die Gesellschaft entweder „praktisch<br />
zur Gänze ihren Zweck in der Befriedigung der Gesellschafterinteressen“<br />
hat oder „im Vergleich zu ihrer operativen Funktion und Größe<br />
ungewöhnliche Investitionen im Gesellschafterinteresse“ tätigt, „die<br />
ohne Gesellschafterinteresse nicht getätigt worden wären“; siehe<br />
Wiesner, RWZ 2007/37, 129 (132).<br />
44) Siehe nur Stangl, Außerbetriebliche Sphäre 137 ff; Urtz, GeS 2007,<br />
390 (400 ff); <strong>für</strong> einen Operationalisierungsversuch siehe Rauscher,<br />
UFS und Mietverhältnisse zwischen Kapitalgesellschaften und Gesellschaftern<br />
zu Wohnzwecken, UFS Journal 2008, 76 (76 ff).<br />
45) Rz 819 KStR 2001.<br />
46) Pkt 2.4 des Salzburger Steuerdialogs 2008 – ESt/KSt/UmgrSt; siehe<br />
auch Rz 819 KStR 2001.<br />
47) Siehe zB Rz 919 KStR 2001; Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger,<br />
KStG 11 , Anh zu § 8, Stichwort „Dienstwohnung“.<br />
48) Pkt 2.4 des Salzburger Steuerdialogs 2008 – ESt/KSt/UmgrSt.<br />
49) Siehe zB Bruckner, ÖStZ 2003/233, 110 (112 f); Stangl, Außerbetriebliche<br />
Sphäre 153; Urtz, GeS 2007, 390 (400).<br />
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Steuerrecht aktuell ÖStZ 1. Oktober/Nr. 19 Artikel-Nr. 916<br />
der Kapitalgesellschaft soll es zunächst ausgabenseitig zu einer<br />
Versagung von AfA, Investitionsbegünstigungen, Zinsaufwand<br />
etc kommen; 50) einnahmenseitig unterbleiben hingegen sowohl<br />
der Ansatz des tatsächlichen Mietzinses als Betriebseinnahme 51)<br />
als auch eine Erfassung der Differenz zwischen fremdüblichem<br />
und tatsächlichem Nutzungsentgelt als fiktive Einnahme. 52)<br />
Nach hA soll aber überdies das Wirtschaftsgut in einer „außerbetrieblichen“<br />
Sphäre der Gesellschaft verbleiben und zB<br />
im Falle einer Veräußerung innerhalb der Spekulationsfrist zu<br />
Einkünften iSd § 30 EStG führen. 53) Auf der Ebene des Gesellschafters<br />
gehen die bisherige Verwaltungspraxis, 54) <strong>Teil</strong>e des<br />
Schrifttums 55) und auch die Rechtsprechung 56) hingegen von<br />
einer verdeckten Ausschüttung „an der Wurzel“ 57) aus, wobei<br />
auf Seiten des Vorteilsempfängers eine Ausschüttung nur in<br />
Höhe der Differenz zwischen dem fremdüblichen und dem<br />
tatsächlich gezahlten Nutzungsentgelt anzunehmen sei. 58) Diese<br />
Vorgehensweise wurde gleichsam kritisiert und eine Gleichschaltung<br />
der steuerlichen Konsequenzen auf Gesellschafts- und<br />
Gesellschafterebene gefordert. 59) Diesen Weg scheint letztlich<br />
auch die jüngere Verwaltungspraxis beschreiten zu wollen, wenn<br />
die Konsequenz einer Zuordnung „zum außerbetrieblichen<br />
Bereich“ der Gesellschaft darin gesehen wird, dass es zur vollen<br />
verdeckten Ausschüttung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten<br />
an den Gesellschafter kommt. 60)<br />
50) UFS Linz 11. 7. 2003, RV/0603-L/02; ebenso Pernegger, „Dienstwohnung“<br />
und außerbetriebliche Sphäre, ÖStZ 2002/168, 87 (89 ff); Bruckner,<br />
ÖStZ 2003/233, 110 (114); Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger,<br />
KStG 11 , Anh zu § 8, Stichwort „Dienstwohnung“; Pröll,<br />
ÖStZ 2009/583, 288 (292); siehe auch das Yachtbeispiel bei Wiesner/<br />
Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG § 8 Anm 18.<br />
51) UFS Linz 11. 7. 2003, RV/0603-L/02; UFS Graz 31. 1. 2006, RV/0408-<br />
G/04.<br />
52) VwGH 20. 6. 2000, 98/15/0169, ÖStZB 2000/534, 653; UFS Linz<br />
11. 7. 2003, RV/0603-L/02. Solcherart bleiben auch entgangene Erträge<br />
aus Alternativveranlagungen unberücksichtigt; dazu Bruckner, ÖStZ<br />
2003/233, 110 (114); Stangl, Außerbetriebliche Sphäre 162 f.<br />
53) Rz 611 und Rz 613 KStR 2001; Pkt 2.4 des Salzburger Steuerdialogs<br />
2008 – ESt/KSt/UmgrSt; ebenso zB Renner in Quantschnigg/Renner/<br />
Schellmann/Stöger, KStG 11 , § 8 Tz 61; Pröll, ÖStZ 2009/583, 288 (293 f).<br />
Konsequenterweise müssten dann im Falle der Vermietung an den<br />
Gesellschafter aber auch die Grundsätze der Einkünfte aus Vermietung<br />
nach § 28 EStG schlagend werden (dh zB Vermietungseinkünfte der<br />
Gesellschaft im Ausmaß der tatsächlichen Nutzungsentgelte und AfA<br />
im außerbetrieblichen Bereich). Sowohl im Hinblick auf Spekulations-<br />
wie auch auf Vermietungseinkünfte würde sich dann jedoch die Frage<br />
aufwerfen, welche Auswirkung die Transformationsvorschrift des § 7<br />
Abs 3 KStG hat (siehe zB Bruckner, ÖStZ 2003/233, 110 [114 m FN 40],<br />
und ausf Stangl, Außerbetriebliche Sphäre 150 f; Urtz, GeS 2007, 390<br />
[398 f]). Freilich stößt schon die grundsätzliche Folgerung außerbetrieblicher<br />
Einkünfte im Lichte der Rechtsprechung auf Zweifel,<br />
zumal der VwGH offenbar davon ausgeht, dass die Zuordnung zur<br />
„außerbetrieblichen“ Sphäre im Wesentlichen dieselben Rechtsfolgen<br />
wie Liebhaberei zeitigen soll, lehnt er doch in diesen Fällen eine<br />
gesonderte Liebhabereiprüfung ausdrücklich ab; siehe VwGH 24. 6.<br />
2004, 2001/15/0002, ÖStZB 2005/32, 57.<br />
54) Rz 919 und Rz 1042 KStR 2001.<br />
55) Pernegger, ÖStZ 2002/168, 87 (90); Bruckner, ÖStZ 2003/233, 110 (114);<br />
Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG 11 , Anh zu<br />
§ 8, Stichwort „Dienstwohnung“.<br />
56) VwGH 20. 6. 2000, 98/15/0169, ÖStZB 2000/534, 653; UFS Linz 11. 7.<br />
2003, RV/0603-L/02; siehe auch UFS Graz 31. 1. 2006, RV/0408-G/04.<br />
57) Siehe Zorn, RdW 2007/647, 620 (621); Renner in Quantschnigg/Renner/<br />
Schellmann/Stöger, KStG 11 , Anh zu § 8, Stichwort „Dienstwohnung“<br />
58) Siehe zB Pröll, ÖStZ 2009/583, 288 (292); zur Bewertung siehe Stangl,<br />
Außerbetriebliche Sphäre 154 f; Renner in Quantschnigg/Renner/<br />
Schellmann/Stöger, KStG 11 ,Anh zu § 8, Stichwort „Dienstwohnung“<br />
mwN.<br />
59) Siehe Wiesner, RWZ 2007/37, 129 (130); Wiesner, RWZ 2007/103, 359<br />
(361); Pröll, Einfamilienhaus: Verdeckte Gewinnausschüttung „an der<br />
Wurzel“ in Höhe der Anschaffungs- bzw Herstellungskosten, UFS 2007,<br />
336 (338 f); Wiesner, KESt-Bemessungsgrundlage bei außerbetrieblichem<br />
Vermögen von Kapitalgesellschaften, RWZ 2008/69, 255 (255 f);<br />
in diese Richtung womöglich nunmehr VwGH 9. 7. 2008, 2005/13/0020,<br />
ÖStZB 2009/117, 106 (betreffend eine im zivilrechtlichen Eigentum<br />
des Gesellschafters stehende Yacht).<br />
60) Siehe Pkt 2.4 des Salzburger Steuerdialogs 2008 – ESt/KSt/UmgrSt:<br />
„Wenn die Errichtung fremdfinanziert ist (zB Kredit 2 Mio Euro und<br />
Selbst wenn man aus dogmatischer Sicht von den grundsätzlichen<br />
Bedenken gegen die veranlassungstheoretische Zuordnung<br />
von einzelnen Wirtschaftsgütern zum „außerbetrieblichen“ Bereich<br />
und der dadurch heraufbeschworenen komplexen Abgrenzungsproblematik<br />
zur „traditionellen“ Lösung über das<br />
<strong>Institut</strong> der verdeckten Ausschüttung absieht, 61) kann die von der<br />
jüngeren Verwaltungspraxis angedachte „Mischlösung“ letztlich<br />
nicht überzeugen. Denn diese geht davon aus, dass es einerseits<br />
zu einer vollen (wertmäßigen) Ausschüttung des Wirtschaftsguts<br />
an den Gesellschafter kommt, dieses andererseits aber im<br />
„außerbetrieblichen“ Bereich der Gesellschaft verbleibt. Will<br />
man aber wegen des speziellen Zuschnitts des Wirtschaftsguts<br />
auf den Gesellschafter von einer „Vollausschüttung“ ausgehen,<br />
würde dies schlichtweg implizieren, dass auch das wirtschaftliche<br />
Eigentum – wie im Falle eines Spezialleasings 62) – auf den Gesellschafter<br />
übergeht. 63) Wird aber das Wirtschaftsgut steuerlich<br />
dem Gesellschafter zugerechnet, so kann es sich steuerlich nicht<br />
mehr in einer wie auch immer gearteten „außerbetrieblichen“<br />
Sphäre der Gesellschaft befinden: Entweder das Gebäude verbleibt<br />
in der betrieblichen Sphäre der Kapitalgesellschaft und<br />
die fremdunüblichen Mietentgelte werden im Sinne der traditionellen<br />
Rechtsprechung im Wege einer verdeckten Ausschüttung<br />
angepasst, oder es wird dem Gesellschafter zugerechnet und<br />
führt bei der Gesellschaft aufgrund des Ausscheidens aus ihrer<br />
steuerlichen Sphäre zu keinen nachgelagerten Steuerfolgen im<br />
Veräußerungsfall; 64) lediglich tatsächlich geleistete Nutzungsentgelte<br />
wären sodann als verdeckte Einlagen zu beurteilen. 65)<br />
Eine von der „Mischlösung“ unterstellte Verschiebung in den<br />
„außerbetrieblichen“ Bereich würde überdies das in § 9 Abs 3<br />
UmgrStG zum Ausdruck kommende gesetzliche Konzept aushöhlen,<br />
wonach ein Wirtschaftsgut offenbar entweder dem<br />
Betriebsvermögen der Gesellschaft oder dem notwendigen Privatvermögen<br />
des Gesellschafters zuzuordnen sein soll. 66) Es spricht<br />
daher vieles da<strong>für</strong>, die vom VwGH aufgeworfenen Fragen rund<br />
um die verdeckte Ausschüttung „an der Wurzel“ nach einem<br />
„Entweder-Oder-Prinzip“ zu lösen. Diesfalls würden sich auch<br />
Folgefragen etwa im Hinblick auf die Überführung zwischen<br />
den verschiedenen Sphären der Gesellschaft im Entnahme- und<br />
Einlagewege nach § 4 Abs 1 EStG erübrigen, was wohl auch der<br />
Intention des historischen Gesetzgebers entspricht. 67)<br />
1 Mio Euro Eigenmittel), führt dies zur sofortigen verdeckten Ausschüttung<br />
der Eigenmittel (= 1 Mio Euro). Die Kreditrückzahlungen<br />
(Tilgungen und Zinsen) führen in der Folge zu verdeckten Ausschüttungen.“<br />
Siehe auch Pröll, ÖStZ 2009/583, 288 (292 f).<br />
61) Dazu Stangl, Außerbetriebliche Sphäre 132 ff.<br />
62) Siehe Rz 137 und 141 EStR 2000 und <strong>für</strong> die konkrete Situation diese<br />
Analogie bejahend Pröll, UFS 2007, 336 (338 ff).<br />
63) Dazu Kofler in FS Kofler 103 (116 ff); siehe auch die Anmerkung von<br />
Mayr/Treer zu Pkt 2.4 des Salzburger Steuerdialogs 2008 – ESt/KSt/<br />
UmgrSt in Mayr/Treer, Steuerdialog, ÖStZ Spezial (2008) 11 f.<br />
64) Siehe auch die Anmerkung von Mayr/Treer in Mayr/Treer, Steuerdialog,<br />
ÖStZ Spezial (2008) 11 f.<br />
65) Rz 1042 KStR 2001.<br />
66) Dazu zB Urtz in Gassner/Göth/Gröhs/Lang, Privatstiftungen (2000) 297<br />
(303 f).<br />
67) Nach ErlRV 622 BlgNR 17. GP, 17, kann der „Entnahme-Einlagentatbestand<br />
des § 4 Abs. 1 EStG […] im Körperschaftsteuerrecht nur dort<br />
Bedeutung haben, wo eine außerbetriebliche Ebene der Körperschaft<br />
denkbar ist“, wobei beispielhaft lediglich der – im Vergleich zur Kapitalgesellschaft<br />
wirtschaftlich weniger bedeutende – Verein, der „ein<br />
Wirtschaftsgut aus dem Vereinsvermögen in seinen Betrieb einbringt<br />
oder aus dem Betriebsvermögen entnimmt“, Erwähnung findet. Daraus<br />
ließe sich umgekehrt folgern, dass bei Kapitalgesellschaften der<br />
Entnahmetatbestand nicht zur Anwendung kommen soll (siehe dazu<br />
auch Urtz in Gassner/Göth/Gröhs/Lang 297 [302]). Hingewiesen sei<br />
auch darauf, dass sich der BFH im Hinblick auf das Verneinen einer<br />
außerbetrieblichen Sphäre auch auf das Mangeln von körperschaftsteuerlichen<br />
Vorschriften zur Überführung von Wirtschaftsgütern<br />
zwischen dem betrieblichen und dem außerbetrieblichen Bereich<br />
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461
462 ÖStZ 1. Oktober/Nr. 19 Artikel-Nr. 916 Steuerrecht aktuell<br />
Die Zwischenschaltung von Kapitalgesellschaften zur Verlagerung<br />
dem Wesen nach privaten Aufwendungen in eine steuerlich<br />
relevante Sphäre hat nicht bloß eine ertragsteuerrechtliche<br />
Dimension, sie betrifft auch die Umsatzsteuer: Gilt ein Wirtschaftsgut<br />
als <strong>für</strong> das Unternehmen ausgeführt, so besteht das<br />
Recht auf Vorsteuerabzug. Ein Ziel jeder Steuerplanung liegt<br />
daher in der Maximierung des Rechts zum Vorsteuerabzug.<br />
Gerade in den Bereichen, in denen zwischen betrieblich und<br />
gesellschaftsrechtlich veranlasster Verwendung von Wirtschaftsgütern<br />
zu unterscheiden ist, ist die ertragsteuerrechtliche Beurteilung<br />
in Österreich auch <strong>für</strong> das Recht auf Vorsteuerabzug von<br />
Bedeutung. Nach § 12 Abs 2 Z 2 lit a UStG gelten Lieferungen,<br />
sonstige Leistungen und Einfuhren nicht als <strong>für</strong> das Unternehmen<br />
ausgeführt, wenn deren Entgelte überwiegend keine<br />
abzugsfähigen Aufwendungen iSd §§ 8 Abs 2 und 12 Abs 1 Z 1<br />
bis 5 KStG sind. Die Überlassung von privatem Wohnraum<br />
durch eine Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter zählt im<br />
Fall der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung zur Einkommensverwendung<br />
iSd § 8 Abs 2 KStG und führt daher nach der Rsp<br />
des VwGH zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug. 68) Damit hat<br />
die Zuordnung eines Wirtschaftsguts zur außerbetrieblichen<br />
Sphäre der Gesellschaft auch umsatzsteuerrechtliche Bedeutung.<br />
Würde man die hier in Frage stehenden Fälle der Verlagerung<br />
