Rundbrief 4/2008 - Internationaler Versöhnungsbund
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intensiv geübt, einfühlsam zu hören,<br />
was die anderen wirklich bewegt<br />
und sich mit z.B. hinter Wut<br />
und Vorwürfen liegenden Bedürfnissen<br />
zu verbinden. Dies geschieht,<br />
ohne die jeweils gewählten,<br />
unter Umständen gewaltvollen<br />
Handlungen, gut zu heißen.<br />
Es geht um die zwischenmenschliche<br />
Verbindung, das heißt „die<br />
kopflastige, vermeintlich sichere<br />
Welt des polarisierenden Denkens<br />
verlassen und erfahren, daß<br />
es eine ganz andere Wirklichkeit<br />
in uns Menschen gibt“, so die<br />
Trainerin Gabriele Seils. Die TeilnehmerInnen<br />
konnten erfahren,<br />
wie erlösend es sein kann, wenn<br />
jemand, dessen Handlungen womöglich<br />
sogar zum eigenen Leid<br />
beigetragen haben, dieses Leid<br />
auch erkennt, spürt und es mit<br />
betrauern kann... Es ist erstaunlich,<br />
wie aus diesem Prozess der<br />
Kommunikation neue Handlungsmöglichkeiten<br />
entstehen können<br />
und das, obwohl so tiefe Gräben<br />
von Verletzungen zwischen Einzelnen<br />
zu sein scheinen.<br />
Während des Projekts und auch<br />
danach ist ein<br />
sehr intensiver<br />
Prozess zwischen<br />
den TeilnehmerInnen<br />
und<br />
dem Team entstanden,<br />
der jeden<br />
auf seine<br />
oder ihre Weise<br />
sehr berührt und<br />
auch verändert<br />
hat. So sagte eine<br />
jüdische Teilnehmerin<br />
aus Israel<br />
vor kurzem:<br />
„Während des<br />
Projekts im letzten<br />
Sommer war<br />
ich diejenige, die<br />
die Politik der israelischenRegierung<br />
und Armee<br />
am meisten verteidigt<br />
hat. Wenn<br />
ich jetzt Nach-<br />
VERSÖHNUNG 4/<strong>2008</strong><br />
richten schaue, frage ich mich<br />
immer gleich, was genau diese<br />
Politik für eine Realität für die<br />
Palästinenser in den besetzten<br />
Gebieten verursacht. Um ihrer<br />
Welt näher kommen zu können<br />
lerne ich jetzt arabisch.“ Eine palästinensische<br />
Teilnehmerin mit<br />
israelischem Pass meinte: „Ich<br />
habe schon an vielen Begegnungsprojekten<br />
teilgenommen<br />
und von allen Projekten hat es<br />
mich am meisten beeinflusst,<br />
Gewaltfreie Kommunikation zu<br />
lernen. Es hat so viel in mir angestoßen,<br />
sowohl auf einer persönlichen<br />
Ebene, als auch wie ich<br />
politisch agieren will. Ich hoffe<br />
sehr, dass wir das Projekt fortsetzen<br />
und zusammen weiter lernen<br />
können.“<br />
Neben intensiven GfK-Workshops<br />
gab es auch vielfältige Exkursionen<br />
wie z.B. zum Reichstag<br />
oder mit einem Künstler zur Gedenkstätte<br />
Berliner Mauer um<br />
sich mit dem Thema „Mauer“<br />
kreativ auseinanderzusetzen<br />
oder eine alternative Stadtfüh-<br />
rung durch Berlin mit anschließender<br />
Shabbat-Feier in der<br />
Vokü vom „Köpi“, was allen ein<br />
einprägsames und kurioses Erlebnis<br />
blieb.<br />
Besuch der Mauer in Berlin: Frottagen erstellen mit dem Künstler Wolf Lero<br />
19<br />
Über Telefonkonferenzen und<br />
Emails besteht noch immer Kontakt.<br />
Im nächsten Sommer wollen<br />
Ehemalige, in der Funktion von<br />
Multiplikatoren, zusammen mit<br />
neuen TeilnehmerInnen wieder<br />
die Chance haben, sich zu begegnen<br />
und weiter daran zu arbeiten,<br />
gemeinsam über die Mauern<br />
hinweg in die Zukunft zu schauen.<br />
Das Team wird dann interdisziplinär<br />
und paritätisch mit deutschen,<br />
palästinensischen und israelischen<br />
Trainern besetzt sein,<br />
was neue Möglichkeiten, aber sicher<br />
auch Herausforderungen<br />
birgt, die wir aber gemeinsam<br />
meistern wollen.<br />
Sabine von Zastrow