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STUFE FÜR STUFE - Sparkassenzeitung

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M A N A G E R M A G A Z I N D E R S P A R K A S S E N - F I N A N Z G R U P P E<br />

Risiken in<br />

Körbe packen<br />

Pooling von Krediten<br />

im Verbund erweitert<br />

Möglichkeiten<br />

Ausweichen<br />

gilt nicht<br />

So verteidigen Institute<br />

ihre Marktanteile im<br />

Wertpapiergeschäft<br />

Abstimmung<br />

mit den Füßen<br />

Den US-Großbanken laufen<br />

die Kunden davon<br />

<strong>STUFE</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>STUFE</strong><br />

Wie Ulrike Brouzi, erstes weibliches Vorstandsmitglied<br />

der Nord/LB, die Prozesse der Landesbank gestaltet<br />

ZKZ 6374 Sparkasse<br />

129. JAHRGANG – NUMMER 2 F E B R U A R 2 0 1 2


Rechtsfragen beim Todesfall –<br />

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GESCHÄFTSMODELLE<br />

Liebe Leserinnen<br />

und Leser<br />

Die Nord/LB ist der größte niedersächischeEinzel-Agrarfinanzierer,<br />

und jedes dritte Schwein in<br />

Deutschland ist ein Niedersache.“<br />

Mit klaren Worten entkräftete der<br />

niedersächsische Finanzminister<br />

H a r t m u t M ö l l r i n g a u f e i n e r<br />

„Handelsblatt“-Konferenz in Berlin<br />

ein vielfach verbreitetes Vorurteil<br />

über „die“ Landesbanken. Dem zufolge<br />

beackern die Institute<br />

kaum bodenständige Geschäftsfelder,<br />

sondern tummeln<br />

sich bevorzugt in exot<br />

i s c h e n G e f i l d e n . D e r<br />

Mangel an soliden Aufgaben<br />

und Geschäftsmodellen<br />

habe die Institute sogar<br />

gezwungen, besonders riskante<br />

Aktivitäten einzugehen,<br />

die sie selbst nicht<br />

durchschauten.<br />

Auf die Nord/LB träfen solche<br />

Pauschalaussagen selbst<br />

dann nicht zu, wenn es auf<br />

den ersten Blick so aussehen möge,<br />

verdeutlichte Möllring weiter. So sei<br />

die Finanzierung von Flugzeugen keinesfalls<br />

ein Zeichen dafür, dass die<br />

Landesbank „abgehoben“ sei, immerhin<br />

ist der EADS-Konzern gleich mit<br />

mehreren Werken in Niedersachen<br />

aktiv. Und auch die Schiffsfinanzierung<br />

sei regional geboten: 350 mittelständische<br />

Reedereibetriebe gebe es<br />

in der Region.<br />

Nord/LB-Vorstandsfrau Ulrike Brouzi<br />

untermauert derlei Aussagen. Die<br />

Landesbank sei mit einem Portfolio<br />

von mehr als 17,5 Mrd. Euro weltweit<br />

einer der größten Schiffs- und Flugzeugfinanzierer,<br />

sagt das erste weibliche<br />

Vorstandsmitglied der Nord/LB<br />

im SPARKASSE-Interview. Die Bank<br />

feile sogar an branchenspezifischen<br />

Produkten wie Pfandbriefen für Flug-<br />

Oliver Fischer<br />

EDITORIAL<br />

3<br />

zeugkredite. Ein solches Engagement<br />

ergebe sich aber eben aus dem bewährten<br />

Geschäftsmodell, das vor<br />

allem die Arbeit für Unternehmen im<br />

Geschäftsgebiet vorsehe. „Die unveränderte<br />

Stärke der Nord/BL ist und<br />

bleibt ihre regionale Verankerung“,<br />

so Brouzi. (Lesen Sie ab Seite 12.)<br />

Natürlich haben sich bei einigen<br />

Landesbanken in der Krise gravierende<br />

Schwächen der Geschäftsmodelle<br />

gezeigt, allerdings<br />

haben die Institute<br />

und ihre Eigner bereits tiefgreifende<br />

Korrekturen vorgenommen.<br />

So wurden die<br />

risikogewichteten Aktiva der<br />

Landesbanken um knapp<br />

ein Drittel gesenkt, wie DS-<br />

GV-Präsident Heinrich Haasis<br />

in Berlin erklärte. Dabei<br />

habe es sich um krisenanfällige<br />

Geschäftsfelder gehandelt.<br />

Das Unternehmenskred<br />

i t g e s c h ä f t b l i e b<br />

weitgehend erhalten.<br />

Immerhin stellen die Landesbanken<br />

fast ein Fünftel der Unternehmenskredite<br />

in Deutschland. Ein solcher<br />

Marktanteil ist Indikator für solides<br />

Wirtschaften. Er zeigt auch, dass die<br />

deutsche Volkswirtschaft auf stabile<br />

Landesbanken angewiesen ist.<br />

Oliver Fischer,<br />

Chefredakteur SPARKASSE<br />

Managermagazin<br />

der Sparkassen-Finanzgruppe<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

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4<br />

KOMMENTAR<br />

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SPARKASSE er scheint monatlich.<br />

Bezugspreis: 145 Euro (inkl. Versand<br />

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im Jahresabonnement (Inland).<br />

135,51 Euro (inkl. Versand ohne<br />

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(Ausland). Der Betrag wird jährlich<br />

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jeweils im 1. Quartal im Vor aus.<br />

Einzelverkaufspreis: 13,60 Euro<br />

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Info: 07 11 7 82­12 52<br />

www.sparkassenzeitung.de/cgibin/formulare/form/fz_spk<br />

Herausgeber: Deutscher<br />

Sparkas sen­ und Giroverband<br />

e. V., Berlin.<br />

Chefredakteur: Oliver Fischer<br />

Redakteur:<br />

Dr. Peter­Christoph Becker<br />

Namentlich gekennzeichnete<br />

Beiträge geben die Meinung des<br />

Autors wieder, nicht unbedingt<br />

die der Redaktion oder des<br />

Herausgebers.<br />

Titelfoto:<br />

Marc Darchinger<br />

Anschrift der Redaktion:<br />

Deutscher Sparkassen­ und Giroverband<br />

e. V., Postfach 110180,<br />

10831 Berlin; Charlottenstr. 47,<br />

10117 Berlin,<br />

Telefon +49 30 2 02 25­51 53<br />

Telefax +49 30 2 02 25­51 52,<br />

E­Mail: sparkasse@dsgv.de<br />

www.sparkasse­magazin.de<br />

Satz und Repro:<br />

Brandenburgische Universitätsdruckerei<br />

und Verlagsgesellschaft<br />

Potsdam mbH, Golm<br />

Druck und Weiterverarbeitung:<br />

M. P. Media Print Informationstechnologie<br />

GmbH, Paderborn<br />

Verlag:<br />

Deutscher Sparkassen Verlag<br />

GmbH, Am Wallgraben 115,<br />

70565 Stuttgart,<br />

Telefon + 49 7 11 7 82­0,<br />

Telefax +49 7 11 7 82­16 35 .<br />

Objektleitung:<br />

Gerhard Baumgartl<br />

Herstellung: Deborah Forbrich<br />

Vertrieb:<br />

Lothar Barthel<br />

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Lothar.Barthel@dsv­gruppe.de<br />

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Telefax: +49 7 11 2 38 86­25<br />

Produkt- und Imageanzeigen aus<br />

der Sparkassen-Finanzgruppe:<br />

Anneli Baumann,<br />

Telefon +49 711 782­1278,<br />

Telefax ­2080,<br />

Gültig ist die Anzeigenpreisliste<br />

Nr. 35 vom 01.01.2012.<br />

Bestellungen und Abbestellungen<br />

ausschließlich beim Deutschen<br />

Sparkassen Verlag. Kündigungsfrist<br />

4 Wochen zum Jahresende.<br />

Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen<br />

Beiträge, Tabellen und<br />

Abbildungen sind urheberrechtlich<br />

geschützt. Jede Verwertung<br />

außerhalb der engen Grenzen<br />

des Urheberrechts gesetzes ist<br />

ohne Zustimmung des Verlags<br />

unzulässig. Dies gilt insbesondere<br />

für Vervielfältigungen, Übersetzungen,<br />

Mikroverfilmungen und<br />

die Einspeicherung und Verarbeitung<br />

in elektronischen Systemen.<br />

Mitglied der Fachgruppe<br />

Fachzeitschriften im<br />

VDZ. Artikelnummer:<br />

328 081 502<br />

KRISENBANKEN<br />

Die Münchhausen-Masche<br />

Die Krise geht in die nächste<br />

Runde: Noch besteht keine<br />

Einigkeit darüber, ob sich der<br />

Euroraum in einer Banken-.<br />

Schulden- oder Währungskrise<br />

befindet. Die Anzeichen mehren<br />

sich allerdings, dass die Finanzinstitute,<br />

die fraglos zu den<br />

Auslösern zählen, inzwischen<br />

auch wieder ein akuter Gefahrenherd<br />

sind. Schon werden<br />

Vorbereitungen für eine erneute<br />

konzertierte Rettungsaktion<br />

im Bankensektor getroffen.<br />

Der zwischenzeitlich beinahe<br />

geräuschlos beerdigte „Sonderfonds<br />

für Finanzmarktstabilisierung“<br />

(SoFFin) erlebt eine<br />

überraschende Wiederauferstehung,<br />

und auf der Medienschiene<br />

treten selbst hochkarätige<br />

Marktliberale für staatliche<br />

Bankenbeteiligungen ein.<br />

Zweifellos haben viele und<br />

nicht nur europäische Banken<br />

vor dem Hintergrund von Basel<br />

III einen erheblichen Bedarf an<br />

zusätzlichem hartem Eigenkapital.<br />

Die Schätzungen der zu<br />

schließenden Lücke belaufen<br />

sich allein in der Eurozone auf<br />

rund 100 Mrd. Euro. Die Zeit<br />

wird knapp, denn geplant ist,<br />

alle Kreditinstitute mit einer<br />

Kernkapitalquote von neun Prozent<br />

auszustatten.<br />

So viel Misstrauen war selten<br />

Im Fokus der deutschen Öffentlichkeit<br />

steht insbesondere die<br />

Commerzbank, die jüngst ihre<br />

Pläne für die Aufstockung ihres<br />

Kapitalpuffers um mehr als<br />

fünf Mrd. Euro vorgestellt hat.<br />

Diese Maßnahmen sind grundsätzlich<br />

zu begrüßen, wurden<br />

von den internationalen Börsen<br />

auch freundlich aufgenommen.<br />

Gleichwohl überzeugen sie<br />

nicht wirklich, stehen sie doch<br />

unter dem Vorbehalt der vollumfänglichen<br />

Realisierbarkeit.<br />

Die erneute Funktionsschwäche<br />

des Interbankenmarktes<br />

offenbart die gegenwärtigen<br />

Ängste selbst hartgesottener<br />

Finanzmarktprofis: Massive<br />

Liquiditätsvolumina werden<br />

beinahe zinslos auf EZB-Konten<br />

gelagert, weil auch kurzfristige<br />

Kredite an fremde Banken als<br />

zu gefährlich eingestuft werden.<br />

Die Branche ist geprägt<br />

durch ein ungewöhnlich hohes<br />

gegenseitiges Misstrauen. Wie<br />

Prof. Horst Gischer, Fakultät für<br />

Wirtschaftswissenschaft,<br />

Universität Magdeburg<br />

in diesem Umfeld die notwendige<br />

Stärkung der Eigenkapitalpositionen<br />

allein über private<br />

Investoren erreicht werden<br />

kann, bleibt in höchstem Maße<br />

unklar. Zum wiederholten Male<br />

droht dem Staat der schwarze<br />

Peter.<br />

Vordergründig erscheint die<br />

Strategie, die betroffenen Kreditinstitute<br />

zu einer Kapitalbeteiligung<br />

des Staates zu verpflichten,<br />

durchaus sinnvoll.<br />

Der Zwang, den Fiskus zum<br />

Miteigentümer zu machen, löst<br />

vor allem das Mengenproblem:<br />

Eine öffentliche Finanzspritze<br />

könnte großzügiger ausfallen,<br />

Zog sich der Lügenbaron<br />

am eigenen<br />

Schopf aus dem<br />

Sumpf, lösen die<br />

Banken ihre Eigenkapitalprobleme<br />

durch weitere<br />

Kreditvergabe an<br />

den Staat als neuem<br />

Miteigentümer.<br />

der dann verfügbare Eigenkapitalmantel<br />

wäre nicht zwingend<br />

auf Kante genäht. In der Folge<br />

käme der Interbankenmarkt<br />

wieder in Gang, weil dank<br />

staatlicher Beteiligungen das<br />

gegenseitige Vertrauen wiederhergestellt<br />

würde. Dem Staat<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

könnten sogar Ertragschancen<br />

entstehen, wenn die vorübergehend<br />

gehaltenen Anteile später<br />

gewinnbringend veräußert werden.<br />

Staatsgeld als Bilanztrick<br />

Den Problemen nähert man<br />

sich mit Blick auf eine typische<br />

Bankbilanz. Eigenkapital<br />

dient, großzügig formuliert,<br />

als Risikopuffer zugunsten der<br />

Fremdkapitalgeber. Die Verluste<br />

entstehen, ebenfalls sehr<br />

vereinfachend ausgedrückt,<br />

durch Werteinbußen von Vermögensgegenständen<br />

auf der<br />

Aktivseite. Einer Erhöhung des<br />

Eigenkapitals steht – ipso facto –<br />

buchungstechnisch eine gleichhohe,<br />

mutmaßlich werthaltige<br />

Vermögensposition gegenüber.<br />

Wenn sich also der Staat<br />

durch Erwerb von Anteilen an<br />

einer Bank beteiligt, worin besteht<br />

dann seine formale Gegenleistung?<br />

Welches Aktivum<br />

wird der Bilanz hinzugefügt?<br />

Bargeld, wie es der Laie nicht<br />

selten vermutet, wird es nicht<br />

sein, andere leicht übertragbare<br />

Aktiva, etwa Bankguthaben, stehen<br />

ebenfalls nicht in erforderlichem<br />

Umfang zur Verfügung.<br />

Ob direkt oder über Notfallfonds<br />

(SoFFin, EFSF oder ESM)<br />

– letztendlich wird das neue Eigenkapital<br />

durch Kreditaufnahme<br />

eines staatlichen Haushalts<br />

finanziert. Aber bei wem nimmt<br />

der Fiskus diese Kredite auf?<br />

Bei näherem Hinsehen sind<br />

die Parallelen zu Münchhausen<br />

frappierend: Zog sich der Lügenbaron<br />

am eigenen Schopfe<br />

aus dem Sumpf, lösen die Banken<br />

ihre Eigenkapitalprobleme<br />

letztendlich durch weitere Kreditvergabe<br />

an den Staat als neuem<br />

Miteigentümer – ein ausgesprochen<br />

kreatives Konzept.<br />

Es steht und fällt freilich mit<br />

der Werthaltigkeit der Forderung<br />

gegen den Steuerstaat, die<br />

im Falle Deutschlands oder des<br />

SoFFin weniger angezweifelt<br />

werden könnte als bei einer Bereitstellung<br />

des Bankeneigenkapitals<br />

durch den EFSF oder<br />

den ESM.<br />

Aber mögliche Probleme dieser<br />

Institutionen lassen sich zu<br />

gegebener Zeit gewiss durch<br />

„staatliche“ Kredite lösen –<br />

Münchhausen überall.<br />


Ausgabe 2<br />

Februar 2012<br />

Kommentar<br />

Kommunalkredite<br />

Prof. Horst Gischer glaubt nicht so<br />

recht an den Münchhausen­Effekt 4<br />

Impressum 4<br />

Nachrichten<br />

Diagnose Mittelstand<br />

Die Krise berührt Firmen kaum, zeigt<br />

die neue DSGV­Studie 6<br />

Förderprogramme<br />

Im Geschäftsfeld erneuerbare<br />

Energien behaupten die Sparkassen<br />

in der Regel ihre Marktführerschaft 8<br />

Rechts-Tipps<br />

Bevor Sparkassen ihre Kunden<br />

kontaktieren, müssen sie künftig<br />

mehr beachten 8<br />

Sepa<br />

Der einheitliche Euro­Zahlungs­<br />

verkehrsraum soll in zwei Jahren<br />

vollständig realisiert sein 10<br />

Finanzgruppe<br />

˘ Nord/LB – Interview<br />

Ulrike Brouzi (Foto) ist das erste<br />

weibliche Vorstandsmitglied der<br />

Nord/LB – Facetten einer Karriere,<br />

die bei der BayernLB begann 12<br />

Organisationsmeisterin:<br />

Nord/LB-Vorstand Ulrike Brouzi<br />

Seite 12<br />

28<br />

INHALT 5<br />

Aufmerksamkeit – treue Kunden können nie genug davon bekommen<br />

Personalentwicklung<br />

Die Sparkasse Nürnberg hat<br />

ein Mentoringprogramm für<br />

Frauen entwickelt 18<br />

Märkte + Kunden<br />

Geschlossene Fonds<br />

Der Umsatz im Sekundärhandel<br />

ist 2011 deutlich gesunken 20<br />

˘ Mittelstand<br />

Pooling­Lösungen können<br />

große Kreditrisiken abfedern 22<br />

Unternehmensporträt<br />

Lars Reeder führt den<br />

Hamburger Maschinenbau­<br />

betrieb Hein & Oetting 24<br />

Beratung<br />

Der Qualitätsmonitor des<br />

DSGV berücksichtigt<br />

Kundenzufriedenheit 27<br />

Kundenbindung<br />

Auch Bestandskunden<br />

brauchen Aufmerksamkeit 28<br />

˘ Wertpapierberatung<br />

Differenzierte Beratung, Schulung<br />

und Prozessgestaltung sollen<br />

aus der Misere führen 30<br />

Private Banking<br />

Verbundpartner beschleunigen<br />

das Geschäft 32<br />

˘ Titelthemen<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

Management<br />

Gironkonto I<br />

Wie sich junge Wilde halten<br />

lassen 34<br />

Girokonto II<br />

Die Sparkasse Lüneburg fährt<br />

gut mit ihrem Mehrwertkonto<br />

GiroPrivileg 36<br />

Perspektiven<br />

Finanzplatz Ungarn<br />

Nach Beschwerden vieler Banken<br />

setzt die Eu­Kommission<br />

Ungarns Regierungschef Orbán<br />

unter Druck 37<br />

˘ US-Bankenmarkt<br />

Viele Kunden wechseln das<br />

Institut – den Markt schert das<br />

bisher nur wenig 38<br />

Investorenland China<br />

Chinesische Staatsbetriebe<br />

kaufen europäische<br />

Luxushersteller 40<br />

Literatur<br />

Konsumforschung<br />

Ein Blick in die Zukunft des<br />

Einkaufens: Das Internet macht<br />

Verbraucher informierter aber<br />

nicht rationaler 42<br />

Mentee Martina Kreller mit Mentor Erwin Veth, beide<br />

Sparkasse Nürnberg Seite 18<br />

FOTOS: MARC DARCHINGER, CORBIS, SPK NÜRNBERG


6<br />

NAMEN & NACHRICHTEN<br />

Personalien<br />

Oliver Klink (44, Foto), ist<br />

designierter Vorstandsvorsitzender<br />

der Taunus Sparkasse<br />

in Bad Homburg. Zudem<br />

hat der Verwaltungsrat<br />

des Instituts den Vertrag von<br />

Axel Warnecke (51) als Vorstandsmitglied<br />

um fünf Jahre<br />

verlängert. Am 1. Mai wird<br />

Oliver Klink in den Vorstand<br />

des Instituts eintreten. Zum<br />

30. Juni 2012 wird er Nachfolger<br />

des derzeitigen Vorstandschefs<br />

Hans-Dieter<br />

Homberg (66), der nach 13<br />

Jahren an der Spitze der Taunus<br />

Sparkasse in den Ruhestand<br />

tritt. Klink war zuletzt<br />

Generalbevollmächtigter bei<br />

der Oldenburgischen Landesbank<br />

und verantwortete<br />

dort den Auf­ und Ausbau<br />

der Allianz­Bank.<br />

Andreas Trotz (41), Leiter<br />

des Firmenkundencenters<br />

der Sparkasse Paderborn­<br />

Detmold, wird zum 1. April<br />

neues Vorstandsmitglied<br />

des frisch fusionierten Instituts.<br />

Trotz wird die Bereiche<br />

Organisation und Marktfolge<br />

übernehmen.<br />

Mischa Schubert (42), ist<br />

neues Vorstandsmitglied<br />

der Sparkasse Erding­Dorfen.<br />

Der Sparkassen­Betriebswirt<br />

hat seit 2004 den<br />

Bereich Firmenkunden und<br />

­kredite sowie das Immobiliengeschäft<br />

bei der Sparkasse<br />

Rosenheim­Bad Aibling<br />

geleitet. Als Vorstand verantwortet<br />

Schubert ähnliche<br />

Aufgaben.<br />

Frank Dierolf (43), hat seine<br />

Tätigkeit als neues Vorstandsmitglied<br />

der Sparkasse<br />

Esslingen­Nürtingen<br />

aufgenommen. Dierolf ist<br />

seit 2007 stellvertretendes<br />

Vorstandsmitglied des Instituts<br />

und verantwortet als<br />

Vorstand das gesamte Privatkundengeschäft.<br />

Dierolf<br />

hat die Nachfolge von Michael<br />

Vogt (65) angetreten,<br />

der Ende 2011 in den Ruhestand<br />

getreten ist.<br />

DIAGNOSE MITTELSTAND 2012<br />

Krise berührt<br />

Firmen kaum<br />

Die deutschen Mittelständler sind robust und stabil wie selten ins neue Jahr<br />

gestartet. Eine neue Studie konstatiert starke Investitionsdynamik und weiter<br />

steigende Eigenkapitalquoten bei den Unternehmen.<br />

Die Auftragsbücher<br />

sind voll, 80 Prozent<br />

der Unternehmen sind<br />

von der Staatsschuldenkrise<br />

bislang nicht<br />

berührt, der Mittelstand<br />

glaubt an seine Chance“,<br />

sagte Heinrich Haasis,<br />

Präsident des Deutschen<br />

Sparkassen- und<br />

Giroverbandes (DSGV),<br />

anlässlich der Vorstellung<br />

der Studie „Diagnose<br />

Mittelstand 2012“ in<br />

Berlin.<br />

In der umfassendsten<br />

Analyse dieses Wirtschaftszweigshierzulande<br />

werden die Bilanzkennzahlen<br />

der<br />

Unternehmenskunden<br />

von Sparkassen ausgewertet<br />

und Experten in<br />

429 Instituten befragt.<br />

Die Auswertung von<br />

mehr als 110.000 Firmenbilanzen<br />

des Jahres<br />

2010 ergab einen<br />

Anstieg der Eigenkapitalquote<br />

der mittelständischen<br />

Unternehmen<br />

über alle Größenklassen<br />

hinweg auf 18,3 Prozent.<br />

2010 waren es noch 15,1<br />

Prozent.<br />

Mehr Eigenkapital<br />

Dieser Trend setzt sich<br />

weiter fort. Knapp 60<br />

Prozent der Sparkassen<br />

melden weiterhin<br />

verbesserte Eigenkapitalquoten<br />

ihrer Firmenkunden.<br />

„Das sind die<br />

höchsten Werte, die wir<br />

in diesem Bereich bislang<br />

feststellen konnten“,<br />

sagte der DSGV-Präsident.<br />

Noch Ende der<br />

90er-Jahre war fast die<br />

Hälfte aller mittelständischen<br />

Unternehmen<br />

ohne jegliches Eigenkapital<br />

tätig. Inzwischen<br />

hat sich dieser Wert auf<br />

ein Viertel verringert<br />

und lag Ende 2010 bei<br />

25,3 Prozent.<br />

Sogar die kleinen Unternehmen<br />

bis zu einer<br />

Million Euro Umsatz pro<br />

Jahr erreichen heute<br />

eine Eigenkapitalquote<br />

von mehr als zwölf Prozent.<br />

Haasis: „Dieses<br />

Ergebnis zeigt, dass die<br />

Unternehmen verantwortungsvollwirtschaften.<br />

Sie haben sich in<br />

ihrer großen Mehrheit<br />

in die Lage versetzt,<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

eventuelle Dellen in der<br />

Wirtschaftsentwicklung<br />

aufzufangen.“<br />

Mehr Arbeitsplätze<br />

Dementsprechend erwarten<br />

die Sparkassen,<br />

dass ihre Firmenkunden<br />

auch künftig für mehr<br />

Beschäftigung sorgen,<br />

wenngleich nicht mehr<br />

m i t g a n z s o h o h e m<br />

Tempo wie zuvor. Fast<br />

70 Prozent der Institute<br />

beschreiben ihre Erwartungen<br />

mit „etwa unverändert“.<br />

Aber noch immer<br />

glauben fast 27 Prozent<br />

und damit mehr als<br />

ein Viertel der Institute<br />

an einen weiteren An-<br />

TERMIN<br />

Strategiethema<br />

Publizist Prof. Horst W. Opaschowski<br />

wird in seinem<br />

Vortrag die für Stiftungen<br />

relevanten gesellschaftlichen<br />

Zukunftstrends aufzeigen.<br />

Experten und Repräsentanten<br />

deutscher<br />

Stiftungen werden mit Spezialisten<br />

aus der Sparkassen­Finanzgruppe<br />

Fragen<br />

des Stiftungsmanagements<br />

diskutieren. Insbesondere<br />

geht es dabei um<br />

deren strategische Bedeutung<br />

für Sparkassen. 16<br />

Fachthemen­Sitzungen befassen<br />

sich mit sämtlichen<br />

Bereichen der Stiftungsorganisation:<br />

Recht, Steuern,<br />

Vermögensanlage, Kommunikation<br />

und Versicherung.<br />

Teilnehmer können sich<br />

auch über Spezialthemen<br />

umfassend informieren. Außerdem<br />

gehen die Sitzungen<br />

auf die spezifische Beziehung<br />

von Sparkassen und<br />

Stiftungen ein.<br />

Am Abend des 21. März wird<br />

der David 2012 verliehen, ein<br />

stieg der Arbeitsplatzzahlen<br />

in ihrer Region.<br />

Viele Unternehmen<br />

haben die gute Konjunkturlage<br />

des vergangenen<br />

Jahres genutzt und kräftig<br />

investiert. 82 Prozent<br />

der Sparkassen<br />

gaben an, dass sie 2011<br />

m e h r o d e r g e n au s o<br />

viele Inves titionsmittel<br />

an ihre Firmenkunden<br />

vergeben haben wie<br />

im Vorjahr. Besonders<br />

der Anteil der Erweiterungsinvestitionen<br />

hat<br />

sich erhöht. Ende 2011<br />

schätzten die Sparkassen<br />

diesen Anteil auf<br />

35 Prozent, verglichen<br />

mit 24,8 Prozent im Vor-<br />

Stiftungsperspektive Zukunft. Strategien und<br />

Handlungsempfehlungen“ lautet das Thema einer<br />

Fachtagung am 21. und 22. März 2012 in Berlin.<br />

Preis für kleine Stiftungsprojekte<br />

der Sparkassen­<br />

Finanzgruppe, die sich<br />

durch besondere Innovation<br />

oder Wirkung auszeichnen.<br />

Begleitet wird die Tagung<br />

von einer Ausstellung,<br />

in der ausgewählte Projekte<br />

des David­Wettbewerbs<br />

vorgestellt werden.<br />

www.sparkassenstiftungen.de<br />

gerald.rodecker@dsgv.de


Geballte Marktmacht<br />

Wertschöpfung: Die Eigenkapitalquote mittelständischer Unternehmen hat 2010 den<br />

