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Sabine GASTEIGER Sabine GASTEIGER - Bad Goisern

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Basis<br />

01/2006www.goisern.eu<br />

Leopold Laserer –<br />

Schirmherr des Kaisers<br />

Seit einiger Zeit gibt es in <strong>Goisern</strong><br />

Straßenbezeichnungen, an die wir uns<br />

noch gewöhnen müssen. Eine kleine<br />

Verbindung zwischen der Marktstraße<br />

bei der Oberhauser Villa und der Dr.-<br />

Löcker-Straße ist nach Leopold Laserer<br />

benannt.<br />

Über Leopold Laserer war bisher fast<br />

nichts bekannt war. Einem freundlichen<br />

Hinweis des Geologen Harald<br />

Lobitzer ist es zu danken, dass über<br />

diesen verdienten Goiserer mehr ans<br />

Licht kam. Aus ärmlichen Verhältnissen<br />

stammend, schaffte er den Sprung<br />

zum Hofrat in Wien und Graz. Er war<br />

eine Generation älter als Konrad<br />

Deubler, der – vielleicht auch angespornt<br />

durch Laserer – den Wert der<br />

Bildung erkannte und als Autodidakt<br />

mit zahlreichen Größen seiner Zeit<br />

korrespondierte.<br />

Leopold Laserer wurde am 8. 11. 1794<br />

als Sohn des Wührer-Ehepaars Georg<br />

und Maria Laserer geboren. Die Familie<br />

– der Vulgo-Name war „Jansen”<br />

– lebte in <strong>Goisern</strong> 24 (heute Josef-Putz-<br />

Straße, früherer Besitzer Kurdirektor<br />

Karl Pilz). Die Eltern hatten 1792 geheiratet,<br />

Leopold blieb aber das einzige<br />

Kind. In einer Pfarrbeschreibung<br />

1803 wird die Familie genannt: Im<br />

Hause lebten der 50jährige Vater Georg,<br />

die 42jährige Mutter Maria, der<br />

neunjährige Leopold und die greise Katharina<br />

Niedersissin, eine alte Magd<br />

oder Verwandte.<br />

Dem kleinen Leopold wäre vermutlich<br />

eine ähnliche Karriere beschieden<br />

gewesen wie seinem Vater, wenn nicht<br />

ein glückliches Schicksal seinem Leben<br />

eine völlig neue Wendung gegeben<br />

hätte. An seine Jugend knüpft sich<br />

nämlich eine märchenhafte Anekdote,<br />

die fast zu schön ist, um wahr zu<br />

sein. Sie könnte von den Gebrüdern<br />

Grimm stammen: Mit einem Schirm<br />

landete er einen Hauptreffer. Ein zeit-<br />

genössischer Bericht zitiert: „Weiland<br />

seine Majestät der Kaiser Franz befand<br />

sich auf der Überfahrt von Ebensee nach<br />

Gmunden. Dasselbe Schiff benützte<br />

auch unser Freund Laserer. Ein Regenschauer<br />

stellte sich ein. Mit kindlich wohlwollender<br />

Aufmerksamkeit beeilte sich<br />

der junge Mann, Seiner Majestät seinen<br />

aufgespannten Regenschirm zum Schutze<br />

darzubieten. Eine Ansprache folgte, welche<br />

die Theilnahme des Kaisers so sehr<br />

in Anspruch nahm, dass für den jungen<br />

Mann in seinen bescheidenen Verhältnissen<br />

für seine Studien und sein späteres<br />

Fortkommen für das erfolgreichste<br />

gesorgt wurde”.<br />

Laut diesem Bericht verdankte der<br />

kleine Leopold seinen Aufstieg einem<br />

Regenschirm, den er zu richtigen Zeit<br />

der richtigen Person geliehen hatte.<br />

Tatsächlich bereiste Kaiser Franz I im<br />

Juni 1808 zum ersten Mal das Salzkammergut<br />

und ließ sich mit dem Kaiserschiff<br />

wieder von Ebensee nach<br />

Gmunden zurück bringen. Möglicherweise<br />

war der damals 14jährige<br />

