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Einen Jux will er sich machen - Johann Nepomuk Nestroy

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<strong>Einen</strong> <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong><br />

Posse mit Gesang in vi<strong>er</strong> Aufzügen<br />

Sämtliche W<strong>er</strong>ke, hrg. von Fritz Brukn<strong>er</strong> und Otto Rommel unt<strong>er</strong> Mitwirkung<br />

von Adolf Hoffmann. Elft<strong>er</strong> Band: Die Possen, dritt<strong>er</strong> Teil, Wien, S. 113–234


P<strong>er</strong>sonen<br />

Zangl<strong>er</strong>, Gewürzkräm<strong>er</strong> in ein<strong>er</strong> kleinen Stadt<br />

marie, dessen Nichte und Mündel<br />

weinb<strong>er</strong>l, Handlungsdien<strong>er</strong> bei Zangl<strong>er</strong><br />

christoph<strong>er</strong>l, Lehrjung bei Zangl<strong>er</strong><br />

Kraps, Hausknecht bei Zangl<strong>er</strong><br />

Frau g<strong>er</strong>trud, Wirtschaft<strong>er</strong>in bei Zangl<strong>er</strong><br />

melchior, ein vazi<strong>er</strong>end<strong>er</strong> Hausknecht<br />

august sond<strong>er</strong>s<br />

hupF<strong>er</strong>, ein Schneid<strong>er</strong>meist<strong>er</strong><br />

madame Knorr, Modewarenhändl<strong>er</strong>in in d<strong>er</strong> Hauptstadt<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>, Witwe<br />

Fräulein von blumenblatt, Zangl<strong>er</strong>s Schwäg<strong>er</strong>in<br />

brunning<strong>er</strong>, Kaufmann<br />

philippine, Putzmach<strong>er</strong>in<br />

lisette, Stubenmädchen bei Fräulein von Blumenblatt<br />

ein hausmeist<strong>er</strong><br />

ein lohnKutsch<strong>er</strong><br />

ein wächt<strong>er</strong><br />

rab, ein Gaun<strong>er</strong><br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> Kelln<strong>er</strong><br />

Zweit<strong>er</strong> Kelln<strong>er</strong><br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

Die Handlung spielt im <strong>er</strong>sten Aufzug in Zangl<strong>er</strong>s Wohnung in ein<strong>er</strong><br />

kleinen Stadt; dann in d<strong>er</strong> nahegelegenen Hauptstadt, gegen Schluß<br />

wied<strong>er</strong> bei Zangl<strong>er</strong>.


Erst<strong>er</strong> Aufzug<br />

(Zimm<strong>er</strong> in H<strong>er</strong>rn Zangl<strong>er</strong>s Hause; die allgemeine Eingangstüre<br />

im Prospekt jedoch gegen die rechte Seite; links am Prospekt ein<br />

ziemlich breit<strong>er</strong> Ofenschirm, rechts und links eine Seitentüre, zu<br />

beiden Seiten Tisch und Stuhl.)<br />

Erst<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Zangl<strong>er</strong>, august sond<strong>er</strong>s.)<br />

Zangl<strong>er</strong>. ich habe ihnen jetzt ein für allemal g’sagt –<br />

sond<strong>er</strong>s. und ich ihnen ein für allemal <strong>er</strong>klärt –<br />

Zangl<strong>er</strong>. daß sie meine nichte und mündel nicht kriegen.<br />

sond<strong>er</strong>s. daß marie die meine w<strong>er</strong>den muß.<br />

Zangl<strong>er</strong>. das w<strong>er</strong>d’ ich zu v<strong>er</strong>hind<strong>er</strong>n wissen.<br />

sond<strong>er</strong>s. schw<strong>er</strong>lich so <strong>sich</strong><strong>er</strong>, als ich es durchzusetzen weiß.<br />

Zangl<strong>er</strong>. Keck<strong>er</strong> Jüngling!<br />

sond<strong>er</strong>s. harth<strong>er</strong>zig<strong>er</strong> mann! was haben sie gegen mich?<br />

meine tante in brüssel ist reich.<br />

Zangl<strong>er</strong>. gratuli<strong>er</strong>’.<br />

sond<strong>er</strong>s. ich w<strong>er</strong>de sie be<strong>er</strong>ben.<br />

Zangl<strong>er</strong>. ab<strong>er</strong> wann?<br />

sond<strong>er</strong>s. sond<strong>er</strong>bare Frage; nach ihrem tode.<br />

Zangl<strong>er</strong>. und bis wann wird sie st<strong>er</strong>b’n? aha, da stockt die<br />

antwort. so eine tant’ in brüssel kann leben, so lang sie<br />

<strong>will</strong>.<br />

sond<strong>er</strong>s. das wünsch’ ich ihr vom h<strong>er</strong>zen, denn ich weiß<br />

daß sie auch bei lebzeiten reichlich zu meinem glücke<br />

beitragen wird.<br />

Zangl<strong>er</strong>. reichlich beitragen – wieviel is das in brüssel?<br />

reichlich beitragen ist hi<strong>er</strong> das unbestimmteste Zahlwort<br />

was es gibt, und in unbestimmten Zahlen schließ’ ich kein<br />

geschäft. und kurz und gut, ins ausland lass’ ich meine<br />

mündel schon durchaus nicht heiraten.<br />

sond<strong>er</strong>s. so heirate ich sie und bleibe hi<strong>er</strong>.<br />

Zangl<strong>er</strong>. und d<strong>er</strong>weil schnappt dort ein and<strong>er</strong><strong>er</strong> die<br />

<strong>er</strong>bschaft weg, das wär’ <strong>er</strong>st gar das wahre. mit ei’m wort<br />

g’horsam<strong>er</strong> dien<strong>er</strong>! plagen sie <strong>sich</strong> auch nicht zu sehr mit<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. <strong>er</strong>st<strong>er</strong> auftritt — seite 3


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

unnötigem h<strong>er</strong>umspekuli<strong>er</strong>’n um mein haus. meine nichte<br />

is heut’ früh an den ort ihr<strong>er</strong> bestimmung abg<strong>er</strong>eist.<br />

sond<strong>er</strong>s. wie, marie fort –?!<br />

Zangl<strong>er</strong>. Ja, nach dingsda – logi<strong>er</strong>t in d<strong>er</strong> ungenannten<br />

gassen, num<strong>er</strong>o so und so viel, im beliebigen stock, rechts<br />

bey d<strong>er</strong> zug’sp<strong>er</strong>rten türe, da können s’ anläuten, so oft s’<br />

wollen, hineinlassen w<strong>er</strong>’n s’ ihnen ab<strong>er</strong> nicht.<br />

Zweit<strong>er</strong> Auftritt<br />

(g<strong>er</strong>trud; die Vorigen.)<br />

g<strong>er</strong>trud (tritt zur Mitte ein). das geht gut, d<strong>er</strong> neue hausknecht<br />

is noch nicht da und d<strong>er</strong> alte sagt, <strong>er</strong> <strong>will</strong> nichts mehr tun.<br />

Zangl<strong>er</strong>. was ist’s denn?<br />

g<strong>er</strong>trud. die Koff<strong>er</strong> müssen ja vom boden h<strong>er</strong>unt<strong>er</strong>getragen<br />

w<strong>er</strong>den, wenn die mamsell marie schon üb<strong>er</strong>morgen in die<br />

stadt zu Fräulein blumenblatt soll.<br />

Zangl<strong>er</strong> (v<strong>er</strong>legen und ärg<strong>er</strong>lich). es ist – sie hat – geh’ sie<br />

zum teufel.<br />

sond<strong>er</strong>s. also üb<strong>er</strong>morgen <strong>er</strong>st? in die stadt zu Fräulein<br />

blumenblatt? gehorsam<strong>er</strong> dien<strong>er</strong>. (Geht zur Mitteltüre.)<br />

Zangl<strong>er</strong>. he, mein h<strong>er</strong>r – das wird ihnen nix nutzen, daß – d<strong>er</strong><br />

aufenthalt mein<strong>er</strong> – mit einem wort –<br />

sond<strong>er</strong>s (schon an d<strong>er</strong> Türe). gehorsam<strong>er</strong> dien<strong>er</strong>. (Ab.)<br />

Dritt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Zangl<strong>er</strong>, g<strong>er</strong>trud.)<br />

Zangl<strong>er</strong> (sehr aufgebracht). da hab’n wir’s – jetzt weiß <strong>er</strong>, daß<br />

sie noch da is und wo sie hinkommt – ich wollt’, die Frau<br />

g<strong>er</strong>trud wär’ –<br />

g<strong>er</strong>trud. was hab’ ich denn getan?<br />

Zangl<strong>er</strong>. gar nix hat sie getan, g’red’t hat sie. das is, was die<br />

weib<strong>er</strong> imm<strong>er</strong> tun und nie tun sollten. Zur unzeit hat sie<br />

g’red’t. man sollt’ gar nicht glauben, daß so eine üb<strong>er</strong>reife<br />

p<strong>er</strong>son so unzeitig reden könnt’.<br />

g<strong>er</strong>trud. i hab’ ab<strong>er</strong> nit g’wußt –<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. Zweit<strong>er</strong> auftritt — seite 4


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

Zangl<strong>er</strong>. daß das d<strong>er</strong> liebhab<strong>er</strong> von mein<strong>er</strong> mündel is? ab<strong>er</strong><br />

jetzt weiß sie’s, weiß, daß ich morgen in all<strong>er</strong> Fruh’ in die<br />

stadt fahr’, weiß, daß sie jetzt mit hund<strong>er</strong>tfach<strong>er</strong> vor<strong>sich</strong>t<br />

üb<strong>er</strong> die marie wachen muß, weiß, daß ich sie z<strong>er</strong>malme,<br />

wenn während mein<strong>er</strong> abwesenheit die zwei leut’ nur mit<br />

einem aug’ <strong>sich</strong> sehn. wo is die marie.<br />

g<strong>er</strong>trud. im garten bei den bienen.<br />

Zangl<strong>er</strong>. da halt’t sie <strong>sich</strong> imm<strong>er</strong> auf, ich glaub’ bloß<br />

deswegen, weil die bienen schwärmen; soll <strong>sich</strong> ein<br />

beispiel nehmen, das sind nur ti<strong>er</strong>e und schwärmen auf<br />

eine so nützliche weise – und Frauenzimm<strong>er</strong>, die <strong>sich</strong><br />

einbilden, halbete engel zu sein, haben eine so hirnlose<br />

schwärm<strong>er</strong>ei in <strong>sich</strong>. sie soll h<strong>er</strong>aufgehen, es fangt<br />

an dunkel zu w<strong>er</strong>den. und d<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r weinb<strong>er</strong>l und d<strong>er</strong><br />

christoph sollen auch h<strong>er</strong>aufkommen, wenn sie ’s g’wölb’<br />

zug’sp<strong>er</strong>rt hab’n. und meine schützenuniform bring’ sie<br />

mir h<strong>er</strong>ein, d<strong>er</strong> Kasten wird offen sein.<br />

g<strong>er</strong>trud. gleich, h<strong>er</strong>r von Zangl<strong>er</strong>, gleich! (Zur Mitte ab.)<br />

Vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Zangl<strong>er</strong>, dann Kraps.)<br />

Zangl<strong>er</strong> (allein). ’s is zum todärg<strong>er</strong>n. heut’ großes Quartalsoup<strong>er</strong><br />

d<strong>er</strong> schützengesellschaft, und d<strong>er</strong> schneid<strong>er</strong> laßt<br />

mich sitzen. ich als diesjährig<strong>er</strong> schützenkönig muß in<br />

d<strong>er</strong> alten uniform <strong>er</strong>scheinen. o schneid<strong>er</strong>, schneid<strong>er</strong>!<br />

wann w<strong>er</strong>dt’s ihr in eur<strong>er</strong> sphäre bleiben und euch bloß<br />

aufs Kleid<strong>er</strong><strong>machen</strong> und nicht aufs maul<strong>machen</strong> v<strong>er</strong>legen,<br />

dreimal hab ich schon g’schickt und –<br />

Kraps (zur Mitte eintretend, bringt einen dreieckigen Hut und<br />

Hirschfäng<strong>er</strong> mit Gehänge). es war wied<strong>er</strong> umsonst. da<br />

is d<strong>er</strong> neue hut und d<strong>er</strong> neue hirschfäng<strong>er</strong>, ab<strong>er</strong> d<strong>er</strong><br />

schützenfrack wird nit f<strong>er</strong>tig, hat noch keine Knöpf’ und<br />

kein Futt<strong>er</strong>; wenn s’n so anlegen woll’n –<br />

Zangl<strong>er</strong>. ich glaub’, d<strong>er</strong> schneid<strong>er</strong> is ein narr, ich w<strong>er</strong>d’ doch<br />

kein’n Frack ohne Futt<strong>er</strong> anlegen –<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> auftritt — seite 5


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

Kraps (für <strong>sich</strong>, indem <strong>er</strong> Hut und Hirschfäng<strong>er</strong> den Tisch links<br />

legt). ich glaub’, wann <strong>er</strong> den rock zu d<strong>er</strong> Fress<strong>er</strong>ei anlegt,<br />

wird Futt<strong>er</strong> g’nug hineinkommen. (Laut.) Jetzt bitt’ ich um<br />

mein’n lohn und um a trinkgeld.<br />

Zangl<strong>er</strong>. was, trinkgeld?<br />

Kraps. ich hab’ heut’ vor vi<strong>er</strong>zehn tagen aufg’sagt, ab<strong>er</strong> um<br />

acht uhr in d<strong>er</strong> Früh, sie haben mich also jetzt schon elf<br />

stunden üb<strong>er</strong> die Zeit mißbraucht.<br />

Zangl<strong>er</strong> (gibt ihm Geld). da hat <strong>er</strong>! Übrigens irr’ <strong>er</strong> <strong>sich</strong> nicht,<br />

ich hab’ ihm aufg’sagt, nicht <strong>er</strong> mir.<br />

Kraps. ich weiß nicht. ich hab’ ab<strong>er</strong> z’<strong>er</strong>st durch<br />

nachlässigkeit und un<strong>will</strong>en zu <strong>er</strong>kennen gegeben, daß mir<br />

d<strong>er</strong> dienst nit mehr g’fallt; daß sie dann g’sagt hab’n, ich<br />

kann mich in vi<strong>er</strong>zehn tagen zum teufel sch<strong>er</strong>’n, das war<br />

nur eine natürliche Folge davon.<br />

Zangl<strong>er</strong>. pack’ <strong>er</strong> <strong>sich</strong>, ich bin froh, daß ich ihn los hab’, ich<br />

hab’ ihn nur kurze Zeit g’habt, ab<strong>er</strong> – ich <strong>will</strong> nicht sagen,<br />

was ich mir denk’, ab<strong>er</strong> –<br />

Kraps. no, sein s’ so gut!<br />

Zangl<strong>er</strong>. <strong>er</strong> ist ein ganz unv<strong>er</strong>läßlich<strong>er</strong> mensch, und –<br />

Kraps. o, sehr v<strong>er</strong>läßlich, ich v<strong>er</strong>lass’ alle drei wochen ein’<br />

dienst; das kann ich durch viele Zeugnisse beweisen.<br />

empfehl’ mich gehorsamst – ich bleib’ nicht g<strong>er</strong>n lang an<br />

ein’ ort. (Mitte ab).<br />

Zangl<strong>er</strong> (allein). d<strong>er</strong> wird schon noch an ein’n ort kommen,<br />

wo <strong>er</strong> lang bleiben muß, das prophezei’ ich ihm.<br />

Fünft<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Zangl<strong>er</strong>, g<strong>er</strong>trud.)<br />

g<strong>er</strong>trud (zur Mitte eintretend). das is das<br />

schützenkönigg’wand. (Legt einen grünen bordi<strong>er</strong>ten Rock,<br />

einen Hut und Hirschfäng<strong>er</strong> auf den Tisch rechts.)<br />

Zangl<strong>er</strong> (un<strong>will</strong>ig). auf meine mündel soll sie obacht geben,<br />

hab’ ich g’sagt.<br />

g<strong>er</strong>trud. no ja, sie hab’n ab<strong>er</strong> auch befohlen –<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. Fünft<strong>er</strong> auftritt — seite 6


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

Zangl<strong>er</strong>. daß sie d<strong>er</strong> marie nicht ein’ schritt von d<strong>er</strong> seiten<br />

geht! hirschfäng<strong>er</strong> und hut war unnötig, ich hab ein<br />

neuchen.<br />

g<strong>er</strong>trud. na, so <strong>will</strong> ich den wied<strong>er</strong> – (<strong>will</strong> zum Tisch, um<br />

Hirschfäng<strong>er</strong> und Hut wied<strong>er</strong> fortzutragen.)<br />

Zangl<strong>er</strong> (heftig). Zu d<strong>er</strong> marie soll sie schau’n, hab’ ich<br />

g’sagt.<br />

g<strong>er</strong>trud (<strong>er</strong>schrocken zurückweichend). nein, man weiß<br />

wirklich nit, wo einem d<strong>er</strong> Kopf steht. (Im Abgehn.) Jetzt<br />

hätt’ ich bald v<strong>er</strong>gessen – (zu Zangl<strong>er</strong>) d<strong>er</strong> neue hausknecht<br />

is da.<br />

Zangl<strong>er</strong>. soll h<strong>er</strong>einkommen.<br />

(g<strong>er</strong>trud zur Mitte ab.)<br />

Zangl<strong>er</strong> (allein). nichts als odiosa, geschäfte, unwesen im<br />

hauswesen, umgeben von alb<strong>er</strong>nen wesen, langweiligen<br />

wesen, schlechten wesen, ich bin wirklich ein geplagtes<br />

wesen. (Es wird an d<strong>er</strong> Türe geklopft). h<strong>er</strong>ein?<br />

Sechst<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Zangl<strong>er</strong>, melchior.)<br />

melchior (schücht<strong>er</strong>n eintretend zur Mitte). ich bitt’, sein eu<strong>er</strong><br />

gnaden d<strong>er</strong> gewürzkram<strong>er</strong>.<br />

Zangl<strong>er</strong>. eins zuwenig, ’s andre zuviel, ich bin nicht eu<strong>er</strong><br />

gnaden, sond<strong>er</strong>n nur h<strong>er</strong>r Zangl<strong>er</strong>, ich bin ab<strong>er</strong> kein<br />

Kram<strong>er</strong>, sond<strong>er</strong>n v<strong>er</strong>mischt<strong>er</strong> warenhändl<strong>er</strong>.<br />

melchior. ich hab’ g’hört daß d<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r v<strong>er</strong>mischte<br />

warenhändl<strong>er</strong> ein hausknecht g’habt hab’n, d<strong>er</strong> ein rein<strong>er</strong><br />

lump war.<br />

Zangl<strong>er</strong>. ich hab’ ihn fortgejagt.<br />

melchior. und da hab’ ich g’hört, sind sie in desp<strong>er</strong>ation, daß<br />

sie kein’ hausknecht haben.<br />

Zangl<strong>er</strong>. in desp<strong>er</strong>ation? das is gar eine dumme red’, ich<br />

glaub’, an solchen schlingeln is keine not.<br />

melchior. das is wahr, eh<strong>er</strong> wird’s an prinzipal’ eine not<br />

sein. ein hausknecht halt’t lang, ab<strong>er</strong> prinzipal geht alle<br />

augenblick’ ein<strong>er</strong> z’grund.<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. sechst<strong>er</strong> auftritt — seite 7


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

Zangl<strong>er</strong>. <strong>er</strong> is etwas vorlaut, scheint mir –<br />

melchior. nein, das war nur so eine m<strong>er</strong>kantilische<br />

bem<strong>er</strong>kung.<br />

Zangl<strong>er</strong>. wo hat <strong>er</strong> sein dienstzeugnis?<br />

melchior. im sack.<br />

Zangl<strong>er</strong>. so geb’ <strong>er</strong>’s h<strong>er</strong>.<br />

melchior (gibt ihm das Zeugnis, ein ganz zusammengeknitt<strong>er</strong>tes<br />

Papi<strong>er</strong>). es is etwas v<strong>er</strong>kribelt, ich trag’s schon vi<strong>er</strong> wochen<br />

h<strong>er</strong>um.<br />

Zangl<strong>er</strong>. hat <strong>er</strong> Kenntnisse in d<strong>er</strong> v<strong>er</strong>mischten<br />

warenhandlung? (Durchsieht das Zeugnis.)<br />

melchior. o, sehr viel! wir hab’n zwar da, wo ich war, nur<br />

einen artikel g’habt, ab<strong>er</strong> d<strong>er</strong> war ungeheu<strong>er</strong> v<strong>er</strong>mischt, ich<br />

bin aus ein<strong>er</strong> weinhandlung.<br />

Zangl<strong>er</strong>. hm! sein Zeugnis lautet ja ganz vorzüglich gut.<br />

melchior. Ja, meine aufführung war klassisch.<br />

Zangl<strong>er</strong> (in dem Zeugnis lesend). treu, redlich, fleißig, <strong>will</strong>ig,<br />

wachsam aufs haus, obachtsam auf die Kind<strong>er</strong> –<br />

melchior. Ja, das waren klassische bub’n, jed<strong>er</strong> in ein<strong>er</strong><br />

and<strong>er</strong>en Klass’ und doch jed<strong>er</strong> die dritte Klass’, das wird<br />

man nicht bald finden.<br />

Zangl<strong>er</strong>. <strong>er</strong> ist aufgenommen.<br />

melchior. ich küss’ die hand.<br />

Zangl<strong>er</strong>. sechs gulden monatlohn, Kost, Quarti<strong>er</strong>, wäsch’.<br />

melchior. no jetzt wäsch’ und Quarti<strong>er</strong>, das is das g<strong>er</strong>ingste,<br />

ab<strong>er</strong> die Kost, die war halt dort, wo ich war, klassisch.<br />

Zangl<strong>er</strong>. bei mir leid’t auch niemand hung<strong>er</strong> – suppen,<br />

rindfleisch, Zuspeis und was drauf.<br />

melchior. ab<strong>er</strong> nur viel drauf. und weg’n Fruhstuck, dort hab’<br />

ich halt imm<strong>er</strong> Kaffee g’habt.<br />

Zangl<strong>er</strong>. das war bei mir nicht d<strong>er</strong> brauch, daß d<strong>er</strong><br />

hausknecht Kaffee –<br />

melchior. schaun s’, sie hab’n g’wiß auch ein rosolie unt<strong>er</strong><br />

ihren v<strong>er</strong>mischten sachen.<br />

Zangl<strong>er</strong>. o ja, ab<strong>er</strong> –<br />

melchior. na, sehn sie, dann is es ja uns<strong>er</strong> beid<strong>er</strong>seitig<strong>er</strong><br />

vorteil, wann s’ mir ein’n Kaffee geb’n, denn sie<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. sechst<strong>er</strong> auftritt — seite 8


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

v<strong>er</strong>leiteten mich ja sonst mit g’walt zu die geistigen<br />

getränk’.<br />

Zangl<strong>er</strong>. na, da gäbet’s schon noch mittel – übrigens, wenn<br />

<strong>er</strong> brav is –<br />

melchior. Klassisch.<br />

Zangl<strong>er</strong>. so soll <strong>er</strong> ein’ Kaffee hab’n.<br />

melchior. v<strong>er</strong>steht <strong>sich</strong>, süß, und ein Kipfel. o, an dem ort,<br />

wo ich war, das war ein klassisch<strong>er</strong> Kaffee.<br />

Zangl<strong>er</strong>. was hat <strong>er</strong> denn imm<strong>er</strong> mit dem dummen wort<br />

klassisch?<br />

melchior. ah, das wort is nit dumm, es wird nur oft dumm<br />

angewend’t.<br />

Zangl<strong>er</strong>. Ja, das hör’ ich, das muß <strong>er</strong> ablegen, ich begreif’<br />

nicht, wie man in zwei minuten fünfzigmal das selbe wort<br />

repeti<strong>er</strong>en kann.<br />

melchior. Ja, das is klassisch. und dann bitt’ ich mir zu sagen,<br />

was ich alles zu tun hab’.<br />

Zangl<strong>er</strong>. was wird <strong>er</strong> zu tun haben? was halt einem<br />

hausknecht zukommt.<br />

melchior. Kisten und Fäss<strong>er</strong> aus’n magazin holen –<br />

Zangl<strong>er</strong>. botengänge <strong>machen</strong>, das g’wölb’ rein halten und im<br />

haus –<br />

melchior. wenn’s in d<strong>er</strong> Kuchel was gibt, klein’s holz<br />

<strong>machen</strong>, allenfalls boden reib’n.<br />

Zangl<strong>er</strong>. und meine p<strong>er</strong>son bedienen.<br />

melchior. na ja, halt alles, was zur groben arbeit gehört. na,<br />

ich hoff’, wir w<strong>er</strong>’n kein’ streit hab’n.<br />

Zangl<strong>er</strong>. das hoff’ ich auch.<br />

melchior. ich war imm<strong>er</strong> sehr gut mit meinen h<strong>er</strong>rn, also w<strong>er</strong>’<br />

ich bei ihnen keine ausnahm’ – und nicht wahr, wenn ich<br />

was aus privatfleiß tu’, zum beispiel d<strong>er</strong> Köchin wass<strong>er</strong><br />

trag’n, dem h<strong>er</strong>rn Kommis die stiefel putzen, da krieg’ ich<br />

extra ein honorar –<br />

Zangl<strong>er</strong>. das mach’ <strong>er</strong> mit dem Kommis aus und mit d<strong>er</strong><br />

Köchin. Jetzt hilf <strong>er</strong> mir anziehen, den schneid<strong>er</strong> soll d<strong>er</strong><br />

teufel holen.<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. sechst<strong>er</strong> auftritt — seite 9


Siebent<strong>er</strong> Auftritt<br />

(hupF<strong>er</strong>; die Vorigen.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

hupF<strong>er</strong> (mit einem Pack unt<strong>er</strong> dem Arm). da bin ich, das<br />

meist<strong>er</strong>w<strong>er</strong>k is vollendet.<br />

Zangl<strong>er</strong> (sehr freundlich). also doch f<strong>er</strong>tig? sie hab’n mich<br />

warten lassen, lieb<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r hupf<strong>er</strong>.<br />

melchior (zu Zangl<strong>er</strong>). ist das d<strong>er</strong>, den d<strong>er</strong> teufel hol’n soll?<br />

hupF<strong>er</strong>. wie? was?<br />

Zangl<strong>er</strong> (zu melchior). halt <strong>er</strong> ’s maul. (Zu hupF<strong>er</strong>.) das is<br />

nur so eine redensart ungeduldig<strong>er</strong> <strong>er</strong>wartung.<br />

melchior. Freilich nur redensart, und das weiß auch d<strong>er</strong><br />

teufel recht gut; wenn <strong>er</strong> gleich jeden schneid<strong>er</strong> holet, wie<br />

man’s sagt, so möcht’ d<strong>er</strong> teufel schneid<strong>er</strong> sein.<br />

hupF<strong>er</strong> (indem <strong>er</strong> die Schützenuniformauspackt und das<br />

Umschlagpapi<strong>er</strong> von den Knöpfen und Borten reißt). mit hilfe<br />

zwei<strong>er</strong> plötzlich<strong>er</strong> unv<strong>er</strong>hofft<strong>er</strong> schneid<strong>er</strong>g’sellen habe ich<br />

das unmögliche möglich gemacht.<br />

melchior. sind s’ heut’ <strong>er</strong>st an’kommen?<br />

hupF<strong>er</strong>. Ja.<br />

melchior. ein<strong>er</strong> is krump, d<strong>er</strong> and<strong>er</strong>e hat ein schwarzes und<br />

ein blaues aug’, das schwarze natur, das blaue g’schlag’n?<br />

hupF<strong>er</strong>. Kann schon sein.<br />

melchior. die kenn’ ich, sie hab’n g’fochten unt<strong>er</strong>wegs.<br />

hupF<strong>er</strong>. das ist so d<strong>er</strong> brauch.<br />

melchior. ich hab’ ihnen einen silb<strong>er</strong>zehn<strong>er</strong> ’geb’n und<br />

g’sagt, daß s’ mir sechs groschen h<strong>er</strong>ausgeb’n soll’n, das<br />

hab’n s’ ab<strong>er</strong> in d<strong>er</strong> hitze des gefechts üb<strong>er</strong>hört, und sind<br />

weit<strong>er</strong>; wollten sie ihnen nicht sagen –<br />

hupF<strong>er</strong> (ohne auf melchior zu hören, zu Zangl<strong>er</strong>). Jetzt bitt’<br />

ich, nur gefälligst anzuprobi<strong>er</strong>en.<br />

Zangl<strong>er</strong> (hat seinen Üb<strong>er</strong>rock abgelegt und schlüpft mit Hupf<strong>er</strong>s<br />

Hilfe in den Schützenfrack, indem <strong>er</strong> zu melchior sagt). m<strong>er</strong>k’<br />

<strong>er</strong> auf, damit <strong>er</strong> l<strong>er</strong>nt, wie man eine uniform – (zu hupF<strong>er</strong>)<br />

etwas eng, scheint mir.<br />

melchior. das is fesch –<br />

hupF<strong>er</strong>. Freilich!<br />

Zangl<strong>er</strong>. unt<strong>er</strong>n arm schneid’t das ding ein, das tut weh.<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. siebent<strong>er</strong> auftritt — seite 10


melchior. macht <strong>sich</strong> ab<strong>er</strong> fesch.<br />

Zangl<strong>er</strong>. und hinten gehn die schößeln zu weit auseinand’.<br />

melchior. das is gar fesch.<br />

Zangl<strong>er</strong>. wie gesagt, zu eng. bei d<strong>er</strong> tafel w<strong>er</strong>’n mir alle<br />

Knöpf’ aufspringen.<br />

hupF<strong>er</strong>. ich begreif’ nicht –<br />

Zangl<strong>er</strong>. sie haben mir doch die maß genommen.<br />

melchior. mein gott, das maßnehmen is eine alte<br />

gewohnheit, die die schneid<strong>er</strong> doch nicht hind<strong>er</strong>t jedes<br />

neue g’wand zu v<strong>er</strong>pfuschen.<br />

Zangl<strong>er</strong> (zu melchior). nun, wie schau’ ich aus?<br />

melchior. ich d<strong>er</strong>f’s nit sag’n.<br />

Zangl<strong>er</strong>. wenn ich ihm’s befehl’, wie schau’ ich aus?<br />

melchior. Klassisch!<br />

hupF<strong>er</strong>. am himmel hab’n s’ ein st<strong>er</strong>nbild das heißt d<strong>er</strong><br />

schütz, das is ab<strong>er</strong> bei weitem nicht so geschmackvoll wie<br />

dies<strong>er</strong> schütz.<br />

melchior. das is klassisch.<br />

Zangl<strong>er</strong>. Fur heut’ tut’s es, ab<strong>er</strong> morgen müssen sie mir den<br />

rock weit<strong>er</strong> <strong>machen</strong>.<br />

hupF<strong>er</strong>. warum nicht gar, eine uniform muß eng sein.<br />

Zangl<strong>er</strong>. ab<strong>er</strong> ich <strong>er</strong>stick’ ja.<br />

hupF<strong>er</strong>. macht nichts; sie haben einmal von d<strong>er</strong> natur eine<br />

art taille <strong>er</strong>halten, und es ist die pflicht d<strong>er</strong> Kunst, dieses<br />

geschenk d<strong>er</strong> natur in das günstigste licht zu stellen.<br />

rekommandi<strong>er</strong>’ mich bestens. (Zur Mitte ab.)<br />

Acht<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Die Vorigen ohne hupF<strong>er</strong>.)<br />

melchior. <strong>er</strong> hat halt allweil recht und gibt nicht nach, man<br />

glaubet’s nicht, wie so ein schneid<strong>er</strong> bockbeinig is.<br />

Zangl<strong>er</strong>. Jetzt, mein lieb<strong>er</strong> – wie heißt <strong>er</strong>?<br />

melchior. melchior.<br />

Zangl<strong>er</strong>. mein lieb<strong>er</strong> melchior, fahr’ <strong>er</strong> gleich wied<strong>er</strong> z’ruck<br />

in die stadt.<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. acht<strong>er</strong> auftritt — seite 11


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

melchior. was, ich hab’ ’glaubt sie haben mich<br />

aufg’nommen?<br />

Zangl<strong>er</strong>. Freilich, ab<strong>er</strong> ich fahr’ morgen in all<strong>er</strong> Fruh’ auch in<br />

die stadt. da steigt <strong>er</strong> gleich bei d<strong>er</strong> linie im gasthaus bei<br />

d<strong>er</strong> sonn’ ab, sagt nur meinen namen, daß das gewöhnliche<br />

Zimm<strong>er</strong> für mich h<strong>er</strong>g’richt’t wird, und <strong>er</strong>wart’t mich, da<br />

hat <strong>er</strong> geld – (gibt ihm), mach’ <strong>er</strong> ab<strong>er</strong> g’schwind, in ein<strong>er</strong><br />

vi<strong>er</strong>telstund’ geht d<strong>er</strong> stellwagen.<br />

melchior. gut. ab<strong>er</strong> könnt’ ich nicht vorh<strong>er</strong> noch meinen<br />

übrigen vorgesetzten, dem Kommis und dem lehrbub’n,<br />

die aufwartung <strong>machen</strong>?<br />

Zangl<strong>er</strong>. nix, <strong>er</strong> v<strong>er</strong>säumt sonst den wagen.<br />

melchior. no, so geh’ ich halt. sie sind bei ein<strong>er</strong> tafel<br />

eing’laden, h<strong>er</strong>r von Zangl<strong>er</strong>, geb’n s’ acht auf’n neuen<br />

rock, daß s’ ihnen nicht antrenzen.<br />

Zangl<strong>er</strong>. was red’t <strong>er</strong> denn für dummes Zeug –!?<br />

melchior. schön ’s s<strong>er</strong>viett’ vornehmen und auseinandbreiten,<br />

die bratlfetten geht hart h<strong>er</strong>aus.<br />

Zangl<strong>er</strong>. glaubt <strong>er</strong> denn, ich bin ein Kind? <strong>er</strong> is wirklich zu<br />

dumm.<br />

melchior. ab<strong>er</strong> meine aufführung die is halt klass –<br />

Zangl<strong>er</strong>. mach’ <strong>er</strong> jetzt weit<strong>er</strong>!<br />

melchior. das hat mein vorig<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r auch imm<strong>er</strong> g’sagt:<br />

dumm ab<strong>er</strong> klassisch. (Zur Mitte ab.)<br />

Zangl<strong>er</strong> (allein, den neuen Hirschfäng<strong>er</strong> umschnallend). schon<br />

wied<strong>er</strong>?! – nein, was ich die sprichwört<strong>er</strong> nicht ausstehen<br />

kann! – mich hat einmal ein sprichwort abscheulich<br />

ang’setzt, nämlich das „Jung gefreit, hat niemand b<strong>er</strong>eut“,<br />

das wird schi<strong>er</strong>, wenn man alle sprichwört<strong>er</strong> nach d<strong>er</strong><br />

dummheit klassifizi<strong>er</strong>t, ’s <strong>er</strong>ste prämium kriegen. und dem<br />

sprichwort zum trotz geh’ ich jetzt als so alt<strong>er</strong> wied<strong>er</strong> auf<br />