höchsten Stand seit Beginn der DSGV-Berechnungen im Jahr 1995 erreicht.<br />

GRAFIK: DSGV, DPA, BECHTLE<br />

jahr. „Es ist angesichts<br />

der Schwäche vieler europäischerVolkswirtschaften<br />

ein starkes<br />

Signal, dass der Mittelstand<br />

in diesem Umfang<br />

in die Geschäftserweiterung<br />

investiert“, sagte<br />

der DSGV-Präsident.<br />

Von der Investitionsneigung<br />

ihrer Firmenkunden<br />

profitierten<br />

auch die Sparkassen,<br />

die „mit weitem Abstand<br />

der Finanzierungspartner<br />

Nummer eins für<br />

den Mittelstand sind<br />

und bleiben“, so Haasis.<br />

Im Vorjahr vergaben<br />

die Sparkassen 66,7<br />

Mrd. Euro an Krediten<br />

für Unternehmen und<br />

Selbstständige – ein Plus<br />

von knapp vier Prozent<br />

gegenüber 2010. Der<br />

Gesamtkreditbestand<br />

in diesem Segment belief<br />

sich Ende 2011 auf<br />

326,5 Mrd. Euro, das waren<br />

9,5 Mrd. Euro, beziehungsweise<br />

drei Prozent<br />

mehr als ein Jahr zuvor.<br />

Mit Blick auf diese<br />

Z a h l e n m a h n t e d e r<br />

DSGV-Präsident, die Weichen<br />

bei Basel III richtig<br />

zu stellen. Das Regelwerk<br />

sei ursprünglich<br />

für international tätige<br />

Großbanken erarbeitet<br />

worden. „Wenn man es<br />

auch bei regional tätigen<br />

kleineren Instituten<br />

einführen will, muss es<br />

auf die dortigen Verhältnisse<br />

angepasst<br />

werden“, forderte der<br />

DSGV-Präsident. Man<br />

setze darauf, dass die<br />

Bundesregierung zumindest<br />

für eine differenzierte<br />

Einführung<br />

eintreten werde, wie sie<br />

es im Jahreswirtschaftsbericht<br />

angekündigt<br />

habe. Ansonsten werde<br />

Basel III auch vergleichsweise<br />

risikoarme Mittelstandsfinanzierungen<br />

verteuern und Langfristfinanzierungenerschweren.<br />

Mehr Wachstum<br />

Insbesondere im laufenden<br />

Quartal rechnet<br />

der DSGV mit einer Abschwächung<br />

des Wirtschaftswachstums,jedoch<br />

mit keiner Rezession,<br />

selbst wenn sich<br />

das Szenario eines zweimaligen<br />

BIP-Rückgangs<br />

im Winterhalbjahr bewahrheiten<br />

sollte.<br />

Im Gesamtjahr sei vielmehr<br />

ein Wachstum<br />

von etwa einem Prozent<br />

durchaus möglich,<br />

erläuterte Haasis. Voraussetzung<br />

seien aber<br />

schnelle und spürbare<br />

Fortschritte bei der Bekämpfung<br />

der europäischen<br />

Schuldenkrise.<br />

„Wir sollten es nicht zulassen,<br />

dass eine Schuldenkrise<br />

nur mit neu-<br />

en Krediten bekämpft<br />

werden soll.“ Die USA<br />

hätten eine eher auf<br />

kurzfristige Stimulation<br />

denn auf Stabilität<br />

ausgerichtete Tradition.<br />

„Dies sollte aber<br />

nicht unser Weg sein.<br />

Wir müssen in Deutschland<br />

auf einer Balance<br />

von Solidität und Solidarität<br />

bestehen.“ Auch<br />

deshalb führe an Konsolidierungsprogrammen<br />

und dem Instrument<br />

der Schuldenbremse<br />

kein Weg vorbei.<br />

Der DSGV-Präsident<br />

begrüßte, dass die EU-<br />

Staaten sich nahezu<br />

vollständig auf entsprechende<br />

Maßnahmen<br />

verständigt hätten. Es<br />

komme nun darauf an,<br />

diese in den Ländern<br />

auch schnellstmöglich<br />

umzusetzen.<br />

E i n e n S c h u l d e n -<br />

schnitt in Griechenland<br />

hält der DSGV-Präsident<br />

für sicher, die Banken<br />

hätten ihn bereits eingepreist.<br />

Die Verhandlungen<br />

sollten jetzt<br />

schnell zum Abschluss<br />

kommen. Deutschland<br />

werde sich nicht dauerhaft<br />

und vollständig<br />

von der Krise abkapseln<br />

können. Bislang fehlten<br />

aber die typischen<br />

Schwächezeichen. �<br />

Christoph Becker<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

NAMEN & NACHRICHTEN 7<br />

Pressespiegel<br />

Richtiger EZB-Kurs<br />

EZB­Präsident Mario Draghi […] sieht die Stabilisierung der<br />

Währung als Hauptaufgabe, und die EZB widmet sich ganz<br />

dem Krisenmanagement und wenigen Grundsatzdebatten<br />

Das ist im Moment das richtige Vorgehen. Doch spätestens<br />

wenn die schlimmsten Brände in der Eurozone gelöscht sind,<br />

muss auch wieder über strategische Fragen nachgedacht<br />

werden.<br />

Financial Times Deutschland, 4. Januar 2012<br />

Grund zur Besorgnis<br />

Der Bund besorgte sich gestern am Geldmarkt 3,9 Mrd. Euro<br />

für sechs Monate und erhält dieses Kapital zur durchschnittlichen<br />

Verzinsung von minus (!) 0,0122 Prozent. […] Für den<br />

Bund sind negative Renditen zwar positiv. Aber sie sind auch<br />

ein besorgniserregendes Zeichen. Anleger fürchten so sehr<br />

um ihr Geld, dass sie es sogar unter Inkaufnahme von (Zins­)<br />

Einbußen zum Bund bringen, nur weil sie der Meinung sind,<br />

dass sie hier noch den größten Teil ihres Nominals wiederbekommen.<br />

Börsenzeitung, 10. Januar 2012<br />

Ganz oder gar nicht<br />

Wer die (Finanztransaktions­)steuer (FTS) nur im Euroraum<br />

und gar nur in einem Teil desselben einführt, hat (in aller<br />

Kürze gesagt) die Wahl zwischen zwei Konsequenzen: Entweder<br />

werden die Kosten an die Kunden weitergereicht, was<br />

Private und Firmen zusätzlich belastet, oder die flüchtigen,<br />

aber für die Wirtschaft insgesamt wichtigen Finanzgeschäfte<br />

wandern ab in Länder ohne FTS; das kostet Wachstum und<br />

mindert die Kontrollmöglichkeiten. Vermutlich käme es zu<br />

einem Mix aus beiden. Also lässt man es besser.<br />

Süddeutsche Zeitung, 13. Januar 2012<br />

Dämpfer für Ratingagenturen<br />

Würde eine europäische Ratingagentur alles besser machen?<br />

Auch nicht. Das Problem ist vielmehr, dass die Agenturen<br />

allzu wichtig geworden sind. Diese Macht haben ihnen Politiker,<br />

Aufsichtsbehörden und Investoren selbst zugebilligt.<br />

[…] Deshalb ist der bislang nur sehr vage kolportierte Vorstoß<br />

von Bundeskanzlerin Angela Merkel richtig, den Einfluss der<br />

Ratings durch Bereinigung der Gesetze zu verkleinern: Idealerweise<br />

sollten Ratings den Finanzdienstleistern in der<br />

Regulierung nicht vorgeschrieben werden.<br />

Handelsblatt, 16. Januar 2012<br />

Klagende Hedgefonds<br />

Die Hoffnung einiger Anleger, beim (griechischen) Schuldenschnitt<br />

ungeschoren davonzukommen, während andere<br />

Gläubiger bluten, geht nur schwerlich als schützenswertes<br />

Menschenrecht durch. Free­Rider­Positionen und Krisenspekulation<br />

wird kein Gericht verteidigen. Wer hohe Risikorenditen<br />

will, muss auch mit dem Risiko eines Ausfalls rechnen,<br />

selbst wenn dieser von der Politik erzwungen wird.<br />

Financial Times Deutschland, 20. Januar 2012<br />

Staaten brauchen Regeln<br />

Bundeskanzlerin Angela Merkel darf der Aufstockung des<br />

Europäischen Rettungsschirms nicht zustimmen, bevor der<br />

neue europäische Fiskalpakt unterschrieben ist. Es braucht<br />

Regeln, welche die Staaten zum Sparen anhalten – auch<br />

nachdem die Euro­Rettungstöpfe aufgefüllt wurden. Erst<br />

verbindliche Zusagen, dann Hilfe. Wenn überhaupt, geht es<br />

nur in dieser Reihenfolge.<br />

Die Welt, 24. Januar 2012


8<br />

NAMEN & NACHRICHTEN<br />

FÖRDERPROGRAMME<br />

Erneuerbare<br />

auf dem<br />

Vormarsch<br />

Die Sparkassen behaupten im<br />

umkämpften Geschäftsfeld<br />

erneuerbare Energien ihre<br />

Marktführerschaft – meistens.<br />

Die Sparkassen haben ihre Marktführerschaft<br />

bei der KfW-Förderung erneuerbarer<br />

Energien 2011 erfolgreich<br />

verteidigt. Aber vor allem Kredit- und<br />

sonstige Banken sind stärker geworden,<br />

wie eine aktuelle Auswertung des Deutschen<br />

Sparkassen- und Giroverbandes<br />

(DSGV) zeigt.<br />

Laut Zahlen der KfW halten Sparkassen<br />

und Landesbanken beim Förderprogramm<br />

„Erneuerbare Energien – Standard“<br />

einen führenden Marktanteil<br />

von 45,2 Prozent, das sind bezogen auf<br />

das Zusagevolumen 1,5 Prozentpunkte<br />

mehr als im Vorjahr. Die Kredit- und sonstigen<br />

Banken haben in diesem auf jetzt<br />

6,5 Mrd. Euro Gesamtfördervolumen geschrumpften<br />

Segment jedoch um elf Prozentpunkte<br />

aufgeholt und liegen jetzt bei<br />

mehr als 30 Prozent Marktanteil.<br />

„Das Gewicht dieser Bankengruppe<br />

könnte sich 2012 noch verstärken,<br />

weil die KfW jetzt Vorhaben nicht nur<br />

bis 10 Millionen, sondern bis 25 Millionen<br />

Euro finanziert“, erläutert Bertram<br />

Reddig, DSGV-Experte für das Fördergeschäft.<br />

Nachdem im November 2011<br />

die Kreditobergrenzen beim KfW-Energieeffizienzprogramm<br />

für Unternehmen<br />

entsprechend erhöht wurden, erreichen<br />

Kredit- und sonstige Banken bei kräftig<br />

steigendem Zusagevolumen einen<br />

Marktanteil von 66,6 Prozent.<br />

Genossen legen zu<br />

Das noch kleine Fördersegment „Erneuerbare<br />

Energien-Premium“ für die<br />

Wärmeerzeugung hat sich sehr expansiv<br />

entwickelt. Hier haben die Genossenschaftsbanken<br />

ihren Marktanteil auf<br />

43 Prozent ausgebaut. Die Sparkassen<br />

fielen leicht auf 37,5 Prozent zurück, die<br />

Kredit- und sonstigen Banken rangieren<br />

abgeschlagen bei 19 Prozent.<br />

Die Gesamtförderung für Umweltschutz<br />

und Energieeffizienz in Unternehmen<br />

hat sich im vergangenen Jahr auf<br />

3,2 Mrd. Euro ausgeweitet und damit gegenüber<br />

2010 mehr als verdoppelt. „Vor<br />

allem seit Mitte November 2011 beobach-<br />

Ein Kontakt zu Bestandskunden ist<br />

für Sparkassen heute auf vielfältigen<br />

Wegen realisierbar: Neben<br />

dem klassischen Beratungsgespräch<br />

in der Filiale bieten<br />

sich zusätzliche Möglichkeiten<br />

per Post, Telefon, Fax,<br />

E-Mail und SMS. Doch Vorsicht<br />

ist geboten: Wegen der Zunahme<br />

dieser Kontaktoptionen<br />

und -wege ist ein noch sensiblerer<br />

Umgang der Sparkassenberaterinnen<br />

und -berater<br />

mit kundenbezogenen Daten<br />

erforderlich.<br />

In Paragraf 7 Abs. 2 des Gesetzes<br />

gegen den unlauteren<br />

Wettbewerb (UWG) ist mittlerweile<br />

festgelegt, dass insbesondere<br />

Kontaktaufnahmen<br />

per Telefon, Telefax oder E-<br />

Mail nur mit vorheriger ausdrücklicher<br />

Einwilligung des Verbrauchers gestattet<br />

sind. Das gilt auch für das Zusenden<br />

eines Newsletters.<br />

Diese ausdrückliche Einwilligung<br />

liegt allerdings nicht<br />

vor, wenn der Kunde etwa auf<br />

der Webseite der Sparkasse<br />

auf die Kontaktmöglichkeiten<br />

hingewiesen wird und dort<br />

– wenn er keinen Kontakt<br />

wünscht – ein entsprechendes<br />

Kreuz setzen müsste. Eine Einwilligung<br />

liegt ebenfalls nicht<br />

vor, wenn die Einwilligungserklärung<br />

in den AGB der Sparkasse<br />

enthalten ist und vom<br />

Kunden zusammen mit diesen<br />

unterschrieben wird.<br />

In einem Beschluss vom<br />

14. April 2011 hat der Bundesgerichtshof<br />

(BGH) die gesetzlichen<br />

Vorgaben noch weiter konkretisiert:<br />

So erfordert nicht nur eine<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

RECHTS-TIPPS<br />

Kontakt nur auf Wunsch<br />

Eine Sparkasse muss ihre Kunden auch telefonisch um<br />

Erlaubnis fragen, bevor sie ihnen Werbung oder Newsletter<br />

ins Haus schickt. Künftig bedarf es dazu einer Unterschrift.<br />

ten wir eine starke Beschleunigung“, sagt<br />

DSGV-Experte Reddig.<br />

Bei der Wohnungsbauförderung im<br />

Programm „Energieeffizient Bauen“ behaupten<br />

die ihre Marktführerschaft mit<br />

mehr als 37 Prozent. Hier rücken Genossenschafts,<br />

Kredit- und sonstige Banken<br />

auf Werte zwischen 27 und 30 Prozent.<br />

Der Anteil der Förderbanken verringerte<br />

Dirk Waldorf,<br />

Autor aus dem<br />

Netzwerk<br />

der Örag-<br />

Rechtsschutzversicherung<br />

Gerrit Diesinger,<br />

Autor aus dem<br />

Netzwerk<br />

der Örag-<br />

Rechtsschutzversicherung<br />

Einwilligung in eine Werbung unter<br />

Verwendung von elektronischer Post<br />

– also per E-Mail oder SMS –<br />

nach Paragraf 7 Abs. 2 Nr. 3<br />

UWG eine gesonderte, nur auf<br />

die Einwilligung in eine solche<br />

Werbung bezogene Zustimmungserklärung<br />

des Kunden,<br />

sondern auch eine solche per<br />

Telefon. Eine Einwilligung, die<br />

Bestandteil einer auch andere<br />

Erklärungen oder Hinweise<br />

enthaltenden Textpassage ist,<br />

wird diesen Anforderungen<br />

nicht gerecht. Im Licht der<br />

bisherigen Gesamtrechtsprechung<br />

lässt sich dies wohl<br />

auch auf andere Kontaktformen<br />

übertragen, wie beispielsweise<br />

Telefax.<br />

Einwilligung aktiv einholen<br />

Wegen steter Verbraucherbeschwerden<br />

über unzulässige Telefonwerbung hat<br />

der Bundesrat Ende Mai 2011<br />

einen Entwurf zu einem Gesetz<br />

über die Fortentwicklung<br />

des Verbraucherschutzes bei<br />

unerlaubter Telefonwerbung<br />

gefasst. Hierin ist unter anderem<br />

vorgesehen, dass die<br />

Einwilligung in Werbeanrufe<br />

zukünftig in Textform gemäß<br />

Paragraf 126 b Bürgerliches<br />

Gesetzbuch vorliegen muss.<br />

Grundsätzlich sollten sich<br />

Sparkassen deshalb bereits<br />

heute – schon alleine aus Beweisgründen<br />

– die gewünschten<br />

Kontaktmöglichkeiten<br />

aufgelistet vom Kunden unterschreiben<br />

und damit von<br />

ihm genehmigen lassen. Dann<br />

sollte einem regen Kontakt auch künftig<br />

nichts im Weg stehen.<br />

�<br />

sich auf 5,5 Prozent, das sind 2,8 Prozentpunkte<br />

weniger als im Jahr 2010. Im Segment<br />

„Energieeffizient Sanieren“ haben<br />

Sparkassen- und Genossenschaftssektor<br />

bei insgesamt stark schrumpfendem Zusagevolumen<br />

jeweils Marktanteile hinzugewonnen.<br />

�<br />

Christoph Becker


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10<br />

SEPA<br />

NAMEN & NACHRICHTEN<br />

Der Plan steht fest<br />

Der einheitliche Euro-Zahlungsverkehrsraum (Sepa) soll in zwei Jahren vollständig realisiert sein.<br />

Bis dahin soll die als „IBAN die Schreckliche“ bekannte neue Kontonummer ihr Negativimage<br />

verlieren. Die Spezifikationen und technischen Parameter stehen jetzt fest. Auf Basis seiner IBAN-<br />

Strategie bietet der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) Hilfe für Kunden an.<br />

Bislang verlief die Akzeptanz von Sepa<br />

(Single Euro Payments Area) in den<br />

Unternehmen der Eurozone eher schleppend.<br />

Hinderlich für die breite Akzeptanz<br />

waren nach Einschätzung von Branchenexperten<br />

vor allem die geringen wirtschaftlichen<br />

Anreize. Aus Sicht der Nutzer<br />

hätte ein allzu frühzeitiger Schwenk<br />

auf die neue EU-Standardüberweisung<br />

kaum Vorteile mit sich gebracht.<br />

Keine großen Änderungen an dieser<br />

zögerlichen Haltung brachten die in der<br />

Branche als „Zwangsmaßnahmen“ bezeichneten<br />

Pläne der EU-Kommission,<br />

die etwa in einer Sepa-Migrationsverordnung<br />

bereits im Jahr 2010 festgelegt worden<br />

waren. Nun aber scheint sich eine<br />

sogenannte Roadmap für die Beteiligten<br />

herauszukristallisieren. Darin vorgesehen<br />

sind zum Stichtag 1. Februar 2014<br />

europaweit funktionierende Überweisungs-<br />

und Lastschriftverfahren.<br />

Jedes Land kann Spielräume nutzen<br />

Zum Pflichtenheft der Finanzdienstleister<br />

gehört ab diesem Zeitpunkt die<br />

verpflichtende Angabe von IBAN (International<br />

Bank Account Number) und<br />

BIC (Bank Identifier Code) auf jedem<br />

Überweisungsträger. Hinzu kommt das<br />

XML-basierte ISO 20022-Format für die<br />

beleglose Dateieinreichung. Dies dürfte<br />

So steigen Firmenkunden auf Sepa um<br />

Das sind die Schritte bis zur vollständigen<br />

Nutzung des Sepa­Lastschrift­Kombimandats<br />

für neue Einzüge. Bei der Umstellung hilft das<br />

Sparkassen Informatikzentrum (SIZ).<br />

� Logik für die Vergabe der Mandatsreferenz<br />

festlegen (fortlaufende Nummer, Kundennummer,<br />

Vertragsnummer etc.)<br />

� Gläubiger-Identifikationsnummer für<br />

Sepa­Lastschriften über die Webseite der<br />

Bundesbank beantragen<br />

� Inkassovereinbarung über den Einzug von<br />

Forderungen durch Sepa­Basislastschriften<br />

und Firmenlastschriften schließen<br />

den Anpassungsaufwand aus Sicht der<br />

Geld- und Kreditinstitute zwar weiter erhöhen,<br />

soll aber auch den Abgleich von<br />

Kontoauszügen verbessern.<br />

Carl-Ludwig Thiele, Mitglied des Vorstands<br />

bei der Deutschen Bundesbank,<br />

skizziert den Status quo in der nationalen<br />

Umsetzung. Als rein marktgetriebener<br />

Prozess habe sich die Umstel-<br />

lung bislang nicht bewältigen<br />

lassen, weswegen es über längere<br />

Zeit an einer klaren Sepa-<br />

Roadmap gefehlt habe. „Es gibt<br />

aber natio nale Vorbilder, wie<br />

der Deutsche Rentenservice<br />

oder die Deutsche Arbeitsagentur,<br />

die in der Realisierung<br />

bereits weiter fortgeschritten<br />

sind.“<br />

Bei den noch zu leistenden<br />

Vorhaben in den Unternehmen<br />

und bei öffentlichen Dienstleistern<br />

hält der Vorstand der<br />

Bundesbank Panikmache für<br />

verfehlt. „Die Europäische Union<br />

hat genügend Zeit für die<br />

individuelle nationale Anpassung<br />

vorgesehen, unter anderem<br />

eine Frist für die bindende<br />

elektronische Lastschrift bis<br />

ins Jahr 2016 hinein“, erläutert Thiele.<br />

Diese Option sei insbesondere für den<br />

� Kontodaten auf IBAN und BIC umstellen.<br />

Der Kontonummer/BLZ­Bestand kann mit<br />

Hilfe des Sepa Account Converters umgestellt<br />

werden<br />

� Analyse des technischen Anpassungsbedarfs<br />

für die Erstellung von Aufträgen im<br />

XML­basierten ISO 20022-Datenformat<br />

� Speichern von IBAN und BIC<br />

� Verwalten der Lastschriftmandate (diese<br />

müssen im Falle der Mandatsanforderung<br />

seitens Zahler oder Zahlstelle vorgelegt<br />

werden)<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

„Es stellt sich<br />

nach wie vor<br />

die Frage, ob<br />

wir Sepa<br />

unseren<br />

Kunden<br />

offensiv<br />

anbieten<br />

sollen.“<br />

Axel Weiß,<br />

Zahlungsverkehrs-<br />

und Girokonten-<br />

experte beim DSGV<br />

deutschen Einzelhandel relevant. Weitere<br />

Spielräume zielen laut Bundesbank<br />

auf mehr Verbraucherfreundlichkeit bei<br />

der Migration. So sieht Sepa vor, ab 2016<br />

den Kunden von der Angabe der BIC vollständig<br />

zu befreien. Die deutsche Bankenbranche<br />

habe bereits signalisiert, die<br />

Konvertierung von nationalen Überweisungen<br />

via IBAN fristgerecht<br />

bewältigen zu können.<br />

Zentrale Hürden seien deshalb<br />

ausgeräumt und die Verunsicherung<br />

der Teilnehmer<br />

werde sich bis zur Einführung<br />

zum Stichtag am 1. Februar<br />

2014 weiter verringern. Von<br />

entscheidender Bedeutung sei<br />

nun die ausführliche Kommunikation<br />

mit unterschiedlichen<br />

Zielgruppen, um die Nutzer<br />

verbrauchergerecht über die<br />

einheitlichen Standardüberweisungen<br />

auf Basis von IBAN<br />

und BIC aufzuklären.<br />

„Wir können gut mit der jetzigen<br />

Regelung leben“, bestätigte<br />

Axel Weiß, Zahlungsverkehrs-<br />

und Girokontostratege<br />

beim Deutschen Sparkassen-<br />

und Giroverband (DSGV), auf<br />

der Fachkonferenz Omnicard in Berlin.<br />

Der Status quo in der Sparkassen-Finanzgruppe<br />

liege im ersten Halbjahr bei<br />

rund 50.000 eingehenden Sepa-Überweisungen.<br />

Auch die Sepa-Lastschrift<br />

gewinne mit 140.000 abgewickelten eingehenden<br />

Transaktionen in der Finanzgruppe<br />

langsam an Fahrt.<br />

Leitfäden erleichtern Umstellung<br />

Doch trotz der geplanten Verbesserungen<br />

gebe es noch einige Herausforderungen<br />

zu meistern. „Aufgrund möglicherweise<br />

drohender Rücklastschriften<br />

stellt sich nach wie vor die Frage, ob wir<br />

Sepa unseren Kunden offensiv anbieten<br />

sollen“, sagt Weiß. Denn das parallele<br />

Existieren von Sepa und ELV-initiierten<br />

Lastschriften über einen Zeitraum von 36<br />

Monaten verteuere möglicherweise die<br />

technische Umsetzung. Um den Unternehmen<br />

bei der Umstellung zur Seite zu<br />

stehen, hat der DSGV zahlreiche Leitfäden,<br />

Umsetzungsrichtlinien, Schulungs-


konzepte und Kommunikationsmittel<br />

bereitgestellt. Der gesamte Vertrieb solle<br />

in der Planung und beim Know-how-<br />

Transfer unterstützt werden. Nützlich<br />

seien dazu auch technische Werkzeuge<br />

wie der Sepa Account Converter, mit dessen<br />

Hilfe die Geschäftskunden ihre ZV-<br />

Massendateien bequem auf IBAN und<br />

BIC umstellen könnten.<br />

Für ebenso unverzichtbar und erfolgskritisch<br />

aus Sicht der Anwender hält<br />

Weiß eine entsprechend hohe Aufmerksamkeit<br />

des Managements, um die haus-<br />

interne Projektierung rechtzeitig und<br />

umfassend aufzusetzen. Nun gilt es laut<br />

DSGV, das Produkt Sepa-Migration offensiv<br />

zu bewerben, um Kunden den entsprechenden<br />

Mehrwert zu vermitteln.<br />

„Das Ziel ist eine flächendeckende, positive<br />

Kommunikation und Berichterstattung“,<br />

sagt Weiß.<br />

Aus Sicht der Geschäftskunden beschreibt<br />

Karsten Becker, Senior Product<br />

Manager bei der Deutschen Bank, das<br />

weitere Vorgehen. Becker prognostiziert<br />

für das kommende Jahr eine „Massenumstellung“,<br />

weshalb Unternehmen sich bereits<br />

heute mit dem Thema auseinandersetzen<br />

sollten. „Denn die Sepa-Migration<br />

ist nun ein regulatorisches Projekt mit<br />

einer klar definierten Roadmap, was gerade<br />

deshalb eine sorgfältige Analyse,<br />

Budgetierung, Planung und Umsetzung<br />

erfordert“, sagt Becker.<br />

Nun hoffen die Beteiligten aus der<br />

Finanzwirtschaft, dass keine bürokratischen<br />

Hemmnisse mehr auftreten, etwa<br />

indem die EU-Wettbewerbskommission<br />

der weiteren Umsetzung besondere Hür-<br />

den in den Weg legt. Von einer allzu großen<br />

Begeisterung ist man ohnehin weit<br />

entfernt. Denn branchenübergreifend<br />

glaubt kaum jemand daran, dass sich<br />

mit dem „Business-Case Sepa“ bares Geld<br />

verdienen ließe, bestätigt der Vertreter<br />

des größten deutschen Geldinstituts.<br />

Mehr Datenqualität mit IBAN<br />

Das Informatikzentrum der Sparkassen-<br />

Organisation (SIZ) hebt die Chancen hervor.<br />

So könne der Kunde nicht nur nationale<br />

und europaweite Überweisungen<br />

und Lastschriften nach einheitlichen<br />

Regeln abwickeln, um seine Liquiditätsplanung<br />

zu optimieren. Der XML-basierte<br />

ISO-20022-Standard biete auch eine bessere<br />

Kontoabstimmung. Moderne Formatstrukturen<br />

erleichterten die Aktua-<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

NAMEN & NACHRICHTEN 11<br />

Sepa-Zahlungsinstrumente des European Payments Council<br />

� Sepa-Überweisung (EPC Sepa Credit Transfer<br />

Rulebook)<br />

� Sepa-Basislastschrift (EPC Sepa Core<br />

Direct Debit Rulebook)<br />

� Sepa-Firmenlastchrift (EPC Sepa B2B<br />

Direct Debit Rulebook)<br />

Die Verfahren können für grenzüberschreitende<br />

Zahlungen und Inlandszahlungen genutzt<br />

werden. An der Kunde­Bank­Schnittstelle und<br />

im Austausch zwischen den Banken gilt das<br />

neue auf ISO 20022 und XML basierende Sepa­<br />

Datenformat.<br />

lisierung von Software und verringerten<br />

Wartungskosten. Und schließlich bringe<br />

die einheitliche Prüfziffer in der IBAN<br />

eine höhere Datenqualität bei den verwalteten<br />

Kontoverbindungen mit sich.<br />

Laut DSGV-Angaben sollen IBAN und<br />

BIC bereits ab Sommer 2012 auf der Rückseite<br />

der SparkassenCard aufgebracht<br />

sein. Das soll insbesondere Privatkunden<br />

einen schnellen und bequemen Zugriff<br />

auf den europaweiten Geldtransfer via<br />

Sepa zu ermöglichen.<br />

�<br />

Lothar Lochmaier<br />

Ab dem 1. Februar 2014<br />

werden nationale Überweisungen<br />

und Lastschriften im<br />

europäischen Zahlungsraum<br />

(Sepa) vereinheitlicht. Die<br />

neue International Bank<br />

Account Number (IBAN) hat<br />

22 Stellen und wird daher<br />

„die Schreckliche“ genannt.<br />

Derzeit sind diese internationalen<br />

Standards nur bei<br />

Zahlungen auf ausländische<br />

Konten im Einsatz. Daneben<br />

findet sich Bank Identifier<br />

Code (BIC), mit dem Banken<br />

weltweit eindeutig identifiziert<br />

werden können.<br />

GRAFIK: DPA<br />

Weitere Infos unter „Full Sepa (Single Euro<br />

Payments Area), Migration, Frequently Asked<br />

Questions“ als Google­Sucheingabe<br />

� Sepa-Überweisung (EPC Sepa Credit Transfer<br />

Rulebook)<br />

Hierbei handelt es sich lediglich um ein<br />

Rahmenwerk und kein verbindlich durch<br />

Banken zu zeichnendes Regelwerk (Rulebook).<br />

Girocard/electronic cash erfüllt bereits die<br />

Anforderungen des Sepa Cards Framework. Für<br />

das Clearingformat gibt es keine technischen<br />

Vorgaben durch den EPC. Die Deutsche Kreditwirtschaft<br />

plant jedoch, die auf ISO 20022 basierenden<br />

XML­Formate auch für das Clearing<br />

von GA und POS­Transaktionen zu verwenden.<br />

Siehe dazu auch die Sepa Cards Clearing (SCC)­<br />

Initiative der Berlin Group. QUELLE: SIZ/OMNICARD/LL


12<br />

FINANZGRUPPE<br />

NORD/LB – INTERVIEW<br />

Stufe für Stufe<br />

Ulrike Brouzi ist das erste weibliche Vorstandsmitglied der<br />

Nord/LB. Zu ihren Aufgaben gehören etwa die Bereiche<br />

Prozesse, Organisation und Unternehmensservice. Zudem<br />

liefert die Mathematikerin ihren Vorstandskollegen die<br />

Kennzahlen für die Gesamtbanksteuerung.<br />

Der Norden erschließt sich nicht von<br />

allein. Doch wenn man selbst aktiv<br />

wird, öffnet er sich in seiner ganzen<br />

Vielfalt“, kommentiert die aus dem Frankenland<br />

gebürtige Ulrike Brouzi ihren<br />

aktuellen Lebensmittelpunkt Hannover.<br />

Gerade hier im Norden lege man großen<br />

Wert auf Klarheit und Gradlinigkeit.<br />

Was das gläserne Gebäude der Nord/<br />

LB dem Besucher an Offenheit verspricht,<br />

will die Landesbank durch eine<br />

klare und langfristige Geschäftspolitik<br />

Politik, Wirtschaft und Mitarbeitern vermitteln,<br />

gerade nach den turbulenten<br />

Phasen des vergangenen Jahres. Auch<br />

die Wirtschaftsmathematikerin Brouzi,<br />

seit Anfang des Jahres erstes weibliches<br />

Vorstandsmitglied der Nord/LB, setzt für<br />

ihre Verantwortungsbereiche auf die notwendige<br />

Transparenz, derer es gerade im<br />

Bereich eines Chief Operating Officers<br />

(COO) bedarf, um erfolgreich zu sein.<br />

SPARKASSE: Frau Brouzi, die EU-Kommission<br />

hat die Erhöhung des Kernkapitals genehmigt.<br />

Stehen Sie noch unter dem Druck des<br />

Banken-Stresstests, durch den die Nord/LB<br />

fast gefallen wäre?<br />

Ulrike Brouzi: Die Stresstest-Probleme<br />

entstanden nur, weil die Europäische<br />

Bankenaufsichtsbehörde EBA ihre<br />

Spielregeln im laufenden Prozess verändert<br />

hatte. Die Kapitalmaßnahmen des<br />

Landes Niedersachsen, der Sparkassen<br />

sowie die vorbereitete Kapitalumwandlung<br />

wurden ausgeblendet. Die Nord/LB<br />

wird die erhöhten Kapitalmarkanforderungen<br />

bis Mitte 2012 vollständig erfüllen.<br />

Dafür hat die Kommission den Weg<br />

freigemacht. Wir sind im Gespräch mit<br />

unseren Trägern, um die Änderungen in<br />

den nächsten Monaten erfolgreich umsetzen<br />

zu können. Gleichzeitig durchleuchten<br />

wir unsere Risikostruktur auf<br />

weiteres Optimierungspotenzial.<br />

Mussten Konsequenzen für das Geschäftsmodell<br />

der Nord/LB gezogen werden?<br />

Brouzi: Nein, wir bleiben bei unserem<br />

bewährten Geschäftsmodell. Es hat sich<br />

auch in schwierigen Zeiten bewährt,<br />

deshalb setzen wir weiter darauf. Das<br />

Modell stand nie infrage, darüber waren<br />

sich Bank und Träger immer einig. Aber<br />

selbstverständlich muss man als verantwortungsbewusstes<br />

Unternehmen ständig<br />

schauen, ob und wie sich der Markt<br />

verändert und dann sein Geschäftsmodell<br />

gegebenenfalls adjustieren.<br />

Also blieb alles weitgehend beim Alten?<br />

Brouzi: Die unveränderte Stärke der<br />

Nord/LB ist und bleibt ihre regionale<br />

Verankerung, ihr Engagement für die<br />

Unternehmen in ihrem Geschäftsgebiet.<br />

Deshalb setzen wir weiterhin auf das Geschäft<br />

mit den mittelständischen Firmenkunden,<br />

das Immobiliengeschäft und vor<br />

allem auf den landwirtschaftlichen Sektor<br />

als einen der wichtigen Wirtschaftszweige<br />

Norddeutschlands. Außerdem<br />

bleibt die Finanzierung von Schiffen<br />

und Flugzeugen ein Aufgabengebiet. Mit<br />

einem Portfolio von über 17,5 Milliarden<br />

Euro ist die Nord/LB weltweit einer<br />

der größten Schiffs- und Flugzeugfinanzierer.<br />

Die Bank entwickelt neue Produkte, beispielsweise<br />

Pfandbriefe für Flugzeugkredite.<br />

Welche Potenziale wollen Sie so erschließen?<br />

Brouzi: In unserer Region produziert<br />

der zweitgrößte Flugzeugbauer. Und wir<br />

haben in diesem Geschäft vielfältiges<br />

Marktwissen sammeln können. Der Flugzeug-Pfandbrief<br />

ist analog zu einem Hypotheken-Pfandbrief<br />

aufgebaut. Liegen<br />

bei letzterem Immobilienkredite zugrunde,<br />

werden beim Flugzeug-Pfandbrief<br />

Flugzeugfinanzierungen gebündelt und<br />

zur Refinanzierung genutzt. Die Leasing-<br />

und Ratenzahlungen von verschiedenen<br />

Flugzeugen aus diesen Finanzierungen<br />

sowie die Werte der zugrundeliegenden<br />

Flugzeuge dienen der Bezahlung der<br />

Zinsverpflichtungen gegenüber den<br />

Investoren und der Sicherstellung der<br />

Rückzahlung. Im Gegensatz zu Modellen,<br />

die in Verruf gekommen sind, haftet<br />

die Nord/LB bei diesem Modell bei eventuellen<br />

Zahlungsausfällen. Für die vom<br />

deutschen Gesetzgeber vorgesehenen<br />

besonderen Sicherheiten bekommt das<br />

Paket dann das Gütesiegel Pfandbrief,<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

„Die Nord/LB wird<br />

die erhöhten<br />

Kapitalmarkt-<br />

anforderungen<br />

bis Mitte 2012<br />

vollständig<br />

erfüllen.“<br />

Ulrike Brouzi


S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

FINANZGRUPPE 13<br />

FOTOS: MARC DARCHINGER


14<br />

FINANZGRUPPE<br />

„Von der Umstellung auf OSPlus profitieren unsere Kunden,<br />

beispielsweise durch schnellere Bankgeschäfte über Realtime-<br />

Buchungssysteme und einen übersichtlicheren Online-Auftritt.“<br />

dessen Einhaltung von der deutschen<br />

Bankenaufsicht streng überwacht wird.<br />

Investoren profitieren von unserem<br />

Know-how und setzen gleichzeitig auf<br />

Sicherheit.<br />

Was steht 2012 für Ihren Verantwortungsbereich<br />

und für die Nord/LB an?<br />

Brouzi: In den kommenden Monaten<br />

werden wir noch stark eingebunden sein<br />

in die Diskussion über die Kapitalausstattung.<br />

Aber wir werden uns auch die Kostenseite<br />

genau ansehen. Und das ist meine<br />

Hauptaufgabe, die viel mit Effizienz zu<br />

tun hat. 2012 werde ich mich intensiv mit<br />

dem Thema Lean Management beschäftigen,<br />

das wir gerade einführen. Darüber<br />

hinaus werden wir uns anschauen, ob die<br />

übergreifenden Prozessarchitekturen optimal<br />

organisiert sind. Außerdem arbeite<br />

ich selbstverständlich die anderen Aufgaben<br />

ab.<br />

Welche Aufgaben umfasst Ihr Verantwortungsbereich?<br />

Ulrike Brouzi: Als COO bin ich für die<br />

Innenbereiche des Hauses zuständig,<br />

also für alles, was über technische Plattformen<br />

bereit gestellt wird. Dazu gehören<br />

die Bereiche Organisation mit Prozessen<br />

und Prozessoptimierung, Arbeitsanweisungen<br />

und interne Kontrollen. Zum<br />

Zweiten verantworte ich den sogenannten<br />

Unternehmensservice mit allem<br />

rund um die Marktfolge für das Handelsgeschäft<br />

und die Servicedienstleistungen<br />

vom in- und ausländischem Zahlungsverkehr<br />

bis zum Dokumentengeschäft.<br />

Drittens bin ich für die Konzernsicherheit<br />

und das Effizienzmanagement, das<br />

wir im Augenblick stark fokussieren,<br />

Nord/LB mit kräftigem Ergebniszuwachs<br />

Die Nord/LB hat in den ersten neun Monaten<br />

des Geschäftsjahres 2011 im Konzern ein<br />

Vorsteuerergebnis von 385 Mio. Euro erzielt.<br />

Das Ergebnis des Vorjahreszeitraums (146 Mio.<br />

Euro) konnte damit mehr als verdoppelt<br />

werden. „Das operative Geschäft läuft<br />

weiterhin gut, dies gilt insbesondere für unsere<br />

Kerngeschäftsfelder. Mit unserem bewährten,<br />

kundenorientierten Geschäftsmodell sind wir<br />

in der derzeit sehr schwierigen Marktverfassung<br />

solide aufgestellt. Auf dieser Grundlage<br />

können und werden wir unsere Kapitalausstattung<br />

weiter stärken“, erklärte Gunter Dunkel,<br />

Vorstandsvorsitzender der Nord/LB. In der<br />

zuständig sowie für Risikocontrolling<br />

und Controlling. Damit gehört die Unterstützung<br />

und Bereitstellung aller Informationen<br />

für die Gesamtbanksteuerung<br />

ebenfalls zu meinen Aufgaben.<br />

Konzernsicherheit, was bedeutet das heute?<br />

Brouzi: Alle Ressourcen von den Personen<br />

über die Informationstechnik bis<br />

zu den Gebäuden gehören dazu: Dieser<br />

Sicherheitsbereich des Hauses macht<br />

Vorgaben für Bank und Mitarbeiter, wenn<br />

beispielsweise Demonstrationen angekündigt<br />

werden oder eine Epidemie ausbricht.<br />

An dieser Stelle werden auch die<br />

Vorgaben für die IT-Sicherheit erarbeitet.<br />

Gerade im Bankensektor ändern sich ständig<br />

viele Regularien. Wie wollen Sie unter diesen<br />

Bedingungen alle Prozesse dauerhaft in<br />

einen hohen effizienten Zustand versetzen<br />

und halten?<br />

Brouzi: Prozesseffizienz setzt zunächst<br />

Transparenz voraus. Welche Systeme<br />

und Prozesse laufen, wie agieren die hier<br />

Handelnden in den Abläufen und miteinander<br />

an den jeweiligen Schnittstellen?<br />

Diese Kommunikationsprozesse müssen<br />

effizient gestaltet sein. Außerdem müssen<br />

bestehende Prozesse an neue Anforderungen,<br />

beispielsweise aufsichtsrechtliche<br />

Regelungen, angepasst werden. Am<br />

besten stellt man sich das als ein Röhrensystem<br />

vor, an das permanent neue Röhren<br />

angedockt werden. Damit am Ende<br />

das gewünschte Ergebnis herauskommt,<br />

müssen alle Röhren durchflussfähig gehalten<br />

werden. Die Gestaltung dieses Prozesssystems<br />

überwachen wir ständig, damit<br />

der hocheffiziente Zustand gehalten<br />

werden kann.<br />

Einzelbetrachtung der Segmente haben sich<br />

insbesondere die Geschäftsfelder Schiffs­ und<br />

Flugzeugfinanzierungen, Firmenkunden sowie<br />

erneuerbare Energien und Infrastruktur als<br />

ertragsstark erwiesen. Auch das Geschäft mit<br />

Institutionellen Kunden und die gewerbliche<br />

Immobilienfinanzierung im Tochterunternehmen<br />

Deutsche Hypo lieferten kräftige Ergebnisbeiträge.<br />

Das Unternehmen habe sein Kapitalstärkungsprogramm<br />

erfolgreich fortgesetzt, sagte<br />

Dunkel. Die Kapitalquoten der Landesbank<br />

haben sich zum 30. September 2011 weiter<br />

verbessert. Die Kernkapitalquote stieg im<br />

Vergleich zum Jahresende 2010 von 7,9 auf 9,2<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

Sie haben das Risikocontrolling neu organisiert.<br />

Aus welchem Grund?<br />

Brouzi: Mein Vorstandskollege Jörg-<br />

Johannes Riegler verantwortet als Chief<br />

Risk Officer das Risikomanagement. Dafür<br />

muss das Risikocontrolling ihm alle<br />

Instrumente für die Risikosteuerung zur<br />

Verfügung stellen. Die Anforderungen<br />

von Basel II und Basel III haben massive<br />

Auswirkungen auf Risikoarten und Risikokapital.<br />

Hier liefere ich dem Kollegen<br />

für die Risikosteuerung Lösungen und<br />

bilde diese im Risikocontrolling ab.<br />

Der Verwaltungsaufwand der Nord/LB ist<br />

durch Investitionen in den IT-Bereich gesteigen.<br />

Warum investiert die Landesbank<br />

an dieser Stelle?<br />

Brouzi: Im vergangenen Jahr hat die<br />

Nord/LB nach neun Monaten Vorbereitung<br />

die IT-Migration abgeschlossen<br />

und ist auf OSPlus umgestiegen. Das<br />

war unser bisher größtes IT-Projekt und<br />

das größte Migrationsprojekt der Finanz<br />

Informatik (FI), denn zu uns gehörende<br />

Institute wie die Braunschweigische<br />

Landessparkasse und das Landesförderinstitut<br />

Mecklenburg-Vorpommern migrierten<br />

mit uns zur Gesamtbanklösung<br />

der FI. Von dieser Umstellung profitieren<br />

unsere Kunden, beispielsweise durch<br />

schnellere Bankgeschäfte über Realtime-<br />

Buchungssysteme und einen übersichtlicheren<br />

Online-Auftritt.<br />

Welche konkreten Vorteile hat die Migration<br />

für die Nord/LB?<br />

Brouzi: Gerade weil sich sowohl im bilanziellen<br />

als auch im aufsichtsrechtlichen<br />

Meldewesen vieles ändert, ist es<br />

notwendig, alle Daten in einer anderen<br />

Prozent, die Eigenmittelquote erhöhte sich von<br />

11,1 auf 12,7 Prozent. Die im Zuge des<br />

Bankenstresstests beschlossenen Kapitalmaßnahmen<br />

sind hier noch nicht berücksichtigt<br />

und werden zu einer weiteren Erhöhung der<br />

Kapitalquoten fuhren. „Im dritten Quartal 2011<br />

konnten wir unser zu Jahresbeginn gestartetes<br />

Kapitalstärkungsprogramm erfolgreich<br />

fortsetzen. Die Nord/LB verfügt über eine<br />

solide Kapitalbasis sowie eine komfortable<br />

Liquiditätsausstattung“, so Dunkel. Trotz eines<br />

schwierigen Umfelds werde die Nord/LB das<br />

Gesamtjahr 2011 mit einem besseren Ergebnis<br />

als im Vorjahr abschließen.


