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Fachhochschule Mainz University of Applied Sciences

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62 | Unternehmensfocus |<br />

Assessment Center - Eine Multi-Methode für Auswahl, Entwicklung<br />

und Training von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

Dr. Dieter Court<br />

| Dr. Dieter Court |<br />

Berater im Hochschulteam<br />

Arbeitsamt <strong>Mainz</strong>.<br />

Seit 1979 Mitarbeiter bei der Bundesanstalt<br />

für Arbeit, seit 1989 im<br />

Arbeitsamt <strong>Mainz</strong> in wechselnden<br />

Funktionen zuständig u.a. für die<br />

Beratung von Hochschulabsolventen<br />

und besonders qualifizierten Fach-<br />

und Führungskräften.<br />

Freiberuflich als Trainer u.a. im<br />

Bereich AC tätig.<br />

Vorbemerkung<br />

In meiner langjährigen Praxis als Berater von<br />

Fach- und Führungskräften wie auch von<br />

Studierenden und Absolventen haben sich mir<br />

in Gesprächen und langfristigen Coaching-Prozessen<br />

einige Fragen immer wieder gestellt:<br />

Für welche Aufgaben ist der Klient/die Klientin<br />

am besten geeignet?<br />

Wie kann ich das Potenzial mehrerer fachlich<br />

gleichwertiger Kandidaten einigermaßen sicher<br />

beurteilen? Wen empfehle ich, wen nicht?<br />

Gibt es außer wissenschaftlicher Qualifikation<br />

und Berufserfahrung noch andere, möglicherweise<br />

wichtigere Eignungskriterien für die<br />

nächste Karrierestation oder den Einstieg in<br />

ein anspruchsvolles Traineeprogramm?<br />

Und vor allem: Wie bilde ich mein Urteil, wenn<br />

für eine Empfehlung an einen Arbeitgeber oder<br />

die Auswahl für ein Traineeprogramm mehrere<br />

Kandidaten zur Verfügung stehen?<br />

Wie entscheide und urteile ich „richtig“, sicher<br />

und vor allem wie bewährt sich meine Prognose<br />

in der Praxis? Schließlich urteile ich über<br />

Menschen mit in der Regel hoher akademischer<br />

Qualifikation und teilweise erheblicher<br />

Berufspraxis.<br />

Von besonderer Bedeutung wurden diese Fragen<br />

– aber, was zuzugeben ist – auch das<br />

Bedürfnis nach Absicherung im Zusammenhang<br />

mit der Auswahl von besonders qualifizierten<br />

Hochschulabsolventen für Traineeprogramme,<br />

die aus Mitteln der Bundesanstalt für<br />

Arbeit finanziert wurden.<br />

Die Beschäftigung mit dem Assessment Center<br />

(AC) als Auswahlmethode hat hier zu<br />

beachtlichen Erfolgen geführt, die ich später<br />

noch darstellen werde.<br />

Zugleich ist meine Überzeugung gewachsen,<br />

diese Methode allen empfehlen zu<br />

können, die als Personalentscheider im<br />

weitesten Sinne über Auswahl und Weiterentwicklung<br />

von Personal befinden. Ebenso<br />

ist die Auseinandersetzung mit dem AC<br />

insbesondere allen anzuraten, die sich als<br />

Lehrende und als Studierende mit der Vorbereitung<br />

auf einen Arbeitsmarkt beschäftigen,<br />

bei dem gerade die Anforderungen<br />

hinsichtlich der außerfachlichen Qualifikation<br />

in den letzten Jahren stetig gewachsen<br />

sind.<br />

Mein Beitrag wird sich mit drei meines Erachtens<br />

besonders interessanten Aspekten von<br />

Assessment Centern beschäftigen:<br />

• AC: Chance, Bedrohung oder nur kostentreibende<br />

Modeerscheinung?<br />

• ACs in der Auswahl von Hochschulabsolventen<br />

• AC im Training.<br />

1. AC: Chance, Bedrohung oder kostentreibende<br />

Modeerscheinung?<br />

Die Informationen, Gerüchte und Berichte<br />