Frei<strong>er</strong>sfüßen und ich w<strong>er</strong>d’s g’wiß nicht b<strong>er</strong>euen. wart’ nur,<br />

sprichwort, dich bring ich noch ganz um den Kredit. (Geht<br />

durch die Seitentüre links ab.)<br />

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Neunt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(g<strong>er</strong>trud.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

g<strong>er</strong>trud (allein, kommt mit Licht<strong>er</strong>n zur Mitteltüre h<strong>er</strong>ein). Kaum<br />

vi<strong>er</strong>tel auf achte und schon völlig nacht. (Stellt ein Licht auf<br />

den Tisch links.) ’s fangt auf einmal zum h<strong>er</strong>bst’ln an. (Geht<br />

mit dem and<strong>er</strong>n Licht in die Seitentüre links ab.)<br />

Zangl<strong>er</strong> (nach ein<strong>er</strong> kleinen Pause von innen). auf meine<br />

mündel soll sie schau’n, hab’ ich ihr g’schafft.<br />

g<strong>er</strong>trud (von Innen). das tu’ ich ja so. (Erscheint wied<strong>er</strong> unt<strong>er</strong><br />

d<strong>er</strong> Türe, hineinsprechend.) wie kann ich denn schau’n<br />

auf sie, wann ich kein licht anzünd’! (Kommt h<strong>er</strong>aus.) so<br />

ein großes mädl könnt’, glaub’ ich, schon selbst auf <strong>sich</strong><br />

schau’n. sie geht mir nicht h<strong>er</strong>auf aus’n garten, und da soll<br />

ich ihre schmiseln begeln; ja üb<strong>er</strong>all z’gleich kann ich nicht<br />

seyn. (Geht in die Seitentüre rechts ab.)<br />

Zehnt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(weinb<strong>er</strong>l allein, tritt während dem Ritornell des folgenden Liedes<br />

zur Mitte ein, <strong>er</strong> ist dunkelgrau gekleidet, mit ein<strong>er</strong> grünen Schürze.)<br />

Lied<br />

1.<br />

es sind gewiß in unsr<strong>er</strong> Zeit<br />

die meisten menschen handelsleut’,<br />

und w<strong>er</strong> das ding so obs<strong>er</strong>vi<strong>er</strong>t<br />

muß sag’n, d<strong>er</strong> handelsstand flori<strong>er</strong>t. –<br />

’s v<strong>er</strong>setzt ein vat<strong>er</strong> sein’ Kaput,<br />

und führt drei töcht<strong>er</strong> auf d’redut<br />

damit <strong>er</strong> s’ vorteilhaft bringt an,<br />

na, das ist doch ein handelsmann!<br />

„sie krieg’n mein’ tocht<strong>er</strong>, wenn s’ vor all’n,<br />

den vat<strong>er</strong>n seine schulden zahl’n.“ –<br />

„das kann ich nicht.“ – „dann sag ich nein.“<br />

das wird doch f<strong>er</strong>m gehandelt sein!<br />

„ich hab’ dich g’wiß,“ – sagt eine braut,<br />

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2.<br />

indem sie so au’m bräut’gam schaut –<br />

„in zwanzig Jahr’n wie heut’ so g<strong>er</strong>n.“ –<br />

da wird wohl auch was g’handelt w<strong>er</strong>’n.<br />

’s weib sagt zum mann, „du gehst jetzt aus<br />

und kommst vor neune nicht nach haus.“ –<br />

„Ja,“ sagt <strong>er</strong> – „wennst mir am Zwanz’g<strong>er</strong> gibst.“<br />

so a handel ist ja all<strong>er</strong>liebst. –<br />

a alte schachtel hat viel geld,<br />

’s heirat’t s’ ein jung<strong>er</strong> guckind’welt,<br />

v<strong>er</strong>kauft sein’ Freiheit und sein’ ruh’ –<br />

d<strong>er</strong> handel kummt gar häufig vur. –<br />

’s sagt eine: „i bin zwanz’g Jahr.“ – „oha,<br />

ich hab’ ja ihren taufschein da.“ –<br />

„so?“ – sagt s’, und g’steht ein’ vi<strong>er</strong>z’g<strong>er</strong> ein –<br />

das wird doch tüchtig g’handelt sein!<br />

es prahlet eine schwärm’rin <strong>sich</strong>:<br />

„wenn ich nicht liebe, könnten mich<br />

Zehn millionen nicht betör’n“,<br />

da wurd’ wohl auch was g’handelt w<strong>er</strong>’n.<br />

(Nach dem Liede.)<br />

vor dem handelsstand kriegt man <strong>er</strong>st den wahren<br />

respekt, wenn man zwischen handelsstand und<br />

menschheit üb<strong>er</strong>haupt eine bilanz zieht. schau’n wir<br />

auf’n handelsstand, wie viel gibt’s da großhandlungen,<br />

und schau’n wir auf die menschheit, wie wenig große<br />

handlungen kommen da vor! – schau’n wir auf’n<br />

handelsstand, vorzüglich in d<strong>er</strong> stadt, diese menge<br />

wund<strong>er</strong>schöne handlungen, und schau’n wir auf<br />

d’menschheit, wie wenig wahrhaft schöne handlungen<br />

gibt’s da! – schau’n wir auf’n handelsstand, diese<br />

vielen galant<strong>er</strong>iehandlungen, und schau’n wir auf<br />

d’menschheit, wie handeln s’ da oft ohne alle galant<strong>er</strong>ie,<br />

wie wird namentlich d<strong>er</strong> zarte, gefühlvolle, auf galant<strong>er</strong>ie<br />

anspruch <strong>machen</strong>de teil, von dem gebildetseinsollenden,<br />

spornbegabten, zigarrozuzelnden, roßstreichelnden,<br />

jagdhundkaschuli<strong>er</strong>enden teil so ganz ohne galant<strong>er</strong>ie<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. Zehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 14


ehandelt! – Jetzt, wenn man <strong>er</strong>st die handlungen d<strong>er</strong><br />

menschheit mit gas beleuchten wollt’ – ich frag’, wie viel<br />

menschliche handlungen halten denn eine beleuchtung<br />

als wie eine handlung auf’n stock-im-eisen-platz aus? –<br />

Kurzum, man mag v<strong>er</strong>gleiche anstellen, wie man <strong>will</strong>, d<strong>er</strong><br />

handelsstand is was <strong>er</strong>habenes, wir haben einen hohen<br />

standpunkt, wir von d<strong>er</strong> handlung, und ich glaub’, bloß<br />

wegen dies<strong>er</strong> schwindelnden höhe fallen so viel’ von<br />

d<strong>er</strong> handlung. – d<strong>er</strong> christoph<strong>er</strong>l tandelt wied<strong>er</strong> mit’n<br />

g’wölbzusp<strong>er</strong>r’n.<br />

Elft<strong>er</strong> Auftritt<br />

(christoph<strong>er</strong>l; d<strong>er</strong> Vorige.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

christoph<strong>er</strong>l (zur Mitte h<strong>er</strong>einlaufend). mussi weinb<strong>er</strong>l, d<strong>er</strong><br />

g’wölb’schlüssel war voll wachs, grad als wie wann ein<br />

bandit einen abdruck hätt’ <strong>machen</strong> woll’n.<br />

weinb<strong>er</strong>l. dumm<strong>er</strong> pursch, du hast halt den schlüssel wied<strong>er</strong><br />

wohin g’worfen, ohne zu schau’n ob’s saub<strong>er</strong> is. von rechts<br />

wegen unt<strong>er</strong>liegest jetzt ein<strong>er</strong> straf’.<br />

christoph<strong>er</strong>l. o, ein lehrjung’ unt<strong>er</strong>liegt nicht so g’schwind;<br />

durch g’wohnheit v<strong>er</strong>tragt man viel.<br />

weinb<strong>er</strong>l (in etwas fei<strong>er</strong>lichem Tone). die v<strong>er</strong>hältnisse<br />

haben indes eine and<strong>er</strong>e g’stalt gewonnen; d<strong>er</strong> deutsche<br />

handelsstand wird bald um einen lehrjung’ wenig<strong>er</strong> hab’n.<br />

christoph<strong>er</strong>l. no, sein s’ so gut, bringen s’ mich um.<br />

weinb<strong>er</strong>l. im gegenteil, ich w<strong>er</strong>de sie bei einem<br />

freundschaftlichen glas wein leben lassen.<br />

christoph<strong>er</strong>l (<strong>er</strong>staunt). wie g’schieht ihnen denn mussi<br />

weinb<strong>er</strong>l?<br />

weinb<strong>er</strong>l. nennen sie mich in Zukunft h<strong>er</strong>r weinb<strong>er</strong>l, denn<br />

ich habe hoffnung, zum buchhalt<strong>er</strong> zu avanci<strong>er</strong>en, und sie<br />

selbst w<strong>er</strong>den von heut’ an p<strong>er</strong> mussi tituli<strong>er</strong>t.<br />

christoph<strong>er</strong>l. warum sagen denn sie „sie“ zu mir?<br />

weinb<strong>er</strong>l. ahnen sie nichts, glücklich<strong>er</strong> Komm<strong>er</strong>zzögling?<br />

mit dem heutigen schopfbeutl<strong>er</strong> habe ich auf ewige Zeiten<br />

abschied genommen von ihrem Kakadu.<br />

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<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

christoph<strong>er</strong>l. darum war ihre hand so heftig bewegt, als<br />

wann sie <strong>sich</strong> gar nit trennen könnt’.<br />

weinb<strong>er</strong>l. sie sind unt<strong>er</strong> mein<strong>er</strong> fünfthalbjährigen leitung<br />

g’waltig ausgebildet worden, haben das Komm<strong>er</strong>z von<br />

seinen v<strong>er</strong>schiednen seiten kennengel<strong>er</strong>nt und haben<br />

kritische p<strong>er</strong>ioden mitgemacht. wenn die geschäfte<br />

stocken, ’s g’wölb’ le<strong>er</strong> is, und d<strong>er</strong> handel- und<br />

wandlbeflissene bloß dasteht, a paar stanitzln macht und<br />

gedankenlos auf die gass’n hinausschaut, da is es leicht;<br />

ab<strong>er</strong> plötzlich tritt neues leben ins m<strong>er</strong>kantilische, in fünf<br />

minuten steht ’s ganze g’wölb’ voll leut’, da <strong>will</strong> eins<br />

and<strong>er</strong>thalb lot Kaffee, da eins um zwei groschen gabri,<br />

d<strong>er</strong> ein’n frischen aal, die ein’n g’faulten lemonie, da<br />

kommt ein zartes wesen um ein’n b<strong>er</strong>nzuck<strong>er</strong>, da ein<br />

Kuchelbär um ein rosenöl, da lispelt ein brustdefekt<strong>er</strong><br />

Jüngling: „ein’n Zuck<strong>er</strong>kandl“, da schreit ein kräftig<strong>er</strong><br />

alt<strong>er</strong>: „a Flaschel schlibowitz!“, da <strong>will</strong> ein üppiges wesen<br />

a halstüchel, da eine Zaundürre Fischbein<strong>er</strong> zu ein’m<br />

ausg’schnittnen leibel hab’n; da geht a alte auf’n Kas<br />

los und schreit: „mir ein’ halb’n vi<strong>er</strong>ting schweiz<strong>er</strong>!“, da<br />

kommt ein gemein<strong>er</strong> dienstbot’ ein’n haring austauschen,<br />

den ihr ihre noble Frau ins g’<strong>sich</strong>t g’worfen hat, weil’s kein<br />

milchn<strong>er</strong> war – in solchen momenten muß d<strong>er</strong> Kommis<br />

zeigen, was ein Kommis is, d’leut z’samm’schrei’n lassen<br />

wie s’ woll’n, und mit ein<strong>er</strong> ruhigen, ans un<strong>er</strong>trägliche<br />

grenzenden gelassenheit eins nach’n and<strong>er</strong>n bedienen.<br />

christoph<strong>er</strong>l. Jetzt weiß ich ab<strong>er</strong> noch allweil nit, was is’s<br />

denn eigentlich mit mir?<br />

weinb<strong>er</strong>l. ruhig, d<strong>er</strong> prinzipal wird es ihnen notifizi<strong>er</strong>en.<br />

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Zwölft<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Zangl<strong>er</strong>; die Vorigen.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

Zangl<strong>er</strong> (zur Seitentüre links kommend). ah, sie sind schon da!<br />

weinb<strong>er</strong>l. d<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r prinzipal haben befohlen –<br />

christoph<strong>er</strong>l. befohlen –<br />

weinb<strong>er</strong>l. wir sind dah<strong>er</strong> in corpore <strong>er</strong>schienen.<br />

christoph<strong>er</strong>l (leise zu weinb<strong>er</strong>l). in was sind wir <strong>er</strong>schienen?<br />

weinb<strong>er</strong>l (zu christoph<strong>er</strong>l). halten sie ’s maul, in corpore.<br />

Zangl<strong>er</strong>. ich muß sie von ein<strong>er</strong> v<strong>er</strong>änd<strong>er</strong>ung, mein haus<br />

betreffend, in Kenntnis setzen. sie haben bis jetzt nur einen<br />

h<strong>er</strong>rn gehabt, bald w<strong>er</strong>den sie auch eine Frau bekommen.<br />

christoph<strong>er</strong>l. eine Frau? ich bin ja noch viel zu jung.<br />

weinb<strong>er</strong>l (zu christoph<strong>er</strong>l). reden sie nicht so alb<strong>er</strong>n, d<strong>er</strong><br />

h<strong>er</strong>r prinzipal wird <strong>sich</strong> v<strong>er</strong>ehlich’n, und seine Frau wird<br />

auch die unsre sein, unsre prinzipalin, uns<strong>er</strong>e prinzipalgebiet<strong>er</strong>in.<br />

Zangl<strong>er</strong>. ganz recht.<br />

christoph<strong>er</strong>l. ah, so is das!<br />

Zangl<strong>er</strong>. dieses wichtige <strong>er</strong>eignis <strong>will</strong> ich nun durch<br />

beförd<strong>er</strong>ungen in meinem p<strong>er</strong>sonale v<strong>er</strong>h<strong>er</strong>rlichen. sie,<br />

mussi christoph –<br />

christoph<strong>er</strong>l (für <strong>sich</strong>). d<strong>er</strong> sagt auch „sie“ und „mussi“ –<br />

Zangl<strong>er</strong>. sie habn aufs g’wand gel<strong>er</strong>nt, müßten dah<strong>er</strong><br />

eigentlich noch ein halbes Jahr lehrjung’ bleiben, diesen<br />

Zeitraum schenk’ ich ihnen, und <strong>er</strong>nenn’ sie zum Kommis.<br />

weinb<strong>er</strong>l. so eine auszeichnung wird wenigen zuteil. (Zu<br />

christoph<strong>er</strong>l.) bedanken sie <strong>sich</strong> doch.<br />

christoph<strong>er</strong>l (küßt Zangl<strong>er</strong> die Hand). die gunst des<br />

prinzipals zu bestreben, f<strong>er</strong>n<strong>er</strong>es benehmen, würdig zu<br />

sein, Fleiß und ausdau<strong>er</strong> zu <strong>er</strong>ringen –<br />

Zangl<strong>er</strong>. schon gut, ich wünsch’, daß das nicht bloß schöne<br />

worte sind –<br />

weinb<strong>er</strong>l. nein, das sind sie gewiß nicht, ich glaube mit<br />

grund, daß <strong>er</strong> sowohl ihnen, h<strong>er</strong>r prinzipal, und mir,<br />

seinem unmittelbaren vorgesetzten, wie auch dem<br />

Kontinentalhandel üb<strong>er</strong>haupt ehre <strong>machen</strong> wird.<br />

Zangl<strong>er</strong> (zu christoph<strong>er</strong>l). sie waren imm<strong>er</strong> fleißig.<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. Zwölft<strong>er</strong> auftritt — seite 17


weinb<strong>er</strong>l. passabel.<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

Zangl<strong>er</strong> (zu christoph<strong>er</strong>l). ehrlich, das is die hauptsach’.<br />

weinb<strong>er</strong>l. das is wahr, <strong>er</strong> hat in d<strong>er</strong> lehrzeit manche watschen<br />

’kriegt, ab<strong>er</strong> keine auf v<strong>er</strong>anlassung ein<strong>er</strong> watschen, die <strong>er</strong><br />

d<strong>er</strong> pudel gegeben hätt’.<br />

Zangl<strong>er</strong> (zu christoph<strong>er</strong>l). es fehlt ihnen nichts, als daß sie<br />

<strong>sich</strong> mehr mani<strong>er</strong> gegen die Kundschaften aneignen.<br />

weinb<strong>er</strong>l. darüb<strong>er</strong> hab’ ich ihnen oft lehren gegeben.<br />

christoph<strong>er</strong>l (<strong>sich</strong> mit d<strong>er</strong> Hand durch den Kakadu fahrend). Ja,<br />

sehr oft.<br />

weinb<strong>er</strong>l (zu christoph<strong>er</strong>l). hübsch mit „eu<strong>er</strong> gnaden“<br />

und „gnädige Frau“ h<strong>er</strong>umw<strong>er</strong>fen, die war’ mit anstand<br />

üb<strong>er</strong>reichen, zu jeden rammel „schatz“ sag’n, ’s kleine<br />

geld zi<strong>er</strong>lich mit Zeigfing<strong>er</strong> und daum’ h<strong>er</strong>ausgeben,<br />

die and<strong>er</strong>n drei Fing<strong>er</strong> w<strong>er</strong>den bloß auf händedrücke für<br />

Köchinnen v<strong>er</strong>wend’t.<br />

Zangl<strong>er</strong>. das wird <strong>sich</strong> hoffentlich geben.<br />

christoph<strong>er</strong>l. o ja, so was begreift ein jung<strong>er</strong> Kommis sehr<br />

g’schwind.<br />

Zangl<strong>er</strong> (zu weinb<strong>er</strong>l). ihnen, h<strong>er</strong>r weinb<strong>er</strong>l, d<strong>er</strong> schon seit<br />

Jahren mein ganzes Zutrauen besitzt, d<strong>er</strong> seit Jahren das<br />

geschäft zu mein<strong>er</strong> vollsten Zufriedenheit leitet, ihnen<br />

<strong>er</strong>nenn’ ich zu meinen associé.<br />

weinb<strong>er</strong>l (äuß<strong>er</strong>st üb<strong>er</strong>rascht). ich associé?<br />

Zangl<strong>er</strong>. bei mein<strong>er</strong> rückkunft w<strong>er</strong>den wir den nötigen<br />

Kontrakt auf- und d<strong>er</strong> neuen Firma „& Kompanie“<br />

beisetzen. ich v<strong>er</strong>reise nämlich auf drei tag’, teils mein<strong>er</strong><br />

heiratsangelegenheit wegen, teils and<strong>er</strong><strong>er</strong> angelegenheiten<br />

halb<strong>er</strong>. unt<strong>er</strong> dies<strong>er</strong> Zeit üb<strong>er</strong>gebe ich ihnen das ganze<br />

geschäft, schau’n sie auf alles, daß wed<strong>er</strong> unordnungen in<br />

den magazinen noch in d<strong>er</strong> Korrespondenz –<br />

christoph<strong>er</strong>l. seit drei wochen hab’n wir kein’ brief ’kriegt,<br />

wie leicht könnt’ grad diese tag’ –<br />

Zangl<strong>er</strong> (ohne auf christoph<strong>er</strong>l zu hören, zu weinb<strong>er</strong>l).<br />

mit einem wort, sie sind ein solid<strong>er</strong> mensch, ich weiß,<br />

daß ich mich auf ihnen v<strong>er</strong>lassen kann. Jetzt muß ich zum<br />

schützensoup<strong>er</strong>. (Setzt den neuen bordirten Hut auf.) morgen<br />

früh um vi<strong>er</strong> uhr fahr’ ich fort –<br />

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<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

christoph<strong>er</strong>l. sollten wir also nicht mehr die ehre hab’n, den<br />

prinzipal zu sehn, so wünschen wir jetzt glückliche reis’ –<br />

weinb<strong>er</strong>l (noch ganz p<strong>er</strong>plex ). associé –!!<br />

Zangl<strong>er</strong>. Ja, ja! Fassen sie <strong>sich</strong> nur, mein lieb<strong>er</strong> weinb<strong>er</strong>l!<br />

sie sind vom tage mein<strong>er</strong> v<strong>er</strong>heiratung an mein associé.<br />

adieu, also nochmals, während mein<strong>er</strong> abwesenheit,<br />

strenge ordnung und pünktlichkeit!<br />

christoph<strong>er</strong>l (indem <strong>er</strong> ihn an die Türe begleitet). wir <strong>machen</strong><br />

uns<strong>er</strong> Kompliment, h<strong>er</strong>r prinzipal.<br />

Dreizehnt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Die Vorigen ohne Zangl<strong>er</strong>.)<br />

weinb<strong>er</strong>l (wonnetrunken und stolz <strong>sich</strong> mit ein<strong>er</strong> Hand am<br />

Tische stützend). associé –! hast du’s gehört, gremium von<br />

europa! ich bin associé!<br />

christoph<strong>er</strong>l. uns<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r heirat’t, sie w<strong>er</strong>’n Kompagnon,<br />

nachh<strong>er</strong> haben wir zwei prinzipal’, eine prinzipalin, und ich<br />

allein bin d<strong>er</strong> ganze p<strong>er</strong>sonalstand.<br />

weinb<strong>er</strong>l. buchhalt<strong>er</strong>, das war imm<strong>er</strong> d<strong>er</strong> chimborasso mein<strong>er</strong><br />

wünsche, und jetzt blickt d<strong>er</strong> associé wie aus einem<br />

wolkenthron mitleidig auf den buchhalt<strong>er</strong>standpunkt h<strong>er</strong>ab.<br />

christoph<strong>er</strong>l. ich mach’ meine gratulation.<br />

weinb<strong>er</strong>l. und sond<strong>er</strong>bar! g<strong>er</strong>ad jetzt – jetzt –<br />

christoph<strong>er</strong>l. Jetzt sind sie’s ja noch nicht, <strong>er</strong>st bis d<strong>er</strong><br />

prinzipal heirat’t.<br />

weinb<strong>er</strong>l. g<strong>er</strong>ade jetzt, wo das b<strong>er</strong>ufsglück sein ganzes<br />

Füllhorn ausschütt’t üb<strong>er</strong> mich, w<strong>er</strong>den in mir wünsche<br />

roglich wie Kisten, die auf einem schubkarren schlecht<br />

auf’packt sind.<br />

christoph<strong>er</strong>l. aha! ich g’spann, was d<strong>er</strong> associé wünscht.<br />

weinb<strong>er</strong>l. eine associéin? o nein! das irritirt mich nicht, so<br />

was kommt von selbst, und wenn es nicht kommt, so ist es<br />

auch noch kein unglück.<br />

christoph<strong>er</strong>l. also das is es nicht? na, nachh<strong>er</strong> gib ich<br />

’s raten auf; mein Kopf is von d<strong>er</strong> lehrzeit h<strong>er</strong> zu sehr<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. dreizehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 19


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

angegriffen, als daß ich mir’n jetzt gleich z<strong>er</strong>brechen<br />

möcht’.<br />

weinb<strong>er</strong>l. glauben sie mir, jung<strong>er</strong> mann! d<strong>er</strong> Kommis hat<br />

auch stunden, wo <strong>er</strong> <strong>sich</strong> auf ein Zuck<strong>er</strong>faß lehnt und in<br />

süße träum<strong>er</strong>eien v<strong>er</strong>sinkt; da fallt es ihm dann wie ein<br />

Fünfundzwanzig-pfund-gewicht aufs h<strong>er</strong>z, daß <strong>er</strong> von<br />

Jugend auf ans g’wölb’ gefesselt war wie ein blassel an die<br />

hütten. wenn man nur aus unkompletten makulaturbüch<strong>er</strong>n<br />

etwas vom weltleben weiß, wenn man den sonnenaufgang<br />

nur vom bodenfenst<strong>er</strong>l, die abendröte nur aus <strong>er</strong>zählungen<br />

d<strong>er</strong> Kundschaften kennt, da bleibt eine le<strong>er</strong>e im inn<strong>er</strong>n,<br />

die alle Ölfäss<strong>er</strong> des südens, alle h<strong>er</strong>ingfäss<strong>er</strong> des nordens<br />

nicht ausfüllen, eine abgeschmacktheit die alle muskatblüt’<br />

indiens nicht würzen kann.<br />

christoph<strong>er</strong>l. das wird jetzt ein and<strong>er</strong>s g’<strong>sich</strong>t kriegen als<br />

Kompagnon.<br />

weinb<strong>er</strong>l. weiß nicht. d<strong>er</strong> dien<strong>er</strong> ist sklav’ des h<strong>er</strong>rn, d<strong>er</strong><br />

h<strong>er</strong>r sklav’ des geschäfts. <strong>er</strong>haben is die zweite sklav<strong>er</strong>ei,<br />

ab<strong>er</strong> so biglem mit genuß begabt als wie die <strong>er</strong>ste. –<br />

wenn ich nur einen wiffen punkt wüßt’ in meinem leben,<br />

wenn ich nur von ein paar tag’ sagen könnt’: da bin ich<br />

ein v<strong>er</strong>flucht<strong>er</strong> K<strong>er</strong>l g’wesen – ab<strong>er</strong> nein! ich war nie<br />

v<strong>er</strong>flucht<strong>er</strong> K<strong>er</strong>l. wie schön wär’ das, wenn ich einmal als<br />

alt<strong>er</strong> handelsh<strong>er</strong>r mit die and<strong>er</strong>n alten handelsh<strong>er</strong>ren beim<br />

jungen wein sitz’, wenn so im traulichen gespräch das eis<br />

aufg’hackt wird vor dem magazin d<strong>er</strong> <strong>er</strong>inn<strong>er</strong>ung, wenn<br />

die g’wölb’tür d<strong>er</strong> vorzeit wied<strong>er</strong> aufg’sp<strong>er</strong>rt und die budel<br />

d<strong>er</strong> phantasie voll ang’raamt wird mit waren von ehmahls,<br />

wenn ich dann beim lebhaften ausv<strong>er</strong>kauf alt<strong>er</strong> g’schichten<br />

sagen könnt’: „o! ich war auch einmal ein v<strong>er</strong>flucht<strong>er</strong><br />

K<strong>er</strong>l, ein teuxelsmensch, ein schw<strong>er</strong>ack!“ – ich muß – ich<br />

muß um jeden preis dieses v<strong>er</strong>fluchtek<strong>er</strong>lbewußtsein mir<br />

<strong>er</strong>ringen.<br />

christoph<strong>er</strong>l. von mir aus hätten sie dieses bewußtsein schon<br />

lange; sooft sie <strong>sich</strong> in meine Frisur v<strong>er</strong>krampelt haben,<br />

hab’ ich mir denkt: „das is ein v<strong>er</strong>flucht<strong>er</strong> K<strong>er</strong>l, den holt – “<br />

weinb<strong>er</strong>l. was sie denken, geht mich nix an, ich muß es<br />

dencken, muß es fühlen.<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. dreizehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 20


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

christoph<strong>er</strong>l. so beuteln s’ ihnen selb<strong>er</strong> den schopf.<br />

weinb<strong>er</strong>l (von ein<strong>er</strong> Idee <strong>er</strong>griffen). halt! ich hab’s –!<br />

christoph<strong>er</strong>l. na, was denn?<br />

weinb<strong>er</strong>l. ich mach’ mir einen <strong>Jux</strong>!<br />

christoph<strong>er</strong>l. ein’ <strong>Jux</strong>?<br />

weinb<strong>er</strong>l. grad jetzt auf d<strong>er</strong> grenze zwischen Knechtschaft<br />

und h<strong>er</strong>rschaft mach’ ich mir einen <strong>Jux</strong>. Für die ganze<br />

Zukunft <strong>will</strong> ich mir die le<strong>er</strong>en wände meines h<strong>er</strong>zens mit<br />

bild<strong>er</strong>n d<strong>er</strong> <strong>er</strong>inn<strong>er</strong>ung schmücken, – ich mach’ mir einen<br />

<strong>Jux</strong>!<br />

christoph<strong>er</strong>l. wie w<strong>er</strong>d’n sie ab<strong>er</strong> das anstellen?<br />

weinb<strong>er</strong>l. woll’n sie dabei sein, mussi christoph?<br />

christoph<strong>er</strong>l. warum nicht? ich bin freig’sprochen<br />

worden; kann man die Freiheit schön<strong>er</strong> als durch ein’ <strong>Jux</strong><br />

zelebri<strong>er</strong>en?<br />

weinb<strong>er</strong>l. wi<strong>er</strong> sp<strong>er</strong>r’n ’s g’wölb’ zu, während d<strong>er</strong> prinzipal<br />

aus ist! sind sie dabei?<br />

christoph<strong>er</strong>l. ’s g’wölb’zusp<strong>er</strong>r’n war imm<strong>er</strong> meine<br />

leidenschaft, solang ich bei d<strong>er</strong> handlung bin.<br />

weinb<strong>er</strong>l. wir fahren in die stadt und suchen fidele abenteu<strong>er</strong><br />

auf! sind sie dabei?<br />

christoph<strong>er</strong>l. Freilich! ich riski<strong>er</strong>’ nix. sie sind Kompagnon;<br />

indem ich ihnen folg’, <strong>er</strong>füll’ ich nur meine pflicht. Jetzt,<br />

was sie riski<strong>er</strong>’n, das tuschi<strong>er</strong>t mich nicht. ich bin dabei.<br />

weinb<strong>er</strong>l. halt! Jüngling! sie setzen mir da einen Floh ins<br />

ohr, den ich <strong>er</strong>st fangen und töten muß. Kann es d<strong>er</strong><br />

prinzipal <strong>er</strong>fahren? <strong>er</strong> kommt nie mit die nachbarsleut’<br />

zusamm’, <strong>er</strong> sitzt imm<strong>er</strong> in d<strong>er</strong> schreibstub’n, disk’ri<strong>er</strong>t nie<br />

mit die Kundschaften, geht an kein öffentlichen ort, auß<strong>er</strong><br />

alle Quartal’ zu d<strong>er</strong> schützengsellschaft. <strong>er</strong> kann es nicht<br />

<strong>er</strong>fahren –<br />

christoph<strong>er</strong>l. wenn uns ab<strong>er</strong> zufällig d<strong>er</strong> prinzipal in d<strong>er</strong><br />

stadt sieht?<br />

weinb<strong>er</strong>l. <strong>er</strong> is ein alt<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r, d<strong>er</strong> heirat’t, folglich mit<br />

blindheit g’schlagen. und wissen wir denn auch, ob <strong>er</strong> in<br />

die stadt fahrt? und dann geht <strong>er</strong> auch geschäften, wir bloß<br />

dem v<strong>er</strong>gnügen nach; sein weg geht tschihi, uns<strong>er</strong><strong>er</strong> dahott,<br />

wie die seeleute sagen, sprich ich, wie die Fuhrleute sagen.<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. dreizehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 21


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

christoph<strong>er</strong>l. wenn uns ab<strong>er</strong> die Fräul’n marie v<strong>er</strong>rat’t?<br />

weinb<strong>er</strong>l. die hat liebesaffären, is folglich froh, wann sie<br />

nicht v<strong>er</strong>raten wird.<br />

christoph<strong>er</strong>l. wenn ab<strong>er</strong> die alte g<strong>er</strong>trud plauscht?<br />

weinb<strong>er</strong>l. das hind<strong>er</strong>nis is unüb<strong>er</strong>steiglich, sie is ein altes<br />

weib, sie muß plauschen. – ab<strong>er</strong> wenn wir – halt – so<br />

geht’s – die alte muß g<strong>er</strong>ade die assekuranz sein bei<br />

uns<strong>er</strong><strong>er</strong> unt<strong>er</strong>nehmung. helfen sie mir g’schwind in den<br />

h<strong>er</strong>rn seine schützenuniform hinein. (Kleidet <strong>sich</strong> während<br />

des Folgenden schnell mit Christoph<strong>er</strong>ls Beihilfe in die auf dem<br />

Tische liegende alte Schützenuniform Zangl<strong>er</strong>s, schnallt den<br />

Hirschfäng<strong>er</strong> um und setzt den Hut auf.)<br />

christoph<strong>er</strong>l. wegen was denn?<br />

weinb<strong>er</strong>l. weil ich den h<strong>er</strong>rn Zangl<strong>er</strong> vorstellen <strong>will</strong>! damit s’<br />

die stimm nicht kennt, stell’ ich mich bös und sie sagen ihr<br />

den auftrag, den ich als Zangl<strong>er</strong> geb’ und den sie dann an<br />

mich ausrichten muß, wenn ich wied<strong>er</strong> weinb<strong>er</strong>l bin.<br />

christoph<strong>er</strong>l. ich bin mir nicht g’scheit g’nug.<br />

weinb<strong>er</strong>l. stellen sie ’s licht auf den tisch hinüb<strong>er</strong>!<br />

christoph<strong>er</strong>l. gleich. (Nimmt eilig das Licht vom Tisch links und<br />

stellt es auf den Tisch rechts.)<br />

(weinb<strong>er</strong>l wirft <strong>sich</strong> in den am Tische links stehenden Stuhl<br />

und läutet heftig mit d<strong>er</strong> Tischglocke.)<br />

Vi<strong>er</strong>zehnt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(g<strong>er</strong>trud; die Vorigen.)<br />

g<strong>er</strong>trud (aus d<strong>er</strong> Seitentüre rechts kommend, für <strong>sich</strong>). das is<br />

wied<strong>er</strong> eine läut<strong>er</strong>ei, als ob alles taub wär’. (Laut.) was<br />

schaffen s’, h<strong>er</strong>r von Zangl<strong>er</strong>? (Beiseite.) i war schon froh,<br />

hab’ ’glaubt, <strong>er</strong> is fort.<br />

christoph<strong>er</strong>l (welchem weinb<strong>er</strong>l leise etwas <strong>er</strong>klärt hat, zu<br />

g<strong>er</strong>trud). d’Frau g<strong>er</strong>trud hat den h<strong>er</strong>rn wied<strong>er</strong> kurios bös<br />

g’macht.<br />

g<strong>er</strong>trud. ich weiß ab<strong>er</strong> nicht –<br />

weinb<strong>er</strong>l (hustet und brummt ärg<strong>er</strong>lich einige unv<strong>er</strong>ständliche<br />

Worte).<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. vi<strong>er</strong>zehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 22


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

christoph<strong>er</strong>l. hat’n d’Frau g’hört? <strong>er</strong> <strong>will</strong> gar nicht reden<br />

mit ihr, drum gibt <strong>er</strong> ihr durch mich den auftrag, sie soll<br />

morgen in all<strong>er</strong> Fruh’ dem h<strong>er</strong>rn weinb<strong>er</strong>l sagen –<br />

g<strong>er</strong>trud. d<strong>er</strong> christoph<strong>er</strong>l wird doch heut noch selb<strong>er</strong><br />

den h<strong>er</strong>rn weinb<strong>er</strong>l sehen, folglich kann ihm ja d<strong>er</strong><br />

christoph<strong>er</strong>l –<br />

christoph<strong>er</strong>l. mussi christoph, bitt’ ich mir aus.<br />

weinb<strong>er</strong>l (hustet und brummt noch heftig<strong>er</strong> als früh<strong>er</strong>).<br />

(g<strong>er</strong>trud <strong>er</strong>schrickt.)<br />

christoph<strong>er</strong>l. hat’n d’Frau g’hört? d<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r hat mir and<strong>er</strong>e<br />

g’schäft’ gegeben, die meinen ganzen hirnkasten in<br />

b’schlag nehmen, weil ich also drauf v<strong>er</strong>gessen könnt’, so<br />

soll durchaus die Frau g<strong>er</strong>trud –<br />

weinb<strong>er</strong>l (hustet und brummt wie vorh<strong>er</strong>).<br />

christoph<strong>er</strong>l. hat’n d’Frau g’hört? – die Frau g<strong>er</strong>trud soll<br />

also morgen in all<strong>er</strong> Fruh dem h<strong>er</strong>rn weinb<strong>er</strong>l sagen,<br />

d<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r Zangl<strong>er</strong> läßt ihm strengstens anbefehl’n, daß <strong>er</strong><br />

während sein<strong>er</strong> abwesenheit durch zwei tag’, das g’wölb’<br />

ja nicht aufsp<strong>er</strong>rn soll. v<strong>er</strong>standen?<br />

g<strong>er</strong>trud. na freilich, ’s g’wölb’ darf nicht aufg’sp<strong>er</strong>rt w<strong>er</strong>’n,<br />

das wird doch nicht schw<strong>er</strong> zu v<strong>er</strong>stehn sein.<br />

weinb<strong>er</strong>l (murmelt etwas zu christoph<strong>er</strong>l, welch<strong>er</strong> <strong>sich</strong> seinem<br />