privat veranlasster Aufwendungen in den betrieblichen Bereich,<br />
wie vorgeschlagen, nach den Grundsätzen über das Spezialleasing<br />
lösen, so wäre der Vorsteuerabzug wegen von vornherein<br />
fehlender Ausfuhr <strong>für</strong> unternehmerische Zwecke bereits nach<br />
§ 12 Abs 2 Z 1 UStG ausgeschlossen. Im Übrigen hängt aber<br />
die umsatzsteuerrechtliche Lösung nicht notwendigerweise von<br />
der ertragsteuerrechtlichen Beurteilung des Sachverhalts ab: In<br />
Betracht käme, den Vorsteuerabzug außerhalb des Anwendungsbereichs<br />
von § 12 Abs 2 Z 2 lit a UStG wegen Missbrauchs<br />
auszuschließen (siehe dazu später). 69)<br />
3. Internationale Steuerplanung<br />
3.1. Die passive Zwischengesellschaft im Ertragsteuerrecht<br />
Zum Standardrepertoire der internationalen Konzernsteuerplanung<br />
gehört die Nutzung von Steuergefällen und Abkommensvorteilen<br />
durch die Einschaltung von ausländischen<br />
Gesellschaften. Solche Gestaltungen werden freilich von der<br />
Finanzverwaltung auch unter Missbrauchsgesichtspunkten kritisch<br />
beäugt. Nachdem der VwGH bereits vor einigen Jahren<br />
in seinen beiden Erkenntnissen zum Treaty Shopping 70) mit der<br />
einer Kapitalgesellschaft stützt; siehe BFH 4. 12. 1996, I R 54/95, BFHE<br />
182, 123; BFH 22. 8. 2007, I R 32/06, BStBl 2007 II 961.<br />
68) VwGH 26. 3. 2007, 2005/14/0091, ÖStZB 2007/481, 640. Der VwGH<br />
begründet ausführlich, warum § 12 Abs 2 Z 2 lit a UStG mit den Vorgaben<br />
der MwSt-Syst-RL als zum Zeitpunkt des Beitritts Österreichs<br />
zur EU bereits bestehende Vorsteuerausschlussbestimmung mit dem<br />
Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Diese Auffassung wurde nun wohl<br />
durch EuGH 23. 4. 2009, C-460/07, Puffer, und das darauf ergangene<br />
Erkenntnis des VwGH 24. 6. 2009, 2004/15/0104, bestätigt. § 12 Abs 2<br />
Z 2 lit a UStG iVm §§ 8 Abs 2 und 12 Abs 1 Z 1 bis 5 KStG dürfte auch<br />
vor dem Hintergrund der jüngeren Rechtsprechung des EuGH zum<br />
nichtwirtschaftlichen Bereich von Unternehmern gemeinschaftsrechtlich<br />
unbedenklich sein (vgl EuGH 12. 2. 2009, C-515/07, VNLTO; EuGH<br />
13. 3. 2008, C-437/06, Slg 2008, I-1597, Securenta). Siehe allgemein<br />
zu ??? dieser Diskussion zB auch Pernegger, ÖStZ 2002/168, 87 (89);<br />
kritisch Stangl, Außerbetriebliche Sphäre 178 ff, und in ÖStZ 2005/71,<br />
39 (43 f).<br />
69) Vgl BMF, Umsatzsteuerprotokoll über den Salzburger Steuerdialog<br />
2008, BMF-010219/0416-VI/4/2008.<br />
70) VwGH 10. 12. 1997, 93/13/0185, ÖStZB 1998, 568, und VwGH 26. 7.<br />
2000, 97/14/0070, ÖStZB 2001/57.<br />
Frage des „Einkaufens“ in günstige Abkommensbeziehungen<br />
befasst war, stand in den vergangenen Jahren in zahlreichen<br />
Erkenntnissen die „Abschirmwirkung“ zwischengeschalteter<br />
Auslandsgesellschaften zur Diskussion. 71) Auch die intensive<br />
Diskussion dieser Fragestellungen im Schrifttum ist ungebrochen.<br />
72) Die grundlegende „Konstruktion“ läuft hier vielfach<br />
darauf hinaus, dass steuerpflichtige Erträge (zB Zinsen) durch<br />
die Auslagerung der Einkunftsquelle auf eine Zwischengesellschaft<br />
in das niedrig oder nicht besteuernde Ausland in steuerfreie<br />
Beteiligungserträge – nach § 10 KStG oder auf Basis eines<br />
abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs – „transformiert“<br />
werden sollen.<br />
Die Befreiungen nach § 10 Abs 1 Z 5 bis 7 KStG erfassen zwar<br />
grundsätzlich auch Ausschüttungen von Auslandsgesellschaften,<br />
die ausschließlich zur Vermögensanlage oder als Holding genutzt<br />
werden. In Extremfällen kann aber zunächst fraglich sein,<br />
welchem Steuersubjekt die Einkünfte auf Basis der allgemeinen<br />
Zurechnungsdogmatik oder auf Basis der Missbrauchsbestimmung<br />
des § 22 BAO zuzurechnen sind. 73) Aus § 10 Abs 4 und<br />
Abs 5 lässt sich immerhin ableiten, dass bloße Passivität und<br />
Niedrigbesteuerung <strong>für</strong> sich alleine die Zurechnungsträgereigenschaft<br />
der Auslandstochter nicht in Frage stellen, 74) setzt<br />
doch der Methodenwechsel diese voraus. 75) Die Möglichkeit der<br />
Versagung des internationalen Schachtelprivilegs auf Basis des<br />
§ 22 BAO ist jedoch mittlerweile gesicherte Rechtsprechung.<br />
Auch die Frage, ob ein „Durchgriff“ auf Basis der – außentheoretisch<br />
verstandenen 76) – Missbrauchsbestimmung des § 22<br />
71) Siehe zB VwGH 9. 12. 2004, 2002/14/0074, ÖStZB 2005/460 = ecolex<br />
2005/153 m Anm Kofler = GeS 2005, 175 m Anm Stieglitz = IStR 2005,<br />
206 m Anm Schmidt = RWZ 2005/4, 9 m Anm Wiesner (Dublin Docks I);<br />
VwGH 19. 1. 2005, 2000/13/0176, ÖStZB 2005/308 = GeS 2005, 220 m<br />
Anm Stieglitz (Hong Kong); VwGH 10. 8. 2005, 2001/13/0018, ÖStZB<br />
2006/65, 86 (Dublin Docks II); VwGH 22. 9. 2005, 2001/14/0188, ÖStZB<br />
2006/195, 249 (Jersey I); VwGH 18. 10. 2006, 2003/13/0031, ÖStZB<br />
2007/298, 401 (Guernsey I); VwGH 29. 11. 2006, 2003/13/0026, ÖStZB<br />
2007/282, 379 (Luxemburg); VwGH 24. 7. 2007, 2007/14/0029, ÖStZB<br />
2007/520, 704 (Jersey II); VwGH 3. 9. 2008, 2007/13/0031, ÖStZB<br />
2009/174, 161 (Guernsey II).<br />
72) Siehe zB Fraberger, Briefkastengesellschaften im internationalen Steuerrecht<br />
– praktische Probleme mit der Zurechnung von Einkünften<br />
und wirtschaftlichem Eigentum, in Albeseder/Manhartsgruber/Roth/<br />
Schmidl/Spritzey (Hrsg), Wirtschaft Steuer Recht, FS Wundsam (2003)<br />
347 (347 ff); Kofler, Dublin Docks Gesellschaften zwischen Missbrauch<br />
und Gemeinschaftsrecht, RdW 2005/859, 786 (786 ff); Lang, VwGH<br />
zur Anwendung des § 22 BAO auf irische IFSC-Gesellschaften, SWI<br />
2005, 67 (67 ff); Loukota, Einschaltung ausländischer Basisgesellschaften,<br />
SWI 2005, 205 (205 ff); Tumpel, Steuerumgehung im DBA-Recht<br />
und EG-Grundfreiheiten, in Lang/Jirousek (Hrsg), Praxis des internationalen<br />
Steuerrechts, FS Loukota (2005) 585 (585 ff); Bendlinger,<br />
Die Holdinggesellschaft im Fadenkreuz der Finanzverwaltung, ÖStZ<br />
2007/1224, 593 (593 ff); Zorn, Die Zurechnung von Einkünften unter<br />
dem Aspekt der Zwischenschaltung von Auslandsgesellschaften, in<br />
Beiser/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Ertragsteuern in Wissenschaft<br />
und Praxis, FS Doralt (2007) 527 (527 ff); Bendlinger, Steueroasen<br />
und Offshore-Strukturen, in Hammerschmied (Hrsg), Steuerberatung<br />
und Wirtschaftsprüfung in Europa, FS Brogyányi (2008) 525 (525 ff);<br />
Lechner, Steuerliche Anerkennung ausländischer Gesellschaften, in FS<br />
Brogyányi 513 (513 ff); Stieglitz, § 22 BAO und Gemeinschaftsrecht.<br />
Kritik der Rechtsprechung des VwGH zum Einsatz von Auslandsgesellschaften<br />
in Niedrigsteuerländern, in Fraberger/Baumann/Plott/Waitz-<br />
Ramsauer (Hrsg), Handbuch Konzernsteuerrecht (2008) 485 (485 ff);<br />
Novacek, Der steuerliche Missbrauch und das Gemeinschaftsrecht,<br />
ÖStZ 2009/532, 265 (265 ff).<br />
73) Dazu Kofler in IFA (Hrsg), Conflicts in the Attribution of Income to a<br />
Person, CDFI 92b (2007) 85 (87 ff mwN).<br />
74) Kofler in IFA, CDFI 92b (2007) 85 (88).<br />
75) Ist aber nicht die ausländische Gesellschaft, sondern zB direkt die<br />
inländische Muttergesellschaft Zurechnungssubjekt, finden freilich<br />
auch die Befreiungen nach § 10 Abs 1 Z 5 bis 7 und der Methodenwechsel<br />
des § 10 Abs 4 bis 6 auf die – sodann keinen ertragsteuerlichen<br />
Vorgang darstellenden – „Ausschüttungen“ der Tochtergesellschaft<br />
keine Anwendung; Rz 581 KStR 2001; EAS 1881 = SWI 2001, 370 = ÖStZ<br />
2001/1006, 515; siehe auch Fraberger in FS Wundsam 347 (370).<br />
76) Siehe zusammenfassend zum Meinungsstreit rund um die Innen- und<br />
Außentheorie Kofler, Die steuerliche Abschirmwirkung ausländischer<br />
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Steuerrecht aktuell ÖStZ 1. Oktober/Nr. 19 Artikel-Nr. 916<br />
BAO auch im Geltungsbereich der EG-Grundfreiheiten und<br />
der Mutter-Tochter-RL zulässig ist, wurde vom VwGH – ohne<br />
Einholung einer Vorabentscheidung – bejaht; 77) ebenso, dass<br />
der Anwendung des § 22 BAO ein allfälliges DBA nicht entgegensteht.<br />
78)<br />
Grafik 4<br />
Die „passive“ Zwischengesellschaft – Die Rechtsprechung war wiederholt<br />
mit der Einschaltung „passiver“ Auslandsgesellschaften im<br />
niedrig besteuernden Ausland befasst. Als missbräuchlich wurde es<br />
zB beurteilt, wenn die Veranlagung in österreichischen, risikoarmen<br />
Finanzprodukten über eine ausländische Zwischengesellschaft erfolgt,<br />
um dadurch die Steuerpflicht der Zinsen durch „Umqualifikation“<br />
in steuerfreie Schachteldividenden zu umgehen.<br />
Wann aber die vom VwGH <strong>für</strong> das Vorliegen eines Missbrauchs<br />
geforderte „rechtliche Gestaltung, die im Hinblick auf den angestrebten<br />
wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen<br />
ist und ihre Erklärung nur in der Absicht der Steuervermeidung<br />
findet“ , 79) vorliegt, entzieht sich letztlich einer allgemeingültigen<br />
Beantwortung. Auch der höchstgerichtliche Ansatz, „zu<br />
prüfen, ob der gewählte Weg noch sinnvoll erscheint, wenn man<br />
den Abgaben sparenden Effekt wegdenkt, oder ob er ohne das Resultat<br />
als Steuerminderung einfach unverständlich wäre“ , 80)<br />
Dublin Docks gestaltet und auf Grundlage des internationalen<br />
Schachtelprivilegs bzw des abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs<br />
des Art 8 Abs 4 DBA-Irland steuerfrei nach Österreich<br />
geschüttet werden sollte, als missbräuchlich beurteilte<br />
bietet<br />
letztlich in Grenzbereichen keine trennscharfe Abgrenzung.<br />
Wenn aber der VwGH eine Gestaltung, bei der der Zinsbezug<br />
aus einer Veranlagung in Schilling-Festgeld und österreichische<br />
Bundesanleihen über eine irische Kapitalgesellschaft in den<br />
81) und<br />
auch ähnlichen Gestaltungen auf dieser Basis entgegengetreten<br />
ist, 82) so kann dieser Beurteilung auch aus innentheoretischer<br />
Sicht schwerlich entgegengetreten werden. 83) Umgekehrt steht<br />
aber fest, dass auch eine Holding ohne Personal und Betriebsräumlichkeiten<br />
„sinnvolle Funktionen innehaben“ kann und<br />
damit nicht zwingend Missbrauch anzunehmen ist. 84) Zuletzt<br />
hat der VwGH auch einzelne Geschäfte (Darlehensvergabe im<br />
Konzern) als missbräuchliche Gestaltung beurteilt, obwohl eine<br />
wirtschaftliche Substanz in der Auslandsgesellschaft vorhanden<br />
war, 85) was wohl dazu führen kann, dass „zivilrechtlich gültige<br />
und verbindliche Rechtsgeschäfte von der steuerlichen Anerkennung<br />
deshalb auszuschließen [sind], weil sie unangemessen und ökonomisch<br />
sinnlos sind“ . 86)<br />
Diese „Gratwanderung“ zwischen Missbrauchsverdikt und<br />
Gestaltungsakzeptanz vollzieht auch die deutsche Rechtsprechung<br />
behutsam und mit unterschiedlichen Nuancen. 87) Die<br />
Rechtsprechung des EuGH wiederum lässt eine Rechtfertigung<br />
diskriminierender nationaler Steuervorschriften auf Basis des<br />
Arguments der Steuerumgehung nur dann zu, wenn es sich<br />
im Einzelfall um „ rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität<br />
bare Gestaltungen “ zum Zwecke der Steuervermeidung handelt,<br />
wobei der EuGH <strong>für</strong> diese Beurteilung auf das – auch in § 94a<br />
Abs 2 EStG und § 2 der VO BGBl 1995/56 anklingende –<br />
„ Ausmaß des greifbaren Vorhandenseins der beherrschten ausländischen<br />
Gesellschaft in Form von Geschäftsräumen, Personal und<br />
Ausrüstungsgegenständen “ rekurriert. 88) Dieser Ansatz wiederum,<br />
der auf die physische Existenz von Räumlichkeiten, Personal<br />
und Ausrüstungsgegenständen abstellt, ist natürlich insofern<br />
unbefriedigend, als damit der Einkünfteverlagerungsproblematik<br />
in – notgedrungen substanzschwachen – Vermögensverwaltungssituationen<br />
nur unzureichend Rechnung getragen<br />
wird. 89) Gerade im Hinblick auf Quellensteuerfragen im Lichte<br />
der Mutter-Tochter-RL bleibt daher die zukünftige Entwicklung<br />
abzuwarten. Denn wenn der BFH im Hinblick auf die<br />
Richtlinienvorgaben zunächst davon ausgegangen war, dass im<br />
Falle der Einschaltung einer – in einen aktiven Konzern ein-<br />
Finanzierungsgesellschaften (2002) 209 ff.<br />
77) VwGH 10. 8. 2005, 2001/13/0018, ÖStZB 2006/65, 86 (Dublin Docks II);<br />
VwGH 22. 9. 2005, 2001/14/0188, ÖStZB 2006/195, 249 (Jersey I); VwGH<br />
24. 7. 2007, 2007/14/0029, ÖStZB 2007/520, 704 (Jersey II); siehe auch<br />
Zorn in FS Doralt 527 (527 ff); krit Stieglitz in Fraberger/Baumann/Plott/<br />
Waitz-Ramsauer 485 (485 ff), und Kofler, RdW 2005/859, 786 (786 ff),<br />
insb <strong>für</strong> Fälle, bei denen sich die ausländische Niedrigbesteuerung aus<br />
einer gemeinschaftsrechtlich genehmigten Beihilfe ergibt.<br />
78) Diesbezüglich verwies der VwGH auf sein zweites Treaty Shopping-<br />
