1 9 . JUNI – GRAZ - Styriarte
1 9 . JUNI – GRAZ - Styriarte
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Generationen von jungen Musikern<br />
hat er ausgebildet und<br />
inspiriert. Sein Wirken als<br />
Kompositionslehrer und Theoretiker<br />
in Berlin und Graz hat so manchen<br />
heute großen Namen der Neuen<br />
Musik auf den Weg des Erfolgs geführt<br />
<strong>–</strong> den Weg des stetigen Fragens,<br />
des Denkens und des Zweifelns am<br />
Offen sichtlichen. Heuer feiert Gösta<br />
Neuwirth seinen 70. Geburtstag.<br />
Willkommener Anlass für die styriarte,<br />
eine Hommage an einen der<br />
wichtigsten österreichischen Komponisten<br />
nach 1945 zu gestalten.<br />
Genauer gesagt gestalten zu lassen,<br />
denn Gösta Neuwirth selbst hat sein<br />
Wunschprogramm für den Abend<br />
mit dem Orchester recreation unter<br />
Andrés Orozco-Estrada zusammengestellt.<br />
Gösta Neuwirth öffnet für die styriarte<br />
einen Erinnerungsraum, der<br />
Europas fi nsterste Zeit überspannt:<br />
Franz Schreker, dem von den Nazis<br />
Verfemten, widmete Neuwirth nicht<br />
nur seine wichtigsten wissenschaftlichen<br />
Arbeiten, er entwickelte die musikalische<br />
Herzensverwandtschaft<br />
auch in Bearbeitungen. Die „Fünf<br />
Gesänge für tiefe Stimme“ sind, so<br />
Neuwirth über Schrekers Schaffen,<br />
„eine auskomponierte Grammatik<br />
des Unbewussten“. Im Jahr 1956 war<br />
Neuwirth bereits nach Berlin gereist,<br />
um sich mit der Witwe Schrekers zu<br />
treffen: „Seit 1934, dem Todesjahr<br />
Schrekers, hatte niemand danach gefragt,<br />
ob es da noch einen Nachlass<br />
gibt. Ich war 19 Jahre alt und mit<br />
der Situation konfrontiert, der erste<br />
zu sein, der sich mit diesem Komponisten<br />
beschäftigte, den die Nazis in<br />
den Tod getrieben hatten. Das war<br />
ein ganz schönes Gewicht, das da auf<br />
mich draufgelegt war.“ Schreker wurde<br />
von Österreichs antisemitischem<br />
Establishment auch nach dem Krieg<br />
JUBILAR<br />
styriarte-Hommage<br />
an Gösta Neuwirth<br />
totgeschwiegen. Gösta Neuwirths<br />
Versuch, über ihn zu promovieren,<br />
beschied man in Wien abschlägig,<br />
weshalb er nach Berlin „emigrierte“.<br />
Es brauchte lange, bis der Ruf an<br />
die Grazer Musikhochschule ihn<br />
wieder zurückbewegen konnte. Die<br />
Bedeutung Schrekers für das eigene<br />
Schaffen ist daher nicht groß genug<br />
einzuschätzen. Dessen Intermezzo<br />
op. 8 für Streicher betont diese<br />
Bedeutung auch im Programm der<br />
styriarte-Hommage.<br />
Gösta Neuwirths eigentlicher Lehrer<br />
war jedoch Karl Schiske. Dessen<br />
Divertimento op. 49 bildet die Programmbrücke<br />
zu Gösta Neuwirths<br />
eigenen Kompositionen. Die Sinfonietta<br />
von 1955, eines der ersten Werke<br />
des damals Achtzehnjährigen, holt<br />
Neuwirth in einer Neufassung für<br />
Kammerorchester und Klavier in die<br />
Gegenwart. Höhepunkt des Abends<br />
wird jedoch die mit Spannung erwartete<br />
Uraufführung des jüngsten<br />
Werkes von Neuwirth, „Planctus“ für<br />
Kammerorchester. Der Titel erinnert<br />
an ein Klagelied, dessen Grundform<br />
aus dem frühen Mittelalter stammt.<br />
Damit erinnert Gösta Neuwirth an<br />
die Faszination der frühen Musik, die<br />
den Theoretiker nie losgelassen hat.<br />
Seine Begeisterung für die perfekten<br />
formalen Tongebilde Josquins oder<br />
Dufays standen immer im Dialog mit<br />
der nie nachlassenden Suche nach<br />
den ganz neuen, nie zuvor gehörten<br />
Möglichkeiten der Musik.<br />
39<br />
Thomas Höft<br />
FOTO: HEIMO BINDER<br />
Mo, 25. Juni, 20 Uhr<br />
Minoritensaal<br />
HOMMAGE À<br />
GÖSTA NEUWIRTH<br />
Schreker: Intermezzo op. 8 für Streicher<br />
5 Gesänge für tiefe Stimme (Fassung von<br />
Gösta Neuwirth)<br />
Schiske: Divertimento op. 49 (1963)<br />
Neuwirth: Sinfonietta für Streicher und<br />
Klavier (1955), Neufassung (UA)<br />
„Planctus“ für Kammerorchester (UA)<br />
Lydia Vierlinger, Alt<br />
Clara Frühstück, Klavier<br />
recreation <strong>–</strong><br />
GROSSES ORCHESTER <strong>GRAZ</strong><br />
Dirigent: Andrés Orozco-Estrada<br />
Karten & Informationen:<br />
Tel. 0316.825000 • www.styriarte.com