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Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung Formen der Kindeswohlgefährdung – Risikoeinschätzung – Verfahrenswege Juli 2007
- Seite 2 und 3: I n h a l t s v e r z e i c h n i s
- Seite 4 und 5: 2. Wesentliche Formen einer Kindesw
- Seite 6 und 7: 4. Raster zur Fallbesprechung beim
- Seite 8 und 9: ___________________________________
- Seite 10 und 11: 5. Risikoeinschätzung zur konkrete
- Seite 12 und 13: § 65 SGB VIII Besonderer Vertrauen
- Seite 14 und 15: • Wiederholt stark sexualisiertes
- Seite 16 und 17: Beispielhafte Indikatoren zur Kinde
- Seite 18 und 19: Gewährung altersangemessener Freir
- Seite 20 und 21: Situation des Kindes Krankheit des
- Seite 22 und 23: Risikonanalyse durch Einsatz eines
- Seite 24 und 25: Risikoanalyse für Jugendliche ( 12
- Seite 26 und 27: Angemessenes Taschengeld Erzieheris
- Seite 28 und 29: Arbeitshilfen des Jugendamtes Dorma
- Seite 30 und 31: • Wie ist die Beziehung zu den P
- Seite 32 und 33: Faktoren, die bei der Einschätzung
- Seite 34 und 35: 21. Fehlende Problemeinsicht? 22. U
- Seite 36 und 37: Entwicklung und der Erziehung zur e
- Seite 38 und 39: Kindes/Jugendlichen und der Persone
- Seite 40 und 41: § 10 Inkrafttreten Diese Vereinbar
- Seite 42 und 43: Anlage 3 Infoblatt zur Sicherung de
- Seite 44 und 45: Bei o. g. Kind/Jugendlichen/r sind
Schutzauftrag<br />
bei<br />
Kindeswohlgefährdung<br />
Formen der Kindeswohlgefährdung –<br />
Risikoeinschätzung – Verfahrenswege<br />
Juli 2007
I n h a l t s v e r z e i c h n i s<br />
2<br />
Seite<br />
1. Gesetzestext § 8 a SGB VIII 3<br />
2. Wesentliche Formen einer Kindeswohlgefährdung 4<br />
3. Risikoeinschätzung und Verfahrenswege 5<br />
4. Raster <strong>zur</strong> Fallbesprechung beim Verdacht auf eine 6-8<br />
Kindeswohlgefährdung<br />
5. Gliederung Bericht § 8 a SGB VIII 9-10<br />
6. Datenschutzbestimmungen 11-12<br />
7. Anhang<br />
Entscheidungshilfen im Prozess der Einschätzung bzw.<br />
Feststellung einer ggf. vorliegenden Kindeswohlgefährdung<br />
- Gewichtige Anhaltspunkte ( Stadt Hamburg / ISA Münster ) 13-15<br />
- Beispielhafte Indikatoren <strong>zur</strong> Kindeswohlgefährdung 16-21<br />
( Stadt Hamburg )<br />
- Risikoanalyse ( Stadt Recklinghausen ) 22-27<br />
- Arbeitshilfen des Jugendamtes Dormagen 28-32<br />
- Gewichtige Anhaltspunkte ( Deutscher Verein Frankfurt ) 33-34<br />
- Vereinbarung gemäß § 8 a Abs. 2 SGB VIII 35-44<br />
- Verfahrensschema für die Diakonie <strong>Wuppertal</strong> 45
1. Gesetzestext § 8a SGB VIII<br />
(1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls<br />
eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im<br />
Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte abzuschätzen. Dabei sind die<br />
Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche einzubeziehen,<br />
soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage<br />
gestellt wird. Hält das Jugendamt <strong>zur</strong> Abwendung der Gefährdung die Gewährung von<br />
Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Personensorgeberechtigten oder<br />
den Erziehungsberechtigten anzubieten.<br />
(2) In Vereinbarungen mit den Trägern und Einrichtungen, die Leistungen nach diesem<br />
Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass deren Fachkräfte den Schutzauftrag nach<br />
Absatz 1 in entsprechender Weise wahrnehmen und bei der Abschätzung des<br />
Gefährdungsrisikos eine insoweit erfahrene Fachkraft hinzuziehen. Insbesondere ist die<br />
Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte bei den Personensorgeberechtigten<br />
oder den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn<br />
sie diese für erforderlich halten und das Jugendamt informieren, falls die<br />
angenommenen Hilfen nicht ausreichend erscheinen, um die Gefährdung abzuwenden.<br />
(3) Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es<br />
das Gericht an<strong>zur</strong>ufen; dies gilt auch, wenn die Personensorgeberechtigten oder die<br />
Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Abschätzung des<br />
Gefährdungsrisikos mitzuwirken. Besteht eine dringende Gefahr und kann die<br />
Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet,<br />
das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen.<br />
(4) Soweit <strong>zur</strong> Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer Leistungsträger,<br />
der Einrichtungen der Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist, hat das<br />
Jugendamt auf die Inanspruchnahme durch die Personensorgeberechtigten oder die<br />
Erziehungsberechtigten hinzuwirken. Ist ein sofortiges Tätigwerden erforderlich und<br />
wirken die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht mit, so<br />
schaltet das Jugendamt die anderen <strong>zur</strong> Abwendung der Gefährdung zuständigen<br />
Stellen selbst ein.<br />
3
2. Wesentliche Formen einer Kindeswohlgefährdung<br />
� Vernachlässigung ist die andauernde oder wiederholte Unterlassung fürsorglichen<br />
Handelns durch sorge- oder erziehungsverantwortliche Personen, welche <strong>zur</strong><br />
Sicherstellung der seelischen und körperlichen Versorgung des Kindes notwendig<br />
wäre.<br />
� Körperliche Gewalt ist eine nicht zufällige Zufügung körperlicher Schmerzen. Dabei<br />
muss eine bewusste physische oder psychische Schädigung des Kindes nicht das<br />
Ziel der Handlung sein.<br />
� Körperliche Misshandlung ist die Zufügung körperlicher Schmerzen. Merkmal ist,<br />
dass sie mit Absicht oder unter Inkaufnahme der Verursachung ernsthafter<br />
physischer Verletzungen oder psychischer Schäden begangen wird.<br />
� Psychische und seelische Misshandlung ist eine beabsichtigte Einflussnahme,<br />
die Kinder durch kontinuierliche Herabsetzung, Ausgrenzung oder andere Formen<br />
der Demütigung bedeutend in ihrer Entwicklung beeinträchtigt oder schädigt.<br />
Es handelt sich also um „wiederholte Verhaltensmuster der Betreuungsperson oder<br />
Muster extremer Vorfälle, die Kinder zu verstehen geben, sie seien wertlos, voller<br />
Fehler, ungeliebt, ungewollt, sehr in Gefahr oder nur dazu nütze, die Bedürfnisse<br />
eines anderen Menschen zu erfüllen (Kindler 2006 )“.<br />
� Sexueller Missbrauch „ist die sexuelle Handlung einer erwachsenen oder in<br />
Relation zum Opfer bedeutend älteren Person mit, vor oder an einem Kind, bei<br />
welcher der Täter seine entwicklungs- und sozial bedingte Überlegenheit – unter<br />
Missachtung des Willens und der Verständnisfähigkeit eines Kindes – dazu<br />
ausnutzt, seine persönlichen sexuellen Bedürfnisse nach Erregung, Intimität oder<br />
Macht zu befriedigen (Wetzels 1997)“.<br />
4
3. Risikoeinschätzung und Verfahrenswege<br />
1. Erste Risikoeinschätzung der fallverantwortlichen Fachkraft unter Beachtung der<br />
in der Anlage beigefügten Entscheidungshilfen<br />
2. Sofortige Risikoabwägung im Dialog mehrerer Fachkräfte und sofortige Mitteilung<br />
an die zuständige Leitungskraft<br />
3. Abschätzung des Gefährdungsrisikos im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte<br />
im Rahmen einer kollegialen Fallberatung oder Supervision unter Hinzuziehung<br />
einer insoweit erfahrenen Fachkraft ( Mindestanforderungen an die Qualifikation:<br />
eine geeignete fachliche Ausbildung, mehrjährige Erfahrungen in der Arbeit mit<br />
Kindern und Jugendlichen in schwierigen Lebenslagen, einschlägige Kenntnisse<br />
im Bereich der Kindeswohlgefährdung ) und ggf. Erstellung eines<br />
Schutzkonzeptes und eines notwendigen inhaltlichen und zeitlichen Controllings.<br />
Bei der verpflichtenden Risikoabschätzung im Fachteam ist das unter Punkt 4<br />
aufgeführte Raster <strong>zur</strong> Fallbesprechung beim Verdacht auf<br />
Kindeswohlgefährdung anzuwenden.<br />
4. Beteiligung der Sorge- und Erziehungsberechtigten und der Kinder /<br />
Jugendlichen<br />
Auch bei gewichtigen Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung sind die<br />
Sorge- und Erziehungsberechtigten grundsätzlich in die Abschätzung des Risikos<br />
und die Abwendung einer Gefährdung einzubeziehen. Sie sind zu beraten und zu<br />
unterstützen, damit sie kompetent und eigenverantwortlich Entscheidungen zum<br />
Wohl des Kindes treffen können.<br />
Eine Ausnahme von der Einbeziehung der Sorge- und Erziehungsberechtigten<br />
oder Kinder und Jugendlichen ist gegeben, wenn hierdurch der wirksame Schutz<br />
des Kindes oder Jugendlichen in Frage gestellt oder nicht gewährleistet ist.<br />
5. Ggf. Information des Jugendamtes auf der Grundlage der Vereinbarung zum<br />
Verfahren nach § 8 a SGB VIII zum Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung<br />
5
4. Raster <strong>zur</strong> Fallbesprechung beim Verdacht auf eine<br />
Kindeswohlgefährdung<br />
� Name, Geburtsdatum, Anschrift des Kindes / der Kinder<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
� Wahrgenommene Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
� Risikomindernde Schutzfaktoren<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
6
