Fachhochschule Mainz University of Applied Sciences

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20.01.2013 Aufrufe

| Prof. Claudia Grenzmann | Dekanin Fachbereich III Wirtschaftswissenschaften Jahrbuch Wirtschaftswissenschaften | FH Mainz | 2002 Vertrauen Prof. Claudia Grenzmann Fragte mich ein Mitarbeiter des Hauses dieser Tage, was das eigentlich mit der Evaluation sei. Ich erklärte es und er fasste zusammen: „Professoren-Pisa“. Ich stutzte kurz und bestätigte dies Verständnis - vergessen mein Latein und die Langform des Akronyms. „Professoren-Pisa“! Was macht eigentlich einen guten Hochschullehrer, was einen guten Lehrer aus? Wir haben allerlei Kriterien entwickelt und abgesegnet. Aber was schützt ihn vor Frust, Burnout, Sucht und psychosomatischen Erkrankungen? Das Leninwort „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ ist witzig, einprägsam - und falsch. Einerseits ist Kontrolle kein Ausdruck von Misstrauen, sondern - richtig angewendet - Unterstützung und Hilfe. Für den Lehrer allerdings, der das Leninzitat als Rechtfertigung für sein selbstunsicheres Misstrauen in die anderen nutzt, und für dessen Schüler, ist es gefährlich. Lehren bedeutet vor allem vertrauen. Vertrauen in uns selbst, dass wir das Notwendige, das Richtige auswählen und mit den angemessenen Methoden unseren Lernenden vermitteln. Vertrauen darauf, dass wir den goldenen Mittelweg zwischen Disziplin und Faszination erspüren. Vertrauen darauf, dass „später im Leben“ ein Transfer des an der (Hoch)schule Gelernten stattfinden kann und wird. Vertrauen, dass man die Lernenden nicht durch das zu verbilden braucht, was die Mainzer so schön respektlos „aagelärndes Bischerwissen“ nennen. | Vorwort | Wenn unsere Kontrollneigungen überhand nehmen, gleichen wir dem Gärtner in der alten Parabel, der immer wieder seine Stecklinge ausgräbt, um sich zu überzeugen, ob sie schon Wurzeln gebildet haben. Zu frühe, zu häufige Kontrollen schädigen das Verwurzeln und das Wachstum der Pflanzen und auch der Lernenden, weil diese das als Ausdruck des Misstrauens erleben. Jean Paul hat einmal gesagt, mit Kindern sei das wie mit Uhren, man müsse sie nicht nur aufziehen, man müsse sie auch gehen lassen. Studierende auch. Gehen lassen ist Vertrauen. Vertrauen ist besser. Vertrauen ist unentbehrlich für den Prozess des Lehrens und Lernens. (Wer allerdings Fleischklößchen pflanzt, wie Petterson in dem Kinderbuch Findus und Petterson, der wird nicht erleben, dass sie Wurzeln schlagen und wachsen. Fleischklößchen sind fertige Gerichte, die wachsen nicht, da muss man schon das Rezept ermitteln und selbst welche kochen oder braten, wenn man mehr will.) Vertrauen wir in unsere Studierenden, ihre Ressourcen, ihre Neugier, ihre Anpassungsfähigkeit, in ihren guten Willen, in ihre Kraft. Vertrauen wir aufs Vertrauen. Wir können auch Vertrauen evaluieren. Wenn uns unsere Studierenden offen kritisieren, im Vertrauen auf unsere - der Lehrenden - Lernfähigkeit und Fairness. Manchmal kommen sie auch nach ein paar Monaten oder Jahren Berufstätigkeit und sagen uns vertrauensvoll, was gut war und was fehlte.

2 | Inhaltsverzeichnis | Vorwort: Prof. C. Grenzmann 1. Veranstaltungen 5 Die Innere Mitte finden M. Wühle 6 mps-Workshops M. Fröhlich, T. Lotz 8 Prozess- und Logistikmanagement im Krankenhaus – Besuch der MEDICA 2001 Prof. H.-J. Ruff 10 Tagungsbericht Mainzer Forum Prof. Dr. M. Weber 11 Gewinner des Deutschen Marketing-Preises zu Besuch P. Schulz 12 Kreativität als Erfolgsfaktor für Unternehmen Prof. Dr. M. Eickhoff, Prof. Dr. J. Mehlhorn 2. Auslandsbeziehungen 15 Praktikum bei Bertelsmann Music Group in New York D. Kemmerer 18 Abenteuer USA: Ein Jahr Studieren in South Carolina S. Hetzel 20 A great experience E. M. J. Harders 21 Report of the second International Conference on International Business in Chennai/India Prof. Dr. K. Scharnbacher 22 Ten Steps of Efficient International Market Research Prof. Dr. K. Scharnbacher 25 Down Under – mein Semester in Adelaide A. Feltens 27 Kooperation mit der Pyongtaek Universität in Korea B. N. Baldus, G. Becker 28 Lander University – A dual degree program in the Southern Style C. Ludwig 30 Indian Impressions H. Bicknell 32 Chronik einer 20-jährigen deutsch-französischen Zusammenarbeit U. Feldbusch 34 Kooperationsabkommen mit der Universidad de Ciencias Empresariales y Sociales U C E S in Buenos Aires Prof. M. Winkler 3. Forschungsvorhaben und Projekte 36 Unternehmensleitbildentwicklung bei der Fa. PROCON Immobilien AG Prof. Dr. K. W. Koeder, M. Miesel, S. Weinz 40 Der Micro-Macro-Link in der Umweltberichterstattung B. Rathje 42 Marketing- und PR-Manager arbeiten selten zusammen – Management-Studie der FH Mainz Prof. Dr. L. Rolke 44 Fürst von Metternich – eine Marke wird verjüngt Prof. Dr. U. Diehl 46 Ein Beitrag zur Verbesserung der Arbeitsmarktpolitik in Russland Prof. Dr. U. Schüle 47 Ein Knüller für die Marke hohes C Prof. Dr. U. Diehl 48 Betriebliche Kennzahlenvergleiche B. Michel, A. Quadflieg, W. Schaubruch, Prof. Dr. K. H. Wöbbeking 50 Studentenbefragungen an der Fachhochschule Mainz L. Steiger 52 Weiterbildungsseminar zur internationalen Rechnungslegung Prof. Dr. V. Beeck, A. Wiesner 54 TourismusProjekt: studienbegleitendes Projekt zur Internetökonomie M. Hartmann 56 Unternehmertutorien Eickhoff 58 FH Mainz trifft Springer und Jacobi K. Krüger 4. Unternehmensfocus 60 Erfolgsfaktor Ideenmanagement H.-J. Boeddrich 62 Assessment Center Dr. D. Court 65 B2B in Theorie und Praxis bei der Deutschen Lufthansa AG G. Carl Jahrbuch Wirtschaftswissenschaften | FH Mainz | 2002