über ACs sind auch vom besten Kenner<br />

nicht mehr zu überschauen. Hinsichtlich der<br />

Interessen der Beteiligten allerdings ist sachliche<br />

Information über Fakten gefragt. Daher<br />

zunächst eine Definition:<br />

Assessment Center ist definiert als „gruppenorientierte,<br />

standardisierte Folge von Aktivitäten,<br />

die die Grundlage für Beurteilungen<br />

oder Prognosen von menschlichem Verhalten<br />

ergeben, von denen man glaubt oder weiß,<br />

dass sie für die Arbeitsleistung in Organisationen<br />

wichtig sind.“(1)<br />

Dieser sehr abstrakten Definition stelle ich<br />

aufgrund einiger Praxiserfahrung folgende<br />

Aussage gegenüber: Unter einem AC verstehe<br />

ich ein systematisches Verfahren zur Feststel-<br />

lung außerfachlicher beruflicher Qualifikationen<br />

mehrerer geeigneter Kandidaten, deren<br />

Verhalten im Wettbewerb um Einstellung oder<br />

berufliche Weiterentwicklung von mehreren<br />

Assessoren beobachtet und nach vorher festgelegten<br />

Kriterien bewertet wird.<br />

Hier wird deutlich, dass von den beteiligten<br />

Akteuren sehr unterschiedlich und durchaus<br />

auch primär emotional bewertet werden kann:<br />

Aus Sicht des Personalentscheiders ergeben<br />

sich einige Chancen: Nach einem zeit- und<br />

kostenintensiven Verfahren zur Akquise potenzieller<br />

neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

ist die Erwartung der Fachabteilung groß, die<br />

fachlich hochqualifizierte und in die vorhandenen<br />

Strukturen „passende“ Kollegen möglichst<br />

bald in ihren Reihen sehen will. Trotz<br />

definierter Probe- und Einarbeitungszeit soll<br />

die Integration möglichst schnell und vor<br />

allem nachhaltig erfolgen. Wenn aber bei einer<br />

großen Anzahl von Kandidaten die fachlichen<br />

Qualifikationen ähnlich sind, wie dann sicher<br />

und prognostisch nachhaltig unterscheiden?<br />

Wie die Entscheidung auch an Kriterien wie<br />

„Soziale Kompetenz“, „Teamfähigkeit“, „Werteorientierung“,<br />

„Konfliktfähigkeit“ usw. orientieren?<br />

In der Tat: Jeder Personalentscheider, ob<br />

in der Rekrutierung oder in der Personalentwicklung<br />

tätig, dürfte die Vorteile schnell<br />

erkennen und nutzen wollen, die darin liegen,<br />

die Bewerberinnen und Bewerber zugleich<br />

beobachten und beurteilen zu können. Gerade<br />

hinsichtlich der Beurteilung individueller personaler<br />

Kompetenzen haben sich die gängigen<br />

Auswahlmethoden (Analyse der Bewerbungsunterlagen,<br />

Interviews, Tests etc.) als nicht<br />

aussagefähig genug erwiesen.<br />

Aber auch hinsichtlich der Notwendigkeit,<br />

Risiken in Personalauswahl- und Entwicklung,<br />

die immer auch Investitionsrisiken sind, zu<br />

minimieren, bietet das AC einige Chancen. So<br />

kann ein AC höchst individuell für die zu<br />

treffende Personalauswahl unter Berücksichtigung<br />

aller entscheidungsrelevanter Faktoren<br />

entwickelt werden. Dabei können insbesondere<br />

auch Kriterien herangezogen werden, die<br />

sowohl die Bedürfnisse der Fachabteilungen<br />

als auch übergeordnete Aspekte wie Leitbild<br />

und Unternehmenskultur abbilden.<br />

Für die Entwicklung von ACs und für deren<br />

Vorbereitung hat der Ende der siebziger Jahre<br />

gegründete „Arbeitskreis Assessment Center<br />

Jahrbuch Wirtschaftswissenschaften | FH <strong>Mainz</strong> | 2002

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