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21.01.2013 Aufrufe

Ehrliche Arbeit – Ein Angriff auf den Finanzkapitalismus und seine Raffgier Das neue Buch von Norbert Blüm Vor knapp einem Jahr erzählte mir Norbert Blüm in einem Gespräch in seinem Garten, dass er im Augenblick an einem Buch über Arbeit sitzen würde. Ich war gespannt. Zwölf Monate später lag es auf meinem Tisch. In seiner Widmung schrieb Blüm, es solle mir als geistige Wegzehr für mein schönes Amt dienen, in dem er vor langer Zeit mein Vorgänger war. Ich war gespannt. Blüm weiß, wovon er spricht Auch wenn in Norbert Blüms neuem Buch die Schilderung, wie er mit 14 Jahren zu Opel kommt und dort seine Lehre beginnt, den Anfang bildet, so legt der ehemalige CDA-Bundesvorsit- 10 TITEL ������������������������������������� geworden, die sich vom Auftraggeber ������������������������������������� gelöst haben. Manager im Aufsichtsrat aber, dass Blüm genau weiß, wovon er bestimmen über Manager, die ande- spricht und was er kritisiert. renorts wiederum über sie bestimmen. Jeder ist mit jedem verbandelt. Das ist Finanzkapitalismus ist eine Art systemimmanente Korrup- Hochstapelei tion. Unter tausend Verpuppungen erscheint die letzte Figur, die alle anderen Puppen an ihren Fäden hält: der Manager des Finanzkapitalismus.“ (S. 196) „Die Erbsünde des Kapitalismus ist, dass der die Arbeit zur abhängigen Variablen des Kapitals degradiert hat. Das Spätere, nämlich das Kapital, herrscht über das Frühere, nämlich die Arbeit. In der kapitalistischen Ordnung bestimmt also die Wirkung die Ursache. Diese Konstellation stellt die Weltordnung auf den Kopf. Arbeit ist ein personeller Wert, Kapital ein instrumentaler.“ (S. 203) Im Kern prangert der ehemalige Bundesarbeitsminister die mangelnde Wertschätzung der Arbeit an: „Der Kapitalismus wird daran zugrunde gehen, dass er Arbeiter und ihre Arbeit nicht würdigt.“ (S. 80). Das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ ist für ihn die märchenhafte Antizipation der Finanzkrise. Börsenanalysten, Bankexperten und Vertreter der Ratingagenturen hätten die Weltöffentlichkeit und die Politik an der Nase herumgeführt. Blüm geißelt den Finanzkapitalismus als Hochstapelei. Geld schaffe keine Werte. Es sei seiner Natur nach nur ein wirtschaftliches Mittel: „Ein nützliches Vehikel, wenn als Tauschmittel, als Recheneinheit oder zur Aufbewahrung von Werten eingesetzt wird – mehr nicht!“ (S. 28) Arbeiten würde Geld dagegen nie! Heute würde aber Geld wichtiger als Arbeiten sein: Spekulieren brächte mehr als Investieren. Firmen würden mehr durch Finanzgeschäfte als durch Produktion verdienen. Der Geldwert würde den Sachwert des Unternehmens verdrängen. Rehabilitation der ehrlichen Arbeit ist die neue soziale Frage Der ehemalige Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung fordert die Rehabilitation der ehrlichen Arbeit. Das ist für ihn die neue soziale Frage (S. 315). Arbeit ist in Anlehnung an die Enzyklika Laborem Exercens von Papst Johannes Paul II. für den Menschen die Erfüllung seines menschlichen Wesenskerns: „Man muss den Primat des Menschen im Produktionsprozess ������������������������������������ gegenüber den Dingen unterstreichen Maßstab dafür, was ein Unternehmen und herausstellen. Alles, was den wert sei. Blüm kritisiert das Regime Begriff ‚Kapital‘ – im engeren Sinne des Managements: „Das Unterneh- – umfasst, ist nur die Summe von menssystem von heute ist damit ein Dingen. Der Mensch als Subjekt der System von Eigentumsbeauftragten Arbeit und unabhängig von der Arbeit, Soziale Ordnung 3. Ausgabe 2011

