Rundbrief 4/2008 - Internationaler Versöhnungsbund
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Workcamp-Reise nach Tansania 1979<br />
Uli Sonns Arbeit beeinflusst(e) jahrzehntelang nicht nur indirekt die Karrieren von Teilnehmenden an<br />
den VB-Programmen, sondern nachweislich direkt. Mechthild Lensing, jetzt Leiterin der<br />
entwicklungspolitischen Bildungsarbeit des DED in Berlin ist ein - wunderbares - Beispiel dafür<br />
Wäre ich je nach Tansania gekommen<br />
ohne Uli? Auf jeden Fall<br />
hat er mir den Weg dahin leicht<br />
gemacht und damit auch meinen<br />
weiteren Berufsweg geprägt.<br />
1979 war ich seit fünf Jahren<br />
Lehrerin an einer Kreuzberger<br />
Hauptschule und fühlte mich<br />
noch zu jung, um mir vorzustellen,<br />
hier für den Rest meines Lebens<br />
zu arbeiten. Als mögliche<br />
Wege lagen vor mir: als assistant<br />
teacher nach Großbritannien gehen,<br />
in der reisenden Tvind-<br />
Schule mit arbeiten oder vielleicht<br />
doch lieber einen ganz<br />
neuen Kulturkreis kennen lernen<br />
und mich als Entwicklungshelferin<br />
bewerben? Als politisch in<br />
der Nord-Süd-Solidaritätsbewegung<br />
sozialisierter Mensch reizte<br />
mich das letzte sehr, aber ich<br />
war mir unsicher, ob ich den Anforderungen<br />
gerecht werden<br />
könnte.<br />
Mechthild Lensing für den DED heute bei<br />
„Bildung trifft Entwicklung“ in Berlin<br />
In dieser Umbruchphase kam<br />
mir das Angebot, ein workcamp<br />
in Tansania mitzumachen, gerade<br />
recht. Ich wollte ausprobieren,<br />
wie ich in einem afrikanischen<br />
Land zurecht komme und ob ich<br />
insbesondere als Frau genügend<br />
Spielraum für eigene Aktivitäten<br />
hätte.<br />
Unsere Gruppe bestand aus<br />
jungen Lehrerinnen und Lehrern.<br />
Wir fuhren in den Sommerferien<br />
vom 4. August bis<br />
zum 6. September und wir<br />
waren alle das erste Mal in<br />
einem afrikanischen Land. Für<br />
uns war es da sehr hilfreich,<br />
dass Uli vielfältige und intensive<br />
Kontakte zu den verschiedensten<br />
Leuten im<br />
Land hatte. Da waren die<br />
kirchlichen Kreise in Dar Es<br />
Salaam und Dodoma, die uns<br />
bereitwillig einen Einblick in ihre<br />
Arbeits- und Lebensbereiche gaben.<br />
Wir besuchten Schulen und<br />
Gesundheitsstationen. Ulli<br />
brachte uns mit tansanischen<br />
Makonde-Künstlern zusammen.<br />
Diese Ebenholzschnitzer arbeiteten<br />
unter einfachsten Bedingungen<br />
in einem Zentrum, was die<br />
Vermarktung ihrer Kunstwerke<br />
erleichterte. Die von mir<br />
damals gekaufte Figur habe<br />
ich immer noch bei mir zu<br />
Hause. Für mich besonders<br />
interessant war der<br />
Kontakt zu einer Entwicklungshelferin<br />
des DeutschenEntwicklungsdienstes<br />
(DED), die an einer<br />
Secondary-School arbeitete<br />
und die ich genaue-<br />
stens befragen konnte,<br />
wie sie ihre Aufgaben bewältigte.<br />
Ulli zeigte uns<br />
Bagamoyo, einen kleinen<br />
Ort am indischen Ozean, von<br />
dem aus Sklaven verschifft worden<br />
waren. Hier gab es auch<br />
noch einiges aus der deutschen<br />
Kolonialzeit zu sehen, was in mir<br />
ein Gefühl der Scham erzeugte.<br />
Trotzdem wurde Bagamoyo mein<br />
Lieblingsort in Tansania. Schließlich<br />
ließ uns Uli vierzehn Tage<br />
In Schulprojekten bekommen die Kinder<br />
Einblicke in den Alltag in Simbabwe<br />
Zeit, um unabhängig im Land herumzureisen.<br />
Nach dieser Reise stand mein<br />
Entschluss fest, mich als Entwicklungshelferin<br />
bewerben zu<br />
wollen. Tatsächlich schickte mich<br />
der DED ein Jahr später nach<br />
Tabora, um junge Handwerker in<br />
Blechverarbeitung auszubilden.<br />
Zurück in Deutschland hielten<br />
Uli und ich eine lockere Verbindung.<br />
Nach acht weiteren Jahren<br />
an einer Kreuzberger Schule leite<br />
ich seit 1991 die entwicklungspolitischenBildungsarbeit<br />
des DED in Berlin. Zusammen<br />
mit vielen zurückgekehrten<br />
EntwicklungshelferInnen und<br />
Menschen aus Ländern des Südens<br />
gibt mir das die Möglichkeit,<br />
Nord-Süd-Zusammenhänge und<br />
globale Strukturen bei uns bekannt<br />
und erfahrbar zu machen<br />
– wer weiß ob ich ohne Ulli je<br />
an diese wundervolle Stelle gekommen<br />
wäre?<br />
Mechthild Lensing<br />
VERSÖHNUNG 4/<strong>2008</strong>