Stuhle etwas genäh<strong>er</strong>t hat).<br />

christoph<strong>er</strong>l. Frau g<strong>er</strong>trud soll schau’n, daß s’ weit<strong>er</strong> kommt,<br />

und soll ihm nicht mehr vor augen –<br />

g<strong>er</strong>trud. na ja!<br />

weinb<strong>er</strong>l (hustet und rummt noch ungestüm<strong>er</strong> als früh<strong>er</strong>).<br />

christoph<strong>er</strong>l. hat’n d’Frau g’hört?<br />

g<strong>er</strong>trud (<strong>er</strong>schrocken zur Seitentüre rechts gehend). d<strong>er</strong> mann is<br />

heut’ in ein<strong>er</strong> laune, das is schon aus d<strong>er</strong> weis’. (Ab.)<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. vi<strong>er</strong>zehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 23


Fünfzehnt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Die Vorigen ohne g<strong>er</strong>trud.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

weinb<strong>er</strong>l (lachend vom Stuhl aufstehend). sehn sie, jetzt sind<br />

wir gedeckt. <strong>er</strong>fahrt im schlimmsten Fall d<strong>er</strong> prinzipal, daß<br />

’s g’wölb’ zug’sp<strong>er</strong>rt war, so b<strong>er</strong>ufen wir uns auf seinen<br />

befehl, den wir durch die Frau g<strong>er</strong>trud <strong>er</strong>halten haben.<br />

christoph<strong>er</strong>l. dann glaubt <strong>er</strong>, die alte is v<strong>er</strong>ruckt.<br />

weinb<strong>er</strong>l. das v<strong>er</strong>schlagt ihr nix, denn für g’scheit hat <strong>er</strong> s’ so<br />

nie g’halten.<br />

christoph<strong>er</strong>l. mein<strong>er</strong> seel’, pfiffig ausspeluli<strong>er</strong>t. na, sie sind<br />

ja auch einmahl lehrjung’ g’west, sonst könnt’ das g’wixte<br />

nicht in ihnen stecken.<br />

weinb<strong>er</strong>l. richten sie <strong>sich</strong> jetzt das sonntagsg’wand; was<br />

zur eleganz fehlt, Krawatel, schmisel, handschuh’ und<br />

schnopftüchel w<strong>er</strong>d’ ich ihnen leih’n.<br />

christoph<strong>er</strong>l. Juchhe, das wird ein <strong>Jux</strong> w<strong>er</strong>’n morgen! (Geht<br />

zur Mitte ab.)<br />

(Man hört von außen Zangl<strong>er</strong> räusp<strong>er</strong>n und husten.)<br />

christoph<strong>er</strong>l (<strong>er</strong>schrocken zurückprallend). o Jeg<strong>er</strong>l, d<strong>er</strong> alte<br />

kommt!<br />

weinb<strong>er</strong>l (<strong>er</strong>schrocken). d<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r Zangl<strong>er</strong> – wann <strong>er</strong> mich in<br />

dem aufzug sieht –<br />

christoph<strong>er</strong>l. ich retiri<strong>er</strong>’ mich zu d<strong>er</strong> Frau g<strong>er</strong>trud hinein.<br />

weinb<strong>er</strong>l. ab<strong>er</strong> was tu’ denn ich? ich kann mich so wed<strong>er</strong> vor<br />

d<strong>er</strong> Frau g<strong>er</strong>trud noch vor’n h<strong>er</strong>rn Zangl<strong>er</strong> zeigen.<br />

christoph<strong>er</strong>l. ich geh’ zu d<strong>er</strong> Frau g<strong>er</strong>trud, ich riski<strong>er</strong>’ nix,<br />

ab<strong>er</strong> ich bin dabei. (Geht zur Seitentüre rechts ab.)<br />

weinb<strong>er</strong>l. mir bleibt nix übrig – (löscht schnell das Licht aus<br />

und eilt hint<strong>er</strong> den Ofenschirm links im Hint<strong>er</strong>grunde.)<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. Fünfzehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 24


Sechzehnt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Zangl<strong>er</strong>, weinb<strong>er</strong>l hint<strong>er</strong> dem Schirm.)<br />

Zangl<strong>er</strong> (zur Mitte eintretend). ich hab’ mir das ding and<strong>er</strong>s<br />

üb<strong>er</strong>legt, zur schützentafel komm’ ich spät<strong>er</strong> auch noch<br />

z’recht; wie leicht könnt’ d<strong>er</strong> saub<strong>er</strong>e h<strong>er</strong>r sond<strong>er</strong>s diesen<br />

abend zu einem rendezvous benützen wollen. ich w<strong>er</strong>d’<br />

an meinem Fenst<strong>er</strong> ein wenig aufpassen, wir haben<br />

vollmond, da seh’ ich’s prächtig, wenn <strong>er</strong> allenfalls ins<br />

haus h<strong>er</strong>einschleichen wollt’! d<strong>er</strong> saub<strong>er</strong>e h<strong>er</strong>r sond<strong>er</strong>s,<br />

d<strong>er</strong>! (Geht in die Seitentüre links ab.)<br />

Siebzehnt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(weinb<strong>er</strong>l, dann marie und sond<strong>er</strong>s.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

weinb<strong>er</strong>l (kommt hint<strong>er</strong> dem Schirm h<strong>er</strong>vor). <strong>er</strong> is drin, jetzt<br />

kann ich mich ausg’schirren.<br />

sond<strong>er</strong>s (von außen). nein, nein, marie! so geh’ ich nicht von<br />

dir.<br />

weinb<strong>er</strong>l (<strong>er</strong>schreckend). v<strong>er</strong>dammt, da kommt wied<strong>er</strong> w<strong>er</strong> –<br />

ich komm’ als associé in die sauce – ich muß ab<strong>er</strong>mal –<br />

(läuft wied<strong>er</strong> hint<strong>er</strong> den Schirm.)<br />

marie (mit sond<strong>er</strong>s zur Mitte eintretend). ab<strong>er</strong> august –<br />

sond<strong>er</strong>s. v<strong>er</strong>sprich mir, in meinen plan zu <strong>will</strong>igen.<br />

marie. ich soll dem vormund durchgehn –?<br />

sond<strong>er</strong>s. Fliehen sollst du mit mir.<br />

marie. das schickt <strong>sich</strong> nicht.<br />

sond<strong>er</strong>s. marie!<br />

marie. Fliehen, durchgehn und auf und davonlaufen is eins und<br />

das schickt <strong>sich</strong> nicht.<br />

sond<strong>er</strong>s. du hi<strong>er</strong>bleiben, mir entrissen w<strong>er</strong>den und ich mir<br />

eine Kugel vor den Kopf brennen, ist auch eins und das<br />

schickt <strong>sich</strong> so gewiß, wenn du nicht mut hast –<br />

marie. august, du bist ein fürcht<strong>er</strong>lich<strong>er</strong> mensch.<br />

sond<strong>er</strong>s. des alten eigensinn läßt uns nichts and<strong>er</strong>es übrig.<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. sechzehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 25


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

marie. wenn ich dir ab<strong>er</strong> sage, es schickt <strong>sich</strong> nicht. du sollst<br />

eigentlich schon lang fort sein, ich hab’ dir nur <strong>er</strong>laubt, bis<br />

es abend wird, und hi<strong>er</strong> ist nicht einmal licht.<br />

sond<strong>er</strong>s. haben liebende je eines and<strong>er</strong>n lichtes bedurft als<br />

des mondes, d<strong>er</strong> eben freundlich durch die Fenst<strong>er</strong>scheiben<br />

blickt?<br />

marie. d<strong>er</strong> mondschein schickt <strong>sich</strong> nicht. du gehst entwed<strong>er</strong><br />

sogleich fort od<strong>er</strong> gehst mit mir zur Frau g<strong>er</strong>trud hinein, die<br />

hat licht.<br />

sond<strong>er</strong>s. die darf ja nicht <strong>er</strong>fahren –<br />

marie. warum nicht? <strong>machen</strong> wir sie zur v<strong>er</strong>trauten uns<strong>er</strong><strong>er</strong><br />

liebe.<br />

sond<strong>er</strong>s. ich traue alten weib<strong>er</strong>n nie. (Nach d<strong>er</strong> Türe rechts<br />

horchend.) da hör’ ich jemand an d<strong>er</strong> türe!<br />

marie. am end’ gar d<strong>er</strong> neugi<strong>er</strong>ige christoph –<br />

sond<strong>er</strong>s. wir wollen einen augenblick uns hi<strong>er</strong> v<strong>er</strong>b<strong>er</strong>gen.<br />

(Nimmt marie bei d<strong>er</strong> Hand, und geht mit ihr von d<strong>er</strong> rechten<br />

Seite hint<strong>er</strong> den Schirm.)<br />

marie (indem august sie nach <strong>sich</strong> zieht). ach gott, das schickt<br />

<strong>sich</strong> nicht!<br />

(weinb<strong>er</strong>l, d<strong>er</strong> hint<strong>er</strong> dem Schirm steht, drückt <strong>sich</strong> soviel als<br />

möglich gegen die linke Seite, ohne <strong>sich</strong> zu getrauen, seinen<br />

V<strong>er</strong>steck zu v<strong>er</strong>lassen.)<br />

Achtzehnt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(g<strong>er</strong>trud; die Vorigen hint<strong>er</strong> dem Schirm.)<br />

g<strong>er</strong>trud (aus d<strong>er</strong> Seitentüre rechts kommend). was ist das? Kein<br />

licht da? ah, das wird d<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r ausg’löscht haben, wie <strong>er</strong><br />

fort is. ich muß schauen, daß ich dem mussi weinb<strong>er</strong>l heut’<br />

noch den befehl ausrichten kann, daß ’s g’wölb’ zug’sp<strong>er</strong>rt<br />

bleibt, bis morgen könnt’ ich v<strong>er</strong>gessen, da wär’s nachh<strong>er</strong><br />

wied<strong>er</strong> ein lärm! o, d<strong>er</strong> alte – das is ja ein – (geht zur Mitte<br />

ab.)<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. achtzehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 26


Neunzehnt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(weinb<strong>er</strong>l, sond<strong>er</strong>s, marie.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

sond<strong>er</strong>s (weinb<strong>er</strong>l h<strong>er</strong>vorziehend). da hat uns ein<strong>er</strong> belauscht,<br />

nur h<strong>er</strong>vor!<br />

marie (ebenfalls vorkommend, <strong>er</strong>schrickt, indem sie weinb<strong>er</strong>l<br />

d<strong>er</strong> Schützenuniform wegen für Zangl<strong>er</strong> hält). himmel, d<strong>er</strong><br />

vormund –!<br />

sond<strong>er</strong>s (betroffen). h<strong>er</strong>r Zangl<strong>er</strong> –<br />

marie (weinb<strong>er</strong>l zu Füßen fallend). lieb<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r onkelvormund,<br />

sein sie nicht bös’, ich kann nichts davor, ich<br />

weiß, daß es <strong>sich</strong> nicht schickt, ab<strong>er</strong> –<br />

sond<strong>er</strong>s. ich habe marien gegen ihren <strong>will</strong>en bis in die stube<br />

v<strong>er</strong>folgt, zürnen sie dah<strong>er</strong> mir doppelt und dreifach, wenn<br />

sie wollen, doch marien dürfen sie keine schuld zumessen.<br />

marie. nein, gar nichts zumessen! – v<strong>er</strong>zeihung, lieb<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r<br />

onkel und vormund! – sie schweigen? diese schau<strong>er</strong>liche<br />

stille v<strong>er</strong>kündet einen furchtbaren sturm –<br />

(weinb<strong>er</strong>l, welch<strong>er</strong> in größt<strong>er</strong> V<strong>er</strong>legenheit dagestanden, indem<br />

<strong>er</strong> jeden Augenblick fürchtet, trotz d<strong>er</strong> Dunkelheit von Marien<br />

<strong>er</strong>kannt zu w<strong>er</strong>den, weiß <strong>sich</strong> nicht and<strong>er</strong>s zu helfen, nimmt<br />

zu<strong>er</strong>st Mariens, dann Sond<strong>er</strong>s’ Hand und fügt ihre beiden Hände<br />

segnend ineinand<strong>er</strong>.)<br />

sond<strong>er</strong>s (aufs höchste <strong>er</strong>staunt und freudig üb<strong>er</strong>rascht). ist’s<br />

möglich –!? diese sinnesänd<strong>er</strong>ung –? sie segnen uns<strong>er</strong>n<br />

bund –?<br />

marie. ach, lieb<strong>er</strong>, göttlich<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r onkel und vormund!<br />

(weinb<strong>er</strong>l hebt die noch imm<strong>er</strong> kniende marie empor und legt<br />

sie in Sond<strong>er</strong>s’ Arm.)<br />

marie (zugleich). august!<br />

sond<strong>er</strong>s (zugleich). marie!<br />

(weinb<strong>er</strong>l benützt den Moment, während die Liebenden <strong>sich</strong><br />

in den Armen halten, und eilt leise und mit großen Schritten zur<br />

Mitteltüre hinaus.)<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. neunzehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 27


Zwanzigst<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Die Vorigen ohne weinb<strong>er</strong>l.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

sond<strong>er</strong>s. Jetzt bist du meine braut –<br />

marie (<strong>sich</strong> aus Sond<strong>er</strong>s’ Armen <strong>er</strong>hebend). wie soll ich ihnen<br />

danken, h<strong>er</strong>r onkel –<br />

sond<strong>er</strong>s (beinahe zugleich mit vorig<strong>er</strong> Rede). vortrefflich<strong>er</strong>,<br />

h<strong>er</strong>rlich<strong>er</strong> mann –! (Beide bem<strong>er</strong>ken mit Staunen, daß niemand<br />

mehr da ist.)<br />

marie. was is denn das?<br />

sond<strong>er</strong>s. <strong>er</strong> ist fort!<br />

marie. wo ist <strong>er</strong> denn hin?<br />

sond<strong>er</strong>s. ohne Zweifel auf sein Zimm<strong>er</strong>. d<strong>er</strong> gute mann <strong>will</strong><br />

das <strong>er</strong>ste entzücken beglückt<strong>er</strong> liebe nicht stören. marie,<br />

komm in meine arme!<br />

marie. von h<strong>er</strong>zen g<strong>er</strong>n, jetzt schickt es <strong>sich</strong> ja.<br />

sond<strong>er</strong>s (sie umarmend). liebes, teures mädchen!<br />

Einundzwanzigst<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Zangl<strong>er</strong>, spät<strong>er</strong> weinb<strong>er</strong>l und christoph<strong>er</strong>l; die Vorigen.)<br />

Zangl<strong>er</strong> (kommt mit Licht aus d<strong>er</strong> Seitentüre links). was<br />

gibt’s denn da –? ich glaub’ gar – (<strong>er</strong>grimmt.) himmelmordtausend-element<br />

–! h<strong>er</strong>r, sie unt<strong>er</strong>stehen <strong>sich</strong> –<br />

marie (wie aus den Wolken gefallen). ab<strong>er</strong>, lieb<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r onkel –<br />

sie haben ja selbst –<br />

Zangl<strong>er</strong>. entartetes mädel! (Sie zur Seitentüre links<br />

schleud<strong>er</strong>nd.) da hinein!<br />

sond<strong>er</strong>s. haben sie nicht <strong>er</strong>st in diesem augenblick –<br />

Zangl<strong>er</strong> (wütend). v<strong>er</strong>wegen<strong>er</strong> landstreich<strong>er</strong>! (Auf die<br />

Mitteltüre zeigend.) da hinaus!<br />

(weinb<strong>er</strong>l tritt, b<strong>er</strong>eits wied<strong>er</strong> umgekleidet, zur Mitte ein, und<br />

sieht, im Hint<strong>er</strong>grunde rechts stehend, dem Auftritte zu, ebenso<br />

christoph, welch<strong>er</strong> auf den Lärm neugi<strong>er</strong>ig aus d<strong>er</strong> Seitentüre<br />

links tritt; beide stehen so, daß sond<strong>er</strong>s ihnen das Ge<strong>sich</strong>t<br />

nicht zuwendet.)<br />

marie. das kann ihr <strong>er</strong>nst nicht sein?<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. Zwanzigst<strong>er</strong> auftritt — seite 28


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

Zangl<strong>er</strong> (imm<strong>er</strong> wütend<strong>er</strong>). hinein!<br />

sond<strong>er</strong>s. entwed<strong>er</strong> sie halten uns jetzt zum besten od<strong>er</strong> haben<br />

früh<strong>er</strong> –<br />

Zangl<strong>er</strong> (wie oben). hinaus!<br />

marie (weinend in die Seitentüre links gehend). d<strong>er</strong> vormund is<br />

v<strong>er</strong>hext! (Ab.)<br />

Zangl<strong>er</strong> (ihr nachrufend). hinein!!<br />

sond<strong>er</strong>s. sie sind v<strong>er</strong>rückt, h<strong>er</strong>r, ab<strong>er</strong> geduld, ich w<strong>er</strong>de –<br />

Zangl<strong>er</strong> (mit den Füßen stampfend). hinaus!<br />

sond<strong>er</strong>s. das ist zu arg! (Geht in groß<strong>er</strong> Aufregung zur Mitte ab.)<br />

Zangl<strong>er</strong> (indem <strong>er</strong> in die Seitentüre links abgeht). wart’,<br />

ung<strong>er</strong>atenes geschöpf, dich wird meine schwäg<strong>er</strong>in<br />

koramisi<strong>er</strong>en! (Ab.)<br />

weinb<strong>er</strong>l (vortretend). das is eine historie –!<br />

christoph<strong>er</strong>l (in ausgelassen<strong>er</strong> Freude springend). ich v<strong>er</strong>gönn<br />

ihr’s, warum heißt s’ mich imm<strong>er</strong> ein dalketen bub’n.<br />

weinb<strong>er</strong>l. mir scheint, ich fang’ schon an, v<strong>er</strong>flucht<strong>er</strong> K<strong>er</strong>l zu<br />

sein, das is d<strong>er</strong> vorgeschmack vom <strong>Jux</strong>!<br />

(Im Orchest<strong>er</strong> beginnt heit<strong>er</strong>e Musik. D<strong>er</strong> Vorhang fällt.)<br />

<strong>er</strong>st<strong>er</strong> aufzug. einundzwanzigst<strong>er</strong> auftritt — seite 29


Zweit<strong>er</strong> Aufzug<br />

(Straßendekoration, nur zwei Kulissen tief. D<strong>er</strong> Prospekt stellt<br />

die g<strong>er</strong>ade üb<strong>er</strong> die Bühne laufende Häus<strong>er</strong>reihe ein<strong>er</strong> Gasse<br />

vor ohne alles P<strong>er</strong>spektiv, an dem mitten im Prospekt <strong>sich</strong><br />

befindlichen Hause ist das Tor offen, so daß man weit<strong>er</strong> hinten eine<br />

praktikable Stiege sieht; in d<strong>er</strong> Einfahrt rechts ist eine Türe, die zur<br />

Hausmeist<strong>er</strong>wohnung führt. Üb<strong>er</strong> dem Haustore ist eine Tafel mit<br />

groß<strong>er</strong> Aufschrift: Anna Knorrs Modewaren-V<strong>er</strong>lag.)<br />

Erst<strong>er</strong> Auftritt<br />

(weinb<strong>er</strong>l, christoph<strong>er</strong>l. christoph<strong>er</strong>l in seinem<br />

Sonntagsanzuge von grauem Tuche mit rot<strong>er</strong> Krawatte und blauem<br />

Schal geschmacklos geputzt. weinb<strong>er</strong>l in blauem Frack, weißen<br />

Pantalon, ab<strong>er</strong> in geschmacklos<strong>er</strong> Gala, treten von links auf.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

christoph<strong>er</strong>l. das wär’n abentheu<strong>er</strong>? ich dank –<br />

weinb<strong>er</strong>l. Ja, lieb<strong>er</strong> Freund, ich kann ihnen die abenteu<strong>er</strong><br />

nicht h<strong>er</strong>zaub<strong>er</strong>n. glauben sie, mir is das ang’nehm, da<br />

h<strong>er</strong>umz’gehn wie a was<strong>er</strong>l, mir, dem obendrein noch jedes<br />

offne g’würzg’wölb’ einen heimlichen gewissensbiß<br />

macht?<br />

christoph<strong>er</strong>l. den ganzen vormittag is uns nix<br />

unt<strong>er</strong>’kommen, nix aufgestoßen.<br />

weinb<strong>er</strong>l. wir wollen die hoffnung nicht sinken lassen –<br />

vielleicht stoßt uns jetzt nachmittag was auf. arg wär’ das,<br />

wenn wir vi<strong>er</strong> stund’ weit h<strong>er</strong>fahreten, einen ganzen tag in<br />

d<strong>er</strong> residenz zubrächten, ohne einen <strong>Jux</strong> ’s geld v<strong>er</strong>juxt –<br />

christoph<strong>er</strong>l. das wär’ a <strong>Jux</strong>! vor allem and<strong>er</strong>n müssen wir<br />

doch wied<strong>er</strong> unt<strong>er</strong> die leut’ gehen, in dem öden gassel da<br />

w<strong>er</strong>’n wi<strong>er</strong> nix <strong>er</strong>leb’n.<br />

weinb<strong>er</strong>l. o Freund, in die öden gasseln <strong>er</strong>lebt man all<strong>er</strong>hand,<br />

das is ja grad’ das abenteu<strong>er</strong>liche. wie oft hab’ ich gelesen<br />

in die büch<strong>er</strong>: „<strong>er</strong> befand <strong>sich</strong>, ohne zu wissen wie, in<br />

einem engen, abgelegenen gäßchen, plötzlich gewahrt<br />

<strong>er</strong> an d<strong>er</strong> ecke einen mann in einen mantel, ihm war’s,<br />

als ob <strong>er</strong> ihm gewunken – an d<strong>er</strong> and<strong>er</strong>n ecke sieht <strong>er</strong><br />

auch einen mann, ihm deucht’, als hätt’ <strong>er</strong> ihm gewinkt,<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. <strong>er</strong>st<strong>er</strong> auftritt — seite 30


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

unentschlossen steht <strong>er</strong> da, <strong>er</strong> weiß nicht, soll <strong>er</strong> dem<br />

folgen, d<strong>er</strong> ihm gewinkt, od<strong>er</strong> dem, d<strong>er</strong> ihm gewunken – da<br />

öffnen <strong>sich</strong> plötzlich die Fenst<strong>er</strong> –“<br />

(A tempo öffnet philippine das Fenst<strong>er</strong> im Hause d<strong>er</strong> Madame<br />

Knorr im Prospekt.)<br />

weinb<strong>er</strong>l (ohne dies zu bem<strong>er</strong>ken, fährt fort). „und eine zarte<br />

weibliche hand –“<br />

(philippine hat eilig am Fenst<strong>er</strong> ein Glas mit Wass<strong>er</strong><br />

ausgespült, schüttet es, ohne h<strong>er</strong>abzusehen, auf die Straße und<br />

schlägt sogleich wied<strong>er</strong> das Fenst<strong>er</strong> zu.)<br />

weinb<strong>er</strong>l (den es beinahe getroffen, <strong>er</strong>schrocken zur Seite<br />

springend). na, sein s’ so gut –<br />

christoph<strong>er</strong>l. das ging’ mir grad noch ab –<br />

weinb<strong>er</strong>l. wann ich jetzt einen halben schritt weit<strong>er</strong> links<br />

g’standen wär’, so könnt’ ich sagen, daß ich in d<strong>er</strong> residenz<br />

üb<strong>er</strong>schüttet worden bin, mit was, das braucht kein mensch<br />

z’ wissen.<br />

christoph<strong>er</strong>l. was logi<strong>er</strong>t denn für ein völkel da drob’n?<br />

weinb<strong>er</strong>l (liest das Schild). „madame Knorrs modewarenv<strong>er</strong>lag“<br />

–<br />

christoph<strong>er</strong>l. das is eine schöne mod’, daß man d’leut<br />

anschütt’t.<br />

weinb<strong>er</strong>l (nach rechts in die Szene sehend). sieh, dort steht ein<br />

mann.<br />

christoph<strong>er</strong>l. winkt uns ab<strong>er</strong> nicht.<br />

weinb<strong>er</strong>l. <strong>er</strong> kommt näh<strong>er</strong> – <strong>er</strong> bleibt wied<strong>er</strong> stehn – das is<br />

ja –<br />

christoph<strong>er</strong>l. mein<strong>er</strong> seel’ –<br />

weinb<strong>er</strong>l. das is d<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r von brunning<strong>er</strong>.<br />

christoph<strong>er</strong>l. d<strong>er</strong> öft<strong>er</strong>s zu uns<strong>er</strong>m prinzipal kommt.<br />

weinb<strong>er</strong>l. d<strong>er</strong> kennet uns gleich –<br />

christoph<strong>er</strong>l. Fahr’n wir ab! –<br />

(Beide wollen links ab.)<br />

weinb<strong>er</strong>l. halt! (Bleibt wie vom Donn<strong>er</strong> g<strong>er</strong>ührt stehen.) das is<br />

blendw<strong>er</strong>k, das kann nicht sein! – (Zeigt <strong>er</strong>starrt in die Szene<br />

links.)<br />

christoph<strong>er</strong>l (<strong>er</strong>schrocken). d<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r Zangl<strong>er</strong>!<br />

weinb<strong>er</strong>l. d<strong>er</strong> prinzipal! –<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. <strong>er</strong>st<strong>er</strong> auftritt — seite 31


christoph<strong>er</strong>l. g’schwind da ins haus hinein –<br />

weinb<strong>er</strong>l. dem abenteu<strong>er</strong> weichen wir aus!<br />

(Beyde eilen in das offne Haustor mitten im Prospekt und<br />

bleiben unt<strong>er</strong> d<strong>er</strong> Einfahrt, <strong>sich</strong> links drückend, stehn.)<br />

christoph<strong>er</strong>l. <strong>er</strong> wird gleich vorbei sein.<br />

weinb<strong>er</strong>l. nur ruhig!<br />

Zweit<strong>er</strong> Auftritt<br />

(hausmeist<strong>er</strong>; die Vorigen.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

hausmeist<strong>er</strong> (aus d<strong>er</strong> Türe rechts unt<strong>er</strong> dem Tore wegtretend).<br />

was gibt’s da?<br />

christoph<strong>er</strong>l. nix, gar nix.<br />

weinb<strong>er</strong>l. wir wollen –<br />

christoph<strong>er</strong>l. nix, gar nix.<br />

hausmeist<strong>er</strong>. wied<strong>er</strong> passen auf d’weibsbild<strong>er</strong>? – weit<strong>er</strong> um a<br />

haus! –<br />

christoph<strong>er</strong>l. nit um a g’schloß! –<br />

weinb<strong>er</strong>l. wir müssen da hinauf –<br />

hausmeist<strong>er</strong>. Zu wem? –<br />

weinb<strong>er</strong>l (im Zweifel, was <strong>er</strong> sagen soll). Zu – zu, – na, was da<br />

draußt auf d<strong>er</strong> tafel steht. –<br />

christoph<strong>er</strong>l. madame Knorr, modewarenv<strong>er</strong>lagsnied<strong>er</strong>lagv<strong>er</strong>schleißhändl<strong>er</strong>in<br />

–<br />

hausmeist<strong>er</strong>. die logi<strong>er</strong>t im <strong>er</strong>sten stock und nit unt<strong>er</strong> d<strong>er</strong><br />

einfahrt.<br />

christoph<strong>er</strong>l. eben deßtwegen gehen wir ja hinauf.<br />

weinb<strong>er</strong>l (zum Hausmeist<strong>er</strong>). Ja, hab’n sie ’glaubt, daß wir nit<br />

hinaufgehn?<br />

hausmeist<strong>er</strong>. <strong>er</strong>sten stock, rechts die tür!<br />

weinb<strong>er</strong>l. dank’ ihnen. (Geht zög<strong>er</strong>nd die Stiege hinauf.)<br />

christoph<strong>er</strong>l. also gehn wir. (Indem <strong>er</strong> weinb<strong>er</strong>ln folgt.) wir<br />

können nit fehl’n, rechts die tür!<br />

(Man sieht beide die Stiege hinaufgehen.)<br />

hausmeist<strong>er</strong> (nach ein<strong>er</strong> kleinen Pause). denen geh’ ich nach, i<br />

muß sehn, ob s’ mi nit ang’logen hab’n. (Geht ebenfalls die<br />

Stiege hinauf.)<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. Zweit<strong>er</strong> auftritt — seite 32


Dritt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Zangl<strong>er</strong>, dann brunning<strong>er</strong>.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

Zangl<strong>er</strong> (von links kommend). das wär’ getan – das auch – zur<br />

schwäg<strong>er</strong>in hab’ ich hing’schickt, also – (geht in das Haus,<br />

wo christoph<strong>er</strong>l und weinb<strong>er</strong>l hineingegangen sind.)<br />

brunning<strong>er</strong> (eilig von rechts kommend). h<strong>er</strong>r von Zangl<strong>er</strong>! h<strong>er</strong>r<br />

von Zangl<strong>er</strong>!<br />

Zangl<strong>er</strong> (b<strong>er</strong>eits unt<strong>er</strong> dem Torweg, <strong>sich</strong> wied<strong>er</strong> umwendend). w<strong>er</strong><br />

ruft denn?<br />

brunning<strong>er</strong> (auf ihn zu eilend). so hab’ ich halt doch recht<br />

g’sehn! –<br />

Zangl<strong>er</strong>. h<strong>er</strong>r von brunning<strong>er</strong>! Freut mich. –<br />

brunning<strong>er</strong>. seit wann in d<strong>er</strong> stadt? Kommen wie g<strong>er</strong>ufen,<br />

müssen gleich jetzt mit mir zum advokaten, es is wegen d<strong>er</strong><br />

Krüglischen sache.<br />

Zangl<strong>er</strong>. Freund, das lassen wir bis spät<strong>er</strong> – jetzt muß ich –<br />

brunning<strong>er</strong>. nein Freund, ich lass’ ihnen nicht aus, die<br />

Krüglische sache –<br />

Zangl<strong>er</strong>. liegt mir bei weitem nicht so am h<strong>er</strong>zen als wie –<br />

brunning<strong>er</strong>. hat <strong>sich</strong> aufs vorteilhafteste gestaltet, wir<br />

kommen alle zwei zu uns<strong>er</strong>m geld. –<br />

Zangl<strong>er</strong>. ich weiß –<br />

brunning<strong>er</strong>. die Krüglische sache –<br />

Zangl<strong>er</strong>. muß jetzt, aufrichtig g’sagt, ein<strong>er</strong> h<strong>er</strong>zenssache<br />

nachstehn.<br />

brunning<strong>er</strong>. was?!<br />

Zangl<strong>er</strong>. ich heirat’!<br />

brunning<strong>er</strong>. wem? –<br />

Zangl<strong>er</strong>. noch weiß es kein mensch und doch steht’s mit<br />

großmächtigen buchstaben ang’schrieben auf d<strong>er</strong> gassen.<br />

brunning<strong>er</strong>. wo?<br />

Zangl<strong>er</strong> (auf die Tafel üb<strong>er</strong> dem Haustor deutend). da –<br />

„madame Knorr“ –<br />

brunning<strong>er</strong>. is das die <strong>er</strong>wählte? gratuli<strong>er</strong>’, ab<strong>er</strong> –<br />

Zangl<strong>er</strong> (eilig). ich muß jetzt zu ihr –<br />

brunning<strong>er</strong>. da v<strong>er</strong>gessen s’ mir ganz auf die Krüglische<br />

sache – nix da, ich lass’ ihnen nicht aus –<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. dritt<strong>er</strong> auftritt — seite 33


Zangl<strong>er</strong>. ab<strong>er</strong>, Freund –<br />

brunning<strong>er</strong>. in zehn minuten is es abgetan.<br />

Zangl<strong>er</strong>. ab<strong>er</strong> g’wiß nit läng<strong>er</strong>?<br />

brunning<strong>er</strong> (ihn unt<strong>er</strong> dem Arm nehmend). nein, sag’ ich,<br />

kommen s’ nur g’schwind!<br />

Zangl<strong>er</strong>. meinetwegen, ab<strong>er</strong> –<br />

brunning<strong>er</strong> (mit Zangl<strong>er</strong> abgehend). sie w<strong>er</strong>den <strong>sich</strong><br />

wund<strong>er</strong>n, Freund, ich sag’ ihnen, die Krüglische sache –<br />

Zangl<strong>er</strong>. läng<strong>er</strong> als zehn minuten kann ich nicht. (Beide ab.)<br />

V<strong>er</strong>wandlung<br />

(Zimm<strong>er</strong> bei Madame Knorr mit Mittel- und Seitentüren.)<br />

Vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> Auftritt<br />

(philippine, weinb<strong>er</strong>l, christoph<strong>er</strong>l.)<br />

philippine. wollen die h<strong>er</strong>ren da h<strong>er</strong>einspazi<strong>er</strong>en? ich w<strong>er</strong>d’s<br />

gleich d<strong>er</strong> madame sagen. (Geht in die Seitentüre links ab.)<br />

weinb<strong>er</strong>l. da wär’n wir. sehn sie, das sieht schon ein’<br />

abenteu<strong>er</strong> gleich.<br />

christoph<strong>er</strong>l. was sagen wir denn ab<strong>er</strong>, wenn die madame<br />

kommt?<br />

weinb<strong>er</strong>l. was uns einfallt!<br />

christoph<strong>er</strong>l. wenn uns ab<strong>er</strong> nix gscheit’s einfallt?<br />

weinb<strong>er</strong>l. so sagen wir was dumm’s. uns<strong>er</strong>e lag’ <strong>er</strong>ford<strong>er</strong>t<br />

mehr hardiesse als g’scheitheit.<br />

christoph<strong>er</strong>l. Freilich, ein g’scheit<strong>er</strong> mensch laßt <strong>sich</strong> auf so<br />

sachen gar nicht ein –<br />

weinb<strong>er</strong>l. sie kommt! –<br />

Fünft<strong>er</strong> Auftritt<br />

(madame Knorr, philippine; die Vorigen.)<br />

philippine (mit madame Knorr aus d<strong>er</strong> Seitentüre rechts<br />

kommend). das sind die h<strong>er</strong>ren! (Geht zur Mitte ab.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> auftritt — seite 34


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

(weinb<strong>er</strong>l und christoph<strong>er</strong>l <strong>machen</strong> madame Knorr<br />

stumme Komplimente.)<br />

christoph<strong>er</strong>l (zu weinb<strong>er</strong>l leise). wenn sie nit zum reden<br />

anfangen, ich fang’ nit an.<br />

weinb<strong>er</strong>l. nur geduld! –<br />

madame Knorr. was steht zu diensten, meine h<strong>er</strong>ren?<br />

weinb<strong>er</strong>l. hab’ ich die ehre, madame Knorr –?<br />

madame Knorr. o, ich bitte, die ehr’ ist mein<strong>er</strong>seits!<br />

christoph<strong>er</strong>l (beiseite). d<strong>er</strong> anfang ist sehr ehrenvoll.<br />

madame Knorr. wünschen die h<strong>er</strong>ren vielleicht in meinem<br />

warenlag<strong>er</strong> eine kleine auswahl zu treffen?<br />

christoph<strong>er</strong>l (leise zu weinb<strong>er</strong>l). sie, das tut’s nit, ’s könnt’<br />

uns ’s geld z’wenig w<strong>er</strong>’n.<br />

weinb<strong>er</strong>l. wir kommen eigentlich wenig<strong>er</strong>, um zu kaufen –<br />

christoph<strong>er</strong>l. noch eigentlich<strong>er</strong>, um gar nix zu kaufen.<br />

weinb<strong>er</strong>l. sond<strong>er</strong>n vielmehr, gekaufte sachen zu bezahlen.<br />

madame Knorr (sehr freundlich). o, ich bitte! –<br />

christoph<strong>er</strong>l. das heißt eigentlich nicht zu bezahlen –<br />

weinb<strong>er</strong>l. sond<strong>er</strong>n eigentlich nur, um uns üb<strong>er</strong> eine rechnung<br />

zu informi<strong>er</strong>en, wieviel sie betragt, und dies<strong>er</strong> tage dann zu<br />

bezahlen.<br />

madame Knorr. wie es gefällig ist, ab<strong>er</strong> was für eine<br />

rechnung meinen sie denn eigentlich?<br />

weinb<strong>er</strong>l. die rechnung von – (beiseite zu Christoph) sie wird<br />

doch eine Kundschaft haben, die schmidt heißt. (Laut.) die<br />

rechnung nämlich von d<strong>er</strong> Frau von schmidt –<br />

madame Knorr. das muß ein irrtum sein, ich habe keine<br />

Kundschaft, die Frau von schmidt heißt.<br />

weinb<strong>er</strong>l. Jetzt ist’s recht. (Laut.) ich habe mich nur<br />

v<strong>er</strong>sprochen; Frau von müll<strong>er</strong>, hab’ ich sagen wollen. –<br />