Konfiguration vorzuhalten. Wo es früher<br />

reichte, einmal im Jahr eine Bilanz<br />

zu schreiben, müssen wir heute Daten<br />

monatlich, in manchen Fällen tagesaktuell<br />

zur Verfügung stellen. Der gesamte<br />

Datenhaushalt muss anders organisiert<br />

werden, um den regulatorischen Anforderungen<br />

bis in die Frontsysteme zu genügen.<br />

Das neue System ist ein Teil dieser<br />

Lösung.<br />

Dann ist die Migration, in die ja bis zu 500<br />

Mitarbeiter eingebunden waren, erfolgreich<br />

abgeschlossen?<br />

Brouzi: Ja. In diesem Prozess haben<br />

wir es ohne größere Reibungsverluste<br />

geschafft, mehr als 1,4 Millionen Kundenkonten,<br />

580 SB-Geräte sowie etwa 50<br />

weitere Systeme und Prozesse an OSPlus<br />

anzupassen. In einem nächsten Schritt<br />

wollen wir bis 2015 unsere Systeme für<br />

die Banksteuerung und das Kreditgeschäft<br />

ausbauen.<br />

Sind weitere Skaleneffekte durch die Zusammenarbeit<br />

mit der FI denkbar?<br />

Brouzi: Natürlich ist vieles denkbar,<br />

wenn sich mehrere Landesbanken für<br />

ein Projekt zusammenschließen oder<br />

wir Teile von Systemen anderer übernehmen.<br />

Als Unternehmen suchen wir Lösungen,<br />

um Synergien im Verbund von<br />

Sparkassen und Landesbank zu heben.<br />

Können Sie als Landesbank nicht vor allem<br />

im Backoffice-Bereich Skaleneffekte realisieren?<br />

Brouzi: Genau dort, im Bereich Unternehmensservice<br />

haben wir viel zu bieten.<br />

Wenn uns Sparkassen ansprechen, dass<br />

etwas zu kompliziert oder zu aufwendig<br />

sei, helfen wir als Landesbank gern. Spezialisiertes<br />

Wissen ist in unserem großen<br />

Haus häufig stärker vertreten, und außerdem<br />

können wir den Personaleinsatz<br />

und die Bereitstellung von technischen<br />

Angeboten effizienter lösen.<br />

Durch die vielen Vorgaben und Regularien<br />

wächst die Komplexität der Anforderungen<br />

an Ihren Aufgabenbereich. Lassen sich diese<br />

Vorgaben ohne einen Riesenaufwand transparent<br />

darstellen?<br />

Brouzi: Komplexität und Intransparenz<br />

stehen immer in einem engen Verhältnis.<br />

Je transparenter ein Sachverhalt dargestellt<br />

wird, desto verständlicher ist er<br />

und desto exakter lässt er sich steuern.<br />

Das Ziel ist, auch hier ein Höchstmaß an<br />

Transparenz herzustellen, damit wir auf<br />

neue Anforderungen präzise reagieren<br />

und den Markt aktiv bearbeiten können.<br />

Gibt es weitere Aufgabenbereiche, für die Sie<br />

verantwortlich sind?<br />

Brouzi: Um eine Landesbank zu verstehen,<br />

muss man ihre Träger verstehen.<br />

Deshalb ist es eine Besonderheit meiner<br />

Aufgaben, dass ich für die Betreuung des<br />

Geschäftsgebiets Mecklenburg-Vorpom-<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

FINANZGRUPPE 15<br />

Zur Person: Karriere und Familie passen zusammen<br />

Ulrike Brouzi (46) ist neues Vorstandsmitglied<br />

und Chief Operating Officer der Norddeutschen<br />

Landesbank (Nord/LB). Zu Jahresbeginn hat<br />

sie unter anderem die Verantwortung für die<br />

Bereiche Risikocontrolling, Controlling, Orga/<br />

IT, Konzernsicherheit und die Betreuung des<br />

Geschäftsgebiets Mecklenburg­Vorpommern<br />

übernommen. „Als Generalistin habe ich für<br />

die Finanzwirtschaft programmiert, gehandelt,<br />

abgewickelt und an der Bilanz mitgearbeitet,<br />

aber keine Kredite unterschrieben“, sagt die<br />

Wirtschaftsmathematikerin. Die Kompetenz<br />

für ihre jetzige Aufgabe musste Brouzi in den<br />

vergangenen Jahren zusätzlich erwerben. „Und<br />

jetzt ist auch die BaFin der Meinung, dass ich<br />

als Vorstand tätig sein kann.“ Brouzi kam im<br />

Januar 2008 von der Bayerischen Landesbank<br />

zur Nord/LB, wo sie die Leitung des Risikocontrollings<br />

der Bank übernahm. Im Juni 2010<br />

mern verantwortlich bin. Dadurch soll<br />

das Verbundgeschäft gestärkt werden<br />

und eine optimale Versorgung der Region<br />

durch die Landesbank ermöglicht<br />

werden. Die regionale Verwurzelung ist<br />

es, die die Arbeit vielfältig und spannend<br />

macht.<br />

Also ist das der Teil der Arbeit, der Sie erdet?<br />

Brouzi: So kann man die Kunden-Relationship-Seite<br />

verstehen. Ich bin natürlich<br />

kein Kundenvorstand, sondern für die<br />

Marktfolge zuständig, aber es ist wichtig,<br />

auch diese Seite im Blick zu behalten. Nur<br />

so kann ich meine Aufgabengebiete dauerhaft<br />

reflektieren. Und dessen bedarf es,<br />

um die von mir geforderte Transparenz<br />

übertrug ihr der Aufsichtsrat die Verantwortung<br />

für das Kapitalmarktgeschäft der<br />

Nord/LB, das sie als Generalbevollmächtigte<br />

des Vorstands leitete. Im Anschluss an ihr<br />

Studium in Augsburg war Brouzi von 1990 bis<br />

2007 bei der BayernLB tätig. Sie leitete Projekte<br />

wie Marktrisikosysteme, 6. KWG­Novelle,<br />

Basel II und IAS/IFRS. Sie übte COO­Funktionen<br />

im Dezernat Privatkunden, IT, Organisation und<br />

Backoffice sowie die fachliche Verantwortung<br />

der Innenbereiche der Auslandsstützpunkte<br />

Mailand und Luxemburg aus. Ulrike Brouzi ist<br />

verheiratet und hat zwei Kinder. Bei ihr passen<br />

Karriere und Familie zusammen. „Nur wenn alle<br />

mitziehen, kann man als Frau Karriere machen.<br />

Mit einem hohen Maß an Organisation und<br />

Rücksichtnahme bekommen wir in unserer Familie<br />

immer eine Lösung hin, die allen gerecht<br />

wird“, so Brouzi.<br />

jederzeit herstellen zu können. Außerdem<br />

gehört zu den Facetten unseres Unternehmensservices,<br />

die Sparkassen als<br />

Träger zu unterstützen. Wenn eine Sparkasse<br />

Know-how verliert, weil ein Mitarbeiter<br />

wechselt oder in den Ruhestand<br />

geht, können wir spezialisiertes Wissen<br />

liefern oder für einen Träger Prozessteile<br />

übernehmen und Geschäft für ihn abwickeln.<br />

Erzielen Sie noch weitere Synergieeffekte?<br />

Brouzi: Sparkassen können Kreditgeschäfte,<br />

abhängig von ihrer Größe, nur bis<br />

zu einem gewissen Volumen stemmen.<br />

Hier stehen wir als Konsortialpartner im<br />

gesamten Trägergebiet zur Verfügung.


16<br />

FINANZGRUPPE<br />

Ob in Niedersachsen, in Mecklenburg-<br />

Vorpommern oder in Sachsen-Anhalt –<br />

überall unterstützen wir oder stellen Produkte<br />

zur Verfügung.<br />

Nun einige Fragen, die einem Mann vermutlich<br />

nicht gestellt werden: Obwohl in<br />

der Sparkassen-Finanzgruppe mehr Frauen<br />

in Vorständen sind als im Durchschnitt der<br />

Finanzbranche, liegt die Quote immer noch<br />

im einstelligen Bereich. Woran liegt es?<br />

Brouzi: Natürlich kann man das nicht<br />

auf einen einzigen Grund zurückführen.<br />

Zum einen liegt es vermutlich am Betreuungssystem<br />

für Kinder. Als Frau will<br />

ich mich verlassen können, dass Tochter<br />

oder Sohn gut untergebracht sind. Weil<br />

das nicht klappt, bleiben viele Frauen zu<br />

Hause, selbst wenn ihre Kinder aus dem<br />

Gröbsten raus sind. Nur wo ein Umfeld<br />

vorhanden ist, das Karriere und Kinder<br />

für Frauen ermöglicht, wollen Frauen zurück<br />

an den Arbeitsplatz. Es hat generell<br />

etwas damit zu tun, wie in Deutschland<br />

die Rolle der Frau definiert wird. Ich habe<br />

selbst erlebt, dass man als Frau für eine<br />

Rabenmutter gehalten wird, wenn man<br />

sein Kind in die Krippe gibt. Zudem ist es<br />

in unserer Kultur so, dass männliche Vorgesetzte<br />

oft gar nicht gelernt haben, wie<br />

sie Qualitäten einer Frau erkennen. Diese<br />

verhält sich anders als er, also müssen an<br />

sie und ihre Qualifikationen andere Fragen<br />

gestellt werden als an einen Mann.<br />

Es wird also nach dem Ähnlichkeitsprinzip<br />

ausgewählt, bei dem Männer bei männlichen<br />

Vorgesetzten im Vorteil sind?<br />

Brouzi: Genau. Die meisten Personalentscheider<br />

sind Männer und diese suchen<br />

nach Verhaltensweisen und Kompetenzen,<br />

von denen sie selbst erlebt<br />

haben, dass sie erfolgreich sind. Wir<br />

haben diese Strukturen in der Nord/LB<br />

analysiert und festgestellt, dass Frauen<br />

anders reagieren. Fragt man einen Mann<br />

„Kannst du das“, sagt er „ja“ – und meint,<br />

dass er lernen kann, den jeweiligen Anforderungen<br />

zu genügen. Eine Frau wird<br />

mit nein antworten, weil sie die benötigten<br />

Kompetenzen aktuell nicht besitzt.<br />

Das Mentoring-Programm der Nord/LB<br />

Im Rahmen der Initiative „Frauen In Führung“<br />

forciert die Nord/LB gemischte Auswahlpools,<br />

Karriereberatung, Entwicklungsplanung und<br />

strukturierte Mentoring­Programme. Das erste<br />

dieser Mentoring­Programme für Frauen, die<br />

bereits in Führungspositionen sind, lief von<br />

2010 bis 2011. Im März 2012 startet für zehn<br />

Frauen eine zweite Runde. In regelmäßigen,<br />

vertraulichen Tandem­Gesprächen, die in der<br />

Regel alle vier bis sechs Wochen stattfinden,<br />

kann die Mentee berufliche Anliegen, Fragestellungen,<br />

Situationen und Entwicklungsmöglichkeiten<br />

erörtern und gemeinsam mit<br />

„Wenn eine Sparkasse Know-how verliert,<br />

können wir spezialisiertes Wissen liefern<br />

oder für einen Träger Prozessteile überneh-<br />

men und Geschäft für ihn abwickeln.“<br />

An dieser Stelle sollte sich die Unternehmenskultur<br />

ändern?<br />

Brouzi: Als Frau lernt man, gefragt zu<br />

werden. Im Beruf ist das anders. Als Frau<br />

muss man die eigenen Verhaltensweisen<br />

hinterfragen. Wenn ich in einer männlich<br />

dominierten Umgebung arbeite,<br />

gelten bestimmte Spielregeln. Ein Beispiel:<br />

Auch wenn ein Mann nicht Fußball<br />

spielt, kennt er die Regeln und weiß, wie<br />

ein Team funktioniert. Selbst wenn in<br />

einem Match der beste Freund der Gegner<br />

ist, versucht ein Mann, sich gegen ihn<br />

durchzusetzen. Das ist gesellschaftlich<br />

akzeptiert. Als Frau kämpft man nicht<br />

gegen die beste Freundin. Doch wer als<br />

Frau Karriere machen will, muss lernen,<br />

solche Konflikte auszuhalten.<br />

Nützt es dem Unternehmen, wenn verstärkt<br />

Frauen Karrieren anstreben?<br />

Brouzi: Mein Mehrwert als Frau ist, dass<br />

ich eine andere Sicht auf viele Aufgabenstellungen<br />

habe und Dinge anders<br />

mache. Nimmt man einen anderen Filter,<br />

sieht manches anders aus. Das kann<br />

zu wirtschaftlich besseren Ergebnissen<br />

führen. Deshalb lohnt es, auf gemischte<br />

Teams zu setzen.<br />

Sie haben sich durchgesetzt. Spielen Sie<br />

nach männlichen Regeln?<br />

Brouzi: Als Älteste von fünf Kindern<br />

habe ich gelernt, mich durchzusetzen.<br />

Heute funktioniert die Familie, weil alle<br />

mitmachen. Mein Mann, meine beiden<br />

Kinder und ich sind unseren gemeinsamen<br />

Lebensweg immer gemeinsam gegangen.<br />

Zu Hause diskutieren wir viel mit<br />

den Kindern über die Art, wie wir unser<br />

ihrem Mentor reflektieren. Mentee und Mentor<br />

besprechen die derzeitigen beruflichen Aufgaben<br />

der Mentee, analysieren berufliche Ziele und<br />

erfolgversprechende Strategien. Gesprächsinhalte<br />

sind die Personalführung und Führungsrolle,<br />

die Analyse eigener Stärken und Schwächen,<br />

das individuelle Ziel­ und Zeitmanagement<br />

sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.<br />

Ein wesentlicher Bestandteil des Programms ist<br />

das sogenannte Shadowing, bei dem der Mentor<br />

seine Mentee den eigenen Führungsalltag<br />

praxisnah miterleben lässt. Durch die Gespräche<br />

und gemeinsamen Reflexionen lernt die Mentee,<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

Familienleben gestalten. Wichtig ist, dass<br />

wir als Familie viel Zeit miteinander verbringen<br />

und vieles gemeinsam erleben.<br />

Und das funktioniert problemlos?<br />

Brouzi: Natürlich gibt es in der Familie<br />

ständige Auseinandersetzungen, aber<br />

bei uns ist jeder gleichberechtigt. Nur<br />

so gelingt gegenseitige Rücksichtnahme.<br />

Nur so verstehen und akzeptieren<br />

die Kinder, wenn ich nach dem gemeinsamen<br />

Abendessen noch arbeiten muss.<br />

Andererseits nehme ich mir Zeit, wenn<br />

in der Schule etwas Wichtiges anliegt. Ich<br />

bin der Ansicht, dass man seine Kollegen<br />

und Mitarbeiter nur ernst nehmen kann,<br />

wenn man seine eigene Familie wichtig<br />

nimmt.<br />

Auch Ihnen dürften die Präsenzzeiten – sowohl<br />

im Unternehmen wie Zuhause – Schwierigkeiten<br />

bereiten.<br />

Brouzi: Natürlich ist Zeit ein knappes<br />

Gut. Aber gerade bei der Zeit in der Familie<br />

kommt es darauf an, möglichst konzentriert<br />

dabei zu sein. Neudeutsch nennt<br />

man das Quality Time. Letztlich werde ich<br />

selbst im Unternehmen nicht für meine<br />

Anwesenheit bezahlt. Es gab in der Vergangenheit<br />

Zeiten, in denen ich nach Absprache<br />

mit meinem Chef montags und<br />

freitags früh gegangen bin. Sicher verlangsamt<br />

das die Karriere. Aber es ist nicht<br />

ausschlaggebend, ob ich mit 42 oder erst<br />

mit 46 einen Vorstandsposten einnehme.<br />

In der Zeit, in der ein Mann schneller vorankommen<br />

kann, lernte ich beispielsweise,<br />

mich effizienter zu organisieren.<br />

In der von Ihnen verantworteten Region<br />

sich in ihrer Persönlichkeit weiterzuentwickeln,<br />

alle beruflichen und privaten Ressourcen optimal<br />

zu nutzen und mit den Herausforderungen<br />

einer Führungsaufgabe umzugehen. Ziele,<br />

Inhalte und Treffen des Mentoring werden individuell<br />

durch das Tandem selbst vereinbart und<br />

sind thematisch von den Zielen und Fragen der<br />

Mentees gestaltet. Im Laufe des Mentoring­<br />

Jahres werden Mentees und Mentoren zudem<br />

in speziellen Workshops regelmäßig ihre Rollen<br />

und Ziele reflektieren und darüber hinaus<br />

im Dialog mit einer Trainerin sowie anderen<br />

Mentees und Mentoren stehen.


Mecklenburg-Vorpommern sind ein Viertel<br />

aller Vorstandsposten mit Frauen besetzt,<br />

andernorts ist der Anteil wesentlich geringer.<br />

Soll das in der Nord/LB geändert werden<br />

– und wenn ja, wie?<br />

Brouzi: Die Ostseeküste ist eine Benchmark<br />

für uns. Deshalb haben wir in<br />

einem ersten Mentoring-Programm<br />

der Nord/LB weibliche Führungskräfte<br />

mit Verantwortungsbereichsleitern in<br />

Tandem-Teams zusammengebracht. Ein<br />

gutes Jahr lang tauschten sich Mentee<br />

und Mentor, karriereorientierte Frauen<br />

und oberster Führungskreis aus. Weibliche<br />

Nachwuchskräfte konnten unter<br />

vier Augen heikle Fragen stellen. Sie erlebten,<br />

wie Denken auf oberen Hierarchieebenen<br />

funktioniert. Der Prozess<br />

lohnte sich für die Führungskräfte, die<br />

oft erstaunt waren über Denken und Handeln<br />

von Frauen. Sie lernten, dass Frauen<br />

manche Dinge anders verstehen als ein<br />

Mann. Mit diesem Wissen lassen sich talentierte<br />

Frauen besser herausfiltern. Der<br />

Aufwand lohnt sich also für beide Seiten.<br />

Können Sie das an einem Beispiel verdeutlichen?<br />

Brouzi: Das fängt schon damit an, dass<br />

es für manche irritierend war, mit einer<br />

Frau beispielsweise ein geschäftliches<br />

Abendessen wahrzunehmen. Für manche<br />

Situationen im Umgang zwischen<br />

Frauen und Männern gibt es in Unternehmen<br />

noch keine Regeln. Und was nicht<br />

geregelt ist, erfordert Mehraufwand.<br />

Den Nachwuchs-Frauen auf der anderen<br />

Seite wurde klarer, wie ihr Verhalten bei<br />

Männern ankam – und was sie ändern<br />

könnten. Mentor und Mentee hatten ihre<br />

Aha-Erlebnisse. Nach dem ersten Schritt<br />

setzen wir auf ein Schneeball-System, die<br />

vormaligen Mentees geben jetzt als Mentorinnen<br />

ihr Wissen weiter.<br />

Sie selbst engagieren sich auch für eine Mentee<br />

von der DekaBank.<br />

Brouzi: Ja, denn das Mentoring-Programms<br />

des Deutschen Sparkassen- und<br />

Giroverbands, das Präsident Heinrich<br />

Haasis angestoßen hat, ist eine wirklich<br />

gute Idee. Meiner Mentee kann ich von<br />

Frau zu Frau manche Dinge besser erklären.<br />

Ich lasse sie an meinen Erfahrungen<br />

teilhaben. Auf vielen Veranstaltungen<br />

haben wir über Schwierigkeiten gesprochen<br />

– und wie man sie lösen kann: Wie<br />

erkenne ich die gläserne Decke, wo sind<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

FINANZGRUPPE 17<br />

die Unterschiede im Denken von Männern<br />

und Frauen, wie zeigt sich das in<br />

den Formulierungen und im Verhalten.<br />

Wenn Mentor und Mentee sich darüber<br />

austauschen, wird vieles transparenter.<br />

Außerdem besprechen wir selbstverständlich<br />

Fachliches und ich helfe ihr,<br />

Kontakte herzustellen. Das ist der Sinn<br />

des Mentoring-Programms, weil Frauen<br />

gezieltes Netzwerken nicht intensiv genug<br />

betreiben.<br />

Wie schaffen es mehr Frauen in den Aufsichtsrat,<br />

wenn die Spielregeln eher männlich<br />

bestimmt sind? Könnte eine Frauenquote<br />

helfen?<br />

Brouzi: Inzwischen glaube ich das. Veränderungen<br />

müssen aktiv angestoßen<br />

werden. Freiwillig geschieht zu wenig.<br />

Die Männer müssten sich ändern – und<br />

dazu müssen sie aus der eigenen Komfortzone<br />

herauskommen. Nur eine Minderheit<br />

macht das freiwillig. Deshalb<br />

sage ich heute ja zur Quote, um die Veränderungen<br />

anzustoßen. Wenn die Prozesse<br />

laufen, sollte man die Quote aber<br />

schleunigst wieder abschaffen.<br />

�<br />

Das Interview führte Thomas Schindler.


18<br />

FINANZGRUPPE<br />

PERSONALENTWICKLUNG<br />

Gemischt gewinnen<br />

Die Sparkassen-Finanzgruppe rief 2010 eine Bildungs- und Netzwerkinitiative für weibliche<br />

Nachwuchsführungskräfte ins Leben. Erklärtes Ziel ist es, qualifizierte Frauen zur<br />

Übernahme von Führungspositionen zu motivieren und sie auf diesem Weg zu begleiten<br />

und zu beraten. Die Sparkasse Nürnberg hat als eine der ersten Sparkassen ein eigenes<br />

Mentoringprogramm für Frauen in Führung entwickelt, das im Januar Halbzeit hatte.<br />

� VON STEFANIE ZSCHAU<br />

Während der Anteil weiblicher Mitarbeiter<br />

in den Sparkassen bei 62 Prozent<br />

liegt, spiegelt sich dieser hohe Anteil<br />

nicht auf den Führungsebenen wider.<br />

Etwa bei der Sparkasse Nürnberg sind<br />

nur 15 Prozent der Führungskräfte weiblich.<br />

Hier setzt das Mentoringprogramm<br />

des Instituts an. Es räumt qualifizierten<br />

Frauen die Chance ein, von der Lebensund<br />

Berufserfahrung angesehener Führungskräfte<br />

zu profitieren und sich in<br />

ihrer Persönlichkeit weiterzuentwickeln.<br />

Der gesellschaftliche Wandel macht es<br />

dringend erforderlich, die beruflichen Potenziale<br />

von Frauen voll auszuschöpfen,<br />

so dass sie Führung übernehmen oder<br />

in Führungsverantwortung weiter vorankommen.<br />

Lydwina von der Grün, Personalentwicklerin<br />

der Sparkasse Nürnberg,<br />

gibt sich überzeugt, dass bei gemischten<br />

Führungsteams die spezifischen Stärken<br />

beider Geschlechter besser genutzt werden<br />

können. Und sie zitiert die französische<br />

Schriftstellerin Madame de Stael:<br />

„Genie hat kein Geschlecht.“<br />

Vier Vorstände, rund 160 Führungskräfte<br />

und viele Mitarbeiter, die das Thema<br />

betrifft, teilen diese Einschätzung. Angeregt<br />

von der Initiative des Vorstands und<br />

des DSGV für mehr Frauen in Führung<br />

unter Schirmherrschaft von DSGV-Präsident<br />

Heinrich Haasis lud die Sparkasse<br />

Nürnberg im Herbst 2010 hierarchieübergreifend<br />

Frauen des Hauses<br />

zu einem sogenannten Ladies<br />

Day ein. Hierbei wurde erarbeitet,<br />

was Frauen mitbringen, wohin<br />

sie wollen und was ihnen<br />

fehlt, um die Verantwortung für<br />

eine Führungsposition zu übernehmen.<br />

Patenschaften auf Zeit<br />

Frauen haben andere Lebenskonzepte,<br />

Schwerpunkte und<br />

Bedürfnisse. Es gestaltet sich<br />

deshalb schwierig, gleichermaßen<br />

Verantwortung für die<br />

Familie als auch für Mitarbeiter<br />

zu übernehmen. Frauen<br />

benötigen von verschiedenen<br />

Seiten Unterstützung, um eine<br />

Führungsposition inne zu haben.<br />

Ein Selbstverständnis von<br />

„Female Leadership“ ist noch<br />

nicht in den Köpfen verankert. Hier ist<br />

nicht weniger als eine Änderung des<br />

traditionellen Rollenverständnisses<br />

erforderlich. Außerdem fehlen vielen<br />

Frauen die Netzwerke und das Gespräch<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

Unterstützt Frauen<br />

dabei, Führungsverantwortung<br />

zu<br />

übernehmen.<br />

Lydwina von der<br />

Grün, Bereich<br />

Personal,<br />

Sparkasse<br />

Nürnberg<br />

Tandem: Mentee Martina Kreller,<br />

Führungskraft im Bereich<br />

Organisation und Bau und ihr<br />

Mentor Erwin Veth, Personalleiter<br />

der Sparkasse Nürnberg.<br />

FOTO: PETER HIMSEL<br />

mit Gleichgesinnten: Frauen lernen am<br />

liebsten von anderen und tauschen sich<br />

mit ihnen über Herausforderungen und<br />

Fragestellungen aus. Im Ergebnis wurde<br />

ein selbst entwickeltes Mentoringprogramm<br />

mit je zwölf<br />

Mentoren und Mentees gestartet.<br />

Alle vier Vorstände und die<br />

Bereichsleiter erklärten sich bereit,<br />

eine Patenschaft für Frauen<br />

zu übernehmen, die eine Führungsposition<br />

anstreben. Das<br />

Mentoringprogramm startete<br />

im Juni 2011. Alle Frauen in der<br />

Sparkasse Nürnberg konnten<br />

sich bewerben.<br />

Die Ausschreibung traf offensichtlich<br />

einen Nerv. Aus den<br />

überraschend vielen Bewerbungen,<br />

die aus allen Bereichen<br />

des Unternehmens eingingen,<br />

wurden zwölf Frauen ausgewählt.<br />

Auf der Basis mehrerer<br />

Kriterien und ausführlicher<br />

Bewerbungen wurde in einem<br />

Matching-Prozess festgelegt,<br />

wer am besten zu wem passt. Wichtig war<br />

hierbei auch, dass Mentor und Mentee<br />

nicht im gleichen Bereich arbeiten, um<br />

jederzeit frei sprechen zu können und<br />

um andere Blickwinkel zu erhalten. Nach


einem Vorbereitungstreffen für die Mentoren<br />

Mitte Juli 2011 fand bereits Ende<br />

Juli die Auftakt-Veranstaltung für die je<br />

zwölf Mentees und Mentoren statt. Das<br />

Ziel ist die Förderung von Frauen. Der<br />

Vorstand will die Anzahl von Frauen in<br />

Führungspositionen bis zum Jahr 2020<br />

von derzeit 15 Prozent auf 25 Prozent steigern.<br />

Somit würden bei allen Führungskräften<br />

nicht mehr 24, sondern rund 40<br />

Führungskräfte weiblich sein. Wichtig ist<br />

allerdings: „Priorität bei der Besetzung<br />

von Führungspositionen hat natürlich<br />

nach wie vor die Eignung des Bewerbers<br />

in Bezug auf das Anforderungsprofil der<br />

Stelle.“<br />

Mentoringprogramm wird fortgesetzt<br />

Im Mentoringprogramm wird ein Treffen<br />

pro Monat empfohlen. Wann, wo und wie<br />

genau dieses stattfindet, bleibt dem so genannten<br />

„Tandem“ überlassen. In akuten<br />

Fällen haben sich kurze Telefonate, Chats<br />

oder E-Mails als sinnvoll erwiesen. Während<br />

des gesamten Programms – und<br />

auch darüber hinaus – steht Personalentwicklerin<br />

von der Grün als Ansprech- und<br />

Feedbackpartnerin für alle Beteiligten<br />

zur Verfügung. Derzeit laufen bereits die<br />

Vorbereitungen für die zweite Runde. In<br />

der Sparkasse Nürnberg ist man von der<br />

Wirksamkeit des Mentoringprogramms<br />

überzeugt. Viele positive Erlebnisse der<br />

Mentees und Mentoren bei der Halbzeit-<br />

Veranstaltung im Januar 2012 zeigten,<br />

wie unbefangen Themen in den Tandems<br />

bearbeitet werden und wie Führungsverantwortung<br />

die Abstraktheit verliert und<br />

als machbare Herausforderung wahrgenommen<br />

wird.<br />

So sagt etwa Mentee Martina Kreller:<br />

„Von den Erfahrungen einer erfolgreichen<br />

Führungskraft zu lernen und diese<br />

mit eigenen Erfahrungen, Zielen und<br />

Vorstellungen zu kombinieren, ermöglicht<br />

mir eine zukunftsträchtige Perspektive.“<br />

Und ihr Mentor, Erwin Veth, Personalleiter<br />

der Sparkasse Nürnberg, betont:<br />

„Mit einem Mentoringprogramm wollen<br />

wir Frauen zu Führung ermutigen und<br />

sie auf dem Weg dahin unterstützen.“<br />

Im Rahmen des Mentoringprogramms<br />

fand auch ein gemeinsamer Besuch bei<br />

der Versicherungskammer Bayern statt,<br />

die bereits viele Frauen in Führung hat.<br />

Zusätzlich werden zwei Seminare angeboten:<br />

„Den Aufstieg gestalten“ und<br />

„Change Management“, ein Thema, dem<br />

auch die Sparkasse unterworfen ist. Insgesamt<br />

wurde beim ersten Mentoring-<br />

MENTORING<br />

Qualifizierung statt Quote<br />

Das Programm sieht vor, dass sich<br />

Mentor und Mentee über einen Zeitraum<br />

von bis zu zwei Jahren in regelmäßigen<br />

Abständen zu Gesprächen treffen,<br />

um alle anstehenden Fragen und<br />

Herausforderungen zu besprechen. Um<br />

eine Patenschaft bewerben können sich<br />

Frauen, die einen Vorstandsposten in<br />

der Sparkassen-Finanzgruppe anstreben.<br />

Voraussetzung dafür ist der (Dipl.)<br />

Sparkassenbetriebswirt, ein Bachelor<br />

oder ein vergleichbarer Abschluss. Die<br />

Kandidatinnen müssen älter als 25<br />

Jahre alt sein, eine mindestens sechsjährige<br />

Berufserfahrung in der Kreditwirtschaft<br />

vorweisen können und erste<br />

Führungserfahrungen in einer Sparkasse<br />

mitbringen. Sind einzelne Zulassungsvoraussetzungen<br />

nicht gegeben,<br />

ist eine Einzelfallprüfung möglich.<br />

Als Mentoren sind sowohl weibliche<br />

als auch männliche Vorstände aus der<br />

Sparkassen-Finanzgruppe gefragt, die<br />

bereit sind, mit ihrem Erfahrungs- und<br />

Wissensvorsprung die Mentees zu unterstützen<br />

und zu fördern. Mentoring steht<br />

für eine geschützte, hierarchiefreie Partnerschaft<br />

auf Zeit und basiert auf gegenseitigem<br />

Geben und Nehmen. Zwar bietet<br />

Mentoring keine fachliche Qualifizierung<br />

und auch keine Garantie für einen beruflichen<br />

Aufstieg. Das Programm kann aber<br />

sehr wohl Leistungen sichtbar machen<br />

und Türen zu Führungsetagen öffnen. Es<br />

kann zudem Netzwerke etablieren, Kooperationsmöglichkeiten<br />

schaffen und<br />

neue Perspektiven auch für gestandene<br />

Sparkassenführungskräfte eröffnen.<br />

Mentoren machen Mut zur Karriere<br />

Mentees erhalten unter anderem die<br />

Möglichkeit, die eigenen Fähigkeiten besser<br />

kennen und einschätzen zu lernen,<br />

Mut zur eigenen Karriere zu ent wickeln<br />

und diese zielstrebig anzugehen. Dazu<br />

kommen Hinweise auf effizientere und<br />

effektivere Vorgehensweisen, bessere<br />

Einblicke in die Sparkassen-Finanzgrup-<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