die er verrichtet, der Mensch und nur er allein ist Person“, zitiert Blüm den Papst. „Eine Welt ohne Arbeit würde das Ende der menschlichen Entwicklung bedeuten. Arbeit ist deshalb auch im kulturellen Sinn ein Lebensmittel.“ (S. 139). Ein Ende der Arbeit sieht Blüm nicht: Die Möglichkeiten als Menschen für anderen Menschen Lebensnotwendiges, Nützliches, Erbauliches oder Angenehmes zu tun sind seiner Ansicht nach beinahe unbegrenzt: Die zentrale Frage sei jedoch, wann und unter welchen Bedingungen aus diesen vielfältigen Handlungsmöglichkeiten bezahlte Tätigkeiten werden können. Arbeitslosigkeit sei die Quelle von Armut, Armut zugleich aber auch die Ursache von Arbeitslosigkeit. Arbeitslosigkeit habe gesellschaftliche Gründe. Sie sei nicht Folge wirtschaftlicher oder gar technischer Sachzwänge: „Wie könnte es sonst sein, dass gleichzeitig die Arbeitslosigkeit von Erwachsenen und die Kinderarbeit zunehmen?“ (S. 141.) Blüm, der sich auch für die CDA-Kampagne kind.gerecht engagiert, schreibt dazu: „Man muss diese Schinderei gesehen, gerochen, gefühlt haben, um ihre Härte und Aussichtslosigkeit zu ermessen. Wahrscheinlich kommt man auch erst dadurch an den Punkt, an dem man sich lieber eine Hand abhacken ließe, als mit ihr ein Produkt zu kaufen, hinter dem man Kinderarbeit vermutet.“ (S. 141) Teilhabe durch Arbeit Insgesamt würde der Kampf gegen Unterdrückung und Arbeitslosigkeit aber halbherzig geführt werden: „Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) bedruckt Papier, veranstaltet Meetings und beschäftigt Berater und ganze Kolonnen professioneller Soziale Ordnung 3. Ausgabe 2011 Quasselstrippen. Die weltweite Ausbreitung stört sie nicht. Genf, der Sitz der ILO, ist die Hauptstadt eines folgenlosen Sozialpalavers.“ (S. 141) Wer Unterdrückung und Ausbeutung, aber auch Gewalt, Terror und Krieg beenden wolle, müsse für die Teilhabe aller Menschen eintreten. Die elementare Form der Teilhabe sei aber Teilnahme durch Arbeit. Partnerschaft von Arbeit und Kapital Blüm macht sich stark für die Partnerschaft von Arbeit und Kapital. Sie komme in der Mitbestimmung (203 ff.) und Mitarbeiterbeteiligung (S. 262 ff.) zum Ausdruck. Er klagt dagegen befris tete Beschäftigungsverhältnisse und die Leiharbeit an, die längst auf dem Weg von der Ausnahme zur Regel sind: „Leiharbeit ist erstens Erpressungsinstrument, zweitens Lohndrückerei und drittens Drehtür zwischen Arbeit und Arbeitslosigkeit. Der so genannte Klebeeffekt der Leiharbeit ist in Wirklichkeit ein Schmierseifeneffekt auf der schiefen Bahn in prekäre Arbeitsverhältnisse.“ (S. 211) Blüm plädiert für einen Mindestlohn. Der staatliche Mindestlohn sei die Konsequenz der Privatisierer und es beweise sich wieder einmal, dass sie die einheitlichen Treiber der Verstaatlichung seien. Der wachsende Niedriglohsektor sei dagegen Nachschub für die Altersarmut. Daraus dürften aber nicht die falschen Schlüsse gezogen werden. Blüm lehnt eine Kompensation einer falschen Niedriglohnpolitik durch TITEL eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung der Fürsorge und würde damit einer emanzipatorischen Solidarität, die auf Hilfe zur Selbsthilfe aufbaut widersprechen. Wertschätzung der ehrlichen Arbeit ist der Hebel der Veränderung Aber Blüm ist optimistisch: „Die Rückrunde hat begonnen. Die Wertschätzung der ehrlichen Arbeit ist der Hebel der Veränderung. Von der realitätsfernen Spekulationswirtschaft wird – wie nach dem Platzen eines Gasballons ������������������������ übrig bleiben. Die Rehabilitation der Arbeit wird schon bald wieder das Fundament des stabilen Unternehmens der Zukunft sein.“ (S. 195) Oft können Klappentexte mit ihren blumigen Worten nicht halten, was sie versprechen. Anders bei diesem Buch, wenn es da heißt: „Norbert Blüm ist ein Freund deutlicher Worte […] Der frühere Arbeitsminister legt hier eine kluge Analyse unserer modernen Wirtschaftswelt vor und wagt mutige Prognosen darüber, wie ein tragfähiges Zukunftskonzept aussehen muss.“ Die Lektüre des Buchs ist absolut gewinnbringend. Es wird für mich geistige Wegzehr in meinem schönen Amt bleiben. Markus Gloe CDA-Hauptgeschäftsführer Norbert Blüm: Ehrliche Arbeit. �������������������������������������� Ein Angriff auf den Finanzkapi- Eine Perfektionierung der Grundrentalismus und seine Raffgier, 318 tenpolitik wäre die Ausdehnung der Seiten, 19,90 Euro, Grundsicherung auf alle Lebensbe- ISBN 978-3-579-06746-9 reiche. Ein solches Bürgergeld wäre 11

