STUFE FÜR STUFE - Sparkassenzeitung
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M A N A G E R M A G A Z I N D E R S P A R K A S S E N - F I N A N Z G R U P P E<br />
Risiken in<br />
Körbe packen<br />
Pooling von Krediten<br />
im Verbund erweitert<br />
Möglichkeiten<br />
Ausweichen<br />
gilt nicht<br />
So verteidigen Institute<br />
ihre Marktanteile im<br />
Wertpapiergeschäft<br />
Abstimmung<br />
mit den Füßen<br />
Den US-Großbanken laufen<br />
die Kunden davon<br />
<strong>STUFE</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>STUFE</strong><br />
Wie Ulrike Brouzi, erstes weibliches Vorstandsmitglied<br />
der Nord/LB, die Prozesse der Landesbank gestaltet<br />
ZKZ 6374 Sparkasse<br />
129. JAHRGANG – NUMMER 2 F E B R U A R 2 0 1 2
Rechtsfragen beim Todesfall –<br />
kompetent und erfolgreich gelöst<br />
So natürlich der Tod ist, die Auseinandersetzung mit dem<br />
Ableben eines geliebten Menschen ist immer schmerzlich.<br />
Umso wichtiger, dass Sie Ihren Kunden in dieser Zeit<br />
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über wichtige, rechtliche Angelegenheiten aufklären.<br />
Verstirbt ein Kunde, heißt das für die Sparkasse:<br />
• Die Mitarbeiter müssen wissen, was wann wie von wem<br />
zu tun ist, damit Haftungsrisiken für das Institut aus ge -<br />
schlossen werden.<br />
• Wer seine Kunden zu Lebzeiten qualifiziert berät und<br />
sich auch in schwerer Stunde als zuver lässiger Partner<br />
der Hinterbliebenen in allen Finanzangelegenheiten<br />
positioniert, beugt dem Abfluss von Anlagegeldern vor,<br />
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GESCHÄFTSMODELLE<br />
Liebe Leserinnen<br />
und Leser<br />
Die Nord/LB ist der größte niedersächischeEinzel-Agrarfinanzierer,<br />
und jedes dritte Schwein in<br />
Deutschland ist ein Niedersache.“<br />
Mit klaren Worten entkräftete der<br />
niedersächsische Finanzminister<br />
H a r t m u t M ö l l r i n g a u f e i n e r<br />
„Handelsblatt“-Konferenz in Berlin<br />
ein vielfach verbreitetes Vorurteil<br />
über „die“ Landesbanken. Dem zufolge<br />
beackern die Institute<br />
kaum bodenständige Geschäftsfelder,<br />
sondern tummeln<br />
sich bevorzugt in exot<br />
i s c h e n G e f i l d e n . D e r<br />
Mangel an soliden Aufgaben<br />
und Geschäftsmodellen<br />
habe die Institute sogar<br />
gezwungen, besonders riskante<br />
Aktivitäten einzugehen,<br />
die sie selbst nicht<br />
durchschauten.<br />
Auf die Nord/LB träfen solche<br />
Pauschalaussagen selbst<br />
dann nicht zu, wenn es auf<br />
den ersten Blick so aussehen möge,<br />
verdeutlichte Möllring weiter. So sei<br />
die Finanzierung von Flugzeugen keinesfalls<br />
ein Zeichen dafür, dass die<br />
Landesbank „abgehoben“ sei, immerhin<br />
ist der EADS-Konzern gleich mit<br />
mehreren Werken in Niedersachen<br />
aktiv. Und auch die Schiffsfinanzierung<br />
sei regional geboten: 350 mittelständische<br />
Reedereibetriebe gebe es<br />
in der Region.<br />
Nord/LB-Vorstandsfrau Ulrike Brouzi<br />
untermauert derlei Aussagen. Die<br />
Landesbank sei mit einem Portfolio<br />
von mehr als 17,5 Mrd. Euro weltweit<br />
einer der größten Schiffs- und Flugzeugfinanzierer,<br />
sagt das erste weibliche<br />
Vorstandsmitglied der Nord/LB<br />
im SPARKASSE-Interview. Die Bank<br />
feile sogar an branchenspezifischen<br />
Produkten wie Pfandbriefen für Flug-<br />
Oliver Fischer<br />
EDITORIAL<br />
3<br />
zeugkredite. Ein solches Engagement<br />
ergebe sich aber eben aus dem bewährten<br />
Geschäftsmodell, das vor<br />
allem die Arbeit für Unternehmen im<br />
Geschäftsgebiet vorsehe. „Die unveränderte<br />
Stärke der Nord/BL ist und<br />
bleibt ihre regionale Verankerung“,<br />
so Brouzi. (Lesen Sie ab Seite 12.)<br />
Natürlich haben sich bei einigen<br />
Landesbanken in der Krise gravierende<br />
Schwächen der Geschäftsmodelle<br />
gezeigt, allerdings<br />
haben die Institute<br />
und ihre Eigner bereits tiefgreifende<br />
Korrekturen vorgenommen.<br />
So wurden die<br />
risikogewichteten Aktiva der<br />
Landesbanken um knapp<br />
ein Drittel gesenkt, wie DS-<br />
GV-Präsident Heinrich Haasis<br />
in Berlin erklärte. Dabei<br />
habe es sich um krisenanfällige<br />
Geschäftsfelder gehandelt.<br />
Das Unternehmenskred<br />
i t g e s c h ä f t b l i e b<br />
weitgehend erhalten.<br />
Immerhin stellen die Landesbanken<br />
fast ein Fünftel der Unternehmenskredite<br />
in Deutschland. Ein solcher<br />
Marktanteil ist Indikator für solides<br />
Wirtschaften. Er zeigt auch, dass die<br />
deutsche Volkswirtschaft auf stabile<br />
Landesbanken angewiesen ist.<br />
Oliver Fischer,<br />
Chefredakteur SPARKASSE<br />
Managermagazin<br />
der Sparkassen-Finanzgruppe<br />
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4<br />
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Beiträge geben die Meinung des<br />
Autors wieder, nicht unbedingt<br />
die der Redaktion oder des<br />
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Nr. 35 vom 01.01.2012.<br />
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Mitglied der Fachgruppe<br />
Fachzeitschriften im<br />
VDZ. Artikelnummer:<br />
328 081 502<br />
KRISENBANKEN<br />
Die Münchhausen-Masche<br />
Die Krise geht in die nächste<br />
Runde: Noch besteht keine<br />
Einigkeit darüber, ob sich der<br />
Euroraum in einer Banken-.<br />
Schulden- oder Währungskrise<br />
befindet. Die Anzeichen mehren<br />
sich allerdings, dass die Finanzinstitute,<br />
die fraglos zu den<br />
Auslösern zählen, inzwischen<br />
auch wieder ein akuter Gefahrenherd<br />
sind. Schon werden<br />
Vorbereitungen für eine erneute<br />
konzertierte Rettungsaktion<br />
im Bankensektor getroffen.<br />
Der zwischenzeitlich beinahe<br />
geräuschlos beerdigte „Sonderfonds<br />
für Finanzmarktstabilisierung“<br />
(SoFFin) erlebt eine<br />
überraschende Wiederauferstehung,<br />
und auf der Medienschiene<br />
treten selbst hochkarätige<br />
Marktliberale für staatliche<br />
Bankenbeteiligungen ein.<br />
Zweifellos haben viele und<br />
nicht nur europäische Banken<br />
vor dem Hintergrund von Basel<br />
III einen erheblichen Bedarf an<br />
zusätzlichem hartem Eigenkapital.<br />
Die Schätzungen der zu<br />
schließenden Lücke belaufen<br />
sich allein in der Eurozone auf<br />
rund 100 Mrd. Euro. Die Zeit<br />
wird knapp, denn geplant ist,<br />
alle Kreditinstitute mit einer<br />
Kernkapitalquote von neun Prozent<br />
auszustatten.<br />
So viel Misstrauen war selten<br />
Im Fokus der deutschen Öffentlichkeit<br />
steht insbesondere die<br />
Commerzbank, die jüngst ihre<br />
Pläne für die Aufstockung ihres<br />
Kapitalpuffers um mehr als<br />
fünf Mrd. Euro vorgestellt hat.<br />
Diese Maßnahmen sind grundsätzlich<br />
zu begrüßen, wurden<br />
von den internationalen Börsen<br />
auch freundlich aufgenommen.<br />
Gleichwohl überzeugen sie<br />
nicht wirklich, stehen sie doch<br />
unter dem Vorbehalt der vollumfänglichen<br />
Realisierbarkeit.<br />
Die erneute Funktionsschwäche<br />
des Interbankenmarktes<br />
offenbart die gegenwärtigen<br />
Ängste selbst hartgesottener<br />
Finanzmarktprofis: Massive<br />
Liquiditätsvolumina werden<br />
beinahe zinslos auf EZB-Konten<br />
gelagert, weil auch kurzfristige<br />
Kredite an fremde Banken als<br />
zu gefährlich eingestuft werden.<br />
Die Branche ist geprägt<br />
durch ein ungewöhnlich hohes<br />
gegenseitiges Misstrauen. Wie<br />
Prof. Horst Gischer, Fakultät für<br />
Wirtschaftswissenschaft,<br />
Universität Magdeburg<br />
in diesem Umfeld die notwendige<br />
Stärkung der Eigenkapitalpositionen<br />
allein über private<br />
Investoren erreicht werden<br />
kann, bleibt in höchstem Maße<br />
unklar. Zum wiederholten Male<br />
droht dem Staat der schwarze<br />
Peter.<br />
Vordergründig erscheint die<br />
Strategie, die betroffenen Kreditinstitute<br />
zu einer Kapitalbeteiligung<br />
des Staates zu verpflichten,<br />
durchaus sinnvoll.<br />
Der Zwang, den Fiskus zum<br />
Miteigentümer zu machen, löst<br />
vor allem das Mengenproblem:<br />
Eine öffentliche Finanzspritze<br />
könnte großzügiger ausfallen,<br />
Zog sich der Lügenbaron<br />
am eigenen<br />
Schopf aus dem<br />
Sumpf, lösen die<br />
Banken ihre Eigenkapitalprobleme<br />
durch weitere<br />
Kreditvergabe an<br />
den Staat als neuem<br />
Miteigentümer.<br />
der dann verfügbare Eigenkapitalmantel<br />
wäre nicht zwingend<br />
auf Kante genäht. In der Folge<br />
käme der Interbankenmarkt<br />
wieder in Gang, weil dank<br />
staatlicher Beteiligungen das<br />
gegenseitige Vertrauen wiederhergestellt<br />
würde. Dem Staat<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
könnten sogar Ertragschancen<br />
entstehen, wenn die vorübergehend<br />
gehaltenen Anteile später<br />
gewinnbringend veräußert werden.<br />
Staatsgeld als Bilanztrick<br />
Den Problemen nähert man<br />
sich mit Blick auf eine typische<br />
Bankbilanz. Eigenkapital<br />
dient, großzügig formuliert,<br />
als Risikopuffer zugunsten der<br />
Fremdkapitalgeber. Die Verluste<br />
entstehen, ebenfalls sehr<br />
vereinfachend ausgedrückt,<br />
durch Werteinbußen von Vermögensgegenständen<br />
auf der<br />
Aktivseite. Einer Erhöhung des<br />
Eigenkapitals steht – ipso facto –<br />
buchungstechnisch eine gleichhohe,<br />
mutmaßlich werthaltige<br />
Vermögensposition gegenüber.<br />
Wenn sich also der Staat<br />
durch Erwerb von Anteilen an<br />
einer Bank beteiligt, worin besteht<br />
dann seine formale Gegenleistung?<br />
Welches Aktivum<br />
wird der Bilanz hinzugefügt?<br />
Bargeld, wie es der Laie nicht<br />
selten vermutet, wird es nicht<br />
sein, andere leicht übertragbare<br />
Aktiva, etwa Bankguthaben, stehen<br />
ebenfalls nicht in erforderlichem<br />
Umfang zur Verfügung.<br />
Ob direkt oder über Notfallfonds<br />
(SoFFin, EFSF oder ESM)<br />
– letztendlich wird das neue Eigenkapital<br />
durch Kreditaufnahme<br />
eines staatlichen Haushalts<br />
finanziert. Aber bei wem nimmt<br />
der Fiskus diese Kredite auf?<br />
Bei näherem Hinsehen sind<br />
die Parallelen zu Münchhausen<br />
frappierend: Zog sich der Lügenbaron<br />
am eigenen Schopfe<br />
aus dem Sumpf, lösen die Banken<br />
ihre Eigenkapitalprobleme<br />
letztendlich durch weitere Kreditvergabe<br />
an den Staat als neuem<br />
Miteigentümer – ein ausgesprochen<br />
kreatives Konzept.<br />
Es steht und fällt freilich mit<br />
der Werthaltigkeit der Forderung<br />
gegen den Steuerstaat, die<br />
im Falle Deutschlands oder des<br />
SoFFin weniger angezweifelt<br />
werden könnte als bei einer Bereitstellung<br />
des Bankeneigenkapitals<br />
durch den EFSF oder<br />
den ESM.<br />
Aber mögliche Probleme dieser<br />
Institutionen lassen sich zu<br />
gegebener Zeit gewiss durch<br />
„staatliche“ Kredite lösen –<br />
Münchhausen überall.<br />
�
Ausgabe 2<br />
Februar 2012<br />
Kommentar<br />
Kommunalkredite<br />
Prof. Horst Gischer glaubt nicht so<br />
recht an den MünchhausenEffekt 4<br />
Impressum 4<br />
Nachrichten<br />
Diagnose Mittelstand<br />
Die Krise berührt Firmen kaum, zeigt<br />
die neue DSGVStudie 6<br />
Förderprogramme<br />
Im Geschäftsfeld erneuerbare<br />
Energien behaupten die Sparkassen<br />
in der Regel ihre Marktführerschaft 8<br />
Rechts-Tipps<br />
Bevor Sparkassen ihre Kunden<br />
kontaktieren, müssen sie künftig<br />
mehr beachten 8<br />
Sepa<br />
Der einheitliche EuroZahlungs<br />
verkehrsraum soll in zwei Jahren<br />
vollständig realisiert sein 10<br />
Finanzgruppe<br />
˘ Nord/LB – Interview<br />
Ulrike Brouzi (Foto) ist das erste<br />
weibliche Vorstandsmitglied der<br />
Nord/LB – Facetten einer Karriere,<br />
die bei der BayernLB begann 12<br />
Organisationsmeisterin:<br />
Nord/LB-Vorstand Ulrike Brouzi<br />
Seite 12<br />
28<br />
INHALT 5<br />
Aufmerksamkeit – treue Kunden können nie genug davon bekommen<br />
Personalentwicklung<br />
Die Sparkasse Nürnberg hat<br />
ein Mentoringprogramm für<br />
Frauen entwickelt 18<br />
Märkte + Kunden<br />
Geschlossene Fonds<br />
Der Umsatz im Sekundärhandel<br />
ist 2011 deutlich gesunken 20<br />
˘ Mittelstand<br />
PoolingLösungen können<br />
große Kreditrisiken abfedern 22<br />
Unternehmensporträt<br />
Lars Reeder führt den<br />
Hamburger Maschinenbau<br />
betrieb Hein & Oetting 24<br />
Beratung<br />
Der Qualitätsmonitor des<br />
DSGV berücksichtigt<br />
Kundenzufriedenheit 27<br />
Kundenbindung<br />
Auch Bestandskunden<br />
brauchen Aufmerksamkeit 28<br />
˘ Wertpapierberatung<br />
Differenzierte Beratung, Schulung<br />
und Prozessgestaltung sollen<br />
aus der Misere führen 30<br />
Private Banking<br />
Verbundpartner beschleunigen<br />
das Geschäft 32<br />
˘ Titelthemen<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
Management<br />
Gironkonto I<br />
Wie sich junge Wilde halten<br />
lassen 34<br />
Girokonto II<br />
Die Sparkasse Lüneburg fährt<br />
gut mit ihrem Mehrwertkonto<br />
GiroPrivileg 36<br />
Perspektiven<br />
Finanzplatz Ungarn<br />
Nach Beschwerden vieler Banken<br />
setzt die EuKommission<br />
Ungarns Regierungschef Orbán<br />
unter Druck 37<br />
˘ US-Bankenmarkt<br />
Viele Kunden wechseln das<br />
Institut – den Markt schert das<br />
bisher nur wenig 38<br />
Investorenland China<br />
Chinesische Staatsbetriebe<br />
kaufen europäische<br />
Luxushersteller 40<br />
Literatur<br />
Konsumforschung<br />
Ein Blick in die Zukunft des<br />
Einkaufens: Das Internet macht<br />
Verbraucher informierter aber<br />
nicht rationaler 42<br />
Mentee Martina Kreller mit Mentor Erwin Veth, beide<br />
Sparkasse Nürnberg Seite 18<br />
FOTOS: MARC DARCHINGER, CORBIS, SPK NÜRNBERG
6<br />
NAMEN & NACHRICHTEN<br />
Personalien<br />
Oliver Klink (44, Foto), ist<br />
designierter Vorstandsvorsitzender<br />
der Taunus Sparkasse<br />
in Bad Homburg. Zudem<br />
hat der Verwaltungsrat<br />
des Instituts den Vertrag von<br />
Axel Warnecke (51) als Vorstandsmitglied<br />
um fünf Jahre<br />
verlängert. Am 1. Mai wird<br />
Oliver Klink in den Vorstand<br />
des Instituts eintreten. Zum<br />
30. Juni 2012 wird er Nachfolger<br />
des derzeitigen Vorstandschefs<br />
Hans-Dieter<br />
Homberg (66), der nach 13<br />
Jahren an der Spitze der Taunus<br />
Sparkasse in den Ruhestand<br />
tritt. Klink war zuletzt<br />
Generalbevollmächtigter bei<br />
der Oldenburgischen Landesbank<br />
und verantwortete<br />
dort den Auf und Ausbau<br />
der AllianzBank.<br />
Andreas Trotz (41), Leiter<br />
des Firmenkundencenters<br />
der Sparkasse Paderborn<br />
Detmold, wird zum 1. April<br />
neues Vorstandsmitglied<br />
des frisch fusionierten Instituts.<br />
Trotz wird die Bereiche<br />
Organisation und Marktfolge<br />
übernehmen.<br />
Mischa Schubert (42), ist<br />
neues Vorstandsmitglied<br />
der Sparkasse ErdingDorfen.<br />
Der SparkassenBetriebswirt<br />
hat seit 2004 den<br />
Bereich Firmenkunden und<br />
kredite sowie das Immobiliengeschäft<br />
bei der Sparkasse<br />
RosenheimBad Aibling<br />
geleitet. Als Vorstand verantwortet<br />
Schubert ähnliche<br />
Aufgaben.<br />
Frank Dierolf (43), hat seine<br />
Tätigkeit als neues Vorstandsmitglied<br />
der Sparkasse<br />
EsslingenNürtingen<br />
aufgenommen. Dierolf ist<br />
seit 2007 stellvertretendes<br />
Vorstandsmitglied des Instituts<br />
und verantwortet als<br />
Vorstand das gesamte Privatkundengeschäft.<br />
Dierolf<br />
hat die Nachfolge von Michael<br />
Vogt (65) angetreten,<br />
der Ende 2011 in den Ruhestand<br />
getreten ist.<br />
DIAGNOSE MITTELSTAND 2012<br />
Krise berührt<br />
Firmen kaum<br />
Die deutschen Mittelständler sind robust und stabil wie selten ins neue Jahr<br />
gestartet. Eine neue Studie konstatiert starke Investitionsdynamik und weiter<br />
steigende Eigenkapitalquoten bei den Unternehmen.<br />
Die Auftragsbücher<br />
sind voll, 80 Prozent<br />
der Unternehmen sind<br />
von der Staatsschuldenkrise<br />
bislang nicht<br />
berührt, der Mittelstand<br />
glaubt an seine Chance“,<br />
sagte Heinrich Haasis,<br />
Präsident des Deutschen<br />
Sparkassen- und<br />
Giroverbandes (DSGV),<br />
anlässlich der Vorstellung<br />
der Studie „Diagnose<br />
Mittelstand 2012“ in<br />
Berlin.<br />
In der umfassendsten<br />
Analyse dieses Wirtschaftszweigshierzulande<br />
werden die Bilanzkennzahlen<br />
der<br />
Unternehmenskunden<br />
von Sparkassen ausgewertet<br />
und Experten in<br />
429 Instituten befragt.<br />
Die Auswertung von<br />
mehr als 110.000 Firmenbilanzen<br />
des Jahres<br />
2010 ergab einen<br />
Anstieg der Eigenkapitalquote<br />
der mittelständischen<br />
Unternehmen<br />
über alle Größenklassen<br />
hinweg auf 18,3 Prozent.<br />
2010 waren es noch 15,1<br />
Prozent.<br />
Mehr Eigenkapital<br />
Dieser Trend setzt sich<br />
weiter fort. Knapp 60<br />
Prozent der Sparkassen<br />
melden weiterhin<br />
verbesserte Eigenkapitalquoten<br />
ihrer Firmenkunden.<br />
„Das sind die<br />
höchsten Werte, die wir<br />
in diesem Bereich bislang<br />
feststellen konnten“,<br />
sagte der DSGV-Präsident.<br />
Noch Ende der<br />
90er-Jahre war fast die<br />
Hälfte aller mittelständischen<br />
Unternehmen<br />
ohne jegliches Eigenkapital<br />
tätig. Inzwischen<br />
hat sich dieser Wert auf<br />
ein Viertel verringert<br />
und lag Ende 2010 bei<br />
25,3 Prozent.<br />
Sogar die kleinen Unternehmen<br />
bis zu einer<br />
Million Euro Umsatz pro<br />
Jahr erreichen heute<br />
eine Eigenkapitalquote<br />
von mehr als zwölf Prozent.<br />
Haasis: „Dieses<br />
Ergebnis zeigt, dass die<br />
Unternehmen verantwortungsvollwirtschaften.<br />
Sie haben sich in<br />
ihrer großen Mehrheit<br />
in die Lage versetzt,<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
eventuelle Dellen in der<br />
Wirtschaftsentwicklung<br />
aufzufangen.“<br />
Mehr Arbeitsplätze<br />
Dementsprechend erwarten<br />
die Sparkassen,<br />
dass ihre Firmenkunden<br />
auch künftig für mehr<br />
Beschäftigung sorgen,<br />
wenngleich nicht mehr<br />
m i t g a n z s o h o h e m<br />
Tempo wie zuvor. Fast<br />
70 Prozent der Institute<br />
beschreiben ihre Erwartungen<br />
mit „etwa unverändert“.<br />
Aber noch immer<br />
glauben fast 27 Prozent<br />
und damit mehr als<br />
ein Viertel der Institute<br />
an einen weiteren An-<br />
TERMIN<br />
Strategiethema<br />
Publizist Prof. Horst W. Opaschowski<br />
wird in seinem<br />
Vortrag die für Stiftungen<br />
relevanten gesellschaftlichen<br />
Zukunftstrends aufzeigen.<br />
Experten und Repräsentanten<br />
deutscher<br />
Stiftungen werden mit Spezialisten<br />
aus der SparkassenFinanzgruppe<br />
Fragen<br />
des Stiftungsmanagements<br />
diskutieren. Insbesondere<br />
geht es dabei um<br />
deren strategische Bedeutung<br />
für Sparkassen. 16<br />
FachthemenSitzungen befassen<br />
sich mit sämtlichen<br />
Bereichen der Stiftungsorganisation:<br />
Recht, Steuern,<br />
Vermögensanlage, Kommunikation<br />
und Versicherung.<br />
Teilnehmer können sich<br />
auch über Spezialthemen<br />
umfassend informieren. Außerdem<br />
gehen die Sitzungen<br />
auf die spezifische Beziehung<br />
von Sparkassen und<br />
Stiftungen ein.<br />
Am Abend des 21. März wird<br />
der David 2012 verliehen, ein<br />
stieg der Arbeitsplatzzahlen<br />
in ihrer Region.<br />
Viele Unternehmen<br />
haben die gute Konjunkturlage<br />
des vergangenen<br />
Jahres genutzt und kräftig<br />
investiert. 82 Prozent<br />
der Sparkassen<br />
gaben an, dass sie 2011<br />
m e h r o d e r g e n au s o<br />
viele Inves titionsmittel<br />
an ihre Firmenkunden<br />
vergeben haben wie<br />
im Vorjahr. Besonders<br />
der Anteil der Erweiterungsinvestitionen<br />
hat<br />
sich erhöht. Ende 2011<br />
schätzten die Sparkassen<br />
diesen Anteil auf<br />
35 Prozent, verglichen<br />
mit 24,8 Prozent im Vor-<br />
Stiftungsperspektive Zukunft. Strategien und<br />
Handlungsempfehlungen“ lautet das Thema einer<br />
Fachtagung am 21. und 22. März 2012 in Berlin.<br />
Preis für kleine Stiftungsprojekte<br />
der Sparkassen<br />
Finanzgruppe, die sich<br />
durch besondere Innovation<br />
oder Wirkung auszeichnen.<br />
Begleitet wird die Tagung<br />
von einer Ausstellung,<br />
in der ausgewählte Projekte<br />
des DavidWettbewerbs<br />
vorgestellt werden.<br />
www.sparkassenstiftungen.de<br />
gerald.rodecker@dsgv.de
Geballte Marktmacht<br />
Wertschöpfung: Die Eigenkapitalquote mittelständischer Unternehmen hat 2010 den<br />
höchsten Stand seit Beginn der DSGV-Berechnungen im Jahr 1995 erreicht.<br />
GRAFIK: DSGV, DPA, BECHTLE<br />
jahr. „Es ist angesichts<br />
der Schwäche vieler europäischerVolkswirtschaften<br />
ein starkes<br />
Signal, dass der Mittelstand<br />
in diesem Umfang<br />
in die Geschäftserweiterung<br />
investiert“, sagte<br />
der DSGV-Präsident.<br />
Von der Investitionsneigung<br />
ihrer Firmenkunden<br />
profitierten<br />
auch die Sparkassen,<br />
die „mit weitem Abstand<br />
der Finanzierungspartner<br />
Nummer eins für<br />
den Mittelstand sind<br />
und bleiben“, so Haasis.<br />
Im Vorjahr vergaben<br />
die Sparkassen 66,7<br />
Mrd. Euro an Krediten<br />
für Unternehmen und<br />
Selbstständige – ein Plus<br />
von knapp vier Prozent<br />
gegenüber 2010. Der<br />
Gesamtkreditbestand<br />
in diesem Segment belief<br />
sich Ende 2011 auf<br />
326,5 Mrd. Euro, das waren<br />
9,5 Mrd. Euro, beziehungsweise<br />
drei Prozent<br />
mehr als ein Jahr zuvor.<br />
Mit Blick auf diese<br />
Z a h l e n m a h n t e d e r<br />
DSGV-Präsident, die Weichen<br />
bei Basel III richtig<br />
zu stellen. Das Regelwerk<br />
sei ursprünglich<br />
für international tätige<br />
Großbanken erarbeitet<br />
worden. „Wenn man es<br />
auch bei regional tätigen<br />
kleineren Instituten<br />
einführen will, muss es<br />
auf die dortigen Verhältnisse<br />
angepasst<br />
werden“, forderte der<br />
DSGV-Präsident. Man<br />
setze darauf, dass die<br />
Bundesregierung zumindest<br />
für eine differenzierte<br />
Einführung<br />
eintreten werde, wie sie<br />
es im Jahreswirtschaftsbericht<br />
angekündigt<br />
habe. Ansonsten werde<br />
Basel III auch vergleichsweise<br />
risikoarme Mittelstandsfinanzierungen<br />
verteuern und Langfristfinanzierungenerschweren.<br />
Mehr Wachstum<br />
Insbesondere im laufenden<br />
Quartal rechnet<br />
der DSGV mit einer Abschwächung<br />
des Wirtschaftswachstums,jedoch<br />
mit keiner Rezession,<br />
selbst wenn sich<br />
das Szenario eines zweimaligen<br />
BIP-Rückgangs<br />
im Winterhalbjahr bewahrheiten<br />
sollte.<br />
Im Gesamtjahr sei vielmehr<br />
ein Wachstum<br />
von etwa einem Prozent<br />
durchaus möglich,<br />
erläuterte Haasis. Voraussetzung<br />
seien aber<br />
schnelle und spürbare<br />
Fortschritte bei der Bekämpfung<br />
der europäischen<br />
Schuldenkrise.<br />
„Wir sollten es nicht zulassen,<br />
dass eine Schuldenkrise<br />
nur mit neu-<br />
en Krediten bekämpft<br />
werden soll.“ Die USA<br />
hätten eine eher auf<br />
kurzfristige Stimulation<br />
denn auf Stabilität<br />
ausgerichtete Tradition.<br />
„Dies sollte aber<br />
nicht unser Weg sein.<br />
Wir müssen in Deutschland<br />
auf einer Balance<br />
von Solidität und Solidarität<br />
bestehen.“ Auch<br />
deshalb führe an Konsolidierungsprogrammen<br />
und dem Instrument<br />
der Schuldenbremse<br />
kein Weg vorbei.<br />
Der DSGV-Präsident<br />
begrüßte, dass die EU-<br />
Staaten sich nahezu<br />
vollständig auf entsprechende<br />
Maßnahmen<br />
verständigt hätten. Es<br />
komme nun darauf an,<br />
diese in den Ländern<br />
auch schnellstmöglich<br />
umzusetzen.<br />
E i n e n S c h u l d e n -<br />
schnitt in Griechenland<br />
hält der DSGV-Präsident<br />
für sicher, die Banken<br />
hätten ihn bereits eingepreist.<br />
Die Verhandlungen<br />
sollten jetzt<br />
schnell zum Abschluss<br />
kommen. Deutschland<br />
werde sich nicht dauerhaft<br />
und vollständig<br />
von der Krise abkapseln<br />
können. Bislang fehlten<br />
aber die typischen<br />
Schwächezeichen. �<br />
Christoph Becker<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
NAMEN & NACHRICHTEN 7<br />
Pressespiegel<br />
Richtiger EZB-Kurs<br />
EZBPräsident Mario Draghi […] sieht die Stabilisierung der<br />
Währung als Hauptaufgabe, und die EZB widmet sich ganz<br />
dem Krisenmanagement und wenigen Grundsatzdebatten<br />
Das ist im Moment das richtige Vorgehen. Doch spätestens<br />
wenn die schlimmsten Brände in der Eurozone gelöscht sind,<br />
muss auch wieder über strategische Fragen nachgedacht<br />
werden.<br />
Financial Times Deutschland, 4. Januar 2012<br />
Grund zur Besorgnis<br />
Der Bund besorgte sich gestern am Geldmarkt 3,9 Mrd. Euro<br />
für sechs Monate und erhält dieses Kapital zur durchschnittlichen<br />
Verzinsung von minus (!) 0,0122 Prozent. […] Für den<br />
Bund sind negative Renditen zwar positiv. Aber sie sind auch<br />
ein besorgniserregendes Zeichen. Anleger fürchten so sehr<br />
um ihr Geld, dass sie es sogar unter Inkaufnahme von (Zins)<br />
Einbußen zum Bund bringen, nur weil sie der Meinung sind,<br />
dass sie hier noch den größten Teil ihres Nominals wiederbekommen.<br />
Börsenzeitung, 10. Januar 2012<br />
Ganz oder gar nicht<br />
Wer die (Finanztransaktions)steuer (FTS) nur im Euroraum<br />
und gar nur in einem Teil desselben einführt, hat (in aller<br />
Kürze gesagt) die Wahl zwischen zwei Konsequenzen: Entweder<br />
werden die Kosten an die Kunden weitergereicht, was<br />
Private und Firmen zusätzlich belastet, oder die flüchtigen,<br />
aber für die Wirtschaft insgesamt wichtigen Finanzgeschäfte<br />
wandern ab in Länder ohne FTS; das kostet Wachstum und<br />
mindert die Kontrollmöglichkeiten. Vermutlich käme es zu<br />
einem Mix aus beiden. Also lässt man es besser.<br />
Süddeutsche Zeitung, 13. Januar 2012<br />
Dämpfer für Ratingagenturen<br />
Würde eine europäische Ratingagentur alles besser machen?<br />
Auch nicht. Das Problem ist vielmehr, dass die Agenturen<br />
allzu wichtig geworden sind. Diese Macht haben ihnen Politiker,<br />
Aufsichtsbehörden und Investoren selbst zugebilligt.<br />
[…] Deshalb ist der bislang nur sehr vage kolportierte Vorstoß<br />
von Bundeskanzlerin Angela Merkel richtig, den Einfluss der<br />
Ratings durch Bereinigung der Gesetze zu verkleinern: Idealerweise<br />
sollten Ratings den Finanzdienstleistern in der<br />
Regulierung nicht vorgeschrieben werden.<br />
Handelsblatt, 16. Januar 2012<br />
Klagende Hedgefonds<br />
Die Hoffnung einiger Anleger, beim (griechischen) Schuldenschnitt<br />
ungeschoren davonzukommen, während andere<br />
Gläubiger bluten, geht nur schwerlich als schützenswertes<br />
Menschenrecht durch. FreeRiderPositionen und Krisenspekulation<br />
wird kein Gericht verteidigen. Wer hohe Risikorenditen<br />
will, muss auch mit dem Risiko eines Ausfalls rechnen,<br />
selbst wenn dieser von der Politik erzwungen wird.<br />
Financial Times Deutschland, 20. Januar 2012<br />
Staaten brauchen Regeln<br />
Bundeskanzlerin Angela Merkel darf der Aufstockung des<br />
Europäischen Rettungsschirms nicht zustimmen, bevor der<br />
neue europäische Fiskalpakt unterschrieben ist. Es braucht<br />
Regeln, welche die Staaten zum Sparen anhalten – auch<br />
nachdem die EuroRettungstöpfe aufgefüllt wurden. Erst<br />
verbindliche Zusagen, dann Hilfe. Wenn überhaupt, geht es<br />
nur in dieser Reihenfolge.<br />
Die Welt, 24. Januar 2012
8<br />
NAMEN & NACHRICHTEN<br />
FÖRDERPROGRAMME<br />
Erneuerbare<br />
auf dem<br />
Vormarsch<br />
Die Sparkassen behaupten im<br />
umkämpften Geschäftsfeld<br />
erneuerbare Energien ihre<br />
Marktführerschaft – meistens.<br />
Die Sparkassen haben ihre Marktführerschaft<br />
bei der KfW-Förderung erneuerbarer<br />
Energien 2011 erfolgreich<br />
verteidigt. Aber vor allem Kredit- und<br />
sonstige Banken sind stärker geworden,<br />
wie eine aktuelle Auswertung des Deutschen<br />
Sparkassen- und Giroverbandes<br />
(DSGV) zeigt.<br />
Laut Zahlen der KfW halten Sparkassen<br />
und Landesbanken beim Förderprogramm<br />
„Erneuerbare Energien – Standard“<br />
einen führenden Marktanteil<br />
von 45,2 Prozent, das sind bezogen auf<br />
das Zusagevolumen 1,5 Prozentpunkte<br />
mehr als im Vorjahr. Die Kredit- und sonstigen<br />
Banken haben in diesem auf jetzt<br />
6,5 Mrd. Euro Gesamtfördervolumen geschrumpften<br />
Segment jedoch um elf Prozentpunkte<br />
aufgeholt und liegen jetzt bei<br />
mehr als 30 Prozent Marktanteil.<br />
„Das Gewicht dieser Bankengruppe<br />
könnte sich 2012 noch verstärken,<br />
weil die KfW jetzt Vorhaben nicht nur<br />
bis 10 Millionen, sondern bis 25 Millionen<br />
Euro finanziert“, erläutert Bertram<br />
Reddig, DSGV-Experte für das Fördergeschäft.<br />
Nachdem im November 2011<br />
die Kreditobergrenzen beim KfW-Energieeffizienzprogramm<br />
für Unternehmen<br />
entsprechend erhöht wurden, erreichen<br />
Kredit- und sonstige Banken bei kräftig<br />
steigendem Zusagevolumen einen<br />
Marktanteil von 66,6 Prozent.<br />
Genossen legen zu<br />
Das noch kleine Fördersegment „Erneuerbare<br />
Energien-Premium“ für die<br />
Wärmeerzeugung hat sich sehr expansiv<br />
entwickelt. Hier haben die Genossenschaftsbanken<br />
ihren Marktanteil auf<br />
43 Prozent ausgebaut. Die Sparkassen<br />
fielen leicht auf 37,5 Prozent zurück, die<br />
Kredit- und sonstigen Banken rangieren<br />
abgeschlagen bei 19 Prozent.<br />
Die Gesamtförderung für Umweltschutz<br />
und Energieeffizienz in Unternehmen<br />
hat sich im vergangenen Jahr auf<br />
3,2 Mrd. Euro ausgeweitet und damit gegenüber<br />
2010 mehr als verdoppelt. „Vor<br />
allem seit Mitte November 2011 beobach-<br />
Ein Kontakt zu Bestandskunden ist<br />
für Sparkassen heute auf vielfältigen<br />
Wegen realisierbar: Neben<br />
dem klassischen Beratungsgespräch<br />
in der Filiale bieten<br />
sich zusätzliche Möglichkeiten<br />
per Post, Telefon, Fax,<br />
E-Mail und SMS. Doch Vorsicht<br />
ist geboten: Wegen der Zunahme<br />
dieser Kontaktoptionen<br />
und -wege ist ein noch sensiblerer<br />
Umgang der Sparkassenberaterinnen<br />
und -berater<br />
mit kundenbezogenen Daten<br />
erforderlich.<br />
In Paragraf 7 Abs. 2 des Gesetzes<br />
gegen den unlauteren<br />
Wettbewerb (UWG) ist mittlerweile<br />
festgelegt, dass insbesondere<br />
Kontaktaufnahmen<br />
per Telefon, Telefax oder E-<br />
Mail nur mit vorheriger ausdrücklicher<br />
Einwilligung des Verbrauchers gestattet<br />
sind. Das gilt auch für das Zusenden<br />
eines Newsletters.<br />
Diese ausdrückliche Einwilligung<br />
liegt allerdings nicht<br />
vor, wenn der Kunde etwa auf<br />
der Webseite der Sparkasse<br />
auf die Kontaktmöglichkeiten<br />
hingewiesen wird und dort<br />
– wenn er keinen Kontakt<br />
wünscht – ein entsprechendes<br />
Kreuz setzen müsste. Eine Einwilligung<br />
liegt ebenfalls nicht<br />
vor, wenn die Einwilligungserklärung<br />
in den AGB der Sparkasse<br />
enthalten ist und vom<br />
Kunden zusammen mit diesen<br />
unterschrieben wird.<br />
In einem Beschluss vom<br />
14. April 2011 hat der Bundesgerichtshof<br />
(BGH) die gesetzlichen<br />
Vorgaben noch weiter konkretisiert:<br />
So erfordert nicht nur eine<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
RECHTS-TIPPS<br />
Kontakt nur auf Wunsch<br />
Eine Sparkasse muss ihre Kunden auch telefonisch um<br />
Erlaubnis fragen, bevor sie ihnen Werbung oder Newsletter<br />
ins Haus schickt. Künftig bedarf es dazu einer Unterschrift.<br />
ten wir eine starke Beschleunigung“, sagt<br />
DSGV-Experte Reddig.<br />
Bei der Wohnungsbauförderung im<br />
Programm „Energieeffizient Bauen“ behaupten<br />
die ihre Marktführerschaft mit<br />
mehr als 37 Prozent. Hier rücken Genossenschafts,<br />
Kredit- und sonstige Banken<br />
auf Werte zwischen 27 und 30 Prozent.<br />
Der Anteil der Förderbanken verringerte<br />
Dirk Waldorf,<br />
Autor aus dem<br />
Netzwerk<br />
der Örag-<br />
Rechtsschutzversicherung<br />
Gerrit Diesinger,<br />
Autor aus dem<br />
Netzwerk<br />
der Örag-<br />
Rechtsschutzversicherung<br />
Einwilligung in eine Werbung unter<br />
Verwendung von elektronischer Post<br />
– also per E-Mail oder SMS –<br />
nach Paragraf 7 Abs. 2 Nr. 3<br />
UWG eine gesonderte, nur auf<br />
die Einwilligung in eine solche<br />
Werbung bezogene Zustimmungserklärung<br />
des Kunden,<br />
sondern auch eine solche per<br />
Telefon. Eine Einwilligung, die<br />
Bestandteil einer auch andere<br />
Erklärungen oder Hinweise<br />
enthaltenden Textpassage ist,<br />
wird diesen Anforderungen<br />
nicht gerecht. Im Licht der<br />
bisherigen Gesamtrechtsprechung<br />
lässt sich dies wohl<br />
auch auf andere Kontaktformen<br />
übertragen, wie beispielsweise<br />
Telefax.<br />
Einwilligung aktiv einholen<br />
Wegen steter Verbraucherbeschwerden<br />
über unzulässige Telefonwerbung hat<br />
der Bundesrat Ende Mai 2011<br />
einen Entwurf zu einem Gesetz<br />
über die Fortentwicklung<br />
des Verbraucherschutzes bei<br />
unerlaubter Telefonwerbung<br />
gefasst. Hierin ist unter anderem<br />
vorgesehen, dass die<br />
Einwilligung in Werbeanrufe<br />
zukünftig in Textform gemäß<br />
Paragraf 126 b Bürgerliches<br />
Gesetzbuch vorliegen muss.<br />
Grundsätzlich sollten sich<br />
Sparkassen deshalb bereits<br />
heute – schon alleine aus Beweisgründen<br />
– die gewünschten<br />
Kontaktmöglichkeiten<br />
aufgelistet vom Kunden unterschreiben<br />
und damit von<br />
ihm genehmigen lassen. Dann<br />
sollte einem regen Kontakt auch künftig<br />
nichts im Weg stehen.<br />
�<br />
sich auf 5,5 Prozent, das sind 2,8 Prozentpunkte<br />
weniger als im Jahr 2010. Im Segment<br />
„Energieeffizient Sanieren“ haben<br />
Sparkassen- und Genossenschaftssektor<br />
bei insgesamt stark schrumpfendem Zusagevolumen<br />
jeweils Marktanteile hinzugewonnen.<br />
�<br />
Christoph Becker
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UMTS-Verbindung oder DSL-Anschluss, eigener Bildschirm. Kosten für Playerbox einmalig 499 Euro zzgl. Versand.