| Pr<strong>of</strong>. Claudia Grenzmann |<br />

Dekanin Fachbereich III<br />

Wirtschaftswissenschaften<br />

Jahrbuch Wirtschaftswissenschaften | FH <strong>Mainz</strong> | 2002<br />

Vertrauen<br />

Pr<strong>of</strong>. Claudia Grenzmann<br />

Fragte mich ein Mitarbeiter des Hauses<br />

dieser Tage, was das eigentlich mit der<br />

Evaluation sei. Ich erklärte es und er<br />

fasste zusammen: „Pr<strong>of</strong>essoren-Pisa“.<br />

Ich stutzte kurz und bestätigte dies Verständnis<br />

- vergessen mein Latein und<br />

die Langform des Akronyms. „Pr<strong>of</strong>essoren-Pisa“!<br />

Was macht eigentlich einen<br />

guten Hochschullehrer, was einen<br />

guten Lehrer aus? Wir haben allerlei Kriterien<br />

entwickelt und abgesegnet. Aber<br />

was schützt ihn vor Frust, Burnout,<br />

Sucht und psychosomatischen Erkrankungen?<br />

Das Leninwort „Vertrauen ist gut,<br />

Kontrolle ist besser“ ist witzig, einprägsam<br />

- und falsch.<br />

Einerseits ist Kontrolle kein Ausdruck<br />

von Misstrauen, sondern - richtig angewendet<br />

- Unterstützung und Hilfe.<br />

Für den Lehrer allerdings, der das Leninzitat<br />

als Rechtfertigung für sein selbstunsicheres<br />

Misstrauen in die anderen<br />

nutzt, und für dessen Schüler, ist es<br />

gefährlich. Lehren bedeutet vor allem<br />

vertrauen. Vertrauen in uns selbst, dass<br />

wir das Notwendige, das Richtige auswählen<br />

und mit den angemessenen<br />

Methoden unseren Lernenden vermitteln.<br />

Vertrauen darauf, dass wir den<br />

goldenen Mittelweg zwischen Disziplin<br />

und Faszination erspüren. Vertrauen<br />

darauf, dass „später im Leben“<br />

ein Transfer des an der (Hoch)schule<br />

Gelernten stattfinden kann und wird.<br />

Vertrauen, dass man die Lernenden<br />

nicht durch das zu verbilden braucht,<br />

was die <strong>Mainz</strong>er so schön respektlos<br />

„aagelärndes Bischerwissen“ nennen.<br />

| Vorwort |<br />

Wenn unsere Kontrollneigungen überhand<br />

nehmen, gleichen wir dem Gärtner<br />

in der alten Parabel, der immer wieder<br />

seine Stecklinge ausgräbt, um sich<br />

zu überzeugen, ob sie schon Wurzeln<br />

gebildet haben. Zu frühe, zu häufige<br />

Kontrollen schädigen das Verwurzeln<br />

und das Wachstum der Pflanzen und<br />

auch der Lernenden, weil diese das<br />

als Ausdruck des Misstrauens erleben.<br />

Jean Paul hat einmal gesagt, mit Kindern<br />

sei das wie mit Uhren, man müsse<br />

sie nicht nur aufziehen, man müsse<br />

sie auch gehen lassen. Studierende<br />

auch. Gehen lassen ist Vertrauen. Vertrauen<br />

ist besser. Vertrauen ist unentbehrlich<br />

für den Prozess des Lehrens<br />

und Lernens. (Wer allerdings Fleischklößchen<br />

pflanzt, wie Petterson in dem<br />

Kinderbuch Findus und Petterson, der<br />

wird nicht erleben, dass sie Wurzeln<br />

schlagen und wachsen. Fleischklößchen<br />

sind fertige Gerichte, die wachsen<br />

nicht, da muss man schon das Rezept<br />

ermitteln und selbst welche kochen<br />

oder braten, wenn man mehr will.)<br />

Vertrauen wir in unsere Studierenden,<br />

ihre Ressourcen, ihre Neugier, ihre<br />

Anpassungsfähigkeit, in ihren guten<br />

Willen, in ihre Kraft. Vertrauen wir aufs<br />

Vertrauen.<br />

Wir können auch Vertrauen evaluieren.<br />

Wenn uns unsere Studierenden <strong>of</strong>fen<br />

kritisieren, im Vertrauen auf unsere<br />

- der Lehrenden - Lernfähigkeit und<br />

Fairness. Manchmal kommen sie auch<br />

nach ein paar Monaten oder Jahren<br />

Berufstätigkeit und sagen uns vertrauensvoll,<br />

was gut war und was fehlte.

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