6 Sie arbeiten, wenn wir schlafen 34 - Mänziger Zytig
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April/Mai 11 mänziger zytig Nr. 71 32 April/Mai 11 mänziger zytig Nr. 71 33<br />
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Foto: Max Mahlstein<br />
«Anbetung» – die etwas andere Art von (Nacht-)Arbeit<br />
Beten ohne Unterlass, das ist «Ewige Anbetung». Im Kloster Gubel <strong>wir</strong>d diese Gebetsform seit der Klostergründung im Jahre 1851<br />
gepflegt. Ununterbrochen, Tag und Nacht. Schwester Maria Helena übernimmt jede Nacht eine Anbetungsstunde. Wir fragen nach.<br />
Sr. Maria Helena:<br />
«Besonders die<br />
Anbetungsstunden in<br />
der Nacht sind für<br />
mich sehr intensiv<br />
und vielgestaltig. Ich<br />
habe da verschiedene<br />
Methoden …»<br />
— Max Mahlstein —<br />
Ich läute an der Klosterpforte. Eine Ordensfrau heisst<br />
mich willkommen und weist mir den Weg in den Gästeraum.<br />
Dort wartet bereits Schwester Maria Helena.<br />
Eine Neuheimerin. Geboren und aufgewachsen im<br />
«Hinterweidli». 2010 feierte sie ihr 50-Jahr-Jubiläum<br />
im Kapuzinerinnenkloster. <strong>Sie</strong> habe bereits im Mädchenalter<br />
erwogen, einmal Schwester zu werden, erklärt<br />
sie und ergänzt: «Schon damals ging ich mit<br />
Freude in die Kirche und hatte den Heiland gerne.<br />
Aber auch als junge Frau nutzte ich jede Gelegenheit,<br />
eine Kirche zu besuchen. Um Jesus jeweils ein kleines<br />
Grüsschen zu sagen. So ganz im Sinne von du zu du.»<br />
Ein «spitzbübisches» Lächeln huscht über ihr Gesicht.<br />
Reich befrachteter Klosteralltag<br />
«Eigentlich wollte ich mich gar nicht für dieses Gespräch<br />
melden», sagt sie bescheiden. «Aber dann<br />
meinten sie, d Maria Helena, die söll …» Wahrscheinlich,<br />
weil sie jede Nacht eine Anbetungsstunde übernehme,<br />
wie sie präzisiert. Anbetung des Allerheiligsten<br />
in der inneren Kapelle. Dabei tragen die Schwestern<br />
die Sorgen und Nöte der Kirche, ihres Ordens,<br />
der Heimat und all jener, die sich in ihr Gebet empfohlen<br />
haben, vor den in einer Hostie verborgenen<br />
Gott. Jede Nacht? – Ich staune. Und das neben der<br />
Erfüllung vielfältiger Pflichten bei einem Tagesprogramm<br />
mit Beginn um 5.30 und Ende gegen 20 Uhr.<br />
Das muss ein strenger Klosteralltag sein. Schwester<br />
Maria Helena nickt, beschwichtigt aber sogleich:<br />
«Wir sind es gewohnt. Das ist unser Leben. Ich bin<br />
zufrieden. Ich glaube sogar, hier im Kloster habe ich<br />
das beste Leben.»<br />
Anbetung – eine dankbare Aufgabe<br />
Zudem seien diese Anbetungsstunden etwas Spezielles,<br />
meint sie nachdenklich. Die täglich eingehenden<br />
Bitten und Anliegen aus der Bevölkerung zeugten oft<br />
von grossen Sorgen und Ängsten. Und weiter: «Und<br />
für alle diese Menschen beten <strong>wir</strong> um Gottes Beistand.<br />
Ist das nicht etwas Schönes? Auch erhalten <strong>wir</strong><br />
immer wieder Dankesbriefe. Dass unsere Bitten erhört<br />
wurden. Oder sich eine Lösung ergeben hätte.»<br />
Ich bewundere diese Frau. So einfach und bescheiden<br />
ihre Art, so tiefgläubig und überzeugt ihr Handeln.<br />
Tag und Nacht. Auf den unterbrochenen Schlaf<br />
angesprochen meint die Ordensfrau: «Kein Problem,<br />
diesen Rhythmus haben <strong>wir</strong> in uns drin. Und habe ich<br />
nachts mal keine Anbetung, wache ich bestimmt auf!<br />
Zudem ist es für mich kein Müssen, sondern ein Dürfen.»<br />
Geheimnisvolle Stimmung<br />
Ist die Form der Anbetung vorgegeben? «Nein, heute<br />
nicht mehr», antwortet die Ordensfrau, «ich kann sie<br />
vielseitig gestalten und meinen persönlichen Stimmungen<br />
anpassen.» Vor allem nachts könne es sein,<br />
dass sie neben Beten auch mal ein passendes Lied<br />
singe, sich gar auf den Boden lege oder sich stillem<br />
Dasein hingebe. «Wissen <strong>Sie</strong>, ich schwatze dem Jesus<br />
nicht einfach eine Stunde lang die Ohren voll.» Da ist<br />
es wieder, das verschmitzte Lächeln. «Und noch etwas»,<br />
bemerkt Schwester Maria Helena: «Diese Art<br />
von Nachtarbeit birgt auch wundervoll Mystisches.<br />
Auf dem Weg zurück in meine Zelle schaue ich meist<br />
noch zum Fenster hinaus. Welch geheimnisvolle<br />
Stimmung. Im Menzinger Kloster brennen noch Lichter,<br />
im Schönbrunn eine Lampe. Mein Heimatdorf<br />
Neuheim leuchtet unverkennbar zu mir herauf. Und<br />
unten im Dorf sind da und dort helle Punkte auszumachen.<br />
Diese Stimmung lasse ich bewusst auf mich<br />
ein<strong>wir</strong>ken. Dann gehe ich in Frieden zu Bett und<br />
schlafe wie ein Murmeltier bis der Wecker läutet.<br />
Und das ist meist so um fünf Uhr.»