10<br />
SEPA<br />
NAMEN & NACHRICHTEN<br />
Der Plan steht fest<br />
Der einheitliche Euro-Zahlungsverkehrsraum (Sepa) soll in zwei Jahren vollständig realisiert sein.<br />
Bis dahin soll die als „IBAN die Schreckliche“ bekannte neue Kontonummer ihr Negativimage<br />
verlieren. Die Spezifikationen und technischen Parameter stehen jetzt fest. Auf Basis seiner IBAN-<br />
Strategie bietet der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) Hilfe für Kunden an.<br />
Bislang verlief die Akzeptanz von Sepa<br />
(Single Euro Payments Area) in den<br />
Unternehmen der Eurozone eher schleppend.<br />
Hinderlich für die breite Akzeptanz<br />
waren nach Einschätzung von Branchenexperten<br />
vor allem die geringen wirtschaftlichen<br />
Anreize. Aus Sicht der Nutzer<br />
hätte ein allzu frühzeitiger Schwenk<br />
auf die neue EU-Standardüberweisung<br />
kaum Vorteile mit sich gebracht.<br />
Keine großen Änderungen an dieser<br />
zögerlichen Haltung brachten die in der<br />
Branche als „Zwangsmaßnahmen“ bezeichneten<br />
Pläne der EU-Kommission,<br />
die etwa in einer Sepa-Migrationsverordnung<br />
bereits im Jahr 2010 festgelegt worden<br />
waren. Nun aber scheint sich eine<br />
sogenannte Roadmap für die Beteiligten<br />
herauszukristallisieren. Darin vorgesehen<br />
sind zum Stichtag 1. Februar 2014<br />
europaweit funktionierende Überweisungs-<br />
und Lastschriftverfahren.<br />
Jedes Land kann Spielräume nutzen<br />
Zum Pflichtenheft der Finanzdienstleister<br />
gehört ab diesem Zeitpunkt die<br />
verpflichtende Angabe von IBAN (International<br />
Bank Account Number) und<br />
BIC (Bank Identifier Code) auf jedem<br />
Überweisungsträger. Hinzu kommt das<br />
XML-basierte ISO 20022-Format für die<br />
beleglose Dateieinreichung. Dies dürfte<br />
So steigen Firmenkunden auf Sepa um<br />
Das sind die Schritte bis zur vollständigen<br />
Nutzung des SepaLastschriftKombimandats<br />
für neue Einzüge. Bei der Umstellung hilft das<br />
Sparkassen Informatikzentrum (SIZ).<br />
� Logik für die Vergabe der Mandatsreferenz<br />
festlegen (fortlaufende Nummer, Kundennummer,<br />
Vertragsnummer etc.)<br />
� Gläubiger-Identifikationsnummer für<br />
SepaLastschriften über die Webseite der<br />
Bundesbank beantragen<br />
� Inkassovereinbarung über den Einzug von<br />
Forderungen durch SepaBasislastschriften<br />
und Firmenlastschriften schließen<br />
den Anpassungsaufwand aus Sicht der<br />
Geld- und Kreditinstitute zwar weiter erhöhen,<br />
soll aber auch den Abgleich von<br />
Kontoauszügen verbessern.<br />
Carl-Ludwig Thiele, Mitglied des Vorstands<br />
bei der Deutschen Bundesbank,<br />
skizziert den Status quo in der nationalen<br />
Umsetzung. Als rein marktgetriebener<br />
Prozess habe sich die Umstel-<br />
lung bislang nicht bewältigen<br />
lassen, weswegen es über längere<br />
Zeit an einer klaren Sepa-<br />
Roadmap gefehlt habe. „Es gibt<br />
aber natio nale Vorbilder, wie<br />
der Deutsche Rentenservice<br />
oder die Deutsche Arbeitsagentur,<br />
die in der Realisierung<br />
bereits weiter fortgeschritten<br />
sind.“<br />
Bei den noch zu leistenden<br />
Vorhaben in den Unternehmen<br />
und bei öffentlichen Dienstleistern<br />
hält der Vorstand der<br />
Bundesbank Panikmache für<br />
verfehlt. „Die Europäische Union<br />
hat genügend Zeit für die<br />
individuelle nationale Anpassung<br />
vorgesehen, unter anderem<br />
eine Frist für die bindende<br />
elektronische Lastschrift bis<br />
ins Jahr 2016 hinein“, erläutert Thiele.<br />
Diese Option sei insbesondere für den<br />
� Kontodaten auf IBAN und BIC umstellen.<br />
Der Kontonummer/BLZBestand kann mit<br />
Hilfe des Sepa Account Converters umgestellt<br />
werden<br />
� Analyse des technischen Anpassungsbedarfs<br />
für die Erstellung von Aufträgen im<br />
XMLbasierten ISO 20022-Datenformat<br />
� Speichern von IBAN und BIC<br />
� Verwalten der Lastschriftmandate (diese<br />
müssen im Falle der Mandatsanforderung<br />
seitens Zahler oder Zahlstelle vorgelegt<br />
werden)<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
„Es stellt sich<br />
nach wie vor<br />
die Frage, ob<br />
wir Sepa<br />
unseren<br />
Kunden<br />
offensiv<br />
anbieten<br />
sollen.“<br />
Axel Weiß,<br />
Zahlungsverkehrs-<br />
und Girokonten-<br />
experte beim DSGV<br />
deutschen Einzelhandel relevant. Weitere<br />
Spielräume zielen laut Bundesbank<br />
auf mehr Verbraucherfreundlichkeit bei<br />
der Migration. So sieht Sepa vor, ab 2016<br />
den Kunden von der Angabe der BIC vollständig<br />
zu befreien. Die deutsche Bankenbranche<br />
habe bereits signalisiert, die<br />
Konvertierung von nationalen Überweisungen<br />
via IBAN fristgerecht<br />
bewältigen zu können.<br />
Zentrale Hürden seien deshalb<br />
ausgeräumt und die Verunsicherung<br />
der Teilnehmer<br />
werde sich bis zur Einführung<br />
zum Stichtag am 1. Februar<br />
2014 weiter verringern. Von<br />
entscheidender Bedeutung sei<br />
nun die ausführliche Kommunikation<br />
mit unterschiedlichen<br />
Zielgruppen, um die Nutzer<br />
verbrauchergerecht über die<br />
einheitlichen Standardüberweisungen<br />
auf Basis von IBAN<br />
und BIC aufzuklären.<br />
„Wir können gut mit der jetzigen<br />
Regelung leben“, bestätigte<br />
Axel Weiß, Zahlungsverkehrs-<br />
und Girokontostratege<br />
beim Deutschen Sparkassen-<br />
und Giroverband (DSGV), auf<br />
der Fachkonferenz Omnicard in Berlin.<br />
Der Status quo in der Sparkassen-Finanzgruppe<br />
liege im ersten Halbjahr bei<br />
rund 50.000 eingehenden Sepa-Überweisungen.<br />
Auch die Sepa-Lastschrift<br />
gewinne mit 140.000 abgewickelten eingehenden<br />
Transaktionen in der Finanzgruppe<br />
langsam an Fahrt.<br />
Leitfäden erleichtern Umstellung<br />
Doch trotz der geplanten Verbesserungen<br />
gebe es noch einige Herausforderungen<br />
zu meistern. „Aufgrund möglicherweise<br />
drohender Rücklastschriften<br />
stellt sich nach wie vor die Frage, ob wir<br />
Sepa unseren Kunden offensiv anbieten<br />
sollen“, sagt Weiß. Denn das parallele<br />
Existieren von Sepa und ELV-initiierten<br />
Lastschriften über einen Zeitraum von 36<br />
Monaten verteuere möglicherweise die<br />
technische Umsetzung. Um den Unternehmen<br />
bei der Umstellung zur Seite zu<br />
stehen, hat der DSGV zahlreiche Leitfäden,<br />
Umsetzungsrichtlinien, Schulungs-
konzepte und Kommunikationsmittel<br />
bereitgestellt. Der gesamte Vertrieb solle<br />
in der Planung und beim Know-how-<br />
Transfer unterstützt werden. Nützlich<br />
seien dazu auch technische Werkzeuge<br />
wie der Sepa Account Converter, mit dessen<br />
Hilfe die Geschäftskunden ihre ZV-<br />
Massendateien bequem auf IBAN und<br />
BIC umstellen könnten.<br />
Für ebenso unverzichtbar und erfolgskritisch<br />
aus Sicht der Anwender hält<br />
Weiß eine entsprechend hohe Aufmerksamkeit<br />
des Managements, um die haus-<br />
interne Projektierung rechtzeitig und<br />
umfassend aufzusetzen. Nun gilt es laut<br />
DSGV, das Produkt Sepa-Migration offensiv<br />
zu bewerben, um Kunden den entsprechenden<br />
Mehrwert zu vermitteln.<br />
„Das Ziel ist eine flächendeckende, positive<br />
Kommunikation und Berichterstattung“,<br />
sagt Weiß.<br />
Aus Sicht der Geschäftskunden beschreibt<br />
Karsten Becker, Senior Product<br />
Manager bei der Deutschen Bank, das<br />
weitere Vorgehen. Becker prognostiziert<br />
für das kommende Jahr eine „Massenumstellung“,<br />
weshalb Unternehmen sich bereits<br />
heute mit dem Thema auseinandersetzen<br />
sollten. „Denn die Sepa-Migration<br />
ist nun ein regulatorisches Projekt mit<br />
einer klar definierten Roadmap, was gerade<br />
deshalb eine sorgfältige Analyse,<br />
Budgetierung, Planung und Umsetzung<br />
erfordert“, sagt Becker.<br />
Nun hoffen die Beteiligten aus der<br />
Finanzwirtschaft, dass keine bürokratischen<br />
Hemmnisse mehr auftreten, etwa<br />
indem die EU-Wettbewerbskommission<br />
der weiteren Umsetzung besondere Hür-<br />
den in den Weg legt. Von einer allzu großen<br />
Begeisterung ist man ohnehin weit<br />
entfernt. Denn branchenübergreifend<br />
glaubt kaum jemand daran, dass sich<br />
mit dem „Business-Case Sepa“ bares Geld<br />
verdienen ließe, bestätigt der Vertreter<br />
des größten deutschen Geldinstituts.<br />
Mehr Datenqualität mit IBAN<br />
Das Informatikzentrum der Sparkassen-<br />
Organisation (SIZ) hebt die Chancen hervor.<br />
So könne der Kunde nicht nur nationale<br />
und europaweite Überweisungen<br />
und Lastschriften nach einheitlichen<br />
Regeln abwickeln, um seine Liquiditätsplanung<br />
zu optimieren. Der XML-basierte<br />
ISO-20022-Standard biete auch eine bessere<br />
Kontoabstimmung. Moderne Formatstrukturen<br />
erleichterten die Aktua-<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
NAMEN & NACHRICHTEN 11<br />
Sepa-Zahlungsinstrumente des European Payments Council<br />
� Sepa-Überweisung (EPC Sepa Credit Transfer<br />
Rulebook)<br />
� Sepa-Basislastschrift (EPC Sepa Core<br />
Direct Debit Rulebook)<br />
� Sepa-Firmenlastchrift (EPC Sepa B2B<br />
Direct Debit Rulebook)<br />
Die Verfahren können für grenzüberschreitende<br />
Zahlungen und Inlandszahlungen genutzt<br />
werden. An der KundeBankSchnittstelle und<br />
im Austausch zwischen den Banken gilt das<br />
neue auf ISO 20022 und XML basierende Sepa<br />
Datenformat.<br />
lisierung von Software und verringerten<br />
Wartungskosten. Und schließlich bringe<br />
die einheitliche Prüfziffer in der IBAN<br />
eine höhere Datenqualität bei den verwalteten<br />
Kontoverbindungen mit sich.<br />
Laut DSGV-Angaben sollen IBAN und<br />
BIC bereits ab Sommer 2012 auf der Rückseite<br />
der SparkassenCard aufgebracht<br />
sein. Das soll insbesondere Privatkunden<br />
einen schnellen und bequemen Zugriff<br />
auf den europaweiten Geldtransfer via<br />
Sepa zu ermöglichen.<br />
�<br />
Lothar Lochmaier<br />
Ab dem 1. Februar 2014<br />
werden nationale Überweisungen<br />
und Lastschriften im<br />
europäischen Zahlungsraum<br />
(Sepa) vereinheitlicht. Die<br />
neue International Bank<br />
Account Number (IBAN) hat<br />
22 Stellen und wird daher<br />
„die Schreckliche“ genannt.<br />
Derzeit sind diese internationalen<br />
Standards nur bei<br />
Zahlungen auf ausländische<br />
Konten im Einsatz. Daneben<br />
findet sich Bank Identifier<br />
Code (BIC), mit dem Banken<br />
weltweit eindeutig identifiziert<br />
werden können.<br />
GRAFIK: DPA<br />
Weitere Infos unter „Full Sepa (Single Euro<br />
Payments Area), Migration, Frequently Asked<br />
Questions“ als GoogleSucheingabe<br />
� Sepa-Überweisung (EPC Sepa Credit Transfer<br />
Rulebook)<br />
Hierbei handelt es sich lediglich um ein<br />
Rahmenwerk und kein verbindlich durch<br />
Banken zu zeichnendes Regelwerk (Rulebook).<br />
Girocard/electronic cash erfüllt bereits die<br />
Anforderungen des Sepa Cards Framework. Für<br />
das Clearingformat gibt es keine technischen<br />
Vorgaben durch den EPC. Die Deutsche Kreditwirtschaft<br />
plant jedoch, die auf ISO 20022 basierenden<br />
XMLFormate auch für das Clearing<br />
von GA und POSTransaktionen zu verwenden.<br />
Siehe dazu auch die Sepa Cards Clearing (SCC)<br />
Initiative der Berlin Group. QUELLE: SIZ/OMNICARD/LL
12<br />
FINANZGRUPPE<br />
NORD/LB – INTERVIEW<br />
Stufe für Stufe<br />
Ulrike Brouzi ist das erste weibliche Vorstandsmitglied der<br />
Nord/LB. Zu ihren Aufgaben gehören etwa die Bereiche<br />
Prozesse, Organisation und Unternehmensservice. Zudem<br />
liefert die Mathematikerin ihren Vorstandskollegen die<br />
Kennzahlen für die Gesamtbanksteuerung.<br />
Der Norden erschließt sich nicht von<br />
allein. Doch wenn man selbst aktiv<br />
wird, öffnet er sich in seiner ganzen<br />
Vielfalt“, kommentiert die aus dem Frankenland<br />
gebürtige Ulrike Brouzi ihren<br />
aktuellen Lebensmittelpunkt Hannover.<br />
Gerade hier im Norden lege man großen<br />
Wert auf Klarheit und Gradlinigkeit.<br />
Was das gläserne Gebäude der Nord/<br />
LB dem Besucher an Offenheit verspricht,<br />
will die Landesbank durch eine<br />
klare und langfristige Geschäftspolitik<br />
Politik, Wirtschaft und Mitarbeitern vermitteln,<br />
gerade nach den turbulenten<br />
Phasen des vergangenen Jahres. Auch<br />
die Wirtschaftsmathematikerin Brouzi,<br />
seit Anfang des Jahres erstes weibliches<br />
Vorstandsmitglied der Nord/LB, setzt für<br />
ihre Verantwortungsbereiche auf die notwendige<br />
Transparenz, derer es gerade im<br />
Bereich eines Chief Operating Officers<br />
(COO) bedarf, um erfolgreich zu sein.<br />
SPARKASSE: Frau Brouzi, die EU-Kommission<br />
hat die Erhöhung des Kernkapitals genehmigt.<br />
Stehen Sie noch unter dem Druck des<br />
Banken-Stresstests, durch den die Nord/LB<br />
fast gefallen wäre?<br />
Ulrike Brouzi: Die Stresstest-Probleme<br />
entstanden nur, weil die Europäische<br />
Bankenaufsichtsbehörde EBA ihre<br />
Spielregeln im laufenden Prozess verändert<br />
hatte. Die Kapitalmaßnahmen des<br />
Landes Niedersachsen, der Sparkassen<br />
sowie die vorbereitete Kapitalumwandlung<br />
wurden ausgeblendet. Die Nord/LB<br />
wird die erhöhten Kapitalmarkanforderungen<br />
bis Mitte 2012 vollständig erfüllen.<br />
Dafür hat die Kommission den Weg<br />
freigemacht. Wir sind im Gespräch mit<br />
unseren Trägern, um die Änderungen in<br />
den nächsten Monaten erfolgreich umsetzen<br />
zu können. Gleichzeitig durchleuchten<br />
wir unsere Risikostruktur auf<br />
weiteres Optimierungspotenzial.<br />
Mussten Konsequenzen für das Geschäftsmodell<br />
der Nord/LB gezogen werden?<br />
Brouzi: Nein, wir bleiben bei unserem<br />
bewährten Geschäftsmodell. Es hat sich<br />
auch in schwierigen Zeiten bewährt,<br />
deshalb setzen wir weiter darauf. Das<br />
Modell stand nie infrage, darüber waren<br />
sich Bank und Träger immer einig. Aber<br />
selbstverständlich muss man als verantwortungsbewusstes<br />
Unternehmen ständig<br />
schauen, ob und wie sich der Markt<br />
verändert und dann sein Geschäftsmodell<br />
gegebenenfalls adjustieren.<br />
Also blieb alles weitgehend beim Alten?<br />
Brouzi: Die unveränderte Stärke der<br />
Nord/LB ist und bleibt ihre regionale<br />
Verankerung, ihr Engagement für die<br />
Unternehmen in ihrem Geschäftsgebiet.<br />
Deshalb setzen wir weiterhin auf das Geschäft<br />
mit den mittelständischen Firmenkunden,<br />
das Immobiliengeschäft und vor<br />
allem auf den landwirtschaftlichen Sektor<br />
als einen der wichtigen Wirtschaftszweige<br />
Norddeutschlands. Außerdem<br />
bleibt die Finanzierung von Schiffen<br />
und Flugzeugen ein Aufgabengebiet. Mit<br />
einem Portfolio von über 17,5 Milliarden<br />
Euro ist die Nord/LB weltweit einer<br />
der größten Schiffs- und Flugzeugfinanzierer.<br />
Die Bank entwickelt neue Produkte, beispielsweise<br />
Pfandbriefe für Flugzeugkredite.<br />
Welche Potenziale wollen Sie so erschließen?<br />
Brouzi: In unserer Region produziert<br />
der zweitgrößte Flugzeugbauer. Und wir<br />
haben in diesem Geschäft vielfältiges<br />
Marktwissen sammeln können. Der Flugzeug-Pfandbrief<br />
ist analog zu einem Hypotheken-Pfandbrief<br />
aufgebaut. Liegen<br />
bei letzterem Immobilienkredite zugrunde,<br />
werden beim Flugzeug-Pfandbrief<br />
Flugzeugfinanzierungen gebündelt und<br />
zur Refinanzierung genutzt. Die Leasing-<br />
und Ratenzahlungen von verschiedenen<br />
Flugzeugen aus diesen Finanzierungen<br />
sowie die Werte der zugrundeliegenden<br />
Flugzeuge dienen der Bezahlung der<br />
Zinsverpflichtungen gegenüber den<br />
Investoren und der Sicherstellung der<br />
Rückzahlung. Im Gegensatz zu Modellen,<br />
die in Verruf gekommen sind, haftet<br />
die Nord/LB bei diesem Modell bei eventuellen<br />
Zahlungsausfällen. Für die vom<br />
deutschen Gesetzgeber vorgesehenen<br />
besonderen Sicherheiten bekommt das<br />
Paket dann das Gütesiegel Pfandbrief,<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
„Die Nord/LB wird<br />
die erhöhten<br />
Kapitalmarkt-<br />
anforderungen<br />
bis Mitte 2012<br />
vollständig<br />
erfüllen.“<br />
Ulrike Brouzi
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
FINANZGRUPPE 13<br />
FOTOS: MARC DARCHINGER
14<br />
FINANZGRUPPE<br />
„Von der Umstellung auf OSPlus profitieren unsere Kunden,<br />
beispielsweise durch schnellere Bankgeschäfte über Realtime-<br />
Buchungssysteme und einen übersichtlicheren Online-Auftritt.“<br />
dessen Einhaltung von der deutschen<br />
Bankenaufsicht streng überwacht wird.<br />
Investoren profitieren von unserem<br />
Know-how und setzen gleichzeitig auf<br />
Sicherheit.<br />
Was steht 2012 für Ihren Verantwortungsbereich<br />
und für die Nord/LB an?<br />
Brouzi: In den kommenden Monaten<br />
werden wir noch stark eingebunden sein<br />
in die Diskussion über die Kapitalausstattung.<br />
Aber wir werden uns auch die Kostenseite<br />
genau ansehen. Und das ist meine<br />
Hauptaufgabe, die viel mit Effizienz zu<br />
tun hat. 2012 werde ich mich intensiv mit<br />
dem Thema Lean Management beschäftigen,<br />
das wir gerade einführen. Darüber<br />
hinaus werden wir uns anschauen, ob die<br />
übergreifenden Prozessarchitekturen optimal<br />
organisiert sind. Außerdem arbeite<br />
ich selbstverständlich die anderen Aufgaben<br />
ab.<br />
Welche Aufgaben umfasst Ihr Verantwortungsbereich?<br />
Ulrike Brouzi: Als COO bin ich für die<br />
Innenbereiche des Hauses zuständig,<br />
also für alles, was über technische Plattformen<br />
bereit gestellt wird. Dazu gehören<br />
die Bereiche Organisation mit Prozessen<br />
und Prozessoptimierung, Arbeitsanweisungen<br />
und interne Kontrollen. Zum<br />
Zweiten verantworte ich den sogenannten<br />
Unternehmensservice mit allem<br />
rund um die Marktfolge für das Handelsgeschäft<br />
und die Servicedienstleistungen<br />
vom in- und ausländischem Zahlungsverkehr<br />
bis zum Dokumentengeschäft.<br />
Drittens bin ich für die Konzernsicherheit<br />
und das Effizienzmanagement, das<br />
wir im Augenblick stark fokussieren,<br />
Nord/LB mit kräftigem Ergebniszuwachs<br />
Die Nord/LB hat in den ersten neun Monaten<br />
des Geschäftsjahres 2011 im Konzern ein<br />
Vorsteuerergebnis von 385 Mio. Euro erzielt.<br />
Das Ergebnis des Vorjahreszeitraums (146 Mio.<br />
Euro) konnte damit mehr als verdoppelt<br />
werden. „Das operative Geschäft läuft<br />
weiterhin gut, dies gilt insbesondere für unsere<br />
Kerngeschäftsfelder. Mit unserem bewährten,<br />
kundenorientierten Geschäftsmodell sind wir<br />
in der derzeit sehr schwierigen Marktverfassung<br />
solide aufgestellt. Auf dieser Grundlage<br />
können und werden wir unsere Kapitalausstattung<br />
weiter stärken“, erklärte Gunter Dunkel,<br />
Vorstandsvorsitzender der Nord/LB. In der<br />
zuständig sowie für Risikocontrolling<br />
und Controlling. Damit gehört die Unterstützung<br />
und Bereitstellung aller Informationen<br />
für die Gesamtbanksteuerung<br />
ebenfalls zu meinen Aufgaben.<br />
Konzernsicherheit, was bedeutet das heute?<br />
Brouzi: Alle Ressourcen von den Personen<br />
über die Informationstechnik bis<br />
zu den Gebäuden gehören dazu: Dieser<br />
Sicherheitsbereich des Hauses macht<br />
Vorgaben für Bank und Mitarbeiter, wenn<br />
beispielsweise Demonstrationen angekündigt<br />
werden oder eine Epidemie ausbricht.<br />
An dieser Stelle werden auch die<br />
Vorgaben für die IT-Sicherheit erarbeitet.<br />
Gerade im Bankensektor ändern sich ständig<br />
viele Regularien. Wie wollen Sie unter diesen<br />
Bedingungen alle Prozesse dauerhaft in<br />
einen hohen effizienten Zustand versetzen<br />
und halten?<br />
Brouzi: Prozesseffizienz setzt zunächst<br />
Transparenz voraus. Welche Systeme<br />
und Prozesse laufen, wie agieren die hier<br />
Handelnden in den Abläufen und miteinander<br />
an den jeweiligen Schnittstellen?<br />
Diese Kommunikationsprozesse müssen<br />
effizient gestaltet sein. Außerdem müssen<br />
bestehende Prozesse an neue Anforderungen,<br />
beispielsweise aufsichtsrechtliche<br />
Regelungen, angepasst werden. Am<br />
besten stellt man sich das als ein Röhrensystem<br />
vor, an das permanent neue Röhren<br />
angedockt werden. Damit am Ende<br />
das gewünschte Ergebnis herauskommt,<br />
müssen alle Röhren durchflussfähig gehalten<br />
werden. Die Gestaltung dieses Prozesssystems<br />
überwachen wir ständig, damit<br />
der hocheffiziente Zustand gehalten<br />
werden kann.<br />
Einzelbetrachtung der Segmente haben sich<br />
insbesondere die Geschäftsfelder Schiffs und<br />
Flugzeugfinanzierungen, Firmenkunden sowie<br />
erneuerbare Energien und Infrastruktur als<br />
ertragsstark erwiesen. Auch das Geschäft mit<br />
Institutionellen Kunden und die gewerbliche<br />
Immobilienfinanzierung im Tochterunternehmen<br />
Deutsche Hypo lieferten kräftige Ergebnisbeiträge.<br />
Das Unternehmen habe sein Kapitalstärkungsprogramm<br />
erfolgreich fortgesetzt, sagte<br />
Dunkel. Die Kapitalquoten der Landesbank<br />
haben sich zum 30. September 2011 weiter<br />
verbessert. Die Kernkapitalquote stieg im<br />
Vergleich zum Jahresende 2010 von 7,9 auf 9,2<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
Sie haben das Risikocontrolling neu organisiert.<br />
Aus welchem Grund?<br />
Brouzi: Mein Vorstandskollege Jörg-<br />
Johannes Riegler verantwortet als Chief<br />
Risk Officer das Risikomanagement. Dafür<br />
muss das Risikocontrolling ihm alle<br />
Instrumente für die Risikosteuerung zur<br />
Verfügung stellen. Die Anforderungen<br />
von Basel II und Basel III haben massive<br />
Auswirkungen auf Risikoarten und Risikokapital.<br />
Hier liefere ich dem Kollegen<br />
für die Risikosteuerung Lösungen und<br />
bilde diese im Risikocontrolling ab.<br />
Der Verwaltungsaufwand der Nord/LB ist<br />
durch Investitionen in den IT-Bereich gesteigen.<br />
Warum investiert die Landesbank<br />
an dieser Stelle?<br />
Brouzi: Im vergangenen Jahr hat die<br />
Nord/LB nach neun Monaten Vorbereitung<br />
die IT-Migration abgeschlossen<br />
und ist auf OSPlus umgestiegen. Das<br />
war unser bisher größtes IT-Projekt und<br />
das größte Migrationsprojekt der Finanz<br />
Informatik (FI), denn zu uns gehörende<br />
Institute wie die Braunschweigische<br />
Landessparkasse und das Landesförderinstitut<br />
Mecklenburg-Vorpommern migrierten<br />
mit uns zur Gesamtbanklösung<br />
der FI. Von dieser Umstellung profitieren<br />
unsere Kunden, beispielsweise durch<br />
schnellere Bankgeschäfte über Realtime-<br />
Buchungssysteme und einen übersichtlicheren<br />
Online-Auftritt.<br />
Welche konkreten Vorteile hat die Migration<br />
für die Nord/LB?<br />
Brouzi: Gerade weil sich sowohl im bilanziellen<br />
als auch im aufsichtsrechtlichen<br />
Meldewesen vieles ändert, ist es<br />
notwendig, alle Daten in einer anderen<br />
Prozent, die Eigenmittelquote erhöhte sich von<br />
11,1 auf 12,7 Prozent. Die im Zuge des<br />
Bankenstresstests beschlossenen Kapitalmaßnahmen<br />
sind hier noch nicht berücksichtigt<br />
und werden zu einer weiteren Erhöhung der<br />
Kapitalquoten fuhren. „Im dritten Quartal 2011<br />
konnten wir unser zu Jahresbeginn gestartetes<br />
Kapitalstärkungsprogramm erfolgreich<br />
fortsetzen. Die Nord/LB verfügt über eine<br />
solide Kapitalbasis sowie eine komfortable<br />
Liquiditätsausstattung“, so Dunkel. Trotz eines<br />
schwierigen Umfelds werde die Nord/LB das<br />
Gesamtjahr 2011 mit einem besseren Ergebnis<br />
als im Vorjahr abschließen.
