Gedenkjahr - Landesschulrat Steiermark
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Nr. 167<br />
SCHULE<br />
JUNI 5 KONGRESS<br />
2005<br />
www.dieschule-stmk.com<br />
Elektrosmog macht krank<br />
Mobiltelefone & Co. –<br />
Segen oder ein Fluch?<br />
PROF. THOMAS<br />
PETSCHNER<br />
E gal,<br />
ob in der Schule, im<br />
Restaurant, im Zug oder<br />
beim Arzt: Das Dideldadel-<br />
düddeldüt der Handys ist<br />
innerhalb von zehn Jahren Alltag<br />
geworden. 55 Millionen<br />
deutsche Handys und ca.<br />
50.000 Sendemasten, dazu<br />
allerlei Elektro-Helfer in den<br />
Haushalten. Die Situation ist,<br />
prozentuell betrachtet, die gleiche<br />
auch in Österreich sowie<br />
anderen „zivilisierten“ Ländern.<br />
Wie diese Zahlen wuchs<br />
auch die Menge an Fallstudien<br />
und Forschungsarbeiten, die<br />
sich mit den Risiken der neuen<br />
Technologie auseinandersetzten.<br />
Um einen Überblick zu<br />
bekommen, beauftragte der<br />
Netzbetreiber T-Mobil das<br />
ECGLOG-Institut in Hannover<br />
damit, den wissenschaftlichen<br />
Kenntnisstand über die Auswirkungenelektromagnetischer<br />
Felder auf die Gesundheit<br />
auszuwerten. Die Ergebnisse<br />
stellte ECOLOG im vergangenen<br />
Jahr vor: „Es gibt<br />
mittlerweile eine Reihe sehr<br />
ernstzunehmender Befunde (...)<br />
die auf eine krebsfördernde<br />
Wirkung hochfrequenter elektromagnetischer<br />
Felder, wie sie<br />
beim Mobilfunk benutzt werden,<br />
hindeuten.“ Weiter heißt<br />
es: „In zahlreichen Versuchen<br />
an Menschen wie an Tieren<br />
wurden Beeinflussungen des<br />
zentralen Nervensystems nachgewiesen,<br />
die von neurochemischen<br />
Effekten bis zu Veränderungen<br />
der Hirnpotenziale und<br />
Beeinträchtigungen bestimmter<br />
Gehirnfunktionen reichen.“<br />
In einer öffentlichen Anhörung<br />
vor dem Umweltausschuss des<br />
deutschen Bundestages wertete<br />
Horst-Peter Neitzke, der zuständige<br />
Projektkoordinator<br />
bei ECOLOG, die Untersuchungen<br />
als ernstzunehmende<br />
Hinweise auf gesundheitliche<br />
Gefahren durch Mobilfunk und<br />
forderte ein Vorsorgekonzept<br />
mit niedrigeren Grenzwerten<br />
für ausgesandte Strahlung der<br />
Sendemasten.<br />
Elektrosmog hat keine Schwaden,<br />
verursacht keinen stechenden<br />
Geruch in der Nase,<br />
keinen kratzenden<br />
Hals.<br />
Elektrosmog<br />
ist unsichtbar.<br />
Doch<br />
unser Körper<br />
spür ihn.<br />
Auch Messgerätekönnen<br />
die<br />
elektromagnetischen<br />
Felder erfassen.Gemessen<br />
wird die<br />
Intensität des Feldes in Milliwatt<br />
je Quadratmeter (mW/m 2 ),<br />
das heißt wie viel Energie pro<br />
Fläche durch den Raum getragen<br />
wird. Die amtlichen Grenzwerte<br />
erlauben je nach Netz<br />
eine maximale Intensität von<br />
4500 oder 9000 mW/m 2 . In der<br />
Schweiz gelten Werte von 40<br />
und 100 mW/m 2 , das ECOLOG-<br />
Institut schlägt 10<br />
mW/m 2 als Grenzwert<br />
vor. Ein Tausendstel<br />
dieses<br />
Wertes, also 0,01<br />
mW/m 2 , halten<br />
kritische Wissenschaftler<br />
wie der<br />
Mediziner<br />
Lebrecht von Klitzing<br />
oder der Physiker<br />
Günther Käs<br />
für einen realistischenVorsorgewert.<br />
Die Berichte von<br />
Schlafstörungen,<br />
Stressgefühl,<br />
Kopfschmerzen,<br />
Augenschmerzen,<br />
Tinnitus und anderen<br />
körperlichen<br />
Beschwerden bei<br />
Handy-Dauernutzern<br />
sowie Bewohnern<br />
in der Nachbarschaft<br />
von<br />
Mobilfunksendemasten sind<br />
zahlreich. In solchen Fällen<br />
verweisen die Mobiltelefonhersteller<br />
gerne darauf, dass die<br />
amtlichen Grenzwerte weit<br />
unterschritten würden. Das<br />
stimmt zwar, doch sind diese<br />
Grenzwerte extrem hoch, weil<br />
sie nur die thermische Wirkung<br />
der Strahlung berücksichtigen.<br />
Elektromagnetische Wellen<br />
können, wie beim Mikrowellenherd,<br />
Gewebe erwärmen.<br />
Die offiziellen Grenzwerte<br />
schützen also vor glühenden<br />
Ohren beim Telefonieren, nicht<br />
Prof. Thomas Petschner ist<br />
Präventologe und<br />
Ernährungswissenschaftler<br />
aber vor den<br />
biologischen<br />
Wirkungen der<br />