� Ergebnisse der kollegialen Beratung am ........................................<br />
Kinderschutzfachkraft eingeschaltet ja / nein<br />
( Gewährleistung des Kindeswohls: Inwieweit ist das Wohl des Kindes durch<br />
die Sorge- oder Erziehungsberechtigten gewährleistet oder ist dies nur zum<br />
Teil oder überhaupt nicht der Fall?)<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
� Falls Ergebnis: Gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung liegen<br />
vor, dann folgende Überprüfung:<br />
- Problemakzeptanz: Sehen die Sorge- oder Erziehungsberechtigten und die<br />
Kinder selbst ein Problem oder ist dies weniger oder gar nicht der Fall?<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
- Problemkongruenz: Stimmen die Sorge- oder Erziehungsberechtigten und<br />
die beteiligten Fachkräfte in der Problemkonstruktion überein?<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
7
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
- Hilfeakzeptanz: Sind die betroffenen Sorge- oder Erziehungsberechtigten<br />
und Kinder bereit, die ihnen gemachten Hilfeangebote anzunehmen und zu<br />
nutzen oder ist dies nur zum Teil oder gar nicht der Fall?<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
� Welche Ziele sollen mit welchen Maßnahmen in welcher Zeit erreicht werden?<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
� Wann sind die Ergebnisse wieder im Team und / oder der zuständigen<br />
Leitungskraft vorzustellen?<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
________________________________________________________________<br />
8
5. Gliederung Bericht § 8 a SGB VIII<br />
Diakonie <strong>Wuppertal</strong> Postfach 13 23 08 . 42050 <strong>Wuppertal</strong><br />
Unser Zeichen: Ansprechpartnerin: Durchwahl: Datum:<br />
0202/97444-<br />
Einschätzung <strong>zur</strong> Kindeswohlgefährdung gem. § 8a SGB VIII<br />
festgestellt im Rahmen der<br />
ambulanten erzieherischen Hilfe für:<br />
Geburtsdatum:<br />
Adresse:<br />
aktueller Aufenthalt:<br />
Hilfe gem. § SGB VIII/ Punkt(e):<br />
Beginn der Hilfe: aktueller Befristungszeitraum: von bis<br />
Aktueller Berichtszeitraum: von bis<br />
1. Gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung<br />
2. Aktuelle Lebens- u Familiensituation<br />
(Einschätzung und Bewertung der Lebensbedingungen der Familie und der<br />
Entwicklung des Kindes)<br />
3. Informationsgrundlage<br />
(Quellen und Einschätzung anderer Personen und Institutionen)<br />
4. Bisherige Hilfegestaltung/ qualitativ und quantitativ<br />
(Zusammenarbeit mit z.B. Schule, KiTa, BSD; Vernetzung, veränderter Arbeits-<br />
einsatz )<br />
Kontaktdokumentation:<br />
a. Einzelgespräche; b. Familiengespräche; c. Hausbesuche; d. persönliche<br />
Kontakte mit dem gefährdeten Kind; e. Fehlkontakte; f. Kontakte mit dem BSD;<br />
g. Kontakte zu anderen beteiligten Instutionen; h. Sonstige<br />
9<br />
Diakoniezentrum<br />
Sternstraße 40<br />
D-42275 <strong>Wuppertal</strong><br />
Tel: 0202 / 97444-500<br />
Fax: 0202 /97444-549<br />
www.diakonie-wuppertal.de<br />
gbunk@diakonie-wuppertal.de<br />
Träger Kirchenkreis <strong>Wuppertal</strong><br />
Geschäftsführer Pfr. Dr. Martin Hamburger<br />
Bankverbindung<br />
Stadtsparkasse <strong>Wuppertal</strong><br />
BLZ 33050000 . Konto 441709<br />
KD-Bank eG Duisburg<br />
BLZ 35060190 . Konto 1010436016
5. Risikoeinschätzung <strong>zur</strong> konkreten Gefährdung des Kindes<br />
a.) Gewährleistung des Kindeswohls: In wieweit ist das Wohl des Kindes durch<br />
die Sorgeberechtigten gewährleistet oder ist dies nur zum Teil oder überhaupt<br />
nicht der Fall<br />
b.) Problemakzeptanz: Sehen die Sorgeberechtigten und die Kinder selbst ein<br />
Problem oder ist dies weniger oder gar nicht der Fall?<br />
c.) Problemeinschätzung: Stimmen die Sorgeberechtigten und die beteiligten<br />
Fachkräfte in der Problemkonstruktion überein, oder ist dies weniger oder gar<br />
nicht der Fall?<br />
d.) Hilfeakzeptanz: Sind die betroffenen Sorgeberechtigten und die Kinder bereit<br />
und in der Lage, die ihnen gemachten Hilfeangebote anzunehmen und zu<br />
nutzen, oder ist dies nur zum Teil, oder gar nicht der Fall?<br />
6. Ergebnisse der kollegialen Beratung, Fachberatung und ggf. zusätzlicher<br />
Fallsupervision<br />
(Teilnehmer und deren Funktion / wann hat die Beratung stattgefunden)<br />
7. Hilfeperspektiven/ Vorschläge für ein Schutzkonzept<br />
(bei Verbleib des Kindes in der Familie Hinweise auf die konkreten und präzisen<br />
Vereinbarungen mit den Eltern bezüglich notwendiger Handlungsanforderungen,<br />
Zeiträume für die Umsetzung und Art der Überprüfung / Kontrolle)<br />
Unterschrift des Leistungsanbieters: ________________________<br />
10
§ 62 SGB VIII Datenerhebung<br />
6. Datenschutzbestimmungen<br />
(3) Ohne Mitwirkung des Betroffenen dürfen Sozialdaten nur erhoben werden, wenn<br />
1. eine gesetzliche Bestimmung dies vorschreibt oder erlaubt oder<br />
2. ihre Erhebung beim Betroffenen nicht möglich ist oder die jeweilige Aufgabe ihrer<br />
Art nach eine Erhebung bei anderen erfordert, die Kenntnis der Daten aber<br />
erforderlich ist für<br />
a) die Feststellung der Voraussetzungen oder für die Erfüllung einer Leistung nach<br />
diesem Buch oder<br />
b) die Feststellung der Voraussetzung für die Erstattung einer Leistung nach § 50<br />
des Zehnten Buches oder<br />
c) die Wahrnehmung einer Aufgaben nach den §§ 42 bis 48a und nach §52 oder<br />
d) die Erfüllung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a<br />
oder<br />
3. die Erhebung beim Betroffenen einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern<br />
würde und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen des<br />
Betroffenen beeinträchtigt werden oder<br />
4. die Erhebung bei dem Betroffenen den Zugang <strong>zur</strong> Hilfe ernsthaft gefährden<br />
würde.<br />
(4) Ist der Betroffene nicht zugleich Leistungsberechtigter oder sonst an der Leistung<br />
beteiligt, so dürfen die Daten auch beim Leistungsberechtigten oder einer anderen<br />
Person, die sonst an der Leistung beteiligt ist, erhoben werden, wenn die Kenntnis der<br />
Daten für die Gewährung einer Leistung nach diesem Buch notwendig ist. Satz 1 gilt bei<br />
der Erfüllung anderer Aufgaben im Sinne des § 2 Abs. 3 entsprechend.<br />
Neu eingefügt wurden im Absatz 3 Nr. 2 der Buchstabe d) und Absatz 4. Durch diese<br />
Änderungen können bei einer Gefährdung des Kindeswohls auch Daten bei Dritten<br />
erhoben werden. Absatz 3 Nr. 2 d) gilt insbesondere für Fälle, in denen die<br />
Personensorgeberechtigten bei der Risikoabschätzung bei Anhaltspunkten für eine<br />
Kindeswohlgefährdung nicht mitwirken. Absatz 3 Nr. 4 gilt vor allem <strong>zur</strong><br />
Informationsgewinnung im Rahmen von Anhaltspunkten für einen sexuellen<br />
Missbrauch.<br />
11
§ 65 SGB VIII Besonderer Vertrauensschutz in der persönlichen und<br />
erzieherischen Hilfe<br />
(1) Sozialdaten die dem Mitarbeiter eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zum<br />
Zweck persönlicher und erzieherischer Hilfe anvertraut worden sind, dürfen von diesem<br />
nur weitergegeben werden<br />
1. mit der Einwilligung dessen, der die Daten anvertraut hat, oder<br />
2. dem Vormundschafts- oder dem Familiengericht <strong>zur</strong> Erfüllung der<br />
Aufgaben nach § 8a Abs. 3, wenn angesichts einer Gefährdung des Wohls<br />
eines Kindes oder eines Jugendlichen ohne diese Mitteilung eine für die<br />
Gewährung von Leistungen notwendige gerichtliche Entscheidung nicht<br />
ermöglicht werden könnte,<br />
oder<br />
3. dem Mitarbeiter, der auf Grund eines Wechsels der Fallzuständigkeit im Jugendamt<br />
oder eines Wechsels der örtlichen Zuständigkeit für die Gewährung oder Erbringung<br />
der Leistung, verantwortlich ist, wenn Anhaltspunkte für eine Gefährdung<br />
des Kindeswohls gegeben sind und die Daten für eine Abschätzung des<br />
Gefährdungsrisikos notwendig sind, oder<br />
4. an die Fachkräfte, die zum Zwecke der Abschätzung des<br />
5.<br />
Gefährdungsrisikos nach § 8a hinzugezogen werden; § 64 Abs. 2a bleibt<br />
unberührt, oder<br />
unter den Voraussetzungen, unter denen eine der in § 203 Abs. 1 oder 3 des<br />
Strafgesetzbuches genannten Personen dazu befugt wäre.<br />
Gibt der Mitarbeiter anvertraute Sozialdaten weiter, so dürfen sie vom Empfänger nur<br />
zu dem Zweck weitergegeben werden, zu dem er diese befugt erhalten hat.<br />
Die Übermittlungsbefugnis geschützter Daten ist auch auf die Träger der freien<br />
Jugendhilfe zu übertragen. Die Übermittlung geschützter Daten ist daher zulässig, wenn<br />
bei einer Kindeswohlgefährdung Hilfen nicht ausreichen oder nicht angenommen<br />
werden und daher die Einbeziehung des Jugendamtes erforderlich wird.<br />
12
7. Anhang<br />
Im Folgenden sind Arbeitshilfen zusammengestellt, die bei der Einschätzung<br />
einer ggf. vorliegenden Kindeswohlgefährdung hilfreich sein können. Es handelt<br />
sich um verschiedene Instrumente <strong>zur</strong> Risikoeinschätzung mit unterschiedlichen<br />