Erkenntnis vom 26. 7. 2000, 97/14/0070, ÖStZB 2001/57; im Ergebnis<br />
ebenso zB BFH 28. 1. 1992, VIII R 7/88, BFHE 167, 273, BStBl 1993<br />
II 84; BFH 29. 10. 1997, I R 35/96, BFHE 184, 476, BStBl 1998 II 235;<br />
siehe aber zu den Bedenken gegen diese Sichtweise zB Bendlinger/<br />
Schuch, Beschränkung der Nutzung von Niedrigsteuersystemen durch<br />
multinationale Unternehmen: Stand und Trends, SWI 2002, 369 (369 ff<br />
mwN).<br />
79) Siehe zB VwGH 19. 1. 2005, 2000/13/0176, ÖStZB 2005/308 (Dublin<br />
Docks II).<br />
80) Siehe zB VwGH 22. 9. 2005, 2001/14/0188, ÖStZB 2006/195, 249<br />
(Jersey I).<br />
81) VwGH 9. 12. 2004, 2002/14/0074, ÖStZB 2005/460 (Dublin Docks I).<br />
82) Siehe zB VwGH 19. 1. 2005, 2000/13/0176, ÖStZB 2005/308 (Dublin<br />
Docks II).<br />
83) So tendenziell auch Kirchmayr/Achatz, Missbräuchliche Auslandsgesellschaften<br />
– der VwGH greift durch, taxlex 2005, 489.<br />
84) UFS Salzburg 11. 4. 2007, RV/0323-S/06, und dazu Schwaiger, UFS<br />
zur KESt-Erstattung gemäß § 94a EStG 1988, SWI 2007, 409 (409 ff);<br />
siehe aber auch EAS 2787 = SWI 2007, 148 = ÖStZ 2008/437, 215, zum<br />
österreichisch-deutschen Verhältnis.<br />
85) VwGH 3. 9. 2008, 2007/13/0031, ÖStZB 2009/174, 161 (Guernsey II).<br />
86) Siehe die Wiedergabe der Ansicht Loukotas bei Massoner, SWI-Jahrestagung:<br />
Missbräuchliche Veranlagung von Konzerngeldern in einer<br />
Guernsey-Gesellschaft, SWI 2009, 397 (397 ff).<br />
87) Siehe zu Fragen der Abschirmwirkung zB BFH 19. 1. 2000, I R 94/97,<br />
BFHE 191, 257, BStBl 2001 II 222 (Dublin Docks I), BFH 19. 1. 2000,<br />
I R 117/97, BFH/NV 2000, 824 (Dublin Docks II), und BFH 25. 2. 2004,<br />
I R 42/02, BFHE 206, 5, BStBl 2005 II 14 = IStR 2004, 527 m Anm Philipowski<br />
und Wolff, sowie zu Quellensteuerfragen zB BFH 20. 3. 2002,<br />
I R 38/00, BFHE 198, 514, BStBl 2002 II 819 (Hilversum I), und in Abkehr<br />
davon BFH 31. 5. 2005, I R 74/04, BStBl 2006 II 118 (Hilversum II); vgl<br />
auch BFH 29. 1. 2008, I R 26/06, BFHE 220, 392 (SOPARFI), und dazu<br />
Kaiser, Zur Anerkennung funktionsschwacher Gesellschaften im deutschen<br />
Steuerrecht – Directive Shopping in Luxemburg, IStR 2009, 121<br />
(121 ff).<br />
88) EuGH 12. 9. 2006, C-196/04, Cadbury Schweppes, Slg 2006, I-7995,<br />
RN 67.<br />
89) Siehe zu Überlegungen speziell im Hinblick auf Kapitalanlage- und<br />
Finanzierungsfunktionen BFH 29. 1. 2008, I R 26/06, BFHE 220, 392<br />
(SOPARFI).<br />
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463
464 ÖStZ 1. Oktober/Nr. 19 Artikel-Nr. 916 Steuerrecht aktuell<br />
gebetteten – substanzlosen ausländischen Holdinggesellschaft<br />
ohne Geschäftsleitungsfunktion „ der Missbrauch offensichtlich<br />
und nach jedem denkbaren Verständnis gegeben “ sei, 90) kurz darauf<br />
diese Rechtsprechung jedoch revidiert hat, 91) zeigt dies<br />
zumindest deutlich, dass in diesem Bereich noch erheblicher<br />
Diskussionsbedarf besteht.<br />
3.2. Internationale Mehrwertsteuerplanung und<br />
-betrug<br />
Werden im Bereich der Mehrwertsteuer Gestaltungsmöglichkeiten<br />
gewählt, die einer Optimierung des umsatzsteuerrechtlichen Ergebnisses<br />
dienen, so stellt sich wiederum die Frage nach der Grenze<br />
zwischen zulässiger Steuerplanung und unzulässigem Missbrauch.<br />
Gestaltungen im Bereich der Mehrwertsteuer sollen in erster Linie<br />
der Maximierung des Vorsteuerpotenzials und der Minimierung<br />
der Umsatzsteuerbelastung dienen. Auch die Erlangung von Steuerbefreiungen<br />
kann ein Ziel von Gestaltungen im Bereich der<br />
Mehrwertsteuer darstellen. Vereinfacht gesehen geschieht dies<br />
entweder schlicht durch die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs<br />
ohne Abfuhr der zugrunde liegenden Umsatzsteuer oder<br />
aber durch die Entfaltung einer unternehmerischen Tätigkeit mit<br />
der eine im Verhältnis zum Vorsteuervolumen geringe Umsatzsteuerbelastung<br />
verbunden ist. Unterstellt man, dass die damit<br />
verbundenen Handlungen bewusst gesetzt wurden, so ist im ersten<br />
Fall – völlig unzweifelhaft – von einer Abgabenhinterziehung iSv<br />
§ 33 FinStrG auszugehen. Im zweiten Fall stellt sich hingegen die<br />
Frage, ob es sich dabei um eine zulässige Ausnützung rechtlicher<br />
Gestaltungsmöglichkeiten oder aber um ein missbräuchliches Verhalten<br />
handelt, das steuerlich nicht anzuerkennen ist.<br />
Aus der Judikatur des EuGH lassen sich diesbezüglich folgende<br />
Grundsätze ableiten:<br />
Im Interesse der Ziele des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems,<br />
unter anderem Rechtssicherheit zu gewährleisten und die<br />
mit der Anwendung der Mehrwertsteuer verbundenen Maßnahmen<br />
zu erleichtern, wird grundsätzlich auf die objektive<br />
Natur des betroffenen Umsatzes abgestellt. 92) Die Begriffe der<br />
Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Steuerpflichtiger<br />
als solcher ausführt, haben daher rein objektiven Charakter und<br />
sind unabhängig vom Zweck und vom Ergebnis der betroffenen<br />
Umsätze anwendbar. 93) Bei der Feststellung, ob ein Umsatz eine<br />
Lieferung oder eine sonstige Leistung und damit eine wirtschaftliche<br />
Tätigkeit darstellt, kommt es daher grundsätzlich<br />
nicht darauf an, ob der Umsatz ausschließlich zur Erlangung<br />
eines Steuervorteils getätigt wird. 94) Das Mehrwertsteuerrecht<br />
differenziert daher grundsätzlich nicht zwischen strafbaren<br />
Handlungen und solchen, die nicht strafbar sind. 95)<br />
Dennoch ist eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung<br />
auf das Gemeinschaftsrecht nicht möglich. 96) Der EuGH<br />
90) BFH 20. 3. 2002, I R 38/00, BFHE 198, 514, BStBl 2002 II 819 (Hilversum<br />
I).<br />
91) BFH 31. 5. 2005, I R 74/04, BStBl 2006 II 118 (Hilversum II).<br />
92) EuGH 6. 7. 2006, C-439/04 und C-440/04, Kittel ua, Slg 2006, I-6161,<br />
RN 42.<br />
93) EuGH 6. 7. 2006, C-439/04 und C-440/04, Kittel ua, Slg 2006, I-6161,<br />
RN 41; 12. 1. 2006, C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Optigen, Slg 2006,<br />
I-483, RN 37.<br />
94) EuGH 21. 2. 2006, C-223/03, University of Huddersfield, Slg 2006,<br />
I- 1751, RN 51.<br />
95) EuGH 6. 7. 2006, C-439/04 und C-440/04, Kittel ua, Slg 2006, I-6161,<br />
RN 50; 12. 1. 2006, C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Optigen, Slg 2006,<br />
I-483, RN 49.<br />
96) Vgl zB EuGH 12. 5. 1998, C-367/96, Kefalas ua, Slg 1998, I-2843, RN 20;<br />
23. 3. 2000, C-373/97, Diamantis, Slg 2000, I-1705, RN 33; 3. 3. 2005,<br />
C-32/03, Fini H, Slg 2005, I-1599, RN 32; 21. 2. 2006, C-255/02, Halifax,<br />
nennt die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen<br />
und etwaigen Missbräuchen als ein von der MwSt-<br />
Syst-RL anerkanntes und gefördertes Ziel. 97) In Situationen, in<br />
denen aufgrund spezifischer Eigenschaften bestimmter Waren<br />
oder bestimmter Dienstleistungen jeder Wettbewerb zwischen<br />
einem legalen und einem illegalen Wirtschaftssektor ausgeschlossen<br />
ist, hat daher die Illegalität des Verhaltens auch dessen<br />
fehlende Umsatzsteuerbarkeit zur Folge. 98) Ähnliches gilt, wenn<br />
der Steuerpflichtige selbst eine Steuerhinterziehung begeht: Ist<br />
dies der Fall, so liegt eine wirtschaftliche und umsatzsteuerbare<br />
Tätigkeit nicht vor. 99)<br />
Außerhalb dieses Bereichs der nicht-wirtschaftlichen Tätigkeiten<br />
ist der Steuerpflichtige jedoch nicht verpflichtet, von mehreren<br />
möglichen Gestaltungen jene zu wählen, die die größte<br />
Steuerbelastung nach sich zieht. Er hat vielmehr das Recht, seine<br />
Tätigkeit so auszurichten, dass er seine Steuerschuld in Grenzen<br />
hält. 100) Vor dem Hintergrund der Ziele des Mehrwertsteuersystems<br />
dürfen die Anwendung des Gemeinschaftsrechts und<br />
damit die Ausschöpfung von Gestaltungsmöglichkeiten aber<br />
nicht so weit gehen, dass die missbräuchlichen Praktiken der<br />
Wirtschaftsteilnehmer gedeckt werden. Ist eine Tätigkeit zwar<br />
nach den objektiven Merkmalen als wirtschaftlich und damit<br />
umsatzsteuerrechtlich relevant zu qualifizieren, so ist das Recht auf<br />
Vorsteuerabzug dennoch ausgeschlossen, wenn die Umsätze, die<br />
dieses Recht begründen, eine missbräuchliche Praxis darstellen. 101)<br />
Umsätze, die nicht im Rahmen normaler Handelsgeschäfte, sondern<br />
nur in der Absicht getätigt werden, in den Genuss von im<br />
Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Steuervorteilen zu kommen,<br />
sind damit auch gemeinschaftsrechtlich nicht anzuerkennen. 102)<br />
Die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis auf dem Gebiet<br />
der Mehrwertsteuer verlangt nach der Rechtsprechung des<br />
EuGH, dass die fraglichen Umsätze trotz formaler Anwendung<br />
der Bedingungen der einschlägigen (gemeinschaftsrechtlichen<br />
und nationalen) Bestimmungen des Mehrwertsteuerrechts<br />
einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung<br />
dem mit den Bestimmungen der MwSt-Syst-RL und des zu<br />
deren Umsetzung erlassenen nationalen Rechts verfolgten Ziel<br />
zuwiderlaufen würde. 103) Es bedarf somit eines Widerspruchs<br />
zwischen formaler Tatbestandserfüllung auf der einen Seite und<br />
dem Ziel der anzuwendenden Rechtsnormen auf der anderen<br />
Seite. 104) Dass im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird,<br />
muss aus einer Reihe von objektiven Anhaltspunkten ersichtlich<br />
sein. Ein Missbrauch ist ausgeschlossen, wenn die in Frage<br />
stehenden Umsätze eine andere Erklärung haben können als<br />
Slg 2006, I-1609, RN 68; 6. 7. 2006, C-439/04 und C-440/04, Kittel ua,<br />
Slg 2006, I-6161, RN 41, 54.<br />
97) EuGH 29. 4. 2004, C-487/01 und C-7/02, Gemeente Leusden und Holin<br />
Groep, Slg 2004, I-5337, RN 76; 21. 2. 2006, C-255/02, Halifax, Slg 2006,<br />
I-1609, RN 71; 6. 7. 2006, C-439/04 und C-440/04, Kittel, Slg 2006, I-6161,<br />
RN 54.<br />
98) EuGH 29. 6. 1999, C-158/98, Coffeeshop „Siberie“, Slg 1999, I-3971,<br />
RN 14 und 21; 29. 6. 2000, C-455/98, Salumets ua, Slg 2000, I-4993,<br />
RN 19; 6. 7. 2006, C-439/04 und C-440/04, Kittel ua, Slg 2006, I-6161,<br />
RN 50.<br />
99) EuGH 6. 7. 2006, C-439/04 und C-440/04, Kittel ua, Slg 2006, I-6161,<br />
RN 53; 21. 2. 2006, C-255/02, Halifax, Slg 2006, I-1609, RN 59.<br />
100) EuGH 21. 2. 2006, C-255/02, Halifax, Slg 2006, I-1609, RN 73; 6. 4. 1995,<br />
C-4/94, BLP Group, Slg 1995, I-983, RN 22; 9. 10. 2001, C-108/99, Cantor<br />
Fitzgerald International, Slg 2001, I-7257, RN 33.<br />
101) EuGH 21. 2. 2006, C-223/03, University of Huddersfield, Slg 2006,<br />
I-1751, RN 52.<br />
102) Vgl EuGH 11. 10. 1977, 125/76, Cremer, Slg 1977, 1593, RN 21; 3. 3.<br />
1993, C-8/92, General Milk Products, Slg 1993, I-779, RN 21; EuGH<br />
14. 12. 2000, C-110/99, Emsland-Stärke, Slg 2000, I-11569, RN 51;<br />
21. 2. 2006, C-255/02, Halifax, Slg 2006, I-1609, RN 69.<br />
103) EuGH 21. 2. 2006, C-255/02, Halifax, Slg 2006, I-1609, RN 86; VwGH<br />
23. 4. 2008, 2005/13/0115.<br />
104) Beiser, Missbrauch in der Umsatzsteuer, ÖStZ 2006, 322 (324).<br />
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Steuerrecht aktuell ÖStZ 1. Oktober/Nr. 19 Artikel-Nr. 916<br />
nur die Erlangung von Steuervorteilen. 105) Wie nach der Rsp<br />
des VwGH zu § 22 BAO liegt daher auch nach Auffassung des<br />
EuGH kein Missbrauch vor, wenn beachtliche außersteuerliche<br />
Gründe <strong>für</strong> eine Gestaltung angeführt werden können. 106)<br />
Ob die Tatbestandsvoraussetzungen missbräuchlichen Verhaltens<br />
erfüllt werden, haben die nationalen Gerichte zu beurteilen.<br />
107) Dabei haben sie sich an die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts<br />
zu halten.<br />
Inwieweit das Vorliegen gemeinschaftsrechtlichen Missbrauchs<br />
ein subjektives Element, nämlich die Absicht, sich einen gemeinschaftsrechtlich<br />
vorgesehenen Vorteil dadurch zu verschaffen,<br />
dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen<br />
werden, voraussetzt, scheint nicht ganz geklärt zu sein. 108)<br />
Konsequenz der Feststellung einer missbräuchlichen Praxis ist,<br />
dass die betreffenden Umsätze in einer Weise neu zu definieren<br />
sind, die ohne die diese missbräuchliche Praxis darstellenden<br />
Umsätze nicht bestanden hätte. 109) Besteht der Missbrauch in<br />
der Vornahme eines nicht zustehenden Vorsteuerabzugs, so ist<br />
der Vorsteuerabzug zu verweigern. 110)<br />
Ein missbräuchliches Verhalten kann neben der missbräuchlichen<br />
Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs auch darin bestehen,<br />
dass der Abnehmer einer Lieferung oder sonstigen Leistung falsche<br />
Tatsachen vortäuscht und damit beim Erbringer der Leistung die<br />
Überzeugung erweckt, seine Leistung sei von der Umsatzsteuer<br />
befreit. 111) In diesem Zusammenhang hält der EuGH fest, dass der<br />