FINANZGRUPPE 19<br />

programm viel Arbeit in Konzeption<br />

und Aufbereitung investiert. Der bislang<br />

reibungslose Verlauf, die Vielfalt der<br />

Aufgaben und nicht zuletzt die positiven<br />

Feedbacks der Mentees und Mentoren<br />

entschädigen jedoch für alles.<br />

Bayern ergreift Initiative<br />

Und es bewegt sich etwas im Freistaat:<br />

Auch Franz Inderst, Leiter der Sparkassenakademie<br />

Bayern und ebenfalls ein<br />

starker Befürworter der Frauenförderung,<br />

lud unlängst über 70 Personalentwicklungsverantwortliche<br />

und Vorstände<br />

nach Landshut ein, um über die<br />

Bedeutung von Frauen in Führung für<br />

Sparkassen zu diskutieren.<br />

Die Akademie hat außerdem ein Programm<br />

„Frauen in Führung. Für den Erfolg<br />

Ihrer Sparkasse“ entwickelt. Dieses<br />

bietet sowohl methodische Impulse für<br />

Personalentscheider und -entwickler, als<br />

auch konkretes Handwerkszeug für weibliche<br />

Nachwuchsführungskräfte. Denn<br />

damit die Sparkassen weiterhin die Qualitäts-<br />

und Marktführerschaft behalten,<br />

ist es wichtig, auf allen Ebenen aktiv und<br />

innovativ zu sein und dabei auch weiblichen<br />

Mitarbeitern gute Perspektiven zu<br />

bieten.<br />

�<br />

Um den Weg für Frauen in die Führungsetagen der Sparkassen-Finanzgruppe zu öffnen, führt<br />

der Deutsche Sparkassen und Giroverband unter Schirmherrschaft seines Präsidenten Heinrich<br />

Haasis ein bundesweites Mentoringprogramm durch.<br />

pe und entsprechende Kontakte. Zusätzlich<br />

werden sie in die Netzwerke<br />

ihrer Mentoren eingebunden, die neue<br />

Impulse geben und Unterstützung bei<br />

Stellen- oder Karriereangeboten leisten<br />

können. Für Mentoren liegen die Chancen<br />

darin, frische Ideen und Impulse<br />

von den Mentees zu erhalten und eigenes<br />

Arbeiten zu reflektieren. Zudem<br />

können sie Kontakte zu anderen Mentoren<br />

aufbauen, qualifizierten Nachwuchs<br />

für das eigene Haus rekrutieren<br />

und im Netzwerk neue Kooperationsmöglichkeiten<br />

gewinnen.<br />

Eine Teilnahme am Mentoringprogramm<br />

ist kostenlos. Rhythmus und<br />

Umfang des Mentoring vereinbaren<br />

die Beteiligten selbst. Empfohlen wird<br />

mindestens ein persönliches Treffen<br />

pro Jahr sowie ein regelmäßiger telefonischer<br />

Austausch über Ziele, Entwicklungen<br />

und Perspektiven.<br />

www.s­management­akademie.de


20<br />

MÄRKTE & KUNDEN<br />

ZWEITMARKT GESCHLOSSENE FONDS<br />

Alle Mann von Bord<br />

Weil die Finanzkrise auf der Konjunktur lastet, halten sich Investoren bei Anteilskäufen<br />

geschlossener Fonds zurück. Der Umsatz an den Sekundärmarktplattformen ist 2011<br />

deutlich gesunken. Vor allem Eigner von Schiffsfonds sind betroffen. Sie können aus den<br />

Beteiligungsmodellen allenfalls vorzeitig und mit hohen Verlusten aussteigen.<br />

� VON RICHARD HAIMANN<br />

Umsatzrückgänge rapportiert kein Manager<br />

gern. Alex Gadeberg, Vorstand<br />

der Fondsbörse Deutschland, hadert<br />

jedoch trotz gesunkener Zahlen nicht<br />

mit dem Jahresergebnis 2011: „Wir sind<br />

mehr als zufrieden.“<br />

Anteile geschlossener Fonds im ursprünglichen<br />

Ausgabewert von 145<br />

Mio. Euro hatten auf der von den Börsen<br />

Hamburg, Hannover und München<br />

betriebenen Handelsplattform im vergangenen<br />

Jahr den Besitzer gewechselt.<br />

Damit lag das Transaktionsvolumen<br />

zwar 10,8 Prozent unter den 162,5 Mio.<br />

Euro des Vorjahres. Angesichts der Gesamtmarktentwicklung<br />

habe sich die mit<br />

Abstand größte Börse für Anteile von Beteiligungsmodellen<br />

jedoch gut geschlagen,<br />

sagt Gadeberg.<br />

Die Angst vor den konjunkturellen Auswirkungen<br />

der Finanzkrise hatte im vergangenen<br />

Jahr vor allem institutionelle<br />

Investoren wie speziell aufgelegte Zweitmarktfonds<br />

davon abgehalten, Anteile<br />

von geschlossenen Flugzeug-, Immobilien-,<br />

Schiffs-, Solar- und Windkraftsfonds<br />

zu erwerben. „Dem Handel mit Beteiligungsmodellen<br />

gelingt es nicht, sich<br />

von den Unsicherheiten an den<br />

Finanzmärkten zu entkoppeln“,<br />

sagt Björn Meschkat, Vorstand<br />

der Deutsche Zweitmarkt, der<br />

zweitgrößten Plattform für den<br />

Handel mit Anteilen von Beteiligungsmodellen.<br />

Das Hamburger Makler- und<br />

Handelshaus analysiert regelmäßig<br />

die Transaktionszahlen<br />

der beiden großen Plattformen<br />

sowie der internen Zweitmärkte,<br />

die einige Emissionshäuser<br />

für ihre eigenen Fonds betreiben.<br />

Das Ergebnis zeigt, dass<br />

es für Anleger geschlossener<br />

Fonds in der Krise schwieriger<br />

geworden ist, vorzeitig aus<br />

Beteiligungsmodellen auszusteigen.<br />

2011 waren an allen<br />

Handelsstätten nur noch Fondsanteile<br />

im Nominalwert von<br />

215 Mio. Euro umgegangen.<br />

Damit sank das Transaktionsvolumen<br />

um 16,7 Prozent gegenüber den 258 Mio.<br />

Euro im Jahr zuvor.<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

„Der Sekundärhandel<br />

ist für die<br />

geschlossenen<br />

Fonds sehr<br />

wichtig, weil er zu<br />

einem funktionierendenGesamtmarkt<br />

beiträgt.“<br />

Hubert Spechtenhauser,Geschäftsführer<br />

Hannover<br />

Leasing<br />

Dass das Minus trotz des Käuferstreiks<br />

der Profiinvestoren nicht stärker ausfiel,<br />

lag daran, dass Privatanleger<br />

verstärkt in den Sekundärmarkt<br />

einstiegen. Opportunistische<br />

Käufer wollten Kurseinbrüche<br />

nutzen, um günstig Anteile<br />

langfristig aussichtsreicher<br />

Fonds zu erstehen. „Erstmals in<br />

der Geschichte des Zweitmarkts<br />

hatten private Käufer mit einem<br />

Anteil von rund 70 Prozent die<br />

Nase vorn“, sagt Gadeberg. „Von<br />

einem Schnäppchenmarkt für<br />

institutionelle Investoren kann<br />

niemand mehr sprechen.“<br />

Attraktiver Zweitmarkt<br />

Bei der Zeichnung eines geschlossenen<br />

Fonds gehen Anleger<br />

eine unternehmerische<br />

Beteiligung ein. Sie erwerben<br />

Anteile an einer Kommanditgesellschaft,<br />

die in Immobilien,<br />

Flugzeuge, Schiffe, Wind- oder<br />

Solarkraftanlagen investiert. Das investierte<br />

Kapital der privaten Investoren ist<br />

eigentlich solange gebunden, bis die Investitionsobjekte<br />

verkauft und der Fonds<br />

aufgelöst wird. Bei geschlossenen Immobilienfonds<br />

beträgt die Laufzeit in der Regel<br />

mehr als zehn Jahre, weil erst danach<br />

Gewinne aus dem Verkauf des Gebäude<br />

steuerfrei vereinnahmt werden können.<br />

Die lange Kapitalbindung hat früher<br />

viele Anleger davon abgehalten, Beteiligungsmodelle<br />

zu zeichnen. Denn bei<br />

unvorhersehbaren Liquiditätsengpässen<br />

Auf den Weltmeeren sind zu viele<br />

Schiffe unterwegs. Wegen der<br />

Überkapazitäten funken viele<br />

maritime Beteiligungen SOS. Die<br />

Charterraten sind massiv gesunken.<br />

Mehrere Beteiligungen mussten<br />

Insolvenz anmelden. Experten<br />

rechnen nicht damit, dass sich die<br />

Lage im Seehandel in diesem Jahr<br />

entspannen wird.<br />

GRAFIK: DPA, C.JUST


durch Arbeitslosigkeit, Berufsunfähigkeit<br />

oder Scheidung ist es nicht möglich,<br />

die Anteile vorzeitig an die Emissionshäuser<br />

zurückzugeben. Um das Problem<br />

zu lösen, wurde vor etwas mehr als zehn<br />

Jahren mit der Fondsbörse Deutschland<br />

die erste Zweitmarkthandelsplattform<br />

aufgelegt. Wie beim Handel mit Aktien<br />

und Anleihen werden zur Preisfindung<br />

Geld- und Briefkurse von Kauf- und Verkaufsinteressenten<br />

gestellt.<br />

„Die Möglichkeit, vorzeitig aus einem<br />

geschlossenen Fonds aussteigen zu<br />

können, macht das Produkt insgesamt<br />

attraktiver“, sagt Andreas Heibrock,<br />

Mitglied der Geschäftsleitung der zur<br />

BayernLB gehörenden Fondsschmiede<br />

Real I.S. „Der Sekundärhandel<br />

ist für die geschlossenen Fonds<br />

sehr wichtig, weil er zu einem<br />

funktionierenden Gesamtmarkt<br />

beiträgt“, sagt Hubert<br />

Spechtenhauser, Geschäftsführer<br />

der Hannover Leasing.<br />

Das mehrheitlich der Landesbank<br />

Hessen-Thüringen und<br />

der Hessisch-Thüringischen<br />

Sparkassen-Beteiligungsgesellschaft<br />

(HTSB) gehörende Emissionshaus<br />

zählt ebenso wie die<br />

Real I.S. zu den Premium-Partnern<br />

der Fondsbörse Deutschland.<br />

Die Initiatoren haben sich damit<br />

verpflichtet, sämtliche für<br />

die eigenen Fonds relevanten<br />

neuen Nachrichten sofort an<br />

die Handelsplattform weiterzugeben.<br />

Diese stellt die Informationen<br />

über ihre Internetseite<br />

allen Kaufinteressenten<br />

zur Verfügung. „Damit wird die<br />

nötige Transparenz geschaffen,<br />

damit Anleger Anteile einer Vielzahl<br />

unserer geschlossenen Fonds veräußern<br />

können“, sagt Spechtenhauser.<br />

Angespannte Lage im Seehandel<br />

Allerdings zeigt das vergangene Jahr,<br />

dass private Investoren in wirtschaftlich<br />

unsicheren Zeiten nicht jederzeit aus den<br />

unternehmerischen Beteiligungen aussteigen<br />

können. Insbesondere Schiffsfondsanteile<br />

ließen sich 2011 kaum oder<br />

nur mit massiven Abschlägen auf den bei<br />

der Zeichnung gezahlten Nominalbetrag<br />

veräußern.<br />

Dies liegt daran, dass immer mehr maritime<br />

Beteiligungen SOS funken, weil<br />

die Charterraten massiv gesunken sind.<br />

Fast jeder zweite Schiffsfonds konnte im<br />

vergangenen Jahr keine Ausschüttungen<br />

mehr leisten. Mehrere Beteiligungen<br />

mussten Insolvenz anmelden, weil die<br />

Einnahmen nicht mehr ausreichten, um<br />

die Bankkredite zu bedienen, mit denen<br />

ein Teil des Kaufpreises der Schiffe finanziert<br />

worden war.<br />

Experten rechnen nicht damit, dass sich<br />

die Lage im Seehandel in diesem Jahr<br />

„Die Möglichkeit,<br />

vorzeitig<br />

aus einem<br />

geschlossenen<br />

Fonds<br />

aussteigen zu<br />

können,<br />

macht das<br />

Produkt<br />

insgesamt<br />

attraktiver.“<br />

Andreas Heibrock,<br />

Geschäftsführungsmitglied<br />

der<br />

BayernLB-Tochter<br />

Real I.S.<br />

entspannen wird. Denn Emissionshäuser<br />

und Reedereien haben in der Vergangenheit<br />

weit mehr Schiffe geordert, als jetzt<br />

auf den Weltmeeren benötigt werden.<br />

„Die Überkapazitäten treiben den Markt<br />

immer weiter in die Krise“, sagt Christian<br />

Reuter, Schiffsmarktanalyst der HSH<br />

Nordbank.<br />

Immer mehr Anleger wollen deshalb aus<br />

ihren Schiffsfonds aussteigen. Gleichzeitig<br />

ist jedoch die Zahl der Interessenten<br />

stark zurückgegangen, die bereit sind,<br />

in dieses Segment einzusteigen. Bei der<br />

Fondsbörse Deutschland fiel deshalb der<br />

Anteil der maritimen Beteiligungen am<br />

Handelsvolumen auf nur noch 14 Prozent.<br />

2010 hatten noch Schiffsfondsanteile<br />

zu einem Ursprungswert<br />

von 40 Mio. Euro auf der Plattform<br />

den Besitzer gewechselt.<br />

Im vergangenen Jahr betrug<br />

der nominale Wert der gehandelten<br />

Anteile nur noch 20 Mio.<br />

Euro.<br />

Gleichzeitig fiel der durchschnittliche<br />

Handelskurs bei<br />

Schiffsfondsanteilen an allen<br />

Handelsplattformen nach<br />

Berechnungen der Deutsche<br />

Zweitmarkt im Dezember auf<br />

nur noch 40,8 Prozent. „Das<br />

ist ein neuer Tiefststand“, sagt<br />

Deutsche-Zweitmarkt-Vorstand<br />

Meschkat. „Viele Anleger sind<br />

regelrecht in eine Hysterie<br />

verfallen und verkaufen ihre<br />

Anteile oftmals unter Wert, um<br />

aussteigen zu können.“<br />

Hingegen profitierten Verkäufer<br />

von Anteilen geschlossener<br />

Immobilienfonds tendenziell<br />

von der durch die Finanzkrise<br />

ausgelösten Flucht in das Betongold.<br />

An der Fondsbörse Deutschland<br />

ging das nominelle Handelsvolumen in<br />

diesem Segment 2011 gegenüber dem<br />

Vorjahr nur leicht von 112 Mio. Euro auf<br />

107 Mio. Euro zurück. „Immobilienfonds<br />

Zweitmarkthandel kurz & knapp<br />

Die Fondsbörse Deutschland war 2011 mit<br />

einem Umsatz im Nominalwert von 145 Mio.<br />

Euro die mit Abstand größte Plattform für den<br />

Handel mit Anteilen geschlossener Fonds. Die<br />

Deutsche Zweitmarkt erreichte einen Gesamtumsatz<br />

im Nominalwert von 58,68 Mio. Euro.<br />

Insgesamt sind an beiden Handelsplätzen<br />

mehr als 5000 Beteiligungsmodelle gelistet.<br />

Wie an einer normalen Börse können Anleger<br />

selbst oder mithilfe ihrer Sparkassenberater<br />

auf den Zweitmarktplattformen Fondsanteile<br />

kaufen und verkaufen. Ein Handel kommt<br />

zustande, wenn Gebot und Forderung übereinstimmen.<br />

Auf den Internetseiten beider Plattformbetreiber<br />

sind aktuelle Geld­ und Briefkurse<br />

sowie frühere Handelskurse aufgeführt.<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

MÄRKTE & KUNDEN 21<br />

bilden weiterhin den Handelsschwerpunkt“,<br />

sagt Gadeberg. Der durchschnittliche<br />

Handelskurs der Betongoldbeteiligungen<br />

lag 2011 nach Berechnungen<br />

der Deutsche Zweitmarkt bei 90,05 Prozent.<br />

Damit mussten Verkäufer im Mittel<br />

zwar ebenfalls einen Abschlag auf den<br />

ursprünglich investierten Betrag hinnehmen.<br />

Dem stehen allerdings die Ausschüttungen<br />

gegenüber, die die Anleger<br />

in den Jahren zuvor aus den Mieteinnahmen<br />

erhalten hatten.<br />

Umsätze steigen wieder<br />

Deutlich gestiegen ist der Handel mit<br />

Flugzeug-, Wind- und Solarfonds. An der<br />

Fondsbörse Deutschland stieg das Volumen<br />

bei diesen Marktsegmenten gegenüber<br />

dem Vorjahr um 63,6 Prozent von elf<br />

auf 18 Mio. Euro. Auch bei der Deutsche<br />

Zweitmarkt stieg das Transaktionsvolumen<br />

bei diesen Fonds. „Die seit 2005<br />

verstärkt aufgelegten Beteiligungen an<br />

Flugzeugen und regenerativen Energien<br />

gewinnen am Zweitmarkt an Bedeutung“,<br />

sagt Meschkat.<br />

2012 dürften sowohl die Fondsbörse<br />

Deutschland als auch die Deutsche Zweitmarkt<br />

wieder steigende Handelsumsätze<br />

vermelden. Mit dem 1. Juli greift die Novellierung<br />

des Finanzanlagenvermittlerund<br />

Vermögensanlagerechts. Danach<br />

dürfen nur noch jene Makler und Handelshäuser<br />

Transaktionen von Anteilen<br />

geschlossener Fonds begleiten, die eine<br />

entsprechende Genehmigung der Bundesanstalt<br />

für Finanzdienstleistungsaufsicht<br />

(BaFin) haben.<br />

Voraussetzung dafür sei „Transparenz<br />

und Handelsüberwachung“, erläutert Gadeberg.<br />

Bei der Fondsbörse Deutschland<br />

sei beides bereits gegeben. „Die Kurse<br />

werden handelstäglich von den Börsen<br />

Hamburg, Hannover und München überwacht<br />

und sämtliche Handelskurse offengelegt.“<br />

Die Deutsche Zweitmarkt hat<br />

für ihre Plattform einen Genehmigungsantrag<br />

bei der BaFin gestellt.<br />

�<br />

Die Übertragung der Anteile dauert nur einige<br />

Tage. Die Ausnahme sind US­Immobilienfonds.<br />

Weil die US­Finanzbehörde formell der Übertragung<br />

der Anteile zustimmen muss, dauert<br />

das Verfahren mindestens eineinhalb Monate.<br />

Durch den Verkauf ihrer Anteile können sich<br />

Anleger nicht etwaigen Verpflichtungen<br />

gegenüber den finanzierenden Banken des<br />

Fonds entziehen. Wurden frühere Ausschüttungen<br />

nicht durch Einnahmen erzielt, sondern<br />

aus Eigenkapitalrücklagen geleistet, kann das<br />

Emissionshaus sie fünf Jahre lang von den<br />

früheren Anteilseignern zurückfordern, sollte<br />

der Fonds in Schieflage geraten.<br />

QUELLE: FONDSBÖRSE DEUTSCHLAND


22<br />

MÄRKTE & KUNDEN<br />

MITTELSTAND<br />

Risiken in Körbe packen<br />

Sparkassen sind nicht nur nah am Kunden. Mit dem Pooling von Krediten im Verbund verfügen die<br />

Institute über geeignete Instrumente, um größere Kreditrisiken abzufedern.<br />

� VON NORBERT HOFMANN<br />

Noch bei der Vorlage der Halbjahreszahlen<br />

hatte sich das Management<br />

optimistisch gegeben. Bei prozentual<br />

zweistelligen Umsatzzuwächsen und<br />

steigendem Ordervolumen sah sich der<br />

Druckmaschinenhersteller Manroland<br />

als Profiteur der globalen Konjunkturerholung.<br />

Nur wenige Monate später war<br />

der ganze Optimismus dahin. Das Augsburger<br />

Unternehmen, dessen Eigentümer<br />

der Finanzinvestor Allianz Capital<br />

Partner und die Volkswagen-Tochter MAN<br />

sind, musste nach einem dramatischen<br />

Einbruch im Auftragseingang Ende November<br />

Antrag auf Insolvenz stellen.<br />

Die Manroland-Pleite war der größte<br />

Konkurs seit der Arcandor-Insolvenz.<br />

Nehmen die Risiken für Firmenkredite<br />

wieder zu? An Warnsignalen mangelt es<br />

nicht. So meldet das Statistische Bundesamt<br />

bereits seit Juli 2011 wieder einen<br />

deutlich schwächeren Rückgang der Unternehmensinsolvenzen<br />

als noch in der<br />

ersten Jahreshälfte. Angesichts dieser<br />

Zahlen, aber auch wegen „der zunehmenden<br />

Verunsicherung im Bankensektor“<br />

rechnet der Insolvenzverwalterverband<br />

VID bald mit einer steigenden Zahl<br />

von Firmenkonkursen. Dessen Vorsitzender<br />

Christoph Niering mahnte im Dezember<br />

jedoch auch: „Eine Großinsolvenz wie<br />

Manroland darf nicht als Indiz für eine<br />

dramatische Verschlechterung des Finanzierungsumfelds<br />

gewertet werden.“<br />

Die Sparkassen jedenfalls können<br />

schon während und nach der ersten Finanzmarktkrise<br />

ihren Teil dazu beitragen<br />

– auch und gerade weil sie nicht kapitalmarktorientiert<br />

sind. Besser denn je sind<br />

sie heute sogar in der Lage, auch größere<br />

Risiken aus eigener Kraft abzusichern.<br />

Dass dafür die geeigneten Instrumente<br />

zur Verfügung stehen, belegt die im November<br />

2011 von BayernLB, Helaba, HSH<br />

Nordbank, LBBW, Nord/LB und WestLB<br />

lancierte – und mittlerweile fünfte – bundesweite<br />

Kreditpooling-Transaktion.<br />

Landesbanken als Organisatoren<br />

Die Sparkassen können in den Kreditbasket<br />

VIII einzelne größere Adressenrisiken<br />

einbringen, wobei sie in gleicher Höhe ihrerseits<br />

in ein nach Adressen, Branchen<br />

und Regionen granulares Portfolio investieren.<br />

„Der Basket ermöglicht es, Kon-<br />

Wachsendes Interesse am Kreditbasket<br />

Das Transaktionsvolumen des S-Kreditbaskets entwickelt sich seit 2004 kontinuierlich nach<br />

oben. Auch die Netto-Volumenzuwächse haben sich seit dem krisenbedingten Einbruch im<br />

Jahr 2010 wieder mehr als verdoppelt. GRAFIK: BAYERNLB, DPA<br />

zentrationsrisiken zu diversifizieren und<br />

damit das Kreditportfoliorisiko deutlich<br />

zu senken“, sagt Diethard Oriwol, Experte<br />

für das Eigengeschäft und Bilanzstrukturmanagement<br />

bei der Helaba.<br />

Die Landesbanken sind für die<br />

Betreuung und Akquisition der<br />

teilnehmenden Sparkassen zuständig.<br />

BayernLB und Helaba<br />

übernehmen darüber hinaus<br />

die Verwaltung und Abwicklung<br />

der Transaktion, die letztlich die<br />

Sparkassen in ihrem originären<br />

Kreditgeschäft noch leistungsfähiger<br />

macht. „Weil ihre Risikotragfähigkeit<br />

durch das Pooling<br />

steigt, können die Institute auch<br />

wieder mehr neue Kredite an<br />

den Mittelstand ausgeben“,<br />

sagt Oriwol. An Ansatzpunkten<br />

mangelt es nicht. Ist eine Region<br />

beispielsweise stark von einer<br />

bestimmten Branche geprägt,<br />

sorgt die Eingabe einzelner Kredite<br />

aus diesem Sektor in den<br />

bundesweiten Korb für neue<br />

Freiräume bei der Finanzierung<br />

von Unternehmen solcher Branchen.<br />

Vor allem können Sparkassen dank des<br />

Baskets auch schnell wachsende Mittelständler<br />

leichter langfristig begleiten.<br />

„Kreditpooling-Transaktionen ermög-<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

„Pooling steigert<br />

Risikotragfähigkeit<br />

der Institute.“<br />

Diethard Oriwol,<br />

bei der Helaba<br />

verantwortlich für<br />

Eigengeschäft und<br />

Bilanzstrukturmanagement<br />

lichen uns den Abbau von Klumpenrisiken<br />

und somit des Risikos unerwarteter<br />

Ausfälle ebenso wie die Entlastung<br />

interner Limite bei großen Adressen mit<br />

guter Bonität“, sagt Reiner Merle, Leiter<br />

Kreditüberwachung bei der<br />

Nassauischen Sparkasse in<br />

Wiesbaden. Das Pooling diene<br />

damit der Absicherung von<br />

Neugeschäften mit Bestandskunden<br />

sowie der Optimierung<br />

der Größenklassenstruktur des<br />

Kreditportfolios.<br />

Thomas Schwarzbauer, Vorstandsvorsitzender<br />

der Sparkasse<br />

Dillingen, weiß die<br />

Vorteile des Kreditbaskets eben-<br />

falls zu schätzen. Theoretisch<br />

könnte das Institut bei einer Bilanzsumme<br />

von knapp 1,3 Mrd.<br />

Euro unter Berücksichtigung<br />

der KWG-Obergrenze zwar Einzelkredite<br />

auch in Höhe von<br />

über 30 Mio. Euro ausreichen.<br />

Das allein zu tragen, wäre aber<br />

zu gefährlich. Zwar hat die Sparkasse<br />

Dillingen ihren Sitz in<br />

einer prosperierenden Region mit vielen<br />

Unternehmen guter Bonität. Doch können<br />

sich die Ratings einzelner Adressen<br />

wie etwa vor einigen Jahren im Bau plötzlich<br />

verschlechtern. Der Vorstand hat sich


deshalb jetzt entschieden, Einzelrisiken<br />

ab einer bestimmten Größe über das Pooling<br />

zu diversifizieren. „Der Basket ist für<br />

uns ideal, wir können so jedes gute Kreditrisiko<br />

für den Mittelstand in der Region<br />

übernehmen“, sagt Schwarzbauer.<br />

Dank des Baskets bleibt die Sparkasse zudem<br />

selbst der Finanzierer Nummer eins<br />

des Unternehmens und ist so in der Lage,<br />

Mittelständer nicht nur mit Krediten<br />

auf ihrem Wachstumskurs<br />

zu begleiten. „Wir können unser<br />

Dienstleistungen entlang der<br />

gesamten Wertschöpfungskette<br />

und nah vor Ort anbieten“, sagt<br />

Schwarzbauer, für den die Teilnahme<br />

am Pooling eine langfristig<br />

ausgerichtete strategische<br />

Entscheidung ist. Die Sparkasse<br />

Dillingen wird auch an den<br />

Transaktionen der kommenden<br />

Jahre teilnehmen, um so für<br />

Kontinuität der Risikostreuung<br />

über die jeweils fünf Jahre laufenden<br />

Baskets zu sorgen.<br />

Die Vorteile des Poolings werden<br />

von einer wachsenden<br />

Teilnehmerzahl genutzt. Das<br />

Transaktionsvolumen ist seit<br />

dem Start im Jahr 2004 kontinuierlich<br />

gestiegen und erreichte<br />

2011 einen Rekordzuwachs.<br />

Insgesamt mehr als 120 Institute<br />

haben mittlerweile an mindestens<br />

einer Transaktionen teilgenommen, es<br />

sind derzeit Adressenrisiken in Höhe<br />

von knapp 1,2 Mrd. Euro abgesichert.<br />

Mit einem Volumen von 361,2 Mio. Euro<br />

ist der von 48 Sparkassen mit 200 Adressen<br />

gespeiste Basket VIII bereits mehr als<br />

doppelt so groß wie der Korb des Jahres<br />

2008. „Mit der Finanzkrise sind auch die<br />

Sparkassen noch einmal zusätzlich sensibler<br />

für Risiken geworden“, sagt Thomas<br />

Steinmeyer, Kreditrisikomanager<br />

Sparkassen bei der BayernLB.<br />

Das Interesse wachse aber auch, weil<br />

die Sparkassen im Firmenkundengeschäft<br />

erfolgreich sind und ihren Ruf<br />

als zuverlässige Kapitalgeber des Mittelstands<br />

nach der Finanzkrise untermauert<br />

haben. Der Kreditbasket kann helfen,<br />

die eigene Position bei den Top-Firmen-<br />

„Verglichen mit<br />

dem herkömmlichenKonsortialgeschäft<br />

können<br />

wir bei einem<br />

Basket unabhängig<br />

agieren.“<br />

Ralf Bernhard,<br />

Marktfolge- und<br />

Kreditexperte,<br />

Sparkasse<br />

Darmstadt<br />

kunden mit einem Umsatzvolumen von<br />

etwa zehn Mio. Euro bis zu einer Mrd.<br />

Euro weiter auszubauen. Dieses Potenzial<br />

ist noch längst nicht voll ausgeschöpft.<br />

„Die an der jüngsten Transaktion teilnehmenden<br />

Institute stehen für zwölf Prozent<br />

aller Sparkassen, vorstellbar ist aber<br />

eine Quote von 20 bis 30 Prozent“, sagt<br />

Steinmeyer.<br />

Die bisherigen Erfahrungen<br />

mit dem Konzept dürften für<br />

weiteren Zuspruch sorgen. Die<br />

teilnehmenden Institute lernen<br />

auch dazu. So ist es gerade<br />

für die eng mit vertrauten Firmenkundenzusammenarbeitenden<br />

Sparkassen-Manager<br />

ungewohnt, in eine Vielzahl<br />

unbekannter Kreditrisiken zu<br />

investieren. „Wir lösen diese In-<br />

formationsasymmetrie jedoch<br />

auf, indem wir das vom jeweiligen<br />

Institut vergebene Rating<br />

durch die Prüfungsstellen der<br />

regionalen Sparkassenverbände<br />

plausibilisieren lassen“,<br />

erläutert Steinmeyer. Überzeugend<br />

wirkt zudem, dass sich<br />

die bisherigen Ausfallraten im<br />

Rahmen der Erwartungen bewegen.<br />

Angesichts der Vorteile<br />

hinsichtlich Risikosenkung und<br />

Ausweitung des Geschäftspotenzials<br />

wird nicht zuletzt auch der mit<br />

Einführung und Verwaltung des Baskets<br />

verbundene Mehraufwand akzeptiert.<br />

Die Größenordnung der in den Pool<br />

eingegebenen Kreditrisiken können die<br />

Sparkassen derzeit in einer Spanne von<br />

200.000 Euro bis sechs Mio. Euro selbst<br />

wählen. Wer als Originator Risiken eingibt,<br />

zeichnet in gleicher Höhe als Inves tor eine<br />

Inhaberschuldverschreibung (Credit-Linked-Note),<br />

in die ein Credit Default Swap<br />

eingebettet ist. Die Verzinsung erfolgt<br />

vierteljährlich auf Basis des Drei-Monats-<br />

Euribor zuzüglich eines Refinanzierungs-<br />

Spreads sowie der basketabhängigen<br />

Bonitätsprämie. „Die Risikoprämie deckt<br />

die erwarteten Verluste ab“, sagt Ralf Bernhard,<br />

Hauptabteilungsleiter Marktfolge<br />

Kredit bei der Sparkasse Darmstadt, die<br />

sich am jüngsten Basket als Originator<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

MÄRKTE & KUNDEN 23<br />

mit vier Adressen bei einem Volumen von<br />

9,5 Mio. Euro beteiligt hat. Das Institut hat<br />

sich damit bereits zum siebten Mal bei einer<br />

Kreditpoolingtransaktion engagiert<br />

und bisher 19 Adressen mit einem Volumen<br />

von fast 50 Mio. Euro abgesichert.<br />

Bernhard schätzt es, dass die Sparkasse<br />

dank des Poolings vor allem bei stark<br />

wachsenden Unternehmen und bei Großengagements,<br />

bei denen interne Limite<br />

überschritten werden, in Sachen Leistungsfähigkeit<br />

mithalten kann. Gleichzeitig<br />

behalte sie die Fäden in der Hand.<br />

„Verglichen mit dem herkömmlichen Konsortialgeschäft<br />

können wir bei einem Basket<br />

unabhängig agieren“, sagt Bernhard.<br />

„Pooling lebt vom Mitmachen“<br />

Auch aus Sicht der Nassauischen Sparkasse<br />

hat sich das Pooling als ein effektives<br />

und praxistaugliches Instrument<br />

zum Management von Kreditrisiken<br />

erwiesen. Wesentliche Erfolgsfaktoren<br />

seien neben der bundesweiten Streuung,<br />

den einheitlichen Standards bei der Risikobewertung<br />

und der Qualitätssicherung<br />

durch die Prüfungsstellen auch<br />

die Kostenstabilität durch Standardisierung<br />

und die konsequente Teilnahme<br />

möglichst vieler Sparkassen. „Pooling<br />

lebt vom Mitmachen“, ermuntert Naspa-<br />

Experte Merle.<br />

Die Leistungsfähigkeit der Sparkassen<br />

dürfte vor dem Hintergrund der europäischen<br />

Schuldenkrise bald noch mehr gefragt<br />

sein. „Die Geschäftsbanken könnten<br />

in den kommenden Monaten ihre Bilanzen<br />

schrumpfen und Risiken abbauen,<br />

was zu einer stagnierenden oder sogar<br />

rückläufigen Kreditvergabe führen würde“,<br />

warnt etwa Jörg Zeuner, Chefökonom<br />

der auf die Betreuung großer Vermögen<br />

spezialisierten VP-Bank. Von einer Kreditklemme<br />

in Deutschland will aber bislang<br />

niemand reden (siehe Kasten). „Viele Unternehmen<br />

verfügen weiterhin über hohe<br />

Liquidität. Insbesondere Sparkassen und<br />

der Genossenschaftsbanksektor erhöhten<br />

aufgrund ihrer hohen Eigenkapitalbasis<br />

ihr Kreditvolumen um stabile drei<br />

bis vier Prozent“, schreibt Analyst Bernhard<br />

Gräf in einer Studie der Deutsche<br />

Bank Research.<br />

�<br />

Kreditklemme nicht in Sicht – Bayerischer Verbandschef Zellner sieht solides Fundament<br />

„Die Sparkassen werden dafür sorgen, dass die<br />

Konjunktur nicht durch eine Kreditklemme ausgebremst<br />

wird“, sagt Thomas Schwarzbauer,<br />

Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Dillingen.<br />

Voraussetzung dafür sei allerdings, dass man<br />

die Institute bei ihrer Aufgabe nicht störe. Sparkassen<br />

seien schneller und näher am Kunden<br />

als die Entscheidungsgremien der großen<br />

Geschäftsbanken. „Wir sind genauso nah am<br />

Kreditnehmer, wie dieser als Unternehmer nah<br />

an seinen Kunden ist“, sagt Schwarzbauer.<br />

Das ermögliche eine umfassende Kenntnis der<br />

Soft Facts, die bei der Kreditvergabe letztlich<br />

entscheidend seien. Auf dieser Basis könne man<br />

das Kreditgeschäft unter Berücksichtung der<br />

Risikominimierung sachlich weiterentwickeln.<br />

Dafür sorgt auch das solide Fundament der<br />

Wirtschaft. „Wichtige Industriebereiche wie der<br />

Maschinenbau oder die Metall­ und Elektroindustrie<br />

präsentieren sich nach wie vor in guter<br />

Verfassung“, erläutert Theo Zellner, Präsident<br />

des Sparkassenverbands Bayern. Zwar trübten<br />

die Risken aus der Schuldenkrise die Erwartungen<br />

zur zukünftigen Geschäftsentwicklung,<br />

aber „auch in diesem konjunkturellen Umfeld<br />

haben die bayerischen Sparkassen ihr Kreditgeschäft<br />

ausgeweitet und damit die Wirtschaft<br />

gestützt“, sagt Zellner. Die Sparkassen agieren<br />

wegen ihrer hohen Kundeneinlagen weitgehend<br />

unabhängig von den internationalen<br />

Finanzmärkten. Auch das ist ein Grund für ihr<br />

hohes Engagement in der Mittelstandsfinanzierung,<br />

auch in wechselhaften Zeiten.