Zugängen zu dem Thema. Sie sind als Orientierungshilfen gedacht, die keinen<br />
Anspruch auf Vollständigkeit haben. Durch ihre unterschiedlichen Schwerpunkte<br />
ermöglicht die Vielfalt eine umfassende Beleuchtung des Sachverhaltes, um in<br />
deren Folge eine jeweils individuelle Einschätzung zu treffen.<br />
Gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung<br />
(Landesbetrieb Erziehung und Berufsbildung der Stadt Hamburg und Institut für Soziale<br />
Arbeit Münster )<br />
Erscheinungsbild des Kindes / Jugendlichen<br />
• Massive oder wiederholte Zeichen von Verletzungen ( Blutergüsse, Striemen,<br />
unklare Hautveränderungen, Knochenbrüche, Verbrennungen )<br />
• Starkes Unter- oder Übergewicht<br />
• Un<strong>zur</strong>eichende Körperhygiene ( Schmutz- und Kotreste auf der Haut des Kindes,<br />
faulende Zähne )<br />
• Wiederholt völlig witterungsunangemessene oder völlig verschmutzte Bekleidung<br />
Verhalten des Kindes / Jugendlichen<br />
• Kind / Jugendlicher wirkt berauscht und / oder benommen, matt, apathisch oder<br />
stark verängstigt<br />
• Kind / Jugendlicher wirkt sprunghaft, orientierungslos oder distanzlos<br />
• Deutliche erkennbare Verzögerungen in der körperlichen, motorischen,<br />
sprachlichen, geistigen, sozialen und seelischen Entwicklung<br />
• Häufige Schulversäumnisse oder häufiges Fernbleiben vom Kindergarten oder der<br />
Tageseinrichtung<br />
• Häufige Delikte oder Straftaten<br />
• Wiederholte oder schwere gewalttätige und / oder sexuelle Übergriffe gegen andere<br />
Personen<br />
13
• Wiederholt stark sexualisiertes Verhalten<br />
• Aufenthalt an jugendgefährdenden Orten oder wiederholt zu altersunangemessenen<br />
Zeiten in der Öffentlichkeit ohne Begleitung einer Erziehungsperson<br />
• Äußerungen die auf Misshandlung, sexuellen Missbrauch oder Vernachlässigung<br />
hinweisen<br />
Erscheinungsbild der Erziehungspersonen<br />
• Fehlende oder erschwerte Ansprechbarkeit<br />
• Stark verwirrtes Erscheinungsbild oder Übererregbarkeit<br />
• Häufige berauschte und / oder benommene bzw. eingeschränkt steuerungsfähige<br />
Erscheinung, die auf massiven, verfestigten Drogen-, Alkohol- bzw.<br />
Medikamentenmissbrauch hindeutet<br />
Verhalten der Erziehungsperson<br />
• Nicht ausreichende oder völlig unzuverlässige Bereitstellung von Flüssigkeits- und<br />
Nahrungszufuhr<br />
• Massives oder häufiges Schlagen, Schütteln oder Einsperren<br />
• Häufige oder massive Beschimpfungen, Bedrohungen oder erniedrigende und / oder<br />
ängstigende Behandlung<br />
• Isolierung des Kindes / Jugendlichen<br />
• Wiederholte oder schwere Gewalt zwischen den Erziehungspersonen<br />
• Kind wird häufig oder über einen langen Zeitraum unbeaufsichtigt oder in Obhut<br />
offenkundig ungeeigneter Personen gelassen<br />
• Fehlende Ansprache und Förderung<br />
• Verweigerung der ärztlichen Vorsorge und Krankheitsbehandlung<br />
Familiäre Situation<br />
• Ausgeprägte Bindungsstörungen<br />
• Familiäre Überforderungssituation durch traumatisierende Lebensereignisse,<br />
finanzieller Notlage und / oder desorientierendes soziales Milieu bzw.<br />
desorientierende soziale Abhängigkeiten<br />
• Soziale Isolierung der Familie<br />
14
• Psychische Erkrankungen, Suchtproblem, körperliche oder geistige<br />
Beeinträchtigung<br />
• Obdachlosigkeit oder extrem kleine und / oder gesundheitgefährdende Unterkunft<br />
Wohnsituation<br />
• Wohnung ist stark vermüllt, völlig verdreckt oder weist Spuren äußerer<br />
Gewaltanwendung auf<br />
• Nichtbeseitigung von erheblichen Gefahren im Haushalt<br />
• Das Fehlen von eigenem Schlafplatz bzw. von jeglichem Spielzeug des Kindes<br />
15
Beispielhafte Indikatoren <strong>zur</strong> Kindeswohlgefährdung<br />
(aus: Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Soziales und Familie:„ Handlungsempfehlungen<br />
zum Umgang mit der Garantenstellung des Jugendamtes bei Kindeswohlgefährdung”<br />
2004)<br />
Grundversorgung und Schutz des Kindes (Indikatoren)<br />
Altersangemessene Ernährungssituation<br />
zu geringe Gewichtszunahme beim Säugling, überalterte oder verdorbene Nahrung,<br />
nicht altersgemäße Nahrung, zu wenig Nahrung, mangelnder Vorrat an Nahrung,<br />
unsaubere Nahrung, mangelnde Hygiene des Ess- und Kochgeschirrs, kein Abwechslung<br />
bei der Nahrung, unregelmäßiges und nicht zuverlässiges Essen und<br />
Trinken Zeichen von Über- und Fehlernährung, u.a.m.<br />
Angemessene Schlafmöglichkeiten<br />
Kein eigener Schlafplatz, beengter Schlafplatz, fehlendes Bett, fehlende Matratze,<br />
nasser muffiger Schlafplatz, ungeregelter Tag-Nacht-Rhythmus , fehlende Decken zum<br />
Schutz vor Kälte, fehlende Abschirmung des Schlafplatzes (z.B. in Einraumwohnungen),<br />
u.a.m.<br />
Ausreichende Körperpflege<br />
unregelmäßiges oder zu seltenes Wickeln, langes Belassen in durchnässten und eingekoteten<br />
Windeln, unregelmäßiges oder sehr seltenes Waschen und Baden, Schmutzund<br />
Kotreste auf der Haut des Kindes, fehlende Zahnhygiene, erkrankte oder<br />
verdorbene Milchzähne, unbehandelte entzündete Hautoberflächen, u. a.m.<br />
Witterungsangemessene Kleidung<br />
mangelnder Schutz vor Hitze oder Kälte, Sonne oder Nässe, witterungsunangemessene<br />
Kleidung mit der Folge des übermäßigen Schwitzens oder Frierens, zu enge<br />
Kleidung, zu kleine Schuhe, u.a.m.<br />
Sicherstellung des Schutzes vor Gefahren<br />
Nichtbeseitigung von Gefahren im Haushalt (defekte Stromkabel oder Steckdosen,<br />
Zugänglichkeit des Kindes zu Medikamenten/Alkohol, nicht gesichertes Herumliegen<br />
16
von „Spritzbesteck"), aktive körperliche Bedrohung des Kindes durch Erwachsenen<br />
oder andere Kinder, Zeichen von Verletzungen (Hämatome, Striemen, Narben,<br />
Knochenbrüche, Verbrennungen), fehlender Schutz der Intimsphäre des Kindes<br />
(Schutz vor sexueller Ausbeutung), u.a.m.<br />
Gesicherte Betreuung und Aufsicht<br />
Ohne altersentsprechende Aufsicht lassen (z. B. auf dem Wickeltisch, in der Badewanne,<br />
beim Spiel im Freien), Überlassung der Aufsicht an fremde Personen, Kleinkind<br />
allein in der Wohnung lassen, Kinder nachts (ohne Ansprechpartner) allein<br />
lassen, u.a.m.<br />
Sicherung von gesundheitlicher Vor- und Fürsorge<br />
Nicht Wahrnehmung der Vorsorgeuntersuchungen (U1-U8), Nicht-Erkennen und Nicht-<br />
Behandeln von Krankheiten, Verweigerung von Krankheitsbehandlung, Fehlen einer<br />
hausärztlichen Anlaufstelle, unbehandelte chronische Krankheiten, häufige Krankenhausaufenthalte<br />
aus Unfällen, fehlende Sicherung der Zahngesundheit (faulende<br />
Zähne), u.a.m.<br />
Anregung/Spielmöglichkeiten des Kindes<br />
Karge und nicht ausgestattete (Spiel-) Räume für das Kind, Fehlen von Spielzeug,<br />
Fernsehen als einziges Angebot, keine altersgemäße motorische und sensomotorische<br />
Entwicklung, Sprachstörungen, u.a.m.<br />
Sachgemäße Behandlung von Entwicklungsstörungen<br />
Nicht-Erkennen und Nicht-Behandeln von Entwicklungsverzögerungen und Behinderungen,<br />
u.a.m.<br />
Emotionale Zuwendung durch Bezugsperson/en<br />
Keine oder grobe Ansprache des Kindes, häufige körperliche und verbale Züchtigung<br />
des Kindes (Drohen, Erniedrigen, Schütteln, Schlagen), herab setzender Umgang mit<br />
dem Kind, Verweigerung von Trost und Schutz, Verweigerung von Körperkontakt,<br />
Verweigerung von Zuneigung und Zärtlichkeit, ständig wechselnde Bezugspersonen,<br />
häufiges Überlassen unterschiedlichster Betreuungspersonen, Jaktationen (Schaukelbewegungen)<br />
des Kindes, Einnässen/Einkoten älterer Kinder, u.a.m.<br />
17
Gewährung altersangemessener Freiräume<br />
Einsperren, Kontaktverbot zu Gleichaltrigen (z.B. aus dem Kindergarten), keine<br />
altersentsprechenden Freunde/Freundinnen, Klammerung und Überbehütung,<br />
Überforderung durch zu große Verantwortungsbelastung, u.a.m.<br />
Familiäre Situation / Sicherung von familiären Erziehungsleistungen (Indikatoren)<br />
Finanziell / materielle Situation<br />
Einkommen deckt Basis-Bedürfnisse der Familie nicht ab, Einkommen wird für<br />
spezifische Ausgaben verbraucht (z.B. Alkohol, Drogen), so dass materiell die Basis-<br />
Bedürfnisse des Kindes nicht abgedeckt werden (können), u.a.m.<br />
Häusliche / räumliche Situation<br />
Keine eigene Wohnung/Obdachlosigkeit, zu geringer Wohnraum (z.B.<br />
Einraumwohnung), gesundheitsgefährdende Wohnbedingungen (z.B. keine<br />
Heizmöglichkeiten, nasse, schimmlige Wände, erhebliche Dauerlärmbelastung),<br />
desorganisierte Wohnraumnutzung (z.B. Vermüllung), u.a.m.<br />
Familiäre Beziehungssituation<br />
Aggressiver Umgangston in der Familie, depressive Grundstruktur in der Familie,<br />
Gewalt in der Familie/zwischen den Eltern, Belastung der Familie durch Krankheit und<br />
Sucht, offensichtliche Überforderung von Eltern (z.B. durch Alleinerziehen), eigene<br />
Deprivationserfahrungen von Eltern, Instrumentalisierung der Kinder bei Beziehungs-,<br />
Trennungs- und Scheidungsproblemen, u.a.m.<br />
Soziale Situation der Familie<br />