(Beiseite.) da wird s’ doch eine haben? –<br />

madame Knorr. v<strong>er</strong>zeihn sie, ich hab’ auch keine Frau von<br />

müll<strong>er</strong> zu bedienen.<br />

weinb<strong>er</strong>l (beiseite). da soll doch d<strong>er</strong> teufel –! (Laut.) ich bin<br />

ab<strong>er</strong> heut’ so z<strong>er</strong>streut, Frau von Fisch<strong>er</strong> heißt diejenige –<br />

madame Knorr. ah, Frau von Fisch<strong>er</strong>, ja, das ist was and<strong>er</strong>s,<br />

ja, die Frau von Fisch<strong>er</strong> meinen sie? –<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. Fünft<strong>er</strong> auftritt — seite 35


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

weinb<strong>er</strong>l (leise zu christoph<strong>er</strong>l). sehn s’, jetzt hab’ ich’s halt<br />

doch ’troffen.<br />

christoph<strong>er</strong>l (leise zu weinb<strong>er</strong>l). es is ab<strong>er</strong> unbegreiflich,<br />

wie man nicht gleich Frau von Fisch<strong>er</strong> sagen kann; das gibt<br />

doch die v<strong>er</strong>nunft.<br />

madame Knorr. ab<strong>er</strong> wie kommt das? Frau von Fisch<strong>er</strong> ist<br />

mehr meine Freundin als bloß Kundschaft –<br />

weinb<strong>er</strong>l. bitte, wenn die Freundin was kauft, is sie<br />

Kundschaft und muß zahlen; wenn das nicht wär’, so hätten<br />

ja die Kaufleut’ laut<strong>er</strong> Freund’ und gar keine Kundschaften.<br />

madame Knorr. ab<strong>er</strong> es pressi<strong>er</strong>t ja nicht, Frau von Fisch<strong>er</strong><br />

v<strong>er</strong>rechnet <strong>sich</strong> alle Jahr’ mit mir – und jetzt muß ich<br />

mir schon die Freiheit nehmen zu fragen, w<strong>er</strong> dieselben<br />

sind und wie sie dazu kommen, für die Frau von Fisch<strong>er</strong><br />

bezahlen zu wollen? –<br />

weinb<strong>er</strong>l. sie ist also ihre Freundinn? –<br />

madame Knorr. das glaub’ ich; noch wie ihr selig<strong>er</strong> mann<br />

gelebt hat, und gar jetzt die drei Jahr’, als sie witwe ist. –<br />

weinb<strong>er</strong>l (leise zu christoph<strong>er</strong>l). Jetzt geben sie acht, was<br />

ich d<strong>er</strong> sach’ für eine wendung geb’! – (Laut.) drei Jahr’<br />

war sie witwe, ganz recht, ab<strong>er</strong> seit drei täg’ ist sie’s nicht<br />

mehr.<br />

madame Knorr (<strong>er</strong>staunt). wieso?<br />

weinb<strong>er</strong>l. ich bin ihr gemahl!<br />

madame Knorr (aufs äuß<strong>er</strong>ste üb<strong>er</strong>rascht). was!? –<br />

christoph<strong>er</strong>l (für <strong>sich</strong>). ah, das is ein keck<strong>er</strong> ding.<br />

madame Knorr. wär’s möglich! vor drei tagen hat meine<br />

Freundin Fisch<strong>er</strong> geheirat’t!? –<br />

weinb<strong>er</strong>l. ich bin d<strong>er</strong> glückliche von drei täg’. (Leise zu<br />

christoph<strong>er</strong>l, triumphi<strong>er</strong>end.) sehn sie, das heißt halt<br />

geist.<br />

madame Knorr (hat etwas von diesen Worten gehört). w<strong>er</strong> heißt<br />

geist? –<br />

weinb<strong>er</strong>l. geist? – ich heiße geist. (Für <strong>sich</strong>.) ’s is all’s eins,<br />

ich kann heißen, wie ich <strong>will</strong>.<br />

madame Knorr. ich bin so üb<strong>er</strong>rascht h<strong>er</strong>r von geist –<br />

christoph<strong>er</strong>l (für <strong>sich</strong>). man sähet ihm’s nicht an.<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. Fünft<strong>er</strong> auftritt — seite 36


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

madame Knorr. und dies<strong>er</strong> junge h<strong>er</strong>r? (Auf christoph<strong>er</strong>l<br />

zeigend.)<br />

weinb<strong>er</strong>l. ein meinig<strong>er</strong> v<strong>er</strong>wandt<strong>er</strong>.<br />

madame Knorr. ab<strong>er</strong> warum hat man so eine wichtige sach’<br />

vor ein<strong>er</strong> intimen Freundin v<strong>er</strong>heimlicht? –<br />

weinb<strong>er</strong>l. sie sollen alls <strong>er</strong>fahren. ab<strong>er</strong> wollen sie jetzt nur<br />

wegen d<strong>er</strong> rechnung nachschau’n.<br />

madame Knorr. gleich, gleich! (Will Seitentüre rechts ab, zög<strong>er</strong>t<br />

ab<strong>er</strong>.)<br />

weinb<strong>er</strong>l (leise zu christoph<strong>er</strong>l). d<strong>er</strong>weil fahr’n wir ab! –<br />

christoph<strong>er</strong>l (leise zu weinb<strong>er</strong>l). recht, dem alten begegnen<br />

wir jetzt nicht mehr.<br />

madame Knorr. nein, ich kann mich noch gar nicht <strong>er</strong>holen<br />

von dem <strong>er</strong>staunen und d<strong>er</strong> Üb<strong>er</strong>raschung.<br />

Sechst<strong>er</strong> Auftritt<br />

(philippine; Vorige.)<br />

philippine (zur Mitte eintretend). madame, die Frau von Fisch<strong>er</strong><br />

is da, sie <strong>will</strong> ab<strong>er</strong> nicht h<strong>er</strong>ein, weil h<strong>er</strong>ren da sind.<br />

christoph<strong>er</strong>l (für <strong>sich</strong>). Jetzt geht’s z’samm’!<br />

weinb<strong>er</strong>l (ganz v<strong>er</strong>blüfft). w<strong>er</strong> is da –?<br />

madame Knorr. ihre liebe Frau, (Zu philippine.) sie soll nur<br />

h<strong>er</strong>einkommen, es is ja ihr gemahl –<br />

weinb<strong>er</strong>l (v<strong>er</strong>legen). nein, sagen sie ihr –<br />

madame Knorr. Zu was diese sachen? (Zu philippine.) sie soll<br />

kommen, ihr gemahl, ihr lieb<strong>er</strong> geist is da.<br />

(philippine geht zur Mitte ab.)<br />

weinb<strong>er</strong>l (in groß<strong>er</strong> V<strong>er</strong>legenheit, für <strong>sich</strong>). ich wollt’, ich wär’<br />

ein geist, daß ich v<strong>er</strong>schwinden könnt’.<br />

madame Knorr. ich begreif’ nicht – wozu diese<br />

Zurückhaltung, dieses geheimnisvolle wesen –?<br />

weinb<strong>er</strong>l. meine Frau , die hat das, sie w<strong>er</strong>den sehn, sie wird<br />

jetzt noch tun, als ob ich ihr ein fremd<strong>er</strong> mensch wär’.<br />

christoph<strong>er</strong>l (für <strong>sich</strong>). Ja sie wird so d<strong>er</strong>gleichen tun.<br />

madame Knorr. am end’ is sie obstinat und bleibt draußten.<br />

christoph<strong>er</strong>l (für <strong>sich</strong>). das wär’ a glück! –<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. sechst<strong>er</strong> auftritt — seite 37


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

madame Knorr. da muß ich gleich – wär’ nicht übel –! (Geht<br />

zur Mitteltüre.)<br />

weinb<strong>er</strong>l (zu christoph<strong>er</strong>l). ich bin sehr gespannt auf meine<br />

Frau.<br />

madame Knorr. (Frau von Fisch<strong>er</strong> unt<strong>er</strong> d<strong>er</strong> Türe<br />

empfangend). nur h<strong>er</strong> da, komm’ in meine offenen arme, du<br />

v<strong>er</strong>schlossene!<br />

Siebent<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Frau von Fisch<strong>er</strong> tritt befremdet zur Mitte ein; die Vorigen.)<br />

philippine (zu Frau von Fisch<strong>er</strong>). Jetzt sehn sie, daß ich kein’<br />

spaß hab’ g’macht.<br />

madame Knorr. nein, es is <strong>er</strong>nst, da steht <strong>er</strong>, dein gemahl, d<strong>er</strong><br />

h<strong>er</strong>r von geist –<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. mein gemahl –? und <strong>er</strong> hat dir selbst<br />

gesagt –?<br />

madame Knorr. daß du seit drei tagen die seinige bist – jetzt<br />

nutzt keine v<strong>er</strong>stellung mehr. – (Zu philippine.) philippine,<br />

lassen sie g’schwind Kaffee <strong>machen</strong> und dann soll – (gibt<br />

ihr leise mehr<strong>er</strong>e Aufträge.)<br />

(Frau von Fisch<strong>er</strong> betrachtet weinb<strong>er</strong>l scharf. weinb<strong>er</strong>l<br />

zieht <strong>sich</strong> v<strong>er</strong>legen imm<strong>er</strong> mehr links zur Seite.)<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong> (nach ein<strong>er</strong> Pause vortretend, für <strong>sich</strong>). das<br />

ist entwed<strong>er</strong> eine exzentrische art, den anbet<strong>er</strong> <strong>machen</strong><br />

zu wollen, od<strong>er</strong> d<strong>er</strong> mensch <strong>er</strong>laubt <strong>sich</strong> einen sch<strong>er</strong>z mit<br />

mir; im <strong>er</strong>sten Fall v<strong>er</strong>dient die sache näh<strong>er</strong>e <strong>er</strong>wägung,<br />

im zweiten Fall v<strong>er</strong>dient die Keckheit strafe; in jedem<br />

Fall ab<strong>er</strong> muß ich ins klare kommen, und das kann ich am<br />

besten, wenn ich in seine idee einzugehen scheine, vor<br />

mein<strong>er</strong> Freundin seine Frau spiele und gelegenheit abwarte,<br />

ihn in die enge zu treiben.<br />

philippine (zu madame Knorr). schon recht, madame! (Geht<br />

zur Mitte ab.)<br />

madame Knorr (zu Frau von Fisch<strong>er</strong>). und jetzt zu dir, du<br />

garstige Freundin –<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. siebent<strong>er</strong> auftritt — seite 38


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

weinb<strong>er</strong>l (leise zu christoph<strong>er</strong>l). die garstige Freundin ist<br />

eigentlich sehr saub<strong>er</strong>.<br />

christoph<strong>er</strong>l (leise zu weinb<strong>er</strong>l). was nützt das, wir kommen<br />

doch in eine wilde g’schicht’. –<br />

madame Knorr (zu Frau von Fisch<strong>er</strong>). wie hast du das<br />

üb<strong>er</strong>s h<strong>er</strong>z bringen können, zu heiraten, ohne daß ich was<br />

weiß? –<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. es war ein grund – den dir mein lieb<strong>er</strong><br />

mann sagen wird.<br />

weinb<strong>er</strong>l (v<strong>er</strong>blüfft für <strong>sich</strong>). sie sagt „lieb<strong>er</strong> mann“ – sie tut<br />

richtig so –<br />

madame Knorr. nun, h<strong>er</strong>r von geist?<br />

weinb<strong>er</strong>l (v<strong>er</strong>legen). o, den grund, den kann ihnen meine<br />

liebe Frau eben so gut sagen.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. nein, lieb<strong>er</strong> mann, sag’ du es nur.<br />

weinb<strong>er</strong>l (wie oben). ah, geh, liebe Frau, sag du’s!<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. es war eine laune von meinem lieben<br />

mann –<br />

weinb<strong>er</strong>l (<strong>sich</strong> mehr und mehr fassend). und zugleich auch eine<br />

laune von mein<strong>er</strong> lieben Frau –<br />

madame Knorr. es is ab<strong>er</strong> un<strong>er</strong>klärbar –<br />

weinb<strong>er</strong>l. daß zwei leut’ wir wir bei laune sind, das is gar<br />

nicht un<strong>er</strong>klärbar.<br />

madame Knorr. die bekanntschaft muß ab<strong>er</strong> doch schon viel<br />

läng<strong>er</strong> –<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. ach, das nicht, wir kennen uns <strong>er</strong>st sehr<br />

kurze Zeit.<br />

weinb<strong>er</strong>l. unglaublich kurz. die g’schicht’ war so üb<strong>er</strong> hals<br />

und Kopf.<br />

christoph<strong>er</strong>l (leise zu weinb<strong>er</strong>l). Jawohl is s’ uns üb<strong>er</strong>’n hals<br />

kommen, den Kopf ab<strong>er</strong> heißt’s jetzt aus d<strong>er</strong> schlinge ziehn.<br />

madame Knorr. da kann man sehen, die ehen w<strong>er</strong>den im<br />

himmel geschlossen.<br />

weinb<strong>er</strong>l. richtig bem<strong>er</strong>kt, im himmel w<strong>er</strong>den s’ g’schlossen,<br />

drum <strong>er</strong>ford<strong>er</strong>t dies<strong>er</strong> stand auch meistens eine üb<strong>er</strong>irdische<br />

geduld.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. sehr unrichtig bem<strong>er</strong>kt, denn du hast dich<br />

hoffentlich nicht üb<strong>er</strong> mich zu beklagen.<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. siebent<strong>er</strong> auftritt — seite 39


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

weinb<strong>er</strong>l. o nein! –<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. hab’ ich dir schon ein einziges mal<br />

wid<strong>er</strong>sprochen?<br />

weinb<strong>er</strong>l. nein, das is wahr.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong> (mit Beziehung). suche ich nicht in deine<br />

ideen einzugehen – selbst wenn ich keinen stichhaltigen<br />

grund h<strong>er</strong>ausfinde?<br />

weinb<strong>er</strong>l. das ist auch wahr! –<br />

christoph<strong>er</strong>l (leise zu weinb<strong>er</strong>l). das is a feine Kundschaft,<br />

fahrn wir ab!<br />

weinb<strong>er</strong>l (zu Frau von Fisch<strong>er</strong>). weil du mir nie<br />

wid<strong>er</strong>sprichst, so wirst du auch nix dagegen haben,<br />

wenn ich dich jetzt bei dein<strong>er</strong> Freundin lass’ und meinen<br />

geschäften nachgehe.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. o, da würd’ ich sehr viel dagegen haben.<br />

du hast für heute kein geschäft mehr, als für uns<strong>er</strong><br />

v<strong>er</strong>gnügen zu sorgen, zum <strong>er</strong>sten male muß es jetzt nach<br />

meinem <strong>will</strong>en gehen.<br />

weinb<strong>er</strong>l. ab<strong>er</strong> ich muß –<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong> (imponi<strong>er</strong>end). Für diesmal unbedingt den<br />

befehlen d<strong>er</strong> Frau gehorchen!<br />

weinb<strong>er</strong>l (v<strong>er</strong>blüfft). Ja, ja, gehorchen, sag’ nur, was du<br />

eigentlich schaffst?<br />

christoph<strong>er</strong>l (leise zu weinb<strong>er</strong>l). ab<strong>er</strong> was treiben s’ denn?<br />

weinb<strong>er</strong>l (leise zu christoph<strong>er</strong>l). ich trau’ mich nicht zu<br />

wid<strong>er</strong>sprechen.<br />

christoph<strong>er</strong>l (wie zuvor). Zwei minuten stellen s’ jetzt ein’<br />

eh’mann vor und sind schon siemandl, sie haben eine<br />

großartige anlag’.<br />

madame Knorr (welche leise mit Frau von Fisch<strong>er</strong> gesprochen).<br />

scharmant, dort fahren wir hin, d<strong>er</strong> garten is prächtig, die<br />

bedienung ist einzig –<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. mein mann soll uns dort trakti<strong>er</strong>en.<br />

madame Knorr. da hinaus eine partie zu <strong>machen</strong>, das ist eine<br />

idee von dir, die wirklich ein Kuß v<strong>er</strong>dient, den dir dein<br />

mann auch allsogleich –<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. siebent<strong>er</strong> auftritt — seite 40


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

weinb<strong>er</strong>l (zu madame Knorr). glauben sie? Ja, ich bin d<strong>er</strong><br />

mann, d<strong>er</strong> niemandem sein v<strong>er</strong>dienst abstreiten <strong>will</strong>. wenn<br />

sie also d<strong>er</strong> meinung sind, daß sie ein’ Kuß v<strong>er</strong>dient –<br />

madame Knorr. ohne weit<strong>er</strong>es. (Zu Frau von Fisch<strong>er</strong>.) nur<br />

keine umständ’ g’macht vor ein<strong>er</strong> Freundin!<br />

weinb<strong>er</strong>l. so geh, gemahlin! (Küßt Frau von Fisch<strong>er</strong>, welche<br />

v<strong>er</strong>legen zög<strong>er</strong>t.)<br />

madame Knorr. so seh’ ich’s g<strong>er</strong>n von junge ehleut’.<br />

weinb<strong>er</strong>l (für <strong>sich</strong>). das is ein gött<strong>er</strong>weib. (Zu Frau von<br />

Fisch<strong>er</strong>.) gemahlin, wenn du recht bald wied<strong>er</strong> eine idee<br />

hast, die einen Kuß v<strong>er</strong>dient, so gib ich dir gleich ein paar à<br />

conto auf deine nächsten ideen.<br />

madame Knorr. ein schal<strong>er</strong>l Kaffee müssen wir ab<strong>er</strong> noch<br />

trinken, eh’ wir ausfahren. d<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r cousin kann gleich um<br />

ein’ wagen gehen und sie (zu Weinb<strong>er</strong>l) spazi<strong>er</strong>en indessen<br />

(nach rechts zeigend) in mein Zimm<strong>er</strong> hinein, ich muß ihr<strong>er</strong><br />

Frau im ateli<strong>er</strong> draußen eine neue Form von haub<strong>er</strong>ln<br />

zeig’n, von haub<strong>er</strong>ln –! wir w<strong>er</strong>den ihnen nicht zu lang<br />

warten lassen, sie v<strong>er</strong>liebt<strong>er</strong> gemahl, sie. (Geht mit Frau<br />

von Fisch<strong>er</strong> und christoph<strong>er</strong>l durch die Mitte ab.)<br />

Acht<strong>er</strong> Auftritt<br />

(weinb<strong>er</strong>l.)<br />

weinb<strong>er</strong>l. ich muß sagen, ich und die meinige, wir leben<br />

sehr gut miteinand’. es renti<strong>er</strong>t <strong>sich</strong> kurios, wenn man a<br />

v<strong>er</strong>flucht<strong>er</strong> K<strong>er</strong>l is. – den wagen wird wohl die madame<br />

Knorr zahlen – ah, freilich, sie hat ja drum g’schickt.<br />

Übrigens, daß ich jetzt da so aus dem stegreif einen<br />

gemahl vorstell’, das is a v<strong>er</strong>ruckte idee! – macht nix, ich<br />

bin ja nicht d<strong>er</strong> einzige, es gibt mehr leut’, die v<strong>er</strong>ruckte<br />

ideen haben.<br />

Lied<br />

1.<br />

a mann führt sein’ Frau ’s ganze Jahr nirgends hin,<br />

unt<strong>er</strong>halt’t <strong>sich</strong> auf andre art, ganz nach sein’m sinn,<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. acht<strong>er</strong> auftritt — seite 41


2.<br />

3.<br />

4.<br />

prätendi<strong>er</strong>t ab<strong>er</strong>, wenn <strong>er</strong> geht, soll s’ freundlich sein,<br />

weil s’ ihm sonst den humor v<strong>er</strong>dirbt in vorhinein –<br />

wenn <strong>er</strong> heimkommt, soll s’ lächeln, recht heit<strong>er</strong> und mild,<br />

<strong>er</strong> wird Flegel, sobald sie <strong>sich</strong> unglücklich fühlt,<br />

sie soll höchst zufrieden sein in dies<strong>er</strong> eh’ –<br />

das is a v<strong>er</strong>ruckte idee!<br />

ein’ eitle mama hat a tocht<strong>er</strong> wie a p<strong>er</strong>l’,<br />

d<strong>er</strong> tocht<strong>er</strong> ihr amant is a pfiffig<strong>er</strong> K<strong>er</strong>l.<br />

so wie ’n haushund d<strong>er</strong> dieb mit savlati besticht,<br />

w<strong>er</strong>’n von ihm an d’mama a paar Flatusen g<strong>er</strong>icht’t, –<br />

und d’alte is selig, die aug’n tun ihr funkeln,<br />

„ach gott,“ denkt s’, „ich tu’ meine tocht<strong>er</strong> v<strong>er</strong>dunkeln,<br />

Für mich tut sein h<strong>er</strong>z nur schlagen unt<strong>er</strong>m gilet“:<br />

das is a v<strong>er</strong>ruckte idee!<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

„den h<strong>er</strong>rn seh’ ich täglich zu ihr<strong>er</strong> Frau gehn!“ –<br />

„Ja wissen s’, das macht nix, es is ihr cousin.“ –<br />

„in d<strong>er</strong> dämm<strong>er</strong>ung, da sieht man s’ oft beieinand stehn!“ –<br />

„was schad’t denn die dämm<strong>er</strong>ung, ’s is ja ihr cousin!“ –<br />

„sie tut ihm die hand drucken und tut ihm schön.“ –<br />

„warum soll s’ ihn nit drucken, ’s is ja ihr cousin!<br />

wär’ <strong>er</strong> nit ihr cousin, ließ’ ich ihr’n g’wiß nit in d’näh’“:<br />

das is a v<strong>er</strong>ruckte idee!<br />

’s is jetzt fast auszeichnung, wenn man sagen kann dahi<strong>er</strong>:<br />

„mein sohn is zwölf Jahr’ und spielt gar nicht Klavi<strong>er</strong>!“<br />

w<strong>er</strong> nicht f<strong>er</strong>m doktor-Faust-stückeln jetzt <strong>machen</strong> kann,<br />

sond<strong>er</strong>n nur virtuos is, den hört man kaum an,<br />

und doch liest man „Klavi<strong>er</strong>konz<strong>er</strong>t“ fast alle tag’<br />

an allen ecken, ab<strong>er</strong> im preis geben s’ dem liszt nit viel<br />

nach,<br />

drei gulden münz’ für ein’n sp<strong>er</strong>rsitz, zwei gulden<br />

entree:<br />

das is a v<strong>er</strong>ruckte idee!<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. acht<strong>er</strong> auftritt — seite 42


5.<br />

’s hat ein<strong>er</strong> ein’n kleinen gehalt, kommt nicht draus,<br />

v<strong>er</strong>liebt <strong>sich</strong> romantisch und rechnet <strong>sich</strong>’s aus:<br />

als so ledig<strong>er</strong> kommt mich ’s Kaffeehaus hoch,<br />

da kommt mich ja d’Frau etwas billig<strong>er</strong> noch!<br />

dann ’s Kind<strong>er</strong><strong>er</strong>nähren, meint <strong>er</strong>, wird <strong>sich</strong> schon finden.<br />

das rechnungs-exempel is schön g’fehlt vorn und hinten,<br />

a Familie und sechshund<strong>er</strong>t gulden w. w.:<br />

das is a v<strong>er</strong>ruckte idee!<br />

(In die Seitentüre rechts ab.)<br />

V<strong>er</strong>wandlung<br />

(Elegant<strong>er</strong> Gartensalon in einem Gasthausetablissement auß<strong>er</strong> d<strong>er</strong><br />

Stadt. Im Prospekt ist ein großes Fenst<strong>er</strong>, links eine große Glastüre,<br />

beide nehmen beinahe den ganzen Prospekt ein, so daß man durch<br />

selbe die Aus<strong>sich</strong>t in den Garten hat, wo man an mehr<strong>er</strong>en Tischen<br />

gäste sitzen sieht. Von außen, ganz nahe an dem Fenst<strong>er</strong> im<br />

Prospekte, sieht man einen geschlossenen Wagen stehen, dessen<br />

Pf<strong>er</strong>de in d<strong>er</strong> Kulisse angenommen w<strong>er</strong>den. Im Gartensalon rechts<br />

und links Tisch und Stühle, links ein Fenst<strong>er</strong>.)<br />

Neunt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Zangl<strong>er</strong>, melchior.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

Zangl<strong>er</strong> (<strong>er</strong>zürnt in den Salon mit melchior eintretend). das<br />

also hi<strong>er</strong> is d<strong>er</strong> ort? –<br />

melchior. wenn eu<strong>er</strong> gnaden recht v<strong>er</strong>standen hab’n, was d<strong>er</strong><br />

h<strong>er</strong>r dem Kutsch<strong>er</strong> zug’ruft hat –<br />

Zangl<strong>er</strong>. ob ich’n v<strong>er</strong>standen hab’! es war grad in dem<br />

moment, wie <strong>er</strong> ’s wagentürl zug’schlagen hat, ich schrei’:<br />

„halt!“ –<br />

melchior. ab<strong>er</strong> man war nicht so dumm, ihnen zu gehorchen.<br />

Zangl<strong>er</strong>. ich stürz’ in mein gasthaus –<br />

melchior. ich stürz’ ihnen entgegen, und nach kurz<strong>er</strong><br />

<strong>er</strong>klärung stürzen wir all’ zwei fort, stürzen in ein wagen,<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. neunt<strong>er</strong> auftritt — seite 43


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

und wenn d<strong>er</strong> wagen auch g’stürzt wär’, wären wir noch<br />

nicht da. Jetzt denken eu<strong>er</strong> gnaden, wenn sie mich nicht<br />

hätten – –<br />

Zangl<strong>er</strong>. so wär’ ein and<strong>er</strong><strong>er</strong> mit mir h<strong>er</strong>aus.<br />

melchior. es ist ein wahres glück, daß eu<strong>er</strong> gnaden mich<br />

haben.<br />

Zangl<strong>er</strong>. das Frauenzimm<strong>er</strong> war offenbar sie.<br />

melchior. und d<strong>er</strong> mann war offenbar <strong>er</strong>.<br />

Zangl<strong>er</strong>. durchgehen!<br />

melchior. das is klassisch!<br />

Zangl<strong>er</strong>. schändlich is es, ab<strong>er</strong> ich <strong>will</strong> ihr zeigen –<br />

melchior. wenn eine mündel so den mündelgehorsam<br />

v<strong>er</strong>letzt, wenn eine nichte so die nichtigen pflichten<br />

v<strong>er</strong>gißt, da muß man –<br />

Zangl<strong>er</strong>. da muß man nicht viel reden, sond<strong>er</strong>n schau’n, daß<br />

man sie kriegt.<br />

melchior. nur kein aufsehen! es is ein wahres glück, daß<br />

eu<strong>er</strong> gnaden mich haben.<br />

Zangl<strong>er</strong>. meine mündel <strong>will</strong> ich haben, tölpel!<br />

melchior. gut, ab<strong>er</strong> was täten eu<strong>er</strong> gnaden, wenn sie mich<br />

nicht hätten?<br />

Zangl<strong>er</strong>. einen g’scheit<strong>er</strong>en tät’ ich schicken, daß <strong>er</strong><br />

augenblicklich jeden saal, jedes salettel, jeden salon, jede<br />

salat<strong>er</strong>ie durchsucht und mir die Üb<strong>er</strong>zeugung bringt, daß<br />

sie da sind.<br />

melchior. ab<strong>er</strong> nur kein aufsehen! wir müssen zu<strong>er</strong>st –<br />

Zangl<strong>er</strong> (den Wagen vor dem Salonfenst<strong>er</strong> <strong>er</strong>blickend). ha, das is<br />

d<strong>er</strong> wagen – jetzt habn wir s’, sie sind da!<br />

melchior. das is klassisch! ’s ist ein wahres glück, daß eu<strong>er</strong><br />

gnaden mich haben.<br />

Zangl<strong>er</strong> (ruft). he, Kutsch<strong>er</strong>! he! (Will ab.)<br />

melchior (ihn zurückhaltend). schreien sie nit so – bleib’n sie!<br />

Zangl<strong>er</strong>. lass’ <strong>er</strong> mich od<strong>er</strong> ich schlag’ mein spanisches rohr<br />

an ihm ab!<br />

melchior. v<strong>er</strong>meiden sie das aufsehen! sie entkommen uns<br />

ja nicht. die pf<strong>er</strong>d’ nehmen hi<strong>er</strong> <strong>er</strong>frischungen zu <strong>sich</strong>, das<br />

dau<strong>er</strong>t a weil’.<br />

Zangl<strong>er</strong> (ruft noch laut<strong>er</strong>). he, Kutsch<strong>er</strong>! he!<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. neunt<strong>er</strong> auftritt — seite 44


Kutsch<strong>er</strong> (von außen). was schaffen s’?<br />

melchior. na sehn s’, <strong>er</strong> kommt schon, es is ein wahres<br />

glück, daß eu<strong>er</strong> gnaden mich –<br />

Zangl<strong>er</strong> (grimmig). halt’ <strong>er</strong> ’s maul od<strong>er</strong> –<br />

melchior. Kein aufsehen!<br />

Zehnt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Kutsch<strong>er</strong>; die Vorigen.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

Kutsch<strong>er</strong> (tritt ein). eu<strong>er</strong> gnad’n!<br />

Zangl<strong>er</strong>. geh’ <strong>er</strong> h<strong>er</strong>!<br />

Kutsch<strong>er</strong>. ich hab’ schon a Fuhr.<br />

Zangl<strong>er</strong>. eben deine Fuhr <strong>will</strong> ich –<br />

Kutsch<strong>er</strong>. sein denn eu<strong>er</strong> gnaden a Kutsch<strong>er</strong>?<br />

Zangl<strong>er</strong>. <strong>er</strong> v<strong>er</strong>steht mich nicht –<br />

melchior (zu Zangl<strong>er</strong>). so reden s’ ordentlich mit ihm; ich<br />

seh’ schon, da hab’n eu<strong>er</strong> gnaden kein’ begriff –<br />

Zangl<strong>er</strong>. du hast einen h<strong>er</strong>rn und ein Frauenzimm<strong>er</strong> geführt?<br />

Kutsch<strong>er</strong>. Ja, die sitzen im garten.<br />

Zangl<strong>er</strong>. und weißt du, in welch<strong>er</strong> ab<strong>sich</strong>t dies<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r und<br />

dieses –<br />

Kutsch<strong>er</strong>. was geht denn das mich an!<br />

melchior. wenn a Kutsch<strong>er</strong> in das eingehen wollt’! ah, da<br />

hab’n eu<strong>er</strong> gnaden kein’ begriff –<br />

Zangl<strong>er</strong> (zum Kutsch<strong>er</strong>). weißt du, helf<strong>er</strong>shelf<strong>er</strong>, daß du<br />

kriminalisch bist?<br />

Kutsch<strong>er</strong>. lassen s’ ihnen nit auslachen!<br />

melchior (zu Zangl<strong>er</strong>). sehn s’, jetzt lacht <strong>er</strong> ihnen aus, eu<strong>er</strong><br />

gnadn hab’n keinen begriff –<br />

Zangl<strong>er</strong> (zum Kutsch<strong>er</strong>). hi<strong>er</strong> hat <strong>er</strong> zehn gulden.<br />

melchior. d<strong>er</strong> Kutsch<strong>er</strong> wird jetzt gleich ein’ begriff krieg’n.<br />

Kutsch<strong>er</strong>. eu<strong>er</strong> exzellenz!<br />

Zangl<strong>er</strong> (zum Kutsch<strong>er</strong>). <strong>er</strong> führt diese zwei leut’, wenn sie<br />

wied<strong>er</strong> einsteigen, nicht wohin sie wollen, sond<strong>er</strong>n wohin<br />

ich ihm sagen w<strong>er</strong>de.<br />

Kutsch<strong>er</strong>. wenn s’ mich ab<strong>er</strong> nachh<strong>er</strong> v<strong>er</strong>klag’n?<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. Zehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 45


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

Zangl<strong>er</strong> (ihm einen Zettel gebend). da is die adress’ von mein<strong>er</strong><br />

schwäg<strong>er</strong>in, da führst du hin, und um dir zu zeigen, daß die<br />

sache im wege rechtens vor <strong>sich</strong> geht, geh’ ich jetzt zum<br />

wacht<strong>er</strong>, d<strong>er</strong> muß hint’ aufstehen und gewalt brauchen,<br />

wenn sie nicht gut<strong>will</strong>ig in das haus wollen, wo ich sie<br />

hinbringen lass’. dem wacht<strong>er</strong> w<strong>er</strong>d’ ich schon <strong>er</strong>klären –<br />

melchior (mit Beziehung auf das Trinkgeld). o, d<strong>er</strong> wacht<strong>er</strong><br />

begreift ebenso wie d<strong>er</strong> Kutsch<strong>er</strong>.<br />

Zangl<strong>er</strong> (zum Kutsch<strong>er</strong>). bleib’ <strong>er</strong> jetzt beim wagen. <strong>er</strong> muß<br />

jeden augenblick in b<strong>er</strong>eitschaft sein.<br />

Kutsch<strong>er</strong>. eu<strong>er</strong> gnaden können <strong>sich</strong> v<strong>er</strong>lassen. (Ab.)<br />

Zangl<strong>er</strong> (grimmig). ich fahre dann nach, und hab’ ich den<br />

kecken burschen im haus mein<strong>er</strong> schwäg<strong>er</strong>in, dann lass’<br />

ich ihn durch einen h<strong>er</strong>rn Kommissarius ohne aufsehen –<br />

melchior. das is ja das, was ich imm<strong>er</strong> sag’, ohne aufsehen!<br />

sehn eu<strong>er</strong> gnaden jetzt ein, was das für ein glück is, daß<br />

sie mich haben?<br />

Zangl<strong>er</strong> (wie zuvor). un<strong>er</strong>träglich<strong>er</strong> K<strong>er</strong>l, ich z<strong>er</strong>reiß’ ihn!<br />

melchior. gehn s’, sie <strong>machen</strong> schon wied<strong>er</strong> ein aufsehn.<br />

Zangl<strong>er</strong>. schad’, daß ich mich ärg<strong>er</strong>’, denn <strong>er</strong> is so dumm,<br />

so –<br />

melchior. da haben sie gar keinen begriff, wenn sie sagen –<br />

Zangl<strong>er</strong>. daß <strong>er</strong> ein stockfisch ist, den ich zum teufel jag’,<br />

wie wir nach haus kommen, das sag’ ich. (Geht wütend ab.)<br />

Elft<strong>er</strong> Auftritt<br />

(melchior, dann sond<strong>er</strong>s und marie.)<br />

melchior (allein). d<strong>er</strong> wird es nie einsehn, mit dem mann<br />

plag’ ich mich umsonst. <strong>er</strong> halt’t mich partout für einen<br />

stockfisch, und man glaubt gar nicht, was das is, wenn man<br />

einmahl auf ein’ menschen einen v<strong>er</strong>dacht hat. – ich könnt’<br />

mich ab<strong>er</strong> doch durch was in respekt setzen bei ihm: wenn<br />

ich die liebenden, die ich in meinem leben nicht g’sehen<br />

hab’, entdecket, ihre gespräche und pläne belauschet, und<br />

so – da kommen zwei – !(In den Garten hinaussehend.) <strong>er</strong><br />

red’t in sie hinein, sie seufzt aus <strong>sich</strong> selbst h<strong>er</strong>aus – das<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. elft<strong>er</strong> auftritt — seite 46