die er verrichtet, der Mensch und nur<br />

er allein ist Person“, zitiert Blüm den<br />

Papst. „Eine Welt ohne Arbeit würde<br />

das Ende der menschlichen Entwicklung<br />

bedeuten. Arbeit ist deshalb auch<br />

im kulturellen Sinn ein Lebensmittel.“<br />

(S. 139). Ein Ende der Arbeit sieht Blüm<br />

nicht: Die Möglichkeiten als Menschen<br />

für anderen Menschen Lebensnotwendiges,<br />

Nützliches, Erbauliches<br />

oder Angenehmes zu tun sind seiner<br />

Ansicht nach beinahe unbegrenzt: Die<br />

zentrale Frage sei jedoch, wann und<br />

unter welchen Bedingungen aus diesen<br />

vielfältigen Handlungsmöglichkeiten<br />

bezahlte Tätigkeiten werden können.<br />

Arbeitslosigkeit sei die Quelle von<br />

Armut, Armut zugleich aber auch die<br />

Ursache von Arbeitslosigkeit. Arbeitslosigkeit<br />

habe gesellschaftliche Gründe.<br />

Sie sei nicht Folge wirtschaftlicher<br />

oder gar technischer Sachzwänge:<br />

„Wie könnte es sonst sein, dass gleichzeitig<br />

die Arbeitslosigkeit von Erwachsenen<br />

und die Kinderarbeit zunehmen?“<br />

(S. 141.) Blüm, der sich auch für<br />

die <strong>CDA</strong>-Kampagne kind.gerecht engagiert,<br />

schreibt dazu: „Man muss diese<br />

Schinderei gesehen, gerochen, gefühlt<br />

haben, um ihre Härte und Aussichtslosigkeit<br />

zu ermessen. Wahrscheinlich<br />

kommt man auch erst dadurch an den<br />

Punkt, an dem man sich lieber eine<br />

Hand abhacken ließe, als mit ihr ein<br />

Produkt zu kaufen, hinter dem man<br />

Kinderarbeit vermutet.“ (S. 141)<br />

Teilhabe durch Arbeit<br />

Insgesamt würde der Kampf gegen<br />

Unterdrückung und Arbeitslosigkeit<br />

aber halbherzig geführt werden: „Die<br />

Internationale Arbeitsorganisation<br />

(ILO) bedruckt Papier, veranstaltet<br />

Meetings und beschäftigt Berater<br />

und ganze Kolonnen professioneller<br />

Soziale Ordnung 3. Ausgabe 2011<br />

Quasselstrippen. Die weltweite Ausbreitung<br />

stört sie nicht. Genf, der Sitz<br />

der ILO, ist die Hauptstadt eines folgenlosen<br />

Sozialpalavers.“ (S. 141) Wer<br />

Unterdrückung und Ausbeutung, aber<br />

auch Gewalt, Terror und Krieg beenden<br />

wolle, müsse für die Teilhabe aller<br />

Menschen eintreten. Die elementare<br />

Form der Teilhabe sei aber Teilnahme<br />

durch Arbeit.<br />

Partnerschaft von Arbeit<br />

und Kapital<br />

Blüm macht sich stark für die Partnerschaft<br />

von Arbeit und Kapital. Sie<br />

komme in der Mitbestimmung (203<br />

ff.) und Mitarbeiterbeteiligung (S. 262<br />

ff.) zum Ausdruck. Er klagt dagegen<br />

befris tete Beschäftigungsverhältnisse<br />

und die Leiharbeit an, die längst auf<br />

