7. Kammerkonzert - Münchner Philharmoniker
7. Kammerkonzert - Münchner Philharmoniker
7. Kammerkonzert - Münchner Philharmoniker
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M it w irkende<br />
jeglicher Sentimentalität sowie die „ungeheure Leidenschaft für<br />
den mondänen Tanz“, die Schulhoff Alban Berg gegenüber einmal<br />
erwähnte, prägt dieses ungewöhnliche Trio ebenso wie die Freude<br />
an herben Dissonanzen, neobarocker Rhythmik und freier Tonalität.<br />
Die freche, an Paul Hindemith erinnernde Charakterisierungskunst<br />
verbindet sich im „Divertissement“ mit einem feinen und wirkungsvoll<br />
gestalteten Bläsersatz; folkloristische Intonationsmuster<br />
gemahnen an gleichzeitig entstandene Kompositionen Béla Bartóks.<br />
Schulhoff, der sich Anfang der 30er Jahre dem Kommunismus<br />
verschrieb, wurde Ende 1941 von den Nationalsozialisten in die<br />
Festung Wülzburg bei Weißenburg deportiert, wo er am 28. August<br />
1942 an Tuberkulose starb. Sein Schaffen war lange Zeit vergessen;<br />
erst um die Mitte der 80er Jahre kam es zu einer Schulhoff-<br />
Renaissance in den deutschen Konzertsälen.<br />
Trio d’anches:<br />
Marie-Luise Modersohn Oboe<br />
Die in Leipzig geborene Oboistin absolvierte ihre Ausbildung bei<br />
Günther Passin an der <strong>Münchner</strong> Musikhochschule und wurde nach<br />
dem erfolgreichen Abschluss ihrer Studien im Alter von nur 20 Jahren<br />
Solo oboistin des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin. Als Solistin<br />
trat Marie-Luise Modersohn mit so renommierten Orchestern wie<br />
dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin, der Berliner Staatskapelle<br />
und dem Ensemble Oriol unter Dirigenten wie Kent Nagano,<br />
Herbert Blom stedt, Marek Janowski und Christian Thielemann auf.<br />
Seit 2005 ist Marie-Luise Modersohn Solooboistin bei den <strong>Münchner</strong><br />
<strong>Philharmoniker</strong>n.<br />
Alexandra Gruber Klarinette<br />
Die in Freudenstadt / Schwarzwald geborene Musikerin absolvierte<br />
ihren Unterricht im Fach Klarinette von 1994 bis 1999 an der Staatlichen<br />
Hochschule für Musik in Stuttgart und wirkte bereits während<br />
ihres Studiums regelmäßig in Konzerten des Bachkollegiums Stuttgart<br />
und des Stuttgarter Kammerorchesters mit. Alexandra Gruber<br />
war zweifache Preisträgerin beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“<br />
und ist seit dieser Zeit nicht nur als Orchestermusikerin, sondern<br />
auch als viel gefragte Solistin und Kammermusikpartnerin tätig. Seit<br />
1998 ist Alexandra Gruber Soloklarinettistin bei den <strong>Münchner</strong> <strong>Philharmoniker</strong>n.<br />
M it w irkende<br />
Barbara Kehrig Fagott<br />
Die aus Freiburg / Breisgau stammende Musikerin erhielt mit 13 Jahren<br />
ihren ersten Fagottunterricht bei Horst Wartha. Bereits vier Jahre<br />
später wurde Barbara Kehrig in die Fagottklasse von Alfred Rinderspacher<br />
in Mannheim aufgenommen, um nach Stipendien beim SWR-<br />
Sinfonieorchester Baden-Baden / Freiburg und in der Herbert von<br />
Karajan-Akademie der Berliner <strong>Philharmoniker</strong> ihre Ausbildung bei<br />
Klaus Thunemann in Berlin zu beenden. Außer zwei ersten Bundespreisen<br />
beim Wettbewerb „Jugend musiziert“ (1995/96) gewann<br />
Barbara Kehrig den Internacional Skene Award Aberdeen und den<br />
Internationalen Wettbewerb „Prager Frühling“ (2002); darüber hinaus<br />
war sie Stipendiatin der Jürgen Ponto-Stiftung und der Deutschen<br />
Stiftung Musikleben. Seit 2006 ist Barbara Kehrig Fagottistin bei den<br />
<strong>Münchner</strong> <strong>Philharmoniker</strong>n.<br />
8. <strong>Kammerkonzert</strong> 2010/2011<br />
Sonntag, 15. Mai 2011, 11 Uhr<br />
<strong>Münchner</strong> Künstlerhaus am Lenbachplatz<br />