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

sind liebende, jetzt fragt’s <strong>sich</strong> nur ob es die unsrigen sind,<br />

ob’s die sind, die wir suchen? (Zieht <strong>sich</strong> rechts gegen das<br />

Fenst<strong>er</strong> zurück.)<br />

sond<strong>er</strong>s (mit marie zur Glastüre eintretend). sei doch nicht so<br />

ängstlich, liebe marie!<br />

marie (trägt einen Burnus und Hut mit Schlei<strong>er</strong>). ach gott, die<br />

vielen leut’ –<br />

sond<strong>er</strong>s. Kennen uns nicht, wir sind hi<strong>er</strong> beide fremd –<br />

marie. ich glaub’, jed<strong>er</strong> mensch sieht mir’s im g’<strong>sich</strong>t an –<br />

melchior (für <strong>sich</strong>). das is klassisch.<br />

marie. und bei jedem schritt glaub’ ich, d<strong>er</strong> vormund steht vor<br />

mir.<br />

melchior (für <strong>sich</strong>). sie hat einen vormund, die sind’s schon!<br />

sond<strong>er</strong>s. hi<strong>er</strong> ist d<strong>er</strong> sammelplatz d<strong>er</strong> eleganten welt, g<strong>er</strong>ade<br />

hi<strong>er</strong> sind wir <strong>sich</strong><strong>er</strong>, so einem spießbürg<strong>er</strong>, wie <strong>er</strong> ist, nicht<br />

zu begegnen.<br />

marie. ach august, wozu hast du mich v<strong>er</strong>leitet?! und ich hab’<br />

dir doch imm<strong>er</strong> gesagt, es schickt <strong>sich</strong> nicht.<br />

melchior (für <strong>sich</strong>). das is klassisch.<br />

sond<strong>er</strong>s. mache dir deshalb keine vorwürfe, dein vormund ist<br />

ein tyrann.<br />

melchior (für <strong>sich</strong>). was? auf die art sind die’s doch nicht. –<br />

uns<strong>er</strong><strong>er</strong> ihr vormund is a g’würzkram<strong>er</strong>, und d<strong>er</strong> ihr<strong>er</strong> is a<br />

tyrann. das sind liebende, die uns gar nix angehen.<br />

sond<strong>er</strong>s. <strong>er</strong> selbst hat uns gezwungen zu diesem schritt.<br />

melchior (für <strong>sich</strong>). die sind dazu gezwungen worden, und<br />

die unsrigen sein frei<strong>will</strong>ig fort, ja, das sind ja ganz and<strong>er</strong>e<br />

v<strong>er</strong>hältnisse.<br />

marie. du wirst sehen, august, mir geht’s im geist vor –<br />

sond<strong>er</strong>s. b<strong>er</strong>uhige dich, liebes mädchen, wir haben nichts zu<br />

befürchten.<br />

melchior (für <strong>sich</strong>). die haben nichts zu befürchten, und die<br />

unsrigen haben sehr viel zu befürchten – wie gesagt, das<br />

sind hi<strong>er</strong> ganz and<strong>er</strong>e v<strong>er</strong>hältnisse.<br />

marie. daß ich ab<strong>er</strong> mit dir in d<strong>er</strong> welt h<strong>er</strong>umlauf’, das schickt<br />

<strong>sich</strong> nicht.<br />

melchior (für <strong>sich</strong>). das is klassisch.<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. elft<strong>er</strong> auftritt — seite 47


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

sond<strong>er</strong>s. dafür ist gesorgt, ich <strong>er</strong>warte hi<strong>er</strong> nur die antwort<br />

von einem Freunde, dessen schloß zwei stunden von hi<strong>er</strong><br />

gelegen; bei sein<strong>er</strong> gattin findest du ein freundliches asyl,<br />

bis ich, nach beseitigung all<strong>er</strong> hind<strong>er</strong>nisse, dich als gattin<br />

in die arme mein<strong>er</strong> tante führe.<br />

melchior (für <strong>sich</strong>). die gehen zu ein<strong>er</strong> tant’, und die unsrigen<br />

kommen von ein’ onkel – na, ja, das sind ja ganz and<strong>er</strong>e<br />

v<strong>er</strong>hältnisse.<br />

sond<strong>er</strong>s (melchior bem<strong>er</strong>kend). w<strong>er</strong> spricht hi<strong>er</strong>?<br />

melchior. nein, nein, sind sie ruhig – ihnen tun wir nix.<br />

sond<strong>er</strong>s. <strong>er</strong> hat uns behorcht!<br />

melchior. Kein gedanken!<br />

sond<strong>er</strong>s. was <strong>will</strong> <strong>er</strong> also hi<strong>er</strong>?<br />

melchior. sie müssen wissen, sowohl sie als die Fräulein<br />

müssen wissen, ich bin da mit mein’ h<strong>er</strong>rn!<br />

sond<strong>er</strong>s. was geht das uns an?<br />

melchior. na ja, wenn sie die wären, die – dann ging’s ihnen<br />

wohl sehr viel an, ab<strong>er</strong> wie gesagt, bei ihnen sind es ganz<br />

and<strong>er</strong>e v<strong>er</strong>hältnisse. –<br />

sond<strong>er</strong>s. ich glaube, <strong>er</strong> ist betrunken.<br />

Zwölft<strong>er</strong> Auftritt<br />

(ein Kelln<strong>er</strong>; die Vorigen.)<br />

Kelln<strong>er</strong>. die schokolade ist s<strong>er</strong>vi<strong>er</strong>t.<br />

sond<strong>er</strong>s. wo hast du für uns gedeckt?<br />

Kelln<strong>er</strong>. wo eu<strong>er</strong> gnaden früh<strong>er</strong> gesessen sind, in d<strong>er</strong> laube.<br />

sond<strong>er</strong>s. Komm, liebe marie!<br />

marie. ach, august, es schickt <strong>sich</strong> nicht.<br />

(beide ab, d<strong>er</strong> Kelln<strong>er</strong> folgt.)<br />

Dreizehnt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(melchior.)<br />

melchior (allein). die sagt imm<strong>er</strong>: „es schickt <strong>sich</strong> nicht“, geht<br />

ab<strong>er</strong> doch wied<strong>er</strong> in die laube, das is klassisch! (Ab.)<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. Zwölft<strong>er</strong> auftritt — seite 48


Vi<strong>er</strong>zehnt<strong>er</strong> Auftritt<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

(madame Knorr, Frau von Fisch<strong>er</strong>, weinb<strong>er</strong>l, christoph<strong>er</strong>l.)<br />

(Frau von Fisch<strong>er</strong>, von weinb<strong>er</strong>l, madame Knorr von<br />

christoph<strong>er</strong>l geführt, treten ein; Frau von Fisch<strong>er</strong> trägt Hut<br />

und Burnus von d<strong>er</strong>selben Farbe, wie Marie hatte.)<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong> (zu weinb<strong>er</strong>l). ich begreife nicht, mein<br />

lieb<strong>er</strong>, was dir eingefallen ist, daß du den wag’n fortfahren<br />

ließest?<br />

madame Knorr. hi<strong>er</strong> bekommen wir ja wied<strong>er</strong> wägen, soviel<br />

wir wollen.<br />

christoph<strong>er</strong>l. o ja, wenn man kein geld anschaut.<br />

weinb<strong>er</strong>l (leise zu christoph<strong>er</strong>l). ich w<strong>er</strong>d’ sehr bald kein<br />

geld anschauen, denn ich w<strong>er</strong>d’ gleich keins mehr haben.<br />

(Laut zu Frau von Fisch<strong>er</strong>.) weißt du, liebe, ich hab’<br />

geglaubt, es is angenehm<strong>er</strong>, wenn wir zu Fuß nach hause<br />

gehen.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. Zu Fuß?<br />

madame Knorr. aha, im mondschein mit dir dahinschlend<strong>er</strong>n<br />

und schwärmen hat <strong>er</strong> wollen.<br />

weinb<strong>er</strong>l. Ja, schlend<strong>er</strong>n und schwärmen.<br />

christoph<strong>er</strong>l (zu madame Knorr). und wir hätten auch das<br />

unsrige geschwärmt.<br />

madame Knorr. o, sie schlimm<strong>er</strong> cousin!<br />

weinb<strong>er</strong>l. Ja, ja, gehen wi<strong>er</strong> zu Fuß, das is so schwärm<strong>er</strong>isch –<br />

(beiseite) und so so billig!<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. warum nicht gar, d<strong>er</strong> abend ist kühl, <strong>will</strong>st<br />

du mich morgen krank wissen?<br />

madame Knorr. in d<strong>er</strong> hin<strong>sich</strong>t soll man wohl nicht sparen.<br />

eine Krankheit kommt höh<strong>er</strong> als zehn Fiak<strong>er</strong>.<br />

weinb<strong>er</strong>l (für <strong>sich</strong>). mich kommt wied<strong>er</strong> ein Fiak<strong>er</strong> höh<strong>er</strong>, als<br />

wenn s’ morgen zehn Krankheiten kriegt.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong> (zu weinb<strong>er</strong>l). ohne wid<strong>er</strong>rede, wir fahren.<br />

madame Knorr (zu Frau von Fisch<strong>er</strong>). war das ab<strong>er</strong> ein gut<strong>er</strong><br />

rat von mir, daß ich g’sagt hab’, du sollst um den mantel<br />

nach haus schicken.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. Jawohl, ab<strong>er</strong> hi<strong>er</strong> <strong>will</strong> ich doch ablegen.<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. vi<strong>er</strong>zehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 49


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

(Geht zu einem am Fenst<strong>er</strong> stehenden Stuhl und legt den Burnus<br />

ab, wobei ihr Madame Knorr behilflich ist.)<br />

weinb<strong>er</strong>l (im Vord<strong>er</strong>grund zu christoph<strong>er</strong>l). christoph, sie<br />

haben doch etwas geld bei <strong>sich</strong>?<br />

christoph<strong>er</strong>l. nein, gar keins.<br />

weinb<strong>er</strong>l. sie sind ein – auf ehr’, wenn sie nicht schon<br />

Kommis wären, jetzt beutlet ich ihnen, daß –<br />

christoph<strong>er</strong>l. und wenn s’ mich noch so beuteln, so fallt<br />

kein Kreuz<strong>er</strong> h<strong>er</strong>aus! ich hab’ mich auf ihnen v<strong>er</strong>lassen,<br />

wie viel haben s’ denn?<br />

weinb<strong>er</strong>l. ich hab’ mir von z’ haus zehn gulden<br />

mitg’nommen.<br />

christoph<strong>er</strong>l. und mit zehn gulden hab’n sie wollen ein<br />

v<strong>er</strong>flucht<strong>er</strong> K<strong>er</strong>l sein?<br />

weinb<strong>er</strong>l. hab’ ich das ahnen können, wie ich in d<strong>er</strong> Fruh’ so<br />

ledig aus’gangen bin, daß ich gegen abend a Frau hab’?<br />

sonst sagt man: ’s unglück kommt üb<strong>er</strong> nacht, mir is es<br />

üb<strong>er</strong> mittag ’kommen! – und daß ich alles zahlen muß,<br />

hab’ ich mir auch nicht ’denkt – jetzt hab’ ich grad noch<br />

zwei gulden.<br />

christoph<strong>er</strong>l. und jetzt brauchen wir a Jausen auf vi<strong>er</strong><br />

p<strong>er</strong>son’, wagen nach haus, und uns<strong>er</strong>’ ruckreis’ –<br />

weinb<strong>er</strong>l. da schaut offenbar a Krida h<strong>er</strong>aus.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong> (mit madame Knorr vorkommend). nun,<br />

lieb<strong>er</strong> mann, du v<strong>er</strong>gißt ja, den Kelln<strong>er</strong> zu rufen?<br />

weinb<strong>er</strong>l. nein, ich hab’ grad drauf denkt. – (Zög<strong>er</strong>nd.) du<br />

glaubst also wirklich, daß wir hi<strong>er</strong> jausnen sollen?<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. was sonst?<br />

weinb<strong>er</strong>l (v<strong>er</strong>legen). nein, nein, sonst nix – (Beiseite.) mir is<br />

das z’viel!<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. so rufe doch –<br />

weinb<strong>er</strong>l (mit un<strong>sich</strong>r<strong>er</strong> Stimme). he, Kelln<strong>er</strong>!<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. so wird dich niemand hören.<br />

weinb<strong>er</strong>l. ich hab’ so was <strong>er</strong>schöpftes in mir – gar nicht das<br />

rechte organ, ein’ Kelln<strong>er</strong> zu rufen. (Ruft wie früh<strong>er</strong>.) he,<br />

Kelln<strong>er</strong>!<br />

christoph<strong>er</strong>l (laut). Kelln<strong>er</strong>!<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. vi<strong>er</strong>zehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 50


Frau von Fisch<strong>er</strong> (zu madame Knorr). mein mann macht<br />

<strong>sich</strong> öft<strong>er</strong>s den spaß, den Knickrigen zu spielen, die Jause<br />

soll dich vom gegenteil üb<strong>er</strong>zeugen. (Für <strong>sich</strong>.) ich glaube,<br />

d<strong>er</strong> mensch wollte mich zum besten halten, das soll <strong>er</strong> mir<br />

büßen.<br />

Fünfzehnt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Kelln<strong>er</strong>; die Vorigen.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

Kelln<strong>er</strong>. was schaffen eu<strong>er</strong> gnaden?<br />

weinb<strong>er</strong>l. sie sind d<strong>er</strong> Kelln<strong>er</strong>? haben sie die gewogenheit,<br />

nehmen sie es nicht ungütig, daß wir sie hieh<strong>er</strong> bemühen –<br />

Kelln<strong>er</strong>. eu<strong>er</strong> gnaden sch<strong>er</strong>zen –<br />

weinb<strong>er</strong>l. o nein, warum soll ich ihnen nicht mit achtung<br />

behandeln –<br />

christoph<strong>er</strong>l (leise zu weinb<strong>er</strong>l). was treiben s’ denn?<br />

Kelln<strong>er</strong> (zu weinb<strong>er</strong>l). bitte, eu<strong>er</strong> gnaden, so zart geht kein<br />

gast mit ein’ Kelln<strong>er</strong> um.<br />

weinb<strong>er</strong>l. o ich bitte –! (Leise zu christoph<strong>er</strong>l.) Jetzt hab’<br />

ich doch hoffnung, daß <strong>er</strong> mit mir auch zart umgehen wird,<br />

wenn es zum äuß<strong>er</strong>sten kommt.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong> (welche indessen mit madame Knorr<br />

gesprochen). nun, was ist denn angeschafft worden?<br />

Kelln<strong>er</strong>. bis jetzt noch nichts.<br />

weinb<strong>er</strong>l. wir delib<strong>er</strong>i<strong>er</strong>en grad, ich glaube, zwei schalen<br />

Kaffee –<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. Kaffee haben wir ja schon bei mein<strong>er</strong><br />

Freundin getrunken. du mußt eine Jause bestellen, die<br />

gleich als soup<strong>er</strong> dienen kann.<br />

weinb<strong>er</strong>l. aha –! (Zum Kelln<strong>er</strong>.) so bringen sie uns butt<strong>er</strong><br />

und rettich und drei seitel bi<strong>er</strong>, zwei für uns und eins für<br />

die damen. (Für <strong>sich</strong>.) das kommt billig.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. was wär’ das? du <strong>will</strong>st uns so ordinär –?<br />

madame Knorr. ich trinke nie bi<strong>er</strong> –<br />

weinb<strong>er</strong>l (zum Kelln<strong>er</strong>). also nur für uns bi<strong>er</strong>, für die damen<br />

wass<strong>er</strong>. (Für <strong>sich</strong>.) das is noch billig<strong>er</strong>.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. ab<strong>er</strong> mann!?<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. Fünfzehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 51


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

madame Knorr. ich darf nicht kalt soupi<strong>er</strong>’n.<br />

weinb<strong>er</strong>l. also was warmes? (Zum Kelln<strong>er</strong>.) haben sie kein<br />

beuschl?<br />

christoph<strong>er</strong>l. od<strong>er</strong> eine halbe gulasch?<br />

Kelln<strong>er</strong>. das möcht’ ich nicht raten, es ist schlecht.<br />

weinb<strong>er</strong>l (für <strong>sich</strong>). das wär’ eigentlich gut, da esseten s’ nicht<br />

viel. –<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong> (<strong>er</strong>nst zu weinb<strong>er</strong>l). mann, jetzt sag’ ich dir<br />

zum letztenmal –<br />

weinb<strong>er</strong>l (mit Resignation zum Kelln<strong>er</strong>). also bringen sie zwei<br />

schnitzel, für uns bi<strong>er</strong> und für die damen ein seitel acht<strong>er</strong>.<br />

(Für <strong>sich</strong>.) die zwei gulden sind üb<strong>er</strong>schritten – die Krida<br />

geht an.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong> (zu madame Knorr). heut’ hat mein mann<br />

wied<strong>er</strong> seinen närrischen tag. (Zu weinb<strong>er</strong>l.) h<strong>er</strong>r gemahl,<br />

jetzt hab’ ich’s satt!<br />

weinb<strong>er</strong>l (für <strong>sich</strong>). das wär ein glück –<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. so schafft man nicht an, wenn man damen<br />

ausführt. Kelln<strong>er</strong>, sie bestellen uns ein’ Fasan –<br />

Kelln<strong>er</strong>. den augenblick kommt ein<strong>er</strong> vom spieß.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. dazu Kompott, dann torte und sonstiges<br />

dess<strong>er</strong>t, zu<strong>er</strong>st rheinwein, am schluß champagn<strong>er</strong>.<br />

Kelln<strong>er</strong>. sehr wohl, eu<strong>er</strong> gnaden. (Ruft, indem <strong>er</strong> abgeht.)<br />

anton, vi<strong>er</strong> gedeck’ in salon. (Ab.)<br />

Sechzehnt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Die Vorigen ohne Kelln<strong>er</strong>.)<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong> (zu madame Knorr). nun, hab’ ich deinen<br />

gusto getroffen?<br />

madame Knorr. ’s ist ab<strong>er</strong> zu viel.<br />

christoph<strong>er</strong>l (zu weinb<strong>er</strong>l). wie g’schieht ihnen denn?<br />

weinb<strong>er</strong>l. mir g’schieht gar nicht mehr, ich bin stumpf.<br />

christoph<strong>er</strong>l. und ich bin scharf aufs abfahr’n bedacht.<br />

weinb<strong>er</strong>l (von dies<strong>er</strong> Idee <strong>er</strong>griffen). abfahren? – sie haben<br />

recht, Krida is da, also v<strong>er</strong>schwinden – das kommt im<br />

m<strong>er</strong>kantilischen häufig vor!<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. sechzehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 52


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

christoph<strong>er</strong>l. d<strong>er</strong> Kelln<strong>er</strong> soll <strong>sich</strong> dann mit d<strong>er</strong> Zech’ an die<br />

Frauen halten.<br />

weinb<strong>er</strong>l. recht so, wir lassen alles auf die Frauen schreiben,<br />

das is wied<strong>er</strong> m<strong>er</strong>kantilisch.<br />

christoph<strong>er</strong>l. warum stürzen s’ uns so in depensen, diese<br />

weib<strong>er</strong>!<br />

weinb<strong>er</strong>l. das sind ja v<strong>er</strong>schwend<strong>er</strong>innen, reine gourmaninen.<br />

christoph<strong>er</strong>l. ab<strong>er</strong> nur kein’ v<strong>er</strong>legenheit g’spür’n lassen und<br />

cour gemacht aus leibeskräften!<br />

(Zweit<strong>er</strong> Kelln<strong>er</strong> kommt und deckt den Tisch rechts, rückt ihn<br />

ab<strong>er</strong> vorh<strong>er</strong> etwas gegen die Mitte d<strong>er</strong> Bühne.)<br />

weinb<strong>er</strong>l (zu Frau von Fisch<strong>er</strong>). du glaubst nicht, meine<br />

liebe, wie wohl mir jetzt ist, es ist ein vorgefühl in mir –<br />

madame Knorr. daß sie noch viele solche frohe tage an d<strong>er</strong><br />

seite ihr<strong>er</strong> Frau – das nenn’ ich eine lieb’ –<br />

christoph<strong>er</strong>l (zärtlich zu madame Knorr). Können sie bei<br />

diesem anblick gefühllos bleiben?<br />

madame Knorr. Jung<strong>er</strong> mensch, ich hab’ ihnen schon gesagt,<br />

daß ich eine braut bin, ich lebe nur für diesen einen mann.<br />

christoph<strong>er</strong>l. daß sie für einen mann leben, gibt ihnen das<br />

das recht, einen Jüngling zu töten?<br />

madame Knorr. hören sie auf, sie sind ein schlimm<strong>er</strong><br />

cousin!<br />

Siebzehnt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Kelln<strong>er</strong>; die Vorigen, dann melchior.)<br />

Kelln<strong>er</strong> (Fasan und Rheinwein bringend). wenn es eu<strong>er</strong> gnaden<br />

gefällig ist. (Stellt alles auf den Tisch.)<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. o ja! (Zu madame Knorr.) Komm, liebe<br />

Freundin!<br />

weinb<strong>er</strong>l (zum Kelln<strong>er</strong>). sie können auch einen wällischen<br />

salat bringen.<br />

christoph<strong>er</strong>l. Üb<strong>er</strong>haupt, was gut und teu<strong>er</strong> ist –<br />

weinb<strong>er</strong>l. uns is das egal, was es kost’t, sie w<strong>er</strong>den sehn,<br />

wir binden uns an keinen preis. (Für <strong>sich</strong>.) wart’s,<br />

gourmaninnen!<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. siebzehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 53


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

Kelln<strong>er</strong>. sehr wohl, eu<strong>er</strong> gnaden! (Geht ab.)<br />

melchior (tritt mit dem Zweiten Kelln<strong>er</strong>, welch<strong>er</strong> ein Gedeck<br />

trägt, ein). was is denn das? ich <strong>will</strong> da für mein’ h<strong>er</strong>rn<br />

aufdecken lassen und jetzt setzen <strong>sich</strong> and<strong>er</strong>e h<strong>er</strong>ein –<br />

weinb<strong>er</strong>l. ich glaub’, an einem öffentlichen ort hat jed<strong>er</strong> das<br />

recht –<br />

melchior. ah, das is indiskret!<br />

Zweit<strong>er</strong> Kelln<strong>er</strong>. in dem salon hab’n ja zwanzig p<strong>er</strong>sonen<br />

platz.<br />

melchior. mein h<strong>er</strong>r <strong>will</strong> ab<strong>er</strong> allein sein.<br />

christoph<strong>er</strong>l. dann soll <strong>er</strong> an keinen öffentlichen ort gehn.<br />

melchior. ah, das is indiskret! sie können <strong>sich</strong> ja hinaus in<br />

den garten setzen.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. das kann sein h<strong>er</strong>r auch tun.<br />

melchior. mein h<strong>er</strong>r muß von hi<strong>er</strong> aus jemand beobachten,<br />

und mit einem wort, mein h<strong>er</strong>r wird <strong>sich</strong> nicht wegen<br />

ihnen vi<strong>er</strong>en geni<strong>er</strong>en.<br />

weinb<strong>er</strong>l. und wir vi<strong>er</strong>e w<strong>er</strong>den uns noch wenig<strong>er</strong> wegen<br />

sein’ h<strong>er</strong>rn geni<strong>er</strong>en.<br />

melchior. ah, das is ab<strong>er</strong> indiskret. da muß mein h<strong>er</strong>r sitzen<br />

wegen d<strong>er</strong> aus<strong>sich</strong>t auf die tür. (Rückt den Tisch, welchen d<strong>er</strong><br />

Kelln<strong>er</strong> deckte, von links gegen die Mitte ziemlich nahe an den<br />

Tisch d<strong>er</strong> Gesellschaft.)<br />

madame Knorr. das gilt uns gleich.<br />

melchior. wenn d<strong>er</strong> dumme salon nur in d<strong>er</strong> mitte eine<br />

abteilung hätt’ –<br />

weinb<strong>er</strong>l. n,a ja, sein h<strong>er</strong>r soll halt gleich eine mau<strong>er</strong><br />

aufführen lassen, wenn <strong>er</strong> wo einkehrt.<br />

Zweit<strong>er</strong> Kelln<strong>er</strong>. man könnte allenfalls – es zieht manchmal<br />

den gästen zu stark, da wird dann (auf die zwischen Fenst<strong>er</strong><br />

und Türe lehnende zusammengelegte spanische Wand zeigend) –<br />

die spanische wand gebraucht; wenn man die in d<strong>er</strong> mitte<br />

aufstellt, so wäre ja die gewünschte absond<strong>er</strong>ung geschehn.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. <strong>machen</strong> sie das, wie sie wollen. (Zu<br />

madame Knorr.) legen wir uns<strong>er</strong>e hüte ab und setzen wir<br />

uns. (Geht mit madame Knorr zu einem Stuhl rechts, wo sie<br />

während des Folgenden ihre Hüte ablegen.)<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. siebzehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 54


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

christoph<strong>er</strong>l (zu weinb<strong>er</strong>l). das sieht kurios aus, das können<br />

wir uns vor den Frauen nicht antun lassen.<br />

weinb<strong>er</strong>l (zu melchior, welch<strong>er</strong> die spanische Wand aufstellen<br />

<strong>will</strong>). wenn <strong>er</strong> mit d<strong>er</strong> spanischen wand nicht weit<strong>er</strong>geht, so<br />

w<strong>er</strong>f’ ich ihn an die wirkliche! –<br />

melchior. ah, das is klassisch!<br />

weinb<strong>er</strong>l. wir w<strong>er</strong>den uns da wie die wilden ti<strong>er</strong>’ in ein<strong>er</strong><br />

menag<strong>er</strong>ie absp<strong>er</strong>ren lassen!<br />

melchior. na, warten s’, das sag’ ich meinem h<strong>er</strong>rn!<br />

christoph<strong>er</strong>l. was kümm<strong>er</strong>t uns sein h<strong>er</strong>r?<br />

weinb<strong>er</strong>l. <strong>er</strong> soll nur kommen, wir w<strong>er</strong>den ihm zeigen –<br />

melchior. da kommt <strong>er</strong> grad die allee h<strong>er</strong>auf. (Drohend zu<br />

Weinb<strong>er</strong>l und Christoph<strong>er</strong>l.) warten s’!<br />

weinb<strong>er</strong>l (hinsehend und heftig <strong>er</strong>schreckend). Kontinent, tu’<br />

dich auf! –<br />

christoph<strong>er</strong>l (d<strong>er</strong> ebenfalls hingesehen). auweh! – und<br />

v<strong>er</strong>schling’ uns! –<br />

weinb<strong>er</strong>l und christoph<strong>er</strong>l (zugleich). d<strong>er</strong> prinzipal!<br />

weinb<strong>er</strong>l (zu melchior). lieb<strong>er</strong> Freund, sie haben <strong>er</strong>st recht<br />

mit d<strong>er</strong> spanischen wand –<br />

christoph<strong>er</strong>l. Ja, ’s is bess<strong>er</strong>, stell’n wir s’ auf.<br />

weinb<strong>er</strong>l. ab<strong>er</strong> nur g’schwind. Kelln<strong>er</strong>, helfen s’!<br />

(D<strong>er</strong> Kelln<strong>er</strong>, christoph<strong>er</strong>l, weinb<strong>er</strong>l und melchior<br />

stellen mit viel<strong>er</strong> Eile, wobei ein<strong>er</strong> dem and<strong>er</strong>n hind<strong>er</strong>lich ist,<br />

die Wand auf.)<br />

melchior. Jetzt sehn sie’s ein und eh<strong>er</strong> haben s’ so<br />

g’schichten – nein, wie sie indiskret sein.<br />

madame Knorr (zu Frau von Fisch<strong>er</strong>). ab<strong>er</strong> schau’ nur h<strong>er</strong>,<br />

was sie da für umständ’ <strong>machen</strong>.<br />

weinb<strong>er</strong>l (zu den Frauen). es ist, wissen sie – es zieht hi<strong>er</strong> so<br />

stark nach d<strong>er</strong> luft –<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. ich spüre nichts.<br />

madame Knorr. wir sind ja nicht rheumatisch.<br />

weinb<strong>er</strong>l (zu christoph<strong>er</strong>l). ab<strong>er</strong> uns reißt’s ungeheu<strong>er</strong>.<br />

christoph<strong>er</strong>l. setzen wir uns.<br />

(alle vi<strong>er</strong> setzen <strong>sich</strong> zu Tisch, die spanische Wand ist<br />

aufgestellt und teilt die Bühne in d<strong>er</strong> Mitte ab. D<strong>er</strong> Tisch<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. siebzehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 55


d<strong>er</strong> Gesellschaft und d<strong>er</strong> für Zangl<strong>er</strong> bestimmte Tisch sind<br />

ziemlich nahe und nur durch die Wand getrennt.)<br />

Achtzehnt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Zangl<strong>er</strong>; die Vorigen.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

Zangl<strong>er</strong> (eintretend). alles is in ordnung. melchior!<br />

melchior. eu<strong>er</strong> gnaden.<br />

Zangl<strong>er</strong>. d<strong>er</strong> wacht<strong>er</strong> steht schon draußen auf d<strong>er</strong> pass’. wie<br />

meine mündel mit ihrem entführ<strong>er</strong> in wagen steigt, steigt<br />

d<strong>er</strong> Kutsch<strong>er</strong> auf den bock, und d<strong>er</strong> wacht<strong>er</strong> hint’ auf.<br />

melchior. das is klassisch.<br />

madame Knorr. sehr ein gutes Kompott!<br />

weinb<strong>er</strong>l (mit gedämpft<strong>er</strong> Stimme). ich w<strong>er</strong>d’ den Fasan<br />

transchi<strong>er</strong>en.<br />

christoph<strong>er</strong>l (ebenfalls mit gedämpft<strong>er</strong> Stimme). und ich w<strong>er</strong>d’<br />

schau’n, ob d<strong>er</strong> wällische salat noch nicht bald kommt. –<br />

madame Knorr. ach ja!<br />

Zangl<strong>er</strong>. was is denn das mit d<strong>er</strong> spanischen wand?<br />

melchior. da darneben sind indiskrete leut’, zwei<br />

weibsbild<strong>er</strong> mit ihre liebhab<strong>er</strong>, damit eu<strong>er</strong> gnaden nicht<br />

geni<strong>er</strong>t sind.<br />

Zangl<strong>er</strong>. gut!<br />

(Zweit<strong>er</strong> Kelln<strong>er</strong> bringt Wein und Aufgeschnittenes, stellt es<br />

auf den Tisch. Zangl<strong>er</strong> setzt <strong>sich</strong>.)<br />

melchior (mit dem Fing<strong>er</strong> darauf zeigend). das hab’ ich für eu<strong>er</strong><br />

gnaden ang’schafft.<br />

Zangl<strong>er</strong>. gut!<br />

melchior. gott, was wären eu<strong>er</strong> gnaden ohne mich!<br />

Zangl<strong>er</strong>. die Zeitung! (Für <strong>sich</strong>.) w<strong>er</strong> weiß, wie lang das noch<br />

dau<strong>er</strong>t. –<br />

(Kelln<strong>er</strong> bringt Zangl<strong>er</strong> die Zeitung und geht ab.)<br />

melchior. ich w<strong>er</strong>d’ patrouilli<strong>er</strong>en. (Geht in den Garten hinaus.)<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. d<strong>er</strong> Fasan scheint sehr gut zu sein. –<br />

weinb<strong>er</strong>l (mit gedämpft<strong>er</strong> Stimme). die Zähigkeit abg<strong>er</strong>echnet,<br />

delikat –<br />

madame Knorr. Kommt d<strong>er</strong> Kelln<strong>er</strong> noch nicht?<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. achtzehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 56


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

christoph<strong>er</strong>l (mit gedämpft<strong>er</strong> Stimme). nein, das ist ein<br />

langsam<strong>er</strong> K<strong>er</strong>l.<br />

madame Knorr. warum reden denn die h<strong>er</strong>ren so still, so<br />

heis<strong>er</strong>?<br />

weinb<strong>er</strong>l (wie oben). die Zugluft hat das gemacht.<br />

christoph<strong>er</strong>l (wie oben). es is ein wahres glück, daß die<br />

wand aufg’stellt is.<br />

weinb<strong>er</strong>l (wie oben). Ja, sonst hätt’s uns die sprach’ gänzlich<br />

v<strong>er</strong>schlagen.<br />

madame Knorr. nein, wie die h<strong>er</strong>rn jetzt heiklich sind –<br />

melchior (h<strong>er</strong>einlaufend). eu<strong>er</strong> gnad’n! eu<strong>er</strong> gnad’n!<br />

Zangl<strong>er</strong>. was ist’s?! –<br />

melchior. ich seh’ noch nichts –<br />

Zangl<strong>er</strong>. dummkopf!<br />

melchior. Früh<strong>er</strong> waren zwei da h<strong>er</strong>in, das waren ab<strong>er</strong> and<strong>er</strong>e.<br />

Zangl<strong>er</strong>. die ich such’, sitzen draußen, ich hab’ sie von<br />

weitem gesehn. geh hinaus, stell’ dich in einige entf<strong>er</strong>nung<br />

vom wagen, und wie sie fortfahren, sagst du mir’s, wir<br />

fahren dann gleich nach. –<br />

melchior. das wird klassisch! (Geht ab in den Garten.)<br />

christoph<strong>er</strong>l (hat während d<strong>er</strong> letzten Reden schnell den Burnus<br />

d<strong>er</strong> Frau von Fisch<strong>er</strong> umgenommen und ihren Hut aufgesetzt).<br />

so kann ich neben uns<strong>er</strong>m alten vorbeipassi<strong>er</strong>’n.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong> (zu weinb<strong>er</strong>l). du schenkst ja uns<strong>er</strong><strong>er</strong><br />

Freundin gar nichts ein?<br />

weinb<strong>er</strong>l (welch<strong>er</strong> bem<strong>er</strong>kt hat, wie christoph<strong>er</strong>l <strong>sich</strong><br />

ankleidet, zu Frau von Fisch<strong>er</strong>). ab<strong>er</strong> liebe, ich kann ja<br />

nicht transchi<strong>er</strong>en und einschenken zugleich.<br />

(christoph<strong>er</strong>l hat den hint<strong>er</strong>n Teil d<strong>er</strong> spanischen Wand<br />

geöffnet und schlüpft so in die and<strong>er</strong>e Hälfte d<strong>er</strong> Bühne hinüb<strong>er</strong>,<br />

wo Zangl<strong>er</strong> sitzt, welch<strong>er</strong>, in die Zeitung v<strong>er</strong>tieft, ihn nicht<br />

bem<strong>er</strong>kt.)<br />

Zangl<strong>er</strong> (in d<strong>er</strong> Zeitung lesend). „v<strong>er</strong>wegn<strong>er</strong> Kleid<strong>er</strong>diebstahl<br />

durch einen jungen purschen.“ (Spricht.) nein, was man<br />

jetzt alles liest, die halunken w<strong>er</strong>den imm<strong>er</strong> pfiffig<strong>er</strong>.<br />

(christoph<strong>er</strong>l hat <strong>sich</strong> an d<strong>er</strong> Rückwand zur Glastüre hin in<br />

den Garten hinausgeschlichen.)<br />

madame Knorr. wo is denn d<strong>er</strong> cousin hin’kommen?<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. achtzehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 57


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

weinb<strong>er</strong>l (madame Knorr den Fasan off<strong>er</strong>i<strong>er</strong>end). bitte <strong>sich</strong> zu<br />

bedienen. (Läßt, indem <strong>er</strong> nach dem Fenst<strong>er</strong> sieht, eine Gabel<br />

von d<strong>er</strong> Schüssel und auf das Kleid d<strong>er</strong> Frau von Fisch<strong>er</strong><br />

fallen.)<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. himmel! mein neues Kleid!<br />

weinb<strong>er</strong>l. pardon! es wird nichts <strong>machen</strong> als einen fetten<br />