Desintegration im sozialen Umfeld, keine familialen Einbindungen (Verwandtschaft),<br />
Schwellenängste gegenüber Institutionen (z.B. Kindergärten, Ärzten, Ämtern), Nicht-<br />
Inanspruchnahme von Leistungen aufgrund von Schwellenängsten, u.a.m.<br />
Kommunikation mit dem Kind<br />
Nicht-Wahrnehmung von kindlichen Bedürfnissen, Isolation des Kindes, ständiges<br />
Ignorieren des Kindes, unstrukturierter Tagesablauf mit dem Kind (fehlende<br />
18
Alltagsregeln), Unfähigkeit dem Kind Grenzen zu setzen, inkonsequenter Umgang mit<br />
dem Kind, Wechselbäder zwischen Zuneigung und Abstoßung, Auseinandersetzungen<br />
der Eltern um das Kind, Gewalt gegen das Kind (Hämatome, Striemen, Narben,<br />
Knochenbrüche, Verbrennungen), u.a.m.<br />
Gesundheitliche Situation - der Erziehungspersonen<br />
Körperliche Erkrankungen, psychische Erkrankungen, körperliche, geistige oder<br />
seelische Behinderung, Suchtmittelgebrauch (Alkohol, Medikamente, Drogen),<br />
selbstzerstörendes Verhalten (Schnippeln), Suicidalität, u.a.m.<br />
Indikatoren für Risiken und Ressourcen der Familien / Familienmitglieder<br />
Risiken, z.B.:<br />
Finanzielle / materielle Situation<br />
Armut, Arbeitslosigkeit, Schulden, schlechte Wohnverhältnisse, u.a.m.<br />
Soziale Situation<br />
Soziale Isolation der Familie, Schwellenängste gegenüber externen Institutionen und<br />
Personen (z.B. Ärztinnen), Behördenangst, u.a.m.<br />
Familiäre Situation<br />
Desintegration in der eigenen Familie/Verwandtschaft, Tod eines Elternteils, allein<br />
erziehend, nicht gelingende Stiefelternsituation, Familienkonflikte, Trennungs- und<br />
Scheidungskonflikte, u.a.m.<br />
Persönliche Situation der Erziehungsperson/en<br />
Eigene Deprivationserfahrungen von Eltern (eigene negative Erfahrungen mit<br />
Erziehungshilfen), unerwünschte Schwangerschaft, mangelnde Leistungsfähigkeit von<br />
Eltern aufgrund von Krankheit (körperlich, psychisch) oder Behinderung (körperlich,<br />
geistig, seelisch), Suchtverhalten (Medikamente, Drogen Alkohol, Spiel), u.a.m.<br />
19
Situation des Kindes<br />
Krankheit des Kindes, körperliche, geistige oder seelische Behinderung des Kindes,<br />
„Schreikind", schwieriges Sozialverhalten aufgrund früher Erfahrung von<br />
Mangelversorgung, u.a.m.<br />
Ressourcen, z.B. :<br />
Finanzielle/materielle Situation<br />
Gesichertes Einkommen, befriedigende Wohnverhältnisse, u.a.m.<br />
Soziale Situation<br />
Soziale Integration und Einbindung der Familie in Nachbarschaften oder<br />
Freundeskreise, Souveränität und Durchsetzungsfähigkeit im Umgang mit externen<br />
Institutionen und Personen, u.a.m.<br />
Familiäre Situation<br />
Funktionierende Familien- und Verwandtschaftsbeziehungen, positive<br />
Partnerbeziehungen, produktive Be- und Verarbeitung von ggf. erfolgten Trennungen<br />
und Scheidungen, u.a.m.<br />
Persönliche Situation der Erziehungsperson/en<br />
Kommunikative Kompetenz, alltägliche Strukturierungsfähigkeit, Artikulationsfähigkeit,<br />
positive Verfolgung eigener Interessen und Ziele, Fähigkeit <strong>zur</strong> Stressbewältigung, ggf.<br />
positive Verarbeitung eigener Krisen (z.B. eigene positive Erfahrungen mit<br />
Erziehungshilfen), u.a.m.<br />
Situation des Kindes<br />
„Pflegeleichtes" Kind, gesundes Kind, u.a.m.<br />
20
Auf der Ebene der Risiko- und Ressourcenanalyse lassen sich folgende beiden<br />
miteinander korrespondierende Hypothesen formulieren:<br />
Hypothese 1:<br />
- Je geringer die finanziellen und materiellen Ressourcen (materielle Dimension) und -<br />
je schwieriger die Einbindung in das soziale Umfeld (soziale Dimension) und -je<br />
desorganisierter die Familiensituation (familiäre Dimension) und - je belasteter und<br />
defizitärer die persönliche Situation der Erziehungspersonen (Eltern) (persönliche<br />
Dimension der Erziehungspersonen) und - je herausfordernder die (gesundheitliche)<br />
Situation und das Verhalten des Kindes (Dimension des Kindes), um so stärker steigt<br />
das Risiko, dass es zu Kindeswohlgefährdungen kommen kann, und umso geringer ist<br />
die Chance einzuschätzen (Prognose), dass die Erziehungspersonen eine festgestellte<br />
Kindeswohlgefährdung aus eigenen Ressourcen ohne intensive Hilfe (<strong>zur</strong> Erziehung)<br />
nachhaltig beenden und aufheben können.<br />
Hypothese 2:<br />
- Je gesicherter die finanziellen und materiellen Ressourcen (materielle Dimension)<br />
und - je zufriedenstellender die Einbindung in das soziale Umfeld (soziale Dimension)<br />
und - je stabiler die Familienbeziehungen und je organisierter das Familiensystem<br />
(familiäre Dimension) und - je ausgeglichener und belastbarer die persönliche<br />
Situation der Erziehungspersonen (Eltern) (persönliche Dimension der<br />
Erziehungspersonen) und - je zufriedenstellender die (gesundheitliche) Situation und<br />
das Verhalten des Kindes (Dimension des Kindes), umso geringer ist das Risiko, dass<br />
es zu Kindeswohlgefährdungen kommt, und umso höher ist die Chance einzuschätzen<br />
(Prognose), dass die Erziehungspersonen eine festgestellte Kindeswohlgefährdung aus<br />
eigenen Ressourcen allein oder mit sporadischer Hilfe nachhaltig beenden und<br />
aufheben können.<br />
21
Risikonanalyse durch Einsatz eines Diagnosebogen <strong>zur</strong> Risikoabwägung<br />
(Stadt Recklinghausen – Fachbereich Kinder, Jugend und Familienhilfe - 2006)<br />
Risikoanalyse für Kinder ( 0 – 12 Jahre )<br />
Besondere Risikofaktoren in der frühkindlichen Phase<br />
Unerwünschte Schwangerschaft<br />
Essprobleme beim Säugling<br />
„Schreibaby"<br />
Bindungsprobleme<br />
Einschätzung <strong>zur</strong> Sicherung der Grundbedürfnisse des Kindes<br />
Recht auf ausreichende Körperpflege<br />
Recht auf geeigneten Wach- und Schlafplatz<br />
Recht auf schützende Kleidung Recht auf altersgemäße Ernährung<br />
Recht auf sachgemäße Behandlung von Krankheit und Entwicklungsstörungen<br />
Recht auf Schutz vor Gefahren<br />
Recht auf Zärtlichkeit, Anerkennung und Bestätigung<br />
Recht auf Sicherheit und Geborgenheit Recht auf Individualität und Selbstbestimmung<br />
Recht auf Ansprache<br />
Recht auf langandauernde Bindung<br />
Wahrnehmbare Risikofaktoren in der Familie<br />
Un<strong>zur</strong>eichendes Einkommen<br />
Wohnsituation<br />
Arbeitssituation<br />
Körperbehinderungen/gesundheitliche Probleme<br />
Suchtmittelmissbrauch<br />
Schwere psychische Störungen (Psychosen)<br />
Mutter/Eltern sehr jung (minderjährig)<br />
Alleinerziehender Elternteil<br />
Religiöse oder ideologische Überzeugungen<br />
Eingeschränkte intellektuelle Fähigkeiten<br />
22
Elterliche Kompetenzen<br />
Aggressionen und Wut kontrollieren können<br />
Depressiven Stimmungen etwas entgegensetzen können<br />
Ängste überwinden können<br />
Destruktive Selbstkritik reduzieren und das eigene Selbstwertgefühl<br />
stärken können<br />
Enttäuschungen verkraften können<br />
Eigene Bedürfnisse und Gefühle wahrnehmen können<br />
Eigene Bedürfnisse, Gefühle, Interessen und Meinungen ausdrücken<br />
und angemessen vertreten können<br />
Aufmerksam sein, sich einem anderen zuwenden und zuhören können<br />
Mit anderen nach Problemlösungsmöglichkeiten suchen und aushandeln können<br />
Anderen sagen können, wie man ihr Verhalten wahrnimmt und dies auch von<br />
anderen ertragen können<br />
Sexualverhalten: Sich partnerschaftlich und rollengemäß verhalten können<br />
Den Willen und die Grenzen anderer respektieren können<br />
Zeit und Tätigkeiten planen und Planungen ausführen können<br />
Früh aufstehen, pünktlich sein und Verabredungen einhalten können<br />
Ausdauer haben, genau sein<br />
Sich regelmäßig waschen, saubere Kleidung tragen<br />
Sich ausreichend ernähren<br />
Einnahmen und Ausgaben bilanzieren und ökonomisch wirtschaften können<br />
Sich allein beschäftigen und das Zusammensein mit anderen gestalten können (z. B.<br />
Spielen, Basteln, Sport)<br />
Lesen, Schreiben, rechnen können<br />
Kochen, Waschen, putzen und Wohnung gestalten können<br />
23
Risikoanalyse für Jugendliche ( 12-18 Jahre )<br />
Der nachfolgende Diagnosebogen dient <strong>zur</strong> Risikoabwägung h Gefährdungen im<br />
Jugendalter gern. § 8a SGB VIII. Gefährdungen im Jugendalter zeigen sich oft durch<br />
Signale wie Straffälligkeit, Schulverweigerung, suizidale Tendenzen, Auffälligkeiten im<br />
sexuellen Bereich Essstörungen und vieles mehr.<br />
Der nachfolgende Diagnosebogen soll helfen, Wahrnehmungen zu schärfen,<br />
Gefährdungen möglichst frühzeitig zu erkennen und die Vorbereitung für ein<br />
Fachgespräch <strong>zur</strong> Risikoabwägung erleichtern.<br />
Festgestellte Auffälligkeiten:<br />
Verdacht auf Misshandlung / sexuellen Missbrauch<br />
Verdacht auf Vernachlässigung<br />
Eigengefährdendes Verhalten<br />
Fremdgefährdendes Verhalten<br />
Psychische Auffälligkeiten<br />
Bagatelldelikte<br />
Diebstahl<br />
Raub<br />
Körperverletzung<br />
gefährliche Körperverletzung<br />
Verstöße gegen das BTMG<br />
Nötigung<br />
Schule schwänzen<br />
24
Wahrnehmbare Risikofaktoren in der Familie<br />