Jean Françaix<br />
„Divertissement“ für Fagott und Streichquintett<br />
Johann Michael Haydn<br />
Quartett für Englischhorn, Violine, Violoncello und Kontrabass<br />
C-Dur P 115<br />
Jean Françaix<br />
Quartett für Englischhorn und Streichtrio<br />
Wolfgang Amadeus Mozart<br />
Adagio für Englischhorn, zwei Violinen und Violoncello KV 580a<br />
Antonín Dvorˇák<br />
Streichquintett G-Dur op.18<br />
Bence Bogányi Fagott | Kai Rapsch Englischhorn<br />
Qi Zhou Violine | Namiko Fuse Violine<br />
Agata Józefowicz-Fiołek Viola | Sven Faulian Violoncello<br />
Shengni Guo Kontrabass<br />
k<br />
k<br />
<strong>7.</strong> <strong>Kammerkonzert</strong><br />
Sonntag, 1<strong>7.</strong> April 2011, 11 Uhr<br />
<strong>Münchner</strong> Künstlerhaus am Lenbachplatz<br />
Ludwig van Beethoven (1770-1827)<br />
Trio C-Dur für zwei Oboen und Englischhorn op. 87 (1794)<br />
Bearbeitung für Oboe, Klarinette und Fagott von Mordechai Rechtman<br />
1. Allegro – 2. Adagio cantabile<br />
3. Menuetto: Allegro molto – 4. Finale: Presto<br />
Jacques Ibert (1890-1962)<br />
„Cinq Pièces en Trio“ für Oboe, Klarinette und Fagott (1935)<br />
1. Allegro vivo – 2. Andantino – 3. Allegro assai<br />
4. Andante – 5. Allegro quasi marziale<br />
Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)<br />
Divertimento Nr. 4 B-Dur für zwei Bassetthörner oder<br />
Klarinetten und Fagott KV 439b (1783)<br />
Bearbeitung für Oboe, Klarinette und Fagott von Fernand Oubradous<br />
1. Allegro – 2. Larghetto – 3. Menuetto - Trio<br />
4. Adagio – 5. Rondo: Allegro<br />
Erwin Schulhoff (1894-1942)<br />
„Divertissement“ für Oboe, Klarinette und Fagott (1927)<br />
1. Ouvertüre: Allegro con moto – 2. Burlesca: Allegro molto<br />
3. Romanzero: Andantino – 4. Charleston: Allegro<br />
5. Tema con variazioni e fugato: Andante<br />
6. Florida: Allegretto – <strong>7.</strong> Rondino-Finale<br />
Trio d’anches:<br />
Marie-Luise Modersohn | Oboe<br />
Alexandra Gruber | Klarinette<br />
Barbara Kehrig | Fagott
Ludwig van Beethoven | Jacques Iber t<br />
Gelehrt, galant und dissonant:<br />
Bläsertrios von Beethoven, Ibert,<br />
Mozart und Schulhoff<br />
Ma r tin Demmler<br />
Ludwig van Beethoven: Trio C-Dur op. 87 (1794)<br />
Bearbeitung für Oboe, Klarinette und Fagott<br />
von Mordechai Rechtman<br />
Zu seinem original für zwei Oboen und Englischhorn komponierten<br />
C-Dur-Trio ließ sich Beethoven 1794 durch das Wiener<br />
Oboistenterzett der Gebrüder Teimer anregen. Ganz im Sinne<br />
damals moderner Formprinzipien huldigt dieses apart instrumentierte<br />
Werk der klassischen Formarchitektur mit ihrer viersätzigen<br />
Anlage. Einem klar gegliederten Sonatensatz mit ausgedehnter<br />
Exposition folgt ein langsamer Satz in dreiteiliger<br />
Liedform, der mit seiner Seufzerthematik einen damals beliebten<br />
Trend aufgreift. Ein flottes Scherzo schließt sich an, obwohl<br />
Beethoven den Satz noch ganz konventionell Menuett betitelt.<br />
Seiner hüpfenden Dreiklangsthematik stellt er im Trio schwungvoll<br />
walzende Synkopen gegenüber. Das an hochvirtuosen Passagen<br />
reiche Final-Rondo enthält eine Vielzahl von Überraschungen,<br />
so etwa einen völlig unerwartet auftretenden Kanon.<br />
Jacques Ibert: „Cinq Pièces en Trio“ für Oboe,<br />
Klarinette und Fagott (1935)<br />
Jacques Ibert komponierte seine fünf Trio-Stücke für Holzbläser 1935.<br />
Er vermeidet im Titel jede Festlegung auf eine bestimmte Gattung;<br />
dennoch handelt es sich dabei um Charakterstücke in der Tradition<br />
der musikalischen Romantik. In jedem der Stücke setzt sich<br />
der Komponist spielerisch mit bekannten musikalischen Typen<br />
auseinander. Besondere Beachtung verdient die durchdachte Dramaturgie<br />
der Satzabfolge: Auf eine Ouvertüre folgen zunächst drei<br />