24<br />

MÄRKTE & KUNDEN<br />

UNTERNEHMENSPORTRÄT<br />

Der Feinarbeiter<br />

Ob Luft- und Raumfahrt, Automobilindustrie oder Schifffahrt – Firmenlenker Lars Reeder ist mit<br />

dem Hamburger Maschinenbauer Hein & Oetting auf vielen Geschäftsfeldern aktiv. Er will durch<br />

weitere Zukäufe die Abhängigkeit von seinem größten Auftraggeber abbauen – der Sperry Marine-<br />

Gruppe, einer Tochterfirma des US-Rüstungskonzerns Northrop Grumman. Beteiligt hat sich<br />

Reeder an Hein & Oetting mithilfe der Hamburger Sparkasse.<br />

� VON GREGORY LIPINSKI<br />

Geschickt dreht und wendet er den<br />

metallischen Kasten in der Luft, um<br />

das filigran wirkende Maschinenteil von<br />

allen Seiten zu zeigen. Dabei blitzt das<br />

Innere des Kastens immer wieder im Neonlicht<br />

der Werkshalle auf. Was der Firmenchef<br />

vorsichtig zwischen seinen Fingern<br />

balanciert, ist Teil der Steuerkonsole<br />

eines Kampfjets. „Ohne dieses Gehäuse<br />

würde der Eurofighter nicht fliegen“, sagt<br />

Lars Reeder gegenüber SPARKASSE.<br />

Der 51-Jährige mit dem lichten grauen<br />

Haar und sportlicher Statur ist alleiniger<br />

Geschäftsführer und Gesellschafter der<br />

Hein & Oetting GmbH in Hamburg, die<br />

sich auf die Herstellung feinmechanischer<br />

Teile konzentriert hat. Ob Luftund<br />

Raumfahrt, Schifffahrt, Laser-, Medizintechnik<br />

oder Automobilindustrie<br />

– breit gefächert ist der Kundenkreis des<br />

1970 gegründeten Traditionsbetriebs.<br />

Der Branchenmix ist Teil der Firmenstrategie,<br />

die Reeder seit der Übernahme der<br />

Gesellschaft 2005 verfolgt. Damals hatte<br />

sich die Gesellschaft auf den Bau von<br />

Kompassen für die Schifffahrt konzen-<br />

triert. Um das unternehmerische Risiko<br />

auf mehrere Standbeine und Kunden zu<br />

verteilen, erwarb er in den vergangenen<br />

acht Jahren diverse kleinere<br />

und größere Gesellschaften.<br />

„Ich habe seit meinen Einstieg<br />

bei Hein & Oetting im Jahr 2005<br />

neue Kunden aus unterschiedlichsten<br />

Branchen dazugewonnen,<br />

um die Abhängigkeit vom<br />

Bau von Navigationssystemen<br />

zu verringern“, erklärt Reeder<br />

sein Firmenkonzept.<br />

Erzielte der Maschinenbaubetrieb<br />

damals mit Navigations-<br />

systemen rund 80 Prozent des<br />

Jahresumsatzes, verringerte<br />

sich dieser Anteil inzwischen<br />

auf die Hälfte. Heute setzt das<br />

Unternehmen mit 80 Mitarbeitern<br />

und Auszubildenden rund<br />

zehn Mio. Euro um. An dem vor<br />

Jahren eingeschlagenen Kurs<br />

will Reeder konsequent festhalten.<br />

Er ist deshalb weiter auf Einkaufstour<br />

und hält stets Ausschau nach<br />

attraktiven Einstiegsmöglichkeiten. Sein<br />

jüngster Coup: Er übernahm Anfang Ok-<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

„Die Haspa hat mir<br />

mit ihrer tatkräftigenUnterstützung<br />

den Einstieg<br />

bei Hein & Oetting<br />

ermöglicht.“<br />

Lars Reeder<br />

Geschäftsführer<br />

Hein & Oetting<br />

tober in Kiel eine Gesellschaft, die Geräte<br />

unter anderem für die Flugzeugindustrie<br />

auf elektromagnetische Verträglichkeit<br />

untersucht. Passend hierzu<br />

hat er 2010 in Stade die Treo –<br />

Labor für Umweltsimulation<br />

GmbH erworben. Das niedersächsische<br />

Unternehmen konzentriert<br />

sich darauf, Produkte<br />

sogenannten Stresstests zu unterziehen:<br />

Ob Bildschirme für<br />

den Flugzeugbauer EADS oder<br />

Elemente für Kücheneinrichtungen,<br />

die in Großraumjets<br />

eingebaut werden oder Schiffs-<br />

lampen – alles kommt hier auf<br />

den Prüfstand.<br />

Wochenlang werden die Teile<br />

mit speziellen Geräten gerüttelt<br />

und geschüttelt, in Klimaboxen<br />

auf Hitze- und Kältebeständigkeit<br />

kontrolliert oder mit Salzwasser<br />

besprüht, um die Auswirkungen<br />

durch Korrosion<br />

zu untersuchen. Ein weiteres<br />

wichtiges Standbein von Hein & Oetting<br />

ist die Pergotec Maschinenbau GmbH. Sie<br />

produziert Steuerungselemente für In-


Natur als Vorbild: Der Hamburger Mittelständler<br />

Hein&Oetting hat sich mit Präzisionsarbeit<br />

einen Namen gemacht, etwa mit<br />

Bauteilen für Schiffskompasse (r.).<br />

FOTOS: HEIN & OETTING<br />

dustrieroboter, die beispielsweise in der<br />

Automobilindustrie eingesetzt werden.<br />

„Die elektro-mechanischen Steuernocken<br />

stellen sicher, dass die Industrieroboter<br />

nur in den vorgesehenen Bereichen<br />

arbeiten. Damit wird verhindert,<br />

dass Menschen zu Schaden kommen“,<br />

erläutert Reeder. Erst Mitte Oktober hatte<br />

Reeder hierfür einen Großauftrag aus<br />

den USA erhalten. Hier sind die Steuerungsmodule<br />

derzeit besonders gefragt,<br />

denn sie schützen Hersteller vor Schadensersatzklagen<br />

in Millionenhöhe, die<br />

durch Personenschäden bei Industrierobotern<br />

entstehen könnten.<br />

Dominierend bei Hein & Oetting ist<br />

weiterhin die Sparte Schifffahrt. Hierfür<br />

stellt der mittelständische Betrieb<br />

Magnetkompasse her, die unter dem Namen<br />

C. Plath vertrieben werden. „Ob die<br />

Queen Mary in New York einläuft oder ein<br />

Tanker die Straße von Gibraltar passiert,<br />

wir sind mit unseren Magnetkompassen<br />

meistens an Bord“, sagt Reeder stolz.<br />

Das Unternehmen hatte von C. Plath<br />

zunächst Teile der feinmechanischen<br />

Produktion übernommen, später die<br />

Montage von Kompassen für die Schiffsnavigation.<br />

Hieran hatte der Eigentümer<br />

von C. Plath, die Sperry Marine, kein Interesse.<br />

So entschloss sich die Tochtergesellschaft<br />

des US-Rüstungskonzerns<br />

Northrop Grumman, die feinmechanische<br />

Produktion der Kompasse von C.<br />

Plath an Hein & Oetting zu verkaufen, um<br />

sich ganz auf die Entwicklung und den<br />

Service von Navigationsanlagen zu konzentrieren.<br />

Heute zählt Sperry Marine<br />

zu einem der führenden Hersteller von<br />

Navigationssys temen für militärische<br />

Zwecke wie für den Handelsschiffbau.<br />

Vorteil Unabhängigkeit<br />

Die Produktion der Kompasse ist für Hein<br />

& Oetting ein einträgliches Geschäft.<br />

Denn trotz moderner Navigationsmöglichkeiten<br />

mittels der Satellitentechnik<br />

über das sogenannte Global Positioning<br />

System (GPS) sind Magnet- und Kreiselkompasse<br />

weiterhin Pflicht in der weltweiten<br />

Schifffahrt. Grund hierfür ist die<br />

Anfälligkeit des GPS-Systems. So können<br />

Störsender die Signale blockieren. Da solche<br />

Ausfälle verheerende Folgen hätten,<br />

nutzen die Schiffe weiterhin Magnet- und<br />

Kreiselkompasse als zusätzliches Sicherheitsnetz.<br />

Eingesetzt werden die C.Plath-Kompasse<br />

vor allem in Container- und Feederschiffen,<br />

die Zubringerdienste zwischen<br />

kleineren und größeren Häfen leisten.<br />

Dass Sperry Marine die Produktion der<br />

Kompasse an einen anderen Hersteller<br />

weiterreicht, hält Reeder für unwahr-<br />

scheinlich. Reeder: „Die<br />

Zusammenarbeit mit<br />

Sperry Marine läuft<br />

seit Jahren hervorragend.“<br />

Zudem sind<br />

die Nordlichter für<br />

Sperry Marine Auftragshersteller.<br />

Das<br />

hat für den Hamburger<br />

Betrieb einen entscheidenden<br />

Vorteil. So<br />

ist Sperry Marine auf die<br />

Produktion der Kompasse<br />

durch den hanseatischen Betrieb<br />

angewiesen, weil sie hierfür weltweit<br />

keine andere Herstellungsstätte unterhält.<br />

Wären die Hamburger leidglich<br />

Lohnfertiger, wäre das Risiko für den Mittelständler<br />

viel größer. Denn der Auftraggeber<br />

würde bei Absatzrückgängen alles<br />

daran setzen, zunächst die Kapazitäten<br />

seiner eigenen Produktion auszulasten.<br />

In diesem Fall hätte der Lohnfertiger das<br />

Nachsehen. Er müsste seine Herstellung<br />

einstellen und würde schnell in finanzielle<br />

Bedrängnis geraten.<br />

Gegründet wurde Hein & Oetting 1970<br />

in Hamburg zunächst als Zwei-Mann-<br />

Betrieb durch Peter Hein und Ernst Oetting<br />

als offene Handelsgesellschaft. 1992<br />

überführten die beiden Geschäftsleute<br />

die Firma in eine GmbH. Schnell wuchs<br />

die Gesellschaft und beschäftigte 40 Mitarbeiter.<br />

2003 wurde Lars Reeder auf den<br />

kleinen Betrieb aufmerksam, da er seit<br />

Längerem auf der Suche nach einem attraktiven<br />

Firmeninvestment war. Den<br />

entscheidenden Tipp hierfür erhielt er<br />

von der Hamburger Sparkasse (Haspa),<br />

wo er seit Jahren Privatkunde ist. Reeder<br />

traf sich mit den Eigentümern, die aussteigen<br />

wollten. Schnell wurden sie sich<br />

über den Kaufpreis einig.<br />

Unterstützung bei der Finanzierung erhielt<br />

Reeder von der Haspa. Sie half ihm,<br />

den Wert der Gesellschaft festzustellen<br />

sowie bei der Finanzierung des Anteilserwerbs.<br />

Zudem engagierte sich die Haspa<br />

Beteiligungsgesellschaft (BGM) als stiller<br />

Teilhaber an der Reeder Verwaltungsgesellschaft.<br />

„Die Haspa hat mir mit ihrer<br />

tatkräftigen Unterstützung den Einstieg<br />

bei Hein & Oetting ermöglicht. Sie begleitet<br />

mich seither engagiert<br />

und verlässlich“, meint der<br />

Geschäftsführer. Aus<br />

dem Tagesgeschäft<br />

hält sich die Haspa<br />

BGM heraus. Geht<br />

es hingegen um<br />

strategische Fragen<br />

wie Zukäufe<br />

oder die Gründung<br />

von Tochtergesellschaften,<br />

ist sie als<br />

Sparringspartner<br />

mit dabei.<br />

Reeder hat den Hang<br />

und das Gefühl für Unternehmertum<br />

bereits in die<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

MÄRKTE & KUNDEN 25<br />

Wiege gelegt bekommen.<br />

Geboren wurde<br />

der gebürtige Stader<br />

als Sohn eines Autohändlers.<br />

Bereits<br />

in jungen Jahren<br />

half er seinem Vater<br />

immer wieder im<br />

Betrieb. „Am Beispiel<br />

meines Vaters habe<br />

ich bereits in meiner<br />

Jugend erfahren, was<br />

für ein hartes Brot es ist,<br />

ein Unternehmen aufzubauen<br />

und beständig zu führen“, erinnert sich<br />

der Geschäftsmann. So musste er seinem<br />

Vater beispielsweise zu nachtschlafender<br />

Zeit helfen, Autos aus Gräben zu ziehen.<br />

Als er die Schule beendet hatte, machte er<br />

zunächst eine Lehre als Mess- und Regeltechniker.<br />

Anschließend absolvierte er<br />

in Hamburg sein Studium zum Diplom-<br />

Wirtschaftsingenieur. Nach seiner Ausbildung<br />

beginnt er zunächst ein Trainee-<br />

Programm bei der Körber AG, einem der<br />

führenden Hersteller von Maschinen für<br />

die Tabakindustrie. Da der Konzern wenig<br />

eigenverantwortliches Handeln zuließ,<br />

wechselte er zum Druckmaschinenhersteller<br />

Linotype-Hell. Die Gesellschaft<br />

wurde von Bernhard Schreier geführt,<br />

heute Vorstandschef der Heidelberger<br />

Druckmaschinen.<br />

Reichhaltige Erfahrung<br />

Von Schreier bekam Reeder das notwendige<br />

Rüstzeug, um auch Sanierungsfälle<br />

zu meistern. Geschickt nutzte er das von<br />

Schreier erworbene Wissen, um eine<br />

finanziell angeschlagene Fabrik für Papierverarbeitung<br />

mit 240 Mitarbeitern<br />

wieder auf Rendite zu trimmen. Er verlagerte<br />

das Berliner Werk nach Hamburg<br />

und rettete das Unternehmen vor dem<br />

Aus. Jahre später musste er sein Können<br />

erneut unter Beweis stellen, als er einer<br />

Tochter von Agfa Gevaert in Ahrensburg<br />

unter die Arme griff. Sie stellte Röntgenanlagen<br />

her, die für die Werkstoffprüfung<br />

von Stahlnähten bei Schiffsrümpfen<br />

oder bei Triebwerksschaufeln für<br />

Flugzeuge eingesetzt werden. Auch diese<br />

Aufgabe meisterte er mit Bravur.<br />

Doch die wieder auf Gewinn<br />

ausgerichtete Gesellschaft<br />

erregte das Interesse von<br />

General Electric. Der US-<br />

Technologiekonzern<br />

übernahm das Unternehmen,<br />

Reeder<br />

stieg zum Mitglied<br />

der Deutschland-<br />

Führung auf. Mit<br />

der Zeit merkte er jedoch,<br />

dass in einem<br />

global ausgerichteten<br />

Großkonzern wenig<br />

unternehmerisches<br />

Denken herrscht. Er entschloss<br />

sich, das Angestell-


26<br />

MÄRKTE & KUNDEN<br />

tendasein hinter sich zu lassen und stieg<br />

bei Hein & Oetting ein. Von seinen Erfahrungen<br />

in Großkonzernen profitiert vor<br />

allem die Produktion des Mittelständlers.<br />

So hat der Reeder in den Werkshallen ein<br />

spezielles Kartensystem eingeführt. Es<br />

ermöglicht, dass die vielen kleinen Einzelteile<br />

eines Produkts ständig verfügbar<br />

sind. Damit will er vermeiden,<br />

dass der Arbeitsfluss im Drei-<br />

Schicht-Betrieb gestört wird.<br />

Die Produktion in dem roten<br />

Backsteingebäude ist auf mehrere<br />

Ebenen verteilt. Zwischen<br />

dem Chef und der Belegschaft<br />

herrscht ein freundlicher Umgangston.<br />

Reeder kennt jeden<br />

Mitarbeiter beim Namen und<br />

begrüßt ihn per Handschlag,<br />

wenn er durch die Werkshallen<br />

läuft. Zum guten Verhältnis<br />

zur Belegschaft trägt auch eine<br />

sehr flache Hierarchie bei. Ein<br />

Produktions- und ein Vertriebsleiter<br />

koordinieren ihre jeweiligen<br />

Bereiche, Reeder steuert<br />

als einziger Geschäftsführer<br />

den gesamten Betrieb. „Meine<br />

Bürotüren stehen für meine Mitarbeiter<br />

jederzeit offen“, erklärt der Manager.<br />

Um mehr Nähe zu Belegschaft und Besuchern<br />

zu vermitteln, legt er auch schon<br />

mal seine Krawatte ab.<br />

Wachstumsmotor stottert<br />

Hein & Oetting kann trotz der Krise an<br />

den Finanzmärkten von einer weiter<br />

wachsenden Maschinenbaubranche<br />

profitieren. So rechnet der Verband für<br />

Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) für<br />

das nächste Jahr mit einem Produktionszuwachs<br />

von rund vier Prozent. Damit<br />

würde der Branchenumsatz nominal,<br />

„Ich könnte<br />

mir perspektivischvorstellen,<br />

dass<br />

wir in Süddeutschlandeinen<br />

weiteren<br />

Standort<br />

aufbauen.“<br />

Lars Reeder<br />

also nicht preisbereinigt, auf rund 197<br />

Mrd. Euro steigen. Dennoch stottert der<br />

Wachstumsmotor deutlich. Denn 2011<br />

wuchs die Produktion noch um satte<br />

14 Prozent. Dazu trug vor allem das gute<br />

Exportgeschäft bei, das im ersten Halbjahr<br />

2011 um 18,2 Prozent zulegte. Als<br />

Grund für das geringe derzeitige Wachstum<br />

führt der VDMA einige<br />

Kontinente wie Asien und Südamerika<br />

an. Sie müssten auf<br />

die Kreditbremse treten, um<br />

eine weitere konjunkturelle<br />

Überhitzung und inflationäre<br />

Preissteigerung zu bekämpfen.<br />

2011 liefen die Produktionsanlagen<br />

der Maschinenbauer<br />

auf vollen Touren. Die Auslastungsquote<br />

bewegte sich zur<br />

Jahresmitte bei 89,9 Prozent<br />

und lag damit über dem langjährigen<br />

Durchschnitt von<br />

89,4 Prozent. Das wirkte sich<br />

positiv auf die Beschäftigung<br />

aus. So stellten die Unternehmen<br />

branchenweit rund 10.000<br />

Mitarbeiter ein. Damit waren<br />

in dem vom Verband organisierten<br />

Unternehmen insgesamt 933.000<br />

Menschen beschäftigt.<br />

Auch Hein & Oetting rechnet für 2012<br />

mit einem weiteren Wachstum. Dazu<br />

dürfte auch der neue Produktionsstandort<br />

beitragen, den Reeder in der Nähe<br />

von Schwerin eröffnet hat. Hier hat er die<br />

gesamte maschinenbauliche Produktion<br />

konzentriert, während die feinmechanische<br />

Fertigung in Hamburg bleibt. Am<br />

Schweriner Standort sind inzwischen<br />

fast zehn Prozent der gesamten Belegschaft<br />

von Hein & Oetting beschäftigt.<br />

Weitere Mitarbeiter sollen hinzukommen.<br />

An eine Verlagerung der Produk-<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

tion von Hamburg nach Mecklenburg-<br />

Vorpommern ist nicht gedacht. Dass<br />

Reeder in den neuen Bundesländern eine<br />

Fertigungsstätte eröffnet hat, liegt auch<br />

am Personal.<br />

Auf der Suche nach einem Nachfolger<br />

Viele Mitarbeiter signalisieren ihm, dass<br />

sie gern wieder in ihrer Heimat in den<br />

neuen Bundesländern arbeiten würden.<br />

Schwerin dürfte nicht die letzte<br />

Station seiner Expansionsstrategie sein.<br />

Langfris tig will Hein & Oetting seine Fühler<br />

weiter in den Süden ausstrecken. „Ich<br />

könnte mir perspektivisch vorstellen,<br />

dass wir in Süddeutschland einen weiteren<br />

Standort aufbauen. Aktuell ist aber<br />

nichts geplant“, sagt Reeder. Zunächst<br />

müsse die Gesellschaft den Aufbau des<br />

neuen Standorts in den neuen Bundesländern<br />

bewältigen, heißt es.<br />

Als vorausschauender Unternehmer<br />

denkt Reeder über die eigene Zukunft<br />

nach. Da seine Kinder nicht in seine<br />

Fußstapfen treten werden, bastelt er<br />

bereits an einer Lösung. „Ich möchte in<br />

den nächsten drei bis fünf Jahren einen<br />

Nachfolger gefunden haben, der das Potenzial<br />

hat, langfristig meinen Posten zu<br />

übernehmen“, sagt Reeder.<br />

Noch ist der Unternehmer aber weit<br />

davon entfernt, auszusteigen. Voller Tatendrang<br />

blickt er bereits auf die nächsten<br />

Projekte und Akquisitionen. Der damit<br />

zweifellos verbundene Stress ist ihm<br />

jedoch nicht anzumerken. Das könnte<br />

auch an seinem elfjährigen Sohn liegen,<br />

mit dem er regelmäßig joggt. Reeder:<br />

„Mein Sohn ist ein erfolgreicher Langstreckenläufer.<br />

Er ist so fit, dass er mich<br />

ständig überholt, wenn wir gemeinsam<br />

trainieren.“ �<br />

Drehen, fräsen, messen:<br />

Feinmechanische<br />

Produktion bei Hein &<br />

Oetting in Hamburg.


BERATUNG<br />

„Kleine Revolution“<br />

Sparkassenmitarbeiter sollen künftig<br />

auch nach der Qualität ihrer Kundenkontakte<br />

bezahlt werden. Seit Anfang Dezember<br />

liegt allen Sparkassen Material<br />

des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes<br />

(DSGV) zur Qualitätsoffensive mit<br />

Schwerpunkt Service- und Beratungsqualität<br />

vor. „Der DSGV hat einen Qualitätsmonitor<br />

entwickelt, der derzeit von<br />

der Finanz Informatik (FI) umgesetzt<br />

wird“, erläutert Markus Hild, Experte für<br />

Marktstrategie beim DSGV.<br />

„Die Einbindung von qualitativen Zielen<br />

in unsere Vergütungssysteme ist ein<br />

wichtiges Thema“, erklärt Lothar Griesing,<br />

Personalchef der Salzlandsparkasse<br />

in Staßfurt. Das leistungsorientierte Vergütungssystem<br />

seines Hauses gehe über<br />

die tarifliche Vergütung hinaus. Die Leistungskomponente<br />

sei auf eine Beratung<br />

im Sinne des Sparkassen-Finanzkonzepts<br />

ausgerichtet. Beispielsweise fließe die<br />

Anzahl der Kundengespräche in die Bewertung<br />

mit ein. „Schließlich macht die<br />

Intensität der Kundenbeziehung eine<br />

Sparkasse aus“, sagt Griesing. Die auf<br />

Teamebene basierenden Ziele kämen<br />

jedes Jahr auf den Prüfstand. „Auch weiche<br />

Faktoren wie Kundenbindung und<br />

Kundenzufriedenheit müssen sich im<br />

Zielsys tem wiederfinden“, sagt Griesing.<br />

Der DSGV hat einen sogenannten<br />

Schnell-Check entwickelt, der seit Dezember<br />

allen Sparkassen zur Verfügung<br />

steht. „Im ersten Schritt handelt es sich<br />

um ein Diagnoseinstrument, aus dem<br />

anschließend Handlungsempfehlungen<br />

für das jeweilige Haus anhand des individuellen<br />

Bedarfs gegeben werden. Ergebnis<br />

ist ein konkreter Maßnahmenplan“,<br />

sagt Hild. 22 Pilotsparkassen haben den<br />

Check bis November getestet. Um ihn<br />

durchzuführen, benötigt ein Institut in<br />

der Regel einen Arbeitstag.<br />

Erhoben, aber nicht ausgewertet<br />

„Wir bilden viele Kennzahlen ab, aber die<br />

qualitativen Merkmale waren meist nicht<br />

systematisiert dabei“, sagt Hild. Das Parameter<br />

der Kundenzufriedenheit werde<br />

bereits jetzt von den Sparkassen durchgängig<br />

gemessen, daher werde es oft als<br />

Kriterium herangezogen. Doch gebe es<br />

deutlich mehr und ebenfalls messbare<br />

Parameter, die zwar oft erhoben, in der<br />

Regel jedoch nicht ausgewertet werden.<br />

Dazu gehören Weiterempfehlungs- und<br />

Stornoquoten oder Mitarbeiter-Zufriedenheitswerte.<br />

Die Hamburger Sparkasse (Haspa) hat<br />

ihr Qualitätsmanagement bereits seit<br />

1993 auf der Basis von Kundenbindung<br />

und -zufriedenheit<br />

etabliert. Zwischen 1998 und<br />

2004 setzte das Institut auch die<br />

Vereinbarung von vergütungsrelevanten<br />

Qualitätszielen um.<br />

Künftig will die Haspa noch viel<br />

stärker die Kundensichtweise<br />

einnehmen. „Unser Anspruch<br />

zeigt sich auch in der Vergütung<br />

unserer Mitarbeiter“, sagt<br />

Reinhard Klein, Privatkunden-<br />

vorstand der Haspa. Die Berater<br />

in den Filialen und Centern<br />

erhalten keine Provisio nen für<br />

den Verkauf einzelner Produkte.<br />

„Sie bekommen eine variable<br />

Vergütung, die durchschnittlich<br />

acht bis zwölf Prozent des<br />

Jahresgehalts beträgt.“ Die persönliche<br />

Zielerreichung setze<br />

sich dabei zur Hälfte aus Qualitätszielen<br />

zusammen. „Mit anderen<br />

Worten: Die gemessene<br />

Zufriedenheit unserer Kunden bestimmt<br />

zur Hälfte die variable Vergütung der Berater“,<br />

erklärt Klein.<br />

„Um noch mehr Beratungsqualität zu<br />

bieten, haben wir im vergangenen Jahr<br />

neue Beratungsleitfäden entwickelt“,<br />

sagt Klein. Diese wurden bis April 2011<br />

bei den Privatkundenberatern eingeführt.<br />

„Sie stellen sicher, dass unsere<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

MÄRKTE & KUNDEN 27<br />

Qualitative Ziele auf der Basis von Kundenzufriedenheit waren für die Vergütung von Mitarbeitern<br />

in vielen Sparkassen bisher irrelevant. Der „Qualitätsmonitor“ des DSGV möchte das ändern.<br />

� VON ANJA KÜHNER<br />

„Die gemssene<br />

Zufriedenheit<br />

unserer Kunden<br />

bestimmt zur<br />

Hälfte die variable<br />

Vergütung der<br />

Berater.“<br />

Reinhard Klein,<br />

Privatkundenvorstand,Hamburger<br />

Sparkasse<br />

Kunden nun noch ausführlicher, individueller<br />

und ganzheitlicher beraten werden.<br />

Ein wesentlicher Aspekt sei das Erfragen<br />

der Ziele der Kunden.“<br />

„Die Qualität unserer Beratung und unseres<br />

Services lassen wir zusätzlich durch<br />

Kundenumfragen und Filialtests<br />

bewerten“, sagt Klein. Diese<br />

Bewertungen fließen in die<br />

Zielbewertung der Mitarbeiter<br />

ein. Externe Beraterportale bieten<br />

schon jetzt vermehrt Transparenz.<br />

„Das Zielsystem ist ein Baustein,<br />

an dem man arbeiten<br />

muss“, bestätigt DSGV-Marktstratege<br />

Hild. Der Qualitätsmonitor<br />

biete dafür eine gute<br />

ergänzende Grundlage. Habe<br />

eine Sparkasse vorher nach<br />

Zahlen gesteuert, komme „die<br />

Einbindung von weichen Zielen<br />

einer kleinen Revolution<br />

gleich“. Daher gibt Hild keine<br />

konkrete Empfehlung zu einer<br />

Ziel-Prozentzahl ab. Hier<br />

sei die individuelle Kultur der<br />

Sparkasse maßgeblich. Das Signal<br />

solle aber spürbar sein.<br />

Bei Sparkassen, die bisher nicht<br />

mit qualitativen Aspekten steuern, seien<br />

schon zehn Prozent ein deutliches Signal<br />

an die Mitarbeiter.<br />

Auch in der Qualitätsoffensive 1 Voraus<br />

werden die besten Vertriebsmitarbeiter<br />

der Sparkassen künftig nicht mehr nur<br />

nach Absatzzahlen ausgewählt, sondern<br />

zu 50 Prozent nach dem Aspekt der Kundenzufriedenheit.<br />

�<br />

1 Voraus-Gala in Berlin: Hier geht es nicht nur nach Absatzzahlen. FOTO: DSGV


28<br />

MÄRKTE & KUNDEN<br />

KUNDENBINDUNG<br />

Treue soll sich lohnen<br />

ZEICHNUNG: CORBIS<br />

Noch nie war die Wechselbereitschaft bei Kunden von Banken und Sparkassen so groß wie heute.<br />

Kreditinstitute versuchen, ihre Bestandskunden mit besonderen Aufmerksamkeiten zu binden.<br />