leistende Unternehmer in seiner Funktion als Steuereinnehmer <strong>für</strong><br />
Rechnung des Staats und im Interesse der Staatskasse angesichts<br />
des Ziels, der Steuerhinterziehung vorzubeugen, mitunter hohen<br />
Anforderungen und Verpflichtungen unterworfen ist. Die Verteilung<br />
des Risikos zwischen den leistenden Unternehmern und der<br />
Finanzverwaltung aufgrund eines von einem Dritten begangenen<br />
Betrugs muss jedoch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit<br />
vereinbar sein. 112) Offenkundig unverhältnismäßig ist es, einem<br />
105) EuGH 21. 2. 2006, C-255/02, Halifax, Slg 2006, I-1609, RN 75, unter<br />
Verweis auf RN 89 der Schlussanträge von GA Poiares Maduro. – Vgl<br />
dazu Hahn, Zu Inhalt und Funktion des Begriffs des Gestaltungsmissbrauchs<br />
im Gemeinschaftsrecht – Zugleich eine Besprechung von<br />
Christian Böing: „Steuerlicher Gestaltungsmissbrauch in Europa“, IStR<br />
2007, 323.<br />
106) Beiser, Missbrauch durch Immobilienausgliederung und Option zur<br />
Umsatzsteuerpflicht?, SWK 2007, S 334 ff; Beiser, Missbrauch in der<br />
Umsatzsteuer, ÖStZ 2006/675, 322 (324); Achatz, Rechtsgrundlagen<br />
und Rechtsfolgen des Missbrauchs im Umsatzsteuerrecht – eine<br />
Bestandsaufnahme zur ungerechtfertigten Inanspruchnahme von<br />
Steuervorteilen, in Achatz/Tumpel (Hrsg), Missbrauch im Umsatzsteuerrecht<br />
(2008) 21 (36).<br />
107) EuGH 21. 7. 2005, C-515/03, Eichsfelder Schlachtbetrieb, Slg 2005,<br />
I-7355, RN 40; EuGH 21. 2. 2006, C-255/02, Halifax, Slg 2006, I-1609,<br />
RN 76. – Dabei können die nationalen Gerichte den rein willkürlichen<br />
Charakter dieser Umsätze sowie die rechtlichen, wirtschaftlichen und/<br />
oder personellen Verbindungen zwischen den Wirtschaftsteilnehmern<br />
berücksichtigen, die in den Plan einbezogen waren (14. 12. 2000,<br />
C-110/99, Emsland-Stärke, Slg 2000, I-11569, RN 58; EuGH 21. 2. 2006,<br />
C-255/02, Halifax, Slg 2006, I-1609, RN 81).<br />
108) In diese Richtung: EuGH 14. 12. 2000, C-110/99, Emsland-Stärke, Slg<br />
2000, I-11569, RN 52 und 53; EuGH 21. 7. 2005, C-515/03, Eichsfelder<br />
Schlachtbetrieb, Slg 2005, I-7355, RN 39. – Vgl ohne expliziten Hinweis<br />
auf ein subjektives Element jedoch EuGH 21. 2. 2006, C-255/02, Halifax,<br />
Slg 2006, I-1609. – Vgl dazu auch die Schlussanträge von GA Maduro<br />
in der Rs C-255/02, Halifax, RN 70 ff.<br />
109) EuGH 21. 2. 2006, C-255/02, Halifax, Slg 2006, I-1609, RN 94.<br />
110) EuGH 3. 3. 2005, C-32/03, I/S Fini H, 2005, I-1599, RN 34; EuGH 6. 7.<br />
2006, C-439/04 und C-440/04, Kittel ua, Slg 2006, I-6161, RN 54; EuGH<br />
14. 2. 1985, 268/83, Rompelman, Slg 1985, 655, RN 24; EuGH 21. 3.<br />
2000, C-110/98 bis C-147/98, Gabalfrisa, Slg 2000, I-1577, RN 46.<br />
111) Vgl EuGH 21. 2. 2008, C-271/06, Netto Supermarkt, Slg 2008, I-771: Hier<br />
ging es um eine Kette von Discount-Supermärkten, die ihren (Privat-)<br />
Kunden die USt erstattet hatte, wenn diese den Nachweis der Ausfuhr<br />
anlässlich nichtkommerzieller Reisen erworbener Waren nach einem<br />
Ort außerhalb der Gemeinschaft erbringen konnten.<br />
112) EuGH 21. 2. 2008, C-271/06, Netto Supermarkt, Slg 2008, I-771, RN 21<br />
und 22.<br />
Steuerpflichtigen anzulasten, dass durch betrügerische Machenschaften<br />
Dritter, auf die er keinen Einfluss hat, Steuereinnahmen<br />
entgehen. 113) Vom leistenden Unternehmer darf jedoch gefordert<br />
werden, dass er alle Maßnahmen ergreift, die vernünftigerweise<br />
von ihm verlangt werden, um sicherzustellen, dass der von ihm<br />
getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an der Steuerhinterziehung<br />
führt. 114) Ist ein Unternehmer etwa selbst bei Beachtung der<br />
Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns außerstande zu erkennen,<br />
dass die Voraussetzungen <strong>für</strong> die Befreiung seiner Leistung in Wirklichkeit<br />
nicht gegeben waren, weil die vom Abnehmer vorgelegten<br />
Ausfuhrnachweise gefälscht waren, so kann er nicht nachträglich<br />
zur Zahlung dieser Mehrwertsteuer herangezogen werden. 115) In<br />
diesem Sinn kann auch ein Unternehmer, der alle Maßnahmen<br />
trifft, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um<br />
sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht in eine Mehrwertsteuerhinterziehung<br />
oder in einen sonstigen Betrug einbezogen sind,<br />
daher auf die Rechtsmäßigkeit seiner Umsätze vertrauen, ohne<br />
Gefahr zu laufen, sein Recht auf Vorsteuerabzug oder – wenn es um<br />
eine Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat oder das Drittland<br />
geht – auf Befreiung seiner Umsätze zu verlieren. 116)<br />
Das Recht auf Vorsteuerabzug ist daher nur zu verweigern,<br />
wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige<br />
wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit<br />
seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung<br />
einbezogen war. 117)<br />
Dasselbe gilt hinsichtlich betrügerischer Handlungen eines<br />
dem Umsatz eines Steuerpflichtigen vorgelagerten Umsatzes in<br />
einer Leistungskette: Der Steuerpflichtige darf die Konsequenzen<br />
des betrügerischen Verhaltens eines von ihm verschiedenen<br />
Steuerpflichtigen nur zu spüren bekommen, wenn er die betrügerischen<br />
Machenschaften kannte oder kennen musste. 118) Führt<br />
also ein Steuerpflichtiger einen Umsatz aus, der nach objektiven<br />
Kriterien als eine wirtschaftliche Tätigkeit zu qualifizieren ist,<br />
so wird sein Recht auf Vorsteuerabzug nicht dadurch berührt,<br />
dass in der Lieferkette, zu der seine Umsätze gehören, ein von<br />
einem anderen Steuerpflichtigen – vor- oder nachgelagert –<br />
getätigter Umsatz mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet<br />
ist, von dem der Steuerpflichtige weder Kenntnis hatte noch<br />
Kenntnis haben konnte. 119) Ob die Mehrwertsteuer, die <strong>für</strong> den<br />
vorausgegangenen oder den nachfolgenden Verkauf geschuldet<br />
113) EuGH 21. 2. 2008, C-271/06, Netto Supermarkt, Slg 2008, I-771, RN 23;<br />
EuGH 27. 9. 2007, C-409/04, Teleos, Slg 2007, I-7797, RN 58.<br />
114) EuGH 21. 2. 2008, C-271/06, Netto Supermarkt, Slg 2008, I-771, RN 24;<br />
EuGH 27. 9. 2007, C-409/04, Teleos, Slg 2007, I-7797, RN 65.<br />
115) EuGH 21. 2. 2008, C-271/06, Netto Supermarkt, Slg 2008, I-771, RN 27;<br />
EuGH 6. 7. 2006, C-439/04 und C-440/04, Kittel ua, Slg 2006, I-6161,<br />
RN 43 und 51; EuGH 12. 1. 2006, C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Optigen,<br />
Slg 2006, I-483, RN 46; EuGH 11. 11. 2006, C-384/04, Federation<br />
of Technological Industries, Slg 2006, I-4191, RN 33.<br />
116) EuGH 11. 11. 2006, C-384/04, Federation of Technological Industries,<br />
Slg 2006, I-4191, RN 33; EuGH 6. 7. 2006, C-439/04 und C-440/04, Kittel<br />
ua, Slg 2006, I-6161, RN 51; EuGH 21. 2. 2008, C-271/06, Netto Supermarkt,<br />
Slg 2008, I-771, RN 25; EuGH 27. 9. 2007, C-409/04, Teleos, Slg<br />
2007, I-7797, RN 66; EuGH 27. 9. 2007, C-184/05, Twoh International<br />
BV, Slg 2007, I-7897, RN 27. – Vgl dazu Achatz in Achatz/Tumpel 21<br />
(29).<br />
117) EuGH 11. 11. 2006, C-384/04, Federation of Technological Industries,<br />
Slg 2006, I-4191, RN 33; EuGH 6. 7. 2006, C-439/04 und C-440/04, Kittel<br />
ua, Slg 2006, I-6161, RN 51 und 59; EuGH 21. 2. 2008, C-271/06, Netto<br />
Supermarkt, Slg 2008, I-771, RN 25; EuGH 27. 9. 2007, C-409/04, Teleos,<br />
Slg 2007, I-7797, RN 66; EuGH 27. 9. 2007, C-184/05, Twoh International<br />
BV, Slg 2007, I-7897, RN 27. – Vgl dazu Achatz, in Achatz/Tumpel 21<br />
(29).<br />
118) EuGH 6. 7. 2006, C-439/04 und C-440/04, Kittel ua, Slg 2006, I-6161,<br />
RN 43; EuGH 12. 1. 2006, C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Optigen,<br />
Slg 2006, I-483, RN 46.<br />
119) EuGH 6. 7. 2006, C-439/04 und C-440/04, Kittel ua, Slg 2006, I-6161,<br />
RN 44; EuGH 12. 1. 2006, C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Optigen,<br />
Slg 2006, I-483, RN 52.<br />
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465
466 ÖStZ 1. Oktober/Nr. 19 Artikel-Nr. 916 Steuerrecht aktuell<br />
war, tatsächlich an den Staat entrichtet wurde, ist <strong>für</strong> das Recht<br />
eines Unternehmers auf Vorsteuerabzug unbeachtlich. 120)<br />
Grafik 5<br />
„Karussellbetrug“<br />
Der Umstand, dass die Mehrwertsteuer im grenzüberschreitenden<br />
Güterverkehr entfällt (sog steuerfreie innergemeinschaftliche<br />
Lieferungen oder steuerfreie Ausfuhrlieferungen), der Erwerber<br />
eine Erwerbs- oder Einfuhrumsatzsteuer zu entrichten hat, aus<br />
der er einen Vorsteuerabzug lukriert, hat Gestaltungen angeregt,<br />
die als Karussellbetrug bezeichnet werden. Der einfachste Fall<br />
eines Karussellbetrugs liegt vor, wenn ein Unternehmer A mit<br />
Sitz in einem Mitgliedstaat A Gegenstände an einen Unternehmer<br />
B mit Sitz im Mitgliedstaat B verkauft. Schließlich verkauft<br />
B den Gegenstand an C mit Sitz im Mitgliedstaat B weiter. B<br />
verrechnet C die Umsatzsteuer auf diese Lieferung, verschwindet<br />
aber, bevor er die Umsatzsteuer abführt. C nimmt seinerseits den<br />
Vorsteuerabzug in Anspruch und verkauft den Gegenstand an<br />
A mit Sitz im Mitgliedstaat A weiter. Seine Lieferung ist daher<br />
von der Umsatzsteuer befreit. Bei dieser Konstellation handelt<br />
es sich um einen „echten“ Karussellbetrug. 121) Der Betrug wird<br />
unmittelbar durch B begangen, weil er zwar Umsatzsteuer in<br />
Rechnung stellt, sie aber nicht abführt. B wird als „Missing<br />
Trader“ bezeichnet. Ob die Unternehmer in der Lieferkette,<br />
deren Umsätze jenem des „Missing Trader“ vor- oder nachgelagert<br />
sind, selbst steuerbare Umsätze ausführen oder den Vorsteuerabzug<br />
zu Recht geltend gemacht haben, hängt davon ab,<br />
inwieweit sie im Sinne der oben angeführten Grundsätze vom<br />
betrügerischen Verhalten wussten oder wissen mussten. 122)<br />
Handelt es sich bei den in einen Karussellbetrug involvierten<br />
Gegenständen um solche, die nicht aufgrund ihrer Besonderheit<br />
vom Wettbewerb zwischen dem legalen und dem illegalen Sektor<br />
ausgeschlossen sind (wie etwa Drogen), so liegt zunächst einmal<br />
eine Lieferung iSd MwSt-Syst-RL vor, sofern der liefernde Unternehmer<br />
selbst die betrügerische Absicht eines anderen Unternehmers<br />
in der Lieferkette oder den betrügerischen Zweck der<br />
Lieferung weder kannte noch kennen musste. 123) Das Recht dieses<br />
Lieferanten auf Vorsteuerabzug entfällt auch nicht dadurch, dass<br />
120) EuGH 6. 7. 2006, C-439/04 und C-440/04, Kittel ua, Slg 2006, I-6161,<br />
RN 49; EuGH 12. 1. 2006, C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Optigen,<br />
Slg 2006, I-483, RN 37.<br />
121) Vgl EuGH 12. 1. 2006, C-354/03 und C-355/03, Optigen, Slg 2006,<br />
I- 483.<br />
122) Vgl dazu ausführlich Brandl, Karussellbetrug – Umsatzsteuerliche und<br />
finanzstrafrechtliche Konsequenzen, in Achatz/Tumpel 139 ff.<br />
123) EuGH 12. 1. 2006, C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Optigen, Slg 2006,<br />
I-483, RN 51.<br />
in der Lieferkette, zu der seine Umsätze gehören, ohne dass dieser<br />
davon Kenntnis hat oder haben kann, ein anderer Umsatz, der<br />
dem von ihm getätigten Umsatz vorausgeht oder nachfolgt, mit<br />
einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet ist. 124) Für das Recht auf<br />
Vorsteuerabzug ist nämlich ohne Bedeutung, ob die Umsatzsteuer<br />
auf die Umsätze abgeführt wurde, die der eigenen Lieferung vorangegangenen<br />
oder nachgefolgt sind. 125) Im Sinne der allgemeinen<br />
Rechtsprechung des EuGH zum Mehrwertsteuerbetrug ist damit<br />
auch der gutgläubige Unternehmer, der in einen Karussellbetrug<br />
verwickelt wird, in seinem Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der<br />
seinem Umsatz vor- und nachgelagerten Umsätze geschützt.<br />
4. Missbräuchliches Verhalten als Abgabenhinterziehung?<br />
Eine über den „Missbrauch“ hinausgehende Dimension, die in der<br />
Steuerplanung stets zu berücksichtigen ist, ist das Steuerstrafrecht.<br />
Ziel einer Steuerplanung ist immer, die rechtlichen Möglichkeiten<br />
<strong>für</strong> den Steuerpflichtigen so optimal auszunützen, dass die Grenze<br />
des rechtlich Zulässigen nicht überschritten wird. Missbrauch<br />
liegt jenseits der Grenze des rechtlich Zulässigen. Fraglich ist,<br />
ob durch ein solcherart missbräuchliches Verhalten automatisch<br />
auch das Terrain des Steuerstrafrechts betreten wird.<br />
Der in Österreich relevante Steuerstraftatbestand, die Abgabenhinterziehung,<br />
wird durch die Verletzung einer abgabenrechtlichen<br />
Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht verwirklicht,<br />
mit der eine Abgabenverkürzung einhergehen muss. Strafbar ist<br />