Alleinerziehender Elternteil (Überforderung erkennbar)<br />
Un<strong>zur</strong>eichendes Einkommen<br />
Wohnsituation<br />
Arbeitssituation<br />
Körperbehinderungen/gesundheitliche Probleme<br />
Suchtmittelmissbrauch<br />
Schwere psychische Störungen (Psychosen)<br />
Migrationshintergrund/Integrationsprobleme<br />
Schulden<br />
Religiöse oder ideologische Überzeugungen, die Anlass <strong>zur</strong> Besorgnis geben<br />
Eingeschränkte intellektuelle Fähigkeiten<br />
Familienklima<br />
Einschätzung <strong>zur</strong> Situation des/der Jugendlichen<br />
Gesundheitliche Entwicklung<br />
körperliche Beeinträchtigungen<br />
Hinweise auf Verletzungen<br />
Jugendliche/r wirkt kränklich, ist häufig krank<br />
Ernährungszustand/ Essverhalten<br />
Hygieneverhalten<br />
Jugendliche/r achtet selbst auf seine Gesundheit<br />
Geistige Entwicklung<br />
Psychische Situation<br />
Selbstwertgefühl des Jugendlichen<br />
Unrechtsbewusstsein des/der Jugendlichen<br />
Frustrations- / Agressionsbewältigung<br />
Hinweise auf psychische Belastungen / Misshandlungen<br />
Soziale Situation<br />
Ausstattung mit Kleidung<br />
Wohnbereich des Jugendlichen<br />
25
Angemessenes Taschengeld<br />
Erzieherische Situation<br />
Gewährleistung der Aufsicht<br />
Zuwendung / Aufmerksamkeit durch die Kindeseltern<br />
Erziehungskompetenz der Eltern / der Erziehenden<br />
Es gibt einen akzeptablen Regelkatalog durch die Erziehungsperson<br />
Jugendliche/r kann Regeln akzeptieren und damit umgehen<br />
Schutz vor Gefährdungen<br />
Hinweise auf körperliche oder sexuelle Misshandlunqen<br />
Jugendliche/ r hat eine Vertrauensperson<br />
Kontakt zu problematischen Gruppen<br />
Einzelgänger<br />
seIbstgefährdendes Verhalten<br />
fremdgefährdendes Verhalten<br />
Schulische Probleme<br />
Schule schwänzen/Schulmüdigkeit<br />
Schulverweigerung<br />
Lernschwächen (Lesen, Rechnen, Schreiben etc.)<br />
Integrationsprobleme des Kindes im Klassenverband (Außenseiter)<br />
Freizeitverhalten<br />
Kontaktverhalten zu Gleichaltrigen<br />
Art der Anbindung an peer groups<br />
Kein strukturiertes Freizeitverhalten wie z.B. Vereine<br />
Keine ausreichenden Spielmöglichkeiten<br />
( Spielplatz, Jugendzentrum, kirchl. Gruppen)<br />
Nicht kontrolliertes Freizeitverhalten des/der Jugendlichen<br />
Autonomieverhalten<br />
Selbstständigkeit/Eigeninitiativen<br />
Lebenspraktische Kompetenz<br />
26
Höhe des Taschengeldes<br />
Sexualität<br />
Die sexuelle Selbstbestimmung anderer wird gewahrt<br />
Grenzen der sexuellen Selbstbestimmung anderer werden überschritten<br />
Einstellung des Jugendlichen zum strafbaren Verhalten/ zu den schulischen<br />
Problemen<br />
Unrechtsbewusstsein<br />
Einsichtigkeit<br />
Gesprächsbereitschaft<br />
Bereitschaft, Hilfe anzunehmen<br />
Leitfaden <strong>zur</strong> Handhabung der Risikoanalyse<br />
Die Anwendung des Melde- und Prüfbogens erfolgt durch die jeweilige Einschätzung<br />
bei den aufgeführten Faktoren mit den bekannten Ampelmerkmalen.<br />
Die vorstehende Risikoanalyse ist ein Teil im Entscheidungsprozess, ob es sich im<br />
vorliegenden Fall um eine Kindeswohlgefährdung handelt oder nicht. Sie soll der<br />
besseren Wahrnehmung dienen, die Entscheidung im Fachgespräch erleichtern und die<br />
Dokumentation erleichtern. Sie ist keineswegs mathematisch anzuwenden und ersetzt<br />
schon gar nicht das professionell geführte Fachgespräch.<br />
Die aufgeführten Merkmale - sind nur soweit möglich - auszufüllen und ggf. im<br />
Fachgespräch zu erläutern.<br />
Analog <strong>zur</strong> Ampel bedeutet<br />
Grün = die Bedürfnisse des/der Kindes und Jugendlichen werden sicher befriedigt, die<br />
Einschätzung zu bestimmten Merkmalen gibt keinen Anlass <strong>zur</strong> Besorgnis oder<br />
weist auf Ressourcen hin,<br />
Gelb = die Einschätzung ist nicht sicher, es fehlen Wahrnehmungen,<br />
Rot = signalisiert den Gefahrenbereich: Risiken sind erkennbar, Grundbedürfnisse<br />
sind bedroht, die Einschätzung gibt Anlass <strong>zur</strong> Besorgnis.<br />
27
Arbeitshilfen des Jugendamtes Dormagen<br />
1. Was sind die körperlichen Bedürfnisse:<br />
• Essen, Trinken, Kleidung, Schlaf, Wach-Ruhe-Rhythmus, Zärtlichkeit,<br />
Körperkontakt,<br />
• Schutz vor Gefahren, Schutz vor Krankheiten, Schutz vor gefährdenden<br />
• Wettereinflüssen, Schutz vor materiellen Unsicherheiten<br />
Mögliche Fragen:<br />
• Gibt es chronische Krankheiten und / oder Behinderungen?<br />
• Ist das Kind chronisch müde ?<br />
• Hat es eine erhöhte Krankheitsanfälligkeit, häufige Infektionen, häufige<br />
Krankenhausaufenthalte?<br />
• Gibt es Anzeichen von Unter- oder Überernährung?<br />
• Ist die motorische und sensormotorische Entwicklung altersgemäß?<br />
• Hämatome? Mehrfachverletzungen in verschiedenen Heilungsstadien?<br />
• Striemen? Narben? Spuren von Gegenständen?<br />
• Knochenbrüche? Mehrfachbrüche in verschiedenen Heilungsstadien?<br />
• Verbrennungen? Verbrühungen?<br />
• Auffällige Rötungen? Entzündungen im Anal- und Genitalbereich?<br />
• Einnässen? Einkoten?<br />
• Bauchschmerzen? Kopfschmerzen? Atemstörungen?<br />
• Gibt es deutliche Entwicklungsverzögerungen?<br />
Zusätzliche Fragen für Säuglinge und unter 2 Jährige<br />
• Gibt es Anzeichen für eine Gedeihstörung /Fütterungsstörung (mangelnde<br />
Nahrungsaufnahme, Flüssigkeitsaufnahme unerklärliches Untergewicht)?<br />
• Steifheit, Verspannung, Schlaffheit?<br />
• Schüttelsymptome?<br />
• Schreikind? Unruhig?<br />
• Traurig? Apathisch?<br />
• Trifft man das Kind ständig in durchnässten Windeln an?<br />
• Sind größere Teile der Hautoberfläche entzündet?<br />
28
• Finden sich regelmäßig Dreck und Stuhlreste in den Hautfalten?<br />
• Liegt das Kind tagsüber stundenlang in einem abgedunkelten Raum?<br />
• Sind Matratzen und Kissen ständig nass und muffig?<br />
• Liegt das Kind immer in der Wippe, der Tragetasche oder im Bett?<br />
• Gibt es eine stete Gewichtszunahme?<br />
• Sind hygienische Mindeststandards gewahrt (Reinigung Flasche, Schnuller, etc.)<br />
• Ist das Recht auf Vorsorge (z.B. U-Untersuchung, Impfungen) gewährleistet?<br />
• Wird das Kind ohne Aufsicht auf den Wickeltisch oder in die Badewanne gesetzt?<br />
• Wird das Kind für sein Alter zu lange allein gelassen?<br />
• Werden Gefahren im Haushalt übersehen (Steckdosen, Medikamente<br />
• Putzmittel, Treppen etc.)<br />
• Sind Eltern durch psychische Krankheiten, Suchtabhängigkeiten oder ähnliches in<br />
ihrer Wahrnehmung getrübt oder in ihrer Verantwortungsfähigkeit eingeschränkt?<br />
2. Was sind die emotionalen, beziehungsmäßigen Bedürfnisse:<br />
• Liebe, Annahme und Zuwendung, tragfähige Beziehungsmuster,<br />
• Bedürfnis nach sozialer Bindung und einfühlendem Verständnis<br />
• Dialog und Verständigung (verbal und nonverbal)<br />
• Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, Familie<br />
• Soziale Anbindung an Kindergarten und andere Kinder<br />
• Wertschätzung, d. h. bedingungslose Anerkennung als seelisch und körperlich<br />
wertvoller Mensch, seelische Zärtlichkeit<br />
Mögliche Fragen<br />
• Hyperaktivität, motorische Unruhe?<br />
• Ist das Kind ängstlich? Scheu? Zurückgezogen? Schreckhaft? Traurig?<br />
Verschlossen? Apathisch?<br />
• Aggressiv? Selbstverletzend?<br />
• Orientierungslos? Unkonzentriert?<br />
• Distanzlos? Grenzenlos?<br />
• Besonders anhänglich?<br />
• Geringes Selbstvertrauen im Umgang mit Menschen?<br />
• Deutliche Verunsicherung?<br />
29
• Wie ist die Beziehung zu den Pädagogen?<br />
• Wie ist die Beziehung zu Gleichaltrigen?<br />
• Ist das Kind sozial isoliert, kommt es nie mit anderen Kindern/<br />
• Erwachsenen in Kontakt?<br />
• Sexualisiertes Verhalten?<br />
• Schlafstörungen?<br />
• Essstörungen?<br />
• Gibt es deutliche Entwicklungsverzögerungen?<br />
Zusätzliche Fragen für Säuglinge und Kinder unter 2 Jahren<br />
• Wird das Kind beim Füttern in den Arm genommen oder bekommt es eine Flasche<br />
die es allein trinken muss?<br />
• Erfolgt das Wickeln grob und ohne Ansprache?<br />
• Wird dem Kind bei Krankheit oder Verletzung, Trost verweigert?<br />
• Bleibt das Kind trotz anhaltendem Schreien unbeachtet?<br />
• Ist das Kind einer gewalttätigen Atmosphäre ausgesetzt, auch Elternstreit?<br />
• Machen die Eltern dem Säugling durch anschreien, grobes anfassen, schütteln oder<br />
schlagen Angst?<br />
• Wird dem Kind ausreichender Körperkontakt angeboten?<br />
• Wird das Kind ständig verschiedenen Personen <strong>zur</strong> Betreuung überlassen?<br />
• Hat das Kind eine verantwortungsfähige Bezugsperson, die beabsichtigt, langfristig<br />
für das Kind zu sorgen?<br />
3. Intellektuelle Bedürfnisse<br />
• Das Kind muss gefördert werden, seine geistigen Kräfte zu entfalten und seine<br />
Kompetenzen zu entwickeln<br />
• Förderung der Neugierde<br />
• Anregungen und Anforderungen<br />
• Unterstützung beim erleben und erforschen der Umwelt<br />
Mögliche Fragen<br />
• Wird nicht oder kaum mit dem Kind gesprochen?<br />
• Wird nicht oder kaum mit dem Kind gespielt?<br />