Konfiguration vorzuhalten. Wo es früher<br />
reichte, einmal im Jahr eine Bilanz<br />
zu schreiben, müssen wir heute Daten<br />
monatlich, in manchen Fällen tagesaktuell<br />
zur Verfügung stellen. Der gesamte<br />
Datenhaushalt muss anders organisiert<br />
werden, um den regulatorischen Anforderungen<br />
bis in die Frontsysteme zu genügen.<br />
Das neue System ist ein Teil dieser<br />
Lösung.<br />
Dann ist die Migration, in die ja bis zu 500<br />
Mitarbeiter eingebunden waren, erfolgreich<br />
abgeschlossen?<br />
Brouzi: Ja. In diesem Prozess haben<br />
wir es ohne größere Reibungsverluste<br />
geschafft, mehr als 1,4 Millionen Kundenkonten,<br />
580 SB-Geräte sowie etwa 50<br />
weitere Systeme und Prozesse an OSPlus<br />
anzupassen. In einem nächsten Schritt<br />
wollen wir bis 2015 unsere Systeme für<br />
die Banksteuerung und das Kreditgeschäft<br />
ausbauen.<br />
Sind weitere Skaleneffekte durch die Zusammenarbeit<br />
mit der FI denkbar?<br />
Brouzi: Natürlich ist vieles denkbar,<br />
wenn sich mehrere Landesbanken für<br />
ein Projekt zusammenschließen oder<br />
wir Teile von Systemen anderer übernehmen.<br />
Als Unternehmen suchen wir Lösungen,<br />
um Synergien im Verbund von<br />
Sparkassen und Landesbank zu heben.<br />
Können Sie als Landesbank nicht vor allem<br />
im Backoffice-Bereich Skaleneffekte realisieren?<br />
Brouzi: Genau dort, im Bereich Unternehmensservice<br />
haben wir viel zu bieten.<br />
Wenn uns Sparkassen ansprechen, dass<br />
etwas zu kompliziert oder zu aufwendig<br />
sei, helfen wir als Landesbank gern. Spezialisiertes<br />
Wissen ist in unserem großen<br />
Haus häufig stärker vertreten, und außerdem<br />
können wir den Personaleinsatz<br />
und die Bereitstellung von technischen<br />
Angeboten effizienter lösen.<br />
Durch die vielen Vorgaben und Regularien<br />
wächst die Komplexität der Anforderungen<br />
an Ihren Aufgabenbereich. Lassen sich diese<br />
Vorgaben ohne einen Riesenaufwand transparent<br />
darstellen?<br />
Brouzi: Komplexität und Intransparenz<br />
stehen immer in einem engen Verhältnis.<br />
Je transparenter ein Sachverhalt dargestellt<br />
wird, desto verständlicher ist er<br />
und desto exakter lässt er sich steuern.<br />
Das Ziel ist, auch hier ein Höchstmaß an<br />
Transparenz herzustellen, damit wir auf<br />
neue Anforderungen präzise reagieren<br />
und den Markt aktiv bearbeiten können.<br />
Gibt es weitere Aufgabenbereiche, für die Sie<br />
verantwortlich sind?<br />
Brouzi: Um eine Landesbank zu verstehen,<br />
muss man ihre Träger verstehen.<br />
Deshalb ist es eine Besonderheit meiner<br />
Aufgaben, dass ich für die Betreuung des<br />
Geschäftsgebiets Mecklenburg-Vorpom-<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
FINANZGRUPPE 15<br />
Zur Person: Karriere und Familie passen zusammen<br />
Ulrike Brouzi (46) ist neues Vorstandsmitglied<br />
und Chief Operating Officer der Norddeutschen<br />
Landesbank (Nord/LB). Zu Jahresbeginn hat<br />
sie unter anderem die Verantwortung für die<br />
Bereiche Risikocontrolling, Controlling, Orga/<br />
IT, Konzernsicherheit und die Betreuung des<br />
Geschäftsgebiets MecklenburgVorpommern<br />
übernommen. „Als Generalistin habe ich für<br />
die Finanzwirtschaft programmiert, gehandelt,<br />
abgewickelt und an der Bilanz mitgearbeitet,<br />
aber keine Kredite unterschrieben“, sagt die<br />
Wirtschaftsmathematikerin. Die Kompetenz<br />
für ihre jetzige Aufgabe musste Brouzi in den<br />
vergangenen Jahren zusätzlich erwerben. „Und<br />
jetzt ist auch die BaFin der Meinung, dass ich<br />
als Vorstand tätig sein kann.“ Brouzi kam im<br />
Januar 2008 von der Bayerischen Landesbank<br />
zur Nord/LB, wo sie die Leitung des Risikocontrollings<br />
der Bank übernahm. Im Juni 2010<br />
mern verantwortlich bin. Dadurch soll<br />
das Verbundgeschäft gestärkt werden<br />
und eine optimale Versorgung der Region<br />
durch die Landesbank ermöglicht<br />
werden. Die regionale Verwurzelung ist<br />
es, die die Arbeit vielfältig und spannend<br />
macht.<br />
Also ist das der Teil der Arbeit, der Sie erdet?<br />
Brouzi: So kann man die Kunden-Relationship-Seite<br />
verstehen. Ich bin natürlich<br />
kein Kundenvorstand, sondern für die<br />
Marktfolge zuständig, aber es ist wichtig,<br />
auch diese Seite im Blick zu behalten. Nur<br />
so kann ich meine Aufgabengebiete dauerhaft<br />
reflektieren. Und dessen bedarf es,<br />
um die von mir geforderte Transparenz<br />
übertrug ihr der Aufsichtsrat die Verantwortung<br />
für das Kapitalmarktgeschäft der<br />
Nord/LB, das sie als Generalbevollmächtigte<br />
des Vorstands leitete. Im Anschluss an ihr<br />
Studium in Augsburg war Brouzi von 1990 bis<br />
2007 bei der BayernLB tätig. Sie leitete Projekte<br />
wie Marktrisikosysteme, 6. KWGNovelle,<br />
Basel II und IAS/IFRS. Sie übte COOFunktionen<br />
im Dezernat Privatkunden, IT, Organisation und<br />
Backoffice sowie die fachliche Verantwortung<br />
der Innenbereiche der Auslandsstützpunkte<br />
Mailand und Luxemburg aus. Ulrike Brouzi ist<br />
verheiratet und hat zwei Kinder. Bei ihr passen<br />
Karriere und Familie zusammen. „Nur wenn alle<br />
mitziehen, kann man als Frau Karriere machen.<br />
Mit einem hohen Maß an Organisation und<br />
Rücksichtnahme bekommen wir in unserer Familie<br />
immer eine Lösung hin, die allen gerecht<br />
wird“, so Brouzi.<br />
jederzeit herstellen zu können. Außerdem<br />
gehört zu den Facetten unseres Unternehmensservices,<br />
die Sparkassen als<br />
Träger zu unterstützen. Wenn eine Sparkasse<br />
Know-how verliert, weil ein Mitarbeiter<br />
wechselt oder in den Ruhestand<br />
geht, können wir spezialisiertes Wissen<br />
liefern oder für einen Träger Prozessteile<br />
übernehmen und Geschäft für ihn abwickeln.<br />
Erzielen Sie noch weitere Synergieeffekte?<br />
Brouzi: Sparkassen können Kreditgeschäfte,<br />
abhängig von ihrer Größe, nur bis<br />
zu einem gewissen Volumen stemmen.<br />
Hier stehen wir als Konsortialpartner im<br />
gesamten Trägergebiet zur Verfügung.
16<br />
FINANZGRUPPE<br />
Ob in Niedersachsen, in Mecklenburg-<br />
Vorpommern oder in Sachsen-Anhalt –<br />
überall unterstützen wir oder stellen Produkte<br />
zur Verfügung.<br />
Nun einige Fragen, die einem Mann vermutlich<br />
nicht gestellt werden: Obwohl in<br />
der Sparkassen-Finanzgruppe mehr Frauen<br />
in Vorständen sind als im Durchschnitt der<br />
Finanzbranche, liegt die Quote immer noch<br />
im einstelligen Bereich. Woran liegt es?<br />
Brouzi: Natürlich kann man das nicht<br />
auf einen einzigen Grund zurückführen.<br />
Zum einen liegt es vermutlich am Betreuungssystem<br />
für Kinder. Als Frau will<br />
ich mich verlassen können, dass Tochter<br />
oder Sohn gut untergebracht sind. Weil<br />
das nicht klappt, bleiben viele Frauen zu<br />
Hause, selbst wenn ihre Kinder aus dem<br />
Gröbsten raus sind. Nur wo ein Umfeld<br />
vorhanden ist, das Karriere und Kinder<br />
für Frauen ermöglicht, wollen Frauen zurück<br />
an den Arbeitsplatz. Es hat generell<br />
etwas damit zu tun, wie in Deutschland<br />
die Rolle der Frau definiert wird. Ich habe<br />
selbst erlebt, dass man als Frau für eine<br />
Rabenmutter gehalten wird, wenn man<br />
sein Kind in die Krippe gibt. Zudem ist es<br />
in unserer Kultur so, dass männliche Vorgesetzte<br />
oft gar nicht gelernt haben, wie<br />
sie Qualitäten einer Frau erkennen. Diese<br />
verhält sich anders als er, also müssen an<br />
sie und ihre Qualifikationen andere Fragen<br />
gestellt werden als an einen Mann.<br />
Es wird also nach dem Ähnlichkeitsprinzip<br />
ausgewählt, bei dem Männer bei männlichen<br />
Vorgesetzten im Vorteil sind?<br />
Brouzi: Genau. Die meisten Personalentscheider<br />
sind Männer und diese suchen<br />
nach Verhaltensweisen und Kompetenzen,<br />
von denen sie selbst erlebt<br />
haben, dass sie erfolgreich sind. Wir<br />
haben diese Strukturen in der Nord/LB<br />
analysiert und festgestellt, dass Frauen<br />
anders reagieren. Fragt man einen Mann<br />
„Kannst du das“, sagt er „ja“ – und meint,<br />
dass er lernen kann, den jeweiligen Anforderungen<br />
zu genügen. Eine Frau wird<br />
mit nein antworten, weil sie die benötigten<br />
Kompetenzen aktuell nicht besitzt.<br />
Das Mentoring-Programm der Nord/LB<br />
Im Rahmen der Initiative „Frauen In Führung“<br />
forciert die Nord/LB gemischte Auswahlpools,<br />
Karriereberatung, Entwicklungsplanung und<br />
strukturierte MentoringProgramme. Das erste<br />
dieser MentoringProgramme für Frauen, die<br />
bereits in Führungspositionen sind, lief von<br />
2010 bis 2011. Im März 2012 startet für zehn<br />
Frauen eine zweite Runde. In regelmäßigen,<br />
vertraulichen TandemGesprächen, die in der<br />
Regel alle vier bis sechs Wochen stattfinden,<br />
kann die Mentee berufliche Anliegen, Fragestellungen,<br />
Situationen und Entwicklungsmöglichkeiten<br />
erörtern und gemeinsam mit<br />
„Wenn eine Sparkasse Know-how verliert,<br />
können wir spezialisiertes Wissen liefern<br />
oder für einen Träger Prozessteile überneh-<br />
men und Geschäft für ihn abwickeln.“<br />
An dieser Stelle sollte sich die Unternehmenskultur<br />
ändern?<br />
Brouzi: Als Frau lernt man, gefragt zu<br />
werden. Im Beruf ist das anders. Als Frau<br />
muss man die eigenen Verhaltensweisen<br />
hinterfragen. Wenn ich in einer männlich<br />
dominierten Umgebung arbeite,<br />
gelten bestimmte Spielregeln. Ein Beispiel:<br />
Auch wenn ein Mann nicht Fußball<br />
spielt, kennt er die Regeln und weiß, wie<br />
ein Team funktioniert. Selbst wenn in<br />
einem Match der beste Freund der Gegner<br />
ist, versucht ein Mann, sich gegen ihn<br />
durchzusetzen. Das ist gesellschaftlich<br />
akzeptiert. Als Frau kämpft man nicht<br />
gegen die beste Freundin. Doch wer als<br />
Frau Karriere machen will, muss lernen,<br />
solche Konflikte auszuhalten.<br />
Nützt es dem Unternehmen, wenn verstärkt<br />
Frauen Karrieren anstreben?<br />
Brouzi: Mein Mehrwert als Frau ist, dass<br />
ich eine andere Sicht auf viele Aufgabenstellungen<br />
habe und Dinge anders<br />
mache. Nimmt man einen anderen Filter,<br />
sieht manches anders aus. Das kann<br />
zu wirtschaftlich besseren Ergebnissen<br />
führen. Deshalb lohnt es, auf gemischte<br />
Teams zu setzen.<br />
Sie haben sich durchgesetzt. Spielen Sie<br />
nach männlichen Regeln?<br />
Brouzi: Als Älteste von fünf Kindern<br />
habe ich gelernt, mich durchzusetzen.<br />
Heute funktioniert die Familie, weil alle<br />
mitmachen. Mein Mann, meine beiden<br />
Kinder und ich sind unseren gemeinsamen<br />
Lebensweg immer gemeinsam gegangen.<br />
Zu Hause diskutieren wir viel mit<br />
den Kindern über die Art, wie wir unser<br />
ihrem Mentor reflektieren. Mentee und Mentor<br />
besprechen die derzeitigen beruflichen Aufgaben<br />
der Mentee, analysieren berufliche Ziele und<br />
erfolgversprechende Strategien. Gesprächsinhalte<br />
sind die Personalführung und Führungsrolle,<br />
die Analyse eigener Stärken und Schwächen,<br />
das individuelle Ziel und Zeitmanagement<br />
sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.<br />
Ein wesentlicher Bestandteil des Programms ist<br />
das sogenannte Shadowing, bei dem der Mentor<br />
seine Mentee den eigenen Führungsalltag<br />
praxisnah miterleben lässt. Durch die Gespräche<br />
und gemeinsamen Reflexionen lernt die Mentee,<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
Familienleben gestalten. Wichtig ist, dass<br />
wir als Familie viel Zeit miteinander verbringen<br />
und vieles gemeinsam erleben.<br />
Und das funktioniert problemlos?<br />
Brouzi: Natürlich gibt es in der Familie<br />
ständige Auseinandersetzungen, aber<br />
bei uns ist jeder gleichberechtigt. Nur<br />
so gelingt gegenseitige Rücksichtnahme.<br />
Nur so verstehen und akzeptieren<br />
die Kinder, wenn ich nach dem gemeinsamen<br />
Abendessen noch arbeiten muss.<br />
Andererseits nehme ich mir Zeit, wenn<br />
in der Schule etwas Wichtiges anliegt. Ich<br />
bin der Ansicht, dass man seine Kollegen<br />
und Mitarbeiter nur ernst nehmen kann,<br />
wenn man seine eigene Familie wichtig<br />
nimmt.<br />
Auch Ihnen dürften die Präsenzzeiten – sowohl<br />
im Unternehmen wie Zuhause – Schwierigkeiten<br />
bereiten.<br />
Brouzi: Natürlich ist Zeit ein knappes<br />
Gut. Aber gerade bei der Zeit in der Familie<br />
kommt es darauf an, möglichst konzentriert<br />
dabei zu sein. Neudeutsch nennt<br />
man das Quality Time. Letztlich werde ich<br />
selbst im Unternehmen nicht für meine<br />
Anwesenheit bezahlt. Es gab in der Vergangenheit<br />
Zeiten, in denen ich nach Absprache<br />
mit meinem Chef montags und<br />
freitags früh gegangen bin. Sicher verlangsamt<br />
das die Karriere. Aber es ist nicht<br />
ausschlaggebend, ob ich mit 42 oder erst<br />
mit 46 einen Vorstandsposten einnehme.<br />
In der Zeit, in der ein Mann schneller vorankommen<br />
kann, lernte ich beispielsweise,<br />
mich effizienter zu organisieren.<br />
In der von Ihnen verantworteten Region<br />
sich in ihrer Persönlichkeit weiterzuentwickeln,<br />
alle beruflichen und privaten Ressourcen optimal<br />
zu nutzen und mit den Herausforderungen<br />
einer Führungsaufgabe umzugehen. Ziele,<br />
Inhalte und Treffen des Mentoring werden individuell<br />
durch das Tandem selbst vereinbart und<br />
sind thematisch von den Zielen und Fragen der<br />
Mentees gestaltet. Im Laufe des Mentoring<br />
Jahres werden Mentees und Mentoren zudem<br />
in speziellen Workshops regelmäßig ihre Rollen<br />
und Ziele reflektieren und darüber hinaus<br />
im Dialog mit einer Trainerin sowie anderen<br />
Mentees und Mentoren stehen.
Mecklenburg-Vorpommern sind ein Viertel<br />
aller Vorstandsposten mit Frauen besetzt,<br />
andernorts ist der Anteil wesentlich geringer.<br />
Soll das in der Nord/LB geändert werden<br />
– und wenn ja, wie?<br />
Brouzi: Die Ostseeküste ist eine Benchmark<br />
für uns. Deshalb haben wir in<br />
einem ersten Mentoring-Programm<br />
der Nord/LB weibliche Führungskräfte<br />
mit Verantwortungsbereichsleitern in<br />
Tandem-Teams zusammengebracht. Ein<br />
gutes Jahr lang tauschten sich Mentee<br />
und Mentor, karriereorientierte Frauen<br />
und oberster Führungskreis aus. Weibliche<br />
Nachwuchskräfte konnten unter<br />
vier Augen heikle Fragen stellen. Sie erlebten,<br />
wie Denken auf oberen Hierarchieebenen<br />
funktioniert. Der Prozess<br />
lohnte sich für die Führungskräfte, die<br />
oft erstaunt waren über Denken und Handeln<br />
von Frauen. Sie lernten, dass Frauen<br />
manche Dinge anders verstehen als ein<br />
Mann. Mit diesem Wissen lassen sich talentierte<br />
Frauen besser herausfiltern. Der<br />
Aufwand lohnt sich also für beide Seiten.<br />
Können Sie das an einem Beispiel verdeutlichen?<br />
Brouzi: Das fängt schon damit an, dass<br />
es für manche irritierend war, mit einer<br />
Frau beispielsweise ein geschäftliches<br />
Abendessen wahrzunehmen. Für manche<br />
Situationen im Umgang zwischen<br />
Frauen und Männern gibt es in Unternehmen<br />
noch keine Regeln. Und was nicht<br />
geregelt ist, erfordert Mehraufwand.<br />
Den Nachwuchs-Frauen auf der anderen<br />
Seite wurde klarer, wie ihr Verhalten bei<br />
Männern ankam – und was sie ändern<br />
könnten. Mentor und Mentee hatten ihre<br />
Aha-Erlebnisse. Nach dem ersten Schritt<br />
setzen wir auf ein Schneeball-System, die<br />
vormaligen Mentees geben jetzt als Mentorinnen<br />
ihr Wissen weiter.<br />
Sie selbst engagieren sich auch für eine Mentee<br />
von der DekaBank.<br />
Brouzi: Ja, denn das Mentoring-Programms<br />
des Deutschen Sparkassen- und<br />
Giroverbands, das Präsident Heinrich<br />
Haasis angestoßen hat, ist eine wirklich<br />
gute Idee. Meiner Mentee kann ich von<br />
Frau zu Frau manche Dinge besser erklären.<br />
Ich lasse sie an meinen Erfahrungen<br />
teilhaben. Auf vielen Veranstaltungen<br />
haben wir über Schwierigkeiten gesprochen<br />
– und wie man sie lösen kann: Wie<br />
erkenne ich die gläserne Decke, wo sind<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
FINANZGRUPPE 17<br />
die Unterschiede im Denken von Männern<br />
und Frauen, wie zeigt sich das in<br />
den Formulierungen und im Verhalten.<br />
Wenn Mentor und Mentee sich darüber<br />
austauschen, wird vieles transparenter.<br />
Außerdem besprechen wir selbstverständlich<br />
Fachliches und ich helfe ihr,<br />
Kontakte herzustellen. Das ist der Sinn<br />
des Mentoring-Programms, weil Frauen<br />
gezieltes Netzwerken nicht intensiv genug<br />
betreiben.<br />
Wie schaffen es mehr Frauen in den Aufsichtsrat,<br />
wenn die Spielregeln eher männlich<br />
bestimmt sind? Könnte eine Frauenquote<br />
helfen?<br />
Brouzi: Inzwischen glaube ich das. Veränderungen<br />
müssen aktiv angestoßen<br />
werden. Freiwillig geschieht zu wenig.<br />
Die Männer müssten sich ändern – und<br />
dazu müssen sie aus der eigenen Komfortzone<br />
herauskommen. Nur eine Minderheit<br />
macht das freiwillig. Deshalb<br />
sage ich heute ja zur Quote, um die Veränderungen<br />
anzustoßen. Wenn die Prozesse<br />
laufen, sollte man die Quote aber<br />
schleunigst wieder abschaffen.<br />
�<br />
Das Interview führte Thomas Schindler.
18<br />
FINANZGRUPPE<br />
PERSONALENTWICKLUNG<br />
Gemischt gewinnen<br />
Die Sparkassen-Finanzgruppe rief 2010 eine Bildungs- und Netzwerkinitiative für weibliche<br />
Nachwuchsführungskräfte ins Leben. Erklärtes Ziel ist es, qualifizierte Frauen zur<br />
Übernahme von Führungspositionen zu motivieren und sie auf diesem Weg zu begleiten<br />
und zu beraten. Die Sparkasse Nürnberg hat als eine der ersten Sparkassen ein eigenes<br />
Mentoringprogramm für Frauen in Führung entwickelt, das im Januar Halbzeit hatte.<br />
� VON STEFANIE ZSCHAU<br />
Während der Anteil weiblicher Mitarbeiter<br />
in den Sparkassen bei 62 Prozent<br />
liegt, spiegelt sich dieser hohe Anteil<br />
nicht auf den Führungsebenen wider.<br />
Etwa bei der Sparkasse Nürnberg sind<br />
nur 15 Prozent der Führungskräfte weiblich.<br />
Hier setzt das Mentoringprogramm<br />
des Instituts an. Es räumt qualifizierten<br />
Frauen die Chance ein, von der Lebensund<br />
Berufserfahrung angesehener Führungskräfte<br />
zu profitieren und sich in<br />
ihrer Persönlichkeit weiterzuentwickeln.<br />
Der gesellschaftliche Wandel macht es<br />
dringend erforderlich, die beruflichen Potenziale<br />
von Frauen voll auszuschöpfen,<br />
so dass sie Führung übernehmen oder<br />
in Führungsverantwortung weiter vorankommen.<br />
Lydwina von der Grün, Personalentwicklerin<br />
der Sparkasse Nürnberg,<br />
gibt sich überzeugt, dass bei gemischten<br />
Führungsteams die spezifischen Stärken<br />
beider Geschlechter besser genutzt werden<br />
können. Und sie zitiert die französische<br />
Schriftstellerin Madame de Stael:<br />
„Genie hat kein Geschlecht.“<br />
Vier Vorstände, rund 160 Führungskräfte<br />
und viele Mitarbeiter, die das Thema<br />
betrifft, teilen diese Einschätzung. Angeregt<br />
von der Initiative des Vorstands und<br />
des DSGV für mehr Frauen in Führung<br />
unter Schirmherrschaft von DSGV-Präsident<br />
Heinrich Haasis lud die Sparkasse<br />
Nürnberg im Herbst 2010 hierarchieübergreifend<br />
Frauen des Hauses<br />
zu einem sogenannten Ladies<br />
Day ein. Hierbei wurde erarbeitet,<br />
was Frauen mitbringen, wohin<br />
sie wollen und was ihnen<br />
fehlt, um die Verantwortung für<br />
eine Führungsposition zu übernehmen.<br />
Patenschaften auf Zeit<br />
Frauen haben andere Lebenskonzepte,<br />
Schwerpunkte und<br />
Bedürfnisse. Es gestaltet sich<br />
deshalb schwierig, gleichermaßen<br />
Verantwortung für die<br />
Familie als auch für Mitarbeiter<br />
zu übernehmen. Frauen<br />
benötigen von verschiedenen<br />
Seiten Unterstützung, um eine<br />
Führungsposition inne zu haben.<br />
Ein Selbstverständnis von<br />
„Female Leadership“ ist noch<br />
nicht in den Köpfen verankert. Hier ist<br />
nicht weniger als eine Änderung des<br />
traditionellen Rollenverständnisses<br />
erforderlich. Außerdem fehlen vielen<br />
Frauen die Netzwerke und das Gespräch<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
Unterstützt Frauen<br />
dabei, Führungsverantwortung<br />
zu<br />
übernehmen.<br />
Lydwina von der<br />
Grün, Bereich<br />
Personal,<br />
Sparkasse<br />
Nürnberg<br />
Tandem: Mentee Martina Kreller,<br />
Führungskraft im Bereich<br />
Organisation und Bau und ihr<br />
Mentor Erwin Veth, Personalleiter<br />
der Sparkasse Nürnberg.<br />
FOTO: PETER HIMSEL<br />
mit Gleichgesinnten: Frauen lernen am<br />
liebsten von anderen und tauschen sich<br />
mit ihnen über Herausforderungen und<br />
Fragestellungen aus. Im Ergebnis wurde<br />
ein selbst entwickeltes Mentoringprogramm<br />
mit je zwölf<br />
Mentoren und Mentees gestartet.<br />
Alle vier Vorstände und die<br />
Bereichsleiter erklärten sich bereit,<br />
eine Patenschaft für Frauen<br />
zu übernehmen, die eine Führungsposition<br />
anstreben. Das<br />
Mentoringprogramm startete<br />
im Juni 2011. Alle Frauen in der<br />
Sparkasse Nürnberg konnten<br />
sich bewerben.<br />
Die Ausschreibung traf offensichtlich<br />
einen Nerv. Aus den<br />
überraschend vielen Bewerbungen,<br />
die aus allen Bereichen<br />
des Unternehmens eingingen,<br />
wurden zwölf Frauen ausgewählt.<br />
Auf der Basis mehrerer<br />
Kriterien und ausführlicher<br />
Bewerbungen wurde in einem<br />
Matching-Prozess festgelegt,<br />
wer am besten zu wem passt. Wichtig war<br />
hierbei auch, dass Mentor und Mentee<br />
nicht im gleichen Bereich arbeiten, um<br />
jederzeit frei sprechen zu können und<br />
um andere Blickwinkel zu erhalten. Nach
einem Vorbereitungstreffen für die Mentoren<br />
Mitte Juli 2011 fand bereits Ende<br />
Juli die Auftakt-Veranstaltung für die je<br />
zwölf Mentees und Mentoren statt. Das<br />
Ziel ist die Förderung von Frauen. Der<br />
Vorstand will die Anzahl von Frauen in<br />
Führungspositionen bis zum Jahr 2020<br />
von derzeit 15 Prozent auf 25 Prozent steigern.<br />
Somit würden bei allen Führungskräften<br />
nicht mehr 24, sondern rund 40<br />
Führungskräfte weiblich sein. Wichtig ist<br />
allerdings: „Priorität bei der Besetzung<br />
von Führungspositionen hat natürlich<br />
nach wie vor die Eignung des Bewerbers<br />
in Bezug auf das Anforderungsprofil der<br />
Stelle.“<br />
Mentoringprogramm wird fortgesetzt<br />
Im Mentoringprogramm wird ein Treffen<br />
pro Monat empfohlen. Wann, wo und wie<br />
genau dieses stattfindet, bleibt dem so genannten<br />
„Tandem“ überlassen. In akuten<br />
Fällen haben sich kurze Telefonate, Chats<br />
oder E-Mails als sinnvoll erwiesen. Während<br />
des gesamten Programms – und<br />
auch darüber hinaus – steht Personalentwicklerin<br />
von der Grün als Ansprech- und<br />
Feedbackpartnerin für alle Beteiligten<br />
zur Verfügung. Derzeit laufen bereits die<br />
Vorbereitungen für die zweite Runde. In<br />
der Sparkasse Nürnberg ist man von der<br />
Wirksamkeit des Mentoringprogramms<br />
überzeugt. Viele positive Erlebnisse der<br />
Mentees und Mentoren bei der Halbzeit-<br />
Veranstaltung im Januar 2012 zeigten,<br />
wie unbefangen Themen in den Tandems<br />
bearbeitet werden und wie Führungsverantwortung<br />
die Abstraktheit verliert und<br />
als machbare Herausforderung wahrgenommen<br />
wird.<br />
So sagt etwa Mentee Martina Kreller:<br />
„Von den Erfahrungen einer erfolgreichen<br />
Führungskraft zu lernen und diese<br />
mit eigenen Erfahrungen, Zielen und<br />
Vorstellungen zu kombinieren, ermöglicht<br />
mir eine zukunftsträchtige Perspektive.“<br />
Und ihr Mentor, Erwin Veth, Personalleiter<br />
der Sparkasse Nürnberg, betont:<br />
„Mit einem Mentoringprogramm wollen<br />
wir Frauen zu Führung ermutigen und<br />
sie auf dem Weg dahin unterstützen.“<br />
Im Rahmen des Mentoringprogramms<br />
fand auch ein gemeinsamer Besuch bei<br />
der Versicherungskammer Bayern statt,<br />
die bereits viele Frauen in Führung hat.<br />
Zusätzlich werden zwei Seminare angeboten:<br />
„Den Aufstieg gestalten“ und<br />
„Change Management“, ein Thema, dem<br />
auch die Sparkasse unterworfen ist. Insgesamt<br />
wurde beim ersten Mentoring-<br />
MENTORING<br />
Qualifizierung statt Quote<br />
Das Programm sieht vor, dass sich<br />
Mentor und Mentee über einen Zeitraum<br />
von bis zu zwei Jahren in regelmäßigen<br />
Abständen zu Gesprächen treffen,<br />
um alle anstehenden Fragen und<br />
Herausforderungen zu besprechen. Um<br />
eine Patenschaft bewerben können sich<br />
Frauen, die einen Vorstandsposten in<br />
der Sparkassen-Finanzgruppe anstreben.<br />
Voraussetzung dafür ist der (Dipl.)<br />
Sparkassenbetriebswirt, ein Bachelor<br />
oder ein vergleichbarer Abschluss. Die<br />
Kandidatinnen müssen älter als 25<br />
Jahre alt sein, eine mindestens sechsjährige<br />
Berufserfahrung in der Kreditwirtschaft<br />
vorweisen können und erste<br />
Führungserfahrungen in einer Sparkasse<br />
mitbringen. Sind einzelne Zulassungsvoraussetzungen<br />
nicht gegeben,<br />
ist eine Einzelfallprüfung möglich.<br />
Als Mentoren sind sowohl weibliche<br />
als auch männliche Vorstände aus der<br />
Sparkassen-Finanzgruppe gefragt, die<br />
bereit sind, mit ihrem Erfahrungs- und<br />
Wissensvorsprung die Mentees zu unterstützen<br />
und zu fördern. Mentoring steht<br />
für eine geschützte, hierarchiefreie Partnerschaft<br />
auf Zeit und basiert auf gegenseitigem<br />
Geben und Nehmen. Zwar bietet<br />
Mentoring keine fachliche Qualifizierung<br />
und auch keine Garantie für einen beruflichen<br />
Aufstieg. Das Programm kann aber<br />
sehr wohl Leistungen sichtbar machen<br />
und Türen zu Führungsetagen öffnen. Es<br />
kann zudem Netzwerke etablieren, Kooperationsmöglichkeiten<br />
schaffen und<br />
neue Perspektiven auch für gestandene<br />
Sparkassenführungskräfte eröffnen.<br />
Mentoren machen Mut zur Karriere<br />
Mentees erhalten unter anderem die<br />
Möglichkeit, die eigenen Fähigkeiten besser<br />
kennen und einschätzen zu lernen,<br />
Mut zur eigenen Karriere zu ent wickeln<br />
und diese zielstrebig anzugehen. Dazu<br />
kommen Hinweise auf effizientere und<br />
effektivere Vorgehensweisen, bessere<br />
Einblicke in die Sparkassen-Finanzgrup-<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
FINANZGRUPPE 19<br />
programm viel Arbeit in Konzeption<br />
und Aufbereitung investiert. Der bislang<br />
reibungslose Verlauf, die Vielfalt der<br />
Aufgaben und nicht zuletzt die positiven<br />
Feedbacks der Mentees und Mentoren<br />
entschädigen jedoch für alles.<br />
Bayern ergreift Initiative<br />
Und es bewegt sich etwas im Freistaat:<br />
Auch Franz Inderst, Leiter der Sparkassenakademie<br />
Bayern und ebenfalls ein<br />
starker Befürworter der Frauenförderung,<br />
lud unlängst über 70 Personalentwicklungsverantwortliche<br />
und Vorstände<br />
nach Landshut ein, um über die<br />
Bedeutung von Frauen in Führung für<br />
Sparkassen zu diskutieren.<br />
Die Akademie hat außerdem ein Programm<br />
„Frauen in Führung. Für den Erfolg<br />
Ihrer Sparkasse“ entwickelt. Dieses<br />
bietet sowohl methodische Impulse für<br />
Personalentscheider und -entwickler, als<br />
auch konkretes Handwerkszeug für weibliche<br />
Nachwuchsführungskräfte. Denn<br />
damit die Sparkassen weiterhin die Qualitäts-<br />
und Marktführerschaft behalten,<br />
ist es wichtig, auf allen Ebenen aktiv und<br />
innovativ zu sein und dabei auch weiblichen<br />
Mitarbeitern gute Perspektiven zu<br />
bieten.<br />
�<br />
Um den Weg für Frauen in die Führungsetagen der Sparkassen-Finanzgruppe zu öffnen, führt<br />
der Deutsche Sparkassen und Giroverband unter Schirmherrschaft seines Präsidenten Heinrich<br />
Haasis ein bundesweites Mentoringprogramm durch.<br />
pe und entsprechende Kontakte. Zusätzlich<br />