selbstverständlich nur, wer vorsätzlich (§ 33 FinStrG) oder zumindest<br />
fahrlässig gehandelt hat (§ 34 FinStrG). Ein Missbrauch<br />
von Gestaltungsmöglichkeiten kann somit nur dann finanzstrafrechtlich<br />
relevant sein, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen<br />
der §§ 33 und 34 FinStrG erfüllt sind. Von einer Verletzung der<br />
Offenlegungspflicht ist auch in Missbrauchsfällen dann nicht<br />
auszugehen, wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen (noch)<br />
durch eine vertretbare Rechtsauffassung gedeckt ist. 126) Da der<br />
Grat einerseits zwischen zulässiger (aggressiver) Steuerplanung<br />
und Missbrauch und andererseits zwischen Missbrauch und<br />
Steuerhinterziehung schmal und vor allem zumeist im Voraus<br />
nicht eindeutig definierbar ist, empfiehlt sich im Zweifel – zur<br />
Vermeidung finanzstrafrechtlicher Konsequenzen – eine umfassende<br />
Offenlegung gegenüber der Finanzverwaltung. Gerade bei<br />
Missbrauchssachverhalten ist die bloße Sachverhaltsoffenlegung<br />
nicht ausreichend. Nach einzelnen Stimmen in der Literatur<br />
muss die Offenlegung gerade in diesen Fällen auch die Absicht<br />
der Steueroptimierung einschließen. 127)<br />
Bei den Finanzstraftatbeständen der vorsätzlichen und der fahrlässigen<br />
Abgabenhinterziehung handelt es sich zweifelsohne um<br />
Blankettstrafnormen, die erst durch die Abgabenrechtsnorm, die<br />
nicht befolgt wurde, inhaltserfüllt werden. In Frage steht, ob § 22<br />
BAO, der die Grundlage <strong>für</strong> die steuerrechtliche Nicht-Anerkennung<br />
einer rechtlichen Gestaltung bildet, den Anforderungen<br />
des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebots (Art 18 B-VG, Art 7<br />
EMRK) gerecht wird. Der Verstoß gegen eine Abgabenrechtsnorm<br />
kann nur dann finanzstrafrechtlich relevant sein, wenn dem<br />
124) EuGH 12. 1. 2006, C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Optigen, Slg 2006,<br />
I-483, RN 52.<br />
125) EuGH, 3. 3. 2004, C-395/02, Transport Service, Slg 2004, I-1991, RN 26;<br />
EuGH 12. 1. 2006, C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Optigen, Slg 2006,<br />
I-483, RN 54.<br />
126) Vgl Leitner/Toifl/Brandl, Österreichisches Finanzstrafrecht 3 (2008)<br />
Rz 951.<br />
127) Plückhahn, Finanzstrafrechtliche Konsequenz des internationalen<br />
Gestaltungsmissbrauchs, 13. ÖJT 1997, Band III/2, 37 (46); Leitner/Toifl/<br />
Brandl, Finanzstrafrecht 3 , Rz 951.<br />
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Steuerrecht aktuell ÖStZ 1. Oktober/Nr. 19 Artikel-Nr. 916<br />
Abgabepflichtigen die Strafbarkeit seines Verhaltens erkennbar<br />
war. 128) Im Fall eines Missbrauchs von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten<br />
verneint dies Brandstetter unter Bezugnahme auf<br />
die Rechtsprechung des VfGH ganz kategorisch. Ein Straftatbestand,<br />
der denjenigen mit Strafe bedroht, der durch Missbrauch<br />
von Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts eine Abgabenhinterziehung<br />
bewirkt, läge eindeutig weit über der Grenze<br />
dessen, was das Bestimmtheitsgebot zulässt, und sei damit verfassungswidrig.<br />
129) Im Schrifttum wird die Verwirklichung eines<br />
Finanzstraftatbestands in Missbrauchsfällen nur bei Be<strong>für</strong>wortung<br />
der Innentheorie <strong>für</strong> möglich gehalten. 130) In Anlehnung an eine<br />
alte Rechtsprechung des BGH 131) gehen sie davon aus, dass in<br />
jenen Fällen, in denen sich die Rechtsprechung zum Missbrauch<br />
zu einer bestimmten Fallkonstellation bereits gefestigt hat, eine<br />
Abgabenhinterziehung möglich sei. Es bleibt abzuwarten, wie<br />
die Rechtsprechung in Österreich mit dem strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot<br />
in Missbrauchsfällen umgehen wird.<br />
Was die subjektive Tatseite anbelangt, so ist auch bei der finanzstrafrechtlichen<br />
Beurteilung von Missbrauchsfällen zu beachten,<br />
dass die Beweislast bei der Strafbehörde liegt und dass diese die<br />
Ergebnisse des abgabenbehördlichen Ermittlungsverfahrens nicht<br />
ohne eigenständige Ermittlungen übernehmen darf. So darf die<br />
mangelhafte (erhöhte) Mitwirkung des Abgabepflichtigen bei der<br />
Aufklärung des relevanten Sachverhalts etwa nicht der Grund <strong>für</strong><br />
die Annahme eines strafrechtlichen Vorsatzes sein. 132) Aus der<br />
Absicht, die Abgabepflicht zu umgehen, die Tatbestandsmerkmal<br />
des § 22 BAO ist, ergibt sich nicht selbstverständlich ein finanzstrafrechtlicher<br />
Vorsatz. Fehlt demjenigen, der den Missbrauch<br />
begeht, das Unrechtsbewusstsein, so fehlt es ihm auch an dem<br />
Vorsatz, eine Abgabenverkürzung zu bewirken. Dieser Fall wird<br />
üblicherweise über den Irrtum gelöst. 133)<br />
5. Der internationale Kampf gegen unfairen Steuerwettbewerb<br />
und Steuerhinterziehung und das<br />
österreichische Bankgeheimnis<br />
Aggressive Steuerplanung durch Steuerpflichtige setzt oftmals voraus,<br />
dass sich einzelne Jurisdiktionen durch spezifische Steuerregime<br />
oder besondere Anreize <strong>für</strong> eine derartige Planung anbieten.<br />
Insofern findet die Steuerplanung durch den Steuerunterworfenen<br />
ihr Gegenstück im internationalen Steuerwettbewerb der<br />
Staaten. Vor diesem Hintergrund ist es auch verständlich, dass<br />
die OECD 134) und die EU 135) bereits seit Mitte der 1990er Jahre<br />
128) Leitner, Finanzstrafrechtliche Grenzen internationaler Steuergestaltungen<br />
aus österreichischer Sicht, in Leitner/Dannecker (Hrsg), Finanzstrafrecht<br />
2003 (2004) 189 (210); Toifl, Finanzstrafrechtliche Folgen<br />
von missbräuchlichen Steuergestaltungen, JSt 2006, 73 (75).<br />
129) Brandstetter, Das Bestimmtheitsgebot im (Steuer-)Strafrecht, in Leitner<br />
(Hrsg), Finanzstrafrecht 2005, 159 (174).<br />
130) Leitner/Toifl/Brandl, Finanzstrafrecht 3 , Rz 951; Toifl, JSt 2006, 73 f.<br />
131) BGH 27. 1. 1982, 3 StR 217/81, NStZ 1982, 206.<br />
132) Vgl dazu ausführlich Leitner/Toifl/Brandl, Finanzstrafrecht 3 , Rz 951;<br />
Leitner in Leitner/Dannecker 189 (212).<br />
133) Plückhahn, Gestaltungsmissbrauch, 13. ÖJT 1997, Band III/2, 37 (45);<br />
kritisch Brandstetter in Leitner 159 (161).<br />
134) Siehe zB die OECD-Berichte „Harmful Tax Competition: An Emerging<br />
Global Issue“ (1998), „Towards Global Cooperation: Progress in Identifying<br />
and Eliminating Harmful Tax Practices“ (2000), „The OECD’s<br />
Project on Harmful Tax Practices: The 2001 Progress Report“ (2001),<br />
„Guidance in Applying the 1998 Report to Preferential Tax Regimes<br />
(Consolidated Application Note)“ (2004), und „The OECD’s Project<br />
on Harmful Tax Practices: The 2006 Update on Progress in Member<br />
Countries“ (2006); siehe auch Katsushima, Harmful Tax Competition,<br />
Intertax 1999, 396 (396 f); Hofbauer, Aktuelles aus dem Bereich<br />
„Harmful Tax Competition“ – Der 2004-Progress Report, SWI 2004,<br />
238 (238 ff).<br />
135) Siehe zB die Mitteilung der Kommission „Koordinierung der Steuerpolitik<br />
in der Europäischen Union – Maßnahmenpaket zur Bekämpfung<br />
an Fragen des „unfairen“ bzw „schädlichen“ Steuerwettbewerbs<br />
arbeiten. 136) Hierbei wird stets auch betont, dass Transparenz und<br />
Auskunftsaustausch <strong>für</strong> Steuerzwecke die Grundlage <strong>für</strong> einen<br />
fairen Wettbewerb in einer globalen Wirtschaft und <strong>für</strong> eine<br />
gerechte Verteilung der Steuerlast ehrlicher Steuerzahler sind und<br />
der Kampf gegen jede Form von Steuervergehen eine gemeinsame<br />
Verantwortung aller Staaten und Gebiete ist. 137)<br />
Im Rahmen dieser Bemühungen um einen globalen Transparenzstandard<br />
sind nationale „Bankgeheimnisse“ und Hinterziehungspotenziale<br />
außerhalb des Spektrums legaler Steuerplanung<br />
in das internationale Blickfeld gerückt. Beginnend<br />
mit einem umfassenden OECD-Bericht 138) fand schließlich in<br />
das 2002 geschaffene, standardsetzende „Musterabkommen<br />
zum Informationsaustausch in Steuersachen“ 139) eine Klausel<br />
Eingang, wonach auf Ersuchen auch Auskünfte von Banken<br />
und anderen Finanzinstitutionen auszutauschen sind. 140) Dieser<br />
Standard des Informationsaustausches wurde schließlich 2005<br />
in Art 26 des OECD-Musterabkommens übernommen: Nach<br />
Art 26 Abs 2 besteht zwar keine Verpflichtung, „ Verwaltungsmaßnahmen<br />
durchzuführen, die von den Gesetzen oder der Verwaltungspraxis<br />
dieses oder des anderen Vertragsstaats abweichen “; 141)<br />
allerdings kann diesem Gesetzesvorbehalt seither nach Art 26<br />
Abs 5 kein Verständnis dahin gehend beigemessen werden,<br />
„ als könne ein Vertragsstaat die Erteilung von Informationen nur<br />
deshalb ablehnen, weil sich die Informationen bei einer Bank,<br />
einem sonstigen Kreditinstitut, einem Bevollmächtigten, Vertreter<br />
oder Treuhänder befinden oder weil sie sich auf das Eigentum an<br />
einer Person beziehen .“ 142) Der OECD-Transparenzstandard sieht<br />
demnach prinzipiell die uneingeschränkte Verpflichtung des um<br />
steuerliche Amtshilfe ersuchten Staats zur Amtshilfeleistung<br />
einerseits in jenen Fällen vor, in denen der ersuchte Staat kein<br />
des schädlichen Steuerwettbewerbs“ KOM(97)495 endg, die Mitteilung<br />
der Kommission „Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des schädlichen<br />
Steuerwettbewerbs in der Europäischen Union“, KOM(97)564<br />
endg, die Schlussfolgerungen des Rates Wirtschafts- und Finanzfragen<br />
vom 1. Dezember 1997 zur Steuerpolitik (Verhaltenskodex <strong>für</strong> die<br />
Unternehmensbesteuerung) , ABl C 2/1 ff (6. 1. 1998), sowie den<br />
Bericht der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“<br />
unter dem Vorsitz der britischen Generalzahlmeisterin Dawn Primarolo<br />
(Primarolo-Bericht), 4901/99. Siehe zu diesen Entwicklungen zB<br />
Bratton/McCahery, Tax Coordination and Tax Competition in the European<br />
Union: Evaluating the Code of Conduct on Business Taxation,<br />
CML Rev. 2001, 677 (677 ff); Nijkamp, Landmark agreement on EU<br />
tax package: new guidelines stretch scope of EU Code of Conduct,<br />
EC Tax Rev. 2001, 147 (147 ff); Meussen, The EU-fight against harmful<br />
tax competition: future developments, EC Tax Rev. 2002, 157 (157 ff);<br />
Schön, Tax Competition in Europe – General Report, in Schön (Hrsg),<br />
Tax Competition in Europe (2003) 1 (1 ff); Cattoir, A history of the<br />
„tax package“: The principles and issues underlying the community<br />
approach, Taxation Paper No 10 (2007).<br />
136) Für eine Abgrenzung zum „fairen“ Steuerwettbewerb siehe zB Pinto,<br />
EU and OECD to Fight Harmful Tax Competition: Has the Right Path<br />
Been Undertaken? Intertax 1998, 386 (386 ff); Schön in Schön 1 (6 ff);<br />
<strong>für</strong> einen Vergleich der Bemühungen von OECD und EU siehe zB<br />
Osterweil, OECD Report on Harmful Tax Competition and European<br />
Union Code of Conduct Compared, ET 1999, 198 (198 ff).<br />
137) Siehe auch den zusammenfassenden Bericht „Overview of the OECD’s<br />
Work on Countering International Tax Evasion“ (2009). – Siehe auch<br />
die Begründungserwägungen der Kommission zum Vorschlag einer<br />
(geänderten) Richtlinie des Rates über die Zusammenarbeit der<br />
Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung, KOM (2009)29<br />
endg.<br />
138) „Improving Access to Bank Information for Tax Purposes“ (2000),<br />
„Improving Access to Bank Information for Tax Purposes – The 2003<br />
Progress Report“ (2003), und „Improving Access to Bank Information<br />
for Tax Purposes – The 2007 Progress Report“ (2007).<br />
139) Sog „Tax Information Exchange Agreement – TIEA“; siehe auch den<br />
Bericht „Tax Co-operation: Towards a Level Playing Field – 2008 Assessment<br />
by the Global Forum on Taxation“ (2008).<br />
140) Siehe Art 5 Abs 4 lit 1 des Musterabkommens zum Informationsaustausch<br />
in Steuersachen (2002).<br />
141) Art 26 Abs 2 lit a OECD-MA.<br />
142) Art 26 Abs 5 OECD-MA idF Update 2005.<br />
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467
468 ÖStZ 1. September/Nr. Oktober/Nr. 19 17 Artikel-Nr. 916 Steuerrecht aktuell<br />
eigenes steuerliches Interesse an der Beschaffung der erbetenen<br />
Informationen hat; andererseits kann der ersuchte Staat die<br />
Auskunftsleistung nicht ausschließlich mit der Begründung<br />
ablehnen, dass sich die erbetenen Informationen in den Händen<br />
eines Kreditinstituts befinden und daher aufgrund bestehender<br />
Ermittlungsbeschränkungen (Bankgeheimnis) nicht beschafft<br />
werden können. Die Verpflichtung zur Auskunftsleistung erstreckt<br />
sich daher auf alle Auskünfte, die zur Erfüllung dieser<br />
Zwecke im um Amtshilfe ersuchenden Staat voraussichtlich<br />
erheblich („ foreseeably relevant “) sind, ohne dass es auf einen<br />