30
• Steht altersentsprechendes Beschäftigungsmaterial <strong>zur</strong> Verfügung?<br />
• Ist die Sprache des Kindes altersgerecht entwickelt?<br />
• Nimmt das Kind seine Umwelt neugierig wahr?<br />
• Gibt es Wahrnehmungsstörungen, Gedächtnisstörungen, Konzentrationsschwäche?<br />
• Regelmäßiger Besuch der Tageseinrichtung (Kita, OGS)?<br />
• Regelmäßiger Schulbesuch? Schulschwänzen? Regelmäßige Erledigung der<br />
Hausaufgaben?<br />
• Freizeitangebote (Sportverein, Kulturveranstaltungen, Musikschule etc.)<br />
• Angemessner TV- und Medienkonsum?<br />
• Angemessener Umgang mit dem Computer /Internet<br />
4. Moralische Bedürfnisse und Bedürfnis nach Selbstverwirklichung:<br />
• Unterstützung bei der Bewältigung von Lebensängsten<br />
• Unterstützung der eigenständigen Durchsetzung von Zielen<br />
• Entwicklung eines Selbstkonzeptes <strong>zur</strong> eigenständigen, autonomen Persönlichkeit<br />
• Vermittlung von gesellschaftlichen Werten und sozialen Grenzen<br />
• Förderung des Rechts/ Unrechtsbewusstsein<br />
• Anregung von Spiel und Leistung<br />
• Förderung von Motivation<br />
Mögliche Fragen<br />
• Positive Vorbilder?<br />
• Ansprechpartner, Gesprächspartner, Vertrauensperson?<br />
• Gibt es beim Kind ein Unrechtsbewusstsein?<br />
• Klare Generationengrenzen?<br />
• Rollenverständnis des Kindes (Familie, Einrichtung, Gleichaltrige)?<br />
• Frustrationstoleranz?<br />
• Akzeptanz von gesellschaftlichen Werten und Normen?<br />
• Akzeptanz der eigenen Persönlichkeit?<br />
31
Faktoren, die bei der Einschätzung der Gewährleistung des Kindeswohls eine<br />
Rolle spielen:<br />
• Das Ausmaß / die Schwere der Beeinträchtigung, Schädigung (Misshandlung,<br />
Vernachlässigung)<br />
• Die Häufigkeit/Chronizität der Schädigung (Misshandlung und Vernachlässigung)<br />
• Die Verlässlichkeit der Versorgung durch die Sorgeberechtigten<br />
• Das Ausmaß und die Qualität der Zuwendung der Sorgeberechtigten zum Kind und<br />
dessen Annahme<br />
• Die Qualität der Erziehungskompetenz der Sorgeberechtigten<br />
• Dies Selbsthilfekompetenz des Kindes (entsprechend seinem Alter und<br />
Entwicklungsstand), seine Widerstandsfähigkeit ("Resilience ") und die Fähigkeit,<br />
Hilfe zu holen.<br />
Nach dieser Risikoeinschätzung ist es möglich zu beurteilen, ob Kinderschutz<br />
notwendig ist oder nicht.<br />
32
Gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung<br />
(nach Empfehlungen des Deutschen Vereins <strong>zur</strong> Umsetzung des § 8a SGB VIII)<br />
Anhaltspunkte beim Kind oder Jugendlichen<br />
1. Nicht plausibel erklärbare sichtbare Verletzungen (auch Selbstverletzungen)?<br />
2. Körperliche oder seelische Krankheitssymptome (z.B. Einnässen, Ängste, Zwänge)?<br />
3. Un<strong>zur</strong>eichende Flüssigkeits- oder Nahrungszufuhr?<br />
4. Fehlende, aber notwendige ärztliche Vorsorge und Behandlung?<br />
5. Zuführung die Gesundheit gefährdende Substanzen?<br />
6. Für das Lebensalter mangelnde Aufsicht?<br />
7. Hygienemängel (z.B. Körperpflege, Kleidung...)?<br />
8. Unbekannter Aufenthalt (z.B. Weglaufen, Streunen...)?<br />
9. Fortgesetzte unentschuldigte Schulversäumnisse oder fortgesetztes<br />
unentschuldigtes Fernbleiben von der Tageseinrichtung?<br />
10. Gesetzesverstöße?<br />
Anhaltspunkte in Familie und Lebensumfeld<br />
11. Gewalttätigkeiten in der Familie?<br />
12. Sexuelle oder kriminelle Ausbeutung des Kindes oder Jugendlichen?<br />
13. Eltern psychisch oder suchtkrank, körperlich oder geistig beeinträchtigt?<br />
14. Familie in finanzieller bzw. materieller Notlage?<br />
15. Desolate Wohnsituation (z.B. Vermüllung, Wohnfläche, Obdachlosigkeit...)?<br />
16. Traumatisierende Lebensereignisse (z.B. Verlust eines Angehörigen, Unglück...)?<br />
17. Erziehungsverhalten und Entwicklungsförderung durch Eltern schädigend?<br />
18. Soziale Isolierung der Familie?<br />
19. Desorientierendes soziales Milieu bzw. desorientierende soziale Abhängigkeit<br />
Anhaltspunkte <strong>zur</strong> Mitwirkungsbereitschaft und –fähigkeit<br />
20. Kindeswohlgefährdung durch Erziehungs- oder Personensorgeberechtigte nicht<br />
abwendbar?<br />
33
21. Fehlende Problemeinsicht?<br />
22. Un<strong>zur</strong>eichende Kooperationsbereitschaft?<br />
23. Mangelnde Bereitschaft, Hilfe anzunehmen?<br />
24. Bisherige Unterstützungsversuche un<strong>zur</strong>eichend?<br />
25. Frühere Sorgerechtsvorfälle?<br />
34
Vereinbarung gemäß § 8 a Abs. 2 SGB VIII<br />
Zwischen<br />
der Stadt <strong>Wuppertal</strong>, Ressort 208, Kinder, Jugend und Familie –<br />
Jugendamt (JA)<br />
und<br />
dem freien Träger der Jugendhilfe, Diakonie <strong>Wuppertal</strong><br />
wird nachfolgende Vereinbarung geschlossen:<br />
Vorbemerkung:<br />
Diese Vereinbarung gilt für alle von der Diakonie in ihren Einrichtungen und Diensten<br />
angebotenen Leistungen und Aufgaben nach dem SGB VIII. Darüber hinausgehende<br />
hilfespezifische, arbeitsfeldbezogene Vereinbarungen sind im Rahmen bestehender<br />
Verträge (z.B. NOSD II) zu treffen oder werden im Rahmen der<br />
Leistungsvereinbarungen gem. § 78 SGB VIII abgeschlossen. Dem JA werden hierfür<br />
von der Diakonie zu den jeweiligen Leistungsbeschreibungen/ Leistungsvereinbarungen<br />
entsprechende Handlungsanweisungen zum fachlichen Umgang mit Hinweisen auf<br />
Kindeswohlgefährdungen vorgelegt.<br />
Grundlage dieser Vereinbarung sind die „Empfehlungen des Deutschen Vereins <strong>zur</strong><br />
Umsetzung des § 8a SGB VIII“ (Anlage 1). Sie sind in ihrer jeweils aktuellen Fassung<br />
für den Fall einer Auslegungsbedürftigkeit oder Regelungslücke dieser Vereinbarung<br />
hinzuzuziehen.<br />
§ 1 Aufgaben des Jugendamts und des Trägers<br />
(1) Das JA hat die Gesamtverantwortung für die Sicherstellung der Leistungen und<br />
Aufgaben des SGB VIII. Dazu gehören die Wahrnehmung des staatlichen<br />
Wächteramtes und die Realisierung des Schutzauftrags für Kinder und Jugendliche bei<br />
der Gefährdung ihres Wohls. Diese Aufgabe des JA wird von den Bezirkssozialdiensten<br />
wahrgenommen. Sofern Kinder und Jugendliche Leistungen in Einrichtungen und<br />
Diensten der Diakonie erhalten, wird diese Aufgabe des JA u. a. durch den Abschluss<br />
dieser Vereinbarung wahrgenommen.<br />
(2) Der besondere Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung obliegt allerdings nicht<br />
dem Jugendamt allein, sondern auch allen Einrichtungen und Diensten der Diakonie,<br />
die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe erbringen oder andere Aufgaben in diesem<br />
Bereich wahrnehmen.<br />
Der freie Träger erbringt Leistungen gegenüber Eltern, Kindern und Jugendlichen<br />
selbstständig auf der Basis entsprechender Vereinbarungen mit diesen oder nach<br />
Hilfeplan gem. § 36 SGB VIII. Die Leistungserbringung dient der Förderung der<br />
35
Entwicklung und der Erziehung <strong>zur</strong> eigenverantwort-lichen und gemeinschaftsfähigen<br />
Persönlichkeit des jungen Menschen. Dazu gehört auch, Kinder und Jugendliche vor<br />
Gefahren für ihr Wohl zu schützen. Diese Aufgabe wird vom Träger u. a. durch den<br />
Abschluss dieser Vereinbarung wahrgenommen.<br />
(3) Die Diakonie trägt dafür Sorge, dass ihre Dienste und Einrichtungen, die Leistungen<br />
nach dem SGB VIII erbringen, über den Abschluss dieser Generalvereinbarung<br />
informiert sind. Sie entwickelt mit ihnen intern einen Verfahrensvorschlag zum Umgang<br />
mit Kindeswohlgefährdungen. Dieser Vorschlag wird dann durch die Diakonie dem JA<br />
mitgeteilt. Das JA würdigt diesen Vorschlag im Rahmen seiner Gesamtverantwortung.<br />
Mittels Dienstanweisung setzt die Diakonie das Verfahren anschließend in Kraft.<br />
(4) Die Sicherung des Wohls der Kinder und Jugendlichen in den Fällen, in denen diese<br />
Leistungen in Einrichtungen und Diensten von der Diakonie erhalten, kann nur auf der<br />
Basis eines kooperativen Zusammenwirkens zwischen dem JA und der Diakonie<br />
gelingen. Die dafür notwendige Basis liefert diese Vereinbarung.<br />
§ 2 Gewichtige Anhaltspunkte für eine Gefährdung und Risikoeinschätzung<br />
(1) Die in § 8a SGB VIII angesprochenen gewichtigen Anhaltspunkte für eine<br />
Gefährdung des Wohls des Kindes oder Jugendlichen sind aufgrund der verschiedenen<br />
Arbeitsfelder des Trägers, der entsprechenden Kenntnisse der Mitarbeiter und der<br />
fachlichen Erkenntnisse unterschiedlich zugänglich und erkennbar. Grundlage für die<br />
Einschätzung, ob eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegt, sind die Kriterien der<br />
Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e.V. (Anlage 2). Die Risikoeinschätzung kann<br />
um weitere arbeitsfeldbezogene Anhaltspunkte ergänzt werden.<br />
(2) Unabhängig von diesen ggf. notwendigen arbeitsfeldbezogenen Differenzierungen<br />
findet bei der Diakonie, wenn ein/e Mitarbeiter/in gewichtige Anhaltspunkte für eine<br />
Gefährdung des Wohls des Minderjährigen erkennt, folgendes Verfahren Anwendung:<br />
• Der/die entsprechende Mitarbeiter/in informiert unverzüglich die Leitungskraft<br />