werden sie in die Netzwerke<br />
ihrer Mentoren eingebunden, die neue<br />
Impulse geben und Unterstützung bei<br />
Stellen- oder Karriereangeboten leisten<br />
können. Für Mentoren liegen die Chancen<br />
darin, frische Ideen und Impulse<br />
von den Mentees zu erhalten und eigenes<br />
Arbeiten zu reflektieren. Zudem<br />
können sie Kontakte zu anderen Mentoren<br />
aufbauen, qualifizierten Nachwuchs<br />
für das eigene Haus rekrutieren<br />
und im Netzwerk neue Kooperationsmöglichkeiten<br />
gewinnen.<br />
Eine Teilnahme am Mentoringprogramm<br />
ist kostenlos. Rhythmus und<br />
Umfang des Mentoring vereinbaren<br />
die Beteiligten selbst. Empfohlen wird<br />
mindestens ein persönliches Treffen<br />
pro Jahr sowie ein regelmäßiger telefonischer<br />
Austausch über Ziele, Entwicklungen<br />
und Perspektiven.<br />
www.smanagementakademie.de
20<br />
MÄRKTE & KUNDEN<br />
ZWEITMARKT GESCHLOSSENE FONDS<br />
Alle Mann von Bord<br />
Weil die Finanzkrise auf der Konjunktur lastet, halten sich Investoren bei Anteilskäufen<br />
geschlossener Fonds zurück. Der Umsatz an den Sekundärmarktplattformen ist 2011<br />
deutlich gesunken. Vor allem Eigner von Schiffsfonds sind betroffen. Sie können aus den<br />
Beteiligungsmodellen allenfalls vorzeitig und mit hohen Verlusten aussteigen.<br />
� VON RICHARD HAIMANN<br />
Umsatzrückgänge rapportiert kein Manager<br />
gern. Alex Gadeberg, Vorstand<br />
der Fondsbörse Deutschland, hadert<br />
jedoch trotz gesunkener Zahlen nicht<br />
mit dem Jahresergebnis 2011: „Wir sind<br />
mehr als zufrieden.“<br />
Anteile geschlossener Fonds im ursprünglichen<br />
Ausgabewert von 145<br />
Mio. Euro hatten auf der von den Börsen<br />
Hamburg, Hannover und München<br />
betriebenen Handelsplattform im vergangenen<br />
Jahr den Besitzer gewechselt.<br />
Damit lag das Transaktionsvolumen<br />
zwar 10,8 Prozent unter den 162,5 Mio.<br />
Euro des Vorjahres. Angesichts der Gesamtmarktentwicklung<br />
habe sich die mit<br />
Abstand größte Börse für Anteile von Beteiligungsmodellen<br />
jedoch gut geschlagen,<br />
sagt Gadeberg.<br />
Die Angst vor den konjunkturellen Auswirkungen<br />
der Finanzkrise hatte im vergangenen<br />
Jahr vor allem institutionelle<br />
Investoren wie speziell aufgelegte Zweitmarktfonds<br />
davon abgehalten, Anteile<br />
von geschlossenen Flugzeug-, Immobilien-,<br />
Schiffs-, Solar- und Windkraftsfonds<br />
zu erwerben. „Dem Handel mit Beteiligungsmodellen<br />
gelingt es nicht, sich<br />
von den Unsicherheiten an den<br />
Finanzmärkten zu entkoppeln“,<br />
sagt Björn Meschkat, Vorstand<br />
der Deutsche Zweitmarkt, der<br />
zweitgrößten Plattform für den<br />
Handel mit Anteilen von Beteiligungsmodellen.<br />
Das Hamburger Makler- und<br />
Handelshaus analysiert regelmäßig<br />
die Transaktionszahlen<br />
der beiden großen Plattformen<br />
sowie der internen Zweitmärkte,<br />
die einige Emissionshäuser<br />
für ihre eigenen Fonds betreiben.<br />
Das Ergebnis zeigt, dass<br />
es für Anleger geschlossener<br />
Fonds in der Krise schwieriger<br />
geworden ist, vorzeitig aus<br />
Beteiligungsmodellen auszusteigen.<br />
2011 waren an allen<br />
Handelsstätten nur noch Fondsanteile<br />
im Nominalwert von<br />
215 Mio. Euro umgegangen.<br />
Damit sank das Transaktionsvolumen<br />
um 16,7 Prozent gegenüber den 258 Mio.<br />
Euro im Jahr zuvor.<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
„Der Sekundärhandel<br />
ist für die<br />
geschlossenen<br />
Fonds sehr<br />
wichtig, weil er zu<br />
einem funktionierendenGesamtmarkt<br />
beiträgt.“<br />
Hubert Spechtenhauser,Geschäftsführer<br />
Hannover<br />
Leasing<br />
Dass das Minus trotz des Käuferstreiks<br />
der Profiinvestoren nicht stärker ausfiel,<br />
lag daran, dass Privatanleger<br />
verstärkt in den Sekundärmarkt<br />
einstiegen. Opportunistische<br />
Käufer wollten Kurseinbrüche<br />
nutzen, um günstig Anteile<br />
langfristig aussichtsreicher<br />
Fonds zu erstehen. „Erstmals in<br />
der Geschichte des Zweitmarkts<br />
hatten private Käufer mit einem<br />
Anteil von rund 70 Prozent die<br />
Nase vorn“, sagt Gadeberg. „Von<br />
einem Schnäppchenmarkt für<br />
institutionelle Investoren kann<br />
niemand mehr sprechen.“<br />
Attraktiver Zweitmarkt<br />
Bei der Zeichnung eines geschlossenen<br />
Fonds gehen Anleger<br />
eine unternehmerische<br />
Beteiligung ein. Sie erwerben<br />
Anteile an einer Kommanditgesellschaft,<br />
die in Immobilien,<br />
Flugzeuge, Schiffe, Wind- oder<br />
Solarkraftanlagen investiert. Das investierte<br />
Kapital der privaten Investoren ist<br />
eigentlich solange gebunden, bis die Investitionsobjekte<br />
verkauft und der Fonds<br />
aufgelöst wird. Bei geschlossenen Immobilienfonds<br />
beträgt die Laufzeit in der Regel<br />
mehr als zehn Jahre, weil erst danach<br />
Gewinne aus dem Verkauf des Gebäude<br />
steuerfrei vereinnahmt werden können.<br />
Die lange Kapitalbindung hat früher<br />
viele Anleger davon abgehalten, Beteiligungsmodelle<br />
zu zeichnen. Denn bei<br />
unvorhersehbaren Liquiditätsengpässen<br />
Auf den Weltmeeren sind zu viele<br />
Schiffe unterwegs. Wegen der<br />
Überkapazitäten funken viele<br />
maritime Beteiligungen SOS. Die<br />
Charterraten sind massiv gesunken.<br />
Mehrere Beteiligungen mussten<br />
Insolvenz anmelden. Experten<br />
rechnen nicht damit, dass sich die<br />
Lage im Seehandel in diesem Jahr<br />
entspannen wird.<br />
GRAFIK: DPA, C.JUST
durch Arbeitslosigkeit, Berufsunfähigkeit<br />
oder Scheidung ist es nicht möglich,<br />
die Anteile vorzeitig an die Emissionshäuser<br />
zurückzugeben. Um das Problem<br />
zu lösen, wurde vor etwas mehr als zehn<br />
Jahren mit der Fondsbörse Deutschland<br />
die erste Zweitmarkthandelsplattform<br />
aufgelegt. Wie beim Handel mit Aktien<br />
und Anleihen werden zur Preisfindung<br />
Geld- und Briefkurse von Kauf- und Verkaufsinteressenten<br />
gestellt.<br />
„Die Möglichkeit, vorzeitig aus einem<br />
geschlossenen Fonds aussteigen zu<br />
können, macht das Produkt insgesamt<br />
attraktiver“, sagt Andreas Heibrock,<br />
Mitglied der Geschäftsleitung der zur<br />
BayernLB gehörenden Fondsschmiede<br />
Real I.S. „Der Sekundärhandel<br />
ist für die geschlossenen Fonds<br />
sehr wichtig, weil er zu einem<br />
funktionierenden Gesamtmarkt<br />
beiträgt“, sagt Hubert<br />
Spechtenhauser, Geschäftsführer<br />
der Hannover Leasing.<br />
Das mehrheitlich der Landesbank<br />
Hessen-Thüringen und<br />
der Hessisch-Thüringischen<br />
Sparkassen-Beteiligungsgesellschaft<br />
(HTSB) gehörende Emissionshaus<br />
zählt ebenso wie die<br />
Real I.S. zu den Premium-Partnern<br />
der Fondsbörse Deutschland.<br />
Die Initiatoren haben sich damit<br />
verpflichtet, sämtliche für<br />
die eigenen Fonds relevanten<br />
neuen Nachrichten sofort an<br />
die Handelsplattform weiterzugeben.<br />
Diese stellt die Informationen<br />
über ihre Internetseite<br />
allen Kaufinteressenten<br />
zur Verfügung. „Damit wird die<br />
nötige Transparenz geschaffen,<br />
damit Anleger Anteile einer Vielzahl<br />
unserer geschlossenen Fonds veräußern<br />
können“, sagt Spechtenhauser.<br />
Angespannte Lage im Seehandel<br />
Allerdings zeigt das vergangene Jahr,<br />
dass private Investoren in wirtschaftlich<br />
unsicheren Zeiten nicht jederzeit aus den<br />
unternehmerischen Beteiligungen aussteigen<br />
können. Insbesondere Schiffsfondsanteile<br />
ließen sich 2011 kaum oder<br />
nur mit massiven Abschlägen auf den bei<br />
der Zeichnung gezahlten Nominalbetrag<br />
veräußern.<br />
Dies liegt daran, dass immer mehr maritime<br />
Beteiligungen SOS funken, weil<br />
die Charterraten massiv gesunken sind.<br />
Fast jeder zweite Schiffsfonds konnte im<br />
vergangenen Jahr keine Ausschüttungen<br />
mehr leisten. Mehrere Beteiligungen<br />
mussten Insolvenz anmelden, weil die<br />
Einnahmen nicht mehr ausreichten, um<br />
die Bankkredite zu bedienen, mit denen<br />
ein Teil des Kaufpreises der Schiffe finanziert<br />
worden war.<br />
Experten rechnen nicht damit, dass sich<br />
die Lage im Seehandel in diesem Jahr<br />
„Die Möglichkeit,<br />
vorzeitig<br />
aus einem<br />
geschlossenen<br />
Fonds<br />
aussteigen zu<br />
können,<br />
macht das<br />
Produkt<br />
insgesamt<br />
attraktiver.“<br />
Andreas Heibrock,<br />
Geschäftsführungsmitglied<br />
der<br />
BayernLB-Tochter<br />
Real I.S.<br />
entspannen wird. Denn Emissionshäuser<br />
und Reedereien haben in der Vergangenheit<br />
weit mehr Schiffe geordert, als jetzt<br />
auf den Weltmeeren benötigt werden.<br />
„Die Überkapazitäten treiben den Markt<br />
immer weiter in die Krise“, sagt Christian<br />
Reuter, Schiffsmarktanalyst der HSH<br />
Nordbank.<br />
Immer mehr Anleger wollen deshalb aus<br />
ihren Schiffsfonds aussteigen. Gleichzeitig<br />
ist jedoch die Zahl der Interessenten<br />
stark zurückgegangen, die bereit sind,<br />
in dieses Segment einzusteigen. Bei der<br />
Fondsbörse Deutschland fiel deshalb der<br />
Anteil der maritimen Beteiligungen am<br />
Handelsvolumen auf nur noch 14 Prozent.<br />
2010 hatten noch Schiffsfondsanteile<br />
zu einem Ursprungswert<br />
von 40 Mio. Euro auf der Plattform<br />
den Besitzer gewechselt.<br />
Im vergangenen Jahr betrug<br />
der nominale Wert der gehandelten<br />
Anteile nur noch 20 Mio.<br />
Euro.<br />
Gleichzeitig fiel der durchschnittliche<br />
Handelskurs bei<br />
Schiffsfondsanteilen an allen<br />
Handelsplattformen nach<br />
Berechnungen der Deutsche<br />
Zweitmarkt im Dezember auf<br />
nur noch 40,8 Prozent. „Das<br />
ist ein neuer Tiefststand“, sagt<br />
Deutsche-Zweitmarkt-Vorstand<br />
Meschkat. „Viele Anleger sind<br />
regelrecht in eine Hysterie<br />
verfallen und verkaufen ihre<br />
Anteile oftmals unter Wert, um<br />
aussteigen zu können.“<br />
Hingegen profitierten Verkäufer<br />
von Anteilen geschlossener<br />
Immobilienfonds tendenziell<br />
von der durch die Finanzkrise<br />
ausgelösten Flucht in das Betongold.<br />
An der Fondsbörse Deutschland<br />
ging das nominelle Handelsvolumen in<br />
diesem Segment 2011 gegenüber dem<br />
Vorjahr nur leicht von 112 Mio. Euro auf<br />
107 Mio. Euro zurück. „Immobilienfonds<br />
Zweitmarkthandel kurz & knapp<br />
Die Fondsbörse Deutschland war 2011 mit<br />
einem Umsatz im Nominalwert von 145 Mio.<br />
Euro die mit Abstand größte Plattform für den<br />
Handel mit Anteilen geschlossener Fonds. Die<br />
Deutsche Zweitmarkt erreichte einen Gesamtumsatz<br />
im Nominalwert von 58,68 Mio. Euro.<br />
Insgesamt sind an beiden Handelsplätzen<br />
mehr als 5000 Beteiligungsmodelle gelistet.<br />
Wie an einer normalen Börse können Anleger<br />
selbst oder mithilfe ihrer Sparkassenberater<br />
auf den Zweitmarktplattformen Fondsanteile<br />
kaufen und verkaufen. Ein Handel kommt<br />
zustande, wenn Gebot und Forderung übereinstimmen.<br />
Auf den Internetseiten beider Plattformbetreiber<br />
sind aktuelle Geld und Briefkurse<br />
sowie frühere Handelskurse aufgeführt.<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
MÄRKTE & KUNDEN 21<br />
bilden weiterhin den Handelsschwerpunkt“,<br />
sagt Gadeberg. Der durchschnittliche<br />
Handelskurs der Betongoldbeteiligungen<br />
lag 2011 nach Berechnungen<br />
der Deutsche Zweitmarkt bei 90,05 Prozent.<br />
Damit mussten Verkäufer im Mittel<br />
zwar ebenfalls einen Abschlag auf den<br />
ursprünglich investierten Betrag hinnehmen.<br />
Dem stehen allerdings die Ausschüttungen<br />
gegenüber, die die Anleger<br />
in den Jahren zuvor aus den Mieteinnahmen<br />
erhalten hatten.<br />
Umsätze steigen wieder<br />
Deutlich gestiegen ist der Handel mit<br />
Flugzeug-, Wind- und Solarfonds. An der<br />
Fondsbörse Deutschland stieg das Volumen<br />
bei diesen Marktsegmenten gegenüber<br />
dem Vorjahr um 63,6 Prozent von elf<br />
auf 18 Mio. Euro. Auch bei der Deutsche<br />
Zweitmarkt stieg das Transaktionsvolumen<br />
bei diesen Fonds. „Die seit 2005<br />
verstärkt aufgelegten Beteiligungen an<br />
Flugzeugen und regenerativen Energien<br />
gewinnen am Zweitmarkt an Bedeutung“,<br />
sagt Meschkat.<br />
2012 dürften sowohl die Fondsbörse<br />
Deutschland als auch die Deutsche Zweitmarkt<br />
wieder steigende Handelsumsätze<br />
vermelden. Mit dem 1. Juli greift die Novellierung<br />
des Finanzanlagenvermittlerund<br />
Vermögensanlagerechts. Danach<br />
dürfen nur noch jene Makler und Handelshäuser<br />
Transaktionen von Anteilen<br />
geschlossener Fonds begleiten, die eine<br />
entsprechende Genehmigung der Bundesanstalt<br />
für Finanzdienstleistungsaufsicht<br />
(BaFin) haben.<br />
Voraussetzung dafür sei „Transparenz<br />
und Handelsüberwachung“, erläutert Gadeberg.<br />
Bei der Fondsbörse Deutschland<br />
sei beides bereits gegeben. „Die Kurse<br />
werden handelstäglich von den Börsen<br />
Hamburg, Hannover und München überwacht<br />
und sämtliche Handelskurse offengelegt.“<br />
Die Deutsche Zweitmarkt hat<br />
für ihre Plattform einen Genehmigungsantrag<br />
bei der BaFin gestellt.<br />
�<br />
Die Übertragung der Anteile dauert nur einige<br />
Tage. Die Ausnahme sind USImmobilienfonds.<br />
Weil die USFinanzbehörde formell der Übertragung<br />
der Anteile zustimmen muss, dauert<br />
das Verfahren mindestens eineinhalb Monate.<br />
Durch den Verkauf ihrer Anteile können sich<br />
Anleger nicht etwaigen Verpflichtungen<br />
gegenüber den finanzierenden Banken des<br />
Fonds entziehen. Wurden frühere Ausschüttungen<br />
nicht durch Einnahmen erzielt, sondern<br />
aus Eigenkapitalrücklagen geleistet, kann das<br />
Emissionshaus sie fünf Jahre lang von den<br />
früheren Anteilseignern zurückfordern, sollte<br />
der Fonds in Schieflage geraten.<br />
QUELLE: FONDSBÖRSE DEUTSCHLAND
22<br />
MÄRKTE & KUNDEN<br />
MITTELSTAND<br />
Risiken in Körbe packen<br />
Sparkassen sind nicht nur nah am Kunden. Mit dem Pooling von Krediten im Verbund verfügen die<br />
Institute über geeignete Instrumente, um größere Kreditrisiken abzufedern.<br />
� VON NORBERT HOFMANN<br />
Noch bei der Vorlage der Halbjahreszahlen<br />
hatte sich das Management<br />
optimistisch gegeben. Bei prozentual<br />
zweistelligen Umsatzzuwächsen und<br />
steigendem Ordervolumen sah sich der<br />
Druckmaschinenhersteller Manroland<br />
als Profiteur der globalen Konjunkturerholung.<br />
Nur wenige Monate später war<br />
der ganze Optimismus dahin. Das Augsburger<br />
Unternehmen, dessen Eigentümer<br />
der Finanzinvestor Allianz Capital<br />
Partner und die Volkswagen-Tochter MAN<br />
sind, musste nach einem dramatischen<br />
Einbruch im Auftragseingang Ende November<br />
Antrag auf Insolvenz stellen.<br />
Die Manroland-Pleite war der größte<br />
Konkurs seit der Arcandor-Insolvenz.<br />
Nehmen die Risiken für Firmenkredite<br />
wieder zu? An Warnsignalen mangelt es<br />
nicht. So meldet das Statistische Bundesamt<br />
bereits seit Juli 2011 wieder einen<br />
deutlich schwächeren Rückgang der Unternehmensinsolvenzen<br />
als noch in der<br />
ersten Jahreshälfte. Angesichts dieser<br />
Zahlen, aber auch wegen „der zunehmenden<br />
Verunsicherung im Bankensektor“<br />
rechnet der Insolvenzverwalterverband<br />
VID bald mit einer steigenden Zahl<br />
von Firmenkonkursen. Dessen Vorsitzender<br />
Christoph Niering mahnte im Dezember<br />
jedoch auch: „Eine Großinsolvenz wie<br />
Manroland darf nicht als Indiz für eine<br />
dramatische Verschlechterung des Finanzierungsumfelds<br />
gewertet werden.“<br />
Die Sparkassen jedenfalls können<br />
schon während und nach der ersten Finanzmarktkrise<br />
ihren Teil dazu beitragen<br />
– auch und gerade weil sie nicht kapitalmarktorientiert<br />
sind. Besser denn je sind<br />
sie heute sogar in der Lage, auch größere<br />
Risiken aus eigener Kraft abzusichern.<br />
Dass dafür die geeigneten Instrumente<br />
zur Verfügung stehen, belegt die im November<br />
2011 von BayernLB, Helaba, HSH<br />
Nordbank, LBBW, Nord/LB und WestLB<br />
lancierte – und mittlerweile fünfte – bundesweite<br />
Kreditpooling-Transaktion.<br />
Landesbanken als Organisatoren<br />
Die Sparkassen können in den Kreditbasket<br />
VIII einzelne größere Adressenrisiken<br />
einbringen, wobei sie in gleicher Höhe ihrerseits<br />
in ein nach Adressen, Branchen<br />
und Regionen granulares Portfolio investieren.<br />
„Der Basket ermöglicht es, Kon-<br />
Wachsendes Interesse am Kreditbasket<br />
Das Transaktionsvolumen des S-Kreditbaskets entwickelt sich seit 2004 kontinuierlich nach<br />
oben. Auch die Netto-Volumenzuwächse haben sich seit dem krisenbedingten Einbruch im<br />
Jahr 2010 wieder mehr als verdoppelt. GRAFIK: BAYERNLB, DPA<br />
zentrationsrisiken zu diversifizieren und<br />
damit das Kreditportfoliorisiko deutlich<br />
zu senken“, sagt Diethard Oriwol, Experte<br />
für das Eigengeschäft und Bilanzstrukturmanagement<br />
bei der Helaba.<br />
Die Landesbanken sind für die<br />
Betreuung und Akquisition der<br />
teilnehmenden Sparkassen zuständig.<br />
BayernLB und Helaba<br />
übernehmen darüber hinaus<br />
die Verwaltung und Abwicklung<br />
der Transaktion, die letztlich die<br />
Sparkassen in ihrem originären<br />
Kreditgeschäft noch leistungsfähiger<br />
macht. „Weil ihre Risikotragfähigkeit<br />
durch das Pooling<br />
steigt, können die Institute auch<br />
wieder mehr neue Kredite an<br />
den Mittelstand ausgeben“,<br />
sagt Oriwol. An Ansatzpunkten<br />
mangelt es nicht. Ist eine Region<br />
beispielsweise stark von einer<br />
bestimmten Branche geprägt,<br />
sorgt die Eingabe einzelner Kredite<br />
aus diesem Sektor in den<br />
bundesweiten Korb für neue<br />
Freiräume bei der Finanzierung<br />
von Unternehmen solcher Branchen.<br />
Vor allem können Sparkassen dank des<br />
Baskets auch schnell wachsende Mittelständler<br />
leichter langfristig begleiten.<br />
„Kreditpooling-Transaktionen ermög-<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
„Pooling steigert<br />
Risikotragfähigkeit<br />
der Institute.“<br />
Diethard Oriwol,<br />
bei der Helaba<br />
verantwortlich für<br />
Eigengeschäft und<br />
Bilanzstrukturmanagement<br />
lichen uns den Abbau von Klumpenrisiken<br />
und somit des Risikos unerwarteter<br />
Ausfälle ebenso wie die Entlastung<br />
interner Limite bei großen Adressen mit<br />
guter Bonität“, sagt Reiner Merle, Leiter<br />
Kreditüberwachung bei der<br />
Nassauischen Sparkasse in<br />
Wiesbaden. Das Pooling diene<br />
damit der Absicherung von<br />
Neugeschäften mit Bestandskunden<br />
sowie der Optimierung<br />
der Größenklassenstruktur des<br />
Kreditportfolios.<br />
Thomas Schwarzbauer, Vorstandsvorsitzender<br />
der Sparkasse<br />
Dillingen, weiß die<br />
Vorteile des Kreditbaskets eben-<br />
falls zu schätzen. Theoretisch<br />
könnte das Institut bei einer Bilanzsumme<br />
von knapp 1,3 Mrd.<br />
Euro unter Berücksichtigung<br />
der KWG-Obergrenze zwar Einzelkredite<br />
auch in Höhe von<br />
über 30 Mio. Euro ausreichen.<br />
Das allein zu tragen, wäre aber<br />
zu gefährlich. Zwar hat die Sparkasse<br />
Dillingen ihren Sitz in<br />
einer prosperierenden Region mit vielen<br />
Unternehmen guter Bonität. Doch können<br />
sich die Ratings einzelner Adressen<br />
wie etwa vor einigen Jahren im Bau plötzlich<br />
verschlechtern. Der Vorstand hat sich
deshalb jetzt entschieden, Einzelrisiken<br />
ab einer bestimmten Größe über das Pooling<br />
zu diversifizieren. „Der Basket ist für<br />
uns ideal, wir können so jedes gute Kreditrisiko<br />
für den Mittelstand in der Region<br />
übernehmen“, sagt Schwarzbauer.<br />
Dank des Baskets bleibt die Sparkasse zudem<br />
selbst der Finanzierer Nummer eins<br />
des Unternehmens und ist so in der Lage,<br />
Mittelständer nicht nur mit Krediten<br />
auf ihrem Wachstumskurs<br />
zu begleiten. „Wir können unser<br />
Dienstleistungen entlang der<br />
gesamten Wertschöpfungskette<br />
und nah vor Ort anbieten“, sagt<br />
Schwarzbauer, für den die Teilnahme<br />
am Pooling eine langfristig<br />
ausgerichtete strategische<br />
Entscheidung ist. Die Sparkasse<br />
Dillingen wird auch an den<br />
Transaktionen der kommenden<br />
Jahre teilnehmen, um so für<br />
Kontinuität der Risikostreuung<br />
über die jeweils fünf Jahre laufenden<br />
Baskets zu sorgen.<br />
Die Vorteile des Poolings werden<br />
von einer wachsenden<br />
Teilnehmerzahl genutzt. Das<br />
Transaktionsvolumen ist seit<br />
dem Start im Jahr 2004 kontinuierlich<br />
gestiegen und erreichte<br />
2011 einen Rekordzuwachs.<br />
Insgesamt mehr als 120 Institute<br />
haben mittlerweile an mindestens<br />
einer Transaktionen teilgenommen, es<br />
sind derzeit Adressenrisiken in Höhe<br />
von knapp 1,2 Mrd. Euro abgesichert.<br />
Mit einem Volumen von 361,2 Mio. Euro<br />
ist der von 48 Sparkassen mit 200 Adressen<br />
gespeiste Basket VIII bereits mehr als<br />
doppelt so groß wie der Korb des Jahres<br />
2008. „Mit der Finanzkrise sind auch die<br />
Sparkassen noch einmal zusätzlich sensibler<br />
für Risiken geworden“, sagt Thomas<br />
Steinmeyer, Kreditrisikomanager<br />
Sparkassen bei der BayernLB.<br />
Das Interesse wachse aber auch, weil<br />
die Sparkassen im Firmenkundengeschäft<br />
erfolgreich sind und ihren Ruf<br />
als zuverlässige Kapitalgeber des Mittelstands<br />
nach der Finanzkrise untermauert<br />
haben. Der Kreditbasket kann helfen,<br />
die eigene Position bei den Top-Firmen-<br />
„Verglichen mit<br />
dem herkömmlichenKonsortialgeschäft<br />
können<br />
wir bei einem<br />
Basket unabhängig<br />
agieren.“<br />
Ralf Bernhard,<br />
Marktfolge- und<br />
Kreditexperte,<br />
Sparkasse<br />
Darmstadt<br />
kunden mit einem Umsatzvolumen von<br />
etwa zehn Mio. Euro bis zu einer Mrd.<br />
Euro weiter auszubauen. Dieses Potenzial<br />
ist noch längst nicht voll ausgeschöpft.<br />
„Die an der jüngsten Transaktion teilnehmenden<br />
Institute stehen für zwölf Prozent<br />
aller Sparkassen, vorstellbar ist aber<br />
eine Quote von 20 bis 30 Prozent“, sagt<br />
Steinmeyer.<br />
Die bisherigen Erfahrungen<br />
mit dem Konzept dürften für<br />
weiteren Zuspruch sorgen. Die<br />
teilnehmenden Institute lernen<br />
auch dazu. So ist es gerade<br />
für die eng mit vertrauten Firmenkundenzusammenarbeitenden<br />
Sparkassen-Manager<br />
ungewohnt, in eine Vielzahl<br />
unbekannter Kreditrisiken zu<br />
investieren. „Wir lösen diese In-<br />
formationsasymmetrie jedoch<br />
auf, indem wir das vom jeweiligen<br />
Institut vergebene Rating<br />
durch die Prüfungsstellen der<br />
regionalen Sparkassenverbände<br />
plausibilisieren lassen“,<br />
erläutert Steinmeyer. Überzeugend<br />
wirkt zudem, dass sich<br />
die bisherigen Ausfallraten im<br />
Rahmen der Erwartungen bewegen.<br />
Angesichts der Vorteile<br />
hinsichtlich Risikosenkung und<br />
Ausweitung des Geschäftspotenzials<br />
wird nicht zuletzt auch der mit<br />
Einführung und Verwaltung des Baskets<br />
verbundene Mehraufwand akzeptiert.<br />
Die Größenordnung der in den Pool<br />
eingegebenen Kreditrisiken können die<br />
Sparkassen derzeit in einer Spanne von<br />
200.000 Euro bis sechs Mio. Euro selbst<br />
wählen. Wer als Originator Risiken eingibt,<br />
zeichnet in gleicher Höhe als Inves tor eine<br />
Inhaberschuldverschreibung (Credit-Linked-Note),<br />
in die ein Credit Default Swap<br />
eingebettet ist. Die Verzinsung erfolgt<br />
vierteljährlich auf Basis des Drei-Monats-<br />
Euribor zuzüglich eines Refinanzierungs-<br />
Spreads sowie der basketabhängigen<br />
Bonitätsprämie. „Die Risikoprämie deckt<br />
die erwarteten Verluste ab“, sagt Ralf Bernhard,<br />
Hauptabteilungsleiter Marktfolge<br />
Kredit bei der Sparkasse Darmstadt, die<br />
sich am jüngsten Basket als Originator<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
MÄRKTE & KUNDEN 23<br />
mit vier Adressen bei einem Volumen von<br />
9,5 Mio. Euro beteiligt hat. Das Institut hat<br />
sich damit bereits zum siebten Mal bei einer<br />
Kreditpoolingtransaktion engagiert<br />
und bisher 19 Adressen mit einem Volumen<br />
von fast 50 Mio. Euro abgesichert.<br />
Bernhard schätzt es, dass die Sparkasse<br />
dank des Poolings vor allem bei stark<br />
wachsenden Unternehmen und bei Großengagements,<br />
bei denen interne Limite<br />
überschritten werden, in Sachen Leistungsfähigkeit<br />
mithalten kann. Gleichzeitig<br />
behalte sie die Fäden in der Hand.<br />
„Verglichen mit dem herkömmlichen Konsortialgeschäft<br />
können wir bei einem Basket<br />
unabhängig agieren“, sagt Bernhard.<br />
„Pooling lebt vom Mitmachen“<br />
Auch aus Sicht der Nassauischen Sparkasse<br />
hat sich das Pooling als ein effektives<br />
und praxistaugliches Instrument<br />
zum Management von Kreditrisiken<br />
erwiesen. Wesentliche Erfolgsfaktoren<br />
seien neben der bundesweiten Streuung,<br />
den einheitlichen Standards bei der Risikobewertung<br />
und der Qualitätssicherung<br />
durch die Prüfungsstellen auch<br />
die Kostenstabilität durch Standardisierung<br />
und die konsequente Teilnahme<br />
möglichst vieler Sparkassen. „Pooling<br />
lebt vom Mitmachen“, ermuntert Naspa-<br />
Experte Merle.<br />
Die Leistungsfähigkeit der Sparkassen<br />
dürfte vor dem Hintergrund der europäischen<br />
Schuldenkrise bald noch mehr gefragt<br />
sein. „Die Geschäftsbanken könnten<br />
in den kommenden Monaten ihre Bilanzen<br />
schrumpfen und Risiken abbauen,<br />
was zu einer stagnierenden oder sogar<br />
rückläufigen Kreditvergabe führen würde“,<br />
warnt etwa Jörg Zeuner, Chefökonom<br />
der auf die Betreuung großer Vermögen<br />
spezialisierten VP-Bank. Von einer Kreditklemme<br />
in Deutschland will aber bislang<br />
niemand reden (siehe Kasten). „Viele Unternehmen<br />
verfügen weiterhin über hohe<br />
Liquidität. Insbesondere Sparkassen und<br />
der Genossenschaftsbanksektor erhöhten<br />
aufgrund ihrer hohen Eigenkapitalbasis<br />
ihr Kreditvolumen um stabile drei<br />
bis vier Prozent“, schreibt Analyst Bernhard<br />
Gräf in einer Studie der Deutsche<br />
Bank Research.<br />
�<br />
Kreditklemme nicht in Sicht – Bayerischer Verbandschef Zellner sieht solides Fundament<br />
„Die Sparkassen werden dafür sorgen, dass die<br />
Konjunktur nicht durch eine Kreditklemme ausgebremst<br />
wird“, sagt Thomas Schwarzbauer,<br />
Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Dillingen.<br />
Voraussetzung dafür sei allerdings, dass man<br />
die Institute bei ihrer Aufgabe nicht störe. Sparkassen<br />
seien schneller und näher am Kunden<br />
als die Entscheidungsgremien der großen<br />
Geschäftsbanken. „Wir sind genauso nah am<br />
Kreditnehmer, wie dieser als Unternehmer nah<br />
an seinen Kunden ist“, sagt Schwarzbauer.<br />
Das ermögliche eine umfassende Kenntnis der<br />
Soft Facts, die bei der Kreditvergabe letztlich<br />
entscheidend seien. Auf dieser Basis könne man<br />
das Kreditgeschäft unter Berücksichtung der<br />
Risikominimierung sachlich weiterentwickeln.<br />
Dafür sorgt auch das solide Fundament der<br />
Wirtschaft. „Wichtige Industriebereiche wie der<br />
Maschinenbau oder die Metall und Elektroindustrie<br />
präsentieren sich nach wie vor in guter<br />
Verfassung“, erläutert Theo Zellner, Präsident<br />
des Sparkassenverbands Bayern. Zwar trübten<br />
die Risken aus der Schuldenkrise die Erwartungen<br />
zur zukünftigen Geschäftsentwicklung,<br />
aber „auch in diesem konjunkturellen Umfeld<br />
haben die bayerischen Sparkassen ihr Kreditgeschäft<br />
ausgeweitet und damit die Wirtschaft<br />
gestützt“, sagt Zellner. Die Sparkassen agieren<br />
wegen ihrer hohen Kundeneinlagen weitgehend<br />
unabhängig von den internationalen<br />
Finanzmärkten. Auch das ist ein Grund für ihr<br />
hohes Engagement in der Mittelstandsfinanzierung,<br />
auch in wechselhaften Zeiten.