pastorale Kanons und danach eine spielerische Gigue. Das vierte<br />
Stück entpuppt sich als ausladender Gesang von intensivster<br />
Leidenschaft, während das Schlussstück eher neutral daherkommt.<br />
Wol fga ng A madeus Moza r t<br />
Iberts „Cinq Pièces“ sind in ihrer Klarheit und Freiheit durchaus<br />
modern und lösen ein, was man sich in den 30er Jahren in Frankreich<br />
von „Neuer Musik“ erwartete. Gleichzeitig stehen sie jedoch<br />
in der Tradition Faurés und Ravels, die einen engen Kontakt zur<br />
Stilrichtung des Neoklassizismus unterhielten.<br />
Wolfgang Amadeus Mozart: Divertimento Nr. 4<br />
B-Dur KV 439b (1783)<br />
Bearbeitung für Oboe, Klarinette und Fagott<br />
von Fernand Oubradous<br />
Zu Mozarts kleineren Werken für Bläser gehören die fünf Divertimenti<br />
KV 439b. Der erste Hinweis auf diese Kompositionen findet<br />
sich in einem Brief von Mozarts Witwe Constanze an den Verleger<br />
Johann Anton André vom 31. Mai 1800: „Mit dem Clarinettisten<br />
Stadler dem älteren muß wegen solcher Sachen gesprochen werden.<br />
Dieser hat mehrere im Original gehabt und hat noch unbekannte<br />
Trio’s für Bassethörner in Copie.“ Obwohl keine handschriftlichen<br />
Partituren existieren, wird die Authentizität dieser Trios, die<br />
1803 von Breitkopf & Härtel erstveröffentlicht wurden, nicht in<br />
Frage gestellt. Die 25 einzelnen Stücke sind durchlaufend nummeriert;<br />
ihre Zusammenstellung zu fünfsätzigen Divertimenti erfolgte<br />
wahrscheinlich erst durch den Verleger. Die Anordnung<br />
der Sätze ist bei allen fünf Werken ähnlich: Einem Allegro - meist<br />
in Sonatensatzform gehalten - folgt ein Menuett sowie ein langsamer<br />
Satz. An vierter Stelle steht in der Regel ein zweites Menuett,<br />
bevor ein Rondo das Divertimento beschließt. Anders verfährt<br />
Mozart im vierten Divertimento, wo ausnahmsweise zwei langsame<br />
Sätze ein Menuett umrahmen. Die ersten Druckfassungen überliefern<br />
unterschiedliche Besetzungen, zum einen für Bassetthörner<br />
und Fagott, zum anderen für Klarinetten und Fagott. Da das Bassetthorn<br />
gegen Ende des 18. Jahrhunderts ein eher exotisches<br />
Er w in S chu l hof f<br />
Instrument und wenig verbreitet war, sicherte die Klarinetten-<br />
Fassung den Verlegern einen höheren Absatz. Heute sind die<br />
fünf Divertimenti häufig auch in Bearbeitungen für andere<br />
Holzbläser zu hören.<br />
Erwin Schulhoff: „Divertissement“ für Oboe,<br />
Klarinette und Fagott (1927)<br />
Der 1894 in Prag geborene Erwin Schulhoff gehörte in den 20er<br />
Jahren zu den vielseitigsten Vertretern der experimentellen Moderne.<br />
In jungen Jahren noch von Antonín Dvor ˇák gefördert,<br />
wandte er sich nach Ende des Ersten Weltkriegs zunächst dem<br />
Dadaismus zu, experimentierte mit dem damals aufkommenden<br />
Jazz und setzte sich als hervorragender Pianist für die neuesten<br />
Errungenschaften der Moderne ein, wie etwa für die Viertelton-<br />
Experimente seines Landsmanns Alois Hába. Als Pianist äußerst<br />
gefragt, war er in den 20er Jahren regelmäßig auf den wichtigen<br />
Festen der Zeitgenössischen Musik vertreten und sorgte mit<br />
seinen oft stark rhythmisch geprägten Werken immer wieder für<br />
Aufmerksamkeit. Sein „Divertissement“ für Oboe, Klarinette und<br />
Fagott entstand im März 1927 und wurde im darauffolgenden<br />
Monat in Paris uraufgeführt. Es ist ein typisches Produkt der<br />
„Goldenen Zwanziger“: Modetänze wie Foxtrott oder Charleston<br />
dringen mit ihrer quirligen Atmosphäre in die vermeintlich so<br />
hehre Welt der Kunstmusik ein; schon die Satzbezeichnungen<br />
verraten Schulhoffs Nähe zum „Puls der Zeit“. Die Abwesenheit<br />
Mit freundlicher Unterstützung der<br />
<strong>Münchner</strong> Künstlerhaus-Stiftung