des Dienstes oder der Einrichtung.<br />
• Gemeinsam findet auf der Basis der von dem/der Mitarbeiter/in genannten<br />
Anhaltspunkte mit der Leitungskraft eine Einschätzung statt, ob ggf.<br />
gewichtige Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Wohls des Minderjährigen<br />
vorliegen.<br />
• Kommen die Fachkräfte hierbei zu dem Ergebnis, dass gewichtige<br />
Anhaltspunkte vorliegen können, wird eine hinsichtlich der<br />
Kindeswohlgefährdung erfahrene Fachkraft hinzugezogen.<br />
(3) Erfahrene Fachkraft ist eine Person, die eine spezifische Qualifikation (insbesondere<br />
eine geeignete fachliche Ausbildung oder /und entsprechende Fortbildung) oder<br />
besondere Erfahrungen in der Arbeit mit Kindeswohlgefährdungssituationen aufweist.<br />
Verfügt die Diakonie nicht selber über derartige Fachkräfte, erfolgt die<br />
Risikoeinschätzung unter Hinzuziehung der zuständigen Fachkraft des<br />
JA/Bezirkssozialdienstes und in Ausnahmefällen Fachkräfte des Fachreferates.<br />
36
(4) Gemeinsam mit der erfahrenen Fachkraft nehmen der/die betroffene Mitarbeiter/in<br />
und die Leitungskraft eine Risikoeinschätzung vor und erarbeiten Vorschläge, welche<br />
erforderlichen und geeigneten Hilfen angezeigt sind, um das Gefährdungsrisiko<br />
abzuwenden (Aufstellung eines Schutzplanes).<br />
§ 3 Einbeziehung von Personensorgeberechtigten, Kindern und Jugendlichen –<br />
Hinwirken auf die Inanspruchnahme von Hilfen durch Mitarbeiter und<br />
Mitarbeiterinnen der Diakonie<br />
(1) Auf der Basis und bezogen auf den nach § 2 Abs. 4 erarbeiteten Schutzplan erfolgt<br />
eine Einbe- ziehung der Personensorgeberechtigten, soweit hierdurch der wirksame<br />
Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird. Die<br />
Kontaktaufnahme erfolgt durch die Diakonie.<br />
(2) Grundsätzlich ab Vollendung des 3. Lebensjahres erfolgt eine Einbeziehung des<br />
Kindes, wenn dadurch sein wirksamer Schutz nicht in Frage gestellt wird.<br />
(3) Ergibt sich aus den Kontakten zu diesen Personen die Notwendigkeit, dass <strong>zur</strong><br />
Sicherung des Kindeswohls Hilfen in Anspruch genommen werden, so werden den<br />
Personensorgeberechtigten Wege und Möglichkeiten für die Inanspruchnahme solcher<br />
Hilfen aufgezeigt und angeboten. Nehmen die Personensorgeberechtigten<br />
entsprechende geeignete und notwendige Hilfe in An- spruch, so soll dies auf der Basis<br />
nachvollziehbarer Absprachen der Diakonie mit den Personen- sorgeberechtigten<br />
insbesondere zu dem Inhalt der Hilfen, zum Umfang und zu den zeitlichen Perspektiven<br />
geschehen.<br />
(4) Die Diakonie vergewissert sich, dass die vereinbarten Hilfen in Anspruch genommen<br />
werden und dass dadurch der Kindeswohlgefährdung wirksam begegnet werden kann.<br />
(5) Der freie Träger weist die Personensorge-/Erziehungsberechtigten darauf hin, dass<br />
die Kosten für eine selbst beschaffte, nicht kostenneutrale Hilfe durch das JA nur<br />
getragen werden, wenn die Hilfe dort vorher beantragt und bewilligt wurde.<br />
§ 4 Information des Jugendamts<br />
(1) Erscheinen dem freien Träger die von den Personensorgeberechtigten<br />
angenommenen Hilfen als nicht ausreichend, wird von den Personensorgeberechtigten<br />
keine Hilfe angenommen oder kann sich der freie Träger nicht Gewissheit darüber<br />
verschaffen, ob durch die mit den Personensorgeberechtigten vereinbarten Hilfen der<br />
Kindeswohlgefährdung begegnet werden kann, so informiert er die Personensorgeberechtigten<br />
darüber, dass eine Information des JA erfolgt. Dies gilt im<br />
Einzelfall ausnahmsweise nicht, wenn und solange dies mit dem Kindeswohl nicht zu<br />
vereinbaren ist.<br />
(2) Ist wegen der in Abs. 1 genannten Gründe eine Information des JA erforderlich, so<br />
erfolgt diese Information durch die von der Leitungskraft des freien Trägers bestimmte<br />
Fachkraft. Die Information an das JA enthält neben den Personalien des<br />
37
Kindes/Jugendlichen und der Personensorgeberechtigten die Aussagen zu den<br />
gewichtigen Anhaltspunkten für die Kindeswohlgefährdung, zu der mit einer erfahrenen<br />
Fachkraft vorgenommenen Risikoeinschätzung, zu den den Personensorgeberechtigten<br />
benannten Hilfen und dazu, inwiefern die erforderlichen Hilfen nicht bzw. nicht<br />
ausreichend angenommen wurden.<br />
(3) Soweit die Gefährdungssituation es noch zeitlich zulässt, erfolgt die Information<br />
schriftlich als Bericht. Konnte das JA wegen dringender Gefahr vom freien Träger nicht<br />
rechtzeitig schriftlich informiert werden, wird der Bericht vom freien Träger kurzfristig,<br />
spätestens innerhalb von 5 Kalendertagen, nachgereicht.<br />
(4) Die Information des JA beinhaltet Name und Adresse des Kindes oder Jugendlichen<br />
sowie der Personensorgeberechtigten, Art der Gefährdung, Belege für die Gefährdung,<br />
Angaben <strong>zur</strong> gefährdende(n) Person(en), beteiligte andere Dienste sowie über von der<br />
Diakonie bereits veranlasste weitere Schritte .Dafür ist der Meldebogen ( Anlage 4) zu<br />
verwenden.<br />
§ 5 Dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder Jugendlichen<br />
(1) Ist die Gefährdung des Wohls des Kindes oder Jugendlichen so aktuell, dass bei<br />
Durchführung der in §§ 2 und 3 vereinbarten Abläufe mit großer Wahrscheinlichkeit das<br />
Wohl des Kindes oder des Jugendlichen nicht gesichert werden kann, so liegt ein Fall<br />
der dringenden Gefährdung des Wohls des Kindes vor. Dies gilt auch für die Fälle, in<br />
denen die Personensorgeberechtigten oder Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in<br />
der Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungs- risikos mitzuwirken. In diesen<br />
Fällen erfolgt eine unmittelbare Information des JA durch den freien Träger.<br />
(2) Bei Gefahr in Verzug wird der Schutz des Kindes unmittelbar durch geeignete<br />
Maßnahmen (ggf. unter Hinzuziehung der Polizei) durch die Diakonie sichergestellt und<br />
das JA umgehend informiert. Zur Erreichbarkeit des JA – Bezirkssozialdienst – siehe<br />
Anlage 3.<br />
(3) Beim JA besteht eine „Rufbereitschaft <strong>zur</strong> Sicherung des Kindeswohls“, die<br />
außerhalb der Kernarbeitszeit zwischen 15.00 und 9.00 Uhr und an Sonn- und<br />
Feiertagen über die Polizei erreichbar ist. Fachkräfte des JA und Polizeibehörden<br />
ergänzen sich.<br />
(4) Weitere Handlungsschritte werden im jeweiligen Einzelfall zwischen den<br />
fallzuständigen Fachkräften des JA und des freien Trägers abgestimmt und<br />
dokumentiert.<br />
§ 6 Eignung der Mitarbeiter/ innen (§ 72a SGB VIII)<br />
Die Diakonie stellt durch geeignete Maßnahmen sicher, dass sie keine Personen<br />
beschäftigt oder vermittelt, die rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174<br />
bis 174c, 176 bis 181a, 182 bis 184e oder § 225 des Strafgesetzbuches verurteilt<br />
worden sind. Welche geeigneten Maßnahmen die Diakonie trifft, teilt diese dem<br />
38
Jugendamt mit. Das JA würdigt die Maßnahmen im Rahmen seiner<br />
Gesamtverantwortung.<br />
§ 7 Fortbildung der Mitarbeiter/innen<br />
Soweit die eigenen Ressourcen des Trägers nicht ausreichen, bietet das JA je nach<br />
Bedarf Fortbildungen für die Mitarbeiter/innen der Diakonie an, die <strong>zur</strong> sachgerechten<br />
Wahrnehmung des Schutzauftrages nach § 8a SGB VIII als sinnvoll und notwendig<br />
erachtet werden.<br />
§ 8 Datenschutz<br />
(1) Der Träger ist <strong>zur</strong> Einhaltung des Datenschutzes verpflichtet. Hierzu gehören<br />
insbesondere §§ 61 ff. SGB VIII, kirchliches Datenschutzrecht, Landes- und<br />
Bundesdatenschutzrecht.<br />
(2) Die Übermittlung der Informationen an das JA enthält regelmäßig<br />
personenbezogene Daten, ggf. auch Informationen die den besonderen<br />
Vertrauensschutz des § 65 SGB VIII unterliegen. Deswegen ist eine Weitergabe der<br />
Informationen an das JA grundsätzlich nur mit Einwilligung der Betroffenen möglich.<br />
Aufgrund der nach dieser Vereinbarung vorgenommenen sorgfältigen Risikoabschätzung<br />
hinsichtlich gewichtiger Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Wohls des<br />
Kindes oder Jugendlichen ist eine Informationsweitergabe an das JA ohne Einwilligung<br />
der Betroffenen entsprechend § 65 Abs. 1 Nr. 5 SGB VIII zulässig und ggf. erforderlich.<br />
§ 9 Kooperation und Evaluation<br />
(1) Da eine dauerhafte fallunabhängige Sicherung des Wohls von Kindern und<br />
Jugendlichen nur möglich ist, wenn funktionierende Kooperationsbeziehungen bestehen<br />
und die Verfahrensabläufe für alle Beteiligten klar sind, erfolgt durch das JA eine<br />
Information des Trägers über den weiteren Verlauf in den Fällen der<br />
Kindeswohlgefährdung. Hierbei sind die datenschutzrechtlichen Vorgaben zu beachten.<br />
(2) Zwischen JA und der Diakonie erfolgt eine gemeinsame Auswertung der Fälle von<br />
Kindeswohlgefährdung, um eine Verbesserung der Risikoeinschätzung und<br />
Verfahrensabläufe zu erreichen.<br />
(3) Aufgrund der in diesem Zusammenhang gewonnenen Erkenntnisse erfolgt ggf. eine<br />
