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46<br />
EXTRA@ZUKUNFTSGESPRÄCH<br />
Alfred Zechling<br />
im Gespräch mit<br />
extra-Chefredakteur<br />
Hannes<br />
S. Auer: „Die<br />
Bergleute von<br />
Lassing wurden<br />
Opfer einer nicht<br />
vorhersehbaren<br />
Katastrophe.“<br />
„Leoben ist die Bergbau-Spitze“<br />
extra hat mit dem Vizeleiter<br />
der Montanbehörde<br />
Süd, Alfred Zechling, über<br />
das Unglück von Lassing,<br />
Bildungswege im Bergbau<br />
und die Zukunft der<br />
Rohstoffe gesprochen. Er<br />
sagt: „Die Nachfrage nach<br />
Montanuni-Absolventen ist<br />
nach wie vor riesig.“<br />
extra: Das Grubenunglück<br />
von Lassing mit neun Toten ist<br />
zwölf Jahre her. Mitschuld hatte<br />
die Fahrlässigkeit des damaligen<br />
Werksleiters und des Chefs der<br />
Bergbaubehörde, urteilten die<br />
Gerichte. Wie sehen Sie die<br />
Dinge heute?<br />
A. Zechling: Nicht anders als<br />
damals. Der erste Schlammeinbruch<br />
ist auf zufällig zusammentreffende<br />
Faktoren zurückzuführen.<br />
Es wurde z. B. zu nahe an<br />
die Sicherheitsschwebe herangebaut,<br />
und die Abbaukammer<br />
wurde zu lange nicht verfüllt.<br />
Georg Hainzl wurde verschüttet,<br />
weil er seine Zigaretten in der<br />
Jausenkammer vergessen hatte<br />
und sie vor der Ausfahrt noch holen<br />
wollte. Nach dem ersten Einbruch<br />
wurde meiner Meinung<br />
nach alles getan, um ihn zu retten,<br />
was auch gelang. Dass durch<br />
den zweiten Einbruch die in der<br />
Grube eingesetzten Helfer verunglückt<br />
sind, ist für mich eine<br />
nicht vorhersehbar gewesene Katastrophe.<br />
extra: Weltweit wird wie wild<br />
nach Rohstoffen gegraben: Wie<br />
lange wird es die natürlichen<br />
Ressourcen überhaupt noch geben?<br />
A. Zechling: Generell reichen<br />
die mineralischen Rohstoffe<br />
weltweit noch für Generationen:<br />
Australien alleine könnte die<br />
gesamte Weltbevölkerung mit<br />
Kohle versorgen, und es gibt in<br />
Brasilien und der ehemaligen Sowjetunion<br />
riesige Erzlagerstätten.<br />
Unter der Arktis und Antarktis<br />
werden zahlreiche andere Mineralstoffl<br />
agerstätten vermutet. Österreich<br />
selbst ist reich an armen<br />
Lagerstätten: Entweder wurden<br />
sie schon abgebaut oder haben<br />
eine zu geringe Konzentration an<br />
Wertmaterialien.<br />
„Vom Hauer bis zum<br />
Doktor“<br />
extra: Die Stadt Leoben hält<br />
die Tradition des Bergbaus<br />
hoch, etwa in der Höheren Technischen<br />
Berg- und Hüttenschule<br />
(HTL) und in der Montanuniversität.<br />
Welche Zukunfts-chancen<br />
haben die Absolventen dieser<br />
Schulen?<br />
A. Zechling: Die montani-<br />
Ministerialrat Dipl. Ing. Mag. Alfred<br />
Zechling (53) ist stellvertretender<br />
Leiter der Montanbehörde<br />
Süd (ehemals Berghauptmannschaft<br />
Leoben), Universitätslektor<br />
und HTL-Lehrer in Leoben.<br />
stischen Ausbildungsstätten in<br />
Leoben mit ihrem Slogan „Vom<br />
Hauer (bergbaulichen Facharbeiter)<br />
bis zum Dr. mont.“ sind die<br />
einzigen im Land – wir sind die<br />
Österreich-Spitze. Ab 2011 wird<br />
es an der HTL den neuen Studienlehrgang<br />
„Rohstoffi ngenieur“<br />
geben, und jedes Jahr fi nden<br />
auch Industriemeisterkurse für<br />
die Rohstoff- und die Hüttenindustrie<br />
statt, die Facharbeitern<br />
den Aufstieg zum Betriebsleiter<br />
und zum Meister ermöglichen.<br />
Jährlich beginnen etwa 500 Studenten<br />
ein Studium an der Montanuniversität,<br />
und die Nachfrage<br />
nach den Absolventen ist national<br />
und international so groß,<br />
dass sie gar nicht gedeckt werden<br />
kann.<br />
extra: Zur Tradition der Montanuniversität<br />
gehören auch verschiedene<br />
Burschenschaften, die<br />
für ihre Weltanschauung oft kri-<br />
NR. 04 - MAI 2010<br />
WERBUNG<br />
tisiert werden. Ist diese Kritik<br />
ungerecht?<br />
A. Zechling: Die Berg- und<br />
Hüttenleute sind stolz auf ihre<br />
Jahrhunderte alte Tradition,<br />
die an den Universitäten gerade<br />
auch von den Korporationsstudenten<br />
gepfl egt wird.<br />
Die Mitgliedschaft in einer<br />
Studentenverbindung ist auch<br />
eine ausgezeichnete Vorbereitung<br />
aufs Berufsleben. Die<br />
meisten Burschenschaften<br />
und ihre Mitglieder stehen<br />
aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte<br />
rechts der politischen<br />
Mitte – die Bandbreite reicht<br />
von sehr gemäßigt bis extrem<br />
rechts. Ich selbst bin Mitglied<br />
„Der Hunger nach<br />
Rohstoffen steigt“<br />
der akademischen Burschenschaft<br />
Cruxia, der ich für die<br />
erhaltene Ausbildung sehr<br />
dankbar bin.<br />
extra: Wegen der Wirtschaftskrise<br />
haben manche<br />
Menschen Angst vor der Zukunft<br />
und glauben, Investitionen<br />
in Gold seien eine sichere<br />
Sache, andere setzen auf<br />
steigende Ölpreise. Was sagt<br />
der Rohstoff-Experte dazu?<br />
A. Zechling: Die Menschheit<br />
braucht immer mehr<br />
Rohstoffe. Während der Bedarf<br />
in Europa eher langsam<br />
auf hohem Niveau steigt, saugen<br />
wachstumsstarke Länder<br />
wie China und Indien immer<br />
gewaltigere Mengen fester,<br />
fl üssiger und gasförmiger mineralischer<br />
Rohstoffe auf. Die<br />
Weltmarktpreise spiegeln<br />
aber nicht nur das Verhältnis<br />
von Angebot und Nachfrage<br />
wider, sondern sind oft auch<br />
das Ergebnis von Spekulation.<br />
Auch wenn die Bedeutung<br />
des klassischen Bergbaus in<br />
Österreich kleiner geworden<br />
ist: Wohlstand auf unserem<br />
hohen Niveau kann es ohne<br />
Bergbau in verschiedenen Formen<br />
nicht geben. Österreich<br />
verbraucht im Durchschnitt<br />
pro Kopf etwa 15 Tonnen mineralischer<br />
Rohstoffe im Jahr<br />
– Tendenz stark steigend.