Verdacht eines Finanzstrafdelikts ankäme.<br />
Diese von der OECD erarbeiteten Standards <strong>für</strong> eine effektive<br />
Amtshilfe finden auch durch Staatengruppen (zB G20 und G8)<br />
massive Unterstützung 143) und auch die die EU-Kommission hat<br />
unlängst einen an den OECD-Standards orientierten Vorschlag<br />
<strong>für</strong> eine neue Richtlinie des Rates über die Zusammenarbeit der<br />
Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung vorgelegt. 144)<br />
Zusätzlich zu diesem in den vergangenen Monaten dramatisch intensivierten<br />
internationalen Druck auf nationale Bankgeheimnisse<br />
haben einzelne Staaten begonnen, über „Defensivgesetzgebungsmaßnahmen“<br />
nachzudenken, 145) wobei Deutschland unlängst<br />
einen großen Schritt in diese Richtung durch die Erlassung eines<br />
Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung 146) getan hat.<br />
Dieser Druck ist auch am österreichischen, auch gegenüber<br />
den Abgabenbehörden geltenden Bankgeheimnis des § 38<br />
BWG 147) nicht spurlos vorübergegangen. Wenngleich das Bankgeheimnis<br />
vor dem Hintergrund des österreichischen Systems<br />
einer Kapitalertragsbesteuerung mit Abgeltungswirkung und<br />
mangels einer Vermögensbesteuerung <strong>für</strong> die innerstaatliche<br />
Steuersystematik nur bedingt als „Problemzone“ anzusehen<br />
ist, war Österreich aus international-steuerrechtlicher Sicht im<br />
143) Siehe die Zusammenstellung in dem Bericht „Overview of the OECD’s<br />
Work on Countering International Tax Evasion“ (2009), sowie zB „Improving<br />
Access to Bank Information for Tax Purposes – The 2007<br />
Progress Report“ (2007), 8 und 11 f.<br />
144) KOM(2009)29 endg.<br />
145) So wurden in der Staatengemeinschaft beispielsweise als legitime<br />
Abwehrmaßnahmen die Erhöhung der Quellensteuer in Bezug auf ein<br />
breites Spektrum von Zahlungen an nicht-kooperative Jurisdiktionen,<br />
die Versagung des Betriebsausgabenabzugs an in nicht-kooperativen<br />
Jurisdiktionen ansässige Empfänger, die Einführung verstärkter Offenlegungspflichten,<br />
die Versagung von Steuerbefreiungen <strong>für</strong> Beteiligungsgewinne<br />
und die Kündigung der Abkommen mit Ländern und<br />
Gebieten, die sich weigern, einen effektiven Auskunftsaustausch zu<br />
praktizieren, erwogen; siehe dazu die Zusammenfassung der Schlussfolgerungen<br />
der Zweiten Konferenz zum Kampf gegen internationalen<br />
Steuerbetrug und Steuerhinterziehung durch mehr Transparenz<br />
und effektiven Auskunftsaustausch <strong>für</strong> Steuerzwecke Berlin (23. Juni<br />
2009).<br />
146) DBGBl I 2009/48, 2302.<br />
147) Das österreichische Bankgeheimnis entwickelte sich vor dem Hintergrund<br />
der Nachkriegswirtschaft ab 1945 zunächst von einem faktischen<br />
Verzicht der Finanzverwaltung auf die abgabenrechtliche<br />
Auskunftsverpflichtung der Banken über den Wegfall der ununterbrochenen<br />
Aufzeichnungspflicht der Banken (BGBl 1948/151) zur<br />
gesetzlichen Verankerung, zunächst in § 23 KWG (BGBl 1979/63) und<br />
nachfolgend in § 38 BWG (BGBl 1993/532 idF BGBl I 2007/108; siehe<br />
zur Rechtsentwicklung auch Luther, Österreichisches Bankgeheimnis –<br />
das unbekannte Wesen oder Was Sie schon immer über das österreichische<br />
Bankgeheimnis wissen wollten, FJ 1989, 162 (162 f); Fellner,<br />
Steuerhinterziehung und Bankgeheimnis, RdW 2000/215, 244 (244 ff)).<br />
Nach dieser Bestimmung dürfen „Kreditinstitute, ihre Gesellschafter,<br />
Organmitglieder, Beschäftigte sowie sonst <strong>für</strong> Kreditinstitute tätige<br />
Personen dürfen Geheimnisse, die ihnen ausschließlich auf Grund<br />
der Geschäftsverbindungen mit Kunden anvertraut oder zugänglich<br />
gemacht worden sind, nicht offenbaren oder verwerten“; diese Verpflichtung<br />
zur Wahrung des Bankgeheimnisses wird nach § 38 Abs 2<br />
nur unter besonderen Umständen durchbrochen, etwa „im Zusammenhang<br />
mit einem Strafverfahren auf Grund einer gerichtlichen<br />
Bewilligung (§ 116 StPO) gegenüber den Staatsanwaltschaften und<br />
Strafgerichten und mit eingeleiteten Strafverfahren wegen vorsätzlicher<br />
Finanzvergehen, ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten,<br />
gegenüber den Finanzstrafbehörden“.<br />
März 2009 letztlich zum Einlenken gezwungen. Der bisherige<br />
österreichische Vorbehalt zum 2005 eingefügten Art 26 Abs 5<br />
OECD-MA 148) wurde zurückgezogen 149) und in einer entsprechenden<br />
Pressemitteilung des BMF vom 13. 3. 2009 150) darauf<br />
hingewiesen, dass keine formale Änderung des innerstaatlichen<br />
Bankgeheimnisses erfolgen, sondern in Doppelbesteuerungsabkommen<br />
„ ein formal anderer Weg des Informationsaustausches<br />
gewählt “ werden soll. Der rechtliche Status Quo in Österreich<br />
gestattet zwar eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses, allerdings<br />
nur „ im Zusammenhang […] mit eingeleiteten Strafverfahren<br />
wegen vorsätzlicher Finanzvergehen “. 151) Wenngleich damit auch<br />
vergleichbare ausländische verwaltungsbehördliche Verfahren<br />
gemeint sind, 152) bedarf es zum Eingreifen dieser Durchbrechung<br />
nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung einer besonderen<br />
„Einleitung“ des behördlichen Strafverfahrens durch einen<br />
schriftlichen, gesondert anfechtbaren Verwaltungsakt, 153) weshalb<br />
zB der bloße Einleitungsvermerk nach § 397 der deutschen<br />
AO nicht genüge. 154) Auch vor diesem Hintergrund wird daher<br />
deutlich, dass die österreichische Rechtslage in diesem Punkt<br />
nicht den internationalen Transparenzstandards entspricht. 155)<br />
Österreich hat sich daher zur Übernahme des OECD-Standards<br />
und damit zum Austausch von Informationen auf Ersuchen<br />
bereit erklärt, die zur Durchführung des jeweiligen Abkommens<br />
oder zur Anwendung oder Durchsetzung des innerstaatlichen<br />
Rechts betreffend Steuern jeder Art und Bezeichnung „voraussichtlich<br />
erheblich sind“, ohne dass es auf das Vorliegen eines<br />
Verdachts oder gar eines eingeleiteten Verfahrens wegen vorsätzlicher<br />
Finanzvergehen bedürfte. Österreich bemüht sich derzeit,<br />
mit seinen Abkommenspartnern bestehende Abkommen an<br />
den neuen Standard anzupassen bzw bei Neuverhandlungen<br />
diesen Standard zu implementieren; mit einigen Staaten werden<br />
auch TIEAs verhandelt. Österreich ist es dadurch gelungen, bis<br />
September 2009 mehr als die – in einem ersten Schritt – erforderliche<br />
Anzahl von 12 Abkommen zu unterzeichnen, um von<br />
der „grauen Liste“ der OECD gestrichen zu werden. 156)<br />
Diese Bemühungen auf internationaler Ebene müssen freilich<br />
durch eine innerstaatliche Rechtsgrundlage begleitet sein, bindet<br />
doch ein Doppelbesteuerungsabkommen lediglich die beteilig-<br />
148) Wie auch die anderen „Bankgeheimnisstaaten“ Belgien, Luxemburg<br />
und Schweiz hatte Österreich einen Vorbehalt zur Neufassung des<br />
Art 26 Abs 5 OECD-MA abgegeben. Dieser lautete: „Austria reserves<br />
the right not to include paragraph 5 in its conventions. However,<br />
Austria is authorised to exchange information held by a bank or<br />
other financial institution where such information is requested within<br />
the framework of a criminal investigation which is carried on in the<br />
requesting State concerning the commitment of tax fraud.“<br />
149) Siehe zB den Bericht „Overview of the OECD’s Work on Countering<br />
International Tax Evasion“ (2009), 2.<br />
150) Dazu krit Perl, Bankgeheimnis <strong>für</strong> Ausländer vor dem Aus, SWK 2009,<br />
T 87 (T 87 f); Fellner, Neue Entwicklungen beim Bankgeheimnis –<br />
Fehlgriff statt Kunstgriff, RdW 2009/259, 315 (317).<br />
151) Siehe dazu etwa Loukota, Bankgeheimnis und internationale Amtshilfe,<br />
SWI 2002, 362 (362 ff); Klein, Das österreichische Bankgeheimnis,<br />
Anwalt aktuell Mai/Juni 2009, 34 (34 f).<br />
152) VwGH 21. 10. 1983, 82/17/0087; VfGH 20. 3. 1986, B 410/85; VwGH<br />
27. 2. 1992, 86/17/0169.<br />
153) VwGH 26. 7. 2006, 2004/14/0022, ÖStZB 2007/75, 92 = RdW 2006/593<br />
m Anm Zorn; siehe zB auch VfGH 11. 12. 1986, G 119/86; VwGH 5. 4.<br />
1989, 88/13/0021; VwGH 23. 5. 1990, 89/13/0237; VwGH 14. 2. 1991,<br />
90/16/0210; VwGH 16. 2. 1994, 91/13/0203, ÖStZB 1994, 390; vgl<br />
diese Anforderungen implementierend auch §§ 83 Abs 2, 152 Abs 1<br />
FinStrG.<br />
154) VwGH 26. 7. 2006, 2004/14/0022, ÖStZB 2007/75, 92 = RdW 2006/593<br />
m Anm Zorn; siehe dazu auch Arnold, Bankgeheimnis: Ausländische<br />
verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren am (qualifizierten)<br />
Prüfstand der Rechtsstaatlichkeit, ÖBA 2007, 722 (722 ff); Huber,<br />
Steuerstrafverfahren deutscher Finanzbehörden durchbricht österreichisches<br />
Bankgeheimnis nicht! SWK 2006, S 774 (S 774 f).<br />
155) Siehe auch die Kritik bei Fellner, RdW 2009/259, 315 (317).<br />
156) Abrufbar unter http://www.oecd.org/dataoecd/50/0/43606256.pdf.<br />
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Steuerrecht aktuell ÖStZ 1. Oktober/Nr. 19 Artikel-Nr. 916<br />
ten Staaten, begründet aber <strong>für</strong> sich keine Verpflichtung oder<br />
Berechtigung der Bank, vom Geheimnisschutz abzusehen. Zu<br />
diesem Zwecke wurde im Juni 2009 im Nationalrat ein Amtshilfe-<br />
Durchführungsgesetz (ADG) 157) mit umfassenden und instruktiven<br />
Erläuterungen eingebracht, dessen ausgewiesenes Ziel es ist,<br />
„ dem neuen Standard der Amtshilfeleistung ohne Beeinträchtigung<br />
der <strong>für</strong> den rein innerstaatlichen Rechtsbereich geltenden Rechtsgrundsätze<br />
hinsichtlich der Schutzwirkung des Bankgeheimnisses<br />
zum Durchbruch zu verhelfen “, und solcherart innerstaatliche<br />
Spezialnormen zu schaffen, um „ lediglich <strong>für</strong> Zwecke der internationalen<br />
Amtshilfe den allgemeinen Bestimmungen des § 38 des<br />
Bankwesengesetzes (BWG) in dem von der OECD verlangten eingeschränkten<br />
Umfang [zu] derogieren “. Nach heftigen politischen<br />
Diskussionen wurde das ADG vom Nationalrat in einer Sondersitzung<br />
am 1. 9. 2009 158) mit dem in § 38 Abs 5 BWG vorgesehenen<br />
Quorum 159) beschlossenen 160) und schafft solcherart eine<br />
nationale Rechtsgrundlage <strong>für</strong> die Finanzverwaltung, auf Basis<br />
jener Abkommen, die bereits den neuen Transparenzstandard<br />
enthalten, Bankinformationen <strong>für</strong> Zwecke der internationalen<br />
Amtshilfe zu erlangen. Der Rechtsschutz des Einzelnen wird<br />
durch die Eröffnung des Rechtswegs gewährleistet. Eine – verfassungsrechtlich<br />
womöglich bedenkliche – Rückwirkung wird<br />
durch entsprechende In-Kraft-Tretens-Bestimmungen in den<br />
völkerrechtlichen Abkommen ausgeschlossen.<br />
6. Herausforderungen der Zukunft<br />
6.1. Planungssicherheit als Rechtsproblem<br />
Für die dargestellten unterschiedlichen Aspekte, die eine Gratwanderung<br />
zwischen aggressiver Steuerplanung, Missbrauch<br />
und Abgabenhinterziehung bestimmen, gilt der Befund, dass die<br />
wirtschaftliche Realität eine Vielschichtigkeit von Sachverhaltskonstellationen<br />
aufweist, deren steuerrechtliche Beurteilung sich<br />
nach zum Großteil höchst unbestimmten Gesetzestatbeständen<br />
richtet. Komplexe Sachverhalte lassen sich steuerrechtlich<br />
oftmals nur anhand der zum <strong>Teil</strong> schillernden und daher nur<br />
eingeschränkt mit Sicherheit bestimmbaren allgemeinen Steuerprinzipien<br />
– wie etwa die Einkünftezurechnung, den Betriebsausgaben-<br />
und Betriebsvermögensbegriff, Verteilungspflichten,<br />
wirtschaftliche Betrachtungsweise und Scheingeschäft – beurteilen.<br />
Sie laufen dann immer noch Gefahr, vor dem Hintergrund<br />
allgemeiner oder spezieller Antimissbrauchsbestimmungen oder<br />
auch durch die Entwicklungen der internationalen Rahmen-<br />
157) Antrag der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kai Jan Krainer,<br />
Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über<br />
die Umsetzung der OECD-Grundsätze der internationalen abgabenrechtlichen<br />
Amtshilfe (Amtshilfe-Durchführungsgesetz – ADG), 681/A<br />
(24. GP), abgeändert in 323 BlgNR 24. GP; siehe auch Gruber/Vondrak,<br />
Initiativantrag zum Amtshilfe-Durchführungsgesetz eingebracht, SWK<br />
2009, T 153 (T 153 ff).<br />
158) Am 8. 7. 2009 wurde im Plenum des Nationalrates der Antrag auf<br />
Rückverweisung des Initiativantrags betreffend das Amtshilfe-Durchführungsgesetz<br />
(ADG) an den Finanzausschuss einstimmig beschlossen;<br />
im Finanzausschuss am 27. 8. 2009 wurde das ADG unter Berücksichtigung<br />
eines Abänderungsantrages (siehe 323 BlgNR 24. GP) mit<br />
Stimmenmehrheit angenommen und im Plenum des Nationalrates<br />
am 1. 9. 2009 mit 136 Ja-Stimmen (gegenüber 34 Nein-Stimmen) mit<br />