24<br />
MÄRKTE & KUNDEN<br />
UNTERNEHMENSPORTRÄT<br />
Der Feinarbeiter<br />
Ob Luft- und Raumfahrt, Automobilindustrie oder Schifffahrt – Firmenlenker Lars Reeder ist mit<br />
dem Hamburger Maschinenbauer Hein & Oetting auf vielen Geschäftsfeldern aktiv. Er will durch<br />
weitere Zukäufe die Abhängigkeit von seinem größten Auftraggeber abbauen – der Sperry Marine-<br />
Gruppe, einer Tochterfirma des US-Rüstungskonzerns Northrop Grumman. Beteiligt hat sich<br />
Reeder an Hein & Oetting mithilfe der Hamburger Sparkasse.<br />
� VON GREGORY LIPINSKI<br />
Geschickt dreht und wendet er den<br />
metallischen Kasten in der Luft, um<br />
das filigran wirkende Maschinenteil von<br />
allen Seiten zu zeigen. Dabei blitzt das<br />
Innere des Kastens immer wieder im Neonlicht<br />
der Werkshalle auf. Was der Firmenchef<br />
vorsichtig zwischen seinen Fingern<br />
balanciert, ist Teil der Steuerkonsole<br />
eines Kampfjets. „Ohne dieses Gehäuse<br />
würde der Eurofighter nicht fliegen“, sagt<br />
Lars Reeder gegenüber SPARKASSE.<br />
Der 51-Jährige mit dem lichten grauen<br />
Haar und sportlicher Statur ist alleiniger<br />
Geschäftsführer und Gesellschafter der<br />
Hein & Oetting GmbH in Hamburg, die<br />
sich auf die Herstellung feinmechanischer<br />
Teile konzentriert hat. Ob Luftund<br />
Raumfahrt, Schifffahrt, Laser-, Medizintechnik<br />
oder Automobilindustrie<br />
– breit gefächert ist der Kundenkreis des<br />
1970 gegründeten Traditionsbetriebs.<br />
Der Branchenmix ist Teil der Firmenstrategie,<br />
die Reeder seit der Übernahme der<br />
Gesellschaft 2005 verfolgt. Damals hatte<br />
sich die Gesellschaft auf den Bau von<br />
Kompassen für die Schifffahrt konzen-<br />
triert. Um das unternehmerische Risiko<br />
auf mehrere Standbeine und Kunden zu<br />
verteilen, erwarb er in den vergangenen<br />
acht Jahren diverse kleinere<br />
und größere Gesellschaften.<br />
„Ich habe seit meinen Einstieg<br />
bei Hein & Oetting im Jahr 2005<br />
neue Kunden aus unterschiedlichsten<br />
Branchen dazugewonnen,<br />
um die Abhängigkeit vom<br />
Bau von Navigationssystemen<br />
zu verringern“, erklärt Reeder<br />
sein Firmenkonzept.<br />
Erzielte der Maschinenbaubetrieb<br />
damals mit Navigations-<br />
systemen rund 80 Prozent des<br />
Jahresumsatzes, verringerte<br />
sich dieser Anteil inzwischen<br />
auf die Hälfte. Heute setzt das<br />
Unternehmen mit 80 Mitarbeitern<br />
und Auszubildenden rund<br />
zehn Mio. Euro um. An dem vor<br />
Jahren eingeschlagenen Kurs<br />
will Reeder konsequent festhalten.<br />
Er ist deshalb weiter auf Einkaufstour<br />
und hält stets Ausschau nach<br />
attraktiven Einstiegsmöglichkeiten. Sein<br />
jüngster Coup: Er übernahm Anfang Ok-<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
„Die Haspa hat mir<br />
mit ihrer tatkräftigenUnterstützung<br />
den Einstieg<br />
bei Hein & Oetting<br />
ermöglicht.“<br />
Lars Reeder<br />
Geschäftsführer<br />
Hein & Oetting<br />
tober in Kiel eine Gesellschaft, die Geräte<br />
unter anderem für die Flugzeugindustrie<br />
auf elektromagnetische Verträglichkeit<br />
untersucht. Passend hierzu<br />
hat er 2010 in Stade die Treo –<br />
Labor für Umweltsimulation<br />
GmbH erworben. Das niedersächsische<br />
Unternehmen konzentriert<br />
sich darauf, Produkte<br />
sogenannten Stresstests zu unterziehen:<br />
Ob Bildschirme für<br />
den Flugzeugbauer EADS oder<br />
Elemente für Kücheneinrichtungen,<br />
die in Großraumjets<br />
eingebaut werden oder Schiffs-<br />
lampen – alles kommt hier auf<br />
den Prüfstand.<br />
Wochenlang werden die Teile<br />
mit speziellen Geräten gerüttelt<br />
und geschüttelt, in Klimaboxen<br />
auf Hitze- und Kältebeständigkeit<br />
kontrolliert oder mit Salzwasser<br />
besprüht, um die Auswirkungen<br />
durch Korrosion<br />
zu untersuchen. Ein weiteres<br />
wichtiges Standbein von Hein & Oetting<br />
ist die Pergotec Maschinenbau GmbH. Sie<br />
produziert Steuerungselemente für In-
Natur als Vorbild: Der Hamburger Mittelständler<br />
Hein&Oetting hat sich mit Präzisionsarbeit<br />
einen Namen gemacht, etwa mit<br />
Bauteilen für Schiffskompasse (r.).<br />
FOTOS: HEIN & OETTING<br />
dustrieroboter, die beispielsweise in der<br />
Automobilindustrie eingesetzt werden.<br />
„Die elektro-mechanischen Steuernocken<br />
stellen sicher, dass die Industrieroboter<br />
nur in den vorgesehenen Bereichen<br />
arbeiten. Damit wird verhindert,<br />
dass Menschen zu Schaden kommen“,<br />
erläutert Reeder. Erst Mitte Oktober hatte<br />
Reeder hierfür einen Großauftrag aus<br />
den USA erhalten. Hier sind die Steuerungsmodule<br />
derzeit besonders gefragt,<br />
denn sie schützen Hersteller vor Schadensersatzklagen<br />
in Millionenhöhe, die<br />
durch Personenschäden bei Industrierobotern<br />
entstehen könnten.<br />
Dominierend bei Hein & Oetting ist<br />
weiterhin die Sparte Schifffahrt. Hierfür<br />
stellt der mittelständische Betrieb<br />
Magnetkompasse her, die unter dem Namen<br />
C. Plath vertrieben werden. „Ob die<br />
Queen Mary in New York einläuft oder ein<br />
Tanker die Straße von Gibraltar passiert,<br />
wir sind mit unseren Magnetkompassen<br />
meistens an Bord“, sagt Reeder stolz.<br />
Das Unternehmen hatte von C. Plath<br />
zunächst Teile der feinmechanischen<br />
Produktion übernommen, später die<br />
Montage von Kompassen für die Schiffsnavigation.<br />
Hieran hatte der Eigentümer<br />
von C. Plath, die Sperry Marine, kein Interesse.<br />
So entschloss sich die Tochtergesellschaft<br />
des US-Rüstungskonzerns<br />
Northrop Grumman, die feinmechanische<br />
Produktion der Kompasse von C.<br />
Plath an Hein & Oetting zu verkaufen, um<br />
sich ganz auf die Entwicklung und den<br />
Service von Navigationsanlagen zu konzentrieren.<br />
Heute zählt Sperry Marine<br />
zu einem der führenden Hersteller von<br />
Navigationssys temen für militärische<br />
Zwecke wie für den Handelsschiffbau.<br />
Vorteil Unabhängigkeit<br />
Die Produktion der Kompasse ist für Hein<br />
& Oetting ein einträgliches Geschäft.<br />
Denn trotz moderner Navigationsmöglichkeiten<br />
mittels der Satellitentechnik<br />
über das sogenannte Global Positioning<br />
System (GPS) sind Magnet- und Kreiselkompasse<br />
weiterhin Pflicht in der weltweiten<br />
Schifffahrt. Grund hierfür ist die<br />
Anfälligkeit des GPS-Systems. So können<br />
Störsender die Signale blockieren. Da solche<br />
Ausfälle verheerende Folgen hätten,<br />
nutzen die Schiffe weiterhin Magnet- und<br />
Kreiselkompasse als zusätzliches Sicherheitsnetz.<br />
Eingesetzt werden die C.Plath-Kompasse<br />
vor allem in Container- und Feederschiffen,<br />
die Zubringerdienste zwischen<br />
kleineren und größeren Häfen leisten.<br />
Dass Sperry Marine die Produktion der<br />
Kompasse an einen anderen Hersteller<br />
weiterreicht, hält Reeder für unwahr-<br />
scheinlich. Reeder: „Die<br />
Zusammenarbeit mit<br />
Sperry Marine läuft<br />
seit Jahren hervorragend.“<br />
Zudem sind<br />
die Nordlichter für<br />
Sperry Marine Auftragshersteller.<br />
Das<br />
hat für den Hamburger<br />
Betrieb einen entscheidenden<br />
Vorteil. So<br />
ist Sperry Marine auf die<br />
Produktion der Kompasse<br />
durch den hanseatischen Betrieb<br />
angewiesen, weil sie hierfür weltweit<br />
keine andere Herstellungsstätte unterhält.<br />
Wären die Hamburger leidglich<br />
Lohnfertiger, wäre das Risiko für den Mittelständler<br />
viel größer. Denn der Auftraggeber<br />
würde bei Absatzrückgängen alles<br />
daran setzen, zunächst die Kapazitäten<br />
seiner eigenen Produktion auszulasten.<br />
In diesem Fall hätte der Lohnfertiger das<br />
Nachsehen. Er müsste seine Herstellung<br />
einstellen und würde schnell in finanzielle<br />
Bedrängnis geraten.<br />
Gegründet wurde Hein & Oetting 1970<br />
in Hamburg zunächst als Zwei-Mann-<br />
Betrieb durch Peter Hein und Ernst Oetting<br />
als offene Handelsgesellschaft. 1992<br />
überführten die beiden Geschäftsleute<br />
die Firma in eine GmbH. Schnell wuchs<br />
die Gesellschaft und beschäftigte 40 Mitarbeiter.<br />
2003 wurde Lars Reeder auf den<br />
kleinen Betrieb aufmerksam, da er seit<br />
Längerem auf der Suche nach einem attraktiven<br />
Firmeninvestment war. Den<br />
entscheidenden Tipp hierfür erhielt er<br />
von der Hamburger Sparkasse (Haspa),<br />
wo er seit Jahren Privatkunde ist. Reeder<br />
traf sich mit den Eigentümern, die aussteigen<br />
wollten. Schnell wurden sie sich<br />
über den Kaufpreis einig.<br />
Unterstützung bei der Finanzierung erhielt<br />
Reeder von der Haspa. Sie half ihm,<br />
den Wert der Gesellschaft festzustellen<br />
sowie bei der Finanzierung des Anteilserwerbs.<br />
Zudem engagierte sich die Haspa<br />
Beteiligungsgesellschaft (BGM) als stiller<br />
Teilhaber an der Reeder Verwaltungsgesellschaft.<br />
„Die Haspa hat mir mit ihrer<br />
tatkräftigen Unterstützung den Einstieg<br />
bei Hein & Oetting ermöglicht. Sie begleitet<br />
mich seither engagiert<br />
und verlässlich“, meint der<br />
Geschäftsführer. Aus<br />
dem Tagesgeschäft<br />
hält sich die Haspa<br />
BGM heraus. Geht<br />
es hingegen um<br />
strategische Fragen<br />
wie Zukäufe<br />
oder die Gründung<br />
von Tochtergesellschaften,<br />
ist sie als<br />
Sparringspartner<br />
mit dabei.<br />
Reeder hat den Hang<br />
und das Gefühl für Unternehmertum<br />
bereits in die<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
MÄRKTE & KUNDEN 25<br />
Wiege gelegt bekommen.<br />
Geboren wurde<br />
der gebürtige Stader<br />
als Sohn eines Autohändlers.<br />
Bereits<br />
in jungen Jahren<br />
half er seinem Vater<br />
immer wieder im<br />
Betrieb. „Am Beispiel<br />
meines Vaters habe<br />
ich bereits in meiner<br />
Jugend erfahren, was<br />
für ein hartes Brot es ist,<br />
ein Unternehmen aufzubauen<br />
und beständig zu führen“, erinnert sich<br />
der Geschäftsmann. So musste er seinem<br />
Vater beispielsweise zu nachtschlafender<br />
Zeit helfen, Autos aus Gräben zu ziehen.<br />
Als er die Schule beendet hatte, machte er<br />
zunächst eine Lehre als Mess- und Regeltechniker.<br />
Anschließend absolvierte er<br />
in Hamburg sein Studium zum Diplom-<br />
Wirtschaftsingenieur. Nach seiner Ausbildung<br />
beginnt er zunächst ein Trainee-<br />
Programm bei der Körber AG, einem der<br />
führenden Hersteller von Maschinen für<br />
die Tabakindustrie. Da der Konzern wenig<br />
eigenverantwortliches Handeln zuließ,<br />
wechselte er zum Druckmaschinenhersteller<br />
Linotype-Hell. Die Gesellschaft<br />
wurde von Bernhard Schreier geführt,<br />
heute Vorstandschef der Heidelberger<br />
Druckmaschinen.<br />
Reichhaltige Erfahrung<br />
Von Schreier bekam Reeder das notwendige<br />
Rüstzeug, um auch Sanierungsfälle<br />
zu meistern. Geschickt nutzte er das von<br />
Schreier erworbene Wissen, um eine<br />
finanziell angeschlagene Fabrik für Papierverarbeitung<br />
mit 240 Mitarbeitern<br />
wieder auf Rendite zu trimmen. Er verlagerte<br />
das Berliner Werk nach Hamburg<br />
und rettete das Unternehmen vor dem<br />
Aus. Jahre später musste er sein Können<br />
erneut unter Beweis stellen, als er einer<br />
Tochter von Agfa Gevaert in Ahrensburg<br />
unter die Arme griff. Sie stellte Röntgenanlagen<br />
her, die für die Werkstoffprüfung<br />
von Stahlnähten bei Schiffsrümpfen<br />
oder bei Triebwerksschaufeln für<br />
Flugzeuge eingesetzt werden. Auch diese<br />
Aufgabe meisterte er mit Bravur.<br />
Doch die wieder auf Gewinn<br />
ausgerichtete Gesellschaft<br />
erregte das Interesse von<br />
General Electric. Der US-<br />
Technologiekonzern<br />
übernahm das Unternehmen,<br />
Reeder<br />
stieg zum Mitglied<br />
der Deutschland-<br />
Führung auf. Mit<br />
der Zeit merkte er jedoch,<br />
dass in einem<br />
global ausgerichteten<br />
Großkonzern wenig<br />
unternehmerisches<br />
Denken herrscht. Er entschloss<br />
sich, das Angestell-
26<br />
MÄRKTE & KUNDEN<br />
tendasein hinter sich zu lassen und stieg<br />
bei Hein & Oetting ein. Von seinen Erfahrungen<br />
in Großkonzernen profitiert vor<br />
allem die Produktion des Mittelständlers.<br />
So hat der Reeder in den Werkshallen ein<br />
spezielles Kartensystem eingeführt. Es<br />
ermöglicht, dass die vielen kleinen Einzelteile<br />
eines Produkts ständig verfügbar<br />
sind. Damit will er vermeiden,<br />
dass der Arbeitsfluss im Drei-<br />
Schicht-Betrieb gestört wird.<br />
Die Produktion in dem roten<br />
Backsteingebäude ist auf mehrere<br />
Ebenen verteilt. Zwischen<br />
dem Chef und der Belegschaft<br />
herrscht ein freundlicher Umgangston.<br />
Reeder kennt jeden<br />
Mitarbeiter beim Namen und<br />
begrüßt ihn per Handschlag,<br />
wenn er durch die Werkshallen<br />
läuft. Zum guten Verhältnis<br />
zur Belegschaft trägt auch eine<br />
sehr flache Hierarchie bei. Ein<br />
Produktions- und ein Vertriebsleiter<br />
koordinieren ihre jeweiligen<br />
Bereiche, Reeder steuert<br />
als einziger Geschäftsführer<br />
den gesamten Betrieb. „Meine<br />
Bürotüren stehen für meine Mitarbeiter<br />
jederzeit offen“, erklärt der Manager.<br />
Um mehr Nähe zu Belegschaft und Besuchern<br />
zu vermitteln, legt er auch schon<br />
mal seine Krawatte ab.<br />
Wachstumsmotor stottert<br />
Hein & Oetting kann trotz der Krise an<br />
den Finanzmärkten von einer weiter<br />
wachsenden Maschinenbaubranche<br />
profitieren. So rechnet der Verband für<br />
Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) für<br />
das nächste Jahr mit einem Produktionszuwachs<br />
von rund vier Prozent. Damit<br />
würde der Branchenumsatz nominal,<br />
„Ich könnte<br />
mir perspektivischvorstellen,<br />
dass<br />
wir in Süddeutschlandeinen<br />
weiteren<br />
Standort<br />
aufbauen.“<br />
Lars Reeder<br />
also nicht preisbereinigt, auf rund 197<br />
Mrd. Euro steigen. Dennoch stottert der<br />
Wachstumsmotor deutlich. Denn 2011<br />
wuchs die Produktion noch um satte<br />
14 Prozent. Dazu trug vor allem das gute<br />
Exportgeschäft bei, das im ersten Halbjahr<br />
2011 um 18,2 Prozent zulegte. Als<br />
Grund für das geringe derzeitige Wachstum<br />
führt der VDMA einige<br />
Kontinente wie Asien und Südamerika<br />
an. Sie müssten auf<br />
die Kreditbremse treten, um<br />
eine weitere konjunkturelle<br />
Überhitzung und inflationäre<br />
Preissteigerung zu bekämpfen.<br />
2011 liefen die Produktionsanlagen<br />
der Maschinenbauer<br />
auf vollen Touren. Die Auslastungsquote<br />
bewegte sich zur<br />
Jahresmitte bei 89,9 Prozent<br />
und lag damit über dem langjährigen<br />
Durchschnitt von<br />
89,4 Prozent. Das wirkte sich<br />
positiv auf die Beschäftigung<br />
aus. So stellten die Unternehmen<br />
branchenweit rund 10.000<br />
Mitarbeiter ein. Damit waren<br />
in dem vom Verband organisierten<br />
Unternehmen insgesamt 933.000<br />
Menschen beschäftigt.<br />
Auch Hein & Oetting rechnet für 2012<br />
mit einem weiteren Wachstum. Dazu<br />
dürfte auch der neue Produktionsstandort<br />
beitragen, den Reeder in der Nähe<br />
von Schwerin eröffnet hat. Hier hat er die<br />
gesamte maschinenbauliche Produktion<br />
konzentriert, während die feinmechanische<br />
Fertigung in Hamburg bleibt. Am<br />
Schweriner Standort sind inzwischen<br />
fast zehn Prozent der gesamten Belegschaft<br />
von Hein & Oetting beschäftigt.<br />
Weitere Mitarbeiter sollen hinzukommen.<br />
An eine Verlagerung der Produk-<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
tion von Hamburg nach Mecklenburg-<br />
Vorpommern ist nicht gedacht. Dass<br />
Reeder in den neuen Bundesländern eine<br />
Fertigungsstätte eröffnet hat, liegt auch<br />
am Personal.<br />
Auf der Suche nach einem Nachfolger<br />
Viele Mitarbeiter signalisieren ihm, dass<br />
sie gern wieder in ihrer Heimat in den<br />
neuen Bundesländern arbeiten würden.<br />
Schwerin dürfte nicht die letzte<br />
Station seiner Expansionsstrategie sein.<br />
Langfris tig will Hein & Oetting seine Fühler<br />
weiter in den Süden ausstrecken. „Ich<br />
könnte mir perspektivisch vorstellen,<br />
dass wir in Süddeutschland einen weiteren<br />
Standort aufbauen. Aktuell ist aber<br />
nichts geplant“, sagt Reeder. Zunächst<br />
müsse die Gesellschaft den Aufbau des<br />
neuen Standorts in den neuen Bundesländern<br />
bewältigen, heißt es.<br />
Als vorausschauender Unternehmer<br />
denkt Reeder über die eigene Zukunft<br />
nach. Da seine Kinder nicht in seine<br />
Fußstapfen treten werden, bastelt er<br />
bereits an einer Lösung. „Ich möchte in<br />
den nächsten drei bis fünf Jahren einen<br />
Nachfolger gefunden haben, der das Potenzial<br />
hat, langfristig meinen Posten zu<br />
übernehmen“, sagt Reeder.<br />
Noch ist der Unternehmer aber weit<br />
davon entfernt, auszusteigen. Voller Tatendrang<br />
blickt er bereits auf die nächsten<br />
Projekte und Akquisitionen. Der damit<br />
zweifellos verbundene Stress ist ihm<br />
jedoch nicht anzumerken. Das könnte<br />
auch an seinem elfjährigen Sohn liegen,<br />
mit dem er regelmäßig joggt. Reeder:<br />
„Mein Sohn ist ein erfolgreicher Langstreckenläufer.<br />
Er ist so fit, dass er mich<br />
ständig überholt, wenn wir gemeinsam<br />
trainieren.“ �<br />
Drehen, fräsen, messen:<br />
Feinmechanische<br />
Produktion bei Hein &<br />
Oetting in Hamburg.