Überarbeitung dieser Vereinbarung.<br />
(4) Soweit zwischen dem JA und der Diakonie ein Qualitätsdialog geführt wird, werden<br />
Problemlagen und Erkenntnisse unter dem Fokus der Kindeswohlgefährdung in diesem<br />
Dialog erörtert.<br />
(5) Die Thematik der Kindeswohlgefährdung wird in den gemäß § 78 SGB VIII<br />
eingerichteten Arbeitsgemeinschaften regelmäßig behandelt.<br />
39
§ 10 Inkrafttreten<br />
Diese Vereinbarung tritt am Tage ihrer Unterzeichnung in Kraft und gilt für unbestimmte<br />
Zeit.<br />
<strong>Wuppertal</strong>, den 26.06.07<br />
Stadt <strong>Wuppertal</strong> Diakonie <strong>Wuppertal</strong><br />
Ressort Kinder- Jugend und Familie- Jugendamt<br />
40
Anlage 2<br />
Katalog gewichtiger Anhaltspunkte für eine Gefährdung des<br />
Kindeswohls<br />
(aus: Empfehlungen <strong>zur</strong> Umsetzung des Schutzauftrages nach § 8a SGB VIII der<br />
Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e.V. – BKE)<br />
Erscheinungsbild des Kindes/Jugendlichen<br />
• massive oder sich wiederholende Verletzungen (Blutergüsse, Striemen, unklare<br />
Hautveränderungen)<br />
• sehr mager oder sehr dick<br />
• wiederholt Schmutzreste auf der Haut, faulende Zähne, un<strong>zur</strong>eichende<br />
Bekleidung<br />
Verhalten des Kindes/Jugendlichen<br />
• benommen, matt, apathisch oder stark verängstigt<br />
• sprunghaft, orientierungslos oder distanzlos<br />
• deutlich alters unangemessener körperlicher oder seelischer Entwicklungsstand<br />
• Jaktationen (Schaukelbewegungen)<br />
• häufiges Fehlen in der Schule<br />
• häufige Delikte oder Straftaten<br />
• wiederholt stark sexualisiertes Verhalten<br />
• wiederholte schwere Gewalttätigkeit gegen andere Personen<br />
• Aufenthalt an jugendgefährdenden Orten oder wiederholt zu alters<br />
unangemessenen Zeiten in der Öffentlichkeit<br />
• Äußerungen, die sich auf Misshandlung, Missbrauch, Vernachlässigung<br />
beziehen<br />
Erscheinungsbild der Erziehungspersonen<br />
• fehlende oder erschwerte Ansprechbarkeit<br />
• Übererregtheit, Verwirrtheit<br />
• häufige Benommenheit<br />
Verhalten der Erziehungspersonen<br />
• häufiges oder massives Schlagen, Schütteln oder Einsperren<br />
• häufige oder massive Beschimpfung, Bedrohung oder herabsetzende<br />
Behandlung<br />
• Isolation des Kindes<br />
• deutlich mangelnde Betreuung und Aufsicht, fehlende Ansprache<br />
• wiederholte oder schwere Gewalt zwischen den Erziehungspersonen<br />
Familiäre Situation<br />
• familiäre Überforderungssituationen<br />
• ausgeprägte Bindungsstörungen<br />
• Suchtprobleme<br />
• Obdachlosigkeit oder extrem kleine bzw. gesundheitsgefährdende Unterkunft<br />
• Fehlen basaler familiärer Organisation (z.B. Nahrungsmitteleinkauf,<br />
Müllentsorgung).<br />
41
Anlage 3<br />
Infoblatt <strong>zur</strong> Sicherung des Kindeswohls für Anbieter der Jugendhilfe in <strong>Wuppertal</strong><br />
Allgemeine Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe ist es, Kinder und Jugendliche davor zu bewahren, dass<br />
sie in ihrer Entwicklung durch den Missbrauch elterlicher Rechte oder eine Vernachlässigung Schaden<br />
erleiden. Kinder und Jugendliche sind vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen. Gewichtige Anhaltspunkte<br />
für eine Kindeswohlgefährdung sind Hinweise oder Informationen über Handlungen gegen Kinder und<br />
Jugendliche oder Lebensumstände, die das leibliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder<br />
Jugendlichen gefährden, unabhängig davon, ob sie durch eine missbräuchliche Ausübung der elterlichen<br />
Sorge, durch Vernachlässigung des Kindes oder Jugendlichen, durch unverschuldetes Versagen der<br />
Eltern oder durch das Verhalten eines Dritten bestehen.<br />
Der Schutzauftrag des Jugendamtes wird von den Bezirkssozialdiensten wahrgenommen. Die stadtteil-<br />
bezogene Zuständigkeit und Erreichbarkeit der Bezirkssozialdienste ist wie folgt geregelt:<br />
Montag: 11.00 - 15.00 Uhr<br />
Dienstag - Freitag 10.00 - 15.00 Uhr<br />
Donnerstag 10.00 - 18.00 Uhr<br />
Vohwinkel/ Zoo/ Sonnborn/ Varresbeck<br />
Bezirkssozialdienst 1<br />
Dienstgebäude: Corneliusstraße 2, 42329 <strong>Wuppertal</strong><br />
Telefon: 563 - 7325<br />
Fax: 563 – 8165<br />
Uellendahl / Katernberg / Dönberg / Ostersbaum<br />
Bezirkssozialdienst 2<br />
Dienstgebäude: Uellendahler Str. 72, 42107 <strong>Wuppertal</strong><br />
Telefon: 563- 2145<br />
Fax: 563- 8162<br />
Elberfeld-Mitte / Nordstadt / Nützenberg<br />
Bezirkssozialdienstes 3<br />
Dienstgebäude: Neumarktstraße 40, 42103 <strong>Wuppertal</strong><br />
Telefon: 563 - 3056<br />
Fax: 563 - 8166<br />
Elberfeld-Südstadt / Arrenberg / Küllenhahn / Hahnerberg / Cronenberg / Sudberg / Kohlfurth<br />
Bezirkssozialdienst 4<br />
Dienstgebäude: Weidenstr. 25, 42117 <strong>Wuppertal</strong><br />
Telefon: 563- 4900<br />
Fax: 563 - 8161<br />
Außenstelle Cronenberg: Rathausplatz 4, 42349 <strong>Wuppertal</strong><br />
Telefon: 563 - 4900<br />
Telefax: 563 - 8022<br />
Wichlinghausen/ Hatzfeld/ Barmen-Mitte/ Sedanberg<br />
Bezirkssozialdienst 5<br />
Dienstgebäude: Bachstraße 2 , 42275 <strong>Wuppertal</strong><br />
Telefon: 563- 3050<br />
Fax: 563- 8172<br />
Unterbarmen / Lichtenplatz / Clausen / Rott / Ronsdorf<br />
Bezirkssozialdienstes 6<br />
Dienstgebäude: Winklerstraße 1-3, 42283 <strong>Wuppertal</strong><br />
Außenstelle: Ronsdorf Marktstraße 21, 42369 <strong>Wuppertal</strong><br />
Telefon: 563- 5711<br />
Fax: 563- 8094<br />
Oberbarmen/Langerfeld/ Nächstebreck/ Heckinghausen/ Beyenburg<br />
Bezirkssozialdienst 7<br />
Dienstgebäude: Berliner Str. 153 a, 42 277 <strong>Wuppertal</strong><br />
Aussenstelle: Stadtbüro Langerfeld, Schwelmer Str. 15, 42389 <strong>Wuppertal</strong><br />
Telefon: 563- 6353<br />
Fax: 563- 8168<br />
Ab Sommer 07 finden Sie die genauen Sprechzeiten und die Straßenzuordnung unter www.<strong>Wuppertal</strong>.de<br />
42
Einrichtung/Schule/Stempel der Einrichtung<br />
Meldebogen bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung<br />
an das Jugendamt, dort Bezirkssozialdienst 208.<br />
43<br />
<strong>Wuppertal</strong>, .200<br />
Bei unten genanntem Kind/jungen Menschen liegen nach hiesiger Einschätzung Anhaltspunkte für eine<br />
Kindeswohlgefährdung vor.<br />
Kind, Jugendlicher:<br />
Name Vorname<br />
Geb.-Dat: wohnhaft bei Mutter Vater sonstiges:<br />
besucht bei uns: die Übermittagbetreuung die Gruppe ohne Betr. die Klasse<br />
Ansprechpartner ist Frau/Herr bestens erreichbar am<br />
Mo Di Mi Do Fr in der Zeit von bis Uhr über<br />
Tel. Mobil Fax e-Mail<br />
Eltern / Personensorgeberechtigte:<br />
elterl. Sorge Mutter Vater Sonstiger<br />
Name:<br />
Anschrift:<br />
42 <strong>Wuppertal</strong> 42 <strong>Wuppertal</strong> 42 <strong>Wuppertal</strong><br />
Telefon:<br />
Mit der Kontaktaufnahme der o. g. Einrichtung zum Jugendamt/Bezirksozialdienst sind die/der<br />
Inhaber der elterlichen Sorge<br />
einverstanden (s. beigefügte Erklärung) nicht einverstanden nicht mit einbezogen<br />
Folgende Handlungsschritte wurden unsererseits bereits unternommen:<br />
Gespräch mit: Mutter Vater Eltern in der Einrichtung<br />
Hausbesuch: ohne Gespräch mit Gespräch vor Ort Fehlkontakte<br />
Anfrage an: die schulpsychologische Beratung die Familienberatung<br />
Fachberatung interne Fallbesprechung im Team Konferenz oder ähnlich<br />
am: sonstiges:<br />
Kurze Problembeschreibung:
Bei o. g. Kind/Jugendlichen/r sind folgende Auffälligkeiten und Anhaltspunkte erkennbar, die eine<br />
Gefährdung des Kindeswohls vermuten lassen (siehe Kriterienkatalog):<br />
Fortsetzung in der Anlage<br />
Unterschrift: Ansprechperson der Einrichtung Unterschrift: Leitung (Träger)<br />
44
Verfahrensschema für die Diakonie <strong>Wuppertal</strong><br />
(nach Schone)<br />
Anhaltspunkte<br />
unbegründet<br />
Ende<br />
Risikoeinschätzung<br />
durch fallverantwortliche Fachkraft<br />
Gewichtige<br />
Anhaltspunkte<br />
Abschätzung des Gefährdungsrisikos<br />
durch zusätzliche Information der/des<br />
Fachkraft, Teams, Leitung, erfahrene<br />
Fachkraft<br />
Ergebnis:<br />
Kindeswohlgefährdung <br />
Krisenintervention<br />
Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung<br />
ja<br />
Ergebnis:<br />
Keine Kindeswohlgefährdung<br />
Gespräch mit Eltern und ggf. Kind<br />
über Risikoeinschätzung/Angebot<br />
von Hilfen und ggf. Aufforderung<br />
zum Kontakt mit BSD<br />
Eltern<br />
nehmen<br />
Kontakt auf<br />
nein<br />
Eigene<br />
<strong>Meldung</strong><br />
an BSD<br />
Bei<br />
Verschärfung<br />
der Situation<br />
des Kindes<br />
Keine Gefährdung<br />
erkennbar, aber<br />
Mit eigenen Mitteln<br />
lösbar?<br />
nein ja<br />
Motivierung und Hinwirkung auf<br />
Inanspruchnahme einer Hilfe<br />
nein<br />
Familie nimmt<br />
Hilfe an oder will<br />
keine Hilfe<br />
ja<br />
Ende<br />
Ggf. Klärung des eigenen Beitrags der<br />
freien Träger <strong>zur</strong> Gefährdungsabwehr<br />
Überführung des Falles in das Handlungsmuster des Jugendamtes / BSD<br />
Ende