der erforderlichen qualifizierten Mehrheit beschlossen. Der Bundesrat<br />
hat am 3. 9. 2009 beschlossen, keinen Einspruch zu erheben.<br />
159) Das österreichische Bankgeheimnis ist aufgrund der Verfassungsbestimmung<br />
des § 38 Abs 5 BWG mit einer erhöhten Bestandskraft<br />
versehen, kann es doch „vom Nationalrat nur in Anwesenheit von<br />
mindestens der Hälfte der Abgeordneten und mit einer Mehrheit<br />
von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen abgeändert werden.“<br />
160) Kundgemacht in BGBl I 2009/102 vom 8. 9. 2009.<br />
bedingungen anders als vom Abgabepflichtigen beabsichtigt<br />
beurteilt zu werden.<br />
Der Abgabepflichtige, der seine wirtschaftlichen Aktivitäten<br />
oft unter Einsatz beachtlicher finanzieller Mittel setzt, hat ein<br />
durchaus legitimes Interesse daran, bereits vor der Umsetzung<br />
seiner wirtschaftlich motivierten Pläne deren steuerrechtliche<br />
Konsequenzen zu kennen. Planungssicherheit ist somit ein berechtigtes<br />
Anliegen von Abgabepflichtigen, das auch die Entscheidung<br />
<strong>für</strong> oder gegen einen Wirtschaftsstandort maßgeblich<br />
beeinflussen kann.<br />
Vollständige Planungssicherheit ist in einer schnelllebigen<br />
und globalisierten Welt uE nicht erreichbar. Sie könnte aber<br />
in Österreich durch die Schaffung bindender Auskünfte der<br />
Finanzbehörden um ein Vielfaches erhöht werden. 161)<br />
Steuerpflichtige, die sich über die steuerrechtlichen Konsequenzen<br />
eines von ihnen geplanten wirtschaftlichen Vorhabens<br />
Gewissheit verschaffen wollen, wenden sich auch in Österreich<br />
an das jeweils zuständige Finanzamt, in Einzelfällen auch an<br />
den BMF. Im Regelfall erteilen die Finanzämter und auch der<br />
BMF eine Auskunft darüber, ob der vom Steuerpflichtigen vorgenommenen<br />
steuerrechtlichen Beurteilung seines Vorhabens<br />
zuzustimmen ist. Anders als in einigen europäischen Staaten<br />
entfalten diese Auskünfte keine Bindungswirkung. Auskünfte<br />
werden nämlich als bloße Wissenserklärungen nicht als Bescheid<br />
qualifiziert. 162) Daher kann sich der Adressat einer Auskunft<br />
weder vollständig auf ihre Richtigkeit verlassen, noch kann<br />
er gegen sie ein Rechtsmittel erheben. Derartige Auskünfte<br />
können – mangels Bescheidcharakters – außerdem jederzeit<br />
zurückgenommen oder geändert oder im Zuge der Veranlagung<br />
durch das Finanzamt schlicht nicht berücksichtigt werden. 163)<br />
Der Abgabepflichtige hat daher grundsätzlich in keinem Fall<br />
einen Anspruch auf Erlassung eines auskunftskonformen Bescheids.<br />
Sein Vertrauen in die Richtigkeit der Auskunft kann<br />
jedoch unter bestimmten Voraussetzungen durch den Grundsatz<br />
von Treu und Glauben geschützt sein. 164) Voraussetzung ist nach<br />
der hA, 165) dass die Auskunft von der sachlich und örtlich zuständigen<br />
Abgabenbehörde erteilt, der Abgabepflichtige den in der<br />
Auskunft dargelegten Sachverhalt auch tatsächlich verwirklicht<br />
und damit im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft disponiert<br />
hat und dass ihm durch das Abweichen des Finanzamts von<br />
der in der Auskunft vorgenommenen steuerrechtlichen Beurteilung<br />
ein Schaden erwachsen ist. Da der Grundsatz von Treu und<br />
161) Die gewünschte oder vermeintliche Bindungswirkung von Auskünften<br />
wurde im Schrifttum laufend diskutiert. Vgl <strong>für</strong> viele: <strong>Ruppe</strong>, Auskünfte<br />
und Zusagen durch Finanzbehörden, ÖStZ 1979, 50; Achatz,<br />
Das Auskunftspflichtgesetz – Rechtsnatur und Rechtswirkungen von<br />
behördlichen Auskünften insbesondere im Steuerrecht, NZ 1988,<br />
213; Stoll, Finanzbehördliche Rechtsauskünfte (Bindung, Vertrauensschutz,<br />
Unverbindlichkeits-Vorbehalt), ÖStZ 1998, 444; Achatz/<br />
Kofler, Haftung <strong>für</strong> fehlerhafte Rechtsauskünfte im Steuerrecht, in<br />
Holoubek/Lang (Hrsg), Organhaftung und Staatshaftung in Steuersachen<br />
(2002) 197 f; Ehrke, Verbindliche Auskünfte im österreichischen<br />
Steuerrecht? (2003); Fraberger, „Ruling“ – Die verbindliche Absprache<br />
von Rechtsfragen mit dem Finanzamt bereits auf Basis der momentanen<br />
Rechtslage möglich?, ÖStZ 2003, 369; Fellner, Vereinbarungen<br />
im Steuerrecht, SWK 2005, S 986; Werndl, Sind Vereinbarungen im<br />
Steuerrecht verfassungskonform? ÖStZ 2006, 499.<br />
162) ZB VwGH 24. 4. 1968, 999/67, ÖStZB 1968, 149; 25. 6. 1985, 85/14/0028,<br />
ÖStZB 1986, 51; 14. 12. 2000, 95/15/0028; LStR 1999 Rz 1240 f; Doralt,<br />
EStG, § 90 Tz 5; Ritz, Lohnsteuerauskunft gemäß § 90 EStG 1988, ÖStZ<br />
1999, 321. – Vgl dazu ausführlich Ehrke, Verbindliche Auskünfte (2003)<br />
43 ff.<br />
163) Vgl a Doralt, EStG, § 90 Tz 5.<br />
164) ZB VwGH 27. 6. 1974, 303/74; VwGH 3. 11. 1986, 85/15/0270; VwGH<br />
3. 5. 2000, 99/16/0034; VwGH 7. 6. 2001, 98/15/0065; BMF, Richtlinien<br />
zum Grundsatz von Treu und Glauben, AÖF 2006/126.<br />
165) ZB VwGH 8. 9. 1992, 82/14/0091, ÖStZB 1993, 325; 14. 7. 1994,<br />
91/17/0170; BMF, Richtlinien zum Grundsatz von Treu und Glauben,<br />
AÖF 2006/126; Doralt/<strong>Ruppe</strong>, Steuerrecht II 5 (2006) Rz 371.<br />
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470 ÖStZ 1. Oktober/Nr. 19 Artikel-Nr. 916 Steuerrecht aktuell<br />
Glauben keinesfalls das Legalitätsprinzip ausschalten kann, 166)<br />
ist grundsätzlich ausgeschlossen, dass aufgrund einer (rechtswidrigen)<br />
Auskunft ein (rechtswidriger) auskunftskonformer<br />
Bescheid ergeht. Aus der Rechtsprechung des VwGH ergibt sich,<br />
dass bei Ermessensentscheidungen das Ermessen zugunsten des<br />
Abgabepflichtigen zu üben ist, wenn dieser sein Verhalten nach<br />
einer entsprechenden Auskunft gerichtet hat. Das bedeutet im<br />
Ergebnis, dass in diesen Fällen eine auskunftskonforme, jedoch<br />
unter Umständen rechtswidrige steuerrechtliche Behandlung<br />
aufgrund des Grundsatzes von Treu und Glauben beizubehalten<br />
ist. Die Frage, ob eine der Auskunft entsprechende Behandlung<br />
letztendlich auch tatsächlich nach Verwirklichung des auskunftsgegenständlichen<br />
Sachverhalts stattfinden wird, artet damit <strong>für</strong><br />
den Abgabepflichtigen in eine Art Glücksspiel aus: Hält sich<br />
die Abgabenbehörde im Veranlagungsbescheid an die Auskunft,<br />
so hat der Abgabepflichtige gewonnen. Sämtliche Rechtskraftdurchbrechungen,<br />
die die Abgabenbehörde von Amts wegen<br />
vornehmen kann, liegen in ihrem Ermessen. 167) Ist das Ermessen<br />
aufgrund des Grundsatzes von Treu und Glauben zugunsten des<br />
Abgabepflichtigen zu üben, läuft dies auf eine Aufrechterhaltung<br />
des (rechtswidrigen) auskunftskonformen Bescheids hinaus. 168)<br />
Hält sich die Abgabenbehörde im Veranlagungsbescheid hingegen<br />
nicht an die Auskunft, kann der Grundsatz von Treu<br />
und Glauben aufgrund des Legalitätsprinzips nicht zu einer<br />
Abänderung des Bescheids führen. Der Abgabepflichtige hat<br />
jedoch die Möglichkeit, auf Basis der VO BGBl II 2005/435<br />
einen Antrag auf Nachsicht zu stellen. Dieser ist – abgesehen<br />
vom administrativen Aufwand – mit zwei Unsicherheiten belastet:<br />
Einerseits handelt es sich bei der Nachsicht wiederum<br />
um eine Ermessensentscheidung, andererseits soll die Nachsicht<br />
nach den RL des BMF zum Grundsatz von Treu und Glauben<br />
lediglich im Ersatz des Vertrauensschadens bestehen. Dieser<br />
wird in besagten Richtlinien 169) als „ die Differenz zwischen jener<br />
Abgabenschuld, die sich aus dem im Vertrauen auf die Auskunft<br />
gesetzten Verhalten ergibt und der Abgabenbelastung, die aus dem<br />
Verhalten resultiert wäre, das der Abgabepflichtige gesetzt hätte,<br />
wenn ihm die richtige Auskunft erteilt worden wäre “. Die Höhe<br />
des Vertrauensschadens ist bei dieser Definition davon abhängig,<br />
welches Verhalten der Abgabepflichtige gesetzt hätte, wäre<br />
die Auskunft von vornherein richtig gewesen. Der Vertrauensschaden<br />
besteht somit in der Verpflichtung, eine Person, die<br />
auf die Gültigkeit einer Auskunft vertraut hat, so zu stellen,<br />
wie sie ohne das Vertrauen stünde. 170) Im Ergebnis ist damit<br />
<strong>für</strong> den Abgabepflichtigen nicht sicher, dass er so gestellt wird<br />
wie er gestanden hätte, hätte sich die Abgabenbehörde an die<br />
Auskunft gehalten. 171)<br />
Die fehlende Bindungswirkung von Auskünften führt gerade<br />
bei komplexen wirtschaftlichen Sachverhalten zu einer erheblichen<br />
Planungsunsicherheit. Die Einführung eines bindenden<br />
166) ZB VwGH 3. 7. 1980, 1289/77, 1683/80; VwGH 27. 2. 1983, 81/15/0120;<br />
VwGH 25. 6. 1985, 85/14/0028; VwGH 18. 9. 2000, 2000/17/0048; Richtlinien<br />
zum Grundsatz von Treu und Glauben, AÖF 2006/126.<br />
167) Sowohl bei den Rechtskraftdurchbrechungen nach §§ 293 ff BAO<br />
handelt es sich um Ermessensentscheidungen als auch bei der Wiederaufnahme<br />
von Amts wegen gem § 303 Abs 4 BAO.<br />
168) Vgl dazu ausführlich mit Beispielen Ehrke-Rabel, Zur Bindungswirkung<br />
von finanzbehördlichen Rechtsauskünften unter besonderer<br />
Berücksichtigung der Richtlinien des BMF zum Grundsatz von Treu<br />
und Glauben, in FS Doralt 19 (30 f).<br />
169) Richtlinien zum Grundsatz von Treu und Glauben, AÖF 126/2006,<br />
Pkt 3.3. – Diese Schadensdefinition wurde aus dem Erlass zum Grundsatz<br />
von Treu und Glauben aus dem Jahr 1995 (BMF AÖF 1995/70)<br />
übernommen.<br />
170) Koziol/Welser, Bürgerliches Recht II 13 , 289.<br />
171) Vgl dazu ausführlich Ehrke-Rabel in FS Doralt 31 f.<br />
Auskunftsverfahrens würde diese Unsicherheit vermindern und<br />
die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Österreich maßgeblich<br />
steigern. Unbestritten ist, dass ein solches Rechtsinstitut<br />
<strong>für</strong> den Legisten eine große Herausforderung darstellt: So<br />
sind verbindliche Auskünfte mit dem österreichischen Rechtsstaatsverständnis,<br />
das traditionell von der Geschlossenheit des<br />
Rechtsquellensystems ausgeht, in Einklang zu bringen. Es ist zu<br />
entscheiden, ob dem Abgabepflichtigen gegen eine abschlägige<br />
Auskunft ein Rechtsmittel einzuräumen ist, ob sein Ersuchen<br />
um Auskunft kostenpflichtig sein soll, ob die Auskunft nur die<br />
Abgabenbehörde oder auch den Abgabepflichtigen binden soll.<br />
Dass diese Fragen lösbar sind und dass bindende Auskünfte<br />
auch ohne großen administrativen und verfahrensverzögernden<br />
Aufwand umsetzbar sind, zeigen andere Mitgliedstaaten der Europäischen<br />
Union. Dem Vernehmen nach soll in beschränkten<br />
<strong>Teil</strong>bereichen (zB der Verrechnungspreisproblematik) bereits<br />
in naher Zukunft ein Rulingverfahren in Österreich eingeführt<br />
werden.<br />
6.2. Internationale „Steuerarbitrage“<br />
Selbst in globalisierten und teilweise hochintegrierten Märkten<br />
differieren die einzelnen nationalen Steuersysteme. Diese<br />
Unterschiede können zu Situationen führen, in denen grenzüberschreitend<br />
tätige Steuerpflichtige in solider Übereinstimmung<br />
mit den Vorschriften der verschiedenen Staaten agieren,<br />
aufgrund der unterschiedlichen steuerlichen Tatbestände und<br />
Rechtsfolgen aber steuerliche Vorteile erlangen, die bei rein nationaler<br />
Tätigkeit nicht zur Verfügung stehen. 172) Wenngleich die<br />
Definitionen einer derartigen „internationalen Steuerarbitrage“<br />
im Detail variieren, 173) entsteht sie im Wesentlichen, „ wenn<br />
dieselbe Transaktion in zwei oder mehr Steuerrechtsordnungen<br />
einer unterschiedlichen Besteuerung unterworfen werden “. 174) Die<br />
steuerplanerische Nutzung 175) dieser Divergenzen wird zwar<br />
bisweilen als „aggressive Steuerplanung“ charakterisiert, 176) unterscheidet<br />
sich aber dennoch konzeptionell klar sowohl vom<br />
Ausnutzen eines (unfairen) Steuerwettbewerbs als auch von<br />
missbräuchlichen Gestaltungen. 177)<br />
Die Erscheinungsformen internationaler Steuerarbitrage sind<br />
daher ebenso vielfältig wie die unterschiedlich definierten Steuervorteile<br />
(zB Verlustverwertung, beschleunigte Abschreibung,<br />
Abzug von Zinszahlungen, Schachtelprivilegien etc), die in den<br />
beteiligten Steuerrechtsordnungen bestehen. 178) Steuerarbitrage<br />
bietet Steuerpflichtigen die – durchaus elegante – Möglichkeit zur<br />
172) Siehe die Empfehlungen der Ausschüsse zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes<br />
2008 (JStG 2008), BR-Drs 544/1/07, 76: „Diese Situation<br />
kann von dem Steuerpflichtigen zu einer ganzen oder teilweisen<br />
Nichtbesteuerung genutzt werden – ein Vorteil, der bei Durchführung<br />
dieser Transaktion in nur einer Steuerrechtsordnung nicht bestehen<br />
würde“.<br />
173) Für einen Überblick siehe Kofler/Kofler, Internationale Steuerarbitrage,<br />
in Brähler/Lösel (Hrsg), Deutsches und internationales Steuerrecht<br />