BERATUNG<br />
„Kleine Revolution“<br />
Sparkassenmitarbeiter sollen künftig<br />
auch nach der Qualität ihrer Kundenkontakte<br />
bezahlt werden. Seit Anfang Dezember<br />
liegt allen Sparkassen Material<br />
des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes<br />
(DSGV) zur Qualitätsoffensive mit<br />
Schwerpunkt Service- und Beratungsqualität<br />
vor. „Der DSGV hat einen Qualitätsmonitor<br />
entwickelt, der derzeit von<br />
der Finanz Informatik (FI) umgesetzt<br />
wird“, erläutert Markus Hild, Experte für<br />
Marktstrategie beim DSGV.<br />
„Die Einbindung von qualitativen Zielen<br />
in unsere Vergütungssysteme ist ein<br />
wichtiges Thema“, erklärt Lothar Griesing,<br />
Personalchef der Salzlandsparkasse<br />
in Staßfurt. Das leistungsorientierte Vergütungssystem<br />
seines Hauses gehe über<br />
die tarifliche Vergütung hinaus. Die Leistungskomponente<br />
sei auf eine Beratung<br />
im Sinne des Sparkassen-Finanzkonzepts<br />
ausgerichtet. Beispielsweise fließe die<br />
Anzahl der Kundengespräche in die Bewertung<br />
mit ein. „Schließlich macht die<br />
Intensität der Kundenbeziehung eine<br />
Sparkasse aus“, sagt Griesing. Die auf<br />
Teamebene basierenden Ziele kämen<br />
jedes Jahr auf den Prüfstand. „Auch weiche<br />
Faktoren wie Kundenbindung und<br />
Kundenzufriedenheit müssen sich im<br />
Zielsys tem wiederfinden“, sagt Griesing.<br />
Der DSGV hat einen sogenannten<br />
Schnell-Check entwickelt, der seit Dezember<br />
allen Sparkassen zur Verfügung<br />
steht. „Im ersten Schritt handelt es sich<br />
um ein Diagnoseinstrument, aus dem<br />
anschließend Handlungsempfehlungen<br />
für das jeweilige Haus anhand des individuellen<br />
Bedarfs gegeben werden. Ergebnis<br />
ist ein konkreter Maßnahmenplan“,<br />
sagt Hild. 22 Pilotsparkassen haben den<br />
Check bis November getestet. Um ihn<br />
durchzuführen, benötigt ein Institut in<br />
der Regel einen Arbeitstag.<br />
Erhoben, aber nicht ausgewertet<br />
„Wir bilden viele Kennzahlen ab, aber die<br />
qualitativen Merkmale waren meist nicht<br />
systematisiert dabei“, sagt Hild. Das Parameter<br />
der Kundenzufriedenheit werde<br />
bereits jetzt von den Sparkassen durchgängig<br />
gemessen, daher werde es oft als<br />
Kriterium herangezogen. Doch gebe es<br />
deutlich mehr und ebenfalls messbare<br />
Parameter, die zwar oft erhoben, in der<br />
Regel jedoch nicht ausgewertet werden.<br />
Dazu gehören Weiterempfehlungs- und<br />
Stornoquoten oder Mitarbeiter-Zufriedenheitswerte.<br />
Die Hamburger Sparkasse (Haspa) hat<br />
ihr Qualitätsmanagement bereits seit<br />
1993 auf der Basis von Kundenbindung<br />
und -zufriedenheit<br />
etabliert. Zwischen 1998 und<br />
2004 setzte das Institut auch die<br />
Vereinbarung von vergütungsrelevanten<br />
Qualitätszielen um.<br />
Künftig will die Haspa noch viel<br />
stärker die Kundensichtweise<br />
einnehmen. „Unser Anspruch<br />
zeigt sich auch in der Vergütung<br />
unserer Mitarbeiter“, sagt<br />
Reinhard Klein, Privatkunden-<br />
vorstand der Haspa. Die Berater<br />
in den Filialen und Centern<br />
erhalten keine Provisio nen für<br />
den Verkauf einzelner Produkte.<br />
„Sie bekommen eine variable<br />
Vergütung, die durchschnittlich<br />
acht bis zwölf Prozent des<br />
Jahresgehalts beträgt.“ Die persönliche<br />
Zielerreichung setze<br />
sich dabei zur Hälfte aus Qualitätszielen<br />
zusammen. „Mit anderen<br />
Worten: Die gemessene<br />
Zufriedenheit unserer Kunden bestimmt<br />
zur Hälfte die variable Vergütung der Berater“,<br />
erklärt Klein.<br />
„Um noch mehr Beratungsqualität zu<br />
bieten, haben wir im vergangenen Jahr<br />
neue Beratungsleitfäden entwickelt“,<br />
sagt Klein. Diese wurden bis April 2011<br />
bei den Privatkundenberatern eingeführt.<br />
„Sie stellen sicher, dass unsere<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
MÄRKTE & KUNDEN 27<br />
Qualitative Ziele auf der Basis von Kundenzufriedenheit waren für die Vergütung von Mitarbeitern<br />
in vielen Sparkassen bisher irrelevant. Der „Qualitätsmonitor“ des DSGV möchte das ändern.<br />
� VON ANJA KÜHNER<br />
„Die gemssene<br />
Zufriedenheit<br />
unserer Kunden<br />
bestimmt zur<br />
Hälfte die variable<br />
Vergütung der<br />
Berater.“<br />
Reinhard Klein,<br />
Privatkundenvorstand,Hamburger<br />
Sparkasse<br />
Kunden nun noch ausführlicher, individueller<br />
und ganzheitlicher beraten werden.<br />
Ein wesentlicher Aspekt sei das Erfragen<br />
der Ziele der Kunden.“<br />
„Die Qualität unserer Beratung und unseres<br />
Services lassen wir zusätzlich durch<br />
Kundenumfragen und Filialtests<br />
bewerten“, sagt Klein. Diese<br />
Bewertungen fließen in die<br />
Zielbewertung der Mitarbeiter<br />
ein. Externe Beraterportale bieten<br />
schon jetzt vermehrt Transparenz.<br />
„Das Zielsystem ist ein Baustein,<br />
an dem man arbeiten<br />
muss“, bestätigt DSGV-Marktstratege<br />
Hild. Der Qualitätsmonitor<br />
biete dafür eine gute<br />
ergänzende Grundlage. Habe<br />
eine Sparkasse vorher nach<br />
Zahlen gesteuert, komme „die<br />
Einbindung von weichen Zielen<br />
einer kleinen Revolution<br />
gleich“. Daher gibt Hild keine<br />
konkrete Empfehlung zu einer<br />
Ziel-Prozentzahl ab. Hier<br />
sei die individuelle Kultur der<br />
Sparkasse maßgeblich. Das Signal<br />
solle aber spürbar sein.<br />
Bei Sparkassen, die bisher nicht<br />
mit qualitativen Aspekten steuern, seien<br />
schon zehn Prozent ein deutliches Signal<br />
an die Mitarbeiter.<br />
Auch in der Qualitätsoffensive 1 Voraus<br />
werden die besten Vertriebsmitarbeiter<br />
der Sparkassen künftig nicht mehr nur<br />
nach Absatzzahlen ausgewählt, sondern<br />
zu 50 Prozent nach dem Aspekt der Kundenzufriedenheit.<br />
�<br />
1 Voraus-Gala in Berlin: Hier geht es nicht nur nach Absatzzahlen. FOTO: DSGV
28<br />
MÄRKTE & KUNDEN<br />
KUNDENBINDUNG<br />
Treue soll sich lohnen<br />
ZEICHNUNG: CORBIS<br />
Noch nie war die Wechselbereitschaft bei Kunden von Banken und Sparkassen so groß wie heute.<br />
Kreditinstitute versuchen, ihre Bestandskunden mit besonderen Aufmerksamkeiten zu binden.<br />
� VON HORST PETER WICKEL<br />
Die Zufriedenheit unserer Kunden –<br />
und damit auch ihre Bindung an die<br />
Sparkasse Nürnberg – ist für uns so wichtig,<br />
dass wir die Kundenzufriedenheit<br />
bereits 2010 zu einem der wichtigsten<br />
strategischen Ziele erklärt haben“, sagt<br />
Jacek Sobczyk, Direktor Privatkundenmarketing<br />
bei der Sparkasse Nürnberg.<br />
Und André Grunert, Pressesprecher<br />
der Hamburger Sparkasse, spricht von<br />
der „entscheidenden Rolle des Themas<br />
Kundenbindung bei der Haspa mit ihren<br />
1,5 Millionen Kunden“. Ralf Horak,<br />
Presse sprecher der HypoVereinsbank,<br />
erläutert: „Es ist Bestandteil unserer Strategie,<br />
die Kunden vor allem durch eine<br />
stetige Verbesserung der wahrgenommenen<br />
Beratungs- und Serviceleistung<br />
an uns zu binden.“<br />
Vor allem eine Gallup Bankenstudie<br />
aus dem vergangenen Jahr, bei der rund<br />
3800 Kunden von Sparkassen, Genossenschaftsbanken<br />
und privaten Banken<br />
befragt wurden, hat die Branche in<br />
Aufruhr versetzt. Bei dieser Umfrage<br />
bezeichneten sich lediglich 14 Prozent<br />
der Befragten als vollkommen loyal, am<br />
besten schnitten dabei Genossenschaftsbanken<br />
und Sparkassen ab. Und weil nur<br />
rund ein Viertel der befragten Bankkunden<br />
den Wechsel als schwierig oder riskant<br />
empfinden, ist die Bereitschaft, seine<br />
Konten einfach zu kündigen und bei<br />
einem anderen Institut neu zu eröffnen,<br />
sehr groß.<br />
Macht Beratern die Arbeit Spaß?<br />
Als Grund für die Bindungsprobleme<br />
vieler Verbraucher nennen die Gallup-<br />
Wissenschaftler das fehlende Vertrauen<br />
zu den Banken. Nur 21 Prozent der Befragten<br />
glauben, dass die Mitarbeiter in<br />
den Filialen fehlerfrei arbeiten, und lediglich<br />
26 Prozent sind der Ansicht, dass<br />
in ihrer Anlaufstelle für Geldfragen aller<br />
Art die Versprechen aus der Werbung<br />
oder von Mitarbeitern auch gehalten werden.<br />
„Viele Kunden haben einfach nicht<br />
das Gefühl, dass der Bankmitarbeiter die<br />
Extrameile für sie geht“, sagt Studienautor<br />
Marco Nink von Gallup Deutschland.<br />
Mangelnde Freundlichkeit, Höflichkeit,<br />
Einsatzbereitschaft – gerade 31 Prozent<br />
geben sich überzeugt, dass den Bankmit-<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
arbeitern ihre Arbeit Spaß macht. Und<br />
deshalb fragen sich offenbar viele Kunden,<br />
warum ihnen dann die Bank Spaß<br />
machen soll. „Die Banken müssen sich<br />
von Neukundenjägern zu Bestandskundenpflegern<br />
wandeln", sagt Nink. Ohnehin<br />
sei eine Weiterempfehlung durch<br />
einen zufriedenen Kunden wesentlich<br />
günstiger als Kampfkonditionen beim<br />
Tagesgeld oder dem Ratenkredit.<br />
Inzwischen haben zahlreiche Banken<br />
und Sparkassen die Bedeutung der Kundenzufriedenheit<br />
als Erfolgsfaktor erkannt<br />
– und viele Institute lassen diese<br />
regelmäßig messen. Die Sparda-Bank<br />
Nürnberg verweist auf die aktuellen Ergebnisse<br />
des Kundenmonitors Deutschland.<br />
Stefan Schindler, stellvertretender<br />
Vorstandschef der Sparda-Bank Nürnberg,<br />
sagt: „Die Sparda-Bank hat sehr<br />
treue und vor allem auch sehr zufriedene<br />
Kunden. Zum 19. Mal in Folge haben wir<br />
die zufriedensten Kunden aller Banken<br />
und Sparkassen und weisen die höchste<br />
Wiederwahl- und Weiterempfehlungsabsicht<br />
auf.“<br />
Auf eine jährliche Kundenbefragung<br />
zu Kundenzufriedenheit, Vertrauen zum
Ansprechpartner und Weiterempfehlungsabsicht<br />
weist Sparkassen-Direktor<br />
Sobczyk aus Nürnberg hin: „In allen drei<br />
Dimensionen konnten wir sehr gute Ergebnisse<br />
erzielen, die in den letzten Jahren<br />
sogar noch gestiegen sind. 94 Prozent<br />
unserer Kunden sind demnach zufrieden<br />
oder sehr zufrieden mit uns.“<br />
Aber nur bequem zurücklehnen wollen<br />
sich die Verantwortlichen in den Geldinstituten<br />
dann doch nicht. „Wir<br />
nehmen einen stärkeren Wettbewerb<br />
um den Kunden wahr.<br />
Die Angebotsdichte und der<br />
Werbedruck steigen“, bestätigt<br />
Privatkunden-Experte Sobczyk<br />
von der Sparkasse Nürnberg.<br />
Und so lassen sich die Banker einiges<br />
einfallen, um ihre Privatkunden<br />
emotional zu binden.<br />
Ganz auf das Unternehmensmotto<br />
„freundlich und fair“<br />
vertraut zum Beispiel Sparda-<br />
Bank-Vorstand Schindler: „Die<br />
Förderung unserer Mitglieder<br />
steht bei uns an erster Stelle,<br />
nicht die Gewinnmaximierung<br />
oder Aktionärsinteressen.“ Nach seinen<br />
Angaben verzichtet die Sparda-Bank deshalb<br />
„ganz bewusst auf Lockangebote für<br />
Neukunden“. Andere Häuser haben sich<br />
mehr einfallen lassen. So hat die Sparkasse<br />
Nürnberg ein spezielles Betreuungskonzept<br />
für Kinder, Jugendliche und<br />
junge Erwachsene aufgelegt, das auf eine<br />
langfristige Beziehung zwischen Kunden<br />
und Beratern ausgerichtet ist. Marketing-<br />
Direktor Sobczyk erklärt: „Es verbindet<br />
die Vorteile aus Sparkassenbuch und<br />
Girokonto und bietet altersgerechte Zusatzleistungen<br />
wie Guthabenverzinsung<br />
oder die MasterCard Prepaid-Karte, eine<br />
Karte zum Aufladen, und Soundaccount,<br />
das Musikmehrwertpaket zum legalen<br />
Download von Musik im Internet, exklusive<br />
Konzertticketverlosungen und vieles<br />
mehr.“ Den offenen Dialog mit seinen<br />
Kunden will die HypoVereinsbank über<br />
ein neues Online-Kundenforum fördern.<br />
Banksprecher Horak erläutert: „Die Kunden<br />
können hier bereits im Vorfeld von<br />
neuen Entwicklungen und Angeboten<br />
ihre Meinung einbringen und auch im<br />
Nachgang kritisch beurteilen.“<br />
Servicequalität hat höchste Priorität<br />
Zum anderen setzt das Institut der Unicredit-Gruppe<br />
die eigenen Mitarbeiter<br />
in punkto Kundenfreundlichkeit stärker<br />
unter Druck – die Entwicklung von Kundenzufriedenheit<br />
und Kundenbindung<br />
fließt in die Höhe der variablen Vergütung<br />
der Mitarbeiter ein.<br />
Haspa-Sprecher Grunert verweist auf<br />
ein Produkt seines Hauses: „Mit mittlerweile<br />
mehr als 560.000 Konten ist der<br />
HaspaJoker das erfolgreichste Mehrwertbanking-Programm<br />
in Europa.“ Zwischen<br />
fünf verschiedenen Varianten des Joker-<br />
Programms können Haspa-Kunden wäh-<br />
„Die Banken<br />
müssen sich<br />
von Neukundenjägern<br />
zu<br />
Bestandskundenpflegern<br />
wandeln.“<br />
Marco Nink, Gallup<br />
Deutschland<br />
len, spezielle Konten gibt es für Schüler<br />
und Auszubildende und Studierende.<br />
So bietet der Joker laut Grunert Hilfen<br />
im Alltag, etwa wenn der Schlüsselbund<br />
verloren oder das Handy gestohlen wurde<br />
oder im Urlaub mithilfe von Rabatten<br />
bei Reisebuchungen. In Abhängigkeit<br />
von der gewählten Joker-Kontoart enthält<br />
das Konto eine weltweite Bargeld-<br />
Versicherung und Notgeld-Service, eine<br />
Auslandsreisekranken- und<br />
eine Reiserücktrittsversicherung,<br />
dazu kostenfreie Kreditkarten.<br />
Selbst das Taxi zum<br />
Flughafen ist inklusive.<br />
Grunert erklärt: „Joker-Kunden<br />
profitieren aber auch vom<br />
ermäßigten Eintritt beim Tierpark<br />
Hagenbeck und in den<br />
CinemaxX-Kinos oder von der<br />
Vielzahl an Restaurant-Rabatten.“<br />
Daher sei es kein Wunder,<br />
dass das Deutsche Institut für<br />
Service-Qualität die Premium-<br />
Ausgabe des HaspaJokers als<br />
bestes Mehrwertkonto mit dem<br />
größten Leistungsumfang ausgezeichnet<br />
habe. Neben herausragend<br />
guten Produkten sind für die meisten<br />
Privatkunden vor allem hohe Beratungsqualität,<br />
Freundlichkeit und Höflichkeit<br />
von zentraler Bedeutung.<br />
„Servicequalität hat bei uns höchste<br />
Priorität“, sagt Sparda-Bank-Vorstand<br />
Schindler. HypoVereinsbank-Sprecher<br />
Horak erklärt: „Permanente Schulungen<br />
Tipps für den Aufbau von Kundenloyalität<br />
� Wer treue Kunden will, sollte Kundentreue<br />
belohnen. Viele Unternehmen sind allerdings<br />
primär mit der Neukundengewinnung beschäftigt,<br />
Bestandskunden haben oft das Gefühl,<br />
nur noch „zweite Klasse“ zu sein. Doch treue<br />
Stammkunden sind die wichtigsten Kunden,<br />
sie sollten deshalb die besten Angebote,<br />
Exklusives und Privilegien erhalten. „In vielen<br />
Geldinstituten werden Neukunden besonders<br />
umworben, etwa in Form von Zinsaufschlägen.<br />
Dies kann im Zweifel auch eine gewisse<br />
Diskriminierung von vorhandenen Kunden<br />
darstellen“, sagt Sobzcyk. Da Neu und<br />
Bestand kunden gleich behandelt werden<br />
sollen, verzichtet die Sparkasse Nürnberg auf<br />
eine Preisdifferenzierung.<br />
� Kunden fehlt oft die so wichtige emotionale<br />
Aufmerksamkeit. Kunden wollen Achtsamkeit,<br />
Akzeptanz, Anerkennung, Wertschätzung und<br />
Respekt. Kundenbetreuer sollten sich also<br />
auch dann um ihre Kunden kümmern, wenn<br />
ein Vertrag abgeschlossen ist. Mit kleinen<br />
ZwischendurchAktivitäten sorgen Kundenbetreuer<br />
für bleibende positive Erinnerungen. Ob<br />
ein Gratulationsprogramm für besonders treue<br />
Kunden oder ein „DankeTag“ für prompte<br />
Zahlungseingänge – Kunden freuen sich.<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
MÄRKTE & KUNDEN 29<br />
für alle Berater, etwa hinsichtlich des<br />
Kommunikationsverhaltens im direkten<br />
Kundenkontakt, sind dabei genauso<br />
selbstverständlich wie die Weiterentwicklung<br />
von Online-Angeboten.“ Die<br />
Hamburger Sparkasse hat für Schulungs-<br />
und Weiterbildungsmaßnahmen die<br />
unternehmenseigene HaspaAkademie<br />
gegründet, und die Sparkasse Nürnberg<br />
setzt auf die regelmäßige Schulung ihrer<br />
Kundenbetreuer. Privatkundenmanager<br />
Sobczyk: „Alle Weiterbildungsmaßnahmen<br />
unseres Hauses sind auf die<br />
ganzheitliche Beratung abgestimmt.“<br />
Ziel ist die Kundenbegeisterung<br />
Für Teilbereiche lässt sich die Sparkasse<br />
Nürnberg noch mehr einfallen wie<br />
etwa die Ausbildung von 17 Baufinanzierungsspezialisten.<br />
Erst Anfang 2011<br />
zeigte eine Kundenbefragung die hohe<br />
Beratungsqualität in diesem Bereich.<br />
So würden 99 Prozent der Kunden ihre<br />
nächste Baufinanzierung erneut bei<br />
der Sparkasse Nürnberg abschließen,<br />
99 Prozent würden die Beratung der<br />
Sparkasse weiterempfehlen und 98 Prozent<br />
bezeich neten sich als zufrieden<br />
oder sehr zu frieden mit der Baufinanzierungsberatung.<br />
Sobczyk gibt sich allerdings noch nicht<br />
zufrieden: „Grundsätzlich sind wir immer<br />
bestrebt, etwas mehr zu tun, als der<br />
Kunde gerade erwartet. Denn nur so<br />
entsteht Kundenzufriedenheit oder vielmehr<br />
Kundenbegeisterung.“<br />
�<br />
� Vielfach werden Kunden nach EffizienzGesichtspunkten<br />
zwangsbetreut und müssen sich<br />
in die vorbestimmten Abläufe fügen. Zufriedener<br />
sind Kunden, die selbst entscheiden<br />
können, auf welche Art und Weise sie mit ihren<br />
Kundenbetreuern zusammenarbeiten wollen.<br />
� Versprechen müssen unbedingt eingehalten<br />
werden, sonst denken Kunden über<br />
einen Wechsel nach. Kundenbetreuer können<br />
Unzufriedenheit vorbeugen, etwa indem sie<br />
Fragen stellen: „Wenn es eine Sache gibt, lieber<br />
Kunde, die wir in Zukunft für Sie noch ein wenig<br />
besser machen können, was wäre da das Wichtigste<br />
für Sie?“ Aufmerksame Kundenbetreuer<br />
sollten ein Frühwarnsystem mit den typischen<br />
Anzeichen für Abwanderungsbereitschaft des<br />
Kunden entwickeln.<br />
� Mit Reklamationen muss professionell umgegangen<br />
werden („Danke, dass Sie uns auf …<br />
hinweisen. Wir wissen das sehr zu schätzen“).<br />
Schlecht oder gar nicht bearbeitete Reklamationen<br />
sind ein Hauptgrund für Kundenfluktuation.<br />
Kundenbetreuer sollten nicht nur an<br />
den Ausgleich des tatsächlichen Schadens,<br />
sondern auch an eine emotionale Wiedergutmachung<br />
gegen den KundenÄrger denken.
30<br />
MÄRKTE & KUNDEN<br />
WERTPAPIERBERATUNG<br />
Ausweichen gilt nicht<br />
Bürokratie, wachsende Risiken, sinkende Umsätze und Erträge – das Geschäft mit der<br />
Wertpapierberatung droht für viele Sparkassen unattraktiv zu werden. Mit differenzierter<br />
Beratung, Schulungen von spezialisierten Mitarbeitern und eigenständiger Prozessgestaltung<br />
versuchen etliche Häuser, Marktanteile zu verteidigen und gegen den Trend zu wachsen.<br />
� VON THOMAS LUBER<br />
Dotcom-Blase, Finanzmarktkrise und<br />
Euroturbulenzen haben die Begeisterung<br />
der Deutschen für Wertpapiere<br />
deutlich gedämpft. Seit 2001 sank in<br />
Deutschland die Zahl der Besitzer von<br />
Aktien, Fonds und Zertifikaten von mehr<br />
als zwölf Mio. Euro um rund 35 Prozent<br />
auf gerade noch acht Mio.<br />
Die verunsicherten Anleger flüchten<br />
vor allem in Tagesgeld. Das Volumen der<br />
täglich verfügbaren Einlagen ist im gleichen<br />
Zeitraum von gut 300 Mrd. Euro um<br />
rund 120 Prozent auf 700 Mrd.Euro angestiegen.<br />
Heute führen nur noch weniger<br />
als fünf Prozent der Kunden im standardisierten<br />
Privatkundengeschäft ein aktives<br />
Wertpapierdepot.<br />
Das bleibt nicht ohne Folgen für die<br />
Sparkassen. „Nach unseren Erhebungen<br />
führt ein Privatkundenberater im Jahr<br />
weniger als fünf Wertpapierberatungsgespräche,<br />
da ist eine entsprechende Routine<br />
nur sehr schwer zu entwickeln“, sagt<br />
Björn Frank, Partner der Beratung Investors<br />
Marketing. Erschwerend kommt die<br />
rechtliche Situation hinzu. Die Novelle<br />
des Wertpapierhandelsgesetzes verlangt<br />
eine aufwendige Protokollierung, die<br />
viele Berater scheuen. Sie flüchten sich<br />
lieber in den beratungsfreien Verkauf,<br />
der mittlerweile mehr als die Hälfte al-<br />
ler Wertpapierverkäufe der Sparkassen<br />
ausmacht. Andere vermeiden die Wertpapierberatung<br />
komplett und empfehlen<br />
den Kunden eine Anlage in Passivprodukte<br />
wie Festgeld und<br />
Sparbriefe.<br />
Für Sparkassen wird es immer<br />
schwieriger, die Wertpapierkompetenz<br />
der Berater aufrechtzuerhalten,<br />
und es stellt<br />
sich vielerorts die Frage, ob<br />
sich das überhaupt noch lohnt.<br />
Wertpapierprovisionen bringen<br />
im Privatkundengeschäft je Berater<br />
nur noch durchschnittlich<br />
2500 Euro im Jahr ein. Der Deut-<br />
sche Sparkassen- und Giroverband<br />
(DSGV) arbeitet an dem<br />
Thema und wird einen neuen<br />
Beratungsansatz präsentieren,<br />
der derzeit noch in ausgewählten<br />
Sparkassen getestet wird.<br />
Integration in Finanzkonzept<br />
Einige Sparkassen haben schon<br />
jetzt ihre Schlüsse gezogen. Bei<br />
der Kreissparkasse Köln (KSK)<br />
wurde die Wertpapierberatung<br />
in die ganzheitliche Beratung<br />
nach dem Sparkassen-Finanzkonzept<br />
eingebettet und unter Einsatz aller systemtechnischen<br />
Möglichkeiten ein stringenter<br />
Beratungsprozess etabliert. „Zu-<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
„Wir setzen auf<br />
einen stringenten<br />
Investmentprozess,<br />
Schulungen<br />
für Berater und<br />
Investitionen in<br />
die Vertriebsunterstützung.“<br />
Jonathan Daniel,<br />
Vorstandsmitglied<br />
Sparkasse<br />
Nürnberg<br />
Wertpapierberatung: So soll der Prozess bei der Kreissparkasse Köln ablaufen<br />
dem investieren wir neben zahlreichen<br />
weiteren Maßnahmen in die Schulung<br />
unserer Berater“, sagt Dieter Fromm, Direktor<br />
Zentralbereich Privatkunden<br />
bei der KSK Köln. „Von<br />
unseren 500 Privatkundenberatern<br />
vertiefen wir bei 100<br />
Beratern die Fachkenntnisse<br />
in der Wertpapierberatung, die<br />
anderen 400 Kollegen schulen<br />
wir stärker darin, den Wertpapierbedarf<br />
eines Kunden zu<br />
erfassen und ihn dann gezielt<br />
an den richtigen Experten weiterzuleiten.“<br />
Das Gros der Berater bei der<br />
KSK Köln wird also die Situation<br />
eines Kunden ermitteln, Risikoprofil<br />
und Eignung für Wertpapierprodukte<br />
feststellen und<br />
zu einem Gespräch mit einem<br />
Berater mit spezifischer Wertpapierqualifikation<br />
überleiten.<br />
Dieser erfragt die zusätzlichen<br />
Daten für die aufsichtlich vorgeschriebeneRisikoklassifizierung,<br />
erarbeitet die optimale<br />
Vermögensstruktur und gibt<br />
Handlungsempfehlungen, die<br />
schrittweise das Beratungsprotokoll vervollständigen.<br />
„Damit erfüllen wir die regulatorischen<br />
Anforderungen und schaffen<br />
Sicherheit für unsere Berater“, sagt<br />
Bei der Kreissparkasse Köln (KSK) wurde die Wertpapierberatung in die ganzheitliche Beratung nach dem S-Finanzkonzept eingebettet und<br />
unter Einsatz aller systemtechnischen Möglichkeiten ein stringenter Beratungsprozess etabliert. GRAFIK: KSK KÖLN
Zahl der Aktionäre wird wieder leicht steigen<br />
Aktien- und Fondsanleger bislang<br />
tendenziell auf dem Rückzug<br />
Privatkundenleiter Fromm. In der Sparkasse<br />
Nürnberg wird ebenfalls an der<br />
Optimierung des Wertpapiergeschäfts<br />
gearbeitet, auch um die Marktanteile in<br />
diesem Segment zu verteidigen. Zurzeit<br />
soll ein Projekt die Beratungsqualität sicherstellen.<br />
„Wir setzen auf einen stringenten<br />
Investmentprozess, regelmäßige<br />
Schulungen für die Berater mit dem Ziel<br />
des Wertpapierführerscheins und auf<br />
Investitionen in die Vertriebsunterstützung“,<br />
erklärt Jonathan Daniel, zuständiger<br />
Vorstand des Instituts.<br />
Die Sparkasse Nürnberg setzt nicht auf<br />
ausgesuchte und auf die Wertpapier-<br />
Nach Jahren kontinuierlicher<br />
Rückgänge bei den<br />
der Anlegerzahlen sieht<br />
das Deutsche Aktieninstitut<br />
(DAI) jetzt wieder gewisse<br />
Lichtblicke: Auf Basis der<br />
InfratestUmfragen im Auftrag<br />
des DAI könnte die Zahl<br />
der Aktionäre und Fondsbesitzer<br />
im laufenden Jahr<br />
leicht steigen. Nach Berechnungen<br />
und Schätzungen<br />
von Investors Marketing<br />
könnte die Steigerungsrate<br />
bei acht Prozent liegen,<br />
womit das Niveau von 2010<br />
leicht übertroffen wäre. (Grafik<br />
oben). Im ersten Halbjahr<br />
2010 besaßen 8,6 Millionen<br />
Menschen in Deutschland<br />
Aktien oder Aktienfonds –<br />
das waren 200.000 weniger<br />
als ein Jahr zuvor. Nach<br />
DAIAngaben haben sich vor<br />
allem niedrige und mittlere<br />
Einkommensschichten in den vergangenen Jahren stark aus der Aktienanlage zurückgezogen.<br />
Kurz nach dem Platzen der Internetblase im Jahr 2001 hatten noch 12,9 Millionen Menschen in<br />
Aktien und Fonds investiert. Im Jahr 2005 waren es immerhin noch 10,8 Millionen. Das DAI lässt<br />
jährlich rund 26.000 Menschen im Alter von mindestens 14 Jahren von dem Forschungsunternehmen<br />
Infratest befragen. GRAFIKEN: INVESTORS MARKETING, DPA<br />
beratung spezialisierte Berater, sondern<br />
arbeitet mit den wohlbekannten, abgestuften<br />
Empfehlungslisten, die jedoch<br />
verfeinert werden. Je nach Vermögen<br />
und Wertpapieraffinität werden Kundengruppen<br />
erstellt und für jede Gruppe eine<br />
Empfehlungsliste mit geeigneten Wertpapierprodukten<br />
erarbeitet.<br />
Beratungssoftware genügt nicht<br />
Alle diese Programme verfolgen das Ziel,<br />
die Wertpapierberatung in den Sparkassen<br />
den veränderten Bedingungen<br />
und den Erwartungen der Kunden anzupassen.<br />
Außerdem geht es um Rechts-<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
MÄRKTE & KUNDEN 31<br />
sicherheit und profitable Ausgestaltung.<br />
Qualitativ hochwertige Beratung über<br />
alle Bedarfsfelder des Kunden in der<br />
Breite anzubieten und gleichzeitig die<br />
zunehmenden fachlichen, prozessualen<br />
und dokumentationsbezogenen Anforderungen<br />
souverän zu beherrschen,<br />
scheint in den Instituten kaum noch<br />
möglich zu sein. Eine automatisierte und<br />
immer komplexere Unterstützung der Beratergespräche<br />
ist keine Lösung, weil die<br />
Tools nur schwer auf die individuellen<br />
Kundenbedürfnissen abzustimmen sind<br />
und viele Berater eher verunsichern. „Es<br />
ist auf Dauer unabdingbar, sich von dem<br />
Anspruch zu verabschieden, das Wertpapiergeschäft<br />
in der Breite allen Kunden<br />
über alle Berater zur Verfügung zu stellen“,<br />
sagt Berater Frank, der nicht nur die<br />
KSK Köln dabei begleitet, die Wertpapierberatung<br />
zu verbessern.<br />
Berater vermeiden Ärger<br />
Der Trend zur Spezialisierung ist dabei<br />
nichts Neues. In der Baufinanzierungsberatung<br />
haben die meisten Häuser nach<br />
die Etablierung von Immobiliencentern<br />
diesen Schritt bereits hinter sich. Der Anspruch,<br />
in jeder Filiale eine umfassende<br />
Baufinanzierungsberatung anbieten zu<br />
können, wurde meist aufgegeben.<br />
Deshalb geht es bei der Wertpapierberatung<br />
im Mengengeschäft immer stärker<br />
darum, mithilfe des S-Finanzchecks die<br />
wertpapieraffinen Kunden auf Basis ihrer<br />
individuellen Bedürfnisse und Wünsche<br />
zu identifizieren und dann qualitativ<br />
hochwertig weiterzuberaten. Dabei ist<br />
es entscheidend, künftig mehr als bisher<br />
die Empfehlungen und das damit verbundene<br />
Risiko an das kundenspezifische<br />
Profil anzupassen.<br />
Gerade hier hat derzeit die Mehrheit<br />
der Berater Schwierigkeiten, weshalb<br />
sie lieber ausweichen oder sich auf das<br />
beratungsfreie Geschäft zurückziehen.<br />
Insbesondere die Wertpapierberatungsprotokolle<br />
geben nach Ansicht vieler Berater<br />
nicht den nötigen Freiraum und engen<br />
zu sehr ein. „Die Anlageempfehlung<br />
kann gegenüber dem Kunden nicht immer<br />
nachvollziehbar erläutert werden.“<br />
Diesen Satz bekommen Schulungsleiter<br />
in den Gesprächen mit den Beratern immer<br />
wieder zu hören. Aber wie ist das mit<br />
dem Anspruch in Einklang zu bringen,<br />
den Kunden den wirklich besten Rat zu<br />
geben? Genau hier setzen die Häuser an<br />
und verbessern ihre Prozesse, damit Berater<br />
und Kunde gemeinsam hochwertige<br />
kundenindividuelle Empfehlungen<br />
entwickeln können.<br />
Zwar werden die DSGV-Ansätze künftig<br />
einen Beitrag leisten, um die Situation in<br />
den Häusern zu vereinfachen. Eine Sparkasse<br />
wird aber nicht um die Frage herumkommen,<br />
wo für sie die eigenen strategischen<br />
Schwerpunkte liegen: in der<br />
Ausrichtung, bei der Ausbildung oder bei<br />
der Gestaltung der Beratungsprozesse. �
32<br />
MÄRKTE & KUNDEN<br />
PRIVATE BANKING<br />
Aus einer Hand<br />
Viele Firmenkunden der Sparkassen vertrauen ihrem Institut<br />
auch bei der Vermögensverwaltung. Das Wachstum in diesem<br />
Geschäftsfeld beschleunigen Verbundpartner der Institute.<br />
� VON STEFAN BOTTLER<br />
Bei Gesprächen mit Firmenkunden hat<br />
die Sparkasse Fürth wiederholt eine<br />
bemerkenswerte Erfahrung gemacht.<br />
„Wenn unsere Berater auf das neue Private<br />
Banking hinweisen, stoßen sie auf<br />
reges Interesse“, sagt Stefan Hertel, Leiter<br />
dieses Geschäftsbereichs. Zu einem<br />
konkreten Angebot nach einem ausführlichen<br />
Gespräch habe bislang kein Gesprächspartner<br />
Nein gesagt.<br />
Vor rund einem Jahr war das<br />
fränkische Institut ins Private<br />
Banking eingestiegen. In den<br />
kommenden Jahren sollen 500<br />
bis 600 Kontoinhaber und Interessenten<br />
für das neue Angebot<br />
gewonnen werden. Vor allem<br />
mit Firmenkunden will Hertel<br />
dieses Ziel erreichen. Jeder<br />
zehnte Private-Banking-Kunde<br />
hat bei der fränkischen Spar-<br />
kasse geschäftliche Girokonten<br />
eröffnet, Firmenkredite beantragt<br />
oder Betriebsvermögen<br />
angelegt. Das Spektrum reicht<br />
von Familienunternehmern<br />
über Freiberufler bis zu Geschäftsführern<br />
und leitenden<br />
Angestellten von Industrieunternehmen.<br />
Mancher hat sogar seine privaten<br />
Anlagen von der bisherigen Hausbank<br />
auf die Sparkasse übertragen. „Wir<br />
wählen vor einem konkreten Angebot die<br />
Kandidaten sorgfältig aus“, sagt Hertel<br />
– nicht jeder Firmenkunde komme fürs<br />
Private Banking infrage. Voraussetzung<br />
seien konkrete Indizien anhand von<br />
Konto bewegungen, Immobilienbesitz<br />
und anderen Kriterien, dass ein Geldvermögen<br />
von 500.000 Euro oder ein<br />
Gesamtvermögen von einer Mio. Euro<br />
vorhanden ist. „Vor allem aber ist wichtig,<br />
dass der Geschäftspartner sich mit<br />
seinem Lebenswerk der Region verbunden<br />
fühlt“, sagt Hertel. Wenn Geschäftspartner<br />
sich ohnehin mit der Sparkasse<br />
identifizieren, sind sie erfahrungsgemäß<br />
auch bereit, ihr Privatvermögen diesem<br />
Institut anzuvertrauen.<br />
Solche Synergien liegen nahe: Viele Inhaber,<br />
Geschäftsführer und Freiberufler<br />
haben mit ihrer unternehmerischen Tätigkeit<br />
ein erhebliches Privatvermögen<br />
„Die Hälfte aller<br />
Gewerbekunden<br />
von Sparkassen<br />
wünscht auch eine<br />
Beratung für ihr<br />
Privatvermögen.“<br />
Reinhard Carl,<br />
Geschäftsführer<br />
Metamorf, Bochum<br />
aufgebaut. Wenn ein Finanzdienstleister<br />
im Firmenkundengeschäft wie im Private<br />
Banking mit attraktiven Lösungen wirbt,<br />
sollten Angebote aus einer Hand die<br />
logische Konsequenz sein. Viele potenzielle<br />
Kunden zögern jedoch mit deren<br />
Annahme, weil sie berufliche und private<br />
Geldgeschäfte strikt trennen wollen. Firmenkundenbetreuer<br />
sollen keinen Einblick<br />
in das Privatvermögen haben.<br />
Mancher Sparkassenkunde traut seinem<br />
Institut offenbar auch<br />
nicht zu, Gelder in Millionenhöhe<br />
zu verwalten, weil er bei<br />
Deutsche Bank & Co die größere<br />
Kompetenz vermutet. Tatsächlich<br />
haben viele Institute erst in<br />
den letzten Jahren ins Wealth<br />
Management investiert, indem<br />
sie über eigene Lösungen hinaus<br />
auf Leistungen von Landesbanken,<br />
Deka, der Frankfurter<br />
Bankgesellschaft oder der<br />
Berenberg Bank zurückgreifen.<br />
Trotz dieses späten Markteintritts<br />
haben Sparkassen nach<br />
Expertenmeinung gerade bei<br />
Firmenkunden alle Trümpfe<br />
in der Hand. Auf rund 50 Prozent<br />
schätzt Reinhard Carl, Geschäftsführer<br />
der Bochumer Beratungsgesellschaft<br />
Metamorf,<br />
den Anteil von gewerblichen<br />
Auftraggebern, welche auch eine Beratung<br />
für ihr Privatvermögen wünschen.<br />
„Mit diesen 50 Prozent kann ein riesiges<br />
Wachstum generiert werden“, sagt der<br />
Marktkenner – in vielen Instituten lassen<br />
erst zehn bis 20 Prozent der Firmenkunden<br />
ihr Privatvermögen von Sparkassen<br />
betreuen.<br />
Trennung auf Wunsch möglich<br />
Doch auch denjenigen Kunden, die betriebliche<br />
und private Geldgeschäfte<br />
trennen wollen, können die öffentlichrechtlichen<br />
Institute helfen. Wenn nämlich<br />
deren Vermögen bei der Frankfurter<br />
Bankgesellschaft und anderen Partnerinstituten<br />
angelegt wird, ist diese Voraussetzung<br />
erfüllt. Das gilt sogar dann, wenn<br />
Private Banking von sparkasseneigenen<br />
Instituten wie der Berliner Weberbank<br />
übernommen wird, wie deren Muttergesellschaft,<br />
die Mittelbrandenburgische<br />
Sparkasse (MBS) in Potsdam, bestätigt.<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2
FOTO: DPA<br />
Wenn der Kunde dies ausdrücklich<br />
wünscht, beraten ihn diese Finanzdienstleister<br />
im Alleingang. Eine Rücksprache<br />
mit den Firmenkundenspezialisten der<br />
örtlichen Sparkasse findet nicht statt.<br />
Ansonsten werden die Metamorf-Zahlen<br />
gerne bestätigt. So spricht die Frankfurter<br />
Bankgesellschaft von 50 bis 60 Prozent<br />
der Kunden, die auch Unternehmer sind.<br />
„Wenn solche Kunden unser Haus mit<br />
der Vermögensverwaltung beauftragen,<br />
stehen unsere internationa-<br />
le Wertpapierkompetenz und<br />
unsere lange Historie in der<br />
Schweiz im Vordergrund“, sagt<br />
Vorstandsvorsitzender Holger<br />
Mai in Anspielung auf den Unternehmenssitz<br />
in Zürich.<br />
Egal ob nun Sparkassen-Firmenkunden<br />
ihr Private Banking<br />
dem regionalen Institut<br />
oder dessen Kooperationspartner<br />
überlassen: Den bisherigen<br />
Erfahrungen zufolge<br />
suchen viele eine Alternative<br />
zu Großbanken. An die Beratung<br />
aus einer Hand werden<br />
deshalb hohe Ansprüche gestellt.<br />
Private Banking und<br />
Firmenkundengeschäft müssen<br />
in „Tandemlösungen“ eng<br />
miteinander harmonieren,<br />
sagt Reinhard Carl und plädiert für eine<br />
sorgfältige Personalauswahl. „Wichtig<br />
sind außerdem klare Spielregeln, wer<br />
bei welchen Terminen mit eingebunden<br />
wird und wer zu welchen Themen die<br />
Gesprächsinitiative ergreifen darf.“<br />
Persönlicher Kontakt zählt<br />
Wenn beispielsweise das Jahresbilanzgespräch<br />
ansteht, sollte vorher festgelegt<br />
werden, wann der Private-Banking-Experte<br />
hinzukommt und Anlagevorschläge<br />
unterbreitet. Das setzt eine enge Abstimmung<br />
vor jedem Kundentermin ebenso<br />
voraus wie ein Weisungsrecht, wer zu<br />
welchen Themen das letzte Wort hat. Der<br />
Vorstand kann mit Anreizen und Zielvorgaben<br />
die Teambildung beschleunigen.<br />
Für Sparkassen, die diesen Empfehlungen<br />
gefolgt sind, ist nicht zuletzt der<br />
persönliche Kontakt zum Firmenkundenbetreuer<br />
ausschlaggebend. „Häufig<br />
Hand in Hand mit starken Partnern<br />
Auch bei Partnerinstituten des Sparkassen<br />
PrivateBankings hat sich längst herumgesprochen,<br />
dass viele Firmenkunden eine Beratung<br />
aus einer Hand wünschen. „Für unsere Kooperation<br />
mit den Sparkassen ist entscheidend,<br />
dass diese weiterhin die Kunden betreuen“,<br />
sagt Silke Krüger, Leiterin Strategieentwicklung<br />
der Berenberg Bank. „Wir übernehmen das Management<br />
der Gelder.“ Mit den Sparkassenberatern<br />
tauscht sich das Hamburger Institut deshalb<br />
regelmäßig aus. Einen Schritt weiter geht<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
MÄRKTE & KUNDEN 33<br />
„Der Kunde<br />
entscheidet<br />
in jedem<br />
Fall selbst,<br />
welche<br />
Lösung für<br />
ihn die<br />
beste ist.”<br />
Jens Weber,<br />
Leiter Vorstandssekretariat,<br />
Sparkasse<br />
Wetzlar<br />
spielen individuelle Gesprächsaufhänger<br />
wie die Unternehmensnachfolge eine<br />
wesentliche Rolle“, sagt Jens Weber, Leiter<br />
des Vorstandssekretariats der Sparkasse<br />
Wetzlar. Der Kunde entscheide in<br />
jedem Fall selbst, welche Lösung für ihn<br />
die beste sei, so Weber. Ist der Kunde einverstanden,<br />
nehmen auch Experten von<br />
Deka, Helaba oder anderer Institute an<br />
den Beratungsgesprächen teil.<br />
Die Frankfurter Sparkasse (Fraspa)<br />
packt das Thema von zwei<br />
Seiten an. Privatkunden- und<br />
Firmenkundenberater stellen<br />
Listen mit Kunden zusammen,<br />
die für die Kollegen der jeweils<br />
anderen Abteilung auch interessant<br />
sind. Wenn der Kunde<br />
einen Termin im Haus wahrnimmt,<br />
wird ihm der zuständige<br />
Berater vorgestellt. „Eine<br />
ganzheitliche Betreuung ist<br />
nur möglich, wenn vollständige<br />
Transparenz über alle<br />
Geldanlagen und Finanzierungen<br />
im betrieblichen wie<br />
privaten Bereich besteht“, sagt<br />
Fraspa-Kommunikationschef<br />
Sven Matthiesen. Vor allem<br />
Auftraggeber, deren betriebliche<br />
Finanzierungen durch<br />
eine private Haftung abgesichert<br />
ist, legen Wert auf eine Beratung<br />
aus einer Hand.<br />
Ansonsten wissen immer mehr Firmenkunden<br />
zu schätzen, dass sie ihre finanziellen<br />
Vermögen und Verpflichtungen nur<br />
einmal offenlegen müssen. Wo Beratung<br />
aus einer Hand gewünscht wird, können<br />
schnell völlig neue Themen auf die verantwortlichen<br />
Mitarbeiter zukommen.<br />
Weil vor allem Familienunternehmer<br />
dieses Angebot wahrnehmen, haben die<br />
Berater vermehrt mit Fragen rund um die<br />
generationsübergreifende Vermögensübertragung<br />
zu tun.<br />
Mit diesem vielversprechenden, aber<br />
auch ziemlich konfliktreichen Thema<br />
können Institute richtig Geld verdienen.<br />
Wenn Berater sich zu Mediatoren weiterbilden<br />
lassen, dürfen sie für die Moderation<br />
von Familienkonferenzen Honorare<br />
im unteren fünfstelligen Bereich berechnen.<br />
�<br />
die Deka Bank. „Beim Unternehmensverkauf<br />
fallen Firmeninhabern häufig andere Adressen<br />
ein“, sagt Alexander Hopff, Leiter Anlagestrategien<br />
und Produkte im Private Banking. In<br />
der Folge fällt in der Regel Privatvermögen an,<br />
das angelegt werden muss. Als zentraler Asset<br />
Manager bietet die Deka deshalb auch Unterstützung<br />
bei der Beratung von Anlagestrategien<br />
bis zur Nachfolgeregelungen. Auch Hopff<br />
plädiert für die „ganzheitliche Perspektive“<br />
bezüglich Privat und Firmenvermögen.