Fleck.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. d<strong>er</strong> nie mehr h<strong>er</strong>ausgeht.<br />

madame Knorr. nur gleich mit d<strong>er</strong> s<strong>er</strong>viett’ reiben. (Ist Frau<br />

von Fisch<strong>er</strong> dabei behilflich.)<br />

(christoph<strong>er</strong>l steigt auß<strong>er</strong>halb dem Glasfenst<strong>er</strong> in Sond<strong>er</strong>s’<br />

Wagen.)<br />

weinb<strong>er</strong>l (dies bem<strong>er</strong>kend, steht auf und sagt für <strong>sich</strong>, indem <strong>er</strong><br />

<strong>sich</strong> dem Fenst<strong>er</strong> näh<strong>er</strong>t). d<strong>er</strong> steigt in den wagen, das is ein<br />

g’scheit<strong>er</strong> einfall, d<strong>er</strong> Kutsch<strong>er</strong> muß uns fahren bis aufs<br />

Feld hinaus, dann geb’ ich ihm einen guld und lass’ ihn<br />

umkehren. – wie komm’ ich ab<strong>er</strong> hinaus, dort d<strong>er</strong> prinzipal,<br />

da die Frauen – gott sei dank, d<strong>er</strong> Fleck is so fett, daß die<br />

mich nicht bem<strong>er</strong>ken.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. das geht nie mehr aus. –<br />

weinb<strong>er</strong>l (einen raschen Entschluß fassend). ab<strong>er</strong> was and<strong>er</strong>s<br />

geht aus! – (Steigt zum Fenst<strong>er</strong> hinaus.)<br />

madame Knorr (weinb<strong>er</strong>l bem<strong>er</strong>kend). Freundin, da schau’<br />

h<strong>er</strong>, was dein mann –<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong> (betroffen). <strong>er</strong> ist aus dem Fenst<strong>er</strong><br />

gestiegen!?<br />

madame Knorr. und steigt in den wagen ein.<br />

(Man sieht weinb<strong>er</strong>l in den Wagen steigen.)<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong> (<strong>will</strong> hinausrufen). mein h<strong>er</strong>r –!<br />

(Man sieht den wächt<strong>er</strong> in Uniform hinten auf den Wagen<br />

steigen.)<br />

madame Knorr. was is das, d<strong>er</strong> ortswacht<strong>er</strong> –!? <strong>er</strong> stellt <strong>sich</strong><br />

hinten auf –<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. eine arreti<strong>er</strong>ung –!<br />

(Man hört schnalzen, d<strong>er</strong> Wagen fährt ab.)<br />

madame Knorr. Fort is <strong>er</strong>!<br />

(Beide Frauen bleiben <strong>er</strong>schrocken an ihren Stühlen stehen,<br />

indem sie starr dem abgefahrenen Wagen nachblicken.)<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. achtzehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 58


melchior (zur Glastüre eintretend). das is klassisch! wir haben<br />

s’ schon, d<strong>er</strong> Kutsch<strong>er</strong> und d<strong>er</strong> wacht<strong>er</strong> lassen s’ nimm<strong>er</strong><br />

aus.<br />

Zangl<strong>er</strong>. wir fahren gleich nach. Kelln<strong>er</strong> zahlen!<br />

Neunzehnt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(sond<strong>er</strong>s, marie; die Vorigen.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

sond<strong>er</strong>s (mit marie zur Glastüre eintretend, ohne Zangl<strong>er</strong> zu<br />

bem<strong>er</strong>ken). Kelln<strong>er</strong>, zahlen! wo stecken denn die schlingel?<br />

Zangl<strong>er</strong> (springt wütend auf). höllen-element! da sind s’!<br />

marie (zugleich mit sond<strong>er</strong>s). ach, d<strong>er</strong> vormund! – (Wankt und<br />

sinkt sond<strong>er</strong>s in die Arme.)<br />

sond<strong>er</strong>s (zugleich mit marie). v<strong>er</strong>dammt!<br />

madame Knorr. (zugleich mit Frau von Fisch<strong>er</strong>, üb<strong>er</strong> Zangl<strong>er</strong>s<br />

Ausruf betroffen). was für eine stimm’!? –<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong> (zugleich mit madame Knorr, üb<strong>er</strong><br />

dendaneben entstandenen Lärm <strong>er</strong>schrocken). was geht da<br />

vor!? –<br />

melchior (zu Zangl<strong>er</strong>). das sind ja die and<strong>er</strong>n! –<br />

Zangl<strong>er</strong>. meine mündel! – d<strong>er</strong> teufel soll – (Will vorstürzen,<br />

schiebt den Stuhl wütend zurück, so daß die spanische Wand<br />

umfällt. Die beiden Frauen springen, laut schreiend, auf die<br />

Seite.)<br />

Zangl<strong>er</strong> (indem <strong>er</strong> hinüb<strong>er</strong>sieht, äuß<strong>er</strong>st <strong>er</strong>staunt, als <strong>er</strong> madame<br />

Knorr <strong>er</strong>kennt). meine braut!?<br />

madame Knorr (<strong>er</strong>schrocken und v<strong>er</strong>legen). h<strong>er</strong>r von Zangl<strong>er</strong> –<br />

melchior (v<strong>er</strong>blüfft). seine braut – seine mündel – das die<br />

mündel, das die braut – das is klassisch!<br />

(Die zwei Kelln<strong>er</strong> sind h<strong>er</strong>eingekommen. Allgemeine Gruppe des<br />

Erstaunens und d<strong>er</strong> V<strong>er</strong>wirrung, im Orchest<strong>er</strong> fällt passende Musik<br />

ein. D<strong>er</strong> Vorhang fällt.)<br />

Zweit<strong>er</strong> aufzug. neunzehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 59


Dritt<strong>er</strong> Aufzug<br />

(Elegantes Zimm<strong>er</strong> im Hause des Fräuleins von Blumenblatt mit<br />

zwei Mitteltüren, rechts und links eine Seitentüre. Es ist Abend,<br />

Licht<strong>er</strong> stehen auf dem Tisch.)<br />

Erst<strong>er</strong> Auftritt<br />

(lisette, sond<strong>er</strong>s.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

sond<strong>er</strong>s. es war also ein gut<strong>er</strong> genius, d<strong>er</strong> mir den gedanken<br />

zuflüst<strong>er</strong>te, ganz unbekannt<strong>er</strong>weise das stubenmädchen des<br />

alten Fräuleins zur v<strong>er</strong>trauten zu wählen. nimm einstweilen<br />

diese börse, mehr noch wird folgen.<br />

lisette. sehr v<strong>er</strong>bunden, übrigens hätte ich auch aus gutem<br />

h<strong>er</strong>zen zwei liebende in meine provision genommen; denn<br />

wenn es h<strong>er</strong>zlose vät<strong>er</strong>, mütt<strong>er</strong>, tanten, sogar h<strong>er</strong>zlose<br />

liebhab<strong>er</strong> in menge gibt, von h<strong>er</strong>zlosen stubenmädln,<br />

glaub’ ich, kommt kein beispiel vor.<br />

sond<strong>er</strong>s. wenn nur deine gebiet<strong>er</strong>in –<br />

lisette. hoffen sie das beste, sie ist durchaus nicht das, was<br />

man <strong>sich</strong> gewöhnlich unt<strong>er</strong> dem ausdruck „alte Jungf<strong>er</strong>“<br />

vorstellt. wo ist ab<strong>er</strong> jetzt ihre geliebte?<br />

sond<strong>er</strong>s. in den Krallen ihres vormunds, d<strong>er</strong> sie mir auf eine<br />

imp<strong>er</strong>tinente weise entrissen und sie vielleicht heute noch<br />

hieh<strong>er</strong> bringen wird; – doch nein, selbst bringen wird <strong>er</strong> sie<br />

kaum, d<strong>er</strong> alte narr ist, wie ich gesehen, in eine grimmige<br />

eif<strong>er</strong>suchtsgeschichte mit sein<strong>er</strong> braut v<strong>er</strong>wickelt, hat<br />

geschworen, ihr nie mehr von d<strong>er</strong> seite zu gehen, darum<br />

v<strong>er</strong>mut’ ich, <strong>er</strong> wird seine mündel bloß in <strong>sich</strong><strong>er</strong><strong>er</strong><br />

begleitung euch üb<strong>er</strong>senden.<br />

lisette. sei dem, wie ihm wolle, entf<strong>er</strong>nen sie <strong>sich</strong> nicht weit<br />

vom hause und üb<strong>er</strong>legen sie, auf welche weise sie <strong>sich</strong>,<br />

wenn ihre marie einmal hi<strong>er</strong> ist, bei mein<strong>er</strong> gebiet<strong>er</strong>in<br />

introduzi<strong>er</strong>en wollen.<br />

sond<strong>er</strong>s. ich w<strong>er</strong>de mich sogleich in ein hotel in d<strong>er</strong> nähe<br />

einlogi<strong>er</strong>en und von dort aus die nötigen <strong>er</strong>kundigungen<br />

einziehn.<br />

dritt<strong>er</strong> aufzug. <strong>er</strong>st<strong>er</strong> auftritt — seite 60


lisette (nach d<strong>er</strong> Türe rechts horchend). ich glaube – ja, ja,<br />

meine gebiet<strong>er</strong>in kommt – gehen sie jetzt!<br />

sond<strong>er</strong>s. auf baldiges wied<strong>er</strong>sehn, du liebes, dienstf<strong>er</strong>tiges<br />

wesen! (Zur Mitte links ab.)<br />

Zweit<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Fräulein von blumenblatt, lisette.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

Fräulein von blumenblatt (aus d<strong>er</strong> Seitentüre rechts<br />

kommend). w<strong>er</strong> war denn hi<strong>er</strong>, lisette?<br />

lisette. niemand, eu<strong>er</strong> gnaden.<br />

Fräulein von blumenblatt (Tabak schnupfend). niemand?<br />

und ich hätte darauf geschworen, es war jemand. wie doch<br />

uns<strong>er</strong> ganzes leben aus täuschungen besteht! so glaubte<br />

ich auch nach dem gestrigen briefe meines schwag<strong>er</strong>s,<br />

das mädchen würde <strong>sich</strong><strong>er</strong> heute ankommen, ich freute<br />

mich, das liebe Kind nach zehn Jahren wied<strong>er</strong> zu sehen. –<br />

täuschung nichts als täuschung. (Schnupft.)<br />

lisette. nun, es ist ja noch nicht so spät, w<strong>er</strong> weiß –<br />

Fräulein von blumenblatt. die arme! mein schwag<strong>er</strong><br />

Zangl<strong>er</strong> irrt <strong>sich</strong>, wenn <strong>er</strong> glaubt, ich w<strong>er</strong>de sie mit<br />

strenge behandeln; sie hat ja ganz mein schicksal, ihr<br />

h<strong>er</strong>z ist schwach, ihre liebe stark, die hoffnung klein, die<br />

hind<strong>er</strong>nisse groß – ganz mein schicksal. (Schnupft.)<br />

lisette. bei ihr<strong>er</strong> liebe, eu<strong>er</strong> gnaden, war es ab<strong>er</strong> doch ganz<br />

and<strong>er</strong>s.<br />

Fräulein von blumenblatt. weshalb schickt man sie? aus<br />

keinem and<strong>er</strong>n grunde, als daß sie f<strong>er</strong>ne vom gegenstand<br />

ihr<strong>er</strong> neigung schmachten soll, ist das nicht ganz mein<br />

schicksal? (Schnupft.)<br />

lisette. bei ihnen, eu<strong>er</strong> gnaden, ist ja, wie sie mir <strong>er</strong>zählt, d<strong>er</strong><br />

gegenstand ihr<strong>er</strong> neigung vor ihnen geflohn.<br />

Fräulein von blumenblatt. das ist wahr, ab<strong>er</strong> es kam doch<br />

auf eins hinaus, wir waren getrennt, und drum <strong>will</strong> ich<br />

das mädchen sanft und mit nach<strong>sich</strong>t behandeln, wenn<br />

auch, wie in dem briefe steht, ihr liebhab<strong>er</strong> sie mit dem<br />

dritt<strong>er</strong> aufzug. Zweit<strong>er</strong> auftritt — seite 61


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

obstinatesten eif<strong>er</strong> v<strong>er</strong>folgt, denn das <strong>er</strong>inn<strong>er</strong>t mich ja<br />

wied<strong>er</strong> an mein schicksal. (Schnupft.)<br />

lisette. d<strong>er</strong> liebhab<strong>er</strong> von ihnen, eu<strong>er</strong> gnaden, scheint ab<strong>er</strong><br />

sehr eifrig g<strong>er</strong>ade die entgegengesetzte richtung v<strong>er</strong>folgt zu<br />

haben.<br />

Fräulein von blumenblatt. wenn auch, v<strong>er</strong>folgung war es<br />

doch. – wie gesagt, ganz mein schicksal. (Schnupft.)<br />

lisette. eu<strong>er</strong> gnaden, ich glaube – ich höre leute im<br />

vorzimm<strong>er</strong> – am ende bringt man sie.<br />

Fräulein von blumenblatt. sieh doch nach.<br />

(lisette <strong>will</strong> zur Mitteltüre links.)<br />

Dritt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(weinb<strong>er</strong>l, christoph<strong>er</strong>l, Kutsch<strong>er</strong>, wacht<strong>er</strong>; die Vorigen.)<br />

(christoph<strong>er</strong>l hat von Frau von Fisch<strong>er</strong> den Burnus um und den<br />

Hut auf dem Kopfe.)<br />

wacht<strong>er</strong> (von außen). nur keine umständ’, ich weiß schon,<br />

was ich zu tun hab’. (Öffnet die Türe und läßt weinb<strong>er</strong>l und<br />

christoph<strong>er</strong>l vor <strong>sich</strong> eintreten.)<br />

weinb<strong>er</strong>l. ab<strong>er</strong> <strong>er</strong>lauben sie –<br />

wacht<strong>er</strong>. hi<strong>er</strong> hat niemand was zu <strong>er</strong>lauben.<br />

Fräulein von blumenblatt. ausgenommen ich, drum frag’<br />

ich, was d<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r <strong>sich</strong> hi<strong>er</strong> <strong>er</strong>laubt?<br />

wacht<strong>er</strong>. da sind zwei leut’, die müssen dableiben.<br />

Kutsch<strong>er</strong>. bald hätten wir nicht h<strong>er</strong>g’funden, was wir<br />

umg’fahr’n sein!<br />

Fräulein von blumenblatt. mit wache und in männlich<strong>er</strong><br />

begleitung – das kann doch nicht – Freund, das ist offenbar<br />

ein irrtum in d<strong>er</strong> wohnung.<br />

weinb<strong>er</strong>l. ich sag’, es is auch ein irrtum in die p<strong>er</strong>sonen.<br />

christoph<strong>er</strong>l. ich <strong>will</strong> den h<strong>er</strong>rn wacht<strong>er</strong> nicht beleidigen,<br />

ab<strong>er</strong> es scheint hi<strong>er</strong> ein rausch im spiel zu sein.<br />

weinb<strong>er</strong>l. gewiß, man hält uns für ein menschenpaar, welches<br />

wir nicht sind.<br />

dritt<strong>er</strong> aufzug. dritt<strong>er</strong> auftritt — seite 62


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

wacht<strong>er</strong> (zu weinb<strong>er</strong>l). das wird <strong>sich</strong> zeigen, in dem briefe<br />

steht alles drin. (Gibt Fräulein von blumenblatt einen<br />

Brief.)<br />

Fräulein von blumenblatt. ein brief – (die Adresse besehend)<br />

an mich –? (Erbricht den Brief und sieht nach d<strong>er</strong> Unt<strong>er</strong>schrift.)<br />

von meinem schwag<strong>er</strong> –? (Liest still.)<br />

christoph<strong>er</strong>l. na, also, jetzt wird <strong>sich</strong> ja alles aufklären.<br />

weinb<strong>er</strong>l. man wird uns freien abzug be<strong>will</strong>igen.<br />

christoph<strong>er</strong>l. auf d’letzt krieg’n wir noch eine<br />

entschädigung, daß wir nach haus fahren können.<br />

weinb<strong>er</strong>l. die klettenartige anhänglichkeit d<strong>er</strong> damen,<br />

die größe d<strong>er</strong> Zech’, die nähe des prinzipals, das waren<br />

gefahren; das hi<strong>er</strong> is eine Kind<strong>er</strong>ei, das hab’ ich ja gleich<br />

g’sagt, ein wacht<strong>er</strong>isch<strong>er</strong> balawatsch. (Zum wacht<strong>er</strong>.)<br />

Freund, sie haben uns mit bedeckung hieh<strong>er</strong> gebracht und<br />

<strong>sich</strong> selbst eine bedeutende blöße gegeben.<br />

Kutsch<strong>er</strong> (zum wacht<strong>er</strong>). wann das nicht d<strong>er</strong> rechte ort is, wo<br />

krieg’ ich dann meine fünf gulden?<br />

Fräulein von blumenblatt (nachdem sie gelesen). ah, jetzt bin<br />

ich im klaren.<br />

weinb<strong>er</strong>l. na also –<br />

Kutsch<strong>er</strong> (zu Fräulein von blumenblatt). eu<strong>er</strong> gnaden, ich<br />

soll fünf gulden kriegen.<br />

Fräulein von blumenblatt. lisette, bezahle den mann!<br />

Kutsch<strong>er</strong> (zum wacht<strong>er</strong>). Jetzt ist es halt doch d<strong>er</strong> rechte ort.<br />

(Mit lisetten links ab.)<br />

weinb<strong>er</strong>l (zu Fräulein von blumenblatt). nehmen’s eu<strong>er</strong><br />

gnaden nicht ungütig.<br />

christoph<strong>er</strong>l. wir können nix davor. (Wollen beide ab.)<br />

wacht<strong>er</strong> (ihnen entgegentretend). halt!<br />

Fräulein von blumenblatt (zu christoph<strong>er</strong>l und weinb<strong>er</strong>l).<br />

sie bleiben, beide!<br />

weinb<strong>er</strong>l (<strong>er</strong>staunt). was –?!<br />

Fräulein von blumenblatt (zu weinb<strong>er</strong>l). sie, mein h<strong>er</strong>r,<br />

sind eigentlich d<strong>er</strong> schuldige, doch auch das mädchen (auf<br />

christoph<strong>er</strong>l zeigend) ist nicht mind<strong>er</strong> strafbar.<br />

christoph<strong>er</strong>l (v<strong>er</strong>blüfft zu weinb<strong>er</strong>l). ich bin ein strafbares<br />

mädchen?!<br />

dritt<strong>er</strong> aufzug. dritt<strong>er</strong> auftritt — seite 63


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

weinb<strong>er</strong>l (v<strong>er</strong>blüfft zu christoph<strong>er</strong>l). und ich ein schuldig<strong>er</strong><br />

h<strong>er</strong>r?<br />

Fräulein von blumenblatt (zum wacht<strong>er</strong>). Für das mädchen<br />

steh’ ich –<br />

wacht<strong>er</strong>. und für den h<strong>er</strong>rn steh’ ich schildwacht vor d<strong>er</strong><br />

haustür auf d<strong>er</strong> stiegen draußt. (Im Abgehen zu Weinb<strong>er</strong>l.)<br />

gibt <strong>sich</strong> so leicht keine blöße, d<strong>er</strong> wacht<strong>er</strong>! (Geht zur<br />

Mitteltüre links ab.)<br />

Vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Fräulein von blumenblatt, weinb<strong>er</strong>l, christoph<strong>er</strong>l.)<br />

christoph<strong>er</strong>l. eu<strong>er</strong> gnaden!<br />

weinb<strong>er</strong>l. wollten eu<strong>er</strong> gnaden nicht die gewogenheit<br />

haben –<br />

christoph<strong>er</strong>l. uns mitzuteilen –<br />

weinb<strong>er</strong>l. was eigentlich in den briefe steht.<br />

Fräulein von blumenblatt. das können sie <strong>sich</strong> wohl<br />

denken, was ein onkel schreibt, dem man die nichte<br />

entführt.<br />

weinb<strong>er</strong>l. Ja, warum hat d<strong>er</strong> mann nicht bess<strong>er</strong> acht ’geben,<br />

ab<strong>er</strong> ich seh’ nicht ein, warum wir –<br />

Fräulein von blumenblatt. mein h<strong>er</strong>r, diese reden –<br />

christoph<strong>er</strong>l. so ein alt<strong>er</strong> schliffl is halt meistens sekkant, bis<br />

es einem mädl z’viel wird.<br />

Fräulein von blumenblatt. mamsell, in welchem tone<br />

sprechen sie von ihrem onkel? nachdem sie sein haus auf<br />

eine weise v<strong>er</strong>ließen –<br />

christoph<strong>er</strong>l. Ja so, ich bin also die nichte, die durch’gangen<br />

is?<br />

weinb<strong>er</strong>l. und ich bin d<strong>er</strong>, d<strong>er</strong> dieses Frauenzimm<strong>er</strong> (auf<br />

Christoph<strong>er</strong>l deutend) auf abwege gebracht hat?<br />

Fräulein von blumenblatt. wollen sie mich mit dies<strong>er</strong> Frage<br />

zum besten halten?<br />

weinb<strong>er</strong>l. Kein gedanke, ab<strong>er</strong> wir sind einmal hi<strong>er</strong> in ein<strong>er</strong> art<br />

gefangenschaft, und da möcht’ man halt doch g<strong>er</strong>n wissen,<br />

dritt<strong>er</strong> aufzug. vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> auftritt — seite 64


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

warum. (Leise zu christoph<strong>er</strong>l.) soll’n wir sagen, w<strong>er</strong> wir<br />

sind?<br />

christoph<strong>er</strong>l (leise zu weinb<strong>er</strong>l). das wär’ riski<strong>er</strong>t, d<strong>er</strong> teufel<br />

könnt’ sein spiel hab’n, daß d<strong>er</strong> prinzipal durch die dritte<br />

hand was <strong>er</strong>fahret. (Laut zu Fräulein von blumenblatt.)<br />

d<strong>er</strong> onkel wird wohl nicht lang ausbleiben?<br />

Fräulein von blumenblatt. <strong>er</strong> soll jeden augenblick hi<strong>er</strong><br />

sein.<br />

weinb<strong>er</strong>l (leise zu christoph<strong>er</strong>l). so lang können wir warten.<br />

christoph<strong>er</strong>l (leise zu weinb<strong>er</strong>l). da kommt dann die<br />

Konfusion von selbst ins reine.<br />

weinb<strong>er</strong>l (zu christoph<strong>er</strong>l). Freilich, wie dies<strong>er</strong> onkel uns<br />

sieht, hat die g’schicht’ ein end’.<br />

Fräulein von blumenblatt (welche die letzten Worte gehört<br />

hat). und ich sag’ ihnen: nein, sie soll kein ende haben;<br />

ich kann ja nicht grausam sein, wenn ich liebende sehe,<br />

das bündnis ihr<strong>er</strong> h<strong>er</strong>zen soll nicht z<strong>er</strong>rissen w<strong>er</strong>den.<br />

(Schnupft.)<br />

weinb<strong>er</strong>l. es kann eigentlich nicht z<strong>er</strong>reißen, weil –<br />

Fräulein von blumenblatt. weil ich, obschon ihr<br />

hartnäckiges leugnen meine güte nicht v<strong>er</strong>dient, alles<br />

v<strong>er</strong>mitteln und den Zorn meines schwag<strong>er</strong>s besänftigen<br />

<strong>will</strong>.<br />

weinb<strong>er</strong>l. also haben sie einen schwag<strong>er</strong>, d<strong>er</strong> zornig is?<br />

Fräulein von blumenblatt. wie können sie fragen? doch<br />

fassen sie mut, jung<strong>er</strong> mann!<br />

weinb<strong>er</strong>l. wenn sie <strong>er</strong>lauben –<br />

Fräulein von blumenblatt. hoffen sie, liebes mädchen.<br />

christoph<strong>er</strong>l. was soll ich denn eigentlich hoffen?<br />

Fräulein von blumenblatt. das beste! ihr seid Flüchtlinge,<br />

eu<strong>er</strong> schicksal rührt mich, denn es ist ja ganz wie mein<br />

schicksal. (Schnupft.) auch ich habe einst geliebt.<br />

christoph<strong>er</strong>l. das kann ich mir denken.<br />

Fräulein von blumenblatt. und d<strong>er</strong> mann, d<strong>er</strong> mich liebte –<br />

weinb<strong>er</strong>l (beiseite). das kann ich mir nicht denken.<br />

Fräulein von blumenblatt. war auch fürs entfliehen<br />

eingenommen wie sie, nur mit dem unt<strong>er</strong>schied, daß <strong>er</strong><br />

allein geflohen ist. (Schnupft.)<br />

dritt<strong>er</strong> aufzug. vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> auftritt — seite 65


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

weinb<strong>er</strong>l (für <strong>sich</strong>). ah, jetzt kann ich mir’s denken.<br />

Fräulein von blumenblatt. Flucht war es einmal, das ist<br />

gewiß. und wie gesagt, ich <strong>will</strong> nicht ruhen, bis ich so<br />

mit euch (nimmt beid<strong>er</strong> Hände) vor den v<strong>er</strong>söhnten oheim<br />

hintreten, eure hände ineinand<strong>er</strong> fügen (tut es) und ein<br />

glückliches paar segnen kann. (Macht eine segnende Attitüde.)<br />

weinb<strong>er</strong>l. christoph<strong>er</strong>l! (christoph<strong>er</strong>l kich<strong>er</strong>t laut.)<br />

Fräulein von blumenblatt (zu weinb<strong>er</strong>l). was für ein<br />

sch<strong>er</strong>z? wie können sie in einem so <strong>er</strong>nsten augenblick zu<br />

ihr<strong>er</strong> braut christoph<strong>er</strong>l sagen?<br />

(christoph<strong>er</strong>l platzt in lautes Gelächt<strong>er</strong> aus.)<br />

Fräulein von blumenblatt (sehr <strong>er</strong>nst zu christoph<strong>er</strong>l).<br />

lachen sie nicht, mamsell!<br />

Fünft<strong>er</strong> Auftritt<br />

(lisette, melchior; die Vorigen.)<br />

lisette (mit melchior zur Mitteltüre links eintretend). eu<strong>er</strong><br />

gnaden, d<strong>er</strong> mensch läßt <strong>sich</strong> nicht abweisen. (Zu<br />

melchior, auf ihre gebiet<strong>er</strong>in zeigend.) hi<strong>er</strong> ist das gnädige<br />

Fräulein. (Geht zur Mitteltüre links ab.)<br />

melchior. das is ein Fräule? das is klassisch.<br />

Fräulein von blumenblatt. was <strong>will</strong> <strong>er</strong>?<br />

melchior. mein h<strong>er</strong>r schickt mich h<strong>er</strong>, ich soll d<strong>er</strong><br />

eu<strong>er</strong>gnadenfräul’n sag’n –<br />

weinb<strong>er</strong>l (<strong>sich</strong> d<strong>er</strong> P<strong>er</strong>son Melchiors besinnend). christoph<strong>er</strong>l,<br />

das is ja –<br />

melchior (weinb<strong>er</strong>l und christoph<strong>er</strong>l betrachtend). sie sein<br />

s’? ah, das is stark.<br />

Fräulein von blumenblatt (zu weinb<strong>er</strong>l). ist ihnen d<strong>er</strong><br />

mensch bekannt, h<strong>er</strong>r von sond<strong>er</strong>s?<br />

weinb<strong>er</strong>l. das heißt, ich hab’ ihn wohl g’sehen. (Leise zu<br />

christoph<strong>er</strong>l.) h<strong>er</strong>r von sond<strong>er</strong>s hat s’ zu mir g’sagt,<br />

wenn ich mich nicht irr’ – ich kenn’ ihn gar nicht –<br />

christoph<strong>er</strong>l (leise zu weinb<strong>er</strong>l). ich auch nicht.<br />

weinb<strong>er</strong>l (leise zu christoph<strong>er</strong>l). ab<strong>er</strong> so heißt ja d<strong>er</strong> –<br />

dritt<strong>er</strong> aufzug. Fünft<strong>er</strong> auftritt — seite 66


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

christoph<strong>er</strong>l (leise zu weinb<strong>er</strong>l). d<strong>er</strong> unsr<strong>er</strong> Fräul<strong>er</strong> z’ haus<br />

nachsteigt –<br />

melchior (zu weinb<strong>er</strong>l). schamen sie <strong>sich</strong>! das is eine<br />

aufführung!<br />

Fräulein von blumenblatt. wie kommt <strong>er</strong> dazu, diesem<br />

h<strong>er</strong>rn ein rep<strong>er</strong>ement –<br />

melchior. weil mein h<strong>er</strong>r dem h<strong>er</strong>rn seine Zech’ hat müssen<br />

zahl’n.<br />

Fräulein von blumenblatt. eine Zeche?<br />

melchior. Ja, sonst hätt’ d<strong>er</strong> Kelln<strong>er</strong> die damen ’pfänd’t.<br />

Fräulein von blumenblatt. was für damen?<br />

melchior. nicht eigentliche damen, sond<strong>er</strong>n nur, was man so<br />

sagt. dies<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r – (zu weinb<strong>er</strong>l) schamen sie <strong>sich</strong>! – (zu<br />

Fräulein von blumenblatt) war in einem garten mit zwei<br />

Frauenzimm<strong>er</strong>n, die ich anfangs für weibsbild<strong>er</strong> g’halten<br />

hab’, wo <strong>sich</strong>’s ab<strong>er</strong> nachh<strong>er</strong> gezeigt hat, daß es witwen<br />

waren. (Zu Weinb<strong>er</strong>l.) schamen sie <strong>sich</strong> –<br />

Fräulein von blumenblatt. w<strong>er</strong> soll aus diesem gewäsch<br />

klug w<strong>er</strong>den?<br />

melchior (in v<strong>er</strong>ächtlichem Tone zu weinb<strong>er</strong>l). mit damen<br />

wohin gehen und nicht zahlen! schamen sie <strong>sich</strong>.<br />

Fräulein von blumenblatt (zu melchior). w<strong>er</strong>d’ ich jetzt<br />

<strong>er</strong>fahren –?<br />

melchior (wie oben zu weinb<strong>er</strong>l). mit damen und nicht<br />

zahlen, das is klassisch.<br />

Fräulein von blumenblatt (ärg<strong>er</strong>lich zu melchior). Jetzt<br />

frag’ ich ihn zum letztenmal –<br />

melchior (wie oben zu weinb<strong>er</strong>l). schamen sie <strong>sich</strong>!<br />

Fräulein von blumenblatt (wie oben). w<strong>er</strong> ist sein h<strong>er</strong>r?<br />

melchior. d<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r von Zangl<strong>er</strong>.<br />

Fräulein von blumenblatt. und kommt sein h<strong>er</strong>r zu mir?<br />

melchior. eu<strong>er</strong>gnadenfräul<strong>er</strong>, da hat <strong>er</strong> nix g’sagt.<br />

weinb<strong>er</strong>l (für <strong>sich</strong>). gott sei dank!<br />

christoph<strong>er</strong>l (leise zu weinb<strong>er</strong>l). wenn <strong>er</strong> ab<strong>er</strong> doch –<br />

Fräulein von blumenblatt. was ist also eigentlich seine<br />

sendung?<br />

melchior. d<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r von Zangl<strong>er</strong> laßt ihnen sagen, <strong>er</strong> hat ihnen<br />

da zwei leut’ g’schickt –<br />

dritt<strong>er</strong> aufzug. Fünft<strong>er</strong> auftritt — seite 67


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

weinb<strong>er</strong>l und christoph<strong>er</strong>l (<strong>er</strong>schrocken). d<strong>er</strong> prinzipal hat<br />

uns –?<br />

melchior. <strong>er</strong> hat nämlich den (auf weinb<strong>er</strong>l zeigend) für’n<br />

h<strong>er</strong>rn von sond<strong>er</strong>s und diese (auf christoph<strong>er</strong>l zeigend)<br />

für seine durchgegangene mündel gehalten; sie sein’s ab<strong>er</strong><br />

nicht, drum soll’n s’ die eu<strong>er</strong>gnadnfräul<strong>er</strong> fortlassen.<br />

christoph<strong>er</strong>l und weinb<strong>er</strong>l. das is g’scheit!<br />

Fräulein von blumenblatt. wie? das ist ja ganz das<br />

gegenteil von dem, was in dem soeben <strong>er</strong>haltenen briefe<br />

steht. (Zu weinb<strong>er</strong>l und christoph<strong>er</strong>l.) ich lasse sie nicht<br />

fort.<br />

christoph<strong>er</strong>l. was?<br />

Fräulein von blumenblatt. dies<strong>er</strong> mensch da scheint mir<br />

unt<strong>er</strong> d<strong>er</strong> maske d<strong>er</strong> dummheit einen schlauen plan zu<br />

v<strong>er</strong>b<strong>er</strong>gen; scheint mit ihnen einv<strong>er</strong>standen, sie von hi<strong>er</strong><br />

fortzubringen. draus wird ab<strong>er</strong> nichts, v<strong>er</strong>mittl<strong>er</strong>in <strong>will</strong> ich<br />

sein, ab<strong>er</strong> –<br />

melchior. ab<strong>er</strong> eu<strong>er</strong> gnadenfräul’n, das is ja d<strong>er</strong>, d<strong>er</strong> <strong>sich</strong><br />

schamen soll –<br />

christoph<strong>er</strong>l. wenn d<strong>er</strong> alte selbst sagen laßt –<br />

Fräulein von blumenblatt. Zum letzten male, marie,<br />

schweigen sie!<br />

Sechst<strong>er</strong> Auftritt<br />

(lisette; die Vorigen.)<br />

lisette (zur Mitteltüre eintretend). eu<strong>er</strong> gnaden, es is ein h<strong>er</strong>r<br />

weinb<strong>er</strong>l draußen.<br />

weinb<strong>er</strong>l. was, draußt is ein weinb<strong>er</strong>l?<br />

Fräulein von blumenblatt. und was <strong>will</strong> d<strong>er</strong> mensch?<br />

lisette. d<strong>er</strong> mensch kommt von h<strong>er</strong>rn von Zangl<strong>er</strong>.<br />

melchior. ich komme von h<strong>er</strong>rn von Zangl<strong>er</strong>. das is ja<br />

wid<strong>er</strong>spruch.<br />

Fräulein von blumenblatt (zu lisette). mein schwag<strong>er</strong> also<br />

hat mir den menschen geschickt?<br />

dritt<strong>er</strong> aufzug. sechst<strong>er</strong> auftritt — seite 68


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

melchior (zu Fräulein von blumenblatt). d<strong>er</strong> schwag<strong>er</strong><br />

hat mich geschickt, und die sagt, <strong>er</strong> hat einen menschen<br />

geschickt, das is ja wid<strong>er</strong>spruch.<br />

lisette. eu<strong>er</strong> gnaden möchten ihm Zutritt in ihrem hause<br />

gestatten, denn sein auftrag ist, das benehmen des Fräulein<br />

Zangl<strong>er</strong> (auf Christoph<strong>er</strong>l zeigend) zu beobachten und<br />

darüb<strong>er</strong> h<strong>er</strong>rn Zangl<strong>er</strong> zu rapporti<strong>er</strong>en.<br />

Fräulein von blumenblatt (<strong>sich</strong> besinnend). weinb<strong>er</strong>l –? ach,<br />

jetzt <strong>er</strong>inn<strong>er</strong>e ich mich, das ist ja sein Kommis, den <strong>er</strong> mir<br />

oft als ein must<strong>er</strong> von solidität g<strong>er</strong>ühmt, auf den <strong>er</strong> <strong>sich</strong><br />

v<strong>er</strong>lassen kann wie auf <strong>sich</strong> selbst – o, nur h<strong>er</strong>ein, <strong>er</strong> ist mir<br />