� VON HORST PETER WICKEL<br />

Die Zufriedenheit unserer Kunden –<br />

und damit auch ihre Bindung an die<br />

Sparkasse Nürnberg – ist für uns so wichtig,<br />

dass wir die Kundenzufriedenheit<br />

bereits 2010 zu einem der wichtigsten<br />

strategischen Ziele erklärt haben“, sagt<br />

Jacek Sobczyk, Direktor Privatkundenmarketing<br />

bei der Sparkasse Nürnberg.<br />

Und André Grunert, Pressesprecher<br />

der Hamburger Sparkasse, spricht von<br />

der „entscheidenden Rolle des Themas<br />

Kundenbindung bei der Haspa mit ihren<br />

1,5 Millionen Kunden“. Ralf Horak,<br />

Presse sprecher der HypoVereinsbank,<br />

erläutert: „Es ist Bestandteil unserer Strategie,<br />

die Kunden vor allem durch eine<br />

stetige Verbesserung der wahrgenommenen<br />

Beratungs- und Serviceleistung<br />

an uns zu binden.“<br />

Vor allem eine Gallup Bankenstudie<br />

aus dem vergangenen Jahr, bei der rund<br />

3800 Kunden von Sparkassen, Genossenschaftsbanken<br />

und privaten Banken<br />

befragt wurden, hat die Branche in<br />

Aufruhr versetzt. Bei dieser Umfrage<br />

bezeichneten sich lediglich 14 Prozent<br />

der Befragten als vollkommen loyal, am<br />

besten schnitten dabei Genossenschaftsbanken<br />

und Sparkassen ab. Und weil nur<br />

rund ein Viertel der befragten Bankkunden<br />

den Wechsel als schwierig oder riskant<br />

empfinden, ist die Bereitschaft, seine<br />

Konten einfach zu kündigen und bei<br />

einem anderen Institut neu zu eröffnen,<br />

sehr groß.<br />

Macht Beratern die Arbeit Spaß?<br />

Als Grund für die Bindungsprobleme<br />

vieler Verbraucher nennen die Gallup-<br />

Wissenschaftler das fehlende Vertrauen<br />

zu den Banken. Nur 21 Prozent der Befragten<br />

glauben, dass die Mitarbeiter in<br />

den Filialen fehlerfrei arbeiten, und lediglich<br />

26 Prozent sind der Ansicht, dass<br />

in ihrer Anlaufstelle für Geldfragen aller<br />

Art die Versprechen aus der Werbung<br />

oder von Mitarbeitern auch gehalten werden.<br />

„Viele Kunden haben einfach nicht<br />

das Gefühl, dass der Bankmitarbeiter die<br />

Extrameile für sie geht“, sagt Studienautor<br />

Marco Nink von Gallup Deutschland.<br />

Mangelnde Freundlichkeit, Höflichkeit,<br />

Einsatzbereitschaft – gerade 31 Prozent<br />

geben sich überzeugt, dass den Bankmit-<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

arbeitern ihre Arbeit Spaß macht. Und<br />

deshalb fragen sich offenbar viele Kunden,<br />

warum ihnen dann die Bank Spaß<br />

machen soll. „Die Banken müssen sich<br />

von Neukundenjägern zu Bestandskundenpflegern<br />

wandeln", sagt Nink. Ohnehin<br />

sei eine Weiterempfehlung durch<br />

einen zufriedenen Kunden wesentlich<br />

günstiger als Kampfkonditionen beim<br />

Tagesgeld oder dem Ratenkredit.<br />

Inzwischen haben zahlreiche Banken<br />

und Sparkassen die Bedeutung der Kundenzufriedenheit<br />

als Erfolgsfaktor erkannt<br />

– und viele Institute lassen diese<br />

regelmäßig messen. Die Sparda-Bank<br />

Nürnberg verweist auf die aktuellen Ergebnisse<br />

des Kundenmonitors Deutschland.<br />

Stefan Schindler, stellvertretender<br />

Vorstandschef der Sparda-Bank Nürnberg,<br />

sagt: „Die Sparda-Bank hat sehr<br />

treue und vor allem auch sehr zufriedene<br />

Kunden. Zum 19. Mal in Folge haben wir<br />

die zufriedensten Kunden aller Banken<br />

und Sparkassen und weisen die höchste<br />

Wiederwahl- und Weiterempfehlungsabsicht<br />

auf.“<br />

Auf eine jährliche Kundenbefragung<br />

zu Kundenzufriedenheit, Vertrauen zum


Ansprechpartner und Weiterempfehlungsabsicht<br />

weist Sparkassen-Direktor<br />

Sobczyk aus Nürnberg hin: „In allen drei<br />

Dimensionen konnten wir sehr gute Ergebnisse<br />

erzielen, die in den letzten Jahren<br />

sogar noch gestiegen sind. 94 Prozent<br />

unserer Kunden sind demnach zufrieden<br />

oder sehr zufrieden mit uns.“<br />

Aber nur bequem zurücklehnen wollen<br />

sich die Verantwortlichen in den Geldinstituten<br />

dann doch nicht. „Wir<br />

nehmen einen stärkeren Wettbewerb<br />

um den Kunden wahr.<br />

Die Angebotsdichte und der<br />

Werbedruck steigen“, bestätigt<br />

Privatkunden-Experte Sobczyk<br />

von der Sparkasse Nürnberg.<br />

Und so lassen sich die Banker einiges<br />

einfallen, um ihre Privatkunden<br />

emotional zu binden.<br />

Ganz auf das Unternehmensmotto<br />

„freundlich und fair“<br />

vertraut zum Beispiel Sparda-<br />

Bank-Vorstand Schindler: „Die<br />

Förderung unserer Mitglieder<br />

steht bei uns an erster Stelle,<br />

nicht die Gewinnmaximierung<br />

oder Aktionärsinteressen.“ Nach seinen<br />

Angaben verzichtet die Sparda-Bank deshalb<br />

„ganz bewusst auf Lockangebote für<br />

Neukunden“. Andere Häuser haben sich<br />

mehr einfallen lassen. So hat die Sparkasse<br />

Nürnberg ein spezielles Betreuungskonzept<br />

für Kinder, Jugendliche und<br />

junge Erwachsene aufgelegt, das auf eine<br />

langfristige Beziehung zwischen Kunden<br />

und Beratern ausgerichtet ist. Marketing-<br />

Direktor Sobczyk erklärt: „Es verbindet<br />

die Vorteile aus Sparkassenbuch und<br />

Girokonto und bietet altersgerechte Zusatzleistungen<br />

wie Guthabenverzinsung<br />

oder die MasterCard Prepaid-Karte, eine<br />

Karte zum Aufladen, und Soundaccount,<br />

das Musikmehrwertpaket zum legalen<br />

Download von Musik im Internet, exklusive<br />

Konzertticketverlosungen und vieles<br />

mehr.“ Den offenen Dialog mit seinen<br />

Kunden will die HypoVereinsbank über<br />

ein neues Online-Kundenforum fördern.<br />

Banksprecher Horak erläutert: „Die Kunden<br />

können hier bereits im Vorfeld von<br />

neuen Entwicklungen und Angeboten<br />

ihre Meinung einbringen und auch im<br />

Nachgang kritisch beurteilen.“<br />

Servicequalität hat höchste Priorität<br />

Zum anderen setzt das Institut der Unicredit-Gruppe<br />

die eigenen Mitarbeiter<br />

in punkto Kundenfreundlichkeit stärker<br />

unter Druck – die Entwicklung von Kundenzufriedenheit<br />

und Kundenbindung<br />

fließt in die Höhe der variablen Vergütung<br />

der Mitarbeiter ein.<br />

Haspa-Sprecher Grunert verweist auf<br />

ein Produkt seines Hauses: „Mit mittlerweile<br />

mehr als 560.000 Konten ist der<br />

HaspaJoker das erfolgreichste Mehrwertbanking-Programm<br />

in Europa.“ Zwischen<br />

fünf verschiedenen Varianten des Joker-<br />

Programms können Haspa-Kunden wäh-<br />

„Die Banken<br />

müssen sich<br />

von Neukundenjägern<br />

zu<br />

Bestandskundenpflegern<br />

wandeln.“<br />

Marco Nink, Gallup<br />

Deutschland<br />

len, spezielle Konten gibt es für Schüler<br />

und Auszubildende und Studierende.<br />

So bietet der Joker laut Grunert Hilfen<br />

im Alltag, etwa wenn der Schlüsselbund<br />

verloren oder das Handy gestohlen wurde<br />

oder im Urlaub mithilfe von Rabatten<br />

bei Reisebuchungen. In Abhängigkeit<br />

von der gewählten Joker-Kontoart enthält<br />

das Konto eine weltweite Bargeld-<br />

Versicherung und Notgeld-Service, eine<br />

Auslandsreisekranken- und<br />

eine Reiserücktrittsversicherung,<br />

dazu kostenfreie Kreditkarten.<br />

Selbst das Taxi zum<br />

Flughafen ist inklusive.<br />

Grunert erklärt: „Joker-Kunden<br />

profitieren aber auch vom<br />

ermäßigten Eintritt beim Tierpark<br />

Hagenbeck und in den<br />

CinemaxX-Kinos oder von der<br />

Vielzahl an Restaurant-Rabatten.“<br />

Daher sei es kein Wunder,<br />

dass das Deutsche Institut für<br />

Service-Qualität die Premium-<br />

Ausgabe des HaspaJokers als<br />

bestes Mehrwertkonto mit dem<br />

größten Leistungsumfang ausgezeichnet<br />

habe. Neben herausragend<br />

guten Produkten sind für die meisten<br />

Privatkunden vor allem hohe Beratungsqualität,<br />

Freundlichkeit und Höflichkeit<br />

von zentraler Bedeutung.<br />

„Servicequalität hat bei uns höchste<br />

Priorität“, sagt Sparda-Bank-Vorstand<br />

Schindler. HypoVereinsbank-Sprecher<br />

Horak erklärt: „Permanente Schulungen<br />

Tipps für den Aufbau von Kundenloyalität<br />

� Wer treue Kunden will, sollte Kundentreue<br />

belohnen. Viele Unternehmen sind allerdings<br />

primär mit der Neukundengewinnung beschäftigt,<br />

Bestandskunden haben oft das Gefühl,<br />

nur noch „zweite Klasse“ zu sein. Doch treue<br />

Stammkunden sind die wichtigsten Kunden,<br />

sie sollten deshalb die besten Angebote,<br />

Exklusives und Privilegien erhalten. „In vielen<br />

Geldinstituten werden Neukunden besonders<br />

umworben, etwa in Form von Zinsaufschlägen.<br />

Dies kann im Zweifel auch eine gewisse<br />

Diskriminierung von vorhandenen Kunden<br />

darstellen“, sagt Sobzcyk. Da Neu­ und<br />

Bestand kunden gleich behandelt werden<br />

sollen, verzichtet die Sparkasse Nürnberg auf<br />

eine Preisdifferenzierung.<br />

� Kunden fehlt oft die so wichtige emotionale<br />

Aufmerksamkeit. Kunden wollen Achtsamkeit,<br />

Akzeptanz, Anerkennung, Wertschätzung und<br />

Respekt. Kundenbetreuer sollten sich also<br />

auch dann um ihre Kunden kümmern, wenn<br />

ein Vertrag abgeschlossen ist. Mit kleinen<br />

Zwischendurch­Aktivitäten sorgen Kundenbetreuer<br />

für bleibende positive Erinnerungen. Ob<br />

ein Gratulationsprogramm für besonders treue<br />

Kunden oder ein „Danke­Tag“ für prompte<br />

Zahlungseingänge – Kunden freuen sich.<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

MÄRKTE & KUNDEN 29<br />

für alle Berater, etwa hinsichtlich des<br />

Kommunikationsverhaltens im direkten<br />

Kundenkontakt, sind dabei genauso<br />

selbstverständlich wie die Weiterentwicklung<br />

von Online-Angeboten.“ Die<br />

Hamburger Sparkasse hat für Schulungs-<br />

und Weiterbildungsmaßnahmen die<br />

unternehmenseigene HaspaAkademie<br />

gegründet, und die Sparkasse Nürnberg<br />

setzt auf die regelmäßige Schulung ihrer<br />

Kundenbetreuer. Privatkundenmanager<br />

Sobczyk: „Alle Weiterbildungsmaßnahmen<br />

unseres Hauses sind auf die<br />

ganzheitliche Beratung abgestimmt.“<br />

Ziel ist die Kundenbegeisterung<br />

Für Teilbereiche lässt sich die Sparkasse<br />

Nürnberg noch mehr einfallen wie<br />

etwa die Ausbildung von 17 Baufinanzierungsspezialisten.<br />

Erst Anfang 2011<br />

zeigte eine Kundenbefragung die hohe<br />

Beratungsqualität in diesem Bereich.<br />

So würden 99 Prozent der Kunden ihre<br />

nächste Baufinanzierung erneut bei<br />

der Sparkasse Nürnberg abschließen,<br />

99 Prozent würden die Beratung der<br />

Sparkasse weiterempfehlen und 98 Prozent<br />

bezeich neten sich als zufrieden<br />

oder sehr zu frieden mit der Baufinanzierungsberatung.<br />

Sobczyk gibt sich allerdings noch nicht<br />

zufrieden: „Grundsätzlich sind wir immer<br />

bestrebt, etwas mehr zu tun, als der<br />

Kunde gerade erwartet. Denn nur so<br />

entsteht Kundenzufriedenheit oder vielmehr<br />

Kundenbegeisterung.“<br />

�<br />

� Vielfach werden Kunden nach Effizienz­Gesichtspunkten<br />

zwangsbetreut und müssen sich<br />

in die vorbestimmten Abläufe fügen. Zufriedener<br />

sind Kunden, die selbst entscheiden<br />

können, auf welche Art und Weise sie mit ihren<br />

Kundenbetreuern zusammenarbeiten wollen.<br />

� Versprechen müssen unbedingt eingehalten<br />

werden, sonst denken Kunden über<br />

einen Wechsel nach. Kundenbetreuer können<br />

Unzufriedenheit vorbeugen, etwa indem sie<br />

Fragen stellen: „Wenn es eine Sache gibt, lieber<br />

Kunde, die wir in Zukunft für Sie noch ein wenig<br />

besser machen können, was wäre da das Wichtigste<br />

für Sie?“ Aufmerksame Kundenbetreuer<br />

sollten ein Frühwarnsystem mit den typischen<br />

Anzeichen für Abwanderungsbereitschaft des<br />

Kunden entwickeln.<br />

� Mit Reklamationen muss professionell umgegangen<br />

werden („Danke, dass Sie uns auf …<br />

hinweisen. Wir wissen das sehr zu schätzen“).<br />

Schlecht oder gar nicht bearbeitete Reklamationen<br />

sind ein Hauptgrund für Kundenfluktuation.<br />

Kundenbetreuer sollten nicht nur an<br />

den Ausgleich des tatsächlichen Schadens,<br />

sondern auch an eine emotionale Wiedergutmachung<br />

gegen den Kunden­Ärger denken.


30<br />

MÄRKTE & KUNDEN<br />

WERTPAPIERBERATUNG<br />

Ausweichen gilt nicht<br />

Bürokratie, wachsende Risiken, sinkende Umsätze und Erträge – das Geschäft mit der<br />

Wertpapierberatung droht für viele Sparkassen unattraktiv zu werden. Mit differenzierter<br />

Beratung, Schulungen von spezialisierten Mitarbeitern und eigenständiger Prozessgestaltung<br />

versuchen etliche Häuser, Marktanteile zu verteidigen und gegen den Trend zu wachsen.<br />

� VON THOMAS LUBER<br />

Dotcom-Blase, Finanzmarktkrise und<br />

Euroturbulenzen haben die Begeisterung<br />

der Deutschen für Wertpapiere<br />

deutlich gedämpft. Seit 2001 sank in<br />

Deutschland die Zahl der Besitzer von<br />

Aktien, Fonds und Zertifikaten von mehr<br />

als zwölf Mio. Euro um rund 35 Prozent<br />

auf gerade noch acht Mio.<br />

Die verunsicherten Anleger flüchten<br />

vor allem in Tagesgeld. Das Volumen der<br />

täglich verfügbaren Einlagen ist im gleichen<br />

Zeitraum von gut 300 Mrd. Euro um<br />

rund 120 Prozent auf 700 Mrd.Euro angestiegen.<br />

Heute führen nur noch weniger<br />

als fünf Prozent der Kunden im standardisierten<br />

Privatkundengeschäft ein aktives<br />

Wertpapierdepot.<br />

Das bleibt nicht ohne Folgen für die<br />

Sparkassen. „Nach unseren Erhebungen<br />

führt ein Privatkundenberater im Jahr<br />

weniger als fünf Wertpapierberatungsgespräche,<br />

da ist eine entsprechende Routine<br />

nur sehr schwer zu entwickeln“, sagt<br />

Björn Frank, Partner der Beratung Investors<br />

Marketing. Erschwerend kommt die<br />

rechtliche Situation hinzu. Die Novelle<br />

des Wertpapierhandelsgesetzes verlangt<br />

eine aufwendige Protokollierung, die<br />

viele Berater scheuen. Sie flüchten sich<br />

lieber in den beratungsfreien Verkauf,<br />

der mittlerweile mehr als die Hälfte al-<br />

ler Wertpapierverkäufe der Sparkassen<br />

ausmacht. Andere vermeiden die Wertpapierberatung<br />

komplett und empfehlen<br />

den Kunden eine Anlage in Passivprodukte<br />

wie Festgeld und<br />

Sparbriefe.<br />

Für Sparkassen wird es immer<br />

schwieriger, die Wertpapierkompetenz<br />

der Berater aufrechtzuerhalten,<br />

und es stellt<br />

sich vielerorts die Frage, ob<br />

sich das überhaupt noch lohnt.<br />

Wertpapierprovisionen bringen<br />

im Privatkundengeschäft je Berater<br />

nur noch durchschnittlich<br />

2500 Euro im Jahr ein. Der Deut-<br />

sche Sparkassen- und Giroverband<br />

(DSGV) arbeitet an dem<br />

Thema und wird einen neuen<br />

Beratungsansatz präsentieren,<br />

der derzeit noch in ausgewählten<br />

Sparkassen getestet wird.<br />

Integration in Finanzkonzept<br />

Einige Sparkassen haben schon<br />

jetzt ihre Schlüsse gezogen. Bei<br />

der Kreissparkasse Köln (KSK)<br />

wurde die Wertpapierberatung<br />

in die ganzheitliche Beratung<br />

nach dem Sparkassen-Finanzkonzept<br />

eingebettet und unter Einsatz aller systemtechnischen<br />

Möglichkeiten ein stringenter<br />

Beratungsprozess etabliert. „Zu-<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

„Wir setzen auf<br />

einen stringenten<br />

Investmentprozess,<br />

Schulungen<br />

für Berater und<br />

Investitionen in<br />

die Vertriebsunterstützung.“<br />

Jonathan Daniel,<br />

Vorstandsmitglied<br />

Sparkasse<br />

Nürnberg<br />

Wertpapierberatung: So soll der Prozess bei der Kreissparkasse Köln ablaufen<br />

dem investieren wir neben zahlreichen<br />

weiteren Maßnahmen in die Schulung<br />

unserer Berater“, sagt Dieter Fromm, Direktor<br />

Zentralbereich Privatkunden<br />

bei der KSK Köln. „Von<br />

unseren 500 Privatkundenberatern<br />

vertiefen wir bei 100<br />

Beratern die Fachkenntnisse<br />

in der Wertpapierberatung, die<br />

anderen 400 Kollegen schulen<br />

wir stärker darin, den Wertpapierbedarf<br />

eines Kunden zu<br />

erfassen und ihn dann gezielt<br />

an den richtigen Experten weiterzuleiten.“<br />

Das Gros der Berater bei der<br />

KSK Köln wird also die Situation<br />

eines Kunden ermitteln, Risikoprofil<br />

und Eignung für Wertpapierprodukte<br />

feststellen und<br />

zu einem Gespräch mit einem<br />

Berater mit spezifischer Wertpapierqualifikation<br />

überleiten.<br />

Dieser erfragt die zusätzlichen<br />

Daten für die aufsichtlich vorgeschriebeneRisikoklassifizierung,<br />

erarbeitet die optimale<br />

Vermögensstruktur und gibt<br />

Handlungsempfehlungen, die<br />

schrittweise das Beratungsprotokoll vervollständigen.<br />

„Damit erfüllen wir die regulatorischen<br />

Anforderungen und schaffen<br />

Sicherheit für unsere Berater“, sagt<br />

Bei der Kreissparkasse Köln (KSK) wurde die Wertpapierberatung in die ganzheitliche Beratung nach dem S-Finanzkonzept eingebettet und<br />

unter Einsatz aller systemtechnischen Möglichkeiten ein stringenter Beratungsprozess etabliert. GRAFIK: KSK KÖLN


Zahl der Aktionäre wird wieder leicht steigen<br />

Aktien- und Fondsanleger bislang<br />

tendenziell auf dem Rückzug<br />

Privatkundenleiter Fromm. In der Sparkasse<br />

Nürnberg wird ebenfalls an der<br />

Optimierung des Wertpapiergeschäfts<br />

gearbeitet, auch um die Marktanteile in<br />

diesem Segment zu verteidigen. Zurzeit<br />

soll ein Projekt die Beratungsqualität sicherstellen.<br />

„Wir setzen auf einen stringenten<br />

Investmentprozess, regelmäßige<br />

Schulungen für die Berater mit dem Ziel<br />

des Wertpapierführerscheins und auf<br />

Investitionen in die Vertriebsunterstützung“,<br />

erklärt Jonathan Daniel, zuständiger<br />

Vorstand des Instituts.<br />

Die Sparkasse Nürnberg setzt nicht auf<br />

ausgesuchte und auf die Wertpapier-<br />

Nach Jahren kontinuierlicher<br />

Rückgänge bei den<br />

der Anlegerzahlen sieht<br />

das Deutsche Aktieninstitut<br />

(DAI) jetzt wieder gewisse<br />

Lichtblicke: Auf Basis der<br />

Infratest­Umfragen im Auftrag<br />

des DAI könnte die Zahl<br />

der Aktionäre und Fondsbesitzer<br />

im laufenden Jahr<br />

leicht steigen. Nach Berechnungen<br />

und Schätzungen<br />

von Investors Marketing<br />

könnte die Steigerungsrate<br />

bei acht Prozent liegen,<br />

womit das Niveau von 2010<br />

leicht übertroffen wäre. (Grafik<br />

oben). Im ersten Halbjahr<br />

2010 besaßen 8,6 Millionen<br />

Menschen in Deutschland<br />

Aktien oder Aktienfonds –<br />

das waren 200.000 weniger<br />

als ein Jahr zuvor. Nach<br />

DAI­Angaben haben sich vor<br />

allem niedrige und mittlere<br />

Einkommensschichten in den vergangenen Jahren stark aus der Aktienanlage zurückgezogen.<br />

Kurz nach dem Platzen der Internetblase im Jahr 2001 hatten noch 12,9 Millionen Menschen in<br />

Aktien und Fonds investiert. Im Jahr 2005 waren es immerhin noch 10,8 Millionen. Das DAI lässt<br />

jährlich rund 26.000 Menschen im Alter von mindestens 14 Jahren von dem Forschungsunternehmen<br />

Infratest befragen. GRAFIKEN: INVESTORS MARKETING, DPA<br />

beratung spezialisierte Berater, sondern<br />

arbeitet mit den wohlbekannten, abgestuften<br />

Empfehlungslisten, die jedoch<br />

verfeinert werden. Je nach Vermögen<br />

und Wertpapieraffinität werden Kundengruppen<br />

erstellt und für jede Gruppe eine<br />

Empfehlungsliste mit geeigneten Wertpapierprodukten<br />

erarbeitet.<br />

Beratungssoftware genügt nicht<br />

Alle diese Programme verfolgen das Ziel,<br />

die Wertpapierberatung in den Sparkassen<br />

den veränderten Bedingungen<br />

und den Erwartungen der Kunden anzupassen.<br />

Außerdem geht es um Rechts-<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

MÄRKTE & KUNDEN 31<br />

sicherheit und profitable Ausgestaltung.<br />

Qualitativ hochwertige Beratung über<br />

alle Bedarfsfelder des Kunden in der<br />

Breite anzubieten und gleichzeitig die<br />

zunehmenden fachlichen, prozessualen<br />

und dokumentationsbezogenen Anforderungen<br />

souverän zu beherrschen,<br />

scheint in den Instituten kaum noch<br />

möglich zu sein. Eine automatisierte und<br />

immer komplexere Unterstützung der Beratergespräche<br />

ist keine Lösung, weil die<br />

Tools nur schwer auf die individuellen<br />

Kundenbedürfnissen abzustimmen sind<br />

und viele Berater eher verunsichern. „Es<br />

ist auf Dauer unabdingbar, sich von dem<br />

Anspruch zu verabschieden, das Wertpapiergeschäft<br />

in der Breite allen Kunden<br />

über alle Berater zur Verfügung zu stellen“,<br />

sagt Berater Frank, der nicht nur die<br />

KSK Köln dabei begleitet, die Wertpapierberatung<br />

zu verbessern.<br />

Berater vermeiden Ärger<br />

Der Trend zur Spezialisierung ist dabei<br />

nichts Neues. In der Baufinanzierungsberatung<br />

haben die meisten Häuser nach<br />

die Etablierung von Immobiliencentern<br />

diesen Schritt bereits hinter sich. Der Anspruch,<br />

in jeder Filiale eine umfassende<br />

Baufinanzierungsberatung anbieten zu<br />

können, wurde meist aufgegeben.<br />

Deshalb geht es bei der Wertpapierberatung<br />

im Mengengeschäft immer stärker<br />

darum, mithilfe des S-Finanzchecks die<br />

wertpapieraffinen Kunden auf Basis ihrer<br />

individuellen Bedürfnisse und Wünsche<br />

zu identifizieren und dann qualitativ<br />

hochwertig weiterzuberaten. Dabei ist<br />

es entscheidend, künftig mehr als bisher<br />

die Empfehlungen und das damit verbundene<br />

Risiko an das kundenspezifische<br />

Profil anzupassen.<br />

Gerade hier hat derzeit die Mehrheit<br />

der Berater Schwierigkeiten, weshalb<br />

sie lieber ausweichen oder sich auf das<br />

beratungsfreie Geschäft zurückziehen.<br />

Insbesondere die Wertpapierberatungsprotokolle<br />

geben nach Ansicht vieler Berater<br />

nicht den nötigen Freiraum und engen<br />

zu sehr ein. „Die Anlageempfehlung<br />

kann gegenüber dem Kunden nicht immer<br />

nachvollziehbar erläutert werden.“<br />

Diesen Satz bekommen Schulungsleiter<br />

in den Gesprächen mit den Beratern immer<br />

wieder zu hören. Aber wie ist das mit<br />

dem Anspruch in Einklang zu bringen,<br />

den Kunden den wirklich besten Rat zu<br />

geben? Genau hier setzen die Häuser an<br />

und verbessern ihre Prozesse, damit Berater<br />

und Kunde gemeinsam hochwertige<br />

kundenindividuelle Empfehlungen<br />

entwickeln können.<br />

Zwar werden die DSGV-Ansätze künftig<br />

einen Beitrag leisten, um die Situation in<br />

den Häusern zu vereinfachen. Eine Sparkasse<br />

wird aber nicht um die Frage herumkommen,<br />

wo für sie die eigenen strategischen<br />

Schwerpunkte liegen: in der<br />

Ausrichtung, bei der Ausbildung oder bei<br />

der Gestaltung der Beratungsprozesse. �


32<br />

MÄRKTE & KUNDEN<br />

PRIVATE BANKING<br />

Aus einer Hand<br />

Viele Firmenkunden der Sparkassen vertrauen ihrem Institut<br />

auch bei der Vermögensverwaltung. Das Wachstum in diesem<br />

Geschäftsfeld beschleunigen Verbundpartner der Institute.<br />

� VON STEFAN BOTTLER<br />

Bei Gesprächen mit Firmenkunden hat<br />

die Sparkasse Fürth wiederholt eine<br />

bemerkenswerte Erfahrung gemacht.<br />

„Wenn unsere Berater auf das neue Private<br />

Banking hinweisen, stoßen sie auf<br />

reges Interesse“, sagt Stefan Hertel, Leiter<br />

dieses Geschäftsbereichs. Zu einem<br />

konkreten Angebot nach einem ausführlichen<br />

Gespräch habe bislang kein Gesprächspartner<br />

Nein gesagt.<br />

Vor rund einem Jahr war das<br />

fränkische Institut ins Private<br />

Banking eingestiegen. In den<br />

kommenden Jahren sollen 500<br />

bis 600 Kontoinhaber und Interessenten<br />

für das neue Angebot<br />

gewonnen werden. Vor allem<br />

mit Firmenkunden will Hertel<br />

dieses Ziel erreichen. Jeder<br />

zehnte Private-Banking-Kunde<br />

hat bei der fränkischen Spar-<br />

kasse geschäftliche Girokonten<br />

eröffnet, Firmenkredite beantragt<br />

oder Betriebsvermögen<br />

angelegt. Das Spektrum reicht<br />

von Familienunternehmern<br />

über Freiberufler bis zu Geschäftsführern<br />

und leitenden<br />

Angestellten von Industrieunternehmen.<br />

Mancher hat sogar seine privaten<br />

Anlagen von der bisherigen Hausbank<br />

auf die Sparkasse übertragen. „Wir<br />

wählen vor einem konkreten Angebot die<br />

Kandidaten sorgfältig aus“, sagt Hertel<br />

– nicht jeder Firmenkunde komme fürs<br />

Private Banking infrage. Voraussetzung<br />

seien konkrete Indizien anhand von<br />

Konto bewegungen, Immobilienbesitz<br />

und anderen Kriterien, dass ein Geldvermögen<br />

von 500.000 Euro oder ein<br />

Gesamtvermögen von einer Mio. Euro<br />

vorhanden ist. „Vor allem aber ist wichtig,<br />

dass der Geschäftspartner sich mit<br />

seinem Lebenswerk der Region verbunden<br />

fühlt“, sagt Hertel. Wenn Geschäftspartner<br />

sich ohnehin mit der Sparkasse<br />

identifizieren, sind sie erfahrungsgemäß<br />

auch bereit, ihr Privatvermögen diesem<br />

Institut anzuvertrauen.<br />

Solche Synergien liegen nahe: Viele Inhaber,<br />

Geschäftsführer und Freiberufler<br />

haben mit ihrer unternehmerischen Tätigkeit<br />

ein erhebliches Privatvermögen<br />

„Die Hälfte aller<br />

Gewerbekunden<br />

von Sparkassen<br />

wünscht auch eine<br />

Beratung für ihr<br />

Privatvermögen.“<br />

Reinhard Carl,<br />

Geschäftsführer<br />

Metamorf, Bochum<br />

aufgebaut. Wenn ein Finanzdienstleister<br />

im Firmenkundengeschäft wie im Private<br />

Banking mit attraktiven Lösungen wirbt,<br />

sollten Angebote aus einer Hand die<br />

logische Konsequenz sein. Viele potenzielle<br />

Kunden zögern jedoch mit deren<br />

Annahme, weil sie berufliche und private<br />

Geldgeschäfte strikt trennen wollen. Firmenkundenbetreuer<br />

sollen keinen Einblick<br />

in das Privatvermögen haben.<br />

Mancher Sparkassenkunde traut seinem<br />

Institut offenbar auch<br />

nicht zu, Gelder in Millionenhöhe<br />

zu verwalten, weil er bei<br />

Deutsche Bank & Co die größere<br />

Kompetenz vermutet. Tatsächlich<br />

haben viele Institute erst in<br />

den letzten Jahren ins Wealth<br />

Management investiert, indem<br />

sie über eigene Lösungen hinaus<br />

auf Leistungen von Landesbanken,<br />

Deka, der Frankfurter<br />

Bankgesellschaft oder der<br />

Berenberg Bank zurückgreifen.<br />

Trotz dieses späten Markteintritts<br />

haben Sparkassen nach<br />

Expertenmeinung gerade bei<br />

Firmenkunden alle Trümpfe<br />

in der Hand. Auf rund 50 Prozent<br />

schätzt Reinhard Carl, Geschäftsführer<br />

der Bochumer Beratungsgesellschaft<br />

Metamorf,<br />

den Anteil von gewerblichen<br />

Auftraggebern, welche auch eine Beratung<br />

für ihr Privatvermögen wünschen.<br />

„Mit diesen 50 Prozent kann ein riesiges<br />

Wachstum generiert werden“, sagt der<br />

Marktkenner – in vielen Instituten lassen<br />

erst zehn bis 20 Prozent der Firmenkunden<br />

ihr Privatvermögen von Sparkassen<br />

betreuen.<br />

Trennung auf Wunsch möglich<br />

Doch auch denjenigen Kunden, die betriebliche<br />

und private Geldgeschäfte<br />

trennen wollen, können die öffentlichrechtlichen<br />

Institute helfen. Wenn nämlich<br />

deren Vermögen bei der Frankfurter<br />

Bankgesellschaft und anderen Partnerinstituten<br />

angelegt wird, ist diese Voraussetzung<br />

erfüllt. Das gilt sogar dann, wenn<br />

Private Banking von sparkasseneigenen<br />

Instituten wie der Berliner Weberbank<br />

übernommen wird, wie deren Muttergesellschaft,<br />

die Mittelbrandenburgische<br />

Sparkasse (MBS) in Potsdam, bestätigt.<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2


FOTO: DPA<br />

Wenn der Kunde dies ausdrücklich<br />

wünscht, beraten ihn diese Finanzdienstleister<br />

im Alleingang. Eine Rücksprache<br />

mit den Firmenkundenspezialisten der<br />

örtlichen Sparkasse findet nicht statt.<br />

Ansonsten werden die Metamorf-Zahlen<br />

gerne bestätigt. So spricht die Frankfurter<br />

Bankgesellschaft von 50 bis 60 Prozent<br />

der Kunden, die auch Unternehmer sind.<br />

„Wenn solche Kunden unser Haus mit<br />

der Vermögensverwaltung beauftragen,<br />

stehen unsere internationa-<br />

le Wertpapierkompetenz und<br />

unsere lange Historie in der<br />

Schweiz im Vordergrund“, sagt<br />

Vorstandsvorsitzender Holger<br />

Mai in Anspielung auf den Unternehmenssitz<br />

in Zürich.<br />

Egal ob nun Sparkassen-Firmenkunden<br />

ihr Private Banking<br />

dem regionalen Institut<br />

oder dessen Kooperationspartner<br />

überlassen: Den bisherigen<br />

Erfahrungen zufolge<br />

suchen viele eine Alternative<br />

zu Großbanken. An die Beratung<br />

aus einer Hand werden<br />

deshalb hohe Ansprüche gestellt.<br />

Private Banking und<br />

Firmenkundengeschäft müssen<br />

in „Tandemlösungen“ eng<br />

miteinander harmonieren,<br />

sagt Reinhard Carl und plädiert für eine<br />

sorgfältige Personalauswahl. „Wichtig<br />

sind außerdem klare Spielregeln, wer<br />

bei welchen Terminen mit eingebunden<br />

wird und wer zu welchen Themen die<br />

Gesprächsinitiative ergreifen darf.“<br />

Persönlicher Kontakt zählt<br />

Wenn beispielsweise das Jahresbilanzgespräch<br />

ansteht, sollte vorher festgelegt<br />

werden, wann der Private-Banking-Experte<br />

hinzukommt und Anlagevorschläge<br />

unterbreitet. Das setzt eine enge Abstimmung<br />

vor jedem Kundentermin ebenso<br />

voraus wie ein Weisungsrecht, wer zu<br />

welchen Themen das letzte Wort hat. Der<br />

Vorstand kann mit Anreizen und Zielvorgaben<br />

die Teambildung beschleunigen.<br />

Für Sparkassen, die diesen Empfehlungen<br />

gefolgt sind, ist nicht zuletzt der<br />

persönliche Kontakt zum Firmenkundenbetreuer<br />

ausschlaggebend. „Häufig<br />

Hand in Hand mit starken Partnern<br />

Auch bei Partnerinstituten des Sparkassen­<br />

PrivateBankings hat sich längst herumgesprochen,<br />

dass viele Firmenkunden eine Beratung<br />

aus einer Hand wünschen. „Für unsere Kooperation<br />

mit den Sparkassen ist entscheidend,<br />

dass diese weiterhin die Kunden betreuen“,<br />

sagt Silke Krüger, Leiterin Strategieentwicklung<br />

der Berenberg Bank. „Wir übernehmen das Management<br />

der Gelder.“ Mit den Sparkassenberatern<br />

tauscht sich das Hamburger Institut deshalb<br />

regelmäßig aus. Einen Schritt weiter geht<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

MÄRKTE & KUNDEN 33<br />

„Der Kunde<br />

entscheidet<br />

in jedem<br />

Fall selbst,<br />

welche<br />

Lösung für<br />

ihn die<br />

beste ist.”<br />

Jens Weber,<br />

Leiter Vorstandssekretariat,<br />

Sparkasse<br />

Wetzlar<br />

spielen individuelle Gesprächsaufhänger<br />

wie die Unternehmensnachfolge eine<br />

wesentliche Rolle“, sagt Jens Weber, Leiter<br />

des Vorstandssekretariats der Sparkasse<br />

Wetzlar. Der Kunde entscheide in<br />

jedem Fall selbst, welche Lösung für ihn<br />

die beste sei, so Weber. Ist der Kunde einverstanden,<br />

nehmen auch Experten von<br />

Deka, Helaba oder anderer Institute an<br />

den Beratungsgesprächen teil.<br />

Die Frankfurter Sparkasse (Fraspa)<br />

packt das Thema von zwei<br />

Seiten an. Privatkunden- und<br />

Firmenkundenberater stellen<br />

Listen mit Kunden zusammen,<br />

die für die Kollegen der jeweils<br />

anderen Abteilung auch interessant<br />

sind. Wenn der Kunde<br />

einen Termin im Haus wahrnimmt,<br />

wird ihm der zuständige<br />

Berater vorgestellt. „Eine<br />

ganzheitliche Betreuung ist<br />

nur möglich, wenn vollständige<br />

Transparenz über alle<br />

Geldanlagen und Finanzierungen<br />

im betrieblichen wie<br />

privaten Bereich besteht“, sagt<br />

Fraspa-Kommunikationschef<br />

Sven Matthiesen. Vor allem<br />

Auftraggeber, deren betriebliche<br />

Finanzierungen durch<br />

eine private Haftung abgesichert<br />

ist, legen Wert auf eine Beratung<br />

aus einer Hand.<br />

Ansonsten wissen immer mehr Firmenkunden<br />

zu schätzen, dass sie ihre finanziellen<br />

Vermögen und Verpflichtungen nur<br />

einmal offenlegen müssen. Wo Beratung<br />

aus einer Hand gewünscht wird, können<br />

schnell völlig neue Themen auf die verantwortlichen<br />

Mitarbeiter zukommen.<br />

Weil vor allem Familienunternehmer<br />

dieses Angebot wahrnehmen, haben die<br />

Berater vermehrt mit Fragen rund um die<br />

generationsübergreifende Vermögensübertragung<br />

zu tun.<br />

Mit diesem vielversprechenden, aber<br />

auch ziemlich konfliktreichen Thema<br />

können Institute richtig Geld verdienen.<br />

Wenn Berater sich zu Mediatoren weiterbilden<br />

lassen, dürfen sie für die Moderation<br />

von Familienkonferenzen Honorare<br />

im unteren fünfstelligen Bereich berechnen.<br />

�<br />

die Deka Bank. „Beim Unternehmensverkauf<br />

fallen Firmeninhabern häufig andere Adressen<br />

ein“, sagt Alexander Hopff, Leiter Anlagestrategien<br />

und Produkte im Private Banking. In<br />

der Folge fällt in der Regel Privatvermögen an,<br />

das angelegt werden muss. Als zentraler Asset<br />

Manager bietet die Deka deshalb auch Unterstützung<br />

bei der Beratung von Anlagestrategien<br />

bis zur Nachfolgeregelungen. Auch Hopff<br />

plädiert für die „ganzheitliche Perspektive“<br />

bezüglich Privat­ und Firmenvermögen.


