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Fachhochschule Mainz University of Applied Sciences

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| Absolventenpr<strong>of</strong>ile |<br />

Oenologe und Diplom-Wirtschafts-Ingenieur (FH) Gunter Künstler<br />

„Die Hölle weiß, wer der Chef ist“<br />

| Gunter Künstler |<br />

selbständiger Unternehmer<br />

Pr<strong>of</strong>. Dr. Andrea Beyer sprach mit Gunter<br />

Künstler über seinen Werdegang und über<br />

seine beruflichen Herausforderungen<br />

Sie wurden durch die International Wine<br />

& Spirit Competition, London zum besten<br />

deutschen Winzer des Jahres 2001 gekürt.<br />

War für Sie schon relativ früh klar, dass<br />

Sie Winzer werden würden?<br />

Dies war keineswegs von Anfang an klar.<br />

Es gab genügend Phasen der Demotivation<br />

bei der Hilfe im elterlichen Weinbaubetrieb,<br />

die meine Vorstellungen zeitweise in andere<br />

Richtungen lenkten. Darüber hinaus war das<br />

Thema Wein bei uns zu Hause so allgegenwärtig,<br />

dass ich öfters darüber nachdachte,<br />

etwas anderes machen zu wollen. Weinbau<br />

war für mich lange Zeit eigentlich nur das<br />

Berufsfeld meines Vaters. Die eindeutige<br />

Entscheidung pro Winzer fiel durch eine eher<br />

negative Situation: Im Jahr 1982 brach sich<br />

mein Vater den rechten Arm. Dies machte es<br />

ihm eine Zeit lang unmöglich, den Betrieb zu<br />

führen. Zwangsweise schlüpfte ich deshalb,<br />

unter Anleitung meines Vaters, mit 19 Jahren<br />

in diese Rolle. Ich merkte, dass mir das<br />

Handwerk lag und dass mich die kreativen<br />

Möglichkeiten im Weinbau schon faszinierten.<br />

Doch konnte ich mich damals noch<br />

immer nicht ganz für die Sache entscheiden.<br />

Als sich uns die Gelegenheit zum Kauf von<br />

einigen guten Parzellen bot, riet ich meinem<br />

Vater zum Kauf. Ich versicherte ihm, das Weingut<br />

dann fortzuführen. So begann meine Winzerkarriere.<br />

Im Jahre 1992, nach Abschluss<br />

meines Studiums an der FH <strong>Mainz</strong>, habe ich<br />

dann den elterlichen Betrieb übernommen.<br />

Wie läuft dieser Wettbewerb des Londoner<br />

Institutes ab?<br />

Im Prinzip ist das relativ einfach und entspricht<br />

dem Gedanken der Produkt Publicity.<br />

Der Wettbewerb wird jedes Jahr weltweit<br />

ausgeschrieben. Man schickt seine selbst ausgewählten<br />

Weine nach London – 4 Flaschen<br />

pro Sorte mit Analyse. Bedingung ist, dass<br />

die Weine im Handel sein müssen. In London<br />

werden dann ca. 10.000 eingegangene Weine<br />

von höchst renommierten Fachleuten in<br />

einer Blindverkostung und Bewertung in den<br />

verschiedenen Kategorien prämiert.<br />

Worauf führen sie Ihr gutes Abschneiden<br />

bei diesem und anderen Wettbewerben<br />

zurück?<br />

Natürlich ist bei allem immer auch ein wenig<br />

Glück dabei. Daneben schätze ich mich als<br />

ehrgeizig und belastbar ein. Ich versuche<br />

mein Handwerk perfekt zu realisieren: Für<br />

mich ist das dann erreicht, wenn Weine<br />

nicht nur gut schmecken, sondern wenn ihr<br />

Genuss zum Erlebnis wird. Ich begreife Wein<br />

als Kulturgut. Diese Maximen sind Jahr für<br />

Jahr zu erfüllen<br />

Sie studierten von 1984-1988 in Geisenheim<br />

und schlossen dort als Oenologe ab.<br />

Wann studierten Sie an der FH <strong>Mainz</strong><br />

Betriebswirtschaftslehre und was war der<br />

Grund für dieses weitere Studium?<br />

Gleich im Anschluss an die Ausbildung in<br />

Geisenheim begann ich im Aufbaustudiengang<br />

für Naturwissenschaftler mein Studium<br />

an der FH <strong>Mainz</strong>. Es endete 1991 mit der<br />

Diplomarbeit, bei Frau Pr<strong>of</strong>. Dr. Funke. Das<br />

Thema war „Chartaweine in der Spitzengastronomie<br />

– eine Zufriedenheitsanalyse“.<br />

Nach meiner Ausbildung zum Oenologen<br />

fühlte ich mich noch nicht genügend gefordert.<br />

Durch die Mithilfe im elterlichen Winzerbetrieb<br />

hatte ich für den Geisenheimer<br />

Abschluss auch auf eine recht interessante<br />

Diplomarbeit im Ausland verzichtet, was mir<br />

nicht leicht gefallen war. Bis dahin gab es<br />

nur das Thema Wein, Wein Wein – ich wollte<br />

auch noch etwas anderes machen. Als ein<br />

Freund in <strong>Mainz</strong> an der FH sein Studium<br />

begann und mir von dem Aufbaustudiengang<br />

erzählte, stand mein Entschluss fest.<br />

Mit welchen spezifischen Problemen haben<br />

Sie in Ihrer Branche zu kämpfen?<br />

In der Hauptsache sind es vier Bedingungen,<br />

die dem deutschen Weinbau zu schaffen<br />

machen: Es fehlt, wie in einigen anderen<br />

Sektoren auch, an motiviertem Nachwuchs.<br />

Das trifft die Weinbauregionen in der Nähe<br />

des Rhein-Main-Gebietes verstärkt. Hier existieren<br />

mehr attraktive Beschäftigungsalternativen,<br />

als beispielsweise in landwirtschaftlich<br />

geprägten Gebieten. Darüber hinaus<br />

besteht im deutschen Weinbau die Tendenz<br />

zu ruinösem Wettbewerb, was für viele die<br />

Aussichten nicht gerade rosig erscheinen<br />

lässt. Dies erklärt sich vor allem durch die<br />

Tatsache, dass Deutschland das größte Weinimportland<br />

der Welt ist. Dadurch sind die<br />

Winzer einem intensiven ausländischen Wettbewerb<br />

ausgesetzt. Das wiederum resultiert<br />

Jahrbuch Wirtschaftswissenschaften | FH <strong>Mainz</strong> | 2002

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