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Gedenkjahr - Landesschulrat Steiermark

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GELESEN<br />

SCHULE<br />

www.dieschule-stmk.com<br />

14<br />

Lesekompetenz durch Latein<br />

In den härter gewordenen Zeiten<br />

der Verwertbarkeit stehen<br />

die geisteswissenschaftlichen<br />

Disziplinen unter dem Rechtfertigungszwang,<br />

ihre im<br />

Grunde genommen nicht evaluierbaren<br />

Aufgaben der Sinnstiftung,<br />

der Erschließung des<br />

europäischen Kulturkreises der<br />

Öffentlichkeit als Wert darzustellen.<br />

Während sich in den<br />

Naturwissenschaften unter<br />

dem Schutzmantel einer kaum<br />

angezweifelten Nützlichkeit<br />

das menschliche Anrecht auf<br />

Spekulation und Hypothesenbildung<br />

auch in der Schule verwirklichen<br />

lässt und in den<br />

modernen Sprachen unter Verweis<br />

auf die Kommunikationskompetenz<br />

– noch – über<br />

Orwell, Camus und Co. reflektiert<br />

werden darf, sind die Vertreter<br />

der klassischen Sprachen<br />

gezwungen, Transferleistungen<br />

nachzuweisen, also jene Qualifikationen<br />

zu definieren, die<br />

über die Kernaufgabe ihrer<br />

Fächer, nämlich die Vermittlung<br />

griechischer und lateinischer<br />

Literatur, hinausgehen.<br />

Als wesentlicher sekundärer<br />

Nutzen des altsprachlichen<br />

Unterrichts wurde dabei von<br />

Praktikern des Faches immer<br />

wieder die Förderung des Verständnisses<br />

muttersprachlicher<br />

Texte genannt, aber nicht<br />

bewiesen. Diese Behauptung<br />

wurde nun durch eine breit<br />

angelegte Untersuchung an der<br />

Universität zu Köln deutlich<br />

bestätigt.<br />

Versuchsverfahren: Der Test<br />

ermittelte das Verständnis<br />

deutscher Texte bei 3203<br />

Regelstudenten im Alter von 19<br />

bis 28 Jahren im Multiple-<br />

Choice-Verfahren: Von vier<br />

Möglichkeiten war innerhalb<br />

von 20 Minuten die eine richtige<br />

zu bestimmen, wobei die<br />

ausgewählten Texte kein Spezial-<br />

oder Bildungswissen erforderten.<br />

Die Ergebnisse wurden<br />

durch Stabdiagramme veranschaulicht:<br />

Auf der Waagrechten<br />

ist ersichtlich, wie viele<br />

von neun Fragen richtig beantwortet<br />

wurden. Eine Probandengruppe<br />

ist also umso<br />

leistungsfähiger, je höhere Stäbe<br />

sich nach rechts verlagern.<br />

Tabelle 1: Gesamtergebnis<br />

ohne Trennung in Studenten<br />

mit/ohne Latein. 24,2% (Stab<br />

9) haben alle Texte richtig<br />

erfasst, 12% haben nur max. 4<br />

von 9 Fragen verstanden (Stäbe<br />

0 – 4).<br />

Eine lange Nacht<br />

Voll Spannung erwartet, wurde<br />

aus Anlass „Welttag des<br />

Buches“ am Freitag, dem 22.<br />

April, die „1. lange Lesenacht“<br />

in der funkelnagelneuen Schulbibliothek<br />

durchgeführt. Nach<br />

einer vorangegangenen kurzen<br />

formlosen Bewerbung<br />

(„Warum möchtest du unbedingt<br />

an der Lesenacht teilnehmen?“)<br />

wurden 20 Leseratten<br />

(aus den 1., 2. und 3. Klassen)<br />

unserer Schule zu diesem<br />

besonderen Ereignis eingeladen.<br />

Einziges Motto war:<br />

Lesen!<br />

Um für Abwechslung zu sorgen,<br />

wurden auch erwachsene<br />

Vorleser eingeladen: unter<br />

anderen Direktor Peter Nöhrer,<br />

der Humorvolles und Mundartliches<br />

zum Besten gab. Spät<br />

nachts wurden die braven<br />

Leser noch mit Bibliotheksspielen,<br />

Buchsuchaufgaben<br />

und einer Gewinnverlosung<br />

überrascht.<br />

Irgendwann<br />

nach drei<br />

Uhr nachts<br />

entschieden<br />

sich endlich<br />

die meisten<br />

für den<br />

Schlaf, nur<br />

