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Das Verhältnis von Spiel, Liebe und Alltag im Film „Jeux d'enfants“

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vor (Minute 67:55). Sie hat sich in seiner Phantasie Elemente des <strong>Spiel</strong>s in ihrem Leben<br />

erhalten können <strong>und</strong> ist deswegen nicht mehr auf ihn angewiesen.<br />

Umso mehr ist Julien deswegen <strong>von</strong> dem Paket, was er nach genau zehn Jahren <strong>von</strong> Sophie<br />

erhält, überrascht <strong>und</strong> schockiert. Aus den weiteren Handlungen Sophies kann geschlossen<br />

werden, dass ihr Leben nicht so glücklich verlaufen ist, wie sich Julien dies vorgestellt hat.<br />

Spätestens durch die gemeinsame Einbetonierung mit Julien wird klar, dass Sophie ähnliche<br />

Erfahrungen des <strong>Alltag</strong>s wie Julien gemacht haben muss. Auch für sie stellt das <strong>Spiel</strong> mit<br />

Julien einen Idealzustand dar, der sich nur <strong>im</strong> Tod verewigen lässt.<br />

4.4 Die Sonderrealität des <strong>Spiel</strong>s<br />

In der Phase der Kindheit kann das <strong>Spiel</strong> als natürliches, wenn auch übersteigertes Element<br />

<strong>und</strong> als Teil des Leben der beiden gesehen werden. <strong>Das</strong> <strong>Spiel</strong> n<strong>im</strong>mt bei Kindern einen<br />

großen Platz ein <strong>und</strong> ist ein gewöhnlicher, wünschenswerter Vorgang. Bereits damals entstand<br />

das <strong>Spiel</strong> jedoch nicht nur aus der Lust an ihm heraus, sondern auch aufgr<strong>und</strong> der<br />

empf<strong>und</strong>enen Unlust in der eigentlichen Realität (siehe 4.1). Es fügte sich aber in den<br />

kindlichen <strong>Alltag</strong> ein <strong>und</strong> kann als „normale“, typische Form des <strong>Spiel</strong>s bezeichnet werden.<br />

Dies ändert sich jedoch, als die Protagonisten erwachsen werden. Nach dem zehnjährigen<br />

Zeitsprung vom Leben der Achtjährigen zum Leben der Achtzehnjährigen, kann es nicht mehr<br />

als gewöhnliche Form des <strong>Spiel</strong>s bezeichnet werden. Dadurch, dass die Form des <strong>Spiel</strong>s<br />

gleich bleibt, die Lebensrealität sich aber durch das Älterwerden ändert, passt es nicht zum<br />

erwachsenen <strong>Alltag</strong> der Beiden. Auch Julien erkennt dies, <strong>und</strong> kommentiert es mit den<br />

Worten:<br />

„La règle du jeu était demeurée, rien a changé. Elle se bien pouvait appeler taquinerie lorsque nous<br />

étions gamins, devait à présence s’appeler perversion. Vous savez ce que c’est la perversion? C’est<br />

qu’une affaire du goût. Comme le goût chinois. On a<strong>im</strong>e ou on a<strong>im</strong>e pas. L’empêche que quand on est<br />

chinois on n’a pas le choix.“ (Minute 27:00)<br />

Obwohl er also die Perversion ihres <strong>Spiel</strong>s erkennt, sieht er keine Alternative. Sophie <strong>und</strong><br />

Julien werden zu diesem Handeln gezwungen, da sie – wie ein Chinese bei der Auswahl des<br />

Essens – keine Wahlmöglichkeit haben. <strong>Das</strong>s Julien ihr Handeln als pervers, also als <strong>von</strong> der<br />

Norm abweichend, bezeichnet, macht den Status des <strong>Spiel</strong>s als Sonderrealität deutlich.<br />

Einerseits erkennen die Protagonisten den Wahnsinn ihres <strong>Spiel</strong>es an, der <strong>im</strong>mer stärker wird,<br />

je länger das <strong>Spiel</strong> andauert. Aber sie sind so sehr dem Sog des <strong>Spiel</strong>es verfallen, dass sie sich<br />

nicht aus ihm befreien können. In der Kindheit herrschte, wie bereits unter Punkt 2.1 erwähnt,

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