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Und an dem Ufer steh ich lange Tage, Das Land der Griechen mit der Seele suchend; Und gegen meine Seufzer bringt die Welle Nur dumpfe Töne brausend mir herüber. Goethe lässt es seine Iphigenie schöner sagen als jeder andere. Auf der wüsten Insel Tauris steht sie am Strand und denkt an Griechenland, ihre Heimat. Natürlich nicht das wahre Griechenland, sondern jenes, das der deutsche Dichter sich vorstellt: ein Symbol, eine Projektionsfl äche. Das klassische Griechenland steht am Beginn der europäischen Kultur, der europäischen Geschichte. Genau deshalb haben sich Europäer später immer wieder ihre eigene Idealvorstellung davon ausgemalt, glaubten dort etwas zu fi nden, was in ihrer eigenen Gegenwart verloren gegangen war: Demokratie, Schönheit, Glück und Wissen. Die großen gesellschaftlichen Revolutionen in Europa waren eng verknüpft mit einer Erinnerung an die griechische Antike. Die Renaissance, in der sich das moderne Individuum konstituierte, erhob die ausgegrabenen Skulpturen und Gebäude der antiken Bildhauer und Architekten zum „non plus ultra“ des eigenen Schaffens. Michelangelos Plastiken, Raffaels Portraits, Palladios Bauten waren Versuche, das antike Ideal wiederzubeleben, wenn möglich gar zu übertreffen. Und in den norditalienischen Akademien entstand die Kunstform der Oper, weil man versuchte, die antiken Dramen aufführbar zu machen. Man glaubte zu Recht, diese seien von Musik unterlegt gewesen. Da aber Noten nirgends aufzufi nden waren, komponierten Meister wie Monteverdi neue im klassischen Stil. Auch die Aufklärung im 18. Jahrhundert bezog sich intensiv auf die griechische Antike. Wenn Goethe sein hehres, ideales Menschenbild, das so sehr im Kontrast zum tat- LAND DER GRIECHEN sächlichen Tun seiner Zeit stand, an der Frau Iphigenie beweist, dann folgt er der Vision des Forschers und Philosophen Winckelmann, der den ideologischen Unterbau für die zweite Renaissance, den Klassizismus, lieferte. Die Schnörkel von Barock und Rokoko, untrennbar verbunden mit der sorglosen Autokratie des Absolutismus, wurden von der neuen, bürgerlichen Avantgarde hinweggefegt, die die Moral auf ihrer Seite wusste. Eine Moral, die sich ästhetisch auf die ideal proportionierten weißen Fassaden antiker Bauten berief und in den hehren Marmorstatuen ihr ideales Menschenbild fand. Goethes Iphigenie ist deren absolute Verkörperung: eine Frau, die durch Vernunft geleitet ihre eigenen Interessen hintan stellt, die Wahrheit höher schätzt als ihr eigenes Leben und schließlich durch Ehrlichkeit und Keuschheit selbst einen Barbaren in die Knie zwingt und zum Menschen macht. Es sind diese Vorstellungen, diese Wünsche, diese Philosophien, die über Jahrhunderte unser Bild von Griechenland prägen und übermalen. Doch mit dem tatsächlichen antiken Griechenland haben sie wenig zu tun. Winckelmann wusste nicht, dass die Statuen und Paläste, deren reines Weiß er so sehr schätzte, über und über bunt bemalt waren. Mon- 12 teverdi wäre die dionysische Musik in einem griechischen Theater wie infernalischer Lärm vorgekommen. Und die Ideologie von der reinen Antike, die sich gegen barbarische Afrikaner behauptet, wäre in sich zusammengebrochen, hätte man im 16. Jahrhundert von den kretischen Wurzeln der hellenischen Kultur gewusst, die wiederum intensiv und direkt aus Afrika beeinfl usst wurde. Es ist also höchste Zeit, sich ebenso mit der Realität der griechischen Antike zu beschäftigen wie mit ihren kretischen Wurzeln. Denn tatsächlich fi nden sich dort
die Wurzeln unserer Geschichte, nur dass sie anders ausschauen, als wir uns das vorstellen. Dabei kommt uns der unvoreingenommene Blick der modernen Archäologie auf die alten Funde zu Gute. Tatsächlich haben sich Fragmente der antiken Notation ebenso erhalten wie Abbildungen und Beschreibungen der Instrumente. Genug jedenfalls, dass sich das Ensemble Melpomen daran machen konnte, die Ideen der historischen Aufführungspraxis auf diese Quellen anzuwenden, um so einen faszinierenden Abend zusammenzustellen. Eine musikalische Zeitreise über mehr als zweitausend LAND DER GRIECHEN Jahre zurück an den Beginn unserer Kultur. Komplementär dazu arbeitet Ross Daly. Bei seinen musikalischen Recherchen auf Kreta versucht er, Spuren der multikulturellen Vergangenheit in der Gegenwart der Insel zu fi nden. Und so kann er nicht nur eine Brücke in die Vergangenheit schlagen, sondern auch zwischen Europa, Afrika und dem Orient, die sich von Beginn an durchdrungen haben: im ewigen Wechselspiel von Austausch und Auseinandersetzung, das bis heute anhält. Di, 26. Juni, 20 Uhr Minoritensaal 13 Thomas Höft SYMPOSION ATHENAION Musik aus dem antiken Griechenland Arianna Savall Ensemble Melpomen Mo, 16. Juli, 20 Uhr Helmut-List-Halle LABYRINTH Musik aus dem antiken Kreta Ross Daly, Kretische Lyra, Tarhou, Saz, Rabab & Lyra-Tarhou Kelly Thoma, Kretische Lyra Periklis Papapetropoulos, Saz & Laute Kostas Meretakis, Perkussion Karten & Informationen: Tel. 0316.825000 • www.styriarte.com Knotenpunkt der Teppichwelt Einrichtungsberatung Teppichreinigung Reparatur Mottenschutz Vorträge Orientteppichseminare Bildungsreisen 1014 Wien Graben 30, Tel. 01 / 533 09 10 1210 Wien Teppichservice-Zentrum Leopoldauerplatz 75, Tel. 01 / 258 26 77 9020 Klagenfurt Alter Platz 22, Tel. 0463 / 51 60 28 5020 Salzburg Dreifaltigkeitsgasse 18, Tel. 0662 / 88 76 23 6020 Innsbruck M.-Theresien-Str. 51-56, Tel. 0512 / 57 43 90 8010 Graz H.-Sachs-Gasse 3, Tel. 0316 / 83 58 74 internet www.adil-besim.at e-mail: office@adil-besim.at
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