zwei verwegene<br />

Leser<br />

wollten sich<br />

noch nicht zur Ruhe begeben.<br />

Einer davon hielt bis halb sieben<br />

in der Früh durch und hatte<br />

ein dickes und extrem spannendes<br />

Werk („Wolkenpanther“)<br />

ausgelesen.<br />

Tabelle 2: Um die Auswirkung<br />

des Lateinunterrichts sichtbar<br />

zu machen, wurde die Gruppe<br />

in Studenten ohne Latinum<br />

(helle Stäbe) und mit Latinum<br />

(dunkle Stäbe) geteilt. Die Probanden<br />

mit Latein haben<br />

erheblich besser abgeschnitten<br />

als ihre lateinlosen Kollegen.<br />

Würde dieselbe Vorlesung von<br />

50 Lateinern und 50 Studenten<br />

ohne Latein besucht, wiese die<br />

Lehrveranstaltung zuerst rund<br />

60% gute Textversteher auf<br />

(dunkle Stäbe 8 und 9), in der<br />

Sitzung ohne Lateiner wären<br />

nur etwa 40% der Anwesenden<br />

gute oder sehr gute Leser.<br />

Tabelle 3: Besondere Beachtung<br />

verdient der Zusammenhang<br />

zwischen Deutschunterricht<br />

im Grundkurs (3<br />

Wochenst.) und Lateinunterricht.<br />

Die Gruppe „Grundkurs<br />

Deutsch mit Latinum“ (dunkle<br />

Stäbe) ist der getesteten Gruppe<br />

„Grundkurs Deutsch ohne<br />

Latinum“ auf dem höchsten<br />

Signifikationsniveau überle-<br />

Am unlängst abgehaltenen<br />

„Lesefreitag“ boten die drei<br />

Deutschlehrer der Hauptschule<br />

Veitsch den Schülerinnen und<br />

Schülern verschiedene Zugänge<br />

zum Lesen<br />

an. Für jede<br />

Klasse wurde<br />

der halbe Vormittag<br />

„frei“gemacht,<br />

um sich dem<br />

Lesen zu widmen.<br />

Jede Schülergruppe<br />

(drei<br />

pro Klasse) durchlief in drei<br />

Unterrichtsstunden hintereinander<br />

die drei „Eventräume“,<br />

wo sie zu Leseaktivitäten<br />

unterschiedlicher Form eingeladen<br />

wurde. Die Inhalte der<br />

Nr. 167<br />

JUNI<br />

2005<br />

gen. Interessanterweise ist die<br />

Lesekompetenz von Lateinern,<br />

die keinen Leistungskurs<br />

Deutsch (5 – 6 Wochenst.)<br />

belegt haben, auch höher als<br />

die jener Studenten mit dem<br />

Leistungskurs Deutsch ohne<br />

Latinum.<br />

Auswertung und Folgerungen:<br />

Da eine soziale Schichtung bei<br />

Studenten mit und ohne Latein<br />

statistisch nicht fassbar ist,<br />

ergeben sich die Gründe für das<br />

bessere Leseverständnis der<br />

Latinuminhaber wohl aus dem<br />

Lateinunterricht selber: Nicht<br />

Kulturgeschichte, nicht simplified<br />

versions oder Nacherzählungen<br />

von Klassikertexten,<br />

sondern die jahrelange Anforderung,<br />

anspruchsvolle Texte<br />

zu übersetzen, fordern und fördern<br />

Jugendliche. Über eine<br />

zeitgemäße Ausweitung des<br />

Lateinunterrichts darf also<br />

nachgedacht werden.<br />

Doz. Dr. Ludwig Fladerer<br />

BG/BORG Graz-Liebenau<br />

ludwig.fladerer@hib-liebenau.at<br />

Der Lesefreitag<br />

Texte waren auf die Schulstufen<br />

abgestimmt.<br />

In der Bibliothek gab es „Information<br />

und Unterhaltung“.<br />

Hier wurden die Schüler mit<br />

der Bibliotheksverwaltung vertraut<br />

gemacht.<br />

Die Schüler der 7. und 8.<br />

Schulstufe vertieften sich in<br />

Texte zum <strong>Gedenkjahr</strong>.<br />

Im Computerraum lautete das<br />

Motto „Leseerziehung mit neuen<br />

Medien“. Aus dem Internet<br />

konnten Schüler Textproben<br />

aus Jugendbüchern abrufen<br />

und interaktiv damit arbeiten,<br />

indem sie die Möglichkeit hatten<br />

beim Lesequiz ihr Textverständnis<br />

zu überprüfen und<br />

sich mit weiterführenden Texten<br />

zu beschäftigen.<br />

Maria Friesenbichler, Ernst Hödl,<br />

Elisabeth Hofbauer

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