Herbst 2010 - Ev.-Luth. Kirchengemeinden Neubrandenburgs
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Thema<br />
20 Jahre Wiedervereinigung<br />
<strong>Ev</strong>angelische Kirchgemeinden<br />
Die Zeit ist so schnell vergangen, vertrauten Umfeld redeten. Doch diezwanzig<br />
Jahre sollen es schon sein, ses Umfeld, in dem wir uns öffneten,<br />
dass wir in der Bundesrepublik leben? hatte oft genug ein Loch nach drau-<br />
Und doch ist die Zeit davor für uns, die ßen. Dass wir manches Mal getäuscht<br />
wir in der DDR gelebt haben, sehr wurden von den Menschen, denen<br />
nahe. So nahe, dass es uns oft schwer wir vertrauten, ist uns in der Regel erst<br />
fällt, einen objektiven Blick auf unsere nach 1989 bewusst geworden.<br />
eigene Geschichte zu werfen. DDR Aber schwerwiegender waren die Lü-<br />
Museen- und Sendungen über das gen mit denen man jegliches selbst-<br />
Leben in der DDR haben Konjunktur, ständige Denken zu unterbinden<br />
es wird erbittert gestritten, ob die DDR suchte, war z.B. die Erziehung zum<br />
ein Unrechtsstaat war oder nicht, und Frieden mit paramilitärischer Ausbilimmer<br />
wieder höre ich den Satz, es sei dung. Man unterdrückte historisches<br />
nicht alles schlecht gewesen in der Faktenwissen über die eigene Ge-<br />
DDR. Und dieser Satz erinnert mich an schichte der sozialistischen Länder<br />
die Geschichte des Auszuges der und deren vermeintliche Lichtge-<br />
Israeliten aus der Sklaverei. Kaum stalten! Man rief nach Weltfrieden und<br />
hatte Gott durch Mose die Israeliten handelte heimlich mit Waffen! Man<br />
aus der Sklaverei befreit, da gab die sprach öffentlich über Umweltschutz<br />
ersten Schwierigkeiten. In der Wüste, und ging gnadenlos mit der Natur um!<br />
erinnerten sich die Israeliten an „die Und und und…<br />
Fleischtöpfe“ in Ägypten, Fleisch- Die Demonstrationen 1989 und die<br />
töpfe, die es in der Sklaverei niemals Massenflucht aus der DDR hatten ihre<br />
gegeben hatte. Aber die Menschen Gründe! Dies dürfen wir nicht verwaren<br />
unzufrieden in der Wüste und gessen, wenn wir uns an unsere<br />
sie sehnten sich nach einem Zustand, Geschichte erinnern! Die DDR bestand<br />
den es nur in der Erinnerung, aber nie nicht nur aus einer guten Nachbarin<br />
der Realität gab. Und mir scheint, schaft und Geselligkeit!<br />
dass dies heute auch so ist. Viele Aber, und jetzt komme ich in die<br />
Menschen heute sind unzufrieden und Gegenwart, wir sind noch nicht im<br />
deshalb sehnen sie sich zurück in eine Paradies angekommen! Wer glaubt,<br />
Zeit, in der es scheinbar besser war. dass mit der einen Lüge die Lüge aus<br />
Aber lassen Sie sich nicht täuschen, der Welt geschafft wurde, der täuscht<br />
auch damals haben wir geschimpft sich! Wer glaubt, mit der gewonnenen<br />
über die Zustände in der DDR. Ja diese D-Mark oder dem Euro alle Freiheiten<br />
Zustände waren die Ursache dafür, der Welt zu besitzen, wird hoffentlich<br />
dass wir 1989 auf die Straße gingen. irgendwann einmal merken, dass<br />
Mit vielen dieser schlechten Zustände man die wichtigsten Dinge im Leben<br />
hatten wir leben gelernt. Dass es nicht kaufen kann! Nein, auch die<br />
wenig zu kaufen gab, bedrohte das Israeliten hatten nach ihrer Befreiung<br />
Leben nicht! Dass wir nicht reisen noch einen weiten Weg vor sich,<br />
konnten, damit hatten sich die einen Weg, der 40 Jahre dauerte.<br />
meisten Menschen abgefunden. Davon sind wir erst die Hälfte<br />
Schwerer wog, dass man uns unserer gegangen! Ich glaube auch nicht, dass<br />
Freiheit beraubte. Die Freiheitsberau- wir in 20 Jahren im Paradies angebung<br />
begann in den Köpfen, als man kommen sein werden. Aber es liegt<br />
versuchte, uns die Lüge für Wahrheit an uns, wie wir die Gegenwart und<br />
vorzumachen. Und weil viele von uns damit die Zukunft gestalten. Die Freidies<br />
nicht glauben wollten, so muss- heit dazu haben wir jetzt. Die Verantten<br />
wir eine zweite Sprache lernen. wortung für unsere Kinder dürfen wir<br />
Die Sprache, die wir in der Schule, im nicht auf andere abschieben!<br />
Betrieb, in der Öffentlichkeit sprechen<br />
durften, und die Sprache, mit der wir Ralf von Samson<br />
zu Hause oder im Freundeskreis, im