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Das Verhältnis von Spiel, Liebe und Alltag im Film „Jeux d'enfants“

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12<br />

Für Julien ist dies eine furchtbare Vorstellung. Er kann sich nicht denken, ein Leben ohne das<br />

<strong>Spiel</strong>, ohne die „Würze seines Lebens“, wie er es bezeichnet, zu führen. Wie er die darauf<br />

folgenden Jahre empfindet <strong>und</strong> wie er sich mit dem „faden Glück seines <strong>Das</strong>eins“ arrangiert,<br />

wird genauer unter Punkt 4.1 behandelt.<br />

Nach auf den Tag genau zehn Jahren erhält Julien ein Paket <strong>von</strong> Sophie mit der <strong>Spiel</strong>dose,<br />

ihrer Adresse <strong>und</strong> der Frage „Cap, pas cap?“ (Minute 70:15). Er macht sich sofort auf den<br />

Weg zu ihr <strong>und</strong> findet sie dort inmitten ihres verwüsteten Hauses vor. Als er eintritt, greift sie<br />

zum Telefon <strong>und</strong> meldet der Polizei, der Irre sei wieder bei ihr. Es dauere genau eine Minute,<br />

bis die Polizisten eintreffen, teilt sie dem zuerst überraschten, <strong>und</strong> dann in ein Lachen<br />

zwischen Wahnsinn <strong>und</strong> Freude ausbrechenden Julien mit. Während die Sek<strong>und</strong>en ticken,<br />

fügt er sich in die ihm zugeteilte Rolle des wahnsinnigen Irren ein <strong>und</strong> wirft ein wertvolles<br />

Erbstück Sophies zu Boden. Als er die Polizei vor dem Haus eintreffen hört, wendet er sich<br />

<strong>von</strong> Sophie ab, rennt zu seinem Auto <strong>und</strong> beginnt eine Hetzjagd mit den Streifenwägen. Sein<br />

währenddessen gehaltener Monolog illustriert sehr anschaulich seine Empfindungen<br />

bezüglich des <strong>Spiel</strong>s:<br />

„Sacrée Sophie, le jeu avait repris sur les chapeaux de roue. Du bonheur à l'état pur, brut, natif,<br />

volcanique, quel pied ! C'était mieux que tout, mieux que la drogue, mieux que l'héros, mieux que la<br />

dope, coke, crack, fix, joint, shit, shoot, snif, pét', ganja, marie-jeanne, cannabis, beuh, peyotl, buvard,<br />

acide, LSD, extasy. Mieux que le sexe, mieux que la fellation, soixante-neuf, partouze, masturbation,<br />

tantrisme, kama-sutra, brouette thaïlandaise. Mieux que le Nutella au beurre de cacahuète et le milkshake<br />

banane. Mieux que toutes les trilogies de George Lucas, l'intégrale des Muppet Show, la fin de<br />

2001. Mieux que le déhanché d'Emma Peel, Marilyn, la Schtroumpfette, Lara Croft, Naomi Campbell<br />

et le grain de beauté de Cindy Crawford. Mieux que la face B d'Abbey Road, les solos d'Hendrix le<br />

petit pas de Neil Armstrong sur la lune. Le Space Mountain, la ronde du Père Noël, la fortune de Bill<br />

Gates, les transes du Dalaï lama, les NDE, la résurrection de Lazare, toutes les piquouzes de<br />

testostérone de Schwarzy, le collagène dans les lèvres de Pamela Anderson. Mieux que Woodstock et<br />

les rave parties les plus orgasmiques. Mieux que la défonce de Sade, R<strong>im</strong>baud, Morrison et<br />

Castaneda. Mieux que la liberté. Mieux que la vie.“ (Minute 72:30-73:27)<br />

Diese Szene ist ein typisches Beispiel für ein Flow-Erlebnis, das eine Verschmelzung <strong>von</strong><br />

Handlung <strong>und</strong> Bewusstsein beschreibt, die zu einem gesteigerten Existenzbewusstsein führt. 11<br />

Die Verfolgungsjagd Juliens endet abrupt mit einem Unfall, bei dem sein Auto explodiert.<br />

Doch wie <strong>im</strong> Folgenden zu erkennen ist, trägt er nur leichte Schrammen da<strong>von</strong>. Zunächst wird<br />

der Zuschauer jedoch <strong>im</strong> Glauben gelassen, Julien sei bei diesem Unfall schwer zu Schaden<br />

gekommen <strong>und</strong> damit die Perspektive Sophies eingenommen. Diese erfährt telefonisch <strong>von</strong><br />

dem Unfall, wird ins Krankenhaus gerufen <strong>und</strong> bekommt dort <strong>von</strong> Julien einen bösen Scherz<br />

gespielt. Er gibt einen Patienten mit schweren Verbrennungen als sich selbst aus, indem er die<br />

11 Jürgen Fritz: <strong>Das</strong> <strong>Spiel</strong> verstehen. Eine Einführung in Theorie <strong>und</strong> Bedeutung. Weinhe<strong>im</strong>, München 2004, S.<br />

99.

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