<strong>will</strong>kommen. (lisette geht zur Mitteltüre links ab.)<br />

weinb<strong>er</strong>l (zu christoph<strong>er</strong>l). Jetzt kommt’s auf, wie solid ich<br />

bin; ab<strong>er</strong> auf den weinb<strong>er</strong>l bin ich begi<strong>er</strong>ig.<br />

melchior. das sind ja ab<strong>er</strong> laut<strong>er</strong> wid<strong>er</strong>sprüche.<br />

Fräulein von blumenblatt (böse zu melchior). Kein wort<br />

mehr! (Zu weinb<strong>er</strong>l.) Für meine v<strong>er</strong>mittlungspläne ist es<br />

mir lieb<strong>er</strong>, daß h<strong>er</strong>r weinb<strong>er</strong>l kommt, als wenn schwag<strong>er</strong><br />

Zangl<strong>er</strong> selbst gekommen wäre.<br />

weinb<strong>er</strong>l. das wär’ auf alle Fäll’ das unangenehmste<br />

gewesen.<br />

Siebent<strong>er</strong> Auftritt<br />

(sond<strong>er</strong>s, lisette; die Vorigen.)<br />

sond<strong>er</strong>s (von lisetten h<strong>er</strong>eingeführt, zu Fräulein von<br />

blumenblatt). gnädiges Fräulein –<br />

Fräulein von blumenblatt (zu sond<strong>er</strong>s). ich bin sehr <strong>er</strong>freut,<br />

ihre p<strong>er</strong>sönliche bekanntschaft – (präsenti<strong>er</strong>t dem weinb<strong>er</strong>l,<br />

den sie für Sond<strong>er</strong>s hält, diesen als H<strong>er</strong>rn Weinb<strong>er</strong>l, und dem<br />

wirklichen sond<strong>er</strong>s, den sie für Weinb<strong>er</strong>l hält, den weinb<strong>er</strong>l<br />

als H<strong>er</strong>r von Sond<strong>er</strong>s.) hi<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r weinb<strong>er</strong>l, hi<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r von<br />

sond<strong>er</strong>s – doch die h<strong>er</strong>rn kennen <strong>sich</strong> wohl?<br />

(sond<strong>er</strong>s und weinb<strong>er</strong>l <strong>machen</strong> <strong>sich</strong> gegenseitig sehr<br />

befremdet das Kompliment.)<br />

sond<strong>er</strong>s. ich hab’ nicht die ehre, den h<strong>er</strong>rn von sond<strong>er</strong>s –<br />

dritt<strong>er</strong> aufzug. siebent<strong>er</strong> auftritt — seite 69


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

weinb<strong>er</strong>l. und ich hab’ nicht die ehre, den h<strong>er</strong>rn von<br />

weinb<strong>er</strong>l zu kennen.<br />

melchior (welch<strong>er</strong> links steht, sond<strong>er</strong>s, d<strong>er</strong> auf d<strong>er</strong> rechten Seite<br />

steht, betrachtend). den soll ich – das is ja –<br />

sond<strong>er</strong>s (für <strong>sich</strong>). da hat <strong>sich</strong> ein<strong>er</strong> für mich ausgegeben, wie<br />

kommt d<strong>er</strong> ab<strong>er</strong> dazu, begleit<strong>er</strong> mein<strong>er</strong> marie zu sein? (Auf<br />

den v<strong>er</strong>schlei<strong>er</strong>ten christoph<strong>er</strong>l hinüb<strong>er</strong>sehend.) sie gibt mir<br />

kein Zeichen –!<br />

Fräulein von blumenblatt (zu sond<strong>er</strong>s). wird mein<br />

schwag<strong>er</strong> Zangl<strong>er</strong> zu mir kommen?<br />

sond<strong>er</strong>s. ich glaube, nicht so bald. (Für <strong>sich</strong>.) ich hoffe es<br />

wenigstens.<br />

Fräulein von blumenblatt (<strong>sich</strong> zu weinb<strong>er</strong>l wendend). nun<br />

sehen sie, h<strong>er</strong>r von sond<strong>er</strong>s – (spricht leise mit weinb<strong>er</strong>l<br />

weit<strong>er</strong>.)<br />

melchior. ah, das wär’ zu keck! (Schleicht näh<strong>er</strong> zu sond<strong>er</strong>s.)<br />

sond<strong>er</strong>s (benützt den Augenblick, wo Fräulein von<br />

blumenblatt mit weinb<strong>er</strong>l spricht, und ruft mit<br />

unt<strong>er</strong>drückt<strong>er</strong> Stimme auf den an d<strong>er</strong> linken Ecke d<strong>er</strong> Bühne<br />

stehenden christoph<strong>er</strong>l, den <strong>er</strong> für marien hält, zu). marie!<br />

(Gibt durch Zeichen zu v<strong>er</strong>stehen, daß <strong>er</strong> nicht wisse, wie sie zu<br />

dies<strong>er</strong> Begleitung gekommen.)<br />

christoph<strong>er</strong>l (d<strong>er</strong> dies bem<strong>er</strong>kt, für <strong>sich</strong>). ich rühr’ mich nicht.<br />

sond<strong>er</strong>s (für <strong>sich</strong>). wenn sie nur den schlei<strong>er</strong> wegtäte, daß ich<br />

in ihren blicken lesen könnt’!<br />

melchior (sond<strong>er</strong>s anpackend). das is d<strong>er</strong> eigentliche!<br />

entdeckung, betrug, falsche vorspieglung!<br />

sond<strong>er</strong>s (melchior zurückstoßend). was unt<strong>er</strong>steht <strong>er</strong> <strong>sich</strong>?s<br />

Fräulein von blumenblatt (üb<strong>er</strong> Melchiors Kühnheit entrüstet).<br />

was soll das?<br />

melchior. eu<strong>er</strong> gnad’n! (Auf sond<strong>er</strong>s deutend.) d<strong>er</strong> hat mit<br />

ihnen falsche vorspieglung getrieben, hi<strong>er</strong> ist von weinb<strong>er</strong>l<br />

keine spur.<br />

sond<strong>er</strong>s. was <strong>will</strong> dies<strong>er</strong> mensch? w<strong>er</strong> ist <strong>er</strong>?<br />

Fräulein von blumenblatt (zu sond<strong>er</strong>s). was, sie kennen<br />

ihn nicht? und <strong>er</strong> hat <strong>sich</strong> für einen dien<strong>er</strong> des h<strong>er</strong>rn von<br />

Zangl<strong>er</strong> ausgegeben! da h<strong>er</strong>rscht betrug! das h<strong>er</strong>rscht<br />

dritt<strong>er</strong> aufzug. siebent<strong>er</strong> auftritt — seite 70


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

betrug! lisette, schicke sogleich den wacht<strong>er</strong> h<strong>er</strong>ein.<br />

(lisette geht zur Mitteltüre links ab.)<br />

weinb<strong>er</strong>l (zu christoph<strong>er</strong>l). da gibt’s spektakel,<br />

währenddessen kriegen wir luft.<br />

melchior (zu Fräulein von blumenblatt). eu<strong>er</strong> gnaden<br />

lassen den wacht<strong>er</strong> holen, ich <strong>will</strong> doch nicht hoffen –<br />

Fräulein von blumenblatt (<strong>er</strong>zürnt). seine Frechheit soll ihm<br />

teu<strong>er</strong> zu stehen kommen.<br />

melchior. w<strong>er</strong> is frech? (Auf sond<strong>er</strong>s zeigend.) d<strong>er</strong> is frech,<br />

denn da is von weinb<strong>er</strong>l keine spur. – (Auf weinb<strong>er</strong>l<br />

zeigend.) d<strong>er</strong> is frech, denn da is von Zech’zahl’n keine<br />

spur, ab<strong>er</strong> ich –<br />

Acht<strong>er</strong> Auftritt<br />

(d<strong>er</strong> wacht<strong>er</strong>; die Vorigen, dann lisette.)<br />

wacht<strong>er</strong> (tritt zur Mitteltüre links ein). ich soll wem<br />

hinausw<strong>er</strong>fen?<br />

Fräulein von blumenblatt (auf melchior zeigend).<br />

bemächtige <strong>er</strong> <strong>sich</strong> dieses betrüg<strong>er</strong>s!<br />

melchior. was?!<br />

weinb<strong>er</strong>l (leise zu christoph<strong>er</strong>l). bei d<strong>er</strong> gelegenheit fahr’n<br />

wir ab.<br />

melchior. den wacht<strong>er</strong> schicken s’ üb<strong>er</strong> mich! hi<strong>er</strong><br />

wimmelt’s von Frevl<strong>er</strong>n, ich bin vielleicht d<strong>er</strong> einzige<br />

unschuldige im ganzen Zimm<strong>er</strong> und mich führen s’ ein –<br />

ah, das is klassisch!<br />

wacht<strong>er</strong>. nur nicht viel g’schichten g’macht!<br />

melchior (während ihn d<strong>er</strong> wacht<strong>er</strong> gegen die Mitteltüre links<br />

führt). wenn das mein h<strong>er</strong>r sähet! wacht<strong>er</strong> – lieb<strong>er</strong> wacht<strong>er</strong>!<br />

(christoph<strong>er</strong>l und weinb<strong>er</strong>l haben <strong>sich</strong> ebenfalls, um<br />

während des Tumultes zu echappi<strong>er</strong>en, d<strong>er</strong>selben Türe genäh<strong>er</strong>t.)<br />

lisette (läuft zur Mitteltüre links h<strong>er</strong>ein). d<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r von Zangl<strong>er</strong><br />

is da!<br />

weinb<strong>er</strong>l, christoph<strong>er</strong>l, sond<strong>er</strong>s (<strong>er</strong>schrocken, jed<strong>er</strong> für <strong>sich</strong>).<br />

d<strong>er</strong> Zangl<strong>er</strong> –!!?<br />

dritt<strong>er</strong> aufzug. acht<strong>er</strong> auftritt — seite 71


(Alle drei stürzen a tempo, sond<strong>er</strong>s zur Mitteltüre rechts,<br />

weinb<strong>er</strong>l zur Seitentüre rechts, christoph<strong>er</strong>l zur Seitentüre<br />

links, ab.)<br />

melchior. das is g’scheit!<br />

lisette. ab<strong>er</strong> Fräul’n –! (Eilt christoph<strong>er</strong>l nach.)<br />

Fräulein von blumenblatt. mein schwag<strong>er</strong> – alles läuft<br />

davon – auch h<strong>er</strong>r weinb<strong>er</strong>l fort –?<br />

Neunt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Fräulein von blumenblatt, wacht<strong>er</strong>, melchior, dazu<br />

Zangl<strong>er</strong>, madame Knorr, Frau von Fisch<strong>er</strong>, marie.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong> ist ohne Hut und Mantel in Häubchen und<br />

Schal.)<br />

Zangl<strong>er</strong> (mit beiden Frauen am Arme, zur Mitteltüre links<br />

eintretend). schwäg<strong>er</strong>in, da sind wir – was is das? d<strong>er</strong><br />

wacht<strong>er</strong> hat mein’ melchior beim schößel –?<br />

Fräulein von blumenblatt (auf melchior zeigend). also<br />

wäre das –?<br />

melchior (zu Zangl<strong>er</strong>). o, sagen s’ ihr’s, w<strong>er</strong> bin ich!<br />

Zangl<strong>er</strong> (zu Fräulein von blumenblatt). mein dumm<strong>er</strong><br />

hausknecht.<br />

melchior (zu Fräulein von blumenblatt). sehn sie,<br />

schwäg<strong>er</strong>in meines h<strong>er</strong>rn? (Zu Zangl<strong>er</strong>.) hab’n sie einen<br />

Kommis, d<strong>er</strong> weinb<strong>er</strong>l heißt?<br />

Zangl<strong>er</strong>. Ja.<br />

melchior. und wo is d<strong>er</strong> weinb<strong>er</strong>l?<br />

Zangl<strong>er</strong>. Zu haus, beim g’schäft.<br />

melchior (zu Fräulein von blumenblatt). sehn sie,<br />

schwäg<strong>er</strong>in meines h<strong>er</strong>rn?<br />

Zangl<strong>er</strong> (zu Fräulein von blumenblatt). ab<strong>er</strong>, jetzt sag’<br />

mir –<br />

melchior (zu Zangl<strong>er</strong>, ihn unt<strong>er</strong>brechend). ruhig! war das<br />

nicht ein unrecht’s paar leut’, die sie h<strong>er</strong>g’schickt hab’n?<br />

Zangl<strong>er</strong>. Freilich!<br />

melchior (zu Fräulein von blumenblatt). sehn sie,<br />

schwäg<strong>er</strong>in meines h<strong>er</strong>rn?<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

dritt<strong>er</strong> aufzug. neunt<strong>er</strong> auftritt — seite 72


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

Fräulein von blumenblatt. Ja, wenn’s so ist –<br />

Zangl<strong>er</strong> (zu Fräulein von blumenblatt). Jetzt muß ich dir<br />

ab<strong>er</strong> vor allem hi<strong>er</strong> meine braut und hi<strong>er</strong> ihre Freundin,<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>, vorstellen.<br />

Fräulein von blumenblatt. ah, scharmant!<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong> und madame Knorr. Freut uns unendlich,<br />

die ehre zu haben.<br />

Zangl<strong>er</strong>. morgen is hochzeit.<br />

Fräulein von blumenblatt. du weißt, ich geh’ zu kein<strong>er</strong><br />

hochzeit, denn mein schicksal –! (Schnupft.) ab<strong>er</strong> wie<br />

kommt das so schnell?<br />

Zangl<strong>er</strong>. Ja, ich geh’ d<strong>er</strong> meinigen nicht mehr von d<strong>er</strong> seiten,<br />

es sind gründe –<br />

madame Knorr (leise zu Zangl<strong>er</strong>). blami<strong>er</strong>en sie mich doch<br />

nicht!<br />

Zangl<strong>er</strong> (zu melchior). du fahrst jetzt gleich zu mir<br />

nach haus, rebellst alles auf, daß schleunigst zu die<br />

hochzeitsanstalten g’schaut wird. (Zu den beiden Frauen.)<br />

wir soupi<strong>er</strong>en bei mein<strong>er</strong> schwäg<strong>er</strong>in und fahr’n dann<br />

gleich nach. (Zu melchior.) mit tagesanbruch kommen wir<br />

an.<br />

melchior. wird alles besorgt, ab<strong>er</strong> –<br />

Fräulein von blumenblatt (zu melchior). Freund, nimm <strong>er</strong><br />

das, weil ich ihm unrecht getan. (Reicht ihm Geld.)<br />

melchior. sie sehn es ein, das ist mir genug. (Nimmt das Geld.<br />

Zu Zangl<strong>er</strong>.) ab<strong>er</strong> sagen sie ihr nur das noch –<br />

Zangl<strong>er</strong>. daß du ein esel bist.<br />

melchior (<strong>will</strong> Zangl<strong>er</strong> etwas sagen, unt<strong>er</strong>drückt es ab<strong>er</strong>). die<br />

schwäg<strong>er</strong>in sieht es ein, das is mir genug. (Geht zur Mitte<br />

links ab.)<br />

dritt<strong>er</strong> aufzug. neunt<strong>er</strong> auftritt — seite 73


Zehnt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Die Vorigen ohne melchior.)<br />

Fräulein von blumenblatt. ab<strong>er</strong> wie ist denn das? du hast<br />

mir also nicht deine mündel geschickt?<br />

Zangl<strong>er</strong> (auf marien zeigend). nein, hi<strong>er</strong> bring’ ich dir die<br />

mißratne, und üb<strong>er</strong>geb’ sie dein<strong>er</strong> obhut.<br />

marie. gnädige Frau tant’ –! (Küßt ihr die Hand.)<br />

Fräulein von blumenblatt (zu Zangl<strong>er</strong>). was waren denn<br />

das h<strong>er</strong>nach für leute?<br />

Zangl<strong>er</strong>. das weiß ich nicht.<br />

Fräulein von blumenblatt. sie sind noch hi<strong>er</strong>.<br />

Zangl<strong>er</strong>. so? bei denen muß ich mich ja entschuldigen.<br />

Fräulein von blumenblatt. wie sie hörten, daß du kommst,<br />

sind sie, jedes zu ein<strong>er</strong> and<strong>er</strong>n tür, hinausgestürzt.<br />

Zangl<strong>er</strong>. das is kurios.<br />

Elft<strong>er</strong> Auftritt<br />

(lisette; die Vorigen.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

lisette (einen Schlei<strong>er</strong> in d<strong>er</strong> Hand, kommt aus d<strong>er</strong> Seitentüre<br />

links). die Fräul’n Zangl<strong>er</strong> ist in das gelbe Kabinett<br />

gelaufen und hat von innen zug<strong>er</strong>iegelt. sie macht um<br />

keinen preis auf; d<strong>er</strong> schlei<strong>er</strong> von ihrem hute ist an d<strong>er</strong><br />

türschnalle hängen geblieben.<br />

Fräulein von blumenblatt (zu Zangl<strong>er</strong>). was sagen sie<br />

dazu?<br />

Zangl<strong>er</strong>. hm! hm! –<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong> (den Schlei<strong>er</strong> besehend). das ist d<strong>er</strong> schlei<strong>er</strong><br />

von meinem hut.<br />

madame Knorr (ebenfalls den Schlei<strong>er</strong> betrachtend). Freilich, da<br />

ist d<strong>er</strong> rostfleck.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong>. hat die p<strong>er</strong>son nicht auch einen mantel,<br />

g<strong>er</strong>ade so (auf marie deutend) wie die Fräul’n hi<strong>er</strong>?<br />

Fräulein von blumenblatt. Ja, braun quadrilli<strong>er</strong>t, ganz so.<br />

madame Knorr. ’s sind beide in meinem magazin gekauft.<br />

dritt<strong>er</strong> aufzug. Zehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 74


Frau von Fisch<strong>er</strong> (zu Fräulein von blumenblatt). sie<br />

müssen wissen, ich bin schändlich bestohlen worden.<br />

Zangl<strong>er</strong>. da müssen wir auf den grund – (zu lisette)<br />

mamsell, sp<strong>er</strong>r’n sie die türe, wo die p<strong>er</strong>son drin is,<br />

g’schwind von auswendig zu.<br />

lisette. sogleich. (Eilt zur Seitentüre links ab.)<br />

Zangl<strong>er</strong>. und dann – he, wacht<strong>er</strong>!<br />

wacht<strong>er</strong>. befehl’n?<br />

Zangl<strong>er</strong>. <strong>er</strong> holt assistenz und sp<strong>er</strong>rt von außen die haustür’<br />

zu.<br />

wacht<strong>er</strong>. sehr wohl. (Zur Mitteltüre links ab.)<br />

Fräulein von blumenblatt. ich zitt<strong>er</strong>e.<br />

Zangl<strong>er</strong>. Kommen sie, meine damen, hi<strong>er</strong> gibt’s eine<br />

spitzbüb<strong>er</strong>ei, die ins abnorme geht. (Mit sämtlichen<br />

Frauenzimm<strong>er</strong>n zur Seitentüre rechts ab.)<br />

V<strong>er</strong>wandlung<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

(Garten im Hause des Fräulein von Blumenblatt, im Hint<strong>er</strong>grunde<br />

zieht <strong>sich</strong> die Gartenmau<strong>er</strong> üb<strong>er</strong> die ganze Bühne. Rechts ist ein<br />

vorgebaut<strong>er</strong> praktikabl<strong>er</strong> Teil des Hauses, ein Stock hoch, mit<br />

Glasfenst<strong>er</strong>n sowohl nach vorne als gegen die Seite. Durch die<br />

Fenst<strong>er</strong> sieht man in das früh<strong>er</strong> besprochene gelbe Kabinett, welches<br />

jedoch nicht <strong>er</strong>leuchtet ist; die Bühne ist ganz finst<strong>er</strong>.)<br />

Zwölft<strong>er</strong> Auftritt<br />

(weinb<strong>er</strong>l, spät<strong>er</strong> christoph<strong>er</strong>l am Fenst<strong>er</strong>.)<br />

weinb<strong>er</strong>l (allein, aus dem Hint<strong>er</strong>grunde links auftretend). es is<br />

umsonst, d<strong>er</strong> ort, wo d<strong>er</strong> Zimm<strong>er</strong>mann ’s loch g’macht hat,<br />

is nicht zu finden. Fluch dem schloss<strong>er</strong>, d<strong>er</strong> dieses haustor<br />

vollendet, dreimal Fluch dem maur<strong>er</strong>, d<strong>er</strong> diesen garten<br />

umzäunt, und hund<strong>er</strong>tfünfzigmal Fluch denen and<strong>er</strong>thalb<br />

Zenten leib’sg’wicht, die mich hind<strong>er</strong>n, auf den Flügeln<br />

d<strong>er</strong> angst hinüb<strong>er</strong> zu saltomortalisi<strong>er</strong>en. in jedem schatten<br />

seh’ ich einen Zangl<strong>er</strong>, in jedem g<strong>er</strong>äusch hör’ ich einen<br />

dritt<strong>er</strong> aufzug. Zwölft<strong>er</strong> auftritt — seite 75


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

Zangl<strong>er</strong>, die ganze natur hat <strong>sich</strong> für mich in ein schrecknis<br />

aufgelöst, und das heißt Zangl<strong>er</strong>! diese mau<strong>er</strong> muß eine<br />

weitschichtige mahm von d<strong>er</strong> chinesischen sein – ich muß<br />

doch noch amal – (v<strong>er</strong>sucht die Mau<strong>er</strong> zu <strong>er</strong>klett<strong>er</strong>n) es is zu<br />

hoch, ich kann nicht hinauf.<br />

christoph<strong>er</strong>l (im Frauenzimm<strong>er</strong>-Mantel und Hut, wie früh<strong>er</strong>,<br />

öffnet das Fenst<strong>er</strong> und sieht h<strong>er</strong>aus). es ist zu hoch, ich kann<br />

nicht h<strong>er</strong>ab.<br />

weinb<strong>er</strong>l. christoph, sind sie’s?<br />

christoph<strong>er</strong>l. Ja, ich bin’s. h<strong>er</strong>r weinb<strong>er</strong>l, sind sie’s?<br />

weinb<strong>er</strong>l. Ja, ich bin’s.<br />

christoph<strong>er</strong>l. helfen s’ mir, ich riski<strong>er</strong> jeden augenblick,<br />

daß man die türe einsprengt und mich vor den prinzipal<br />

schleppt.<br />

weinb<strong>er</strong>l. mein risiko is dasselbe.<br />

christoph<strong>er</strong>l. wir sind also vord<strong>er</strong>hand v<strong>er</strong>loren.<br />

weinb<strong>er</strong>l. wenn keine leit<strong>er</strong> vom himmel fällt, wenn nicht<br />

durch ein wund<strong>er</strong> <strong>sich</strong> sprisseln in d<strong>er</strong> luft gestalten,<br />

rettungslos v<strong>er</strong>loren.<br />

christoph<strong>er</strong>l (<strong>sich</strong> zum Fenst<strong>er</strong> h<strong>er</strong>ausbeugend). da kommt<br />

w<strong>er</strong> –<br />

weinb<strong>er</strong>l. d<strong>er</strong> Zangl<strong>er</strong> –! (V<strong>er</strong>birgt <strong>sich</strong> links hint<strong>er</strong> ein Gebüsch.)<br />

Dreizehnt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(sond<strong>er</strong>s; die Vorigen.)<br />

sond<strong>er</strong>s (kommt mit ein<strong>er</strong> Leit<strong>er</strong> aus dem Vord<strong>er</strong>grunde rechts).<br />

d<strong>er</strong> Fund kam zur gelegenen Zeit, auf dies<strong>er</strong> gartenleit<strong>er</strong><br />

gelang’ ich üb<strong>er</strong> die mau<strong>er</strong>, dann heißt es wied<strong>er</strong> einen<br />

günstigen moment, wo ich mich mein<strong>er</strong> marie näh<strong>er</strong>n kann,<br />

mit geduld abwarten. geduld – v<strong>er</strong>dammtes wort! – im<br />

wört<strong>er</strong>buch d<strong>er</strong> liebenden ist’s nicht zu finden. (Will <strong>sich</strong><br />

d<strong>er</strong> Mau<strong>er</strong> näh<strong>er</strong>n.)<br />

weinb<strong>er</strong>l (für <strong>sich</strong>). soll ich ihn anreden –?<br />

christoph<strong>er</strong>l. pst! pst!<br />

dritt<strong>er</strong> aufzug. dreizehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 76


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

sond<strong>er</strong>s. geht das mich an –? (Sieht zum Fenst<strong>er</strong> hinauf.) ein<br />

Frauenzimm<strong>er</strong>! – täuscht mich die dunkelheit –!? nein,<br />

marie, du bist’s, meine geliebte marie!<br />

christoph<strong>er</strong>l (mit gedämpft<strong>er</strong>, v<strong>er</strong>stellt<strong>er</strong> Stimme). Ja! –<br />

weinb<strong>er</strong>l (für <strong>sich</strong>). das is auf die art niemand and<strong>er</strong><strong>er</strong> als d<strong>er</strong><br />

h<strong>er</strong>r von sond<strong>er</strong>s.<br />

sond<strong>er</strong>s. o, komm h<strong>er</strong>ab, die leit<strong>er</strong> soll dich in meine arme<br />

und dann uns beide ins Freie führen.<br />

christoph<strong>er</strong>l (wie oben). wohlan!<br />

sond<strong>er</strong>s (lehnt die Leit<strong>er</strong> an das Haus). so steig nur mutig zum<br />

Fenst<strong>er</strong> h<strong>er</strong>aus.<br />

(christoph<strong>er</strong>l steigt h<strong>er</strong>ab.)<br />

sond<strong>er</strong>s. Zittre nicht, ich w<strong>er</strong>de die leit<strong>er</strong> halten. und nicht<br />

wahr, liebe marie, das paket mit den dokumenten, die wir<br />

zur trauung brauchen, hast du?<br />

christoph<strong>er</strong>l. nein. (Ist eben auf d<strong>er</strong> unt<strong>er</strong>sten Sprosse<br />

angelangt.)<br />

sond<strong>er</strong>s (bestürzt). wo ließest du’s?<br />

christoph<strong>er</strong>l (auf das Fenst<strong>er</strong> hinaufzeigend). dort –<br />

sond<strong>er</strong>s. v<strong>er</strong>gessen dort oben? – das muß ich holen. (Eilt die<br />

Leit<strong>er</strong> hinan und steigt rasch zum Fenst<strong>er</strong> hinein.)<br />

christoph<strong>er</strong>l. auf’n tisch rechts. (Nachdem sond<strong>er</strong>s ins<br />

Fenst<strong>er</strong> gestiegen.) g’schwind, weinb<strong>er</strong>l, die leit<strong>er</strong> is<br />

<strong>er</strong>ob<strong>er</strong>t!<br />

weinb<strong>er</strong>l (h<strong>er</strong>vorkommend). die nächstenlieb’ fangt bei <strong>sich</strong><br />

selbst an.<br />

christoph<strong>er</strong>l (indem <strong>er</strong> mit weinb<strong>er</strong>l die Leit<strong>er</strong> zur<br />

Gartenmau<strong>er</strong> trägt). ich bring’ uns<strong>er</strong> Fräul<strong>er</strong> marie ihren<br />

liebhab<strong>er</strong> in die brisil, das is satisfaktion für das, daß sie<br />

mich imm<strong>er</strong> einen dalketen bub’n heißt. (Hat mit weinb<strong>er</strong>l<br />

die Leit<strong>er</strong> an die Gartenmau<strong>er</strong> gelehnt.)<br />

weinb<strong>er</strong>l. ich steig’ voran.<br />

christoph<strong>er</strong>l. nur g’schwind!<br />

weinb<strong>er</strong>l (steigt sehr schnell die Leit<strong>er</strong> hinauf und schwingt<br />

<strong>sich</strong> von d<strong>er</strong>selben auf die Mau<strong>er</strong>, auf welch<strong>er</strong> <strong>er</strong> in reitend<strong>er</strong><br />

Stellung sitzen bleibt). Kraxeln s’ nach, christoph<strong>er</strong>l!<br />

(A tempo tritt d<strong>er</strong> Mond aus den Wolken, es wird hell<strong>er</strong> auf d<strong>er</strong><br />

Bühne.)<br />

dritt<strong>er</strong> aufzug. dreizehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 77


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

christoph<strong>er</strong>l (ebenfalls eilig die Leit<strong>er</strong> hinaufsteigend). da<br />

bin ich schon. (Wie <strong>er</strong> oben auf d<strong>er</strong> Leit<strong>er</strong> ist, nimmt <strong>er</strong> den<br />

Frauenzimm<strong>er</strong>-Mantel und Hut ab und wickelt beides in einen<br />

Knäuel zusammen.)<br />

weinb<strong>er</strong>l. was <strong>machen</strong> s’ denn?<br />

christoph<strong>er</strong>l. geduld, jetzt kann uns nix mehr g’schehen.<br />

sond<strong>er</strong>s (ans Fenst<strong>er</strong> kommend). marie! ich kann das paket<br />

nicht finden.<br />

christoph<strong>er</strong>l (in natürlich<strong>er</strong> Stimme). nicht finden können<br />

sie’s? na, so nehmen s’ das d<strong>er</strong>weil. (Wirft Mantel und Hut<br />

zum Fenst<strong>er</strong> hinein und steigt von d<strong>er</strong> Leit<strong>er</strong> auf die Mau<strong>er</strong>, auf<br />

welch<strong>er</strong> <strong>er</strong> in sitzend<strong>er</strong> Stellung bleibt.)<br />

sond<strong>er</strong>s. was seh ich, ein mann –?! ich bin schmählich<br />

betrogen.<br />

weinb<strong>er</strong>l. Jetzt ziehn wir die leit<strong>er</strong> h<strong>er</strong>auf und lassen s’ auf<br />

d<strong>er</strong> and<strong>er</strong>n seiten hinunt<strong>er</strong>. (Tut es mit Christoph<strong>er</strong>ls Beihilfe.)<br />

sond<strong>er</strong>s. die leit<strong>er</strong> – wo ist die leit<strong>er</strong>? (Langt zum Fenst<strong>er</strong><br />

h<strong>er</strong>aus und m<strong>er</strong>kt, daß die Leit<strong>er</strong> fortgetragen ist.) v<strong>er</strong>dammt! –<br />

(Man hört im Hause mehr<strong>er</strong>e Stimmen unt<strong>er</strong>einand<strong>er</strong>.) man<br />

kommt –!<br />

(Man hört im Zimm<strong>er</strong> oben die Türe einbrechen, Zangl<strong>er</strong><br />

mit dem wacht<strong>er</strong> und noch ein Paar Leuten <strong>er</strong>scheinen mit<br />

Licht<strong>er</strong>n im Kabinett.)<br />

Zangl<strong>er</strong>. ein mann ist’s – !<br />

wacht<strong>er</strong>. nur angepackt!<br />

Zangl<strong>er</strong>. h<strong>er</strong>r sond<strong>er</strong>s –! teufel jetzt wird’s mir zu arg!<br />

wacht<strong>er</strong> und die Übrigen. angepackt! nur angepackt!<br />

christoph<strong>er</strong>l. sie hab’n ihn schon. das ist ein <strong>Jux</strong>!<br />

(Im Orchest<strong>er</strong> fällt passende Musik ein. – weinb<strong>er</strong>l und<br />

christoph<strong>er</strong>l v<strong>er</strong>schwinden während dem im Kabinett<br />

statthabenden Tumulte auß<strong>er</strong>halb d<strong>er</strong> Mau<strong>er</strong>. D<strong>er</strong> Vorhang fällt.)<br />

dritt<strong>er</strong> aufzug. dreizehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 78


Vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> Aufzug<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

(Straße vor Zangl<strong>er</strong>s Haus; – d<strong>er</strong> Mond beleuchtet die Bühne; links<br />

im Vord<strong>er</strong>grunde ist Zangl<strong>er</strong>s Haus, ein Stockw<strong>er</strong>k hoch. Vorne<br />

ein parktikables Glasfenst<strong>er</strong>, unt<strong>er</strong> dem Fenst<strong>er</strong> sieht man die<br />

v<strong>er</strong>schlossene Gewölbtüre, darüb<strong>er</strong> die Tafel mit d<strong>er</strong> Aufschrift: „B.<br />

Zangl<strong>er</strong>s v<strong>er</strong>mischte Warenhandlung“ Etwas weit<strong>er</strong> zurück als die<br />

Gewölbstüre, ist das Haustor.)<br />

Erst<strong>er</strong> Auftritt<br />

(melchior, dann g<strong>er</strong>trud.)<br />

melchior (allein, tritt von Seite rechts aus dem Hint<strong>er</strong>grunde<br />

auf). ah – den ganzen weg hab’ ich sup<strong>er</strong>b v<strong>er</strong>schlafen –<br />

(gähnt) und bin jetzt so munt<strong>er</strong> als wann’s hellicht<strong>er</strong> tag<br />

wär’ –. da is ja ’s haus – richtig – ich muß anläuten. (Sucht<br />

an beiden Seiten des Haustores.) was is denn das –? Keine<br />

glocken? – ah, da hab’ ich respekt, hi<strong>er</strong> hab’n s’ noch<br />

keine hausmeist<strong>er</strong>, die w<strong>er</strong>den doch schön z’ruck sein<br />

in d<strong>er</strong> Kultur. (Klopft an das Tor.) he, aufg’macht! (Klopft<br />

stärk<strong>er</strong>.) aufg’macht! – es hört kein mensch. – wenn ich<br />

nur die wirtschaft<strong>er</strong>in aufrebell’n könnt’, das is die einzige<br />

p<strong>er</strong>son, die mich kennt im haus. auf d’letzt lassen s’<br />

mich gar nicht hinein – ich w<strong>er</strong>d’ mit ein sandkörndl ans<br />

Fenst<strong>er</strong> w<strong>er</strong>fen. (Nimmt eines vom Boden auf und wirft an<br />

das Glasfenst<strong>er</strong> vorn.) es hört mich niemand – ich muß ein<br />

steinl nehmen. (Nimmt eines vom Boden auf und wirft es ans<br />

Fenst<strong>er</strong>.) ’s nutzt noch nix – ich muß’s mit ein’m größ<strong>er</strong>n<br />

steinl probi<strong>er</strong>’n. (Nimmt einen Stein auf und wirft ihn ins<br />

Fenst<strong>er</strong>, die Sch<strong>er</strong>ben fallen h<strong>er</strong>ab, man hört von innen einen<br />

Schrei von G<strong>er</strong>trud.) Jetzt, glaub’ ich, hat mich w<strong>er</strong> g’hört.<br />