Laserer wirklich an Bord, in welcher<br />

Funktion kann nur spekuliert werden.<br />

äußerst unwahrscheinlich ist aber, das<br />

der Jüngling einen eigenen Schirm besaß,<br />

den er mitführte, während die<br />

sonst peinlich bedachten Salzbeamten<br />

oder die Hofbedienten nicht für den<br />

möglichen Fall eines Regenschauers<br />

vorgesorgt hätten. Diese Version ist<br />

sehr unglaubwürdig. Wieweit und ob<br />

es zu der lebensentscheidenden Begegnung<br />

kam, ist unklar. Bei seinem<br />

nächsten Aufenthalt 1814 nämlich<br />

wurde den Schiffern eingeschärft, auf<br />

alle Fragen des Kaisers mit „Wir wissen‘s<br />

nicht!” zu antworten, worauf sie<br />

auch auf lapidare Fragen nach dem Namen<br />

des Flusses (Traun) im Chor riefen:<br />

„Wir wissen‘s nicht!” So sollte die<br />

Unwissenheit der Leute vor dem Monarchen<br />

verborgen werden, was allerdings<br />

für Heiterkeit beim Kaiser sorgte.<br />

Die Bevölkerung wurde als tunlichst<br />

abgehalten, direkt mit Franz I zu kommunizieren,<br />

es ist also schon fragwürdig,<br />

dass ein Teenager fast frech<br />

JOURNAL<br />

auf den Kaiser zustolziert und ihm den<br />

Schirm über das gekrönte Haupt setzt.<br />

So wird es sicherlich nicht gewesen<br />

sein.<br />

Ein wahrer Kern ist jedoch mit der<br />

Geschichte verknüpft, Leopold wurde<br />

„entdeckt”, 1811 konnte er in<br />

Wien das Gymnasium absolvieren,<br />

später studierte er in Schemnitz Bergbau,<br />

was ihm eine Karriere ermöglichte,<br />

wie vermutlich kaum zuvor jemand<br />

aus dem Salzkammergut.<br />

In der Österreichischen Nationalbibliothek<br />

liegt ein von ihm auf Italienisch<br />

verfasstes Gedicht, Kaiser Franz I. gewidmet<br />

(A Sua Imperiale Regia Maestà)<br />

von 1815, dass er vermutlich seinem<br />

Gönner widmete, der – im übertragenen<br />

Sinn – nun seinerseits die<br />

Schirmherrschaft für ihn übernahm.<br />

Nach seinem Studium trat er als Hofconcipist<br />

bei der Hofkammer in Wien<br />

seinen Dienst an, später wurde er<br />

sogar Sectionsrat. Bei seinem Tod im<br />

Dezember 1864 führte er knapp<br />

30.000 Gulden (entspricht etwa heutigen<br />

Euro 300.000,–) in die so genannte<br />

Leopold-Laserer-Stiftung ein,<br />

womit seine zahlreiche Goiserer Verwandtschaft<br />

(eigene Nachkommen<br />

hatte er nicht) finanziell unterstützt<br />

werden sollte. Der reiche Hofrat erinnerte<br />

sich nur zu gut an sein außergewöhnliches<br />

Glück, weshalb er an<br />

„talentierte Knaben” ein Stipendium<br />

für schulische Ausbildung von jährlich<br />

bis zu 300 Gulden daraus zur Verfügung<br />

stellte. Diese soziale Einrichtung<br />

wurde von der Gemeinde <strong>Goisern</strong><br />

verwaltet, fiel aber nach dem 1. Weltkrieg<br />

der galoppierenden Inflation zum<br />

Opfer. Es ist reizvoll und bedrückend<br />

zugleich, sich vorzustellen, wie viele<br />

eifrige junge Menschen es im Salzkammergut<br />

gegeben hatte, die leider<br />

nie eine derartig günstige Fügung erlebten,<br />

keinen Förderer fanden und ihr<br />

Leben als Bergknecht oder Pfannhauser<br />

in leidlichen Umständen fristeten.<br />

Was wäre aus einem Konrad Deubler<br />

geworden, hätte er das Geld zu einem<br />

Studium gehabt?<br />

26 www.goisern.eu

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