dem Weg von der Ausnahme zur Regel<br />

sind: „Leiharbeit ist erstens Erpressungsinstrument,<br />

zweitens Lohndrückerei<br />

und drittens Drehtür zwischen<br />

Arbeit und Arbeitslosigkeit. Der so<br />

genannte Klebeeffekt der Leiharbeit<br />

ist in Wirklichkeit ein Schmierseifeneffekt<br />

auf der schiefen Bahn in prekäre<br />

Arbeitsverhältnisse.“ (S. 211) Blüm<br />

plädiert für einen Mindestlohn. Der<br />

staatliche Mindestlohn sei die Konsequenz<br />

der Privatisierer und es beweise<br />

sich wieder einmal, dass sie die einheitlichen<br />

Treiber der Verstaatlichung<br />

seien. Der wachsende Niedriglohsektor<br />

sei dagegen Nachschub für die Altersarmut.<br />

Daraus dürften aber nicht<br />

die falschen Schlüsse gezogen werden.<br />

Blüm lehnt eine Kompensation einer<br />

falschen Niedriglohnpolitik durch<br />

TITEL<br />

eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung<br />

der Fürsorge und würde damit<br />

einer emanzipatorischen Solidarität,<br />

die auf Hilfe zur Selbsthilfe aufbaut<br />

widersprechen.<br />

Wertschätzung der ehrlichen<br />

Arbeit ist der Hebel der<br />

Veränderung<br />

Aber Blüm ist optimistisch: „Die Rückrunde<br />

hat begonnen. Die Wertschätzung<br />

der ehrlichen Arbeit ist der Hebel<br />

der Veränderung. Von der realitätsfernen<br />

Spekulationswirtschaft wird – wie<br />

nach dem Platzen eines Gasballons<br />

������������������������<br />

übrig bleiben. Die Rehabilitation der<br />

Arbeit wird schon bald wieder das Fundament<br />

des stabilen Unternehmens<br />

der Zukunft sein.“ (S. 195)<br />

Oft können Klappentexte mit ihren<br />

blumigen Worten nicht halten, was<br />

sie versprechen. Anders bei diesem<br />

Buch, wenn es da heißt: „Norbert Blüm<br />

ist ein Freund deutlicher Worte […]<br />

Der frühere Arbeitsminister legt hier<br />

eine kluge Analyse unserer modernen<br />

Wirtschaftswelt vor und wagt mutige<br />

Prognosen darüber, wie ein tragfähiges<br />

Zukunftskonzept aussehen muss.“ Die<br />

Lektüre des Buchs ist absolut gewinnbringend.<br />

Es wird für mich geistige<br />

Wegzehr in meinem schönen Amt<br />

bleiben.<br />

Markus Gloe<br />

<strong>CDA</strong>-Hauptgeschäftsführer<br />

Norbert Blüm: Ehrliche Arbeit.<br />

��������������������������������������<br />

Ein Angriff auf den Finanzkapi-<br />

Eine Perfektionierung der Grundrentalismus<br />

und seine Raffgier, 318<br />

tenpolitik wäre die Ausdehnung der<br />

Seiten, 19,90 Euro,<br />

Grundsicherung auf alle Lebensbe-<br />

ISBN 978-3-579-06746-9<br />

reiche. Ein solches Bürgergeld wäre<br />

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