34<br />

MANAGEMENT<br />

GIROKONTO I<br />

Wie sich junge Wilde<br />

halten lassen<br />

Mit dem Eintritt ins Berufsleben kehren viele junge Erwachsene ihrer Sparkasse den Rücken.<br />

Der Anlass ist häufig die Umstellung des kostenlos geführten Jugendgirokontos auf normale<br />

Konditionen. Dabei ist oft gar nicht der Preis selbst das Problem, sondern die Art und Weise,<br />

wie diese Umstellung kommuniziert wird. Mit einer systematischen Vorgehensweise, zu der<br />

immer auch ein persönliches Gespräch gehört, lässt sich der Übergang erfolgreich gestalten.<br />

� VON BARBARA WEBER<br />

Bereits seit Jahrzehnten weiß man,<br />

dass der Übergang vom Jugendlichen<br />

zum jungen Erwachsenen diejenige Lebensphase<br />

ist, in der die Sparkassen relativ<br />

gesehen die meisten Kundenabwanderungen<br />

zu Wettbewerbern verbuchen<br />

müssen. Bei den aktuellen Überlegungen<br />

zur „richtigen“ Strategie sollte man sich<br />

vor Augen halten, dass der sogenannte<br />

„Badewanneneffekt“ mitnichten neueren<br />

Datums ist. Allerdings erscheinen im<br />

Vergleich mit früheren Jahren und Jahrzehnten<br />

zwei Umstände neu: Erstens die<br />

hohe Zahl der Wettbewerber, die in der<br />

Regel mit preisaggressiven sogenannten<br />

„Kostenlos-Angeboten“ exakt die Zielgruppe<br />

der jungen Erwachsen anvisieren.<br />

Zweitens lässt der demografische<br />

Wandel die Zahl der jungen Erwachsenen<br />

dramatisch schrumpfen, so dass für<br />

Sparkassen bereits die reine Erhaltung<br />

von Girokontobeständen ein ehrgeiziges<br />

Ziel darstellt.<br />

Der Schlüssel zum Erfolg sind die Kundenberater<br />

in den Filialen. Auch im digitalen<br />

Zeitalter bleiben Finanzdienstleistungen<br />

erklärungsbedürftige und<br />

vertrauensempfindliche Produkte. Das<br />

Internet ist mit seiner riesigen Informationsfülle<br />

für viele, auch junge, Menschen<br />

kein tauglicher Kompass, wenn es<br />

um das Thema Finanzen geht. Das Gespräch<br />

mit einem zuverlässigen, persönlich<br />

bekannten Ratgeber in einer nahe<br />

gelegenen Geschäftsstelle ist daher auch<br />

für die meisten jungen Menschen bei<br />

Finanzangelegenheiten die bei Weitem<br />

bevorzugte Informationsquelle und Entscheidungsgrundlage.<br />

Nichts geht über Beratung<br />

Marktforschungsstudien belegen immer<br />

wieder, dass das Internet zwar<br />

eine wichtige Informations- und Transaktionsfunktion<br />

hat, etwa beim Online-Banking.<br />

Aber die Entscheidung<br />

über ein Finanzprodukt wird nach wie<br />

vor fast ausschließlich im persönlichen<br />

Gespräch, meistens in den Geschäftsstellen<br />

von Sparkassen und Banken,<br />

getroffen. Persönliche Betreuung und<br />

Beratung gewinnen in einer immer<br />

komplexeren Welt also eher noch an<br />

Bedeutung. Hier haben die Sparkassen<br />

gegenüber den Direktbanken<br />

entscheidende Wettbewerbsvorteile,<br />

die es künftig viel besser zu nutzen<br />

gilt. Aus Kundensicht erscheint es<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

kritisch, wenn „von heute auf morgen“<br />

Kosten für das Girokonto anfallen. Daher<br />

ist ein sorgfältig geplanter und durchgeführter<br />

Übergang zur Bepreisung erforderlich.<br />

Die leider noch häufige Praxis,<br />

per standardisiertem Kundenbrief – womöglich<br />

als „Infopost“ – die Umstellung<br />

ab einem bestimmten Tag mitzuteilen,<br />

genügt längst nicht mehr den Anforderungen<br />

an die Kundenbetreuung eines<br />

Qualitätsanbieters. Kundenorientierte<br />

Kommunikation sieht anders aus: Aus einer<br />

nachlässigen Vorgehensweise bei der<br />

Umstellung können bei Kunden leicht<br />

Verärgerung, Enttäuschung und Abwanderungsgedanken<br />

entstehen. Wenn sie<br />

in dieser Phase von einem anderen Finanzinstitut<br />

angesprochen werden, kann<br />

das der Auslöser sein, sich enttäuscht von<br />

der Sparkasse abzuwenden.<br />

Daher sollte es selbstverständlich<br />

sein, dass vor der Umstellung auf ein<br />

bepreistes Girokontomodell ein persön-<br />

Reden und Vertrauen schaffen –<br />

� Junge Erwachsene hören ihrem Berater zu.<br />

Nutzen Sie Ihre Flächenorganisation und<br />

laden Sie die jungen Leute in die Filiale ein –<br />

Mobiltelefonnummern und E­Mail­Adressen<br />

zu erfassen, sollte selbstverständlich sein.<br />

� Vermitteln Sie den Mehrwert, etwa verbunden<br />

mit einem Kreditkartenangebot oder<br />

einem ersten kleinen Dispo als Vertrauensbeweis.<br />

Verknüpfen Sie das Gespräch mit<br />

dem Thema Geldanlage, auch wenn es noch<br />

nichts anzulegen gibt.<br />

� Beraten Sie die Jugendlichen. Junge<br />

Erwachsene haben meist wenig Finanzerfahrung<br />

und noch viel zu lernen. Beeindrucken<br />

Sie die jungen Leute mit Ihrer Kompetenz.<br />

Zeigen Sie persönlich die Möglichkeiten


liches Beratungsgespräch stattfindet. Mit<br />

dem Finanzkonzept steht den Sparkassen<br />

ein Instrument zur Verfügung, um<br />

dieses wichtige Kundengespräch inhaltlich<br />

überzeugend zu gestalten.<br />

Je nach der im Privatgirobereich verfolgten<br />

Angebotsstrategie eines Hauses<br />

kann der Übergang zum bepreisten<br />

Girokonto psychologisch auch etwas<br />

abgefedert werden. Viele Häuser verfolgen<br />

bereits einen stringenten Pauschalpreisansatz<br />

mit komplett ausgestatteten<br />

Kontomodellen. Das bedeutet, dass der<br />

Kontopreis nach der Umstellung beispielsweise<br />

von 0 Euro auf 7,50 Euro<br />

steigt. Hier wäre zu überlegen, den Wechsel<br />

auf das Pauschalkontomodell mit<br />

einer „Zufriedenheitsgarantie“ zu erleichtern.<br />

Den Übergang weich gestalten<br />

Das bedeutet, dass der Kunde etwa innerhalb<br />

einer bestimmten Frist, zum Beispiel<br />

zwölf Monate, sein Geld zurückbekommt,<br />

falls er mit dem neuen Girokontomodell<br />

nicht zufrieden ist. Das Girokonto wird<br />

dann entweder in einen anderen Kontotyp<br />

umgeschlüsselt oder aufgelöst, um<br />

reine Mitnahmeeffekte zu verhindern.<br />

Den Kunden wird so das Risiko einer<br />

Fehlentscheidung abgenommen, gerade<br />

wenn es um ein höherwertiges Girokonto<br />

geht. Einzelne Sparkassen haben bereits<br />

gute Erfahrungen mit solchen Geld-<br />

Zurück-Garantien gemacht. Allerdings<br />

muss ein funktionierendes Beschwerdemanagement<br />

vorhanden und ein stringenter<br />

Prozess für den Fall hinterlegt<br />

sein, dass die Garantie in Anspruch genommen<br />

wird.<br />

Eine weitere Möglichkeit, den Übergang<br />

in ein komplett ausgestattetes Pauschalkontomodell<br />

weich zu gestalten, besteht<br />

darin, ein befristetes Kennenlernangebot<br />

einzuräumen. Für einen von vornherein<br />

befristeten Zeitraum von sechs bis maxi-<br />

Tipps für Sparkassenberater zum Thema Girokonto<br />

des Online­Bankings. Fragen Sie, ob der<br />

Kunde ein Prepaid­Handy nutzt. Wenn ja:<br />

Die Karte kann bequem an den Sparkassen­<br />

Geldautomaten aufgeladen werden. Erlebte<br />

Problemlösungskompetenz – „die Sparkasse<br />

als Finanzpartner“ – schafft Kundenbindung<br />

und Vertrauen.<br />

� Junge Kunden wollen ernst genommen<br />

und dementsprechend behandelt werden.<br />

Hier besteht mitunter noch Nachholbedarf.<br />

Die jungen Menschen sollte man lieber „zu<br />

erwachsen“ behandeln als zu flapsig.<br />

� Die Marktforschung zeigt, dass gut betreute<br />

Kunden zufrieden und loyal sind und so gut<br />

wie nie wechseln. Wenn der Service der Sparkasse<br />

oder die Beratung stimmen, spielt der<br />

mal zwölf Monaten wird dann beispielsweise<br />

nur der halbe Preis für das Konto<br />

abgerechnet. In jedem Fall ist eine aktive<br />

Preiskommunikation mithilfe des Kontoauszugs<br />

empfehlenswert: Es ist derzeit<br />

bereits möglich, bei der Administration<br />

in OSPlus die FI-Einstellung „Nachlass“<br />

(im Sinne einer Preisnachlassfunktion)<br />

zu aktivieren. So wird dem Kunden jeden<br />

Monat der Normalpreis und damit<br />

der eigentliche Wert seines Girokontos<br />

angezeigt. Zudem erfährt er die Höhe des<br />

Nachlasses, der ihm von der Sparkasse<br />

darauf eingeräumt wird. (Dieser Nachlass<br />

ist momentan nur in Form eines von<br />

der Sparkasse festgelegten Prozentsatzes<br />

vom eigentlichen Preis möglich).<br />

Idealerweise soll rechtzeitig vor dem<br />

Ablauf der Nachlasseinräumung ein<br />

weiteres persönliches Gespräch mit dem<br />

Kunden geführt werden: Ist er zufrieden<br />

mit dem Konto? Was kann die Sparkasse<br />

darüber hinaus noch für ihn tun? Es ist<br />

wichtig zu erkennen, dass Sparkassen<br />

der demografischen Entwicklung und<br />

den permanenten Preisattacken der Konkurrenz<br />

keineswegs hilflos ausgeliefert<br />

sind. Sparkassen haben die stärkste Marke<br />

im deutschen Privatkundengeschäft,<br />

die beste Infrastruktur in Form von Filialen<br />

und Geldautomaten. Und vor allem<br />

haben die Sparkassen die vertrauenswürdigsten<br />

und kompetentesten Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter.<br />

Kunde schätzt Qualitätserlebnis<br />

Wer über solche Wettbewerbsvorteile<br />

verfügt und die Kunden bereits im Haus<br />

hat, wäre mehr als unklug, sich als Billig-<br />

anbieter positionieren zu wollen und<br />

etwa die kostenlose Kontoführung für<br />

junge Erwachsene einfach bis zum<br />

30. Lebensjahr oder darüber hinaus fortzuschreiben.<br />

Das hieße nur, ein Problem<br />

vor sich herzuschieben, das mit der Zeit<br />

sogar noch größer wird: Mit welchem<br />

kleine monatliche Betrag für das Girokonto<br />

keine Rolle.<br />

� Jede Investition in Beratung und Betreuung<br />

von jungen Kunden ist sinnvoll, selbst<br />

dann, wenn zunächst keine Folgegeschäfte<br />

abgeschlossen werden. Je nach Vertriebssteuerungssystem<br />

der Sparkasse ist es<br />

empfehlenswert, die Überleitungs gespräche<br />

vom kostenlosen Jugendgirokonto zum<br />

normal bepreisten Girokonto in das Zielvereinbarungssystem<br />

aufzunehmen. Für<br />

jede Geschäftsstelle ist im Voraus die Zahl<br />

der betroffenen Kunden zu ermitteln. Mit<br />

jedem dieser Kunden sind die Überleitungsgepräche<br />

zu führen und die Ergebnisse zu<br />

dokumentieren.<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

MANAGEMENT 35<br />

Argument soll man bei 30-Jährigen oder<br />

noch älteren Kunden plötzlich die kostenlose<br />

Kontoführung beenden? Eine<br />

Fortschreibung der kostenlosen Kontoführung<br />

auch nach dem Ende der Berufsausbildung<br />

oder jenseits des 25. Lebensjahrs<br />

löst definitiv kein Problem, sondern<br />

schafft im Gegenteil neue Schwierigkeiten<br />

.<br />

Nicht der Preis für das Girokonto ist<br />

das Problem. Es geht darum, Kunden zu<br />

einem überzeugenden Qualitätserlebnis<br />

zu verhelfen, wann immer sie in Kontakt<br />

mit der Sparkasse stehen. �<br />

Die Autorin ist als Unternehmensberaterin für<br />

Sparkassen beim Sparkassenverband Baden­<br />

Württemberg tätig.<br />

Wütende Kunden: Junge Leute,<br />

die schon seit ihrer Kindheit<br />

ein Sparkassenkonto haben,<br />

wechseln oft zur Konkurrenz,<br />

wenn die Kontoführung<br />

gebührenpflichtig wird. Mit<br />

geeigneter Kommunikation<br />

lassen sich die jungen<br />

Erwachsenen halten.<br />

FOTO: CORBIS


36<br />

MANAGEMENT<br />

GIROKONTO II<br />

Vom Mehrwert profitieren alle<br />

Für ihr Mehrwertkonto GiroPrivileg hat die Sparkasse Lüneburg bereits mehr als 20.000 Kunden<br />

begeistert. Neben Bankdienstleistungen zum Pauschalpreis sieht das Mehrwertkonzept zahlreiche<br />

Vergünstigungen und Veranstaltungen für die Kunden vor. Das Institut profitiert von Cross-Selling-<br />

Möglichkeiten und erweiterten Kontakten zu verschiedenen Kooperationspartnern.<br />

� VON ALEXANDRA FRIEDERICHS<br />

Mit Standardprodukten kann eine<br />

Sparkasse ihren Kunden kaum<br />

noch positive Erfahrungen und Gefühle<br />

vermitteln, zumal die Kunden aus den<br />

bekannten Gründen immer<br />

seltener in die Filiale kommen.<br />

Mehrwertkonten bieten dagegen<br />

eine geeignete Plattform<br />

und viele Anspracheanlässe.<br />

Ein Mehrwertprogramm zu etablieren,<br />

braucht zwar etwas Zeit,<br />

aber es ergeben sich viele Möglichkeiten,<br />

noch näher an den<br />

Kunden und seine Bedürfnisse<br />

heranzurücken.<br />

„20.000 GiroPrivileg-Kunden<br />

– das ist nicht nur ein schöner<br />

Erfolg, sondern zeigt auch, dass<br />

die Kunden nicht nur ein Mehrwertkonto<br />

bei uns abschließen,<br />

sondern auch nachhaltig damit<br />

zufrieden sind und dabeibleiben“,<br />

sagt Thomas Piehl, Vorstand<br />

der Sparkasse Lüneburg.<br />

Piehl führt den Erfolg vor allem<br />

auf sinnvolle Mehrwerte und<br />

das überzeugende regionale Angebot<br />

zurück. „Wir bieten ausgewählte Versicherungsleistungen,<br />

Rückvergütungen,<br />

Rabatte für Reisen und Restaurants an.<br />

Hinzu kommen die Vorteile unserer überregionalen<br />

Partner, Kooperationen mit<br />

regionalen Partnern und exklusive Veranstaltungen<br />

hier vor Ort. Einige haben<br />

sogar fast schon Kultstatus – wie unser<br />

alljährlicher Zillertaler Abend.“<br />

Kundenmagazin unterstützt Konzept<br />

Das Kundenmagazin der Sparkasse<br />

Lüneburg informiert über aktuelle Finanzthemen<br />

und offeriert zusätzliche<br />

saisonale Vorteile, Rabatte, Veranstaltungen<br />

und Tagesfahrten mit einem regionalen<br />

Reiseanbieter. Auf diese Weise<br />

bleibt der Mehrwertgedanke bei den<br />

Kunden lebendig und präsent. Zudem<br />

bietet das Magazin eine Plattform für die<br />

regionalen Partner, ihr Unternehmen<br />

in hochwertigem Rahmen darzustellen.<br />

Das Magazin ist Bestandteil eines umfangreichen<br />

Vermarktungskonzepts, von<br />

dem auch die Kooperationspartner profitieren.<br />

So erstaunt es nicht, dass auch<br />

„GiroPrivileg-<br />

Kunden kommen<br />

viel häufiger in die<br />

Filialen.“<br />

Thomas Piehl,<br />

Vorstandsmitglied<br />

Sparkasse<br />

Lüneburg<br />

die Unternehmen der Region immer öfter<br />

eigene Ideen und Vorschläge für Extras<br />

und Rabatte an die Sparkasse herantragen.<br />

Insofern ist das Konto für den Kunden<br />

unter dem Strich viel mehr wert, als<br />

es monatlich kostet. Doch nicht nur Kunden<br />

und Partner profitieren.<br />

Auch die Kundenberater des<br />

Instituts können die Themen<br />

rund um die Mehrwerte für sich<br />

nutzen, um etwa Anlässe für die<br />

Kundenansprache zu finden.<br />

„GiroPrivileg-Kunden kommen<br />

viel häufiger in die Filialen,<br />

um etwas abzuholen, sich<br />

zu informieren oder auch um<br />

an Informationsveranstaltun-<br />

gen teilzunehmen, die wir be-<br />

wusst in der Filiale stattfinden<br />

lassen. So kommen unsere Be-<br />

rater locker und zwanglos mit<br />

den Kunden ins Gespräch.<br />

Auch Veranstaltungen werden<br />

genutzt, um Nähe aufzubauen.<br />

Das schafft Vertrauen, und wir<br />

können zusätzliche Erträge generieren“,<br />

bestätigt Vorstand<br />

Piehl .<br />

Im April 2011 begann ein Relaunch von<br />

GiroPrivileg. Zum Start der neuen Kampagne<br />

veranstaltete die Sparkasse eine<br />

große Relaunch-Party für alle Vertriebsmitarbeiter.<br />

Motivierend wirkt auch,<br />

dass alle Mitarbeiter des Instituts im Rah-<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

men eines Wettbewerbs für jedes neue<br />

GiroPrivileg-Konto Punkte sammeln können.<br />

Auch für Jugendkonten geeignet<br />

Das Konzept wurde auch für Jugendliche<br />

und junge Erwachsene übernommen. Mit<br />

GiroPrivileg-Red für 12- bis 18-Jährige<br />

und GiroPrivileg-Blue für 18- bis 30-Jährige<br />

kamen zwei Kontomodelle hinzu, die<br />

speziell auf die Anforderungen und Wünsche<br />

einer jungen Klientel abgestimmt<br />

sind. So gibt es viele spezielle Extras für<br />

junge Leute, etwa Vergünstigungen und<br />

einen kostenlosen Internationalen Schüler-<br />

und Studentenausweis.<br />

Gerade Jugendliche sind es auch, die<br />

die Online-Angebote von GiroPrivileg<br />

gern und häufig nutzen. Unter www.giroprivileg.de<br />

können Kunden rund um die<br />

Uhr ihre Privilegien einsehen, Anfragen<br />

stellen, Tickets und Reisen buchen, kurz<br />

jeden Service nutzen, der zum Konto gehört.<br />

Auch Bestandskunden wurden noch<br />

einmal in ihrer Entscheidung für GiroPrivileg<br />

bestätigt: Seit April können sie sich<br />

bei gleicher Preisgestaltung über zusätzliche<br />

Leistungen und höhere Rückvergütungen<br />

freuen. �<br />

Die Autorin ist im Vertriebsmarketing der<br />

Sparkasse Lüneburg tätig.<br />

Beliebte<br />

Veranstaltung<br />

bei den<br />

GiroPrivileg-<br />

Kunden der<br />

Sparkasse<br />

Lüneburg: der<br />

Zillertaler<br />

Abend.<br />

FOTO: SPARKASSE<br />

LÜNEBURG


FINANZPLATZ UNGARN<br />

Die BayernLB nahm kein Blatt vor den<br />

Mund: Das Gesetz zur vorzeitigen<br />

Rückzahlung von Fremdwährungskrediten,<br />

mit dem die ungarische Regierung<br />

Immobilienkäufer vor der Überschuldung<br />

bewahren will, sei „ein enteignungsgleicher<br />

Eingriff in die Vertragsbeziehungen<br />

zwischen Bank und Kunden“,<br />

ließ der Vorstandsvorsitzende Gerd<br />

Häusler Mitte November mitteilen.<br />

Wegen drohender Verluste aus der<br />

Vergabe von Krediten in ausländischen<br />

Währungen musste die ungarische Tochter<br />

der Landesbank Rückstellungen in<br />

Höhe von 108 Mio. Euro machen. Die<br />

Folge: Der Finanzkonzern rutschte im<br />

dritten Quartal in die Verlustzone. „Ohne<br />

diesen politisch motivierten Eingriff hätte<br />

die BayernLB auch im dritten Quartal<br />

einen Überschuss erzielt“, beklagte das<br />

Geldinstitut. Neben der BayernLB sind<br />

noch eine Reihe anderer europäischer<br />

Großbanken betroffen, die in Ungarn<br />

engagiert sind, darunter die Erste Bank,<br />

Intesa Sanpaolo und UniCredit.<br />

In einem gemeinsamen Brief haben<br />

sich deren Vorstände bei EU-Binnenmarktkommissar<br />

Michel Barnier über<br />

die „eklatante Verletzung“ ihrer Rechte<br />

beschwert. Einer Barnier-Sprecherin zufolge<br />

sieht die Kommission eine mögliche<br />

Verletzung des freien Kapital- und<br />

Zahlungsverkehrs innerhalb der Europäischen<br />

Union. Die Behörde hat die ungarische<br />

Regierung nun zu einer Stellungnahme<br />

aufgefordert. Bei den von der EU<br />

beanstandeten Gesetzen geht es um die<br />

Unabhängigkeit der ungarischen Zentralbank,<br />

der Datenschutzbehörde und<br />

der Justiz. Zu den Schnellverfahren, die<br />

die EU-Kommission mittlerweile gegen<br />

Ungarn eingeleitet hat, bezog Ungarns<br />

Regierungschef Viktor Orbán nicht konkret<br />

Stellung, die Kritik des Europaparlaments<br />

prallte an ihm ab.<br />

Schwacher Forint – höhere Schulden<br />

Seit Ausbruch der internationalen Finanzkrise<br />

droht vielen ungarischen<br />

Haushalten, die Immobilienkredite in<br />

Schweizer Franken oder Euro aufge-<br />

nommen haben, eine Überschuldung.<br />

Ursache ist eine kräftige Abwertung des<br />

Forint im Kielwasser einer ausufernden<br />

Staatsverschuldung. Der Schweizer Franken<br />

gewann gegenüber der ungarischen<br />

Währung mehr als 50 Prozent an Wert<br />

– entsprechend stark ist die<br />

Schuldenlast für Frankenkredite<br />

gestiegen, die aus Forint-<br />

Einkommen bedient werden<br />

müssen. Fremdwährungskredite<br />

waren in Ungarn zunehmend<br />

in Mode gekommen, weil<br />

die Zinsen im Vergleich zu Darlehen<br />

in inländischer Währung<br />

zum Teil um mehr als sieben<br />

Prozent niedriger waren. Das<br />

ermöglichte auch Haushalten<br />

mit geringeren Einkommen den<br />

Kauf von Immobilien auf Kredit.<br />

Laut Berechnungen der ungarischen<br />

Notenbank summieren<br />

sich die Fremdwährungsdarlehen,<br />

die an Privatpersonen<br />

vergeben wurden, auf 17,3 Mrd.<br />

Euro. Das sind rund zwei Drittel aller<br />

ausstehenden Retail-Darlehen. Vor allem<br />

Immobilienkredite wurde bevorzugt in<br />

Franken ausgereicht. Der durchschnittliche<br />

Kurs lag damals bei 160 Forint pro<br />

Franken. Heute müssen die Ungarn rund<br />

250 Forint für einen Franken bezahlen.<br />

Nach dem neuen Fremdwährungskreditgesetz<br />

können private Haushalte ihre<br />

Hypotheken in Franken zu einem festen<br />

Wechselkurs von 180 Forint und Euro-<br />

Immobilienkredite zu 250 Forint bis Februar<br />

2012 vorzeitig zurückzahlen. Den<br />

betroffenen Banken zufolge führt das zu<br />

Verlusten von rund 25 Prozent bei Franken-<br />

und 15 Prozent bei Euro-Darlehen.<br />

Allerdings kann die neue Regelung in der<br />

Praxis nur ein Bruchteil der Kreditnehmer<br />

in Anspruch nehmen. Die wenigsten<br />

verfügen über genügend Ersparnisse, um<br />

ihre Schulden vorzeitig zurückzubezahlen.<br />

Und eine Umschuldung in ein Forint-<br />

Darlehen hilft vielen wegen zu hoher Zinsen<br />

kaum weiter.<br />

Der Fraktionschef der regierenden Fidezs-<br />

Partei, János Lázár, drohte den Banken<br />

„falls notwendig mit Sanktionen“,<br />

wenn sie Umschuldungen erschweren,<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

PERSPEKTIVEN 37<br />

Eingriff in Kreditverträge<br />

Banken laufen gegen ein neues Gesetz Sturm, das privaten Haushalten die vorzeitige Rückzahlung<br />

von Fremdwährungskrediten zu festgelegten Wechselkursen unterhalb marktüblicher Konditionen<br />

erlaubt. Die Differenz müssen die Kreditinstitute als Verlust verbuchen. Nach Beschwerden in<br />

Brüssel setzt nun die EU-Kommission die Regierung Orbán unter Druck.<br />

� VON KLAUS HAUPTFLEISCH<br />

Versteht die<br />

Aufregung um<br />

seine Person und<br />

sein Land nicht:<br />

Ungarns<br />

Regierungschef<br />

Viktor Orbán<br />

etwa durch eine schlechtere Bonitätsbeurteilung<br />

der Kreditnehmer. Zugleich<br />

scheint sich in der Regierung die Erkenntnis<br />

durchzusetzen, dass das Fremdwährungskreditgesetz<br />

das Schuldenproblem<br />

der meisten Haushalte nicht löst.<br />

Lázár kündigte bereits an: „Wir<br />

werden mit ziemlicher Sicherheit<br />

weitere Schritte sehen.“<br />

Auch Regierungschef Orbán,<br />

hob hervor: „Wir müssen die ungarischen<br />

Familien von der Last<br />

ausländischer Schulden befreien.“<br />

Inzwischen weiß die Orbán-Regierung<br />

allerdings nicht<br />

einmal mehr, wie sie den staatlichen<br />

Zahlungsverpflichtungen<br />

nachkommen soll. Mitte November<br />

musste sie den Internationalen<br />

Währungsfonds und<br />

die EU um Finanzhilfe bitten.<br />

Im Zuge der Verhandlungen<br />

über ein Hilfspaket könnte<br />

auch der umstrittene Umgang<br />

mit den Banken in Ungarn ein<br />

Thema werden.<br />

Unterdessen hat der ungarische Bankenverband<br />

Klage gegen das Fremdwährungskreditgesetz<br />

eingereicht. Und<br />

manches Kreditinstitut kontert den staatlichen<br />

Eingriff mit Rückzug. So hat Erste-<br />

Bank-Chef Andreas Treichl angekündigt,<br />

seine für Ungarn geplanten Investitionen<br />

in andere Länder umzuleiten. Ungarn,<br />

so der Banker, garantiere offenbar nicht<br />

mehr für die Sicherheit von Investitionen.<br />

�<br />

EuropaService mit Ungarn –<br />

Infos für Sparkassen<br />

Der EuropaService der Sparkassen­Finanzgruppe<br />

bietet in seinen Länderinfos zu<br />

Ungarn ausgewählte Aspekte zu Investitionsbedingungen<br />

in diesem Land. Mehr als<br />

80 ungarische Unternehmen aus verschiedenen<br />

Branchen suchen Kooperationspartner<br />

in Deutschland. Diese sind im Bereich Eurokontakte<br />

zu finden<br />

http://europaservice.dsgv.de<br />

europaservice@dsgv.de


38<br />

PERSPEKTIVEN<br />

US-BANKENMARKT<br />

Abstimmung mit Füßen<br />

Von der Vertrauenskrise und dem Unmut gegen die Großbanken an der Wall Street profitieren in<br />

den USA kleinere Geldhäuser, meistens Kreditgenossenschaften. Die Wechselbereitschaft der<br />