Felder im Körper.<br />
Unser Organismus<br />
aber<br />
wird von elektrischenImpulsen<br />
gesteuert,<br />
die in ihrer Frequenz<br />
und Stärke<br />
der elektromagnetischen<br />
Strahlung von<br />
Handys ähnlich<br />
sind. Kein Wunder also, dass<br />
uns diese Strahlung beeinflussen<br />
kann.<br />
Manche Wissenschaftler halten<br />
die Handystrahlung für besonders<br />
bedenklich, weil sie,<br />
anders als etwa Radiowellen,<br />
nicht gleichmäßig verläuft,<br />
sondern mit zeitlichen Unterbrechungen<br />
abgestrahlt wird.<br />
Diese gepulste<br />
Strahlung soll den<br />
körpereigenen<br />
Strömen besonders<br />
ähnlich sein. Was<br />
die Beweisführung<br />
schwierig macht,<br />
ist die Tatsache,<br />
dass die Menschen<br />
unterschiedlich<br />
stark auf die<br />
Strahlung reagieren.<br />
Sieben bis<br />
zehn Prozent der<br />
Erwachsenen und<br />
bis ca. 18 Prozent<br />
Kinder gelten als<br />
elektrosensibel.<br />
Die individuelle<br />
Belastung hängt<br />
von der Häufigkeit<br />
und die Länge des<br />
Telefonierens, der<br />
Sendeleistung, der<br />
Position der Antenne<br />
sowie von der<br />
Abstrahlungsrichtung ab.<br />
Maßstab für die Belastung<br />
durch das Handy ist der so<br />
genannte SAR-Wert, den Hersteller<br />
seit Anfang des Jahres<br />
im Handbuch nennen müssen.<br />
Diese spezifische Absorptionsrate<br />
beschreibt, wie viel hochfrequente<br />
Energie pro Kilogramm<br />
Körpergewicht aufgenommen<br />
wird. Die Messung<br />
(in Watt pro Kilogramm Körpergewicht)<br />
ermöglicht Aussagen<br />
über die biologische Wirkung.<br />
Für die Belastung des<br />
Kopfes beim Telefonieren liegt<br />
der Grenzwert zum Beispiel bei<br />
zwei W/kg. Die meisten Handys<br />
produzieren Werte zwischen<br />
einem und eineinhalb W/kg.<br />
Die schwedische Arbeitsschutzorganisation<br />
TCO zeichnet<br />
Handys aus, deren SAR-<br />
Wert unter 0,8 W/kg liegt. Der<br />
Physiker Peter Nießen vom<br />
Nova-Institut in Hürth fordert<br />
einen Grenzwert von 0,2 W/kg.<br />
Und dass es solche strahlungsarmen<br />
Handys bereits gibt,<br />
zeigt ein Blick in die Liste mit<br />
SAR-Werten, die das Institut<br />
unter www.handywerte.de ins<br />
Internet gestellt hat.<br />
Neben den Handys strahlen<br />
noch andere Quellen, zum Beispiel<br />
Fernseher, Computer,<br />
Haartrockner, Kopfhörer und<br />
einige andere. Sie senden ebenfalls<br />
Wellen mit mehreren Millionen<br />
Schwingungen pro<br />
Sekunde aus. Einige der Studien<br />
entstanden in der Nachbarschaft<br />
von Hochspannungsleitungen,<br />
Trafostationen oder<br />
Oberleitungen der Bahn. Sie<br />
zeigten, dass diese Strahlung<br />
ebenfalls krank machen und<br />
das Krebsrisiko erhöhen kann.<br />
Auch hier liegen die amtlichen<br />
Grenzwerte weit über den Werten,<br />
bei denen sich in Versuchen<br />
gesundheitliche Auswirkungen<br />
zeigten. Abstand halten<br />
ist wieder die wirkungsvollste<br />
Methode zur Minimierung, da<br />
die Stärke der Felder mit der<br />
Entfernung rapide abnimmt.<br />
Wie ein Sendemast im Freien<br />
wirken im Haus übrigens die<br />
schnurlosen DECT-Telefone,<br />
die inzwischen etwa 80 Prozent<br />
aller neu verkauften Geräte<br />
ausmachen. Eine DECT-Basisstation<br />
sendet rund um die Uhr<br />
gepulste hochfrequente Wellen<br />
aus, auch wenn nicht telefoniert<br />
wird.<br />
Kinder und Jugendliche sind<br />
empfindlich für physikalische<br />
und chemische Einwirkungen.<br />
Gerade als intensive Handy-<br />
Nutzer reagieren sie besonders<br />
stark auf die Strahlung. So<br />
können sie mehr Energie aus<br />
hochfrequenten EMF absorbieren,<br />
weil sie kleiner sind und<br />
daher eine effektivere „Antenne“<br />
abgeben. Dies könnte ihr<br />
noch nicht ausgewachsenes<br />
Nervensystem beeinträchtigen.<br />
Individuell lässt sich die Belastung<br />
durch die Freisprechsets,<br />
die es heute für jedes Gerät<br />
gibt, reduzieren. Sie halten die<br />
Antenne vom Kopf fern.<br />
In der nächsten Ausgabe: Wissen<br />
wir wirklich, was wir<br />
essen? Hauptsache schmackhaft<br />
und billig – oder mal was<br />
Gesundes?