Frau g<strong>er</strong>trud! – Frau g<strong>er</strong>trud!<br />

g<strong>er</strong>trud (von innen). wo brennt’s?<br />

melchior. nirgends, komm’ d’Frau g<strong>er</strong>trud nur zum Fenst<strong>er</strong>!<br />

g<strong>er</strong>trud (eine Nachthaube auf dem Kopf, schaut zum Fenst<strong>er</strong><br />

h<strong>er</strong>aus). was is’s denn, um alles in d<strong>er</strong> welt!?<br />

melchior. seyn s’ so gut, <strong>machen</strong> s’ mir ’s tor auf.<br />

g<strong>er</strong>trud. imp<strong>er</strong>tinent<strong>er</strong> mensch, w<strong>er</strong> is <strong>er</strong>?<br />

vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> aufzug. <strong>er</strong>st<strong>er</strong> auftritt — seite 79


melchior. d<strong>er</strong> neue hausknecht bin ich, d<strong>er</strong> melchior.<br />

g<strong>er</strong>trud. den tod könnt’ man haben durch den schrocken.<br />

melchior. von tod is gar kein’ red’, hochzeit is! vor<br />

tagesanbruch kommt d<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r.<br />

g<strong>er</strong>trud. <strong>er</strong> hat einen rausch.<br />

melchior. den müßt’ <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>er</strong>st ’trunken haben, ich hab’ ihn<br />

als<strong>er</strong> nücht<strong>er</strong>n<strong>er</strong> v<strong>er</strong>lassen. <strong>machen</strong> s’ nur auf!<br />

g<strong>er</strong>trud. mir is es in alle glied<strong>er</strong> g’fahr’n, das is doch gar<br />

entsetzlich, was glaubt denn so ein mensch? (Entf<strong>er</strong>nt <strong>sich</strong><br />

brummend vom Fenst<strong>er</strong>.)<br />

melchior (allein). das sind die Folgen, wenn in ein’ haus<br />

kein hausmeist<strong>er</strong> is. mir is das alles eins, ich zahl’ die<br />

Fenst<strong>er</strong>scheiben nicht. mir scheint, ich hör’ s’ schon.<br />

g<strong>er</strong>trud (man hört sie von innen das Haus aufsp<strong>er</strong>ren und dabei<br />

brummen). das w<strong>er</strong>d’ ich den h<strong>er</strong>rn sagen, ob das recht is,<br />

daß man jemanden so aus’n schlaf –<br />

melchior (von außen, am Haustor stehend). nur gelassen, Frau<br />

g<strong>er</strong>trud!<br />

g<strong>er</strong>trud (von innen, wie oben). das ist keine mani<strong>er</strong>, das is<br />

keine art, bei spät<strong>er</strong> nacht dies<strong>er</strong> schrocken!<br />

melchior (von außen). schau’n s’, d<strong>er</strong> Zorn schad’t ihnen.<br />

(Das Haustor öffnet <strong>sich</strong>, melchior geht hinein.)<br />

g<strong>er</strong>trud (von innen, indem man sie wied<strong>er</strong> zuschließen hört).<br />

w<strong>er</strong>’n wir schon sehen, was d<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r dazu sagt, das lass’<br />

ich nicht so hingehn.<br />

melchior (von innen).ah, hör’n s’ auf!<br />

(Man hört beid<strong>er</strong> Stimmen imm<strong>er</strong> schwäch<strong>er</strong>, bis es ganz ruhig<br />

wird.)<br />

Zweit<strong>er</strong> Auftritt<br />

(christoph<strong>er</strong>l und weinb<strong>er</strong>l kommen rechts aus dem<br />

Hint<strong>er</strong>grund.)<br />

weinb<strong>er</strong>l. hab’n s’ g’hört, christoph? wenn <strong>sich</strong> d<strong>er</strong> hahn<br />

nicht v<strong>er</strong>kräht hat um a stund’, so geht’s schon auf’n tag<br />

los.<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> aufzug. Zweit<strong>er</strong> auftritt — seite 80


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

christoph<strong>er</strong>l. macht nix, wir sind einmal da, wir können<br />

sagen, wir haben das Ziel <strong>er</strong>reicht.<br />

weinb<strong>er</strong>l. Ja, was denn eigentlich für ein Ziel, wenn man’s<br />

recht betracht’t?<br />

christoph<strong>er</strong>l. no, wir hab’n uns ein’n <strong>Jux</strong> g’macht und<br />

kommen im übrigen grad so g’scheit wied<strong>er</strong> z’ haus, als<br />

wir aus’gangen sein.<br />

weinb<strong>er</strong>l. Jetzt frag’ ich ab<strong>er</strong>, zahlt <strong>sich</strong> so ein <strong>Jux</strong> aus,<br />

wenn man ihn mit ein<strong>er</strong> Furcht, mit drei schrocken, fünf<br />

v<strong>er</strong>legenheiten und sieben todesängsten <strong>er</strong>kauft? is so a<br />

g’schäft nicht noch weit dümm<strong>er</strong>, als wenn ein<strong>er</strong> für a lot<br />

salami ein’n gulden, für ein vi<strong>er</strong>ting bockshörndl ein’n<br />

tal<strong>er</strong>, für a halbete sardellen ein’n doppelten dukaten<br />

zahlt? wann wir ab<strong>er</strong> das jetzt gehörig einsehn, dann<br />

kommen wir ja <strong>er</strong>st um ein alzel g’scheit<strong>er</strong> nach haus.<br />

christoph<strong>er</strong>l. ich bin ja noch zu jung, um das richtig zu<br />

beurteil’n.<br />

weinb<strong>er</strong>l. ah – ich bin ganz z<strong>er</strong>lext von die<br />

gemütsbewegungen.<br />

christoph<strong>er</strong>l. ich auch; und für mich ist das noch weit<br />

gefährlich<strong>er</strong>, weil ich so stark im wachsen bin. schau’n<br />

wir, daß wir ins bett kommen; soll ich anpump<strong>er</strong>n beim<br />

haustor?<br />

weinb<strong>er</strong>l. warum nicht gar, wir schleichen uns ganz in d<strong>er</strong><br />

still’ ins gewölb’ und duseln ein bißl auf d<strong>er</strong> budel; in<br />

zwei stund’ wird’s ohnedem Zeit zum aufsp<strong>er</strong>r’n sein. ich<br />

hab’ den g’wölb’schlüssel bei mir. (Sucht in den Taschen.)<br />

da – nein, da – od<strong>er</strong> da – teufel hinein, ich hab den<br />

schlüssel v<strong>er</strong>lor’n.<br />

christoph<strong>er</strong>l. sein s’ so gut!<br />

weinb<strong>er</strong>l. wie ich den Kutsch<strong>er</strong>, d<strong>er</strong> uns h<strong>er</strong>g’führt hat,<br />

mit mein<strong>er</strong> silb<strong>er</strong>nen uhr aus’zahlt hab’, muß <strong>er</strong> mir<br />

h<strong>er</strong>ausg’fall’n sein.<br />

christoph<strong>er</strong>l. na, das is ja keine dreihund<strong>er</strong>t schritt; warten<br />

s’, ich geh z’ruck, ich weiß ’s platzl genau, w<strong>er</strong>d’ ihn gleich<br />

finden. (Geht in den Hint<strong>er</strong>grund rechts ab.)<br />

vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> aufzug. Zweit<strong>er</strong> auftritt — seite 81


Dritt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(weinb<strong>er</strong>l allein.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

weinb<strong>er</strong>l. Jetzt habe ich das glück genossen, ein v<strong>er</strong>flucht<strong>er</strong><br />

K<strong>er</strong>l zu sein, und die ganze ausbeute von dem glück is, daß<br />

ich um keinen preis mehr ein v<strong>er</strong>flucht<strong>er</strong> K<strong>er</strong>l sein möcht’.<br />

Für einen Kommis schickt <strong>sich</strong> so was nicht. das kommt<br />

mir vor wie uns<strong>er</strong> Fräule, die sagt auch imm<strong>er</strong>: „es schickt<br />

<strong>sich</strong> nicht“, und d<strong>er</strong>weil – es g’schieht halt all<strong>er</strong>hand bei d<strong>er</strong><br />

Zeit, was <strong>sich</strong> nicht schickt.<br />

Lied<br />

1.<br />

2.<br />

3.<br />

’s hat ein<strong>er</strong> a geld h<strong>er</strong>g’liehen ohne int<strong>er</strong>essen,<br />

d<strong>er</strong> schuldn<strong>er</strong> tut ab<strong>er</strong> aufs Zahl’n rein v<strong>er</strong>gessen,<br />

d<strong>er</strong> gläubig<strong>er</strong> mahnt ihn stets mit höflichkeit,<br />

doch d<strong>er</strong> schuldn<strong>er</strong>, d<strong>er</strong> find’t <strong>sich</strong> beleidigt und schreit:<br />

„pressi<strong>er</strong>’n sie mich nicht, sie w<strong>er</strong>’n ’s geld schon noch<br />

krieg’n,<br />

sie esel, ich w<strong>er</strong>f’ ihnen gleich üb<strong>er</strong> d’stieg’n!“<br />

man glaubt nicht, wie häufig das g’schicht,<br />

und es schickt <strong>sich</strong> doch offenbar nicht.<br />

man muß sehn im Kaffeehaus, wenn Karten g’spielt wird,<br />

wie s’ zuschau’n und dreinplauschen ganz ungeni<strong>er</strong>t,<br />

schau’n zwei’n in die Karten und raten dem dritten,<br />

ob <strong>er</strong> Karo od<strong>er</strong> pick spiel’n soll – da muß i bitten!<br />

und tut <strong>sich</strong> bei ein’m spiel<strong>er</strong> ein ultimo zeig’n,<br />

dem tun d’Zuschau<strong>er</strong> völlig am buckel auffisteig’n.<br />

diese unart fast üb<strong>er</strong>all g’schicht,<br />

und es schickt <strong>sich</strong> doch offenbar nicht.<br />

a jung’s und schlank’s töcht<strong>er</strong>l, na, d<strong>er</strong> steht es gut,<br />

wann s’ auch wie a b’sessene umtanzen tut,<br />

doch was soll man sag’n, wenn d’mama mit fufz’g Jahr’n<br />

umaflud<strong>er</strong>t mit frische Kamelien in haar’n.<br />

vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> aufzug. dritt<strong>er</strong> auftritt — seite 82


4.<br />

5.<br />

so a Frau wägt drei Zentn<strong>er</strong> oft – sie, das is viel! –<br />

hupft ab<strong>er</strong> noch neckisch mit in d<strong>er</strong> Quadrill’.<br />

man glaubt nicht, wie häufig das g’schicht,<br />

und es schickt <strong>sich</strong> doch offenbar nicht.<br />

’s gibt leut’, die ein’m g<strong>er</strong>n nur was unang’nehm’s sag’n:<br />

„ach, sie schau’n schlecht aus, ihnen hat’s schön beim<br />

Krag’n!“ –<br />

„gest<strong>er</strong>n hat auf ein’n and<strong>er</strong>n g’schmacht’t ihre<br />

h<strong>er</strong>zensdam’.“ –<br />

„w<strong>er</strong> hat ihnen den rock g’macht, sie, d<strong>er</strong> steht infam!“ –<br />

„d<strong>er</strong> wag’n, den sie ’kauft hab’n, ach, das is a Karr’n!“ –<br />

„ihr stück hab’ ich g’lesen, sie, das is a schmarr’n!“<br />

so sagn s’ alles den leuten ins g’<strong>sich</strong>t,<br />

na, das schickt <strong>sich</strong> doch offenbar nicht.<br />

das steht so gut, wann die gebildeten h<strong>er</strong>rn<br />

recht freundlich und zärtlich mit dienstboten w<strong>er</strong>’n<br />

und ganz franchement rennen beim helllichten tag,<br />

wie die windspiel’ ein’m schlampeten Kuchelbär’n nach<br />

und drucken ihr d’bratzen, und lassen s’ nit aus:<br />

„o engel, sagen s’ mir’s, sein s’ allein heu’t zu haus?“<br />

man glaubt nicht, wie häufig das g’schicht,<br />

und es schickt <strong>sich</strong> doch offenbar nicht.<br />

(Im Hint<strong>er</strong>grund rechts ab.)<br />

Vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Kraps und rab kommen links aus dem Hint<strong>er</strong>grund. rab trägt<br />

eine Blendlat<strong>er</strong>ne, Kraps hat einen Mantel um und eine dunkle<br />

Larve vor dem Ge<strong>sich</strong>t.)<br />

rab. mir scheint gar, K<strong>er</strong>l, du zitt<strong>er</strong>st?<br />

Kraps. nein, ich klappr’ nur mit die Zähn’.<br />

rab. hasenfuß, da hättest du mich sehn soll’n, wie ich oft –<br />

Kraps. das <strong>will</strong> ich wohl glauben, ab<strong>er</strong> – du, lassen wir’s auf<br />

ein and<strong>er</strong>s mal –<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> aufzug. vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> auftritt — seite 83


ab. schämst du dich nicht? hat d<strong>er</strong> K<strong>er</strong>l den genial’n<br />

einfall, den schlüssel in wachs abzudrücken, und bei d<strong>er</strong><br />

ausführung v<strong>er</strong>li<strong>er</strong>t <strong>er</strong> die courage.<br />

Kraps. es is nur heut’, schau’ ein and<strong>er</strong>s mal –<br />

rab. nichts da! nimm die lat<strong>er</strong>n’ und leuchte mir!<br />

Kraps (zitt<strong>er</strong>nd die Lat<strong>er</strong>ne nehmend). schau’, brüd<strong>er</strong>l –<br />

rab. Frisch ans w<strong>er</strong>k! (Sp<strong>er</strong>rt während des Folgenden die<br />

Schlöss<strong>er</strong> an den Gewölb’stangen auf.)<br />

Fünft<strong>er</strong> Auftritt<br />

(weinb<strong>er</strong>l und christoph<strong>er</strong>l; die Vorigen.)<br />

(Beide kommen aus dem Hint<strong>er</strong>grundstücke rechts und sehen, was<br />

an d<strong>er</strong> Gewölbetüre vorgeht.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

weinb<strong>er</strong>l und christoph<strong>er</strong>l (<strong>er</strong>schrocken mit unt<strong>er</strong>drückt<strong>er</strong><br />

Stimme). was is das –!?<br />

rab (ohne die eben Angekommenen zu bem<strong>er</strong>ken, in seinem<br />

Geschäft und in sein<strong>er</strong> Rede fortfahrend). so leuchte doch<br />

dah<strong>er</strong>! siehst du denn nicht –? ab<strong>er</strong> narr – hahaha, wozu,<br />

strohkopf, nimmst du denn eine larve?<br />

Kraps. wann’s schelch geht, es sehet uns w<strong>er</strong> und wir müßten<br />

echeppi<strong>er</strong>’n; mein g’<strong>sich</strong>t ist zu bekannt in dem haus.<br />

rab (d<strong>er</strong> imm<strong>er</strong> fortgearbeitet hat, macht einen Flügel d<strong>er</strong><br />

Gewölb’türe auf). die tür ist offen; jetzt hinein und vor allen<br />

d<strong>er</strong> Kassa eine visit’ gemacht! gib mir die lat<strong>er</strong>n’. die<br />

schreibstube ist hinten links?<br />

Kraps (ihm die Lat<strong>er</strong>ne gebend). Ja.<br />

weinb<strong>er</strong>l und christoph<strong>er</strong>l, die anfangs wie v<strong>er</strong>stein<strong>er</strong>t<br />

stehen geblieben sind, <strong>sich</strong> ab<strong>er</strong> dann rechts nach dem<br />

Vord<strong>er</strong>grunde gezogen, zugleich:)<br />

weinb<strong>er</strong>l. christoph!<br />

christoph<strong>er</strong>l. weinb<strong>er</strong>l!<br />

Kraps. ab<strong>er</strong>, brüd<strong>er</strong>l, lassen wir’s auf ein and<strong>er</strong>s mal!<br />

rab. wäre nicht übel! umkehren auf halbem weg! du bleibst<br />

noch ein paar minuten hi<strong>er</strong> stehen und siehst dich um, ob<br />

nicht etwa üb<strong>er</strong> uns<strong>er</strong> g<strong>er</strong>äusch <strong>sich</strong> irgendwo ein licht<br />

zeigt, dann kommst du mir nach. ab<strong>er</strong> zittre doch nicht,<br />

vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> aufzug. Fünft<strong>er</strong> auftritt — seite 84


du hasenfuß. Klugheit im Kopf, schnaps im magen und<br />

pistolen in d<strong>er</strong> tasche, da geht alles gut. (Geht ins Gewölb’<br />

ab.)<br />

Sechst<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Die Vorigen ohne rab.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

Kraps. ich hab’ kein wort g’hört, was <strong>er</strong> g’sagt hat. – die<br />

angs! ich hab’ ’glaubt, ich hab anlag’, ab<strong>er</strong> ich bin nix zu<br />

dem g’schäft – wenn <strong>er</strong> nur wenigstens – ich sag’ halt, es<br />

wär’ bess<strong>er</strong> gewesen, ein and<strong>er</strong>s mal –<br />

weinb<strong>er</strong>l (ihn an d<strong>er</strong> Gurgel fassend). nein, jetzt is’s am besten.<br />

Kraps. barmh<strong>er</strong>zigkeit –!<br />

christoph<strong>er</strong>l (hat ihn ebenfalls gepackt). still, od<strong>er</strong> –<br />

weinb<strong>er</strong>l. ich <strong>er</strong>drossel’ dich.<br />

Kraps. h<strong>er</strong>r weinb<strong>er</strong>l – mussi christoph –<br />

weinb<strong>er</strong>l. das is ja –<br />

Kraps (die Larve abnehmend). d<strong>er</strong> hausknecht, d<strong>er</strong> Kraps.<br />

weinb<strong>er</strong>l und christoph<strong>er</strong>l. du spitzbub’ –<br />

Kraps. ich <strong>will</strong> ein ehrlich<strong>er</strong> mann w<strong>er</strong>’n.<br />

weinb<strong>er</strong>l. ich seh’s, du bist grad auf’n weg dazu.<br />

Kraps. das war mein anfang und mein b’schluß – so wahr<br />

als – barmh<strong>er</strong>zigkeit!<br />

christoph<strong>er</strong>l (zu weinb<strong>er</strong>l). lassen wir’n laufen.<br />

weinb<strong>er</strong>l. das müssen wir jetzt wohl, sonst lamenti<strong>er</strong>t <strong>er</strong><br />

uns den and<strong>er</strong>n h<strong>er</strong>aus. (Zu Kraps.) dein’ mantel, hut und<br />

larven h<strong>er</strong>!<br />

Kraps. da, da is alles, mein best<strong>er</strong>, edelst<strong>er</strong>, großmütigst<strong>er</strong> h<strong>er</strong>r<br />

von weinb<strong>er</strong>l. (Gibt ihm, was <strong>er</strong> v<strong>er</strong>langt.)<br />

weinb<strong>er</strong>l. Jetzt fahr ab!<br />

Kraps. (ihm die Hand küssend.) sie glauben’s nicht, ab<strong>er</strong> ich<br />

w<strong>er</strong>d’ jetzt schrecklich ehrlich w<strong>er</strong>’n. (Läuft im Hint<strong>er</strong>grunde<br />

links ab.)<br />

vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> aufzug. sechst<strong>er</strong> auftritt — seite 85


Siebent<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Die Vorigen ohne Kraps.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

weinb<strong>er</strong>l. den ehrlichen mann w<strong>er</strong>d’n s’ schon durch die<br />

aussagen seines spießg’sellen kriegen. – (Hüllt <strong>sich</strong> in<br />

Kraps’ Mantel ein und setzt <strong>sich</strong> dessen Hut auf.)<br />

christoph<strong>er</strong>l. was tun s’ denn da?<br />

weinb<strong>er</strong>l. den and<strong>er</strong>n muß ich <strong>er</strong>wischen.<br />

christoph<strong>er</strong>l. sp<strong>er</strong>r’n wir ’s g’wölb’ zu, so is <strong>er</strong> g’fangt.<br />

weinb<strong>er</strong>l. daß <strong>er</strong> drin eine tür eintritt, wen totschießt und<br />

doch am ende ein’n ausweg findet. ich weiß schon, was<br />

ich tu’. wecken sie nur d<strong>er</strong>weil den nachtwacht<strong>er</strong> auf und<br />

<strong>machen</strong> s’ g’schwind arreti<strong>er</strong>ungsanstalten.<br />

christoph<strong>er</strong>l. gut! ab<strong>er</strong> is das a glück; auf uns<strong>er</strong>m<br />

bodenkamm<strong>er</strong>l hätten wir den einbruch rein v<strong>er</strong>schlafen.<br />

weinb<strong>er</strong>l. Jetzt war d<strong>er</strong> <strong>Jux</strong> doch zu was gut.<br />

rab (von innen, <strong>sich</strong> d<strong>er</strong> Türe näh<strong>er</strong>nd). wo zum teufel bleibst du<br />

denn so lang?<br />

weinb<strong>er</strong>l (nimmt die Larve vor, wodurch <strong>sich</strong> seine Stimme<br />

änd<strong>er</strong>t). ich komm’ schon, ich komm’ schon! (Winkt<br />

christoph<strong>er</strong>l, daß <strong>er</strong> forteilen soll und geht ins Gewölb’ ab.)<br />

(christoph<strong>er</strong>l läuft im Hint<strong>er</strong>grunde rechts ab.)<br />

V<strong>er</strong>wandlung<br />

(Zangl<strong>er</strong>s Wohnzimm<strong>er</strong>, rechts eine Seitentüre, im Prospekt eine<br />

Tür, welche in das Gewölb’ hinabführt. Rechts vorne steht ein<br />

Silb<strong>er</strong>kasten, links vorne ein Fenst<strong>er</strong> mit Vorhang. Am Prospekt ist<br />

Zangl<strong>er</strong>s Bett.)<br />

Acht<strong>er</strong> Auftritt<br />

(melchior allein, tritt mit Licht aus d<strong>er</strong> Seitentüre rechts.)<br />

melchior. da soll man anstalten zur hochzeit <strong>machen</strong>, die<br />

wirtschaft<strong>er</strong>in sp<strong>er</strong>rt <strong>sich</strong> ein in ihr Zimm<strong>er</strong>, gibt mir gar<br />

kein gehör und schimpft so lang bis s’ zum schnarchen<br />

vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> aufzug. siebent<strong>er</strong> auftritt — seite 86


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

anfangt. die Köchin hab’ ich g’funden, ah, das weibsbild<br />

hat gar ein klassischen schlaf; ich muß sagen, das is mir<br />

noch nicht unt<strong>er</strong>’kommen. wenn ich mein Kamm<strong>er</strong>l wüßt’,<br />

ging’ ich auch schlafen. ich könnt’ mich zwar da in’n h<strong>er</strong>rn<br />

sein bett legen, ab<strong>er</strong> w<strong>er</strong> weiß, wär’s ihm recht, ’s tut’s ja da<br />

im armsessel auch. (Man hört ein G<strong>er</strong>äusch im Hint<strong>er</strong>grunde.)<br />

was war denn das? – ah, ich weiß schon – nix wird’s<br />

g’wesen sein. ’s is völlig entrisch, allein wach sein in so<br />

ein’m v<strong>er</strong>schlafnen haus. (Das G<strong>er</strong>äusch wied<strong>er</strong>holt <strong>sich</strong>.)<br />

Jetzt war’s ab<strong>er</strong> – ja, es war was. (Nach dem Hint<strong>er</strong>grunde<br />

zeigend.) von da unten hört man’s h<strong>er</strong>auf; mensch od<strong>er</strong><br />

geist, was steht mir bevor? – wenn es ein mensch ist, o,<br />

da bin ich ein K<strong>er</strong>l, d<strong>er</strong> courage hat, wenn’s ab<strong>er</strong> a geist –<br />

da wär’s aus mit mir. – geist is mir ein zu fremdartiges<br />

wesen. (Ängstlich h<strong>er</strong>umsehend.) wo kann ich denn –? aha –<br />

(läuft zum Fenst<strong>er</strong> und setzt <strong>sich</strong>, während man außen dumpfe<br />

Stimmen hört, schnell auf das Fenst<strong>er</strong>brett, so daß ihn die<br />

h<strong>er</strong>abhängenden Gardinen bedecken.)<br />

Neunt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(rab, weinb<strong>er</strong>l, mit Mantel, Larve, Hut und Blendlat<strong>er</strong>ne; d<strong>er</strong><br />

Vorige.)<br />

(rab und weinb<strong>er</strong>l kommen auf den Zehen zur Mitteltüre h<strong>er</strong>ein.)<br />

melchior (hint<strong>er</strong> den Fenst<strong>er</strong>gardinen h<strong>er</strong>vorguckend, schaud<strong>er</strong>nd<br />

für <strong>sich</strong>). den leichten tritt, man hört s’ gar nicht, es sind<br />

geist<strong>er</strong>!<br />

rab. wirklich, bursche, das üb<strong>er</strong>rascht mich von dir, ’s ist ein<br />

wagstück bis hi<strong>er</strong>h<strong>er</strong> zu dringen, und du hast’s proponi<strong>er</strong>t.<br />

weinb<strong>er</strong>l. ’s is wegen dem silb<strong>er</strong>kasten, dort is <strong>er</strong>.<br />

rab. ich meinesteils mache mich imm<strong>er</strong> gleich aus dem staub,<br />

wenn ich das geld habe, denn nur geld, geld –<br />

melchior (für <strong>sich</strong>). sie gehn aufs geld, es sind menschen.<br />

rab. mit pretiosen befass’ ich mich nicht g<strong>er</strong>n. (Nimmt von<br />

weinb<strong>er</strong>l die Lat<strong>er</strong>ne, und näh<strong>er</strong>t <strong>sich</strong> dem Silb<strong>er</strong>kasten.)<br />

weinb<strong>er</strong>l. ah was, silb<strong>er</strong> is auch nicht zu v<strong>er</strong>achten, je mehr,<br />

desto bess<strong>er</strong>, man hat nie genug.<br />

vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> aufzug. neunt<strong>er</strong> auftritt — seite 87


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

melchior (für <strong>sich</strong>). sie haben nie genug – es sind menschen.<br />

rab. d<strong>er</strong> schlüssel steckt, räumen wir aus! (Öffnet die Glastüre<br />

des Kastens.) da hab’ ich aus dem gewölb’ einen sack mit<br />

h<strong>er</strong>aufgenommen, da pack’ alles hinein! (Wirft ihm einen<br />

Leinwandsack zu, nimmt während des Folgenden aus dem<br />

Kasten Kaffeemaschine, Leucht<strong>er</strong>, Löffel u.s.w. h<strong>er</strong>aus und gibt<br />

es weinb<strong>er</strong>l, welch<strong>er</strong> es in den Leinwandsack steckt.)<br />

melchior (für <strong>sich</strong>). sie packen ein, es sind menschen, ab<strong>er</strong><br />

was für eine!<br />

rab. nur schnell!<br />

weinb<strong>er</strong>l (beiseite). nur langsam, sag’ ich, ich muß ihn<br />

aufhalten, bis d<strong>er</strong> christoph<strong>er</strong>l mit die arreti<strong>er</strong><strong>er</strong> kommt.<br />

rab (sch<strong>er</strong>zend). einen Kaffeelöffel sollten wir ihm liegen<br />

lassen, als souvenir de silb<strong>er</strong>kasten.<br />

melchior (für <strong>sich</strong>). d<strong>er</strong> hat doch noch menschliches gefühl.<br />

weinb<strong>er</strong>l. ah was, nur alles mitg’nommen, im and<strong>er</strong>n Zimm<strong>er</strong><br />

drin wär’ auch noch was.<br />

melchior (für <strong>sich</strong>). d<strong>er</strong> mit d<strong>er</strong> larven is ganz teufel.<br />

rab. nein, das wäre zu riski<strong>er</strong>t, mich üb<strong>er</strong>fällt schon eine<br />

unruhe – und das ist imm<strong>er</strong> ein Zeichen –<br />

melchior (für <strong>sich</strong>). bei dem is noch bess<strong>er</strong>ung möglich.<br />

weinb<strong>er</strong>l. die stockuhr da drin sollten wir nicht auslassen.<br />

melchior (für <strong>sich</strong>). d<strong>er</strong> hat ein v<strong>er</strong>härtetes gemüt!<br />

rab. nichts da, wir müssen fort! – (Bleibt stehen.) hörst du? –<br />

(Horcht gespannt.)<br />

weinb<strong>er</strong>l. es is nix, es kann nix sein.<br />

melchior (üb<strong>er</strong> weinb<strong>er</strong>l <strong>er</strong>bost die Faust ballend, für <strong>sich</strong>).<br />

wenn ich nur den – (wirft durch seine unvor<strong>sich</strong>tige Bewegung<br />

einen Blumentopf vom Fenst<strong>er</strong> h<strong>er</strong>ab.)<br />

rab. man kommt zum Fenst<strong>er</strong> h<strong>er</strong>ein – schnell das F<strong>er</strong>sengeld!<br />

(Läuft zur Mitteltüre ab.)<br />

weinb<strong>er</strong>l (für <strong>sich</strong>). du därfst mir nicht auskommen. (Läßt den<br />

Sack liegen und läuft rab nach.)<br />

melchior (springt aus seinem V<strong>er</strong>steck h<strong>er</strong>vor und packt<br />

weinb<strong>er</strong>l, als <strong>er</strong> eben die Türe <strong>er</strong>reicht hat, am Genick). hab’<br />

ich dich?!<br />

weinb<strong>er</strong>l. au weh! was is das?!<br />

melchior. weil ich nur den hab’! (Zieht ihn mehr nach vorne.)<br />

vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> aufzug. neunt<strong>er</strong> auftritt — seite 88


weinb<strong>er</strong>l. auslassen, sag’ ich! d<strong>er</strong> and<strong>er</strong>e is ja –<br />

melchior. ein schnipf<strong>er</strong>, d<strong>er</strong> zu hoffnungen b<strong>er</strong>echtigt. du<br />

ab<strong>er</strong> bist ein scheusal –<br />

weinb<strong>er</strong>l. <strong>er</strong> <strong>er</strong>würgt mich – zu hilf’! Zu hilf’!<br />

melchior. mir gehen vor wut die Kräften aus – zu hilf! Zu<br />

hilf!<br />

beyde. Zu hilf! Zu hilf!<br />

Zehnt<strong>er</strong> Auftritt<br />

(Zangl<strong>er</strong>, madame Knorr, Frau von Fisch<strong>er</strong>, christoph<strong>er</strong>l,<br />

sond<strong>er</strong>s, marie; die Vorigen ohne rab.)<br />

<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

christoph<strong>er</strong>l (mit ein<strong>er</strong> Lat<strong>er</strong>ne). d<strong>er</strong> raub<strong>er</strong> is solo g’fangt,<br />

die wacht<strong>er</strong> hab’n ihn schon. (Zündet auf dem Tische rechts<br />

Licht an.)<br />

melchior. ich hab den wahren. –<br />

Zangl<strong>er</strong>. was gibt’s denn da für ein’n rumor?!<br />

weinb<strong>er</strong>l (hat die Larve abgenommen). h<strong>er</strong>r prinzipal –<br />

Zangl<strong>er</strong> (melchior, welch<strong>er</strong> weinb<strong>er</strong>l noch imm<strong>er</strong> festhalten<br />

<strong>will</strong>, beiseite schleud<strong>er</strong>nd). pack’ du dich und nicht den da!<br />

(Zu Weinb<strong>er</strong>l.) d<strong>er</strong> christoph<strong>er</strong>l hat mir alles gesagt – an<br />

mein h<strong>er</strong>z, edl<strong>er</strong> mann! (Umarmt Weinb<strong>er</strong>l.)<br />

melchior. d<strong>er</strong> umarmt den entlarvten bösewicht, das is<br />

klassisch!<br />

christoph<strong>er</strong>l (zu madame Knorr, bittend). v<strong>er</strong>schwiegenheit,<br />

prinzipalin!<br />

madame Knorr (christoph<strong>er</strong>l <strong>er</strong>kennend). ah, das is stark –!<br />

melchior (zu Zangl<strong>er</strong>). ab<strong>er</strong> schau’n s’ nur, wie <strong>er</strong> ihr<br />

silb<strong>er</strong> –<br />

Zangl<strong>er</strong>. durch dieses silb<strong>er</strong> hat <strong>er</strong> mir das gold sein<strong>er</strong> treue<br />

bewährt.<br />

melchior. das is klassisch!<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong> und madame Knorr (weinb<strong>er</strong>l <strong>er</strong>kennend).<br />

was is denn das –!? das is ja –<br />

Zangl<strong>er</strong> (madame Knorr und Frau von Fisch<strong>er</strong> weinb<strong>er</strong>l<br />

vorstellend). mein ehmalig<strong>er</strong> Kommis, gegenwärtig mein<br />

vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> aufzug. Zehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 89


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

associé, h<strong>er</strong>r weinb<strong>er</strong>l, d<strong>er</strong> während mein<strong>er</strong> abwesenheit<br />

mein haus so treu bewacht.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong> und madame Knorr (zu Zangl<strong>er</strong>). <strong>er</strong>lauben<br />

sie, das ist –<br />

melchior (zu den Frauen). o, sagen Sie ihm’s, auf mein reden<br />

gibt <strong>er</strong> nichts.<br />

weinb<strong>er</strong>l (in ängstlich<strong>er</strong> V<strong>er</strong>legenheit bittend, leise zu Frau<br />

von Fisch<strong>er</strong> und madame Knorr). v<strong>er</strong>schwiegenheit und<br />

schonung, meine gnädigen!<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong> (böse). was –? (Zu Zangl<strong>er</strong>.) das ist d<strong>er</strong><br />

mensch, d<strong>er</strong> es gewagt hat –<br />

weinb<strong>er</strong>l (hat einen raschen Entschluß gefaßt und fällt ihr in<br />

die Rede). Ja, ich bin d<strong>er</strong>, d<strong>er</strong> es gewagt hat, wie sie, h<strong>er</strong>r<br />

prinzipal, mich einmal in die stadt geschickt haben, hab’<br />

ich es gewagt, mich in diese reizende witwe zu v<strong>er</strong>lieben,<br />

und jetzt als associé wag’ ich es, ihr h<strong>er</strong>z und hand zu<br />

Füßen zu legen.<br />

Frau von Fisch<strong>er</strong> (üb<strong>er</strong>rascht). wie –? wenn das ihr <strong>er</strong>nst<br />

wäre –<br />

weinb<strong>er</strong>l. so wahr ich weinb<strong>er</strong>l bin.<br />

Zangl<strong>er</strong>. na, das freut mich –<br />

melchior (zu Zangl<strong>er</strong>). ab<strong>er</strong> eu<strong>er</strong> gnaden.<br />

Zangl<strong>er</strong>. noch ein wort und ich jag’ ihn aus’n dienst.<br />

melchior (bem<strong>er</strong>kt in dem Augenblicke, als <strong>er</strong> <strong>sich</strong> wendet,<br />

sond<strong>er</strong>s, welch<strong>er</strong> marien umschlungen hält). o je, da<br />

schau’n s’ h<strong>er</strong>.<br />

Zangl<strong>er</strong> (auf die liebenden deutend). aus diesem grunde<br />

freut’s mich doppelt, h<strong>er</strong>r weinb<strong>er</strong>l, daß sie schon eine<br />

wahl getroffen, denn ihnen hab’ ich meine mündel<br />

zugedacht, ab<strong>er</strong> ’s mädl hat <strong>sich</strong> in den h<strong>er</strong>rn v<strong>er</strong>gafft und<br />

grad, wie ich ihn als entführ<strong>er</strong> arreti<strong>er</strong>en lassen <strong>will</strong>, klärt<br />

<strong>sich</strong>’s durch den h<strong>er</strong>rn Kommissarius auf, daß seine tante<br />

b<strong>er</strong>eits gestorben und die große <strong>er</strong>bschaft g<strong>er</strong>ichtlich für ihn<br />

hi<strong>er</strong> deponi<strong>er</strong>t is; no, da hab’ ich dann nicht and<strong>er</strong>s können.<br />

sond<strong>er</strong>s (zugleich mit marie). d<strong>er</strong> liebe h<strong>er</strong>r Zangl<strong>er</strong>!<br />

marie (zugleich mit sond<strong>er</strong>s). d<strong>er</strong> gute vormund!<br />

vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> aufzug. Zehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 90


<strong>Johann</strong> nestroy ‹einen <strong>Jux</strong> <strong>will</strong> <strong>er</strong> <strong>sich</strong> <strong>machen</strong>›<br />

weinb<strong>er</strong>l. also hat <strong>sich</strong> d<strong>er</strong> Fall schon wied<strong>er</strong> <strong>er</strong>eignet? nein,<br />

was ’s Jahr onkel und tanten st<strong>er</strong>ben müssen, bloß damit<br />

alles gut ausgeht –!<br />

melchior. das is klassisch.<br />

Zangl<strong>er</strong> (madame Knorr bei d<strong>er</strong> Hand nehmend und auf die<br />

beiden Paare zeigend). mit einem wort: es gibt eine dreifache<br />

hochzeit.<br />

weinb<strong>er</strong>l. dreifache hochzeit, das is d<strong>er</strong> wahre <strong>Jux</strong>!<br />

(Unt<strong>er</strong> einigen Takten fröhlich<strong>er</strong> Musik fällt d<strong>er</strong> Vorhang.)<br />

Ende.<br />

vi<strong>er</strong>t<strong>er</strong> aufzug. Zehnt<strong>er</strong> auftritt — seite 91

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