Kunden hat den Markt bisher allerdings nur wenig verändert.<br />

� VON MARKUS GÄRTNER<br />

Die große Glasfront der Boeing<br />

Employees´Credit Union in der Rockefeller<br />

Avenue von Seattle wird von<br />

einem schwarzen Metallrahmen eingefasst.<br />

Die orange Hausfassade des<br />

Gebäudes, in dem die Zweigstelle der<br />

Kreditkooperative für Mitarbeiter des<br />

Flugzeugherstellers Boeing liegt, strahlt<br />

Wärme und Sympathie aus. Aufgesprüht<br />

auf das Schaufenster des kleinen Gelddienstleisters<br />

stehen die jüngsten Angebote:<br />

Freie Kontoführung, niedrige<br />

Gebühren für Kreditkarten, kostenloses<br />

Geldabheben an den Automaten.<br />

Die Kreditgenossen hier in der Heimatstadt<br />

von Microsoft, Starbucks und<br />

Boeing haben ihre Anstrengungen zur<br />

Kundengewinnung in den vergangenen<br />

Monaten kräftig erhöht. Mit Erfolg. Die<br />

Genossenschaftsbank der 30.000 Boeing-<br />

Beschäftigten am Ort, die auch Kunden<br />

– sprich Mitarbeiter – anderer Firmen<br />

akzeptiert, hat an einem Tag Anfang<br />

November 659 neue Konten eröffnet.<br />

Auf ihrer Webseite wirbt die Kooperative<br />

damit, dass sie keine Aktionäre außer<br />

ihren Mitgliedern habe und dass sie ihre<br />

Gewinne in Form von niedrigeren Zinsen<br />

und Gebühren zurückerstatteten. Das ist<br />

ein gezielter Seitenhieb auf die großen<br />

Banken in New York.<br />

Werbung mit günstigen Krediten<br />

Die Webseite der Boeing-Genossenschaftsbank<br />

in Seattle macht mit einem<br />

großen Bild auf, zu sehen ist ein PKW<br />

eines bekannten US-Herstellers aus Detroit.<br />

Davor stehen Vater und Sohn. Der<br />

Sohn hat offenbar gerade seinen Führerschein<br />

gemacht. Es geht um einen Autokredit.<br />

Neben dem Bild wird zudem für<br />

„erschwingliche Hypotheken“ geworben.<br />

Ein Hinweis mit Magnetwirkung in einem<br />

Land, das laut dem Immobilienspezialisten<br />

Realty Trac im laufenden Jahr eine<br />

Million Zwangsversteigerungen überschuldeter<br />

Hausbesitzer erwartet.<br />

Die großen Wall Street-Banken haben<br />

nach einer kurzen Pause im Sommer und<br />

Herbst 2011 – es ging um Rechtsstreitig-<br />

Überlauf mit Protest und<br />

fliegenden Fahnen: Viele<br />

Kunden von US-Geschäftsbanken<br />

tragen ihr Geld zu<br />

Genossenschaftsbanken und<br />

sparkassenähnlichen<br />

Instituten. GRAFIK: DPA<br />

keiten bei Zwangsversteigerungen – die<br />

Beschlagnahme von Häusern überschuldeter<br />

Kunden wieder beschleunigt. In<br />

diesem Jahr sollen die Zwangsversteigerungen<br />

daher um 25 Prozent zunehmen,<br />

sagt Daren Blomquist, der Sprecher von<br />

Realty Trac. Da macht es sich aus der<br />

Sicht von Kunden gut, wenn kleinere<br />

Banken mit niedrigeren Zinsen und flexiblerem<br />

Schuldendienst werben.<br />

Den großen Geldhäusern ist unterdessen<br />

ein Teil des Vertrauens abhanden<br />

gekommen, das sie einmal genossen haben.<br />

Das zeigt die jüngste Umfrage des<br />

Meinungsforschers Gallup vom November.<br />

Mehrere Tausend Amerikaner wurden<br />

befragt, welche Industrien bei ihnen<br />

das meiste Ansehen und Vertrauen genießen.<br />

In der Liste der 25 Branchen belegen<br />

die Banken einen miserablen 21.<br />

Platz, vor Ärzten und Immobilienmaklern,<br />

aber hinter der Computerindustrie,<br />

Restaurants, Lehrern und Juristen. Die<br />

Finanzkrise und die Protestbewegung<br />

Occupy Wall Street haben dieses schlechte<br />

Image der Großbanken noch zemen-


tiert, wie Dennis Jacobe, der Chefökonom<br />

bei Gallup meint. „Der Prozentsatz der<br />

Amerikaner, die sehr viel oder ziemlich<br />

viel Vertrauen in die Banken haben, ist<br />

auf ein Rekordtief von 15 Prozent gefallen“,<br />

sagt Jacobe, „das ist noch unter den<br />

22 Prozent während der Finanzkrise<br />

Mitte 2009“.<br />

Dagegen ist der Prozentsatz der Amerikaner,<br />

die sehr wenig oder gar kein Vertrauen<br />

in die Banken haben bei einem<br />

Redkordhoch von 42 Prozent angekommen.<br />

Für kleine Banken in den USA –<br />

Community Banks, Genossenschaften<br />

und Sparkassen – bedeutet das verstärkten<br />

Rückenwind. Denn der Ver-<br />

trauensverlust und die Wut gegen<br />

die Wall Street richtet sich<br />

auf große Banken. Kleine Kooperativen<br />

wie die Boeing Credit<br />

Union in Seattle erleben als Folge<br />

dieser Vertrauenskrise lange<br />

nicht gesehene Zuwächse bei<br />

der Mitgliederzahl. Dabei registriert<br />

die Boeing Emloyees´ Credit<br />

Union auch so schon einen<br />

Aufschwung.<br />

Denn der Flugzeughersteller,<br />

dessen Namen die Kooperative<br />

trägt, sitzt nach mehreren<br />

Großbestellungen auf einem<br />

riesigen Auftragsbestand von<br />

3500 Verkehrsflugzeugen. Das<br />

heißt: Die Produktion muss in<br />

den drei kommenden Jahren<br />

um 60 Prozent gesteigert werden. Das<br />

sind 300 zusätzliche Jets, die jedes Jahr<br />

aus den Farbikhallen im Stadtteil Everett<br />

rollen müssen. Im Klartext: Tausende<br />

neuer Jobs – und damit viele neue Mitglieder<br />

für die Kreditkooperative.<br />

Unmut über Wall-Street-Eskapaden<br />

Doch nicht nur das lässt die Manager<br />

der Genossenschaftsbank von Boeing<br />

frohlocken. Der andere Treiber ist der<br />

wachsende Unmut der 320 Mio. Amerikaner<br />

über die Großbanken an der Wall<br />

Street. Im Jahr 2011 hat sich in den USA<br />

der wachsende gesellschaftliche Unmut<br />

über Fehlentwicklungen im Finanzsystem<br />

immer öfter Bahn gebrochen. Erst<br />

die Protestbewegung Occupy Wall Street,<br />

dann Online-Kampagnen aufgebrachter<br />

Kunden, kanalisierten die Wut über die<br />

Eskapaden der Banken. Kleineren Kreditkooperativen,<br />

vergleichbar mit den deutschen<br />

Volksbanken, bescherte der zunehmende<br />

Verbraucher-Aktivismus dagegen<br />

Zuwächse und ein neues Rekordjahr.<br />

Sichtbarer Höhepunkt dieser Entwicklung<br />

war am 5. November der sogenannte<br />

„Bank Transfer Day“. Bankkunden wurden<br />

im Internet aufgerufen, ihre Konten<br />

von großen Banken abzuziehen und neu<br />

bei einer der landesweit 7240 Genossenschaftsbanken<br />

zu eröffnen. Folge der<br />

Kampagne: Allein im dritten Quartal gewannen<br />

die Kooperativen 450.000 Mitglieder<br />

hinzu. Allein die Kreditgenossen<br />

„Die Konsumenten<br />

wachen auf<br />

und sehen,<br />

dass sie<br />

Optionen<br />

haben.“<br />

Kristen Christian,<br />

US-Organisatorin<br />

des Bank Transfer<br />

Day im November<br />

2011<br />

in New York registrierten 39.000 neue<br />

Konten. Die größte Kreditkooperative der<br />

USA, die Navy Federal Credit Union, verzeichnete<br />

im Sepetember und Oktober<br />

38 Prozent mehr Kontoeröffnungen als<br />

im selben Zeitraum des Vorjahres. Den<br />

zündenden Funken dürfte die Bank of<br />

America geliefert haben. Das Wall Street-<br />

Geldhaus wollte im Herbst eine Kontoführungsgebühr<br />

von fünf Dollar pro Monat<br />

einführen. Ein Sturm der Entrüstung<br />

brach los. Die Bank musste einen peinlichen<br />

Rückzieher machen.<br />

Dieser Erfolg für die Kunden hat offenbar<br />

die Bereitschaft zu weiteren<br />

Protesten geweckt. Amerikas<br />

Konsumenten wurden 2011<br />

aber auch durch Erfolge auf<br />

der politischen Bühne zu kritischerem<br />

Umgang mit ihren<br />

Gelddienstleistern angespornt.<br />

In Illinois und Wisconsin erzieltenUnterschriftensammlungen<br />

zur Abwahl des jeweiligen<br />

Governeurs beachtliche<br />

Erfolge. In Wisconsin wurden<br />

vor Weihnachten weit über die<br />

Hälfte der 540.000 nötigen Unterschriften<br />

gegen Gouverneur<br />

Scott Walker gesammelt. Viele<br />

Bürger wollen ihn aus dem<br />

Amt entfernen, weil er den Beamten<br />

in dem Bundesstaat das<br />

Recht auf Tarifverhandlungen<br />

entzog.<br />

Die wachsende Agitation der Konsumenten<br />

bekam zwischen Weihnachten<br />

und Neujahr auch der TV-, Internet- und<br />

Telefondienstleister Verizon zu spüren.<br />

Die Einführung einer einmaligen monatlichen<br />

Kreditkartengebühr ab dem<br />

15. Januar für Telefon- oder Onlineüberweisungen<br />

führte in Internetforen zu wütenden<br />

Petitionen und auf Webseiten wie<br />

Twitter zu einem solchen Proteststurm,<br />

dass Verizon umgehend einen Rückzieher<br />

machen musste.<br />

„Die Konsumenten wachen auf und<br />

sehen, dass sie Optionen haben“, sagt<br />

Kristen Christian, die Organisatorin des<br />

Bank Transfer Day im November. Das bestätigen<br />

Meinungsumfragen wie die von<br />

Intuit Financial Services, wonach 36 Prozent<br />

der amerikanischen Bankkunden<br />

zum Wechsel der Bank bereit sind oder<br />

einen Wechsel planen. Umfragen wie die<br />

des Meinungsforschers Gallup belegen<br />

für die Großbanken indes eine Vertrauens-<br />

und Imagekrise. Demnach fühlen<br />

sich Mitglieder von Kreditkooperativen<br />

mit 72 Prozent drei Mal so häufig von<br />

ihrer Bank wertgeschätzt, wie Kunden<br />

der Bank of America mit 24 Prozent.<br />

Führende PR-Firmen wie Edelman in<br />

den USA beobachten den wachsenden<br />

Wunsch von Verbrauchern, dass ihre<br />

Dienstleister soziale Verantwortung auf<br />

eine Ebene mit Renditezielen stellen. Das<br />

sogenannte „Trust Barometer“ von Edelman<br />

beschenigt US-Firmen für 2011 aus<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

PERSPEKTIVEN 39<br />

der Sicht ihrer Kunden einen Vertrauensrückgang<br />

von acht Indexpunkten, nur<br />

noch knapp über dem Wert russischer<br />

Firmen. Nicht wenige Verbraucherexperten<br />

sagen daher für 2012 mehr Kampagnen<br />

unzufriedener Kunden voraus In<br />

den USA bedeutet das für die Credit Unions<br />

einen klaren Vorteil: Über drei Viertel<br />

der Kreditkooperativen bieten kostenlose<br />

Girokonten an, aber nur 45 Prozent der<br />

Großbanken. Hinzu kommen oft niedrigere<br />

Kreditzinsen und eine leichtere<br />

Kreditverfügbarkeit, weil die Angestellten<br />

am Bankschalter bei den kleineren<br />

Instituten ihre Kundschaft oft besser<br />

kennen, wie der Analyst Greg McBride bei<br />

Bankrate.com versichert.<br />

Große Banken kümmert das kaum<br />

Noch macht das den großen Banken<br />

wenig Sorgen. Die Credit Unions zählen<br />

in den USA lediglich 14.000 Niederlassungen<br />

gegenüber 82.000 Filialen von<br />

Geschäftsbanken. Mehr noch: Kunden,<br />

die zu kleineren Banken wechseln, sind<br />

für die großen Institute oft unprofitabel,<br />

weil sie geringere Einlagen haben und<br />

weniger Dienstleistungen in Anspruch<br />

nehmen. Große Banken haben oft auch<br />

mehr Kosten. Moebs Services, ein auf<br />

Banken spezialisiertes Researchunternehmen<br />

in Lake Bluff, Illinois, schätzt<br />

die Kosten einer großen Bank für ein<br />

Girokonto auf 350 bis 450 Dollar im Jahr,<br />

gegenüber 175 bis 250 Dollar bei Volksbanken<br />

und Sparkassen. �


40<br />

PERSPEKTIVEN<br />

INVESTORENLAND CHINA<br />

Auf Schnäppchenjagd<br />

China hat Geld und der Westen die Trophäen. Nach zahlreichen Rohstoffdeals legt sich das Land<br />

nun, unterstützt von Milliarden an Währungsreserven, eine Sammlung von Prestigeunternehmen<br />

zu. Die weltwirtschaftlichen Erschütterungen bieten den Asiaten Kaufgelegenheiten wie noch nie.<br />

� VON TITUS KRODER<br />

Wollte ein patriotisch gesinnter Chinese<br />

ausschließlich „Made in China“<br />

kaufen, könnte er sich auf seiner<br />

italienischen Superjacht sonnen, dabei<br />

britische Teekekse knabbern und mit<br />

französischem Rotwein nachspülen. Er<br />

könnte sein deutsches Medion-Laptop<br />

aufklappen und Aktien bei seinem britischen<br />

Broker ordern.<br />

Denn China kauft ganz groß ein, diesmal<br />

bevorzugt im krisengeplagten Europa,<br />

wo die Unternehmenswerte gemessen an<br />

den erzielten Gewinnen so niedrig sind<br />

wie lange nicht mehr. Westliche Rivalen<br />

der Chinesen zucken angesichts der<br />

momentanen Risiken vor Übernahmen<br />

zurück. Chinas Vize-Handelsminister Fu<br />

Ziying sprach sarkastisch vom „größten<br />

Räumungsverkauf der Weltgeschichte“,<br />

dem sich seine reich gewordenen Landsleute<br />

derzeit hingeben können.<br />

Wohl kaum ein Deal macht Pragmatismus,<br />

wirtschaftliches Selbstbewusstsein<br />

und kapitalistische Schlagkraft der aufstrebenden<br />

Volkswirtschaft deutlicher<br />

als der Kauf des italienischen Werftkonzerns<br />

Ferretti Group durch den chinesischen<br />

Staatskonzern Shangdong Heavy<br />

Industries für 500 Mio. Dollar im Januar.<br />

Der exklusive italienische Schiffsbauer<br />

aus Forli fertigt die edelsten Statussymbole<br />

der Meere und hängt an seine Top-<br />

Modelle sechsstellige Preisschilder. Doch<br />

hat Ferretti derzeit auch ein drückendes<br />

und für Europa typisches Problem: zu<br />

hohe Schulden. Die Chinesen haben das<br />

nötige Kleingeld, eine lange und schöne<br />

Küste sowie zahllose millionenschwere<br />

Motorjachtfans. Zudem spielen die Italiener<br />

in einem schnell expandierenden<br />

Nischenmarkt, den kein großer Rivale so<br />

schnell angreifen kann.<br />

Ökonomische Raffinesse nimmt zu<br />

Im Fall Ferretti gehen Prestige und strategische<br />

Logik damit Hand in Hand. Denn<br />

chinesische Investoren haben es beim<br />

Einkaufstrip im Westen keineswegs mehr<br />

nur auf vordergründige Statussymbole<br />

abgesehen. Vor allem sollen die Zukäufe<br />

langfristig überleben, nutzbares Managementwissen<br />

abwerfen und Zugang zu<br />

Hochtechnologie und lokalen Kunden<br />

bringen. Denn ähnlich wie die Japaner<br />

China entdeckt den ökonomischen Wert von Luxusherstellern für sich: Ein chinesischer<br />

Staatsbetrieb kaufte im Januar den italienischen Werftkonzern Feretti Group. FOTO: DPA<br />

einst ihre Autowerke in die EU verlegten,<br />

um Zollschranken zu überwinden, will<br />

China nicht mehr nur der wichtigste<br />

Zulieferer Europas sein, sondern dort<br />

auch immer mehr vor Ort produzieren.<br />

„Frühere Zukäufe folgten eher einer politischen<br />

Strategie. Doch die jüngste Serie<br />

an Übernahmen lässt auf wachsende<br />

wirtschaftliche Raffinesse der<br />

Käufer schließen“, urteilt etwa<br />

eine Analyse der Universität<br />

Cambridge.<br />

Über den heimischen Wirtschaftsboom<br />

häuft China Währungsreserven<br />

an, die mit 3000<br />

Mrd. Dollar die finanzielle Kraft<br />

jedes anderen Schwellenlands<br />

in den Schatten stellen. Rein<br />

rechnerisch würde die Summe<br />

reichen, um die 30 wertvollsten<br />

Konzerne des Westens – darunter<br />

Apple oder Exxon – auf<br />

einen Schlag zu erwerben. Bei<br />

soviel Manövriermasse muss<br />

sich das bekannte Bild wandeln:<br />

Seit Jahren zieht China<br />

schon wegen seiner aufnahmestarken<br />

Konsummärkte die<br />

meisten Direktinvestitionen<br />

ausländischer Konzerne an. Doch die<br />

immer ambitioniertere Einkaufstour im<br />

Ausland hat China mittlerweile zu einem<br />

Kapitalexporteur von zuletzt 70 Mrd. Dollar<br />

werden lassen – eine Summe, die sich<br />

nach Schätzung der Bank HSBC in den<br />

nächs ten drei Jahren verdoppeln dürfte.<br />

Zum Vergleich: Noch im Jahr 2003 investierte<br />

Peking nicht einmal drei Mrd. Dollar<br />

außerhalb seiner Grenzen.<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

„Die jüngste<br />

Serie an<br />

Übernahmen<br />

lässt auf<br />

wachsende<br />

ökonomische<br />

Raffinesse<br />

der Käufer<br />

schließen.“<br />

Aus einer Analyse<br />

der Universität<br />

Cambridge zu<br />

Chinas<br />

Kaufverhalten<br />

Doch auch die neue Pekinger Wirtschaftsdoktrin<br />

spielt eine Rolle. Nachdem<br />

erstmals der frühere Staatschef<br />

Jiang Zemin das Motto „Going global“<br />

in den Fünfjahresplan seines Landes<br />

schrieb, wurde der Appell sukzessive verfeinert.<br />

Übernahmen sollen nicht mehr<br />

nur die Versorgung des Landes mit Roh-<br />

stoffen aller Art sichern oder<br />

auf neue Agrarflächen für das<br />

Milliardenvolk abzielen. Beim<br />

Einkauf im Ausland, so die<br />

neue Stoßrichtung, sei künftig<br />

auf Qualität und zugkräftige<br />

Marken achten.<br />

Denn China will selbst vom<br />

Status der Niedriglohnwerkstatt<br />

in den Rang der Markengroßmacht<br />

aufsteigen. Und<br />

dieser Sprung kann mit etablierten<br />

Marken schneller gelingen.<br />

Der chinesische Konzern<br />

Lenovo hatte das Markenimage<br />

noch selbst aufbauen müssen.<br />

2004 erstand Lenovo das<br />

PC-Geschäft des US-Technologiekonzerns<br />

IBM für 1,75 Mrd.<br />

Dollar. Als Gründung des ehemaligen<br />

IBM-Mannes Liu Chuanzhi<br />

hat das Unternehmen über Jahre<br />

hinweg und mit erheblichen Summen<br />

die verblassten IBM-Marken aufbürsten<br />

müssen. Doch immerhin ist man heute<br />

ganz vorne im PC-Geschäft und lässt etwa<br />

Rivalen wie Dell oder Acer beim Wachstum<br />

hinter sich.<br />

Noch deutlich schneller soll der Erfolg<br />

bei Volvo kommen, wo der chinesische<br />

Fahrzeugkonzern Geely letztes Jahr für


1,3 Mrd. Dollar eingestiegen ist. Werke,<br />

wie das in Gothenburg sollen bis 2020<br />

wieder knapp eine Mio. Limousinen pro<br />

Jahr fertigen. Es ist der erste Einstieg der<br />

Chinesen bei einem westlichen Automobilkonzern<br />

von Rang. Stellen sie es richtig<br />

an, kann der Plan aufgehen, sagen Experten.<br />

Ähnlich wie beim italienischen Werftjuwel<br />

Ferretti, soll die Marke weiterhin in<br />

Schweden heimisch bleiben. „Die Firma<br />

ist ein Tiger. Der gehört in den Dschungel<br />

und nicht in den Zoo“, formulierte<br />

Geely-Chef Li Shufu bei Abschluss der<br />

Verträge. Will sagen: Volvo wird weiter<br />

von erfahrenen Automanagern des Westens<br />

gesteuert. Pate dürfte der Erfolg der<br />

indischen Tata-Gruppe sein, die sich die<br />

Automarken Jaguar und Land Rover sicherte<br />

und bislang erfolgreich vom deutschen<br />

Autoveteranen Carl-Peter Forster<br />

führen ließ.<br />

Auf dem Weg zur Markengroßmacht<br />

Chinesische Investoren finden unterdessen<br />

Gefallen an immer neuen Branchen.<br />

Seit die Lebensmittelgruppe Longhai für<br />

geschätzte fünf Mio. Dollar kürzlich beim<br />

Chateau Latour Laguens eingestiegen ist,<br />

wo rund 160.000 Flaschen besten Bordeaux-Weins<br />

pro Jahr abgefüllt werden,<br />

hagelt es zwar kritische Kommentare in<br />

der französischen Presse, doch wurden<br />

seither viele chinesische Delegationen<br />

in der berühmten Weingegend gesichtet.<br />

Schließlich hat das asiatische Land selbst<br />

einiges vor im Weinbau. Der Technologie-<br />

Transfer von der Gironde ist da nicht<br />

ganz fehl am Platz.<br />

Selbstbewusst bieten die Chinesen<br />

inzwischen auch bei großen Privatisierungen<br />

in Europa mit. Erst im Dezember<br />

hatte Portugal seinen Anteil am Energiekonzern<br />

EDP zum Verkauf gestellt, um<br />

die Auflagen seines EU-Rettungspakets<br />

erfüllen zu können. Zunächst hatte sich<br />

der deutsche Eon-Konzern als Bieter in<br />

die Favoritenrolle bringen können. Doch<br />

dann kam der chinesische Stromkonzern<br />

Three Gorges Corp. und fegte die Deutschen<br />

mit einer 3,5 Mrd. Dollar teuren<br />

Offerte vom Platz. In Europa könnten weitere<br />

bekannte und für die Chinesen strategisch<br />

lohnenswerte Großkonzerne ins<br />

Fadenkreuz geraten. Etwa der spanische<br />

Ex-Telefonmonopolist Telefonica könnte<br />

wegen seiner umfangreichen Tochterfirmen<br />

in Lateinamerika gut zu China<br />

Mobile passen.<br />

Selbst strategische Durchhänger weitaus<br />

prominenterer Unternehmen, die<br />

kaum etwas mit der Finanzkrise zu tun<br />

haben, könnten die Chinesen in diesem<br />

Jahr nutzen. So sei es nicht ausgeschlossen,<br />

dass man sich in Peking auch eine<br />

Übernahme des derzeit unter großen Innovationsproblemen<br />

leidenden Handymarktführer<br />

Nokia zutrauen würde,<br />

dessen Börsenwert sich im vergangenen<br />

Jahr halbiert hat. Aus ähnlichen Grün-<br />

den wird auch der kanadische Smartphone-Spezialist<br />

Research in Motion<br />

(RIM), der das E-Mail-Gerät „Blackberry“<br />

herstellt – als mögliches Übernahmeziel<br />

gesehen.<br />

Um nicht zu einseitig auf westliche Industrieunternehmen<br />

zu setzen, mischen<br />

Chinesen momentan auch im Finanzgeschäft<br />

kräftig mit. So bereitet sich die<br />

Bank of China derzeit auf das Aktienhandelsgeschäft<br />

der Royal Bank of Scotland<br />

vor, die nach Fehlspekulationen während<br />

der Finanzkrise den Geschäftszweig verkaufen<br />

musste.<br />

Vor der Kreditkrise war es noch umgekehrt:<br />

Den stolzen Schotten gehörten<br />

bereits 20 Prozent des nun bietenden<br />

chinesischen Bankkonzerns. Beim Konkurrenten<br />

Credit Agricole wurden bereits<br />

Nägel mit Köpfen gemacht. Dort steigt<br />

der chinesische Broker CITIC für knapp<br />

400 Mio. Dollar bei der Investmentbank<br />

der Franzosen ein, ein wegweisender<br />

Deal, entsteht dabei doch die erste Welt-<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

PERSPEKTIVEN 41<br />

marke der Finanzbranche unter chinesischer<br />

Ägide.<br />

Das nächste Ziel steht schon fest<br />

Und schließlich diskutieren Fusionsberater<br />

noch ein weiteres Szenario: Danach<br />

könnte der britische Bankkonzern Standard<br />

Chartered bald vom chinesischen<br />

Finanzriesen ICBC geschluckt werden.<br />

Die Briten sind unbeschadet durch die<br />

Finanzkrise gekommen und verfügen<br />

über einen starken Stand im Asien-Pazifikraum<br />

und in Afrika<br />

Der Chefökonom von Standard Chartered,<br />

Gerard Lyons, traut der Einkaufsoffensive<br />

von „China Inc.“ noch einiges<br />

zu. Denn noch kann Peking nicht in<br />

heimischer Währung international einkaufen.<br />

„Das abgelaufene Jahrzehnt<br />

hatte das Motto ,in China gemacht‘. Das<br />

momentane läuft unter ,gehört China‘.<br />

Und das nächste wird ,mit Yuan bezahlt‘<br />

überschrieben sein“, hieß es kürzlich auf<br />

einer Konferenz. �<br />

China investiert in Deutschland – und umgekehrt<br />

Noch überwiegen die deutschen Direktinvestitionen<br />

in China die der Chinesen hierzulande<br />

bei Weitem, wie die Grafik zeigt. Die Werte<br />

ergeben sich aus der Bilanz aus Kapitalimporten<br />

und ­exporten. In Deutschland ist es bisher<br />

zwar noch nicht zum ganz großen Deal chinesischer<br />

Investoren gekommen, aber immerhin<br />

entfällt etwa die Hälfte chinesischer Auslandsinvestitionen<br />

in Europa auf Deutschland.<br />

Bisher unterhalten chinesische Unternehmen<br />

überwiegend nur eigene Vertriebstöchter oder<br />

kleinere Produktionsstandorte wie etwa den<br />

Baumaschinenhersteller Sany nahe Köln. Doch<br />

der Trend zum Großeinkauf ist unverkennbar.<br />

Laut Zahlen von Pricewaterhouse Coopers haben<br />

bereits 2000 kleine und mittelgroße deutsche<br />

Firmen chinesische Eigentümer. Spektakulär<br />

verlief im vergangenen Jahr der Einstieg<br />

des chinesischen Technologieriesen Lenovo für<br />

630 Mio. Euro beim Computerhersteller Medion,<br />

der vor allem für die Supermarktkette Aldi<br />

produziert. Auch für die GM­Tochter Opel wird<br />

immer wieder der chinesische Autokonzern<br />

BAIC genannt. GRAFIK: DPA


42<br />

LITERATUR<br />

KONSUMFORSCHUNG<br />

Verbraucher<br />

produzieren mit<br />

Ein Buch riskiert einen Blick in die Zukunft des<br />

Konsumverhaltens. Zwar macht das Internet<br />

Verbraucher klüger, rationale Entscheidungen<br />

werden aber dennoch immer seltener.<br />

� VON MIRKO HEINEMANN<br />

Das Verhalten der Verbraucher<br />

verändert sich rasch.<br />

Vor allem die neuen Möglichkeiten<br />

des Internets, Produkte<br />

zu vergleichen oder zu bewerten,<br />

sich über Social-Media-<br />

Portale auszutauschen oder<br />

Handelsplattformen zu nutzen,<br />

flexibilisieren das Kon-<br />

Verbraucherintelligenz<br />

Kunden in der<br />

Welt von morgen.<br />

Michael Freytag<br />

(Hrsg.) Frankfurter<br />

Allgemeine Buch,<br />

2012, 289 Seiten,<br />

29,90 Euro<br />

sumverhalten und steigern<br />

die „Verbraucherintelligenz“.<br />

Anbieter müssen darauf<br />

rea gieren und neue Kompetenzen<br />

entwickeln.<br />

Im Sammelband „Verbraucherintelligenz“<br />

widmen sich<br />

insgesamt zwanzig Beiträge<br />

der Frage, welche Mechanismen<br />

die Verbraucherwelt<br />

verändern und welche Entwicklungen<br />

zu erwarten sind.<br />

Wissenschaftler und Experten<br />

aus der Marktforschung,<br />

aus Psychologie, Medien und<br />

Wirtschaft kommen zu Wort.<br />

Herausgeber des Buchs ist<br />

Schufa-Vorstand Michael<br />

Freytag. So erfährt man, dass<br />

trotz der steigenden Anzahl<br />

von Ratenkrediten die Rückzahlungsquote<br />

unverändert<br />

bei 97,5 Prozent liegt. Das sei<br />

auch ein Verdienst der Schufa.<br />

Umgekehrt informierten<br />

sich immer mehr Kunden bei<br />

der „Schutzgemeinschaft für<br />

allgemeine Kreditsicherung“<br />

über die Bonität von Firmen,<br />

etwa beim Hausbau, heißt<br />

es. Im dritten Teil des Sammelbands<br />

geht es um Financial<br />

Behaviour, Märkte und<br />

Altersvorsorge. Wachsende<br />

Marktransparenz und ein<br />

guter Service auf Angebotsseite<br />

werden demnach immer<br />

stärker das Kundenverhalten<br />

prägen.<br />

Emotionen prägen Märkte<br />

Dennoch werde Verbraucherschutz<br />

mitnichten überflüssig,<br />

denn nach wie vor gebe es<br />

„Informationsasymmetrien“.<br />

Rationale Entscheidungen<br />

seien für Verbraucher wegen<br />

der Informationsflut kaum<br />

mehr zu treffen. Stattdessen<br />

werden Emotionen das Marktgeschehen<br />

beeinflussen. Insofern<br />

werde auch der Imagewert<br />

und die Glaubwürdigkeit<br />

von Marken immer bedeutsamer.<br />

Wie etliche Beiträge darlegen,<br />

werde der Verbraucher<br />

über das Web 2.0 in immer<br />

mehr klassische Produzententätigkeiten<br />

einbezogen –<br />

von der Produktentwicklung<br />

bis zum Vertrieb. Der Wettlauf<br />

zwischen Anbietern und<br />

Verbrauchern sei in vollem<br />

Gange.<br />

Zu Recht wird daher im<br />

Buch immer wieder darauf<br />

hingewiesen, dass sich Unternehmen<br />

vermehrt um Kommunikation<br />

und Informationsvermittlung<br />

– nicht nur<br />

in den elektronischen Medien<br />

– kümmern müssen, wenn sie<br />

die Verbraucher erreichen<br />

wollen. Transparenz werde<br />

immer öfters eingefordert. In<br />

der Tat: Auch in diesem Buch<br />

wären Angaben zur zitierten<br />

oder ausgewerteten Literatur<br />

ein schöner Transparenzbeitrag<br />

gewesen.<br />

�<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 2<br />

Konsumenten wollen mitmischen, im Internet und anderswo. Die<br />

Grenzen zwischen Produzent und Verbraucher verwischen.<br />

FOTO: DPA, PRIVAT<br />

„Kunden informieren und vernetzen sich“ –<br />

Fragen an Herausgeber Michael Freytag<br />

SPARKASSE: Herr Freytag,<br />

worin äußert sich die zunehmendeVerbraucherintelligenz?<br />

Michael Freytag: Führende<br />

Experten aus verschiedenen<br />

Disziplinen stellen fest, dass<br />

das Verbraucherverhalten<br />

sich deutlich geändert hat.<br />

Verbraucher informieren<br />

sich stärker über das Internet,<br />

sie vergleichen und<br />

vernetzen sich in Foren<br />

zum Erfahrungsaustausch.<br />

Es ist eine neue Form von<br />

Verbraucherintelligenz, die<br />

sich ausbildet. Dies stellt<br />

neue Anforderungen an<br />

Unternehmen, bietet ihnen<br />

aber gleichzeitig auch neue<br />

Chancen, Kunden zu binden<br />

und Neukunden zu gewinnen.<br />

Wird die Grenze zwischen Verbrauchern<br />

und Produzenten<br />

durchlässig?<br />

Freytag: Die Erkenntnis,<br />

dass Verbraucher nicht<br />

nur konsumieren, sondern<br />

ihrer seits produzieren, spiegelt<br />

sich zunehmend in<br />

der wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Forschung, aber<br />

auch in den Strategien<br />

von Unternehmen und in<br />

neuen Ansätzen des Verbraucherschutzes.<br />

Beispiele<br />

dafür sind Zeitungsleser,<br />

die sich gelegentlich als<br />

Reporter und Fotograf für<br />

„ihre“ Zeitung betätigen.<br />

Eine Reihe deutscher Tageszeitungen<br />

räumen ihren<br />

Lesern mittlerweile redak-<br />

tionellen Raum ein, um Bilder<br />

und Texte zu veröffentlichen.<br />

Ein weiteres Beispiel<br />

ist die noch neue Form des<br />

Verbraucherehrenamts: der<br />

Kundenbeirat. Durch einen<br />

institutionalisierten Dialog<br />

helfen Verbraucher dabei,<br />

Dienstleistungen und Produkte<br />

nach eigenen Anforderungen<br />

mitzugestalten.<br />

Welche neuen Zielgruppen<br />

werden entstehen?<br />

Freytag: Aufgrund der demographischenEntwicklung<br />

wird die Altersgruppe<br />

60 plus an Bedeutung gewinnen.<br />

Diese Gruppe der<br />

„Silver Ager“ entwickelt sich<br />

zu einer besonders interessanten,<br />

internetaffinen Konsumentengruppe,<br />

auf deren<br />

Bedürfnisse viele Unternehmen<br />

in Zukunft stärker eingehen<br />

werden.<br />

Die Altersgruppe 60 plus<br />

gewinnt an Bedeutung, sagt<br />

Schufa-Vorstand und Buchherausgeber<br />

Michael Freytag.


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