34<br />
MANAGEMENT<br />
GIROKONTO I<br />
Wie sich junge Wilde<br />
halten lassen<br />
Mit dem Eintritt ins Berufsleben kehren viele junge Erwachsene ihrer Sparkasse den Rücken.<br />
Der Anlass ist häufig die Umstellung des kostenlos geführten Jugendgirokontos auf normale<br />
Konditionen. Dabei ist oft gar nicht der Preis selbst das Problem, sondern die Art und Weise,<br />
wie diese Umstellung kommuniziert wird. Mit einer systematischen Vorgehensweise, zu der<br />
immer auch ein persönliches Gespräch gehört, lässt sich der Übergang erfolgreich gestalten.<br />
� VON BARBARA WEBER<br />
Bereits seit Jahrzehnten weiß man,<br />
dass der Übergang vom Jugendlichen<br />
zum jungen Erwachsenen diejenige Lebensphase<br />
ist, in der die Sparkassen relativ<br />
gesehen die meisten Kundenabwanderungen<br />
zu Wettbewerbern verbuchen<br />
müssen. Bei den aktuellen Überlegungen<br />
zur „richtigen“ Strategie sollte man sich<br />
vor Augen halten, dass der sogenannte<br />
„Badewanneneffekt“ mitnichten neueren<br />
Datums ist. Allerdings erscheinen im<br />
Vergleich mit früheren Jahren und Jahrzehnten<br />
zwei Umstände neu: Erstens die<br />
hohe Zahl der Wettbewerber, die in der<br />
Regel mit preisaggressiven sogenannten<br />
„Kostenlos-Angeboten“ exakt die Zielgruppe<br />
der jungen Erwachsen anvisieren.<br />
Zweitens lässt der demografische<br />
Wandel die Zahl der jungen Erwachsenen<br />
dramatisch schrumpfen, so dass für<br />
Sparkassen bereits die reine Erhaltung<br />
von Girokontobeständen ein ehrgeiziges<br />
Ziel darstellt.<br />
Der Schlüssel zum Erfolg sind die Kundenberater<br />
in den Filialen. Auch im digitalen<br />
Zeitalter bleiben Finanzdienstleistungen<br />
erklärungsbedürftige und<br />
vertrauensempfindliche Produkte. Das<br />
Internet ist mit seiner riesigen Informationsfülle<br />
für viele, auch junge, Menschen<br />
kein tauglicher Kompass, wenn es<br />
um das Thema Finanzen geht. Das Gespräch<br />
mit einem zuverlässigen, persönlich<br />
bekannten Ratgeber in einer nahe<br />
gelegenen Geschäftsstelle ist daher auch<br />
für die meisten jungen Menschen bei<br />
Finanzangelegenheiten die bei Weitem<br />
bevorzugte Informationsquelle und Entscheidungsgrundlage.<br />
Nichts geht über Beratung<br />
Marktforschungsstudien belegen immer<br />
wieder, dass das Internet zwar<br />
eine wichtige Informations- und Transaktionsfunktion<br />
hat, etwa beim Online-Banking.<br />
Aber die Entscheidung<br />
über ein Finanzprodukt wird nach wie<br />
vor fast ausschließlich im persönlichen<br />
Gespräch, meistens in den Geschäftsstellen<br />
von Sparkassen und Banken,<br />
getroffen. Persönliche Betreuung und<br />
Beratung gewinnen in einer immer<br />
komplexeren Welt also eher noch an<br />
Bedeutung. Hier haben die Sparkassen<br />
gegenüber den Direktbanken<br />
entscheidende Wettbewerbsvorteile,<br />
die es künftig viel besser zu nutzen<br />
gilt. Aus Kundensicht erscheint es<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
kritisch, wenn „von heute auf morgen“<br />
Kosten für das Girokonto anfallen. Daher<br />
ist ein sorgfältig geplanter und durchgeführter<br />
Übergang zur Bepreisung erforderlich.<br />
Die leider noch häufige Praxis,<br />
per standardisiertem Kundenbrief – womöglich<br />
als „Infopost“ – die Umstellung<br />
ab einem bestimmten Tag mitzuteilen,<br />
genügt längst nicht mehr den Anforderungen<br />
an die Kundenbetreuung eines<br />
Qualitätsanbieters. Kundenorientierte<br />
Kommunikation sieht anders aus: Aus einer<br />
nachlässigen Vorgehensweise bei der<br />
Umstellung können bei Kunden leicht<br />
Verärgerung, Enttäuschung und Abwanderungsgedanken<br />
entstehen. Wenn sie<br />
in dieser Phase von einem anderen Finanzinstitut<br />
angesprochen werden, kann<br />
das der Auslöser sein, sich enttäuscht von<br />
der Sparkasse abzuwenden.<br />
Daher sollte es selbstverständlich<br />
sein, dass vor der Umstellung auf ein<br />
bepreistes Girokontomodell ein persön-<br />
Reden und Vertrauen schaffen –<br />
� Junge Erwachsene hören ihrem Berater zu.<br />
Nutzen Sie Ihre Flächenorganisation und<br />
laden Sie die jungen Leute in die Filiale ein –<br />
Mobiltelefonnummern und EMailAdressen<br />
zu erfassen, sollte selbstverständlich sein.<br />
� Vermitteln Sie den Mehrwert, etwa verbunden<br />
mit einem Kreditkartenangebot oder<br />
einem ersten kleinen Dispo als Vertrauensbeweis.<br />
Verknüpfen Sie das Gespräch mit<br />
dem Thema Geldanlage, auch wenn es noch<br />
nichts anzulegen gibt.<br />
� Beraten Sie die Jugendlichen. Junge<br />
Erwachsene haben meist wenig Finanzerfahrung<br />
und noch viel zu lernen. Beeindrucken<br />
Sie die jungen Leute mit Ihrer Kompetenz.<br />
Zeigen Sie persönlich die Möglichkeiten
liches Beratungsgespräch stattfindet. Mit<br />
dem Finanzkonzept steht den Sparkassen<br />
ein Instrument zur Verfügung, um<br />
dieses wichtige Kundengespräch inhaltlich<br />
überzeugend zu gestalten.<br />
Je nach der im Privatgirobereich verfolgten<br />
Angebotsstrategie eines Hauses<br />
kann der Übergang zum bepreisten<br />
Girokonto psychologisch auch etwas<br />
abgefedert werden. Viele Häuser verfolgen<br />
bereits einen stringenten Pauschalpreisansatz<br />
mit komplett ausgestatteten<br />
Kontomodellen. Das bedeutet, dass der<br />
Kontopreis nach der Umstellung beispielsweise<br />
von 0 Euro auf 7,50 Euro<br />
steigt. Hier wäre zu überlegen, den Wechsel<br />
auf das Pauschalkontomodell mit<br />
einer „Zufriedenheitsgarantie“ zu erleichtern.<br />
Den Übergang weich gestalten<br />
Das bedeutet, dass der Kunde etwa innerhalb<br />
einer bestimmten Frist, zum Beispiel<br />
zwölf Monate, sein Geld zurückbekommt,<br />
falls er mit dem neuen Girokontomodell<br />
nicht zufrieden ist. Das Girokonto wird<br />
dann entweder in einen anderen Kontotyp<br />
umgeschlüsselt oder aufgelöst, um<br />
reine Mitnahmeeffekte zu verhindern.<br />
Den Kunden wird so das Risiko einer<br />
Fehlentscheidung abgenommen, gerade<br />
wenn es um ein höherwertiges Girokonto<br />
geht. Einzelne Sparkassen haben bereits<br />
gute Erfahrungen mit solchen Geld-<br />
Zurück-Garantien gemacht. Allerdings<br />
muss ein funktionierendes Beschwerdemanagement<br />
vorhanden und ein stringenter<br />
Prozess für den Fall hinterlegt<br />
sein, dass die Garantie in Anspruch genommen<br />
wird.<br />
Eine weitere Möglichkeit, den Übergang<br />
in ein komplett ausgestattetes Pauschalkontomodell<br />
weich zu gestalten, besteht<br />
darin, ein befristetes Kennenlernangebot<br />
einzuräumen. Für einen von vornherein<br />
befristeten Zeitraum von sechs bis maxi-<br />
Tipps für Sparkassenberater zum Thema Girokonto<br />
des OnlineBankings. Fragen Sie, ob der<br />
Kunde ein PrepaidHandy nutzt. Wenn ja:<br />
Die Karte kann bequem an den Sparkassen<br />
Geldautomaten aufgeladen werden. Erlebte<br />
Problemlösungskompetenz – „die Sparkasse<br />
als Finanzpartner“ – schafft Kundenbindung<br />
und Vertrauen.<br />
� Junge Kunden wollen ernst genommen<br />
und dementsprechend behandelt werden.<br />
Hier besteht mitunter noch Nachholbedarf.<br />
Die jungen Menschen sollte man lieber „zu<br />
erwachsen“ behandeln als zu flapsig.<br />
� Die Marktforschung zeigt, dass gut betreute<br />
Kunden zufrieden und loyal sind und so gut<br />
wie nie wechseln. Wenn der Service der Sparkasse<br />
oder die Beratung stimmen, spielt der<br />
mal zwölf Monaten wird dann beispielsweise<br />
nur der halbe Preis für das Konto<br />
abgerechnet. In jedem Fall ist eine aktive<br />
Preiskommunikation mithilfe des Kontoauszugs<br />
empfehlenswert: Es ist derzeit<br />
bereits möglich, bei der Administration<br />
in OSPlus die FI-Einstellung „Nachlass“<br />
(im Sinne einer Preisnachlassfunktion)<br />
zu aktivieren. So wird dem Kunden jeden<br />
Monat der Normalpreis und damit<br />
der eigentliche Wert seines Girokontos<br />
angezeigt. Zudem erfährt er die Höhe des<br />
Nachlasses, der ihm von der Sparkasse<br />
darauf eingeräumt wird. (Dieser Nachlass<br />
ist momentan nur in Form eines von<br />
der Sparkasse festgelegten Prozentsatzes<br />
vom eigentlichen Preis möglich).<br />
Idealerweise soll rechtzeitig vor dem<br />
Ablauf der Nachlasseinräumung ein<br />
weiteres persönliches Gespräch mit dem<br />
Kunden geführt werden: Ist er zufrieden<br />
mit dem Konto? Was kann die Sparkasse<br />
darüber hinaus noch für ihn tun? Es ist<br />
wichtig zu erkennen, dass Sparkassen<br />
der demografischen Entwicklung und<br />
den permanenten Preisattacken der Konkurrenz<br />
keineswegs hilflos ausgeliefert<br />
sind. Sparkassen haben die stärkste Marke<br />
im deutschen Privatkundengeschäft,<br />
die beste Infrastruktur in Form von Filialen<br />
und Geldautomaten. Und vor allem<br />
haben die Sparkassen die vertrauenswürdigsten<br />
und kompetentesten Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter.<br />
Kunde schätzt Qualitätserlebnis<br />
Wer über solche Wettbewerbsvorteile<br />
verfügt und die Kunden bereits im Haus<br />
hat, wäre mehr als unklug, sich als Billig-<br />
anbieter positionieren zu wollen und<br />
etwa die kostenlose Kontoführung für<br />
junge Erwachsene einfach bis zum<br />
30. Lebensjahr oder darüber hinaus fortzuschreiben.<br />
Das hieße nur, ein Problem<br />
vor sich herzuschieben, das mit der Zeit<br />
sogar noch größer wird: Mit welchem<br />
kleine monatliche Betrag für das Girokonto<br />
keine Rolle.<br />
� Jede Investition in Beratung und Betreuung<br />
von jungen Kunden ist sinnvoll, selbst<br />
dann, wenn zunächst keine Folgegeschäfte<br />
abgeschlossen werden. Je nach Vertriebssteuerungssystem<br />
der Sparkasse ist es<br />
empfehlenswert, die Überleitungs gespräche<br />
vom kostenlosen Jugendgirokonto zum<br />
normal bepreisten Girokonto in das Zielvereinbarungssystem<br />
aufzunehmen. Für<br />
jede Geschäftsstelle ist im Voraus die Zahl<br />
der betroffenen Kunden zu ermitteln. Mit<br />
jedem dieser Kunden sind die Überleitungsgepräche<br />
zu führen und die Ergebnisse zu<br />
dokumentieren.<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
MANAGEMENT 35<br />
Argument soll man bei 30-Jährigen oder<br />
noch älteren Kunden plötzlich die kostenlose<br />
Kontoführung beenden? Eine<br />
Fortschreibung der kostenlosen Kontoführung<br />
auch nach dem Ende der Berufsausbildung<br />
oder jenseits des 25. Lebensjahrs<br />
löst definitiv kein Problem, sondern<br />
schafft im Gegenteil neue Schwierigkeiten<br />
.<br />
Nicht der Preis für das Girokonto ist<br />
das Problem. Es geht darum, Kunden zu<br />
einem überzeugenden Qualitätserlebnis<br />
zu verhelfen, wann immer sie in Kontakt<br />
mit der Sparkasse stehen. �<br />
Die Autorin ist als Unternehmensberaterin für<br />
Sparkassen beim Sparkassenverband Baden<br />
Württemberg tätig.<br />
Wütende Kunden: Junge Leute,<br />
die schon seit ihrer Kindheit<br />
ein Sparkassenkonto haben,<br />
wechseln oft zur Konkurrenz,<br />
wenn die Kontoführung<br />
gebührenpflichtig wird. Mit<br />
geeigneter Kommunikation<br />
lassen sich die jungen<br />
Erwachsenen halten.<br />
FOTO: CORBIS
36<br />
MANAGEMENT<br />
GIROKONTO II<br />
Vom Mehrwert profitieren alle<br />
Für ihr Mehrwertkonto GiroPrivileg hat die Sparkasse Lüneburg bereits mehr als 20.000 Kunden<br />
begeistert. Neben Bankdienstleistungen zum Pauschalpreis sieht das Mehrwertkonzept zahlreiche<br />
Vergünstigungen und Veranstaltungen für die Kunden vor. Das Institut profitiert von Cross-Selling-<br />
Möglichkeiten und erweiterten Kontakten zu verschiedenen Kooperationspartnern.<br />
� VON ALEXANDRA FRIEDERICHS<br />
Mit Standardprodukten kann eine<br />
Sparkasse ihren Kunden kaum<br />
noch positive Erfahrungen und Gefühle<br />
vermitteln, zumal die Kunden aus den<br />
bekannten Gründen immer<br />
seltener in die Filiale kommen.<br />
Mehrwertkonten bieten dagegen<br />
eine geeignete Plattform<br />
und viele Anspracheanlässe.<br />
Ein Mehrwertprogramm zu etablieren,<br />
braucht zwar etwas Zeit,<br />
aber es ergeben sich viele Möglichkeiten,<br />
noch näher an den<br />
Kunden und seine Bedürfnisse<br />
heranzurücken.<br />
„20.000 GiroPrivileg-Kunden<br />
– das ist nicht nur ein schöner<br />
Erfolg, sondern zeigt auch, dass<br />
die Kunden nicht nur ein Mehrwertkonto<br />
bei uns abschließen,<br />
sondern auch nachhaltig damit<br />
zufrieden sind und dabeibleiben“,<br />
sagt Thomas Piehl, Vorstand<br />
der Sparkasse Lüneburg.<br />
Piehl führt den Erfolg vor allem<br />
auf sinnvolle Mehrwerte und<br />
das überzeugende regionale Angebot<br />
zurück. „Wir bieten ausgewählte Versicherungsleistungen,<br />
Rückvergütungen,<br />
Rabatte für Reisen und Restaurants an.<br />
Hinzu kommen die Vorteile unserer überregionalen<br />
Partner, Kooperationen mit<br />
regionalen Partnern und exklusive Veranstaltungen<br />
hier vor Ort. Einige haben<br />
sogar fast schon Kultstatus – wie unser<br />
alljährlicher Zillertaler Abend.“<br />
Kundenmagazin unterstützt Konzept<br />
Das Kundenmagazin der Sparkasse<br />
Lüneburg informiert über aktuelle Finanzthemen<br />
und offeriert zusätzliche<br />
saisonale Vorteile, Rabatte, Veranstaltungen<br />
und Tagesfahrten mit einem regionalen<br />
Reiseanbieter. Auf diese Weise<br />
bleibt der Mehrwertgedanke bei den<br />
Kunden lebendig und präsent. Zudem<br />
bietet das Magazin eine Plattform für die<br />
regionalen Partner, ihr Unternehmen<br />
in hochwertigem Rahmen darzustellen.<br />
Das Magazin ist Bestandteil eines umfangreichen<br />
Vermarktungskonzepts, von<br />
dem auch die Kooperationspartner profitieren.<br />
So erstaunt es nicht, dass auch<br />
„GiroPrivileg-<br />
Kunden kommen<br />
viel häufiger in die<br />
Filialen.“<br />
Thomas Piehl,<br />
Vorstandsmitglied<br />
Sparkasse<br />
Lüneburg<br />
die Unternehmen der Region immer öfter<br />
eigene Ideen und Vorschläge für Extras<br />
und Rabatte an die Sparkasse herantragen.<br />
Insofern ist das Konto für den Kunden<br />
unter dem Strich viel mehr wert, als<br />
es monatlich kostet. Doch nicht nur Kunden<br />
und Partner profitieren.<br />
Auch die Kundenberater des<br />
Instituts können die Themen<br />
rund um die Mehrwerte für sich<br />
nutzen, um etwa Anlässe für die<br />
Kundenansprache zu finden.<br />
„GiroPrivileg-Kunden kommen<br />
viel häufiger in die Filialen,<br />
um etwas abzuholen, sich<br />
zu informieren oder auch um<br />
an Informationsveranstaltun-<br />
gen teilzunehmen, die wir be-<br />
wusst in der Filiale stattfinden<br />
lassen. So kommen unsere Be-<br />
rater locker und zwanglos mit<br />
den Kunden ins Gespräch.<br />
Auch Veranstaltungen werden<br />
genutzt, um Nähe aufzubauen.<br />
Das schafft Vertrauen, und wir<br />
können zusätzliche Erträge generieren“,<br />
bestätigt Vorstand<br />
Piehl .<br />
Im April 2011 begann ein Relaunch von<br />
GiroPrivileg. Zum Start der neuen Kampagne<br />
veranstaltete die Sparkasse eine<br />
große Relaunch-Party für alle Vertriebsmitarbeiter.<br />
Motivierend wirkt auch,<br />
dass alle Mitarbeiter des Instituts im Rah-<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
men eines Wettbewerbs für jedes neue<br />
GiroPrivileg-Konto Punkte sammeln können.<br />
Auch für Jugendkonten geeignet<br />
Das Konzept wurde auch für Jugendliche<br />
und junge Erwachsene übernommen. Mit<br />
GiroPrivileg-Red für 12- bis 18-Jährige<br />
und GiroPrivileg-Blue für 18- bis 30-Jährige<br />
kamen zwei Kontomodelle hinzu, die<br />
speziell auf die Anforderungen und Wünsche<br />
einer jungen Klientel abgestimmt<br />
sind. So gibt es viele spezielle Extras für<br />
junge Leute, etwa Vergünstigungen und<br />
einen kostenlosen Internationalen Schüler-<br />
und Studentenausweis.<br />
Gerade Jugendliche sind es auch, die<br />
die Online-Angebote von GiroPrivileg<br />
gern und häufig nutzen. Unter www.giroprivileg.de<br />
können Kunden rund um die<br />
Uhr ihre Privilegien einsehen, Anfragen<br />
stellen, Tickets und Reisen buchen, kurz<br />
jeden Service nutzen, der zum Konto gehört.<br />
Auch Bestandskunden wurden noch<br />
einmal in ihrer Entscheidung für GiroPrivileg<br />
bestätigt: Seit April können sie sich<br />
bei gleicher Preisgestaltung über zusätzliche<br />
Leistungen und höhere Rückvergütungen<br />
freuen. �<br />
Die Autorin ist im Vertriebsmarketing der<br />
Sparkasse Lüneburg tätig.<br />
Beliebte<br />
Veranstaltung<br />
bei den<br />
GiroPrivileg-<br />
Kunden der<br />
Sparkasse<br />
Lüneburg: der<br />
Zillertaler<br />
Abend.<br />
FOTO: SPARKASSE<br />
LÜNEBURG
FINANZPLATZ UNGARN<br />
Die BayernLB nahm kein Blatt vor den<br />
Mund: Das Gesetz zur vorzeitigen<br />
Rückzahlung von Fremdwährungskrediten,<br />
mit dem die ungarische Regierung<br />
Immobilienkäufer vor der Überschuldung<br />
bewahren will, sei „ein enteignungsgleicher<br />
Eingriff in die Vertragsbeziehungen<br />
zwischen Bank und Kunden“,<br />
ließ der Vorstandsvorsitzende Gerd<br />
Häusler Mitte November mitteilen.<br />
Wegen drohender Verluste aus der<br />
Vergabe von Krediten in ausländischen<br />
Währungen musste die ungarische Tochter<br />
der Landesbank Rückstellungen in<br />
Höhe von 108 Mio. Euro machen. Die<br />
Folge: Der Finanzkonzern rutschte im<br />
dritten Quartal in die Verlustzone. „Ohne<br />
diesen politisch motivierten Eingriff hätte<br />
die BayernLB auch im dritten Quartal<br />
einen Überschuss erzielt“, beklagte das<br />
Geldinstitut. Neben der BayernLB sind<br />
noch eine Reihe anderer europäischer<br />
Großbanken betroffen, die in Ungarn<br />
engagiert sind, darunter die Erste Bank,<br />
Intesa Sanpaolo und UniCredit.<br />
In einem gemeinsamen Brief haben<br />
sich deren Vorstände bei EU-Binnenmarktkommissar<br />
Michel Barnier über<br />
die „eklatante Verletzung“ ihrer Rechte<br />
beschwert. Einer Barnier-Sprecherin zufolge<br />
sieht die Kommission eine mögliche<br />
Verletzung des freien Kapital- und<br />
Zahlungsverkehrs innerhalb der Europäischen<br />
Union. Die Behörde hat die ungarische<br />
Regierung nun zu einer Stellungnahme<br />
aufgefordert. Bei den von der EU<br />
beanstandeten Gesetzen geht es um die<br />
Unabhängigkeit der ungarischen Zentralbank,<br />
der Datenschutzbehörde und<br />
der Justiz. Zu den Schnellverfahren, die<br />
die EU-Kommission mittlerweile gegen<br />
Ungarn eingeleitet hat, bezog Ungarns<br />
Regierungschef Viktor Orbán nicht konkret<br />
Stellung, die Kritik des Europaparlaments<br />
prallte an ihm ab.<br />
Schwacher Forint – höhere Schulden<br />
Seit Ausbruch der internationalen Finanzkrise<br />
droht vielen ungarischen<br />
Haushalten, die Immobilienkredite in<br />
Schweizer Franken oder Euro aufge-<br />
nommen haben, eine Überschuldung.<br />
Ursache ist eine kräftige Abwertung des<br />
Forint im Kielwasser einer ausufernden<br />
Staatsverschuldung. Der Schweizer Franken<br />
gewann gegenüber der ungarischen<br />
Währung mehr als 50 Prozent an Wert<br />
– entsprechend stark ist die<br />
Schuldenlast für Frankenkredite<br />
gestiegen, die aus Forint-<br />
Einkommen bedient werden<br />
müssen. Fremdwährungskredite<br />
waren in Ungarn zunehmend<br />
in Mode gekommen, weil<br />
die Zinsen im Vergleich zu Darlehen<br />
in inländischer Währung<br />
zum Teil um mehr als sieben<br />
Prozent niedriger waren. Das<br />
ermöglichte auch Haushalten<br />
mit geringeren Einkommen den<br />
Kauf von Immobilien auf Kredit.<br />
Laut Berechnungen der ungarischen<br />
Notenbank summieren<br />
sich die Fremdwährungsdarlehen,<br />
die an Privatpersonen<br />
vergeben wurden, auf 17,3 Mrd.<br />
Euro. Das sind rund zwei Drittel aller<br />
ausstehenden Retail-Darlehen. Vor allem<br />
Immobilienkredite wurde bevorzugt in<br />
Franken ausgereicht. Der durchschnittliche<br />
Kurs lag damals bei 160 Forint pro<br />
Franken. Heute müssen die Ungarn rund<br />
250 Forint für einen Franken bezahlen.<br />
Nach dem neuen Fremdwährungskreditgesetz<br />
können private Haushalte ihre<br />
Hypotheken in Franken zu einem festen<br />
Wechselkurs von 180 Forint und Euro-<br />
Immobilienkredite zu 250 Forint bis Februar<br />
2012 vorzeitig zurückzahlen. Den<br />
betroffenen Banken zufolge führt das zu<br />
Verlusten von rund 25 Prozent bei Franken-<br />
und 15 Prozent bei Euro-Darlehen.<br />
Allerdings kann die neue Regelung in der<br />
Praxis nur ein Bruchteil der Kreditnehmer<br />
in Anspruch nehmen. Die wenigsten<br />
verfügen über genügend Ersparnisse, um<br />
ihre Schulden vorzeitig zurückzubezahlen.<br />
Und eine Umschuldung in ein Forint-<br />
Darlehen hilft vielen wegen zu hoher Zinsen<br />
kaum weiter.<br />
Der Fraktionschef der regierenden Fidezs-<br />
Partei, János Lázár, drohte den Banken<br />
„falls notwendig mit Sanktionen“,<br />
wenn sie Umschuldungen erschweren,<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
PERSPEKTIVEN 37<br />
Eingriff in Kreditverträge<br />
Banken laufen gegen ein neues Gesetz Sturm, das privaten Haushalten die vorzeitige Rückzahlung<br />
von Fremdwährungskrediten zu festgelegten Wechselkursen unterhalb marktüblicher Konditionen<br />
erlaubt. Die Differenz müssen die Kreditinstitute als Verlust verbuchen. Nach Beschwerden in<br />
Brüssel setzt nun die EU-Kommission die Regierung Orbán unter Druck.<br />
� VON KLAUS HAUPTFLEISCH<br />
Versteht die<br />
Aufregung um<br />
seine Person und<br />
sein Land nicht:<br />
Ungarns<br />
Regierungschef<br />
Viktor Orbán<br />
etwa durch eine schlechtere Bonitätsbeurteilung<br />
der Kreditnehmer. Zugleich<br />
scheint sich in der Regierung die Erkenntnis<br />
durchzusetzen, dass das Fremdwährungskreditgesetz<br />
das Schuldenproblem<br />
der meisten Haushalte nicht löst.<br />
Lázár kündigte bereits an: „Wir<br />
werden mit ziemlicher Sicherheit<br />
weitere Schritte sehen.“<br />
Auch Regierungschef Orbán,<br />
hob hervor: „Wir müssen die ungarischen<br />
Familien von der Last<br />
ausländischer Schulden befreien.“<br />
Inzwischen weiß die Orbán-Regierung<br />
allerdings nicht<br />
einmal mehr, wie sie den staatlichen<br />
Zahlungsverpflichtungen<br />
nachkommen soll. Mitte November<br />
musste sie den Internationalen<br />
Währungsfonds und<br />
die EU um Finanzhilfe bitten.<br />
Im Zuge der Verhandlungen<br />
über ein Hilfspaket könnte<br />
auch der umstrittene Umgang<br />
mit den Banken in Ungarn ein<br />
Thema werden.<br />
Unterdessen hat der ungarische Bankenverband<br />
Klage gegen das Fremdwährungskreditgesetz<br />
eingereicht. Und<br />
manches Kreditinstitut kontert den staatlichen<br />
Eingriff mit Rückzug. So hat Erste-<br />
Bank-Chef Andreas Treichl angekündigt,<br />
seine für Ungarn geplanten Investitionen<br />
in andere Länder umzuleiten. Ungarn,<br />
so der Banker, garantiere offenbar nicht<br />
mehr für die Sicherheit von Investitionen.<br />
�<br />
EuropaService mit Ungarn –<br />
Infos für Sparkassen<br />
Der EuropaService der SparkassenFinanzgruppe<br />
bietet in seinen Länderinfos zu<br />
Ungarn ausgewählte Aspekte zu Investitionsbedingungen<br />
in diesem Land. Mehr als<br />
80 ungarische Unternehmen aus verschiedenen<br />
Branchen suchen Kooperationspartner<br />
in Deutschland. Diese sind im Bereich Eurokontakte<br />
zu finden<br />
http://europaservice.dsgv.de<br />
europaservice@dsgv.de
38<br />
PERSPEKTIVEN<br />
US-BANKENMARKT<br />
Abstimmung mit Füßen<br />
Von der Vertrauenskrise und dem Unmut gegen die Großbanken an der Wall Street profitieren in<br />
den USA kleinere Geldhäuser, meistens Kreditgenossenschaften. Die Wechselbereitschaft der<br />
Kunden hat den Markt bisher allerdings nur wenig verändert.<br />
� VON MARKUS GÄRTNER<br />
Die große Glasfront der Boeing<br />
Employees´Credit Union in der Rockefeller<br />
Avenue von Seattle wird von<br />
einem schwarzen Metallrahmen eingefasst.<br />
Die orange Hausfassade des<br />
Gebäudes, in dem die Zweigstelle der<br />
Kreditkooperative für Mitarbeiter des<br />
Flugzeugherstellers Boeing liegt, strahlt<br />
Wärme und Sympathie aus. Aufgesprüht<br />
auf das Schaufenster des kleinen Gelddienstleisters<br />
stehen die jüngsten Angebote:<br />
Freie Kontoführung, niedrige<br />
Gebühren für Kreditkarten, kostenloses<br />
Geldabheben an den Automaten.<br />
Die Kreditgenossen hier in der Heimatstadt<br />
von Microsoft, Starbucks und<br />
Boeing haben ihre Anstrengungen zur<br />
Kundengewinnung in den vergangenen<br />
Monaten kräftig erhöht. Mit Erfolg. Die<br />
Genossenschaftsbank der 30.000 Boeing-<br />
Beschäftigten am Ort, die auch Kunden<br />
– sprich Mitarbeiter – anderer Firmen<br />
akzeptiert, hat an einem Tag Anfang<br />
November 659 neue Konten eröffnet.<br />
Auf ihrer Webseite wirbt die Kooperative<br />
damit, dass sie keine Aktionäre außer<br />
ihren Mitgliedern habe und dass sie ihre<br />
Gewinne in Form von niedrigeren Zinsen<br />
und Gebühren zurückerstatteten. Das ist<br />
ein gezielter Seitenhieb auf die großen<br />
Banken in New York.<br />
Werbung mit günstigen Krediten<br />
Die Webseite der Boeing-Genossenschaftsbank<br />
in Seattle macht mit einem<br />
großen Bild auf, zu sehen ist ein PKW<br />
eines bekannten US-Herstellers aus Detroit.<br />
Davor stehen Vater und Sohn. Der<br />
Sohn hat offenbar gerade seinen Führerschein<br />
gemacht. Es geht um einen Autokredit.<br />
Neben dem Bild wird zudem für<br />
„erschwingliche Hypotheken“ geworben.<br />
Ein Hinweis mit Magnetwirkung in einem<br />
Land, das laut dem Immobilienspezialisten<br />
Realty Trac im laufenden Jahr eine<br />
Million Zwangsversteigerungen überschuldeter<br />
Hausbesitzer erwartet.<br />
Die großen Wall Street-Banken haben<br />
nach einer kurzen Pause im Sommer und<br />
Herbst 2011 – es ging um Rechtsstreitig-<br />
Überlauf mit Protest und<br />
fliegenden Fahnen: Viele<br />
Kunden von US-Geschäftsbanken<br />
tragen ihr Geld zu<br />
Genossenschaftsbanken und<br />
sparkassenähnlichen<br />
Instituten. GRAFIK: DPA<br />
keiten bei Zwangsversteigerungen – die<br />
Beschlagnahme von Häusern überschuldeter<br />
Kunden wieder beschleunigt. In<br />
diesem Jahr sollen die Zwangsversteigerungen<br />
daher um 25 Prozent zunehmen,<br />
sagt Daren Blomquist, der Sprecher von<br />
Realty Trac. Da macht es sich aus der<br />
Sicht von Kunden gut, wenn kleinere<br />
Banken mit niedrigeren Zinsen und flexiblerem<br />
Schuldendienst werben.<br />
Den großen Geldhäusern ist unterdessen<br />
ein Teil des Vertrauens abhanden<br />
gekommen, das sie einmal genossen haben.<br />
Das zeigt die jüngste Umfrage des<br />
Meinungsforschers Gallup vom November.<br />
Mehrere Tausend Amerikaner wurden<br />
befragt, welche Industrien bei ihnen<br />
das meiste Ansehen und Vertrauen genießen.<br />
In der Liste der 25 Branchen belegen<br />
die Banken einen miserablen 21.<br />
Platz, vor Ärzten und Immobilienmaklern,<br />
aber hinter der Computerindustrie,<br />
Restaurants, Lehrern und Juristen. Die<br />
Finanzkrise und die Protestbewegung<br />
Occupy Wall Street haben dieses schlechte<br />
Image der Großbanken noch zemen-
tiert, wie Dennis Jacobe, der Chefökonom<br />
bei Gallup meint. „Der Prozentsatz der<br />
Amerikaner, die sehr viel oder ziemlich<br />
viel Vertrauen in die Banken haben, ist<br />
auf ein Rekordtief von 15 Prozent gefallen“,<br />
sagt Jacobe, „das ist noch unter den<br />
22 Prozent während der Finanzkrise<br />
Mitte 2009“.<br />
Dagegen ist der Prozentsatz der Amerikaner,<br />
die sehr wenig oder gar kein Vertrauen<br />
in die Banken haben bei einem<br />
Redkordhoch von 42 Prozent angekommen.<br />
Für kleine Banken in den USA –<br />
Community Banks, Genossenschaften<br />
und Sparkassen – bedeutet das verstärkten<br />
Rückenwind. Denn der Ver-<br />
trauensverlust und die Wut gegen<br />
die Wall Street richtet sich<br />
auf große Banken. Kleine Kooperativen<br />
wie die Boeing Credit<br />
Union in Seattle erleben als Folge<br />
dieser Vertrauenskrise lange<br />
nicht gesehene Zuwächse bei<br />
der Mitgliederzahl. Dabei registriert<br />
die Boeing Emloyees´ Credit<br />
Union auch so schon einen<br />
Aufschwung.<br />
Denn der Flugzeughersteller,<br />
dessen Namen die Kooperative<br />
trägt, sitzt nach mehreren<br />
Großbestellungen auf einem<br />
riesigen Auftragsbestand von<br />
3500 Verkehrsflugzeugen. Das<br />
heißt: Die Produktion muss in<br />
den drei kommenden Jahren<br />
um 60 Prozent gesteigert werden. Das<br />
sind 300 zusätzliche Jets, die jedes Jahr<br />
aus den Farbikhallen im Stadtteil Everett<br />
rollen müssen. Im Klartext: Tausende<br />
neuer Jobs – und damit viele neue Mitglieder<br />
für die Kreditkooperative.<br />
Unmut über Wall-Street-Eskapaden<br />
Doch nicht nur das lässt die Manager<br />
der Genossenschaftsbank von Boeing<br />
frohlocken. Der andere Treiber ist der<br />
wachsende Unmut der 320 Mio. Amerikaner<br />
über die Großbanken an der Wall<br />
Street. Im Jahr 2011 hat sich in den USA<br />
der wachsende gesellschaftliche Unmut<br />
über Fehlentwicklungen im Finanzsystem<br />
immer öfter Bahn gebrochen. Erst<br />
die Protestbewegung Occupy Wall Street,<br />
dann Online-Kampagnen aufgebrachter<br />
Kunden, kanalisierten die Wut über die<br />
Eskapaden der Banken. Kleineren Kreditkooperativen,<br />
vergleichbar mit den deutschen<br />
Volksbanken, bescherte der zunehmende<br />
Verbraucher-Aktivismus dagegen<br />
Zuwächse und ein neues Rekordjahr.<br />
Sichtbarer Höhepunkt dieser Entwicklung<br />
war am 5. November der sogenannte<br />
„Bank Transfer Day“. Bankkunden wurden<br />
im Internet aufgerufen, ihre Konten<br />
von großen Banken abzuziehen und neu<br />
bei einer der landesweit 7240 Genossenschaftsbanken<br />
zu eröffnen. Folge der<br />
Kampagne: Allein im dritten Quartal gewannen<br />
die Kooperativen 450.000 Mitglieder<br />
hinzu. Allein die Kreditgenossen<br />
„Die Konsumenten<br />
wachen auf<br />
und sehen,<br />
dass sie<br />
Optionen<br />
haben.“<br />
Kristen Christian,<br />
US-Organisatorin<br />
des Bank Transfer<br />
Day im November<br />
2011<br />
in New York registrierten 39.000 neue<br />
Konten. Die größte Kreditkooperative der<br />
USA, die Navy Federal Credit Union, verzeichnete<br />
im Sepetember und Oktober<br />
38 Prozent mehr Kontoeröffnungen als<br />
im selben Zeitraum des Vorjahres. Den<br />
zündenden Funken dürfte die Bank of<br />
America geliefert haben. Das Wall Street-<br />
Geldhaus wollte im Herbst eine Kontoführungsgebühr<br />
von fünf Dollar pro Monat<br />
einführen. Ein Sturm der Entrüstung<br />
brach los. Die Bank musste einen peinlichen<br />
Rückzieher machen.<br />
Dieser Erfolg für die Kunden hat offenbar<br />
die Bereitschaft zu weiteren<br />
Protesten geweckt. Amerikas<br />
Konsumenten wurden 2011<br />
aber auch durch Erfolge auf<br />
der politischen Bühne zu kritischerem<br />
Umgang mit ihren<br />
Gelddienstleistern angespornt.<br />
In Illinois und Wisconsin erzieltenUnterschriftensammlungen<br />
zur Abwahl des jeweiligen<br />
Governeurs beachtliche<br />
Erfolge. In Wisconsin wurden<br />
vor Weihnachten weit über die<br />
Hälfte der 540.000 nötigen Unterschriften<br />
gegen Gouverneur<br />
Scott Walker gesammelt. Viele<br />
Bürger wollen ihn aus dem<br />
Amt entfernen, weil er den Beamten<br />
in dem Bundesstaat das<br />
Recht auf Tarifverhandlungen<br />
entzog.<br />
Die wachsende Agitation der Konsumenten<br />
bekam zwischen Weihnachten<br />
und Neujahr auch der TV-, Internet- und<br />
Telefondienstleister Verizon zu spüren.<br />
Die Einführung einer einmaligen monatlichen<br />
Kreditkartengebühr ab dem<br />
15. Januar für Telefon- oder Onlineüberweisungen<br />
führte in Internetforen zu wütenden<br />
Petitionen und auf Webseiten wie<br />
Twitter zu einem solchen Proteststurm,<br />
dass Verizon umgehend einen Rückzieher<br />
machen musste.<br />
„Die Konsumenten wachen auf und<br />
sehen, dass sie Optionen haben“, sagt<br />
Kristen Christian, die Organisatorin des<br />
Bank Transfer Day im November. Das bestätigen<br />
Meinungsumfragen wie die von<br />
Intuit Financial Services, wonach 36 Prozent<br />
der amerikanischen Bankkunden<br />
zum Wechsel der Bank bereit sind oder<br />
einen Wechsel planen. Umfragen wie die<br />
des Meinungsforschers Gallup belegen<br />
für die Großbanken indes eine Vertrauens-<br />
und Imagekrise. Demnach fühlen<br />
sich Mitglieder von Kreditkooperativen<br />
mit 72 Prozent drei Mal so häufig von<br />
ihrer Bank wertgeschätzt, wie Kunden<br />
der Bank of America mit 24 Prozent.<br />
Führende PR-Firmen wie Edelman in<br />
den USA beobachten den wachsenden<br />
Wunsch von Verbrauchern, dass ihre<br />
Dienstleister soziale Verantwortung auf<br />
eine Ebene mit Renditezielen stellen. Das<br />
sogenannte „Trust Barometer“ von Edelman<br />
beschenigt US-Firmen für 2011 aus<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
PERSPEKTIVEN 39<br />
der Sicht ihrer Kunden einen Vertrauensrückgang<br />
von acht Indexpunkten, nur<br />
noch knapp über dem Wert russischer<br />
Firmen. Nicht wenige Verbraucherexperten<br />
sagen daher für 2012 mehr Kampagnen<br />
unzufriedener Kunden voraus In<br />
den USA bedeutet das für die Credit Unions<br />
einen klaren Vorteil: Über drei Viertel<br />
der Kreditkooperativen bieten kostenlose<br />
Girokonten an, aber nur 45 Prozent der<br />
Großbanken. Hinzu kommen oft niedrigere<br />
Kreditzinsen und eine leichtere<br />
Kreditverfügbarkeit, weil die Angestellten<br />
am Bankschalter bei den kleineren<br />
Instituten ihre Kundschaft oft besser<br />
kennen, wie der Analyst Greg McBride bei<br />
Bankrate.com versichert.<br />
Große Banken kümmert das kaum<br />
Noch macht das den großen Banken<br />
wenig Sorgen. Die Credit Unions zählen<br />
in den USA lediglich 14.000 Niederlassungen<br />
gegenüber 82.000 Filialen von<br />
Geschäftsbanken. Mehr noch: Kunden,<br />
die zu kleineren Banken wechseln, sind<br />
für die großen Institute oft unprofitabel,<br />
weil sie geringere Einlagen haben und<br />
weniger Dienstleistungen in Anspruch<br />
nehmen. Große Banken haben oft auch<br />
mehr Kosten. Moebs Services, ein auf<br />
Banken spezialisiertes Researchunternehmen<br />
in Lake Bluff, Illinois, schätzt<br />
die Kosten einer großen Bank für ein<br />
Girokonto auf 350 bis 450 Dollar im Jahr,<br />
gegenüber 175 bis 250 Dollar bei Volksbanken<br />
und Sparkassen. �
40<br />
PERSPEKTIVEN<br />
INVESTORENLAND CHINA<br />
Auf Schnäppchenjagd<br />
China hat Geld und der Westen die Trophäen. Nach zahlreichen Rohstoffdeals legt sich das Land<br />
nun, unterstützt von Milliarden an Währungsreserven, eine Sammlung von Prestigeunternehmen<br />
zu. Die weltwirtschaftlichen Erschütterungen bieten den Asiaten Kaufgelegenheiten wie noch nie.<br />
� VON TITUS KRODER<br />
Wollte ein patriotisch gesinnter Chinese<br />
ausschließlich „Made in China“<br />
kaufen, könnte er sich auf seiner<br />
italienischen Superjacht sonnen, dabei<br />
britische Teekekse knabbern und mit<br />
französischem Rotwein nachspülen. Er<br />
könnte sein deutsches Medion-Laptop<br />
aufklappen und Aktien bei seinem britischen<br />
Broker ordern.<br />
Denn China kauft ganz groß ein, diesmal<br />
bevorzugt im krisengeplagten Europa,<br />
wo die Unternehmenswerte gemessen an<br />
den erzielten Gewinnen so niedrig sind<br />
wie lange nicht mehr. Westliche Rivalen<br />
der Chinesen zucken angesichts der<br />
momentanen Risiken vor Übernahmen<br />
zurück. Chinas Vize-Handelsminister Fu<br />
Ziying sprach sarkastisch vom „größten<br />
Räumungsverkauf der Weltgeschichte“,<br />
dem sich seine reich gewordenen Landsleute<br />
derzeit hingeben können.<br />
Wohl kaum ein Deal macht Pragmatismus,<br />
wirtschaftliches Selbstbewusstsein<br />
und kapitalistische Schlagkraft der aufstrebenden<br />
Volkswirtschaft deutlicher<br />
als der Kauf des italienischen Werftkonzerns<br />
Ferretti Group durch den chinesischen<br />
Staatskonzern Shangdong Heavy<br />
Industries für 500 Mio. Dollar im Januar.<br />
Der exklusive italienische Schiffsbauer<br />
aus Forli fertigt die edelsten Statussymbole<br />
der Meere und hängt an seine Top-<br />
Modelle sechsstellige Preisschilder. Doch<br />
hat Ferretti derzeit auch ein drückendes<br />
und für Europa typisches Problem: zu<br />
hohe Schulden. Die Chinesen haben das<br />
nötige Kleingeld, eine lange und schöne<br />
Küste sowie zahllose millionenschwere<br />
Motorjachtfans. Zudem spielen die Italiener<br />
in einem schnell expandierenden<br />
Nischenmarkt, den kein großer Rivale so<br />
schnell angreifen kann.<br />
Ökonomische Raffinesse nimmt zu<br />
Im Fall Ferretti gehen Prestige und strategische<br />
Logik damit Hand in Hand. Denn<br />
chinesische Investoren haben es beim<br />
Einkaufstrip im Westen keineswegs mehr<br />
nur auf vordergründige Statussymbole<br />
abgesehen. Vor allem sollen die Zukäufe<br />
langfristig überleben, nutzbares Managementwissen<br />
abwerfen und Zugang zu<br />
Hochtechnologie und lokalen Kunden<br />
bringen. Denn ähnlich wie die Japaner<br />
China entdeckt den ökonomischen Wert von Luxusherstellern für sich: Ein chinesischer<br />
Staatsbetrieb kaufte im Januar den italienischen Werftkonzern Feretti Group. FOTO: DPA<br />
einst ihre Autowerke in die EU verlegten,<br />
um Zollschranken zu überwinden, will<br />
China nicht mehr nur der wichtigste<br />
Zulieferer Europas sein, sondern dort<br />
auch immer mehr vor Ort produzieren.<br />
„Frühere Zukäufe folgten eher einer politischen<br />
Strategie. Doch die jüngste Serie<br />
an Übernahmen lässt auf wachsende<br />
wirtschaftliche Raffinesse der<br />
Käufer schließen“, urteilt etwa<br />
eine Analyse der Universität<br />
Cambridge.<br />
Über den heimischen Wirtschaftsboom<br />
häuft China Währungsreserven<br />
an, die mit 3000<br />
Mrd. Dollar die finanzielle Kraft<br />
jedes anderen Schwellenlands<br />
in den Schatten stellen. Rein<br />
rechnerisch würde die Summe<br />
reichen, um die 30 wertvollsten<br />
Konzerne des Westens – darunter<br />
Apple oder Exxon – auf<br />
einen Schlag zu erwerben. Bei<br />
soviel Manövriermasse muss<br />
sich das bekannte Bild wandeln:<br />
Seit Jahren zieht China<br />
schon wegen seiner aufnahmestarken<br />
Konsummärkte die<br />
meisten Direktinvestitionen<br />
ausländischer Konzerne an. Doch die<br />
immer ambitioniertere Einkaufstour im<br />
Ausland hat China mittlerweile zu einem<br />
Kapitalexporteur von zuletzt 70 Mrd. Dollar<br />
werden lassen – eine Summe, die sich<br />
nach Schätzung der Bank HSBC in den<br />
nächs ten drei Jahren verdoppeln dürfte.<br />
Zum Vergleich: Noch im Jahr 2003 investierte<br />
Peking nicht einmal drei Mrd. Dollar<br />
außerhalb seiner Grenzen.<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
„Die jüngste<br />
Serie an<br />
Übernahmen<br />
lässt auf<br />
wachsende<br />
ökonomische<br />
Raffinesse<br />
der Käufer<br />
schließen.“<br />
Aus einer Analyse<br />
der Universität<br />
Cambridge zu<br />
Chinas<br />
Kaufverhalten<br />
Doch auch die neue Pekinger Wirtschaftsdoktrin<br />
spielt eine Rolle. Nachdem<br />
erstmals der frühere Staatschef<br />
Jiang Zemin das Motto „Going global“<br />
in den Fünfjahresplan seines Landes<br />
schrieb, wurde der Appell sukzessive verfeinert.<br />
Übernahmen sollen nicht mehr<br />
nur die Versorgung des Landes mit Roh-<br />
stoffen aller Art sichern oder<br />
auf neue Agrarflächen für das<br />
Milliardenvolk abzielen. Beim<br />
Einkauf im Ausland, so die<br />
neue Stoßrichtung, sei künftig<br />
auf Qualität und zugkräftige<br />
Marken achten.<br />
Denn China will selbst vom<br />
Status der Niedriglohnwerkstatt<br />
in den Rang der Markengroßmacht<br />
aufsteigen. Und<br />
dieser Sprung kann mit etablierten<br />
Marken schneller gelingen.<br />
Der chinesische Konzern<br />
Lenovo hatte das Markenimage<br />
noch selbst aufbauen müssen.<br />
2004 erstand Lenovo das<br />
PC-Geschäft des US-Technologiekonzerns<br />
IBM für 1,75 Mrd.<br />
Dollar. Als Gründung des ehemaligen<br />
IBM-Mannes Liu Chuanzhi<br />
hat das Unternehmen über Jahre<br />
hinweg und mit erheblichen Summen<br />
die verblassten IBM-Marken aufbürsten<br />
müssen. Doch immerhin ist man heute<br />
ganz vorne im PC-Geschäft und lässt etwa<br />
Rivalen wie Dell oder Acer beim Wachstum<br />
hinter sich.<br />
Noch deutlich schneller soll der Erfolg<br />
bei Volvo kommen, wo der chinesische<br />
Fahrzeugkonzern Geely letztes Jahr für
1,3 Mrd. Dollar eingestiegen ist. Werke,<br />
wie das in Gothenburg sollen bis 2020<br />
wieder knapp eine Mio. Limousinen pro<br />
Jahr fertigen. Es ist der erste Einstieg der<br />
Chinesen bei einem westlichen Automobilkonzern<br />
von Rang. Stellen sie es richtig<br />
an, kann der Plan aufgehen, sagen Experten.<br />
Ähnlich wie beim italienischen Werftjuwel<br />
Ferretti, soll die Marke weiterhin in<br />
Schweden heimisch bleiben. „Die Firma<br />
ist ein Tiger. Der gehört in den Dschungel<br />
und nicht in den Zoo“, formulierte<br />
Geely-Chef Li Shufu bei Abschluss der<br />
Verträge. Will sagen: Volvo wird weiter<br />
von erfahrenen Automanagern des Westens<br />
gesteuert. Pate dürfte der Erfolg der<br />
indischen Tata-Gruppe sein, die sich die<br />
Automarken Jaguar und Land Rover sicherte<br />
und bislang erfolgreich vom deutschen<br />
Autoveteranen Carl-Peter Forster<br />
führen ließ.<br />
Auf dem Weg zur Markengroßmacht<br />
Chinesische Investoren finden unterdessen<br />
Gefallen an immer neuen Branchen.<br />
Seit die Lebensmittelgruppe Longhai für<br />
geschätzte fünf Mio. Dollar kürzlich beim<br />
Chateau Latour Laguens eingestiegen ist,<br />
wo rund 160.000 Flaschen besten Bordeaux-Weins<br />
pro Jahr abgefüllt werden,<br />
hagelt es zwar kritische Kommentare in<br />
der französischen Presse, doch wurden<br />
seither viele chinesische Delegationen<br />
in der berühmten Weingegend gesichtet.<br />
Schließlich hat das asiatische Land selbst<br />
einiges vor im Weinbau. Der Technologie-<br />
Transfer von der Gironde ist da nicht<br />
ganz fehl am Platz.<br />
Selbstbewusst bieten die Chinesen<br />
inzwischen auch bei großen Privatisierungen<br />
in Europa mit. Erst im Dezember<br />
hatte Portugal seinen Anteil am Energiekonzern<br />
EDP zum Verkauf gestellt, um<br />
die Auflagen seines EU-Rettungspakets<br />
erfüllen zu können. Zunächst hatte sich<br />
der deutsche Eon-Konzern als Bieter in<br />
die Favoritenrolle bringen können. Doch<br />
dann kam der chinesische Stromkonzern<br />
Three Gorges Corp. und fegte die Deutschen<br />
mit einer 3,5 Mrd. Dollar teuren<br />
Offerte vom Platz. In Europa könnten weitere<br />
bekannte und für die Chinesen strategisch<br />
lohnenswerte Großkonzerne ins<br />
Fadenkreuz geraten. Etwa der spanische<br />
Ex-Telefonmonopolist Telefonica könnte<br />
wegen seiner umfangreichen Tochterfirmen<br />
in Lateinamerika gut zu China<br />
Mobile passen.<br />
Selbst strategische Durchhänger weitaus<br />
prominenterer Unternehmen, die<br />
kaum etwas mit der Finanzkrise zu tun<br />
haben, könnten die Chinesen in diesem<br />
Jahr nutzen. So sei es nicht ausgeschlossen,<br />
dass man sich in Peking auch eine<br />
Übernahme des derzeit unter großen Innovationsproblemen<br />
leidenden Handymarktführer<br />
Nokia zutrauen würde,<br />
dessen Börsenwert sich im vergangenen<br />
Jahr halbiert hat. Aus ähnlichen Grün-<br />
den wird auch der kanadische Smartphone-Spezialist<br />
Research in Motion<br />
(RIM), der das E-Mail-Gerät „Blackberry“<br />
herstellt – als mögliches Übernahmeziel<br />
gesehen.<br />
Um nicht zu einseitig auf westliche Industrieunternehmen<br />
zu setzen, mischen<br />
Chinesen momentan auch im Finanzgeschäft<br />
kräftig mit. So bereitet sich die<br />
Bank of China derzeit auf das Aktienhandelsgeschäft<br />
der Royal Bank of Scotland<br />
vor, die nach Fehlspekulationen während<br />
der Finanzkrise den Geschäftszweig verkaufen<br />
musste.<br />
Vor der Kreditkrise war es noch umgekehrt:<br />
Den stolzen Schotten gehörten<br />
bereits 20 Prozent des nun bietenden<br />
chinesischen Bankkonzerns. Beim Konkurrenten<br />
Credit Agricole wurden bereits<br />
Nägel mit Köpfen gemacht. Dort steigt<br />
der chinesische Broker CITIC für knapp<br />
400 Mio. Dollar bei der Investmentbank<br />
der Franzosen ein, ein wegweisender<br />
Deal, entsteht dabei doch die erste Welt-<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
PERSPEKTIVEN 41<br />
marke der Finanzbranche unter chinesischer<br />
Ägide.<br />
Das nächste Ziel steht schon fest<br />
Und schließlich diskutieren Fusionsberater<br />
noch ein weiteres Szenario: Danach<br />
könnte der britische Bankkonzern Standard<br />
Chartered bald vom chinesischen<br />
Finanzriesen ICBC geschluckt werden.<br />
Die Briten sind unbeschadet durch die<br />
Finanzkrise gekommen und verfügen<br />
über einen starken Stand im Asien-Pazifikraum<br />
und in Afrika<br />
Der Chefökonom von Standard Chartered,<br />
Gerard Lyons, traut der Einkaufsoffensive<br />
von „China Inc.“ noch einiges<br />
zu. Denn noch kann Peking nicht in<br />
heimischer Währung international einkaufen.<br />
„Das abgelaufene Jahrzehnt<br />
hatte das Motto ,in China gemacht‘. Das<br />
momentane läuft unter ,gehört China‘.<br />
Und das nächste wird ,mit Yuan bezahlt‘<br />
überschrieben sein“, hieß es kürzlich auf<br />
einer Konferenz. �<br />
China investiert in Deutschland – und umgekehrt<br />
Noch überwiegen die deutschen Direktinvestitionen<br />
in China die der Chinesen hierzulande<br />
bei Weitem, wie die Grafik zeigt. Die Werte<br />
ergeben sich aus der Bilanz aus Kapitalimporten<br />
und exporten. In Deutschland ist es bisher<br />
zwar noch nicht zum ganz großen Deal chinesischer<br />
Investoren gekommen, aber immerhin<br />
entfällt etwa die Hälfte chinesischer Auslandsinvestitionen<br />
in Europa auf Deutschland.<br />
Bisher unterhalten chinesische Unternehmen<br />
überwiegend nur eigene Vertriebstöchter oder<br />
kleinere Produktionsstandorte wie etwa den<br />
Baumaschinenhersteller Sany nahe Köln. Doch<br />
der Trend zum Großeinkauf ist unverkennbar.<br />
Laut Zahlen von Pricewaterhouse Coopers haben<br />
bereits 2000 kleine und mittelgroße deutsche<br />
Firmen chinesische Eigentümer. Spektakulär<br />
verlief im vergangenen Jahr der Einstieg<br />
des chinesischen Technologieriesen Lenovo für<br />
630 Mio. Euro beim Computerhersteller Medion,<br />
der vor allem für die Supermarktkette Aldi<br />
produziert. Auch für die GMTochter Opel wird<br />
immer wieder der chinesische Autokonzern<br />
BAIC genannt. GRAFIK: DPA
42<br />
LITERATUR<br />
KONSUMFORSCHUNG<br />
Verbraucher<br />
produzieren mit<br />
Ein Buch riskiert einen Blick in die Zukunft des<br />
Konsumverhaltens. Zwar macht das Internet<br />
Verbraucher klüger, rationale Entscheidungen<br />
werden aber dennoch immer seltener.<br />
� VON MIRKO HEINEMANN<br />
Das Verhalten der Verbraucher<br />
verändert sich rasch.<br />
Vor allem die neuen Möglichkeiten<br />
des Internets, Produkte<br />
zu vergleichen oder zu bewerten,<br />
sich über Social-Media-<br />
Portale auszutauschen oder<br />
Handelsplattformen zu nutzen,<br />
flexibilisieren das Kon-<br />
Verbraucherintelligenz<br />
Kunden in der<br />
Welt von morgen.<br />
Michael Freytag<br />
(Hrsg.) Frankfurter<br />
Allgemeine Buch,<br />
2012, 289 Seiten,<br />
29,90 Euro<br />
sumverhalten und steigern<br />
die „Verbraucherintelligenz“.<br />
Anbieter müssen darauf<br />
rea gieren und neue Kompetenzen<br />
entwickeln.<br />
Im Sammelband „Verbraucherintelligenz“<br />
widmen sich<br />
insgesamt zwanzig Beiträge<br />
der Frage, welche Mechanismen<br />
die Verbraucherwelt<br />
verändern und welche Entwicklungen<br />
zu erwarten sind.<br />
Wissenschaftler und Experten<br />
aus der Marktforschung,<br />
aus Psychologie, Medien und<br />
Wirtschaft kommen zu Wort.<br />
Herausgeber des Buchs ist<br />
Schufa-Vorstand Michael<br />
Freytag. So erfährt man, dass<br />
trotz der steigenden Anzahl<br />
von Ratenkrediten die Rückzahlungsquote<br />
unverändert<br />
bei 97,5 Prozent liegt. Das sei<br />
auch ein Verdienst der Schufa.<br />
Umgekehrt informierten<br />
sich immer mehr Kunden bei<br />
der „Schutzgemeinschaft für<br />
allgemeine Kreditsicherung“<br />
über die Bonität von Firmen,<br />
etwa beim Hausbau, heißt<br />
es. Im dritten Teil des Sammelbands<br />
geht es um Financial<br />
Behaviour, Märkte und<br />
Altersvorsorge. Wachsende<br />
Marktransparenz und ein<br />
guter Service auf Angebotsseite<br />
werden demnach immer<br />
stärker das Kundenverhalten<br />
prägen.<br />
Emotionen prägen Märkte<br />
Dennoch werde Verbraucherschutz<br />
mitnichten überflüssig,<br />
denn nach wie vor gebe es<br />
„Informationsasymmetrien“.<br />
Rationale Entscheidungen<br />
seien für Verbraucher wegen<br />
der Informationsflut kaum<br />
mehr zu treffen. Stattdessen<br />
werden Emotionen das Marktgeschehen<br />
beeinflussen. Insofern<br />
werde auch der Imagewert<br />
und die Glaubwürdigkeit<br />
von Marken immer bedeutsamer.<br />
Wie etliche Beiträge darlegen,<br />
werde der Verbraucher<br />
über das Web 2.0 in immer<br />
mehr klassische Produzententätigkeiten<br />
einbezogen –<br />
von der Produktentwicklung<br />
bis zum Vertrieb. Der Wettlauf<br />
zwischen Anbietern und<br />
Verbrauchern sei in vollem<br />
Gange.<br />
Zu Recht wird daher im<br />
Buch immer wieder darauf<br />
hingewiesen, dass sich Unternehmen<br />
vermehrt um Kommunikation<br />
und Informationsvermittlung<br />
– nicht nur<br />
in den elektronischen Medien<br />
– kümmern müssen, wenn sie<br />
die Verbraucher erreichen<br />
wollen. Transparenz werde<br />
immer öfters eingefordert. In<br />
der Tat: Auch in diesem Buch<br />
wären Angaben zur zitierten<br />
oder ausgewerteten Literatur<br />
ein schöner Transparenzbeitrag<br />
gewesen.<br />
�<br />
S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />
Konsumenten wollen mitmischen, im Internet und anderswo. Die<br />
Grenzen zwischen Produzent und Verbraucher verwischen.<br />
FOTO: DPA, PRIVAT<br />
„Kunden informieren und vernetzen sich“ –<br />
Fragen an Herausgeber Michael Freytag<br />
SPARKASSE: Herr Freytag,<br />
worin äußert sich die zunehmendeVerbraucherintelligenz?<br />
Michael Freytag: Führende<br />
Experten aus verschiedenen<br />
Disziplinen stellen fest, dass<br />
das Verbraucherverhalten<br />
sich deutlich geändert hat.<br />
Verbraucher informieren<br />
sich stärker über das Internet,<br />
sie vergleichen und<br />
vernetzen sich in Foren<br />
zum Erfahrungsaustausch.<br />
Es ist eine neue Form von<br />
Verbraucherintelligenz, die<br />
sich ausbildet. Dies stellt<br />
neue Anforderungen an<br />
Unternehmen, bietet ihnen<br />
aber gleichzeitig auch neue<br />
Chancen, Kunden zu binden<br />
und Neukunden zu gewinnen.<br />
Wird die Grenze zwischen Verbrauchern<br />
und Produzenten<br />
durchlässig?<br />
Freytag: Die Erkenntnis,<br />
dass Verbraucher nicht<br />
nur konsumieren, sondern<br />
ihrer seits produzieren, spiegelt<br />
sich zunehmend in<br />
der wirtschaftswissenschaftlichen<br />
Forschung, aber<br />
auch in den Strategien<br />
von Unternehmen und in<br />
neuen Ansätzen des Verbraucherschutzes.<br />
Beispiele<br />
dafür sind Zeitungsleser,<br />
die sich gelegentlich als<br />
Reporter und Fotograf für<br />
„ihre“ Zeitung betätigen.<br />
Eine Reihe deutscher Tageszeitungen<br />
räumen ihren<br />
Lesern mittlerweile redak-<br />
tionellen Raum ein, um Bilder<br />
und Texte zu veröffentlichen.<br />
Ein weiteres Beispiel<br />
ist die noch neue Form des<br />
Verbraucherehrenamts: der<br />
Kundenbeirat. Durch einen<br />
institutionalisierten Dialog<br />
helfen Verbraucher dabei,<br />
Dienstleistungen und Produkte<br />
nach eigenen Anforderungen<br />
mitzugestalten.<br />
Welche neuen Zielgruppen<br />
werden entstehen?<br />
Freytag: Aufgrund der demographischenEntwicklung<br />
wird die Altersgruppe<br />
60 plus an Bedeutung gewinnen.<br />
Diese Gruppe der<br />
„Silver Ager“ entwickelt sich<br />
zu einer besonders interessanten,<br />
internetaffinen Konsumentengruppe,<br />
auf deren<br />
Bedürfnisse viele Unternehmen<br />
in Zukunft stärker eingehen<br />
werden.<br />
Die Altersgruppe 60 plus<br />
gewinnt an Bedeutung, sagt<br />
Schufa-Vorstand und Buchherausgeber<br />
Michael Freytag.
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