– Gegenwart und Zukunft, FS Djanani (2008) 381 (382 ff).<br />
174) Siehe die Begründung zu § 138a Abs 2 AO des Gesetzesentwurfs zur<br />
Anzeigepflicht von Steuergestaltungen (Stand: 25. 6. 2007) sowie<br />
BR-Drs 544/1/07, 76.<br />
175) Internationale Steuerarbitrage wurde sogar als das „tax planning of<br />
the future“ bezeichnet; siehe Rosenbloom, International Tax Arbitrage<br />
and the “International Tax System”, 53 Tax Law Review 2000, 137<br />
(166).<br />
176) Siehe <strong>für</strong> eine Übersicht Steiner, Aggressive Steuerplanung – oder wo<br />
das Geld hinfließt, SWI 2007, 308 (308 ff).<br />
177) Vgl nur Boyle, Cross-Border Tax Arbitrage – Policy Choices and Political<br />
Motivations, BTR 2005, 527 (528).<br />
178) Für eine Auflistung möglicher Arbitragesituationen siehe auch § 138<br />
Abs 2 des Gesetzesentwurfs zur Anzeigepflicht von Steuergestaltungen<br />
(Stand: 25. 6. 2007) sowie die Erläuterungen in BR-Drs 544/1/07,<br />
77 f.<br />
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Steuerrecht aktuell<br />
Reduktion ihrer weltweiten Steuerlast ohne signifikante Änderungen<br />
in der Struktur oder Lokalisierung ihrer wirtschaftlichen<br />
Operationen. Vor einer geschickten und mit wirtschaftlicher<br />
Substanz erfolgenden Nutzbarmachung bestehender Unterschiede<br />
sind auch Staaten mit sophistizierten Steuersystemen<br />
nicht immun, zumal Arbitrage weder auf der Einschaltung von<br />
Niedrigsteuerregimen beruht, noch unter dem Gesichtspunkt<br />
missbräuchlicher Steuerplanung auf Bedenken stoßen sollte. 179)<br />
Steuerarbitrage kann vielmehr „ zulässigerweise die Möglichkeiten<br />
nutzen, die sich aus dem fairen Steuerwettbewerb der Staaten<br />
ergeben “. 180) Internationale Steuerarbitrage tritt daher a prima vista<br />
als natürliches Nebenprodukt nicht harmonisierter oder koordinierter<br />
Steuersysteme in globalisierten Märkten auf, wobei selbst<br />
relativ kleine Unterschiede substanzielle Arbitragemöglichkeiten<br />
bieten können. 181) Diese entstehen beispielsweise dadurch, dass<br />
ein Steuersubjekt in mehreren Staaten als unbeschränkt steuerpflichtig<br />
angesehen wird (zB doppelte Konsolidierung von Verlusten),<br />
dass Zahlungen in mehreren Jurisdiktionen unterschiedlich<br />
eingeordnet werden (zB Unterschiede in der Qualifikation als<br />
Eigen- oder Fremdkapital und der entsprechenden Zahlungsströme),<br />
dass Gesellschaften in verschiedenen Jurisdiktionen<br />
unterschiedlich charakterisiert werden (zB Umqualifikation von<br />
Zahlungsströmen durch Einschaltung hybrider Gesellschaften),<br />
oder dass Wirtschaftsgüter aufgrund unterschiedlicher Zuordnungskonzepte<br />
in mehreren Jurisdiktionen berücksichtigt werden<br />
(zB „Double-Dip-Leases“). 182)<br />
Grafik 6<br />
„Dual Consolidated Loss“ – Staaten knüpfen die unbeschränkte Steuerpflicht<br />
von Gesellschaften oftmals an unterschiedliche Kriterien (zB<br />
statutarischer Sitz oder Ort der Geschäftsleitung). Ist es solcherart<br />
möglich, durch einen einmaligen Aufwand (zB Zinszahlungen <strong>für</strong><br />
eine fremdfinanzierte Unternehmensakquisition) in einer doppelt-an-<br />
179) Siehe zB Rosenbloom, 53 Tax Law Review 2000, 137 (143): „The beauty<br />
of international tax arbitrage, when practiced most skillfully, is that<br />
none of the objections to agressive or abusive tax planning should<br />
apply anywhere because, from the vantage point of any single country,<br />
there is neither aggressiveness nor abuse“.<br />
180) Siehe die Begründung zu § 138a Abs 2 AO des Gesetzesentwurfs zur<br />
Anzeigepflicht von Steuergestaltungen (Stand: 25. 6. 2007), sowie<br />
BR-Drs 544/1/07, 76.<br />
181) Siehe zB die ausführliche Untersuchung zur divergierenden Behandlung<br />
des Disagios in den USA und Japan bei Ring, One Nation Among<br />
Many: Policy Implications of Cross-Border Tax Arbitrage, 44 Boston<br />
College Law Review 2002, 79 (90 ff).<br />
182) Siehe zu diesen Formen ausf Kofler/Kofler in FS Djanani 381 (388 ff<br />
mwN).<br />
ÖStZ 1. Oktober/Nr. 19 Artikel-Nr. 916<br />
sässigen Gesellschaft diesen Aufwand durch die Konsolidierung in<br />
zwei Staaten zu verwerten, liegt ein Fall der internationalen Steuerarbitrage<br />
vor<br />
Erst in den letzten zwei Jahrzehnten ist das Phänomen der internationalen<br />
Steuerarbitrage vermehrt in den Fokus sowohl der<br />
Wissenschaft 183) als auch der nationalen Steuerverwaltungen und<br />
Gesetzgeber gerückt. Unklar ist freilich nach wie vor, ob bzw in<br />
welchen Situationen internationale Steuerarbitrage konzeptionell<br />
überhaupt als (steuerpolitisches) Problem anzusehen ist. So<br />
wirft sich bereits am Ausgangspunkt die – berechtigte – Frage<br />
auf, auf Basis welcher steuerpolitischen Überlegungen ein Staat<br />
darüber besorgt sein sollte, dass ein Steuerpflichtiger oder eine<br />
nahe stehende Person steuerliche Vorteile in einem anderen Staat<br />
genießt. 184) Einer möglichen Unbedenklichkeitsbescheinigung<br />
<strong>für</strong> internationale Steuerarbitrage werden allerdings verschiedene<br />
Überlegungen entgegengehalten, die von der Annahme<br />
eines Prinzips der Einmalbesteuerung als Baustein eines „internationalen<br />
Steuerregimes“ über Argumente der Effizienz und<br />
Gerechtigkeit bis zu staatlichen Fiskalinteressen rangieren. 185)<br />
In der Rechtswirklichkeit ist die Reaktion der Staaten und<br />
internationalen Organisationen auf das Phänomen der internationalen<br />
Steuerarbitrage beschränkt, inkonsistent und keineswegs<br />
international koordiniert. Lediglich punktuell haben einige<br />
Staaten einzelne Arbitragevorgänge einer gesetzlichen Regelung<br />
zugeführt, freilich zumeist ohne gleichermaßen die negativen<br />
Effekte divergierender Steuersysteme und daraus resultierende<br />
Doppelbesteuerungseffekte systematisch einzubeziehen. Solcherart<br />
stellt das Phänomen der internationalen Steuerarbitrage<br />
nationale Gesetzgeber vor spezifische Probleme, die sich in<br />
der Zukunft auch <strong>für</strong> das österreichische Steuerrecht vermehrt<br />
aufwerfen werden. Die Frage, ob bzw wie darauf (legistisch)<br />
reagiert werden sollte, entzieht sich freilich einer Generallösung.<br />
Denn selbst wenn gewisse Formen der internationalen<br />
Steuerarbitrage konzeptionell Bedenken hervorrufen könnten,<br />
lässt sich ein sinnvoller Pfad <strong>für</strong> gesetzgeberische Reaktionen<br />
nur schwer identifizieren. Allerdings wird bzw wurde in mehreren<br />
Staaten die Einführung von Meldepflichten im Hinblick<br />
auf Arbitragetransaktionen überlegt, 186) wenngleich diese Maßnahmen<br />
keine unmittelbaren materiell-steuerrechtlichen Konsequenzen<br />
nach sich ziehen würden. Vielmehr sollte es der<br />
183) Siehe insb West, Foreign Law in U.S. International Taxation: The Search<br />
for Standards, 3 Florida Tax Review 1996, 147; Rosenbloom, 53 Tax Law<br />
Review 2000, 137; Harter, International Tax Arbitrage: Is It a Problem?<br />
Whose Problem Is It?, 41 Tax Management Memorandum, Apr. 24,<br />
2000, 139; Ring, One Nation Among Many: Policy Implications of Cross-<br />
Border Tax Arbitrage, 44 Boston College Law Review 2002, 79; Shaviro,<br />
Money on the Table?: Responding to Cross-Border Tax Arbitrage, 3<br />
Chicago Journal of International Law 2002, 317; Kane, Strategy and<br />
Cooperation in National Responses to International Tax Arbitrage, 53<br />
Emory Law Journal 2004, 89; Shaviro, More Revenues, Less Distortion?<br />
Responding to Cross-Border Tax Arbitrage, 1 NYU Journal of Law and<br />
Business 2004, 113; Boyle, BTR 2005, 527; Rosenzweig, Harnessing the<br />
Costs of International Tax Arbitrage, 26 Virginia Tax Review 2007, 555;<br />
Avi-Yonah, Tax Competition, Tax Arbitrage, and the International Tax<br />
Regime, Bulletin for International Taxation 2007, 130 = Public Law and<br />
Legal Theory Working Paper Series, Working Paper No. 73 (January<br />
2007); siehe zuletzt auch Kofler/Kofler in FS Djanani 381 (381 ff).<br />
184) Rosenbloom, 53 Tax Law Review 2000, 137 /137 ff, insb 147 und<br />
154).<br />
185) Siehe zu den entsprechenden Argumenten Kofler/Kofler FS Djanani<br />
381 (396 ff mwN).<br />
186) So der deutsche Gesetzesentwurf zur Anzeigepflicht von Steuergestaltungen<br />
(Stand: 25. 6. 2007) sowie BR-Drs 544/1/07, 64 ff, der<br />
aber letztlich nicht in das Jahressteuergesetz 2008 (dBGBl 2007 I<br />
3150) aufgenommen worden. Vgl dazu etwa Kessler/Eicke, Anzeigepflicht<br />
<strong>für</strong> Steuergestaltungen nach § 138a AO durch das JStG<br />
2008 – Transparente Perspektiven <strong>für</strong> die Finanzverwaltung, BB 2007,<br />
2370 (2370 ff).<br />
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471
472 ÖStZ 1. Oktober/Nr. 19 Artikel-Nr. 917 Artikelrundschau<br />
Finanzverwaltung dadurch ermöglicht werden, „ legale, jedoch<br />
unerwünschte Gestaltungen früher als bisher [zu] erkennen und<br />
entsprechende Maßnahmen auf Verwaltungsebene [zu] ergreifen<br />
oder Maßnahmen gesetzgeberischer Art “ anzuregen. 187) Dennoch<br />
bleibt festzuhalten, dass das Phänomen der internationalen<br />
Steuerarbitrage mehr und mehr in den Fokus der nationalen<br />
Gesetzgeber rückt und Staaten wie die USA, das Vereinigte<br />
187) Siehe die Begründung zu § 138a AO des Gesetzesentwurfs zur Anzeigepflicht<br />
von Steuergestaltungen (Stand: 25. 6. 2007), und BR-Drs<br />
544/1/07, 69.<br />
Die Autoren:<br />
Univ.-Prof. Dr. Tina Ehrke-Rabel, <strong>Institut</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Finanzrecht</strong>, Steuerrecht und Steuerpolitik<br />
an der Johannes-Kepler-Universität in Linz.<br />
Artikelrundschau<br />
Dr. Eva Drauschbacher/Dr. Christa Lattner<br />
Zeitraum: August 2009 – <strong>Teil</strong> 1<br />
Allgemeines – national, Gesetzesentwürfe,<br />
Steuerpolitik<br />
■ ÖStZ 2009/917, 472<br />
Übersicht über den Stand wichtiger aktueller<br />
Gesetzesvorhaben<br />
(RdW 2009, S. IV)<br />
Tabellarische Auflistung von im BGBl verlautbarten Gesetzen,<br />
von Gesetzesvorschlägen und Begutachtungsentwürfen – Stand<br />
5. 8. 2009.<br />
■ ÖStZ 2009/918, 472<br />
Zur Verschärfung der Quotenregelung ab der<br />
Veranlagung 2007<br />
(Pülzl, SWK 22/2009, T 171)<br />
Ab dem Veranlagungsjahr 2007 wurde die Quotenvereinbarung<br />
um das einzelfallbezogene Kriterium der Übermittlung bestimmter<br />
Erklärungen über Finanzonline erweitert („subjektbezogene<br />
Quotenanpassung“). In diesem Zusammenhang stell(t)en sich<br />
neben zahlreichen Übergangsproblemen auch viele grundlegende<br />
Fragen. Eine davon wird im Beitrag aufgegriffen.<br />
■ ÖStZ 2009/919, 472<br />
Steuern: Rückgang um über fünf Prozent im ersten<br />
Halbjahr<br />
(SWK 23/24/2009, T 177)<br />
Königreich oder Australien Vorreiterrollen übernommen haben;<br />
vor allem dem „Joint International Tax Shelter Information<br />
Centre“ (JITSIC) dieser drei Staaten und Kanada wird in die-<br />
sem Bereich erhebliche Bedeutung zugeschrieben. 188) Überdies<br />
bleibt abzuwarten, ob internationale Steuerarbitrage zukünftig<br />
vermehrt in das Blickfeld internationaler Bemühungen innerhalb<br />
der OECD rückt. 189)<br />
188) Siehe dazu zB Boyle, BTR 2005, 527 (533 ff).<br />
189) Siehe diesbezüglich vor allem die „Seoul Declaration“ (Sept. 2006) und<br />
das nachfolgende „Cape Town Communiqué“ (Jan. 2008), abrufbar<br />
unter www.oecd.org.<br />
Univ.-Prof. DDr. Georg Kofler,<br />
LL.M., lehrt und forscht an der Johannes-<br />
Kepler-Universität Linz und ist Mitarbeiter<br />
in der Abteilung <strong>für</strong> Internationales<br />
Steuerrecht im BMF.<br />
Laut einer APA-Meldung sind die Steuereinnahmen bis Juni<br />
hinter das erste Halbjahr 2007 zurückgefallen, wobei die Körperschaftsteuer<br />
um fast 30 % eingebrochen ist.<br />
■ ÖStZ 2009/920, 472<br />
Das Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2009<br />
(Schuschnigg, SWK 23/24/2009, W 95)<br />
Mit dem Beschluss über die neuen Bestimmungen des Antikorruptionsstrafrechts<br />
im öffentlichen Bereich hat der Gesetzgeber einer<br />
weit verbreiteten Rechtsunsicherheit Rechnung getragen und<br />
die Bestimmungen des Strafgesetzbuchs wesentlich präzisiert.<br />
■ ÖStZ 2009/921, 472<br />
Rechts- und Praxisfragen zu Unternehmensanleihen<br />
(Thurnher/Meusburger, SWK 23/24/2009, W 101)<br />
Der Beitrag bereitet das Wesen der Anleihe sowie die rechtlichen<br />
und praxisrelevanten Fragen einer Anleihebegebung auf. Ziel ist<br />
es, die Anleihe interessierten Unternehmen und deren Beratern<br />
näher zu bringen.<br />
Allgemeines – international, EU-Recht,<br />
Auslandsbeziehungen<br />
■ ÖStZ 2009/922, 472<br />
Internationaler Rundblick<br />
(Schiebel/Nagy, RWZ 2009